Die pflanzliche Zelle: Zellwand SBL.00002 Stefanie Ranf Weitere Lehrbücher • Plant Biochemistry & Molecular Biology of Plants Buchanen, Gruissem u. Jones; ISBN 978-0-470-71421-8 (2. Auflage) • Strasburger – Lehrbuch der Pflanzenwissenschaften Kadereit, Körner, Kost, Sonnewald; ISBN 978-3-642-54435-4 (37. Auflage) • Plant Physiology and Development Taiz u. Zeiger; ISBN 978-1605357454 (6. Auflage) 2 Die pflanzliche Zelle nur in pflanzlichen Zellen: - Zellwand mit Mittellamelle, durchzogen von Plasmodesmata - Vakuole mit Tonoplast (= Vakuolenmembran) - Plastiden, z.B. Chloroplasten 3 Unterschiede tierische und pflanzliche Zelle Tierische Zelle Pflanzliche Zelle 4 Aufbau der Zellwand von aussen nach innen: - Mittellamelle: “klebrige” Pektine => verbindet benachbarte Zellen - Zellwand ➢ Primäre Zellwand: dünn und flexibel junge, expandierende Zellen ➢ Sekundäre Zellwand (nicht immer): fest, oft mehrschichtig; oft verstärkt durch Einlagerung zusätzlicher Strukturkomponenten ausgereifte, nicht expandierende Zellen 5 Plasmodesmata verbinden pflanzliche Zellen Plasmodesma = membraneausgekleideter zytoplasmatischer Kanal zwischen benachbarten Zellen durchspannt die Zellwände 6 Aufbau und Struktur von Plasmodesmata - Durchmesser 40-50 nm => regulierbar - von einem ER-Tubulus = Desmotubulus durchzogen - Size exclusion Limit für Passage: 1 kDa ≙ 1,5-2,0 nm freie Diffusion z.B. Wasser, Salze, kleinen Metabolite Passage von Makromolekülen blockiert Pflanzenviren nutzen “movement proteins” - durch Callose-Auflagerung verschliessbar 7 Symplast versus Apoplast - Plasmodesmata verbinden Zellen zu einem zytoplasmatischen Kontinuum - extrazelluläres Kontinuum inkl der Zellwände => Symplast => Apoplast 8 Struktur der pflanzlichen Zellwand Zellwände sind ein Verbund-Baustoff Zellulose-Fibrillen eingebettet in eine hydratisierte Polysaccharidmatrix (Pektine und Hemizellulosen) flexibel und stark 9 Struktur der pflanzlichen Zellwand 10 Struktur der pflanzlichen Zellwand 11 Struktur der pflanzlichen Zellwand 12 Zellulose bildet Mikrofibrillen 13 Biosynthese der Zellulose Mikrofibrille RosettenUntereinheiten Aktivierter Precursor UDP-Glucose 14 Biosynthese der Zellulose 15 Hemizellulosen 16 Pektine Zuckersäuren (Galacturonsäure) reversibe Quervernetzung durch Ca2+-Ionen reguliert durch Methyltransferasen und Esterasen 17 Syntheseweg der Matrixpolysaccharide 18 Strukturproteine der Zellwand 19 Verholzung: Einlagerung von Lignin • • • • • Lignin: hydrophobes phenolisches 3D-Polymer in sekundären Zellwänden (in Harthölzern bis zu 40%) Synthese der aromatischen Alkohol-Precursor aus Phenylalanin Sekretion der Precursor in die Zellwand Radikalische Vernetzung durch Peroxidasen/Laccasen => irreversibel! Aromatic alcohol subunits 20 Isolierende Sekundärwände: Cuticula • Cuticula: mehrschichtige, hydrophobe Auflagerung auf epidermale Zellen; keine Zellulose • Hauptbestandteil der Cuticula: Cutin-Polymere Cuticula 21 Lotus-Effekt • Cuticula des Lotus ist stark wasserabweisend => selbstreinigend • Inspiration für Nanotechnologie: 22 Isolierende Sekundärwände: Suberin • Suberin-Polyester => bildet Lamellen • Hauptbestandteil der äusseren Zellwände unterirdischer Pflanzengewebe • Bestandteil des Kork Graça and Santos, Macromolecular Bioscience (2007); Fernández-Piñán, et al. Scientific Reports (2021). 23 Bildung der neuen Zellwand bei der Zellteilung • • • Vesikel verschmelzen zur Zellplatte Ausparungen bilden Plasmodesmata neue Zellwand verwächst mit der bestehenden Wand der Mutterzelle 24 Funktionen der Zellwand • mechanische Stützfunktion (Exoskelett) • defininert Form und Grösse der Zellen • Zusammenhalt der Gewebe • Wassertransport (nicht lignifizierte/modifizierte Zellwände) • Permeabilitätsbarriere (lignifizierte/modifizierte Zellwänden) • Schutzfunktion gegen Umwelteinflüsse, Pathogene und Schädlinge 25 Form und Grösse der Pflanzenzellen Zellen ohne Zellwand sind rund => Protoplasten: 26 Form und Grösse der Pflanzenzellen • Turgordruck drückt Protoplast gegen die Zellwand • Plasmolyse osmotischer Wasserausstrom (z.B. in hypertoner Lösung) Protoplast zieht sich zusammen feste Verbindungen zur Zellwand sichtbar als Hechtsche Fäden 27 Direktionales Wachstum der Pflanzenzelle 28 Die Zellwand als Barriere gegen Pathogene Pathogene haben 2 Möglichkeiten die Zellwand zu durchdringen: (1) Eindringen mit grossen Druck: Appressorium (2) Enzymatische Auflösung der Zellwand Zellwandverdickung gegen eindringenden Pilz 29 Zusammenfassung pflanzliche Zellwand • Unterscheidung von Mittellamelle, primären und sekundären Zellwänden sowie isolierenden Sekundärzellwänden • Zellen sind durch die Zellwand hindurch über Plasmodesmata miteinander verbunden => cytoplasmisches Kontinuum = Symplast • extrazelluläres Kontinuum = Apoplast • Hauptbestandeteile: v.a. Zellulose, Hemizellulosen, Pektine, Proteine; teilweise Lignin, Cutin, Suberin, Wachse ein- bzw. aufgelagert • Schutz- und Stützfunktion, Regulation das Wasserhaushaltes 30 Die pflanzliche Zelle: Vakuole SBL.00002 Stefanie Ranf Die Vakuole • Flüssigkeitsgefülltes Kompartiment umgeben von einer Membran = Tonoplast • viele verschiedene physikalische und metabolische Funktionen ➢ lytische Vakuolen (vegetative Zellen) ➢ Speichervakuolen (spezialisierte Zellen) Plasmamembran Zytoplasma Vakuole Tonoplast 32 Vakuolen-Biogenese • Vakuolen der Mutterzelle werden bei der Zellteilung aufgeteilt • trans Golgi-Netzwerk => multivesicular bodies (MVB) => Provakuolen => fusionieren zur zentralen Vakuole in ausgereiften Zellen Meristem (Teilungsgewebe; 10 m) Blatt-Mesophyll (50-100 m) Kern Vakuole v v v 2 m Kern v 10 m 33 Kostengünstige Zellvergrösserung durch Vakuolen Pflanzenellen wachsen v.a. durch Vergrösserung der Vakuole zentrale Vakuole 30-90% des Volumens ausgereifter Zellen “kostengünstig” Meristem (Teilungsgewebe; 10 m) Blatt-Mesophyll (50-100 m) Kern Vakuole v v v 2 m Kern v 10 m 34 Kostengünstige Zellvergrösserung durch Vakuolen Pflanzenellen wachsen v.a. durch Vergrösserung der Vakuole zentrale Vakuole 30-90% des Volumens ausgereifter Zellen “kostengünstig” Blatt-Mesophyll (50-100 m) Kern Vakuole 10 m 35 Kostengünstige Zellvergrösserung durch Vakuolen • osmotische Wasseraufnahme in die Vakuole Volumen durch Zellwand begrenzt hydrostatischer Druck = Turgordruck Zellinhalt wird gegen die Zellwand gedrückt: “Prinzip Fahrradschlauch” 36 Stofftransport über Membranen 37 Transportsysteme des Tonoplasten • Vakuolen enthalten verschieden Salze und primäre Metabolite: H+, K+, Na+, Ca2+, Mg2+, Cl-, SO42-, PO43-, and NO3-, Aminosäuren, organische Säuren und Zucker passiver/aktiver Transport mit/entgegen dem elektrochemischen Gradienten H+-Gradient: V-type H+-ATPase und H+-pyrophosphatase • Wasser fliesst passiv durch Wasserkanäle (Aquaporine) 38 Regulation der Stoma-Öffnung • Spaltöffnung (Stoma): zwei symmetrische Schliesszellen formen eine regulierbare Pore => Gasaustausch und Transpiration • asymmetrische Zellwand in Schliesszellen • Stoma-Öffnung: K+ wird in die Vakuole transportiert => osmotischer Wassereinstrom => hoher Turgor => drückt Schliesszellen auseinander • Stoma-Schliessung: K+ wird aus Vakuole transportiert => osmotischer Wasserausstrom => niedriger Turgor => Schliesszellen liegen aneinander an 39 pH- und Ionen-Homöostase • pH-Wert der Vakuole meist 5.0-5.5 (bei Citrusfrüchten pH 2-3) • Protonenreservoir für pH-Regulation des Cytoplasma • Reservoir für verschiedene anorganische Ionen 40 Speicherung verschiedener Metabolite • Samen: Speichervakuolen für Proteine, Lipide • verschiedene Metabolite, z.B. ➢ Nitrate, Phosphate ➢ Malat (C4/CAM-Pflanzen), Citrat (Citrus fruits) ➢ Zucker Sucrose (Zuckerrohr, Zuckerrübe) (a) Protein storage vacuoles (PSVs) in cotyledon cells of Arabidopsis thaliana seed accumulate storage proteins globulin and albumin. 41 Pigmentierung • Flavonoid-Pigmente, z.B. Anthocyane (sichtbar), Flavone/Flavonole (UV) ➢ UV- und Pathogenschutz ➢ in Früchten: Attraktion von Samenverbreitern ➢ in Blüten: Attraktion von Pollinatoren Epidermis cells of Rhoeo discolor. The vacuoles (pink) fills the whole cell bodies (left). After plasmolysis the vacuoles have shrinked (right). 42 Entgiftung und Speicherung schädlicher Stoffe • «Endlagerung» schädlicher Stoffe in der Vakuole, z.B. Xenobiotics, Schwermetalle Beispiel (1): Schwermetalle Viele Schwermetalle werden in der Vakuole abgelagert Phytoremediation = Einsatz von Pflanzen zur Extraktion und Entfernung elementarer Schadstoffe mit hyper-akkumulierenden Pflanzen Arabidopsis halleri ist tolerant gegen Schwermetalle 43 Entgiftung und Speicherung schädlicher Stoffe • «Endlagerung» schädlicher Stoffe in der Vakuole, z.B. Xenobiotics, Schwermetalle Beispiel (2): Konjugation von Herbiziden mit Glutathion 44 Entgiftung und Speicherung schädlicher Stoffe • Speicherung von (toxischen) Abwehrmetaboliten, z.B. Alkaloide: Fig. 1. Ion trap model for alkaloids. 45 Verdau und Recycling • Vakuolen enthalten viele hydrolytische Enzyme zum Verdau von Makromolekülen ➢ Glycosidasen ➢ Proteasen • Abbau von Zellbestandteilen, auch ganzen Organellen, bei der Autophagie => Endlagerung oder Recycling • Programmierter Zelltod ➢ während normaler Pflanzenentwicklung ➢ zur Pathogenabwehr Cytoplasma Vakuole Vacuolar Processing Enzyme regulates programmed cell death by inducing vacuolar membrane collapse Shimada et al., 2018; Ann. Rev. Plant Biol 46 Abwehr von Pathogenen und Schädlingen Auflösung des Tonoplasten => hydrolytische Enzyme überfluten das Cytosol Tonoplast fusioniert mit Plasmamembran => hydrolytische Enzyme werden ausgeschieden und zerstören das Pathogen Shimada et al., 2018; Ann. Rev. Plant Biol 47 Abwehr von Pathogenen und Schädlingen 2-Komponenten-Systeme: Beispiel 1 – Glucosinolate als inaktive Glucosid-Vorstufen getrennt vom aktivierenden Enzym Myrosinase gespeichert bei Zellschädigung: zelluläre Kompartimentierung aufgehoben Myrosinase = Thioglucosidase: spaltet Glucose ab toxische Isothiocyanate (Senföle), Nitrile und Thiocyanate freigesetzt 48 Abwehr von Pathogenen und Schädlingen 2-Komponenten-Systeme: Beispiel 2 – Cyanogene Glycoside räumliche Trennung von inaktiven Vorstufen und aktivierenden Glucosidasen Amygdalin in Prunus-Arten enzymatischer Abbau setzt Blausäure (HCN) frei (Pflaume, Aprikose, Mandel) Glucosidase für Pathogene, Insekten und andere Tiere (auch Menschen) giftig Blattschädigung: Cyanogene Glycoside ins Cytoplasma freigesetzt Cyanat bindet an das Eisen der Cytochrom C-Oxidase der Atmungskette hemmt die Zellatmung Organische Cyanide sind in cyanogenen Nahrungspflanzen (z.B. Bittermandel, Maniokknollen) – meist als cyanogene Glycoside – enthalten. Die letale Dosis liegt bei etwa 60–80 Bittermandeln bei einem Erwachsenen und etwa 10 Bittermandeln für ein Kind. Dhurrin in Hirsen Linamarase Linamarin z.B. in Maniok und Limabohne 49 Zusammenfassung Vakuole Vielfältige physikalische und metabolische Funktionen: • Regulation des Turgordrucks ➢ Stabilität ➢ Zellexpansion ➢ Stoma-Regulation => Gasaustausch und Transpiration • pH- und Ionen-Homöostase • Speicherung verschiedener Metabolite • Pigmentierung • Entgiftung und Speicherung schädlicher Stoffe • Verdau und Recycling von Zellbestandteilen • Abwehr von Pathogenen und Schädlingen 50