UMV WS20/21 Empirie Wissenschaft „Wissenschaft ist jede intersubjektiv überprüfbare Untersuchung von Tatbeständen und die auf ihr beruhende, systematische Beschreibung und - wenn möglich - Erklärung der untersuchten Tatbestände.“ Wissenschaft (weitere Aspekte) • Methodische Suche nach neuen Erkenntnissen (Erkenntnistheorie) • Das Bemühen, die Realität durch systematisches Vorgehen zu erkennen und dies zu ihrer Beherrschung zu Nutzen (z.B. Kernphysik Anwendung von Atomkraft) • Sammeln und Ordnen von Ereignissen (z.B. Steueraufkommen) in der Natur oder im menschlichen Zusammenleben, ihre innere Verbundenheit beschreiben, verstehen und erklären. Wissenschaftstheorie Teilgebiet der Philosophie, das sich mit den Vorraussetzungen, Methoden und Zielen von Wissenschaft und ihrer Form der Erkenntnisgewinnung beschäftig. Korrespondenztheorie (der Wahrheit) Danach sind subjektive Aussagen genau dann wahr, wenn sie mit den Tatsachen in der objektiven Welt (= Realität) übereinstimmen (korrespondieren). Die Aussage ist also Beobachtungsunabhängig. Konsenstheorie Aussage gilt als allgemeingültig / Zustimmung aller Wissenschaftliche Methode Vorgehensweise, die an Regeln und Regelsysteme gebunden ist. • Kommunizierbar und lehrbar • Normativ (Normen) und präskriptiv (Vorschreibungen - Sanktionen bei Nichteinhaltung) • Intersubjektiv nachprüfbar (d.h. personenunabhängig) Wissenschaft muss transparent und reproduzierbar sein! Empirie Erfahrung, Beobachtung, Messung (z.B. durch Befragung, öffentliche Statistik) Empirische Methoden Umfassen Vorgehensweisen beispielsweise zu: Datenerhebung, Hypothesenbildung, Datenauswertung, Hypothesentests => Erlauben das Überprüfen von theoretisch abgeleiteten Hypothesen an der Realität Axiom Gültig anerkannter Grundsatz, der nicht bewiesen oder abgeleitet werden muss. (gültige Aussage) z.B. Jede natürliche Zahl n hat genau einen Nachfolger n’ (Bestandteile von Aussagesystem) Annahme (Bestandteile von Aussagesystem) Modell (Bestandteile von Aussagesystem) Theorie (Bestandteile von Aussagesystem) Hypothese (Bestandteile von Aussagesystem) @ZettBo Vereinfachende Aussage über die Realität, auf deren Basis ein Modell konstruiert oder eine Theorie aufgestellt wird. z.B. Die Nutzungsfunktion sei zweimal differenzierbar. Vereinfachendes, abstrahierendes Abbild eines Realitätsausschnitts. Isomorphie (= gleiche Gestalt wie Modell und Wirklichkeit) nur bezüglich bestimmter Aspekte (teilweise existieren Ungenauigkeiten im Modell!). z.B. Ziel individuellen Handelns ist die Maximierung des Nutzens (U), abhängig von Konsument (C) und Freizeit (L) : U = U (C, L) Widerspruchsfreies System von Aussagen hinsichtlich eines Gegenstandsbereiches. z.B. Bildungsinvestitionen variieren mit Kosten und Nutzen. Wissenschaftlich begründete Aussage über noch nicht untersuchte Sachverhalte, oft aus Theorie abgeleitet und im Idealfall überprüfbar. z.B. Bei steigenden Studienbeiträgen sollte die Studierneigung sinken. 1 UMV WS20/21 Induktionsproblem (David Hume, 1711 - 1776) Induktionsproblem (Karl Popper, 1902 - 1994) Kritischer Rationalismus Empirie Bezieht sich auf die Frage, ob und wann ein Schluss durch Induktion von Einzelfällen auf ein allgemeingültiges Gesetz zulässig ist. z.B. „Alle Schwäne sind weiß.“ Aber: Es gibt auch schwarze Schwäne, die bislang noch nicht gesehen wurden! Induktion ist ein Mittel zur Bildung von Hypothesen, die widerlegt werden können. (Falsifizierbarkeit) z.B. „Alle Schwäne sind weiß.“ Nicht falsifiziert, solange kein schwarzer Schwan gesehen wurde. Vertreter: Karl Raimund Popper (1902-1994), Hans Albert (*1921) z.B. „Alle Schwäne sind weiß.“, da bislang kein schwarzer Schwan gesehen wurde. Allerdings kann es trotzdem einen schwarzen Schwan geben (Realität). Reale Außenwelt ist vom Erkenntnisvermögen unabhängig Keine Sicherheit, dass Erkenntnis = Realität Alle Erkenntnisse sind vorläufig Theorien haben nur so lange bestand, bis sie widerlegt werden Verifikation unmöglich (nicht möglich, alle Schwäne auf der Welt auf ihre Farbgebung zu untersuchen) • Falsifikation möglich: Wissenschaftler müssen nicht versuchen, die Theorie zu begründen, sondern zu widerlegen! • • • • • Poppers Theorie ist rational, weil sie präzisen logischen Regeln folgt und sie ist kritisch wegen der Forderung, seine eigene Theorie mit allen Mitteln zu falsifizieren, daher „kritischer Rationalismus“. Normative Abgrenzungskriterien (Kritischer Rationalismus) Entdeckungszusammenhang (Kritischer Rationalismus) • Theorie muss durch Tatsachen widerlegbar sein (logisches Abgenzungskriterium). Nicht falsifizierbare Aussagen sind nicht wissenschaftlich z.B. Ideologien, Tautologien, Glaubenssätze • Empirische Wissenschafter müssen aktiv nach widerlegender Erfahrung suchen (methodologisches Abgrenzungskriterium) Anlass, der zu einem Forschungsprojekt geführt hat, wie z.B. ein soziales Problem (z.B. Arbeitslosigkeit, Sucht) ist unerheblich. Begründungszusammenhang Konfrontation mit der Realität, verwerfen oder modifizieren (Kritischer Rationalismus) (Annäherung an Wahrheit). Fehlversuche als Prinzip der Wahrheitsfindung. Erkenntnisfortschritt (Kritischer Rationalismus) Wenn eine Theorie durch eine wahrheitsnähere ersetzt wird. Theorie ist Wahrheitsnäher, wenn • Höherer empirischer Gehalt z.B. genauere Vorhersage • Bessere Erklärung • Weniger Anomalien Werturteil Wertende Aussage, die über Beschreiben und Erklären der Realität hinaus geht und „soll sein“ Aussagen verwendet. Entdeckungszusammenhang Wertbasis des Forschers ist Grundlage der Forschung, dies gilt für die Auswahl von Forschungsfrage und Methode. (Werturteilsfreiheit) Begründungszusammenhang Die Beschreibung und Erklärung von Tatsachen (wiss. Aussagen) soll (Werturteilsfreiheit) objektiv, wertfrei und nachvollziehbar sein. Verwertungszusammenhang (Werturteilsfreiheit) @ZettBo Keine Aussage über die Verwendung durch Ergebnisse der Wissenschaft Aus „sein“-Aussagen können logisch keine „soll sein“-Aussagen abgeleitet werden. Trennung von persönlicher und wissenschaftlicher Meinung! 2 UMV WS20/21 Methodenstreit Empirie Historische Schule (A. Wagner, G. Schmoller u.a.) Werturteilsfreiheit (Carl Menger + Max Weber) Zwischen historische Bedingtheit der wissenschaftlichen Gesetzmäßigkeiten und Werturteilsfreiheit der Wissenschaft Positivismusstreit Kritischer Realismus (K. Popper, H.Albert) Kritische Theorie der Frankfurter Schule (T. Adorno, J. Habermas) Zwischen Funktion von Theorien (System von Sätzen zur Erklärung Wirklichkeit) und Kritisches Instrument zu Veränderung der gesellschaftlichen Wirklichkeit Homo oeconomicus Maximiert persönlichen Nutzen auf Basis rationaler Überlegungen • Unterstellte Rationalität ≠ Realität (aber: sinnvolle Annahme) • Bei vielen Anomalien => Theorie verfeinern (findet statt!) • Sinnvoller Ausgangspunkt für weitere Überlegungen Bevölkerungsstatistik Größe, Struktur, Entwicklung der Bevölkerung Betrachtet wird die Wohnbevölkerung (Basis Volkszählung), d.h. alle in Deutschland lebenden Personen. Fortschreibung seit Volkszählung durch Sterbe- und Geburtenregister, Wanderungsstatistik. Risikobevölkerung Bevölkerung, die dem „Risiko“ ausgesetzt ist, dass ein Ereignis eintritt. Z.B. Risiko Kinder zu gebären => Frauen im fertilen Alter Demographie Bevölkerungswissenschaft die demographische Prozesse beobachtet. natürliche Bevölkerungsbewegung • Mortalität (Sterblichkeit) • Fertilität (Fruchtbarkeit) räumliche Bevölkerungsbewegung • Migration (Wanderung) vorgelagerte Phänomene • Morbidität (Krankheitshäufigkeit) • Nuptialität (Eheschließungsverhalten) Periodenanalyse (Demographie Methode) Kohortenanalyse (Demographie Methode) Absolute Zahl (Mortalitätsmaße) Allgemeine oder rohe Sterberate (-ziffer) @ZettBo • Bezug auf Periode t • (Geburten aller Frauen im Jahr 2010) • Geburtenhäufigkeit aller Frauen im Alter von 15 bis 49 im Jahr 2010 • Bezug auf Kohorte, d.h. Gesamtheit von Personen, die bezüglich eines unveränderlichen Merkmals gleich sind. • (Geburten von Frauen des Jahrgangs 1980) • Durchschnittliche Anzahl der Lebendgeborenen einer Frauenkohorte innerhalb ihres fertilen Alters • Anzahl der Sterbefälle in Periode t • Vergleich bei unterschiedlichen Bevölkerungsgrößen schwierig (!) • Anzahl der Sterbefälle pro 1000 Einwohner einer Bevölkerung im Jahresmittel • Vergleich bei unterschiedlicher Altersverteilung schwierig (!) 3 UMV WS20/21 Empirie Altersspezifische Sterberate (-ziffer) • Sterbefälle im Alter x pro 1000 Einwohner relativ zur jahresdurchschnittlichen Bevölkerung im Alter x Absterbeordung Zeigt bei Startkohorte von 100.000 Personen zu jedem Alter die Anzahl der Überlebenden. Erlaubt Vergleich zwischen Gruppen, Länder oder Perioden. Altersspezifische Sterbewahrscheinlichkeit (einjährige Sterbewahrscheinlichkeit) Sterbefälle im Alter x, relativ zur Anzahl der Überlebenden im Alter x am Anfangszeitpunkt Berechnung der mittleren Lebenserwartung Verwendet zur Kalkulation von Lebensversicherungsprämien, in gesetzlicher Altersversicherung und für Bevölkerungsprognosen. Absolute Zahl • Anzahl der Lebendgeborenen in einer Periode t • Vergleich bei unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen schwierig (!) (Fertilität) Allgemeine oder rohe Geburtenberate (-ziffer) • Anzahl der Lebendgeborenen im Jahr t pro 1000 Einwohner der durchschnittlichen Gesamtbevölkerung im Jahr t. • Vergleich bei unterschiedlicher Alters- und Geschlechtsstruktur schwierig (!) Altersspezifische Fertilitätsrate (-ziffer) • Geburten von x-jährigen Frauen im Jahr t, relativ zur Anzahl x-jähriger Frauen im Jahresdurchschnitt von t. Allgemeine Fertilitätsrate (General Fertility Rate, GFR) • Verhältnis Lebendgeborener im Jahr t zu durchschnittlicher Anzahl von Frauen im gebärfähigen Alter (15-45) • Stark von der Altersstruktur der weiblichen Bevölkerung beeinflusst (!) Totale Fertilitätsrate (TFR) Gibt an wie viele Kinder eine Frau im Laufe ihres Lebens durchschnittlich bekommen würde, wenn die für den gegebenen Zeitpunkt maßgeblichen altersspezifischen Fruchtbarkeitsverhältnisse der betrachteten Population als konstant angenommen werden. • Summe altersspezifischer Fertilitätsraten • Altersstruktubereinigt (!) Querschnitt (Fertilität) Längsschnitt (Fertilität) Deutschland (Fertilität) Durchschnittliche Kinderanzahl pro Frau im Lebensverlauf, hochgerechnet auf Basis der Geburten eines Kalenderjahres. (Kohortenanalyse) Indikator für durchschnittliche Zahl Lebendgeborener der Frauen einer Kohorte im Lebenslauf. Maximale Fertilitätsraten für Frauen im Alter 20-30, Ost ≠ West, Verschiebung zu höherem Alter und weniger Geburten. Bruttoreproduktionsraten (BRR) • Langfristige Reproduktionsfährigkeit, betrachtet im Gegensatz zur TFR nur Mädchengeburten. • Summe weiblicher altersspezifischer Fertilitätsraten im Jahr t oder Anzahl der Mädchengeburten von 1000 x-jährigen Frauen im Jahr t durch die durchschnittliche Zahl der x-jährigen Frauen im Jahr t. • Best Case => BRR > 2 („Ersatz“ für sich & Mann unter Berücksichtigung, dass nicht alle Kinder überleben könnten) Nettoreproduktionsrate (NRR) • Periodenspezifische, weibliche altersspezifische Fertilitätsraten im Alter x gewichtet mit der Erlebenswahrscheinlichkeit von Alter x. • NRR < BRR, da Risikobevölkerung der lebenden gebärfähigen Frauen kleiner ist. • Maß zur Beurteilung, ob die Geborenen eines Jahres ausreichen, um die Elterngeneration zu ersetzen (ohne berücksichtig der Wanderung). • Zeigt ob die Anzahl der gebärfähigen Frauen konstant bleibt. @ZettBo 4 UMV WS20/21 Wichtige Indikatoren (Reproduktionsrate) Empirie • Durchschnittsalter der verheirateten Frauen bei der Geburt des ersten ehelichen Kindes (2006 / 29,8) steigend. => Trend zur späteren Geburt setzt sich fort • Endgültige Kinderzahl nach Geburtsjahrgängen der Frauen (DE / 1,4 Kinder je Frau) • Vorgelagertes Phänomen / Heiratsverhalten => Trend zur späteren Heirat bzw. Nichtsheirat • Durchschnittliches Alter der Frauen bei Erstheirat (1990 24 / Heute > 30) • Ehedauerspezifische Scheidungsziffer (Scheidungsrate pro Jahr) Wachsende Bevölkerung Typischerweise geringe Säuglings- und Kindersterblichkeit, untere Altersklassen stark besetzt, Durchschnittsalter gering, heute in manchen Entwicklungsländern, in Deutschland 1910 (Bevölkerungspyramide). Schrumpfende Bevölkerung Typischerweise geringe Geburtenrate, geringe Besetzung der unteren Altersgruppen, oberer Altersgruppen stark besetzt, Alterung. Bevölkerungsprognosen Statistische Ämter erstellen Bevölkerungsvorausberechnungen. • Nicht Prognose, sondern Berechnung der erwarteten Entwicklung unter bestimmten Annahmen. • Unsicherheit ungenauer Datenbasis (letzte Volkszählung in West- und Ostdeutschland 1987 und 1981, seitdem Fortschreibung. Erwartet wird ein Fehler um mehr als 1. Mio Personen) • Unsicherheit zukünftigen Verhaltens, Annahmen zum möglichen Verlauf Zentrale Einflussgrößen Geburtenhäufigkeit, Lebenserwartung, Auswanderung (Bevölkerungsprognosen) Vorgehensweise (Bevölkerungsprognosen) • Jahresweise Fortschreibung einer nach Geschlecht und alter gegliederter Ausgangsbevölkerung. Altersjahrgänge um die erwarteten Sterbefälle reduziert und in die nächsthöhere Altersgruppe übernommen. • Neuer Jahrgang von Nulljährigen, Größe abhängig von Annahmen an Geburtenhäufigkeit und Anzahl von Frauen im gebärfähigen Alter. • Auswanderung berücksichtigt Volkszählung Totalerhebung, vollständige Erfassung aller Personen und Haushalte inkl. Ihrer sozioökonomischen Merkmale. Kennzeichen • • • • (Volkszählung) Individualität (namentliche Einzelerfassung) Universalität (aller) Simultanität (zum Stichtag) Periodizität (regelmäßig, UN Empfehlung alle 10 Jahre) Wirtschaftsindikatoren Ermöglichen quantitative Aussagen über ökonomische Größen, die nicht direkt oder nur mit Verzögerung messbar sind. Konjunkturforschung Lange Tradition in Deutschland z.B. durch WGL Institute • • • • • • Konjunkturzyklen @ZettBo Institut für Weltwirtschaft (IfW) Kiel Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsforschungsinstitut (RWI) Essen Institut für Wirtschaftsforschung (ifo) München Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) Mannheim Institut für Wirtschaftsforschung (IWH) Halle Schwankungen der gesamtwirtschaftlichen Aktivität. Ein Zyklus besteht aus Aufschwungphase, in der gleichzeitig viele wirtschaftlichen Aktivitäten expandieren und Rezessionsphase mit gegenteiligem Phänomen zyklisches Muster kehrt unregelmäßig alle 2 - 10 Jahre wieder. 5 UMV WS20/21 Konjunkturindikatoren Empirie • Führende Indikatoren bedeutend für Prognose z.B. Auftragseingänge, Lagerveränderungen, Geschäftserwartungen, Aktienkurse • Gleichlaufende Indikatoren beschreiben aktuelle Lage z.B. EuEconomic Sentiment Indikator, Einzel- und Außenhandelsumsatz, Kapitalauslastung • Nachlaufende Indikatoren helfen, Prognosen zu prüfen z.B. Zahl der Beschäftigten, Arbeitslose, offene Stellen, Kurzarbeiter und Insolvenzen Zentraler Konjunkturindikator - Wachstum des BIP BIP misst den wert der Produktion von Waren und Dienstleistungen im Inland nach Abzug der Vorleistungen (2019 ca. 3,45 Billionen Euro) Alternative Konjunkturindikatoren • Lagerhaltung • Produktionsindex für das produzierende Gewerbe • ifo Geschäftsklimaindex Wirtschaftspolitische Ziele • • • • Preisindizes Werden zur Preisbereinigung, d.h. Inflationskorrektur, verwendet. Sie lassen sich aus Messzahlen konstruieren. • Messzahlen (beschreiben die relative Entwicklung einer Größe gegenüber einem Ausgangswert. • Indexzahlen oder Indizies beschreiben die durchschnittliche Entwicklung von Gruppen von Größen (z.B. Aktienindex, Preis-Index) Messzahl Quotient zweier Werte eines Merkmals X (z.B. Benzinpreis) gemessen zu einem Zeitpunkt t (Berichtsperiode) und einem Zeitpunkt 0(Basisperiode) Laspeyres - Index Der mit den Ausgabenanteilen (= Warenkorb) des Basisjahres gewichtete arithmetische Mittelwert der k Messzahlen ergibt den Laspeyres-Index. Gewichtsform und Aggregatform • Beide Formen sind Äquivalent. Sie setzen zwei Ausgabengrößen zueinander ins Verhältnis, wobei die Mengen auf dem Niveau der Basisperiode konstant gehalten werden („alter Warenkorb“). • Der Zähler beschreibt die hypothetischen Ausgaben, wären die Mengen der Basisperiode zu den Preisen der Berichtsperiode gekauft worden. • Der Index vergleicht dies mit den tatsächlichen Ausgaben der Basisperiode (Nenner), also bei konstanten Mengen. (Preisindex nach Laspeyres) Stabiles Preisniveau (keine Schwankungen, Inflationsrate von ca. 2%) Hoher Beschäftigungsgrad Außenwirtschaftliches Gleichgewicht Stetiges und angemessenes Wirtschaftswachstum Der Mengenindex nach Laspeyres setzt zwei Ausgabengrößen zueinander ins Verhältnis und hält so die Preise der Basisperiode konstant (in Gewichts- und Aggregatform) Vor- und Nachteile (Preisindex nach Laspeyres) Vorteile • Mengen nur für Basisperiode erhoben, schnell verfügbar • Gewichte über die Zeit fix: direkter Vergleich aller Beobachtungen möglich (bei Paasche nur mit Basispeiode) Nachteile • Überschätzung der Preisänderung. Reagiert nicht auf Substitionsprozesse infolge erhöhter Preise. (Vor- und Nachteile gelte umgekehrt für den Paasche Preisindex) @ZettBo 6 UMV WS20/21 Paasche-Index Empirie Der Paasche-Index betrachtet ein harmonisches Mittel, gerichtet mit den güterspezifischen Ausgabenanteilen der Berichtsperiode („neuer Warenkorb“). Ein harmonischer Mittelwert gibt den reziproken Wert des arithmetischen Mittels der reziproken Merkmalswerte an. Beim Mengenindex nach Paasche werden umgekehrt die Preise der Berichtsperiode bei Bewertung der Mengen aus Basis- und Berichtsperiode konstant gehalten. Fischer-Index Erfüllt zusätzlich zu den Eigenschaften von Laspeyres- und PaascheIndex auch die Umsatzsatz und die Zeitumkehrprobe. Er ist das geometrische Mittel aus Laspeyres- und Paasche-Indizies. Hedonische Preismessung • • • • Berechnung Kettenindizes • Es wird ein Index mit laufend aktualisiertem Basis- und Berichtsjahr berechnet, der Preisänderungen gegeben dem Vorjahr angibt. • Dann werden die Preisänderungen zwischen weiter auseinander liegenden Zeitpunkten bestimmt, indem man die einzelnen Indexwerte „verkettet“, d.h. miteinander multipliziert. • Für bestimmte Warengruppen werden direkte Preisindizes berechnet, z.B. Baupreisindex, Index der Großhandelspreise Berechnung Kettenindizes Vorteil • Veränderungen im Verbrauchsverhalten fließen ständig ein (wie bei Paasche) und Preisvergleiche sind nur mit Basisjahr, sondern zwischen Jahren möglich (wie bei Laspeyres) Nachteil • Berechnet man eine reale Gesamtgröße als Summe ihrer preisbereinigten Komponenten, erhält man ein anderes Ergebnis als bei Aufsummierung der nominalen Komponenten und anschließender Preisbereinigung. • 2005 wurde die deutsche volkswirtschaftliche Gesamtrechnung auf Vorjahrespreisbasis und Verkettungsindizes umgestellt. (Vor- und Nachteile) Problem -> Qualitätsänderung von Gütern Berücksichtigt Preiseffekte durch Qualitätssteigerung Wird verwendet für Preise von IT-Gütern, Gebrauchtwagen etc. Wenn Preissteigerung durch Qualitätsverbesserung herausgerechnet, steigt der Preisindex weniger stark. Hat direkte Auswirkung auf Messung des realen Wirtschaftswachstum. Inflation Inflation ist nicht unmittelbar messbar. Preisniveaustabilität wird durch unterschiedliche Preisindizes gemessen. • Bundesbank und Europäische Zentralbank: Preisniveaustabilität bei einer Inflationsrate von maximal 2 Prozent. • Zentral: Preisindex des BIP und Verbraucherpreisindex Gefühlte Inflation • Da sich sich die subjektive Wahrnehmung der Preisänderung von objektiv gemessenen unterscheidet, wurde das Konzept der gefühlten Inflation eingeführt. • Gefühlte Inflation bei Euro Einführung deutlich über der amtlichen Inflationsrate, da Preisanstieg bei sichtbaren Alltagsausgaben größer war als bei teuren Anschaffungen. Letztere haben jedoch bei der Indexberechnung ein größeres Gewicht. • Index der gefühlten Inflation gerichtet Preise nach der Kaufhäuffigkeit statt nach dem Anteil am Warenkorb und nutzt Referenzpreise, die auch länger als eine Periode zurückreichen. • Mit der Euro Einführung wurden insbesondere solche Güter teurer, die häufig gekauft wurden. @ZettBo 7 UMV WS20/21 Verbraucherpreisindex (berechnet als Laspeyres-Index) Empirie Durchschnittliche Preisänderung aller Waren und Dienstleistungen, die von privaten Haushalten typischerweise für Konsumzwecke gekauft bzw. Verbraucht werden. Die Güter und Dienstleistungen sowie deren Anteile am Konsum sind in 12 Abteilungen, dann in Gruppen und Klassen gegliedert. Bundesweit erfassen ca. 560 amtliche Preisermittler zur Monatsmitte mehrere tausend Preise, teils regional, teils zentral. Die Gewichte der Güter im Warenkorb werden auf Basis von Informationen aus der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe für unterschiedliche Haushaltstypen berechnet. Verkettung Verbindet Indexreihen mit unterschiedlicher Basis. Vorwärtsverkettung Referenzjahr der ersten Reihe wird beibehalten. Beobachtungen der zweiten Reihe werden ab dem Jahr t +1 mit dem Wert der ersten reihe in der Umstellungsperiode t multipliziert, um die Reihe zu verlängern. Rückwärtsverkettung Die Werte des alten Index werden für die Perioden vor der Umstellungsperiode t durch den Wert des alten Indexes in der Umstellungsperiode geteilt, um die zweite Reihe auf weiter zurückliegende Jahre zu verlängern. Preisänderungen, die auf Basis des alten Warenkorbs bestimmt werden, werden in die Indexreihe des neuen Warenkorbs übernommen. Beschäftigung Ziel eines hohen Beschäftigungsstandes wird durch Minimierung der Arbeitslosigkeit erreicht. • Schwierig, Zielwert für Beschäftigungsstand bzw. Arbeitslosigkeit zu definieren, wegen nicht vermeidbarer, fraktioneller Arbeitslosigkeit und nicht registrierter Arbeitslose. Registrierte Arbeitslose • • • • • • (Bedingungen) Alter 15 - 64 Bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitslos gemeldet Kein Beschäftigungsverhältnis, über 15 Std./Woche Bemühung, Beschäftigungslosigkeit zu beenden Stehen der Vermittlung durch Bundesagentur zur Verfügung Sind nicht arbeitsunfähig erkrankt Verdeckte Arbeitslose Erhalten arbeitsmarktpolitische Leistungen, werden aber nicht arbeitslos gezählt, z.B. vorzeitiger Ruhestand, Teilnehmer an Qualifizierungsmaßnahmen, subventionierte Beschäftigte, ABM Verteilung der Arbeitslosigkeit Anteil der Langzeitarbeitslosen (mind. 12 Monate). Bei hohem Anteil trägt eine kleine Gruppe die Hauptlast der Arbeitslosigkeit. In Deutschland sind knapp ein Drittel des Bestands der Arbeitslosen über 12 Monate hinweg durchgehend arbeitslos. Erwerbslosenquote (Erwerbslose / Erwerbspersonen) Folgt international vereinbarten Standards der „International Labour Organisation“ (ILO) Funktionale Einkommensverteilung Verteilung des Gesamteinkommens auf die Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital. Volleinkommen Gesamtheit aller Einkommen aus unselbständiger und selbstständiger Tätigkeit sowie aus Vermögen (Kapitaleinkommen), die Inländer während einer Periode im In- und Ausland erzieht haben. Äquivalenzeinkommen Berücksichtigt positive Skaleneffekte (Wohlfahrtsgewinn) gemeinsamer Haushaltsführung bei Umrechnung von Haushaltseinkommen in ProKopf-Einkommen, Gewichtung mit der Anzahl Haushaltsmitglieder. Bruttolohnquote Anteil der Arbeitnehmerentgelte am Volkseinkommen. Nettolohnquote Anteil der Nettolöhne und -gehälter am Volkseinkommen. @ZettBo 8 UMV WS20/21 Nachteile der Bruttolohnquote (als Verteilungsmaß) Empirie • Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge suggeriert Verbesserung, obwohl Nettoeinkommen fallen • Veränderung der Beschäftigungsstruktur und Zahl der Arbeitnehmer wird nicht berücksichtigt (z.B. Arbeitsstunden pro Kopf) • Vom Anteil der Arbeitnehmer (A) an den Erwerbstätigen beeinflusst. Wegen fallender Selbstständigenzahlen (S) stieg Arbeitsnehmeranteil • Konjunktureinfluss (in Rezession fallen Gewinne wesentlich stärker als Löhne, Lohnquote steigt. Konzentration Ungleichmäßige Aufteilung der Merkmalssumme eines Merkmals (Haushaltsbruttoeinkommen) auf die Merkmalsträger (Haushalte). Absolute Konzentration Beschreibt, welcher Anteil an der Merkmalsumme auf eine gegebene Anzahl von Merkmalsträgern entfällt, z.B. 20% des Vermögens privater Haushalte ist in Händen von 5000 Privathaushalten. Relative Konzentration Beschreibt, welcher Anteil an der Merkmalssumme auf einen gegebenen Anteil von Merkmalsträgern entfällt, z.B. 20% des Vermögens privater Haushalte ist in den Händen von 1% der Haushalte. Konzentrationskurve • Absteigendes Ordnen der Einheiten • Gliederungszahl pro Merkmalsträger • Kumulierte Gliederungszahl, Summe der Gliederungszahl aller Merkamlsträger mit mindestens so großem x wie das von i • Graphische Darstellung ergibt die Konzentrationskurve Konzentrationsquote Beschreibt den Anteil der größten Elemente der Rangwertreihe an der Merkmalssumme. Alle Merkmalsträger gehen mit dem gleichen Gewicht in die Betrachtung ein, sie werde gezählt. Vorteile • Leicht verständlich und verfügbar • Direkter Bezug zur Konzentrationskurve Nachteile • Beschränkter Informationsgehalt, beschreibt Ausschnitt nicht Gesamtverteilung • Willkürliche Wahl der Merkmalsträger (m) • Verschiebung jenseits der (m) Merkmalsträger unberücksichtigt, solange sie keine Änderung der Rangfolge bewirken Die Konzentrationsquote wird häufig bei der Beschreibung von Märkten (Wettbewerb) verwendet. Kein Wettbewerb, wenn sich wenige Unternehmen den Mart teilen z.B. 4 Unternehmen vereinen etwa 3/4 des Weltmarktes @ZettBo 9 UMV WS20/21 Herfindaldahl-index Empirie • Der Herfindahl-Index ist das arithmetische Mittel der mit sich selbst gerichteten Gliederungszahlen • Im Fall maximaler Konzentration gilt K(H) = 1 • Die Quadrierung bewirkt eine stärkere Gewichtung größerer Merkmalsanteile als im Fall der Konzentrationsquote • Die deutlich unterschiedliche Gewichtung kleiner und großer Merkmalsträger charakterisiert den den Herfindahl-Index. Vorteile • Interpretation als gewichtete durchschnittliche Steigung der Konzentrationskurve (Anteile als Gewicht) • Auch kleine Veränderungen können wahrgenommen werden, z.B. Verschiebung zwischen den Mermalsträgern Nachteile • Viele kleine Merkmalsträger haben kaum Einfluss (vorteilhaft, wenn nur ungenaue Informationen für diese vorliegen) • Paxis: Auch bei hoher Konzentration sind Zahlenwerte relativ gering, daher oft Unterschätzung der Konzentration Lorenzkurve Betrachtung geordneter Mermalswerte, die z.B. in Form einer Rangwertreihe für Einzeldaten vorliegen. Vorgehensweise • Aufsteigende Rangwertordnung • Häufigkeitssummenfunktion, Anteil der ersten („kleinsten“) i an allen n Einheiten • Kumulierte Anteilswerte Horizontale Achse (Abszisse) • Kumulierter Anteil der Merkmalsträger in Prozent Vertikale Achse (Ordinate) • Kumulierter Anteil der Merkmalssumme in Prozent Diagonale = Kurve völliger Gleichverteilung Bei völliger Ungleichverteilung ergibt sich der maximale Absand zur Diagonale. Je gekrümmter, desto ungleicher ist die Verteilung der Einkommen. Gini-Koeffizient Bei Gleichverteilung läuft Lorenzkurve auf der Diagonalen. Daher bietet die Fläche zwischen Diagonale und Lorenzkurve ein maß für die relative Konzentration, den Gini-Koeffizienten. Perzentile Teilen die Gesamtheit der größenmäßig geordneten Merkmalsträger in 100 gleich große Teile auf. Besonders interessieren in der Regel Dezibel, Quintile und Quartile. Das 50. Perzentil wird als Median bezeichnet. Jedem Perzentil der Merkmalsträger kommt ein Anteil an der Merkmalssumme zu. Dies der Perzentilanteil. Absolute Armutsmaße Orientiert sich am Kalorienbedarf und berechnet dafür haushaltsspezifisch erforderliche Ausgaben. Dies ergibt die Armutsgrenze. Liegt das verfügbare Einkommen unter der Armutsgrenze, so ist der Haushalt arm. Relative Armutsmaße Orientieren sich an der Situation einer Gesellschaft. Die EU empfiehlt, die Armutsrisikoquote zu messen. Diese beschreibt den Bevölkerungsanteil der Personen in Haushalten, deren Nettoäquivalenzeinkommen weniger als 60 Prozent des Medians beträgt. Soziokulturelles Existensmaximum Beschreibt den Betrag, der erforderlich ist, um trotz Armut am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. @ZettBo Powered by TCPDF (www.tcpdf.org) 10