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Zacher-Reuter2014 Book RegelungstechnikFürIngenieure

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Serge Zacher
Manfred Reuter
Regelungstechnik
für Ingenieure
Analyse, Simulation und Entwurf
von Regelkreisen
14. Auflage
Regelungstechnik für Ingenieure
Serge Zacher ⋅ Manfred Reuter
Regelungstechnik für
Ingenieure
Analyse, Simulation und Entwurf von
Regelkreisen
14., korrigierte Auflage
Mit 403 Abbildungen, 96 Beispielen und 32 Aufgaben
Serge Zacher
Wiesbaden, Deutschland
ISBN 978-3-8348-1786-0
DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1
Manfred Reuter
Kreuztal, Deutschland
ISBN 978-3-8348-2216-1 (eBook)
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Springer Vieweg
© Springer Fachmedien Wiesbaden 1972, 1975, 1981, 1983, 1986, 1988, 1989, 1991, 1994, 2002, 2004, 2008,
2011, 2014
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benutzt werden dürften.
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Science+Business Media
www.springer-vieweg.de
V
Vorwort zur 1. Auflage
Das vorliegende Buch stellt eine Einführung in die Grundlagen der Regelungstechnik
unter besonderer Berücksichtigung der Laplace-Transformation dar und ist für
Studenten an Fachhochschulen gedacht. Die zum Teil sehr ausführliche Darstellung
soll, wenn nötig, auch ein selbständiges Einarbeiten in das Stoffgebiet ermöglichen.
Zur Untersuchung der einzelnen Regelkreisglieder werden die klassischen Methoden
wie: Differentialgleichung, Sprungantwort, Frequenzgang, Ortskurve und BodeDiagramm angewandt. Diese sind die Voraussetzung für die in der modernen Regelungstheorie benutzten Verfahren der z-Transformation und der Betrachtung im
Zustandsraum.
Nach der Einführung der Grundbegriffe der Steuerung und Regelung in Kapitel 1,
wird in Kapitel 2 die mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder erörtert.
Ausgehend vom Zeitverhalten der Grundtypen von Regelkreisgliedern in Kapitel 3,
werden in Kapitel 4 die Regelstrecken ausführlich behandelt. Für jede Streckenart
werden sowohl elektrische als auch für den Maschinenbauer geeignete Beispiele
durchgerechnet. Zur Ermittlung des charakteristischen Verlaufs der einzelnen
Sprungantworten wird abwechselnd je ein Beispiel nach der klassischen und eines
mittels Laplace-Transformation gelöst. Bei der Behandlung der Regeleinrichtungen
(Kapitel 5) wird gleichzeitig deren typisches Verhalten an einfachen Regelstrecken
untersucht. Über den Störfrequenzgang und die entsprechende Differentialgleichung
werden deren Vor- und Nachteile, z. B. der Einfluß der einzelnen Reglerparameter auf
die bleibende Regelabweichung und die Dämpfung aufgezeigt. Die für den Regelungstechniker wichtige Darstellung im Bode-Diagramm ist in Kapitel 6 zusammengefaßt. Zur Stabilitätsbetrachtung von Regelkreisen (Kapitel 7) werden die Kriterien
von Hurwitz, Nyquist, die Behandlung im Bode-Diagramm und das Zweiortskurvenverfahren abgeleitet und an Beispielen ausführlich erläutert. Das Zweiortskurvenverfahren dient ferner der Behandlung von Nichtlinearitäten mittels der Methode der
harmonischen Balance in Kapitel 9. Für verschiedene Nichtlinearitäten werden die
Beschreibungsfunktionen abgeleitet. Anschließend werden in Kapitel 10 Zwei- und
Dreipunktregler ohne und mit Rückführung erläutert. Das abschließende Kapitel 11
behandelt kurz die Wirkungsweise des Analogrechners. Ferner wird auf die Programmierung der wichtigsten Regler und Regelstrecken eingegangen. Den Anhang
(Kapitel 12) bilden eine kurzgefaßte Ableitung der Laplace-Transformation sowie
zusammenfassende Tabellen.
Zum Schluß möchte ich mich bei meinen Kollegen, den Herren Dipl.-Ing. E. Böhmer,
Dipl.-Ing, W. Mengel und Dr.-Ing. W. Zimmermann bedanken, die mir durch Ratschläge und Anregungen geholfen haben. Ferner danke ich dem Verlag Friedr. Vieweg & Sohn und seinen Mitarbeitern, insbesondere Herrn A. Schubert für die stets
gute Zusammenarbeit.
Siegen, im Januar 1972
Manfred Reuter
VI
Vorwort zur 14. Auflage
In der Vorwort zur 12. Auflage schrieb ich im März 2008: „Seit vier Jahrzehnten leistet Reuter seinen wesentlichen Beitrag zur Ausbildung von Diplom-Ingenieuren im
Bereich Regelungstechnik... Zum Buch greifen Studenten, wenn ein Problem bei der
Diplomarbeit entsteht, Ingenieure von renommierten Autoherstellern verwenden es
zur Lösung von betrieblichen Aufgabenstellungen.“
Diese Meinung über das Buch gilt auch heute und ist durch die neuen, durchaus posiriven, Rezensionen bestätigt. Beispielsweise teilte Prof. Dr. Roland Büchi von Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) in seiner Mail mit: "Für
die Grundlagen der Regelungstechnik, RT1 und RT2 unserer FH-Studiengänge Elektrotechnik sowie Systemtechnik haben wir entschieden, keine eigenen Skripte mehr zu
schreiben, sondern Ihr Standardwerk ‚Regelungstechnik für Ingenieure‘ zu verwenden." Eine erfreuliche Nachricht, die zu fachlichen Kontakten, Anregungen und zu
einem Beitrag des ZHAW-Kollegen, Prof. Dr. Georgios Lekkas führte. Dieser Beitrag
ist ins Kapitel 8 als Rezeptanleitung zum Frequenzkennlinienverfahren eingeflossen,
wofür ich mich bei Kollegen R. Büchi und G. Lekkas herzlich bedanke.
Welche Änderungen wurden noch in der aktuellen Auflage vorgenommen? Der Abschnitt 8.7 "Mehrgrößenregelung" ist neu gestaltet und mit neuen Beispielen bzw.
MATLAB-Simulationen ergänzt. Wie in vorherigen Auflagen erfolgt der Entwurf von
Mehrgrößensystemen ausschließlich mit Übertragungsfunktionen, die Entwurfsmethoden im Zeitbereich sind anhand Zustandsmodellen im Kapitel 13 "Zustandsregelung" vertreten.
Neu ist auch das so genannte Bus-Konzept zum Entwurf von Mehrgrößenregelkreisen
im Kapitel 8. Wegen des begrenzten Umfanges des Buches war es leider nicht möglich, die Betrachtung von klassischen Systemen unter diesem neuen Blickwinkel detailliert zu beschreiben. Mit dem Bus-Konzept kann man die Wirkungspläne von
Mehrgrößenstrecken auch bei größerer Anzahl von Variablen n > 2 anschaulich und
übersichtlich mit Übertragungsfunktionen darstellen, um die Wege zu einer perfekten
Entkopplung zu finden.
In der neuen Auflage ist außerdem das Kapitel 12 "Intelligente Regelung" von Überarbeitungen getroffen. Das sind die neuen Methoden der modellbasierten Regelung,
die an mehreren Projekt-, Diplom-, Bachelor- und Master-Arbeiten unter meiner
Betreuung in der Industrie ausprobiert und getestet wurden.
Zum Schluß möchte ich meinen herzlichen Dank für die freundliche Atmosphäre,
Unterstützung und jederzeit konstruktive Zusammenarbeit den beteiligten Mitarbeitern des Springer Vieweg Verlags aussprechen, insbesondere dem Cheflektor Elektrotechnik/ IT/ Informatik, Herrn Reinhard Dapper, und der Editorial-Assistentin, Frau
Andrea Brossler.
Wiesbaden, im Oktober 2013
Serge Zacher
VII
Inhaltsverzeichnis
Formelzeichen ........................................................................................................ XIII
1
Einleitung (von M. Reuter und S. Zacher).............................................................1
1.1
1.2
1.3
1.4
1.5
1.6
2
Mathematische Behandlung von Regelkreisen (von M. Reuter).................15
2.1
2.2
2.3
2.4
2.5
2.6
3
Das Prinzip der Regelung ................................................................................3
Darstellung im Wirkungsplan ..........................................................................5
Gerätetechnische Ausführung eines Regelkreises ...........................................7
Das Prinzip der Steuerung ...............................................................................8
Beispiele für einfache Regelkreise ..................................................................9
Beispiele für vermaschte Regelkreise............................................................12
Beharrungszustand und Zeitverhalten eines Regelkreisgliedes.....................15
Das Aufstellen der Diffenrentialgleichung....................................................17
Lösung der Differentialgleichung..................................................................19
2.3.1 Spezielle Eingangsfunktionen.............................................................19
2.3.2 Lösung der Differentialgleichung bei sprunghafter Verstellung der
Eingangsgröße.....................................................................................21
2.3.3 Lösung der Differentialgleichung durch Trennen
der Veränderlichen..............................................................................22
2.3.4 Lösung der Differentialgleichung durch geeigneten Ansatz ..............23
2.3.5 Lösung mittels Laplace-Transformation. Die Übertragungfunktion ..25
2.3.6 Lösung der Differentialgleichung bei sinusförmiger Eingangsgröße.30
Beschreibung von Regelkreisen im Frequenzbereich....................................34
2.4.1 Der Frequenzgang ...............................................................................34
2.4.2 Die Ortskurve......................................................................................36
2.4.3 Beziehung zwischen Ortskurve und Sprungantwort ...........................39
2.4.4 Das Bode-Diagramm...........................................................................41
Beschreibung von Regelkreisen mit Übertragungsfunktionen ......................42
2.5.1 Verbindungsmöglichkeiten von Regelkreisgliedern...........................42
Behandlung des statischen Verhaltens...........................................................44
2.6.1 Statische Kennlinien ............................................................................45
2.6.2 Statischer Regelfaktor.........................................................................47
2.6.3 Linearisierung mit analytischen Verfahren.........................................48
2.6.4 Linearisierung mit grafischen Verfahren............................................50
Regelstrecke (von M. Reuter) ..............................................................................51
3.1
3.2
P-Strecken ohne Verzögerung............ ...........................................................53
P-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung.......................................................53
VIII
3.3
3.4
3.5
3.6
3.7
3.8
3.9
4
P-Strecken mit Verzögerung 2. Ordnung.......................................................59
Strecken höherer Ordnung.................. ...........................................................70
Schwingungsfähige P-Strecken 2. Ordnung ..................................................75
I-Strecken ohne Verzögerung.................................................. ......................83
I-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung........................................................86
Strecken mit Totzeit Tt...................................................................................92
Regelstrecken mit Totzeit und Verzögerung 1. Ordnung ..............................96
Regeleinrichtungen (von M. Reuter) .................................................................99
4.1
4.2
4.3
5
Inhaltsverzeichnis
Elektronische Regler mittels Operationsverstärker .....................................101
Führungs- und Störverhalten des geschlossenen Regelkreises ....................104
4.2.1 Führungsübertragungsfunktion .........................................................104
4.2.2 Störübertragungsfunktion .................................................................106
Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen ...................................................106
4.3.1 P-Regeleinrichtung............................................................................106
4.3.1.1 P-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T1-Strecke.........108
4.3.2 I-Regeleinrichtung ............................................................................112
4.3.2.1 I-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T1-Strecke..........114
4.3.2.2 I-Regeleinrichtung zur Regelung einer I-Strecke ................117
4.3.3 PI-Regeleinrichtung ..........................................................................118
4.3.3.1 PI-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T1-Strecke........120
4.3.3.2 PI-Regeleinrichtung zur Regelung einer I-Strecke..............124
4.3.4 D-Verhalten.......................................................................................125
4.3.5 PD-Regeleinrichtung.........................................................................127
4.3.5.1 PD-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T2-Strecke ......131
4.3.6 PID-Regeleinrichtung .......................................................................135
4.3.6.1 PID-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T2-Strecke.....140
Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren (von M. Reuter) ...143
5.1
5.2
5.3
Bode-Diagramme einfacher Frequenzgänge................................................143
5.1.1 Bode-Diagramm eines P0-Gliedes ....................................................144
5.1.2 Bode-Diagramm eines I-Gliedes.......................................................144
5.1.3 Bode-Diagramm eines D-Gliedes .....................................................146
5.1.4 Bode-Diagramm eines P-Gliedes mit Verzögerung 1. Ordnung.......147
5.1.5 Bode-Diagramm eines PI-Gliedes.....................................................148
5.1.6 Bode-Diagramm eines PD-Gliedes ...................................................150
5.1.7 Bode-Diagramm eines P-T2-Gliedes.................................................152
Darstellung in Reihe geschalteter Glieder im Bode-Diagramm ..................153
5.2.1 Konstruktion des Bode-Diagramms mittels Einzelfrequenzgängen 153
5.2.2 Konstruktion mittels Asymptoten (aktualisiert von S. Zacher) ........156
Numerische Berechnung des Bode-Diagramms ..........................................163
Inhaltsverzeichnis
6
Stabilitätskriterien (von M. Reuter) ................................................................167
6.1
6.2
6.3
6.4
7
Stabilitätskriterium nach Hurwitz................................................................168
Stabilitätskriterium nach Nyquist ................................................................174
6.2.1 Graphische Ermittlung der Ortskurve bei gegebener PolNullstellenverteilung.........................................................................175
6.2.2 Ableitung des Nyquist-Kriteriums ....................................................178
6.2.3 Anwendung des Nyquist-Kriteriums ................................................180
Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm.........................185
6.3.1 Vereinfachtes Nyquist-Kriterium .....................................................190
6.3.2 Stabilitätsgüte und Phasenrand .........................................................191
Stabilitätsuntersuchung mittels Zweiortskurvenverfahren ..........................195
6.4.1 Konstruktion der negativ inversen Ortskurve der Strecke................197
Das Wurzelortskurvenverfahren (von M. Reuter).......................................201
7.1
7.2
8
IX
Analytische Berechnung der Wurzelortskurve ............................................203
Geometrische Eigenschaften von Wurzelortskurven...................................213
Entwurf von linearen Regelkreisen (von S. Zacher)....................................221
8.1
8.2
8.3
8.4
8.5
8.6
8.7
Gütekriterien des Zeitverhaltens..................................................................221
Praktische Einstellregeln..............................................................................224
8.2.1 Grob approximierte Strecke..............................................................224
8.2.2 Fein approximierte Strecke ...............................................................228
Integralkriterien............................................................................................233
Einstellregeln im Frequenzbereich ..............................................................236
8.4.1 Frequenzkennlinienverfahren ............................................................236
8.4.2 Betragsoptimum ................................................................................240
8.4.3 Symmetrisches Optimum ..................................................................242
Entwurf von Regelkreisen mit instabilen Strecken......................................247
8.5.1 Instabile P-T1-Glieder .......................................................................247
8.5.2 Instabile P-T2-Glieder .......................................................................249
8.5.3 Beispiele von instabilen Regelstrecken ............................................252
Vermaschte Regelung ..................................................................................255
8.6.1 Regelung mit Hilfsregelgrößen.........................................................255
8.6.2 Kaskadenregelung.............................................................................256
8.6.3 Begrenzungsregelung .......................................................................258
8.6.4 Störgrößenaufschaltung ....................................................................260
Mehrgrößenregelung....................................................................................262
8.7.1 Regelstrecken mit mehreren Ein- und Ausgangsgrößen...................262
8.7.2 P-kanonische Form ...........................................................................263
8.7.3 V-kanonische Form............................................................................264
8.7.4 Dezentrale Regelung einer Mehrgrößenstrecke.................................265
8.7.5 Stabilität der dezentralen Zweigrößenregelung .................................266
X
Inhaltsverzeichnis
8.7.6 Entwurf einer Entkopplungsregelung ...............................................267
8.7.7 Bus-Konzept zur Darstellung der Mehrgrößenstrecken ...................269
9
Nichtlineare Glieder im Regelkreis (von M. Reuter) ...................................271
9.1
9.2
9.3
Harmonische Balance ..................................................................................275
Ermittlung spezieller Beschreibungsfunktionen ..........................................276
9.2.1 Beschreibungsfunktion eines Gliedes mit Sättigung ........................277
9.2.2 Beschreibungsfunktion eines Gliedes mit toter Zone .......................279
9.2.3 Beschreibungsfunktion eines Gliedes mit Hysterese........................282
9.2.4 Beschreibungsfunktion eines Dreipunktreglers ohne Hysterese ......285
Stabilitätsuntersuchungen an nichtlinearen Regelkreisen ...........................287
9.3.1 Dreipunktregler mit nachgeschaltetem Stellmotor ...........................288
9.3.2 Untersuchung eines Regelkreises mit Ansprechempfindlichkeit .....292
10 Unstetige Regelung (von M. Reuter)................................................................295
10.1 Idealer Zweipunktregler an einer P-Strecke höherer Ordnung ....................296
10.2 Zweipunktregler mit Hysterese an einer P-Strecke 1. Ordnung ..................302
10.3 Zweipunktregler mit Rückführung...............................................................305
10.3.1 Zweipunktregler mit verzögerter Rückführung ...............................306
10.3.2 Zweipunktregler mit verzögert-nachgebender Rückführung ...........310
10.4 Dreipunktregler ............................................................................................312
10.4.1 Dreipunktregler mit Rückführung....................................................313
11 Digitale Regelung (von S. Zacher) ...................................................................315
11.1 Digitale Regeleinrichtungen ........................................................................315
11.2 Abtastregelung .............................................................................................319
11.2.1 Wirkungsweise von digitalen Regelkreisen.....................................320
11.2.2 Rechenzeit........................................................................................323
11.2.3 Beschreibungsmethoden ..................................................................324
11.3 Quasikontinuierliche Regelung....................................................................327
11.3.1 Wahl der Abtastperiode ...................................................................327
11.3.2 Praktische Einstellregeln..................................................................327
11.4 Beschreibung von Abtastsystemen im Zeitbereich......................................330
11.4.1 Differenzengleichungen...................................................................330
11.4.2 Aufstellen der Differenzengleichungen ...........................................330
11.4.3 Lösung der Differenzengleichungen mittels Rekursion ..................331
11.4.4 Exakte Lösung der Differenzengleichungen....................................331
11.4.5 Digitalisierung analoger Regelalgorithmen .....................................335
11.4.6 Stabilitätsbedingung für Abtastsysteme...........................................341
11.5 Beschreibung von digitalen Systemen im z-Bereich....................................343
11.5.1 Die z-Transformation .......................................................................343
11.5.2 Die z-Übertragungsfunktionen.........................................................346
Inhaltsverzeichnis
XI
11.5.3 Digitale Übertragungsfunktionen von einzelnen Elementen ...........348
11.5.4 Digitale Führungsübertragungsfunktionen ......................................351
11.5.5 Stabilitätskriterien für digitale Regelkreise .....................................352
12 Intelligente Regelung (von S. Zacher) .............................................................357
12.1 Modellbasierte Regelung .............................................................................357
12.1.1 Kompensationsregler .......................................................................357
12.1.2 Smith-Prädiktor................................................................................359
12.1.3 PFC (Predictive Function Control) ..................................................361
12.1.4 SPFC (Simplified Predictive Function Control)..............................362
12.1.5 ASA-Control (Regelung nach dem Antisystem-Approach).............364
12.1.6 AFIC (Adaptive Filter for Identification and Control) ....................365
12.1.7 Dead-Beat-Regler (Regler mit endlicher Einstellzeit) .....................367
12.2 Fuzzy-Regler ................................................................................................371
12.2.1 Funktionsweise und Aufbau eines Fuzzy-Reglers ...........................371
12.2.2 Fuzzy-Mengen und Zugehörigkeitsfunktionen ................................372
12.2.3 Regelbasis und Inferenz...................................................................374
12.2.4 Defuzzifizierung...............................................................................375
12.3 Neuro-Regelung ...........................................................................................377
12.3.1 Grundmodell eines künstlichen Neurons .........................................377
12.3.2 Mehrschicht-KNN und Backpropagation ........................................379
12.3.3 Regelkreisstrukturen mit KNN ........................................................383
13 Zustandsregelung (von S. Zacher) .................................................................387
13.1 Zustandsebene ............................................................................................387
13.1.1 Zustandsebene eines linearen Systems.........................................388
13.1.2 Stabilitätsuntersuchung in der Zustandsebene .............................390
13.1.3 Zustandsrückführung eines nichtlinearen Systems ......................394
13.2 Zustandsraum..............................................................................................397
13.3 Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit.............................................................400
13.4 Entwurf von Regelkreisen mittels Polzuweisung .......................................402
13.4.1 Zustandrückführung .....................................................................402
13.4.2 Vorfilter........................................................................................404
13.4.3 Ausgangsrückführung...................................................................405
13.4.4 Störgrößenaufschaltung................................................................408
13.4.5 Beobachterentwurf .......................................................................410
13.5 Optimale Zustandsregelung nach LQ-Kriterien ..........................................413
13.5.1 Optimale Zustandsrückführung....................................................414
13.5.2 Entwurf eines optimalen Beobachters..........................................416
XII
Inhaltsverzeichnis
14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink (von S. Zacher)............... 417
14.1
14.2
14.3
14.4
14.5
14.6
Grundlagen der MATLAB-Programmierung .............................................417
Grafik mit MATLAB..................................................................................421
Control System Toolbox.............................................................................426
Bode-Diagramm mit MATLAB..................................................................429
WOK mit MATLAB...................................................................................432
Einführung in MATLAB / Simulink ..........................................................438
15 Lösungen der Übungsaufgaben (von M. Reuter und S. Zacher)............ 441
Anhang ............................................................................................................ 465
Rechenregeln der Laplace-Transformation (von M. Reuter) ......................................465
Korrespondenztabelle (von M. Reuter).......................................................................466
Sätze der Laplace- und z-Transformation (von M. Reuter).........................................467
Tabelle der Laplace- und z-Transformation (von M. Reuter) .....................................468
Tabelle der wichtigsten Regelkreisglieder (von M. Reuter) .......................................470
Literaturverzeichnis (von S. Zacher) ............................................................... 476
English-German Symbols Directory (von S. Zacher) ..................................... 483
Fachwörter Deutsch-Englisch (von S. Zacher) ............................................... 491
Sachwortverzeichnis...................................................................................... 505
XIII
Formelzeichen
A
A
AM
A1, A2...
AR
a0, a1...
Fläche, Querschnitt, Schwingungsamplitude, Gewindesteigung
Systemmatrix bzw. Dynamikmatrix
Systemmatrix des Beobachters
Koeffizienten der charakteristischen Gleichung P(w)
Betragsreserve (Amplitudenreserve)
Koeffizienten der Differentialgleichung, der Fourier-Zerlegung, der z-Übertragungsfunktion, Beiwerte der Eingangsgröße und deren Ableitungen
B
Steuermatrix bzw. Eingangsmatrix
b
Dämpfungskonstante
b0, b1... Koeffizienten der Differentialgleichung, der Fourier-Zerlegung, der z-Übertragungsfunktion, Beiwerte der Ausgangsgröße und deren Ableitungen
C
Kapazität, Kondensator, Integrationskonstante, Konzentration
C
Beobachtungsmatrix bzw. Ausgangsmatrix
Koppelfaktor, Koeffizient,
C0
C0
Controlability Matrix, Steuerbarkeitsmatrix
c
Federkonstante, spezifische Wärme
D
Dämpfungsgrad, Determinante
d
Dicke, Sollwert eines Neuronausgangs
d
Störgrößenvektor
E
Fehler eines künstlichen neuronalen Netzes
e
Regeldifferenz
e(∞)
F
f
G
bleibende Regeldifferenz e(t) bei t → ∞
Kraft
Funktion, Frequenz
Erfüllungsgrad einer Fuzzy-Regel, auch Matrix
Frequenzgang
G(jω)
|G(jω)|dB Amplitudengang in dB
G(s)
Übertragungsfunktion
G(z)
z-Übertragungsfunktion
Ggesch(s) Übertragungsfunktion des geschlossenen Kreises
GH(s) Übertragungsfunktion des Haltegliedes
GHS(z) z-Übertragungsfunktion Halteglied/Strecke
G0(s)
Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises
GM(s) Übertragungsfunktion des gewünschten Regelverhaltens
XIV
Formelzeichen
GR(s)
GS(s)
Gv(s)
Gvorw(s)
Gw(s)
Gz(s)
Übertragungsfunktion der Regeleinrichtung
Übertragungsfunktion der Regelstrecke
Übertragungsfunktion des Vorfilters
Übertragungsfunktion des Vorwärtszweigs
Führungsübertragungsfunktion
Störübertragungsfunktion
g
H
H
h
I
i
ia
ie
Gewichtsfunktion, Erdbeschleunigung
Höhe, Füllstandshöhe, magnetische Feldstärke
Systemmatrix eines Systems mit Zustandsrückführung
Abstand, Höhe (Abweichung vom Arbeitspunkt), Übergangsfunktion
Einheitsmatrix
Strom
Ankerstrom
Erregerstrom
J
j
Massenträgheitsmoment, auch Funktional, Integralkriterium
imaginäre Einheit j = − 1
K
K
KD
Kd
KI
Kkr
K0
KP
KPM
KPR
KPr
KPS
KPw
KPSy
KPSz
KS
Ky
Übertragungsbeiwerte, Koeffizienten, Konstante
Zustandsrückführung
Differenzierbeiwert
Störgrößenaufschaltung
Integrierbeiwert
kritischer Proportionalbeiwert
Kreisverstärkung
Proportionalbeiwert
Proportionalbeiwert des Modells
Proportionalbeiwert des Reglers
Proportionalbeiwert des Smith-Prädiktors
Proportionalbeiwert der Strecke
Proportionalbeiwert des geschlossenen Kreises (Führungsverhalten)
Proportionalbeiwert der Strecke beim Stellverhalten
Proportionalbeiwert der Strecke beim Störverhalten
Übertragungsbeiwert der Strecke
Ausgangsrückführung
k
L
L
Wärmedurchgangszahl, Konstante
Leistung, Induktivität, Länge
Rückführung des Beobachters
Formelzeichen
L[...]
l
M
m
N
N(s)
N ( xˆe )
Laplace-Transformierte von [...]
Länge
Masse, Moment
Ordnung des Zählerpolynoms der Übertragungsfunktion, Masse
Vorfilter, Scaling Factor, Windungszahl einer Wicklung
Nennerpolynom
n
ni
nl
nr
Ob
Drehzahl, Anzahl von Halbwellen, Ordnung der Übertragungsfunktion
Anzahl der Pole auf der imaginären Achse
Anzahl der Pole in der linken s-Ebene
Anzahl der Pole in der rechten s-Ebene
Observability Matrix, Beobachtungsmatrix
P
P
P(w)
P(z)
Pe
Leistung, Druck
Vektor der Polstellen
Polynom der charakteristischen Gleichung im w-Bereich
Polynom der charakteristischen Gleichung im z-Bereich
elektrische Heizleistung
p
Q
Q
Qabs
QITAE
Qlin
Qqrs
Druck, Polstelle
Wärmemenge, Durchflüßmenge, Güteindex
positiv semidefinite symmetrische Matrix
Betrag der linearen Regelfläche
zeitgewichtete Betragsfläche
lineare Regelfläche
quadratische Regelfläche
q
R
R
RF
Durchfluss
elektrischer bzw. magnetischer Widerstand, Gaskonstante
positiv definite symmetrische Matrix
statischer Regelfaktor
Beschreibungsfunktion
r
Radius
S0, S1... Schnittpunkte der Ortskurve bzw. des Bode-Diagramms
SB
Beobachtbarkeitsmatrix
SM
SS
Modellmatrix, Matrix des Beobachters
s
sN
sP
komplexe Variable s=σ+jω
Nullstellen
Polstellen
Steuerbarkeitsmatrix
XV
XVI
Formelzeichen
T
TA
Tan
Taus
TE
Te
Tg
Th
TI
TM
Tn
TR
Tt
Tu
Tv
Tw
Zeitkonstante, Periodendauer
Abtastzeit
Anregelzeit
Ausregelzeit
Ersatzzeitkonstante
Schwingungsperiode
Ausgleichszeit
Länge des Prädiktionshorizontes
Integrierzeit
Zeitkonstante des Modells
Nachstellzeit
Verzögerungszeitkonstante des Reglers
Totzeit
Verzugszeit
Vorhaltzeit
Zeitkonstante eines geschlossenen Regelkreises
t
ta, te
tw
t10, t50
Zeit
Ausschaltzeit, Einschaltzeit
Koordinate des Wendepunktes
Zeitpunkte für die Regelgröße von 10%, 50% stationäres Wertes
U
u
u
uD
Spannung
zeitlich veränderliche Spannung (Abweichung vom Arbeitspunkt),
auch Eingangsgröße
Eingangsvektor bzw. Stellgrößenvektor
Differenzspannung des Operationsverstärkers
V
V
V(s)
v
v
W
w
w0
Ventil, Volumen, Verstärkungsgrad
Hilfsmatrix zur Ermittlung der Ausgangsrückführung
Übertragungsfunktion einer Mehrgrößenstrecke in V-kanonischer Struktur
Geschwindigkeit, Ausgang eines verdeckten Neurons
Transferfunktion eines Neurons
Gewicht eines Neurons
Führungsgröße, Sollwert, Operator der bilinearen Transformation
Höhe des Sollwertsprungs
X
Xh
Regelgröße, Weg
Regelbereich
x
Regelgröße (Abweichung vom Arbeitspunkt), Weg
Formelzeichen
XVII
x
x(t)
x(0)
Zustandsvektor
Sprungantwort
Anfangswert bei t = 0
x(∞)
xa, xe
Beharrungswert bei t → ∞
Ausgangsgröße, Eingangsgröße (allgemein)
x̂ a
Amplitude der Ausgangsgröße
xB
xE
xe0
x̂ e
Sättigungszone
Endwert
Eingangssprung
Amplitude der Eingangsgröße
2xL
xMA
xm
2x0
xr
xref
xs
xt
x50
Yh
Y0
Hysteresebreite
Mittelwertabweichung
Überschwingweite
Schwankungsbreite
Rückführgröße
Referenzgröße
Sollwert
tote Zone
Zeit-Prozentkennwert
Stellbereich
Stellgröße im Arbeitspunkt
y
y
yR
Stellgröße
Ausgangsvektor
Stellgröße am Ausgang der Regeleinrichtung
Z
Z [...]
Z(s)
Z0
Impedanz
z-Transformierte von [...]
Zählerpolynom
Störgröße im Arbeitspunkt
z
z0
Störgröße, komplexe Variable bei z-Transformation, Nullstelle bei Matlab
Höhe des Störsprungs
α
Abklingkonstante, Aktivierung, Konstante der Korrespondenztabelle,
Skalierungsfaktor, Winkel, Winkelposition
Kennkreisfrequenz, Kreisfrequenz des ungedämpften Systems,
Zeitskalierungsfaktor, auch Aktivierung eines Neurons
spezifisches Gewicht
Kennzeichnung von Größenänderung
Impulsfunktion, Nadelimpuls
β
γ
Δ
δ
XVIII
η
θ
ϑ
λ
μ (...)
ρ
σ
τ
υ
ĭ
ϕ
ϕRd
ϕ (ω)
ω
ωd
ωE
ωe
ωkr
Formelzeichen
Zähigkeit von Gasen, Lernschrittkonstante
Schwellenwert
Temperatur
Wurzel der homogenen Differentialgleichung, Eigenwerte,
auch Wärmeleitfähigkeit
Zugehörigkeitsfunktion
Dichte
Einheitssprung
Zeit, Maschinenzeit
Anzahl der Schnittpunkte der Ortskurve bzw. des Phasengangs
Wärmestrom, Fluss, Erregerfluss
Winkel, Phasenverschiebungswinkel
Phasenreserve
Phasengang
Kreisfrequenz, Winkelgeschwindigkeit
Durchtritts(kreis)frequenz
Eck(kreis)frequenz
Eigenkreisfrequenz
kritische Kreisfrequenz
Indizes
A
a
akt
C
D
F
f
G
HT
M
m.R.
n
0
o.R.
p
TG
W
AnkerAbfluss- , Ausbreitungaktueller Wert
Feder- , KondensatorDämpfer- , DifferenzierFilterFederGewichtHöher-Tiefer
Motor- , Moment-, auch Modell„mit Regler“-Verhalten
negativ
Anfangspunkt-, Arbeitspunkt-, aufgeschnittener (offener) Kreis, Leerlauf
„ohne Regler“-Verhalten
positiv
TachogeneratorWasser-
1
1 Einleitung
Die Regelungstechnik gehört zu den Grundlagenfächern der Ingenieurwissenschaften,
die sich mit der selbsttätigen Regelung einzelner Arbeitsvorgänge sowie geschlossener Produktionsabläufe befasst. Die zunehmende Automation ist durch die rapide
Verbreitung von Regelungssystemen und durch eine Expansion ihres Anwendungsbereiches gekennzeichnet. Mit Hilfe von Prozessrechnern werden auch komplexere Regelalgorithmen digital realisiert. Durch die Bustechnologie und die Vernetzung ist es
heute möglich kompliziertere Systeme zu regeln, als dies mit den klassischen Regeleinrichtungen möglich war.
Das Wesentliche einer Regelung besteht in einem Rückkopplungszweig, der dazu
dient, die zu regelnde Größe (die Regelgröße) von Störeinflüssen unabhängig zu machen, so dass sie stets einen vorgegebenen Wert beibehält. In technischen Anlagen
sind die zu regelnden Größen physikalischer Natur, so z. B. Druck, Temperatur,
Drehzahl, Durchfluss, Flüssigkeitsstand, Strom, Spannung usw.
Der Beginn der Regelungstechnik lässt sich nicht genau datieren. Bereits 1765 hat
Polsunow einen Regler zur Wasserstandsregelung in einem Kessel über Schwimmer
und Absperrklappe erfunden. Eine größere Bedeutung erlangte der 1788 von James
Watt erfundene Zentrifugalregulator, der zur Drehzahlregelung von Dampfmaschinen
benutzt wurde.
Wie Bild 1.1 zeigt, besteht der Zentrifugalregulator aus zwei Massen 1, die durch die
Arme 2 pendelnd gelagert sind. Bei Rotation der Welle 3 werden die beiden Massen
infolge der Zentrifugalkraft nach außen bewegt. Diese Kraft wirkt über das Gestänge
4 auf die Muffe 5. Als Gegenkraft ist die Feder 6 wirksam, die der durch die Zentrifugalkraft auf die Muffe ausgeübten Kraft das Gleichgewicht hält. Einer bestimmten
Federspannung entspricht eine ganz bestimmte Drehzahl.
2
6
1
4
5
3
Dampf
Bild 1.1 Zentrifugalregulator
S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_1,
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2014
2
1 Einleitung
Nimmt aus irgendeinem Grund die Dampfzufuhr zu und damit die Drehzahl, so wird
infolge der größeren Zentrifugalkraft die Feder stärker gespannt, die Muffe angehoben
und das Ventil etwas geschlossen. Dadurch wird die Dampfzufuhr gedrosselt, bis die
ursprüngliche Drehzahl wieder erreicht ist. Sinkt nun infolge einer höheren Belastung
die Drehzahl ab, so würde bedingt durch die Rückkopplung das Ventil so weit geöffnet, bis der durch die Feder eingestellte Sollwert wieder erreicht wird.
Der Mensch ist immer bestrebt, empirisch Gefundenes theoretisch zu konsolidieren.
Die erste vollständige Theorie des Regelkreises gelang (1868) Clerk Maxwell und
(1877) Wyschnegradski. Ein weiteres Problem besteht darin, dass in einem Regelsystem, bedingt durch den Rückkopplungszweig, beim Auftreten einer äußeren Störung
eine unerwünschte Erscheinung auftreten kann, die gegebenenfalls zur Zerstörung der
Anlage führt und als Instabilität bezeichnet wird. Diese Erscheinung trat erstmals bei
der Regelung von Wasserturbinen auf und wurde zuerst von Routh (1877) und Hurwitz (1895) theoretisch gelöst. Später wurde eine weitere Zahl von Stabilitätskriterien
entwickelt, mit deren Hilfe es möglich ist, die Bedingungen festzustellen, die zur Instabilität führen und welche Maßnahmen zu treffen sind, um dies zu beseitigen. Diese
Entwicklung wurde stark von der Elektrotechnik geprägt, da die Regeleinrichtungen
aus analogen Bauelementen wie Operationsverstärker bestanden.
Mit Konrad Zuse, der den ersten freiprogrammierbaren digitalen Computer der Welt
fertig stellte, fängt der Umbruch der Regelungstechnik an. 30 Jahre später kommt der
erste Mikroprozessor auf den Markt (1971) und revolutioniert die Technik von analog
zu digital mit einer wachsenden Anzahl von Anwendungen.
Heute sind Automatisierungssysteme ohne Mikroprozessoren, Computer und speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) undenkbar. Ein Produktionssystem lässt
sich als Pyramide, wie im Bild 1.2 gezeigt, darstellen. In der Feld- und Prozessebene
findet man alle Komponenten des Regelkreises: Regelstrecke, Messfühler (Sensoren),
Regler, Steller.
Betriebsleitbene
.
Prozessleitebene
.
.
.. Server
Regler
.. .
. .. .. . ..
SPS
....................
SPS
............
Feldebene
Feldbus
Sensor Steller
Strecke
Bild 1.2 Produktionssystem als Automatisierungspyramide
Prozess
1.1 Das Prinzip der Regelung
3
Erst im 20. Jahrhundert entdeckte man, angeregt durch die Erfolge der Regelungstechnik, dass die Prinzipien der Regelung nicht allein auf technische Vorgänge beschränkt sind, sondern ebenso im biologischen und sozialen Bereich auftreten. Betrachten wir z. B. den menschlichen Körper, so werden Blutdruck, Blutzuckergehalt,
Körpertemperatur usw. ständig durch messende und regulierende Organe in engen
Grenzen konstant gehalten. Auch im Zusammenleben verschiedener Lebewesen finden wir regelnde Gesetzmäßigkeiten. So fressen z.B. die Haie die Schollen. Gibt es
aus irgendeinem Grund zu viele Schollen, so sind die Lebensbedingungen der Haie
besonders günstig. Sie vermehren sich also. Eine größere Anzahl von Haien bedeutet
eine Verminderung der Anzahl der Schollen und damit eine Verschlechterung der
Lebensbedingungen der Haie, die sich dann ebenfalls wieder reduzieren. Nach einigen
Pendelungen stellt sich ein stabiles Gleichgewicht ein bis eine neue Störung auftritt.
All diese, in den verschiedensten Wissensgebieten, wie Technik, Biologie, Psychologie, Soziologie, Ökonomie usw. auftretenden analogen Probleme und Gesetzmäßigkeiten legen eine übergeordnete Wissenschaft nahe, für die Norbert Wiener (1948)
den Begriff Kybernetik prägte.
Die Kybernetik, als verbindende Brücke zwischen den Wissenschaften gedacht, hat
sich nicht als eine selbständige, übergeordnete Disziplin durchsetzen können. Nur in
der Biologie versuchte die Bio-Kybernetik die im menschlichen Gehirn stattfindenden
Vorgänge durch Modelle zu simulieren und zu erklären. 1962 veröffentlicht Frank
Rosenblatt sein Konzept der Neurodynamik. 12 Jahre später wurde der erste computergesteuerte Roboter entwickelt. Wenn diese und die nachfolgende Rechenautomaten
auch partiell leistungsfähiger sind, so ist die Analogie mit den Regelvorgängen in der
Biologie doch nur unvollkommen. Die Verhältnisse in der Biologie sind weit komplizierter, weil an der Regelung einer einzigen Größe sehr viele Faktoren beteiligt sind
und eine gegenseitige Abhängigkeit vieler Regelkreise besteht.
Heute werden die Untersuchungen in diesem Bereich von Computational Intelligenz
oder Soft-Computing übernommen. Darunter versteht man Fuzzy-Logik, künstliche
neuronale Netze, genetische Algorithmen, Data Mining, Image-Prozessing und andere
Methoden, mit dem Bestreben, Regelalgorithmen zu finden, deren Funktionen dem
menschlichen Verhalten immer ähnlicher werden.
1.1 Das Prinzip der Regelung
Die Wirkungsweise und die Begriffe der Regelung sollen an einem einfachen, oft
zitierten Beispiel behandelt werden.
Raumtemperaturregelung
Es soll die Temperatur ϑ ist in einem Raum auf einem vorgegebenen Wert ϑ soll (dem
Sollwert) gehalten werden. Die Wärmezufuhr erfolgt durch Dampf oder Heißwasser
über einen Radiator.
Ohne Regler müsste man zunächst ein Thermometer in den Raum bringen, um festzustellen, ob die gewünschte Temperatur ϑ soll vorhanden ist. Liegt der Istwert ϑ ist
4
1 Einleitung
unterhalb des Sollwertes ϑ soll dann wird man das Heizkörperventil mehr aufdrehen.
Im umgekehrten Fall entsprechend zudrehen, bis die gewünschte Temperatur vorhanden ist (ϑ ist = ϑ soll). Die Differenz zwischen Soll- und Istwert nennt man Regeldifferenz ϑ e, d. h. (ϑ e = ϑ soll − ϑ ist). Diese Art der Regelung, bei der der Mensch tätig
ist, bezeichnet man als manuelle Regelung oder Handregelung.
Es ist nun zu untersuchen, weshalb an einem einmal richtig eingestellten Heizkörperventil überhaupt noch nachträglich Verstellungen zur Aufrechterhaltung der gewünschten Temperatur notwendig sind. Man erkennt leicht, dass sich z. B. die Außentemperatur ändern kann. Nehmen wir an, die Außentemperatur ϑ a sinkt, so wird das
Wärmegefälle (ϑ ist − ϑ a) größer und damit die Wärmeabgabe durch die Wände und
Fenster; die Temperatur ϑ ist fällt. Ferner kann es vorkommen, dass der Energiegehalt
des Wassers oder des Dampfes schwankt und somit einer bestimmten Ventilstellung
keine konstante Energiemenge pro Zeiteinheit zugeordnet werden kann. Weitere störende Einflüsse können entstehen durch das Öffnen von Fenstern oder durch Veränderung der Anzahl der im Raum befindlichen Personen.
All diese Einflüsse, die eine Abweichung von der geforderten Temperatur ϑ soll verursachen, nennt man Störgrößen. Da diese Störgrößen nicht konstant sind, ist eine
Regelung erforderlich, die sofort eingreift und die Wirkung der Störung beseitigt.
Um die Raumtemperatur von Hand auf den Sollwert ϑ soll zu regeln, hatten wir folgende Funktionen auszuführen:
1. Messen der zu regelnden Größe
2. Vergleichen der Regelgröße mit dem Sollwert
3. Erzeugen eines geeigneten Stellbefehls
4. Verstellen des Stellorgans.
Um die Raumtemperatur selbsttätig zu regeln, müssen die erwähnten vier Funktionen
einer Regeleinrichtung übertragen werden, wie in Bild 1.3 schematisch gezeigt ist.
ϑist
R
ϑa
ϑsoll
MF
y
z
STV
Bild 1.3 Raumtemperaturregelung
Wärmeenergie
MF
R
STV
y
z
Messfühler
Regler
Stellventil
Stellgröße
Störgröße
ϑ ist Temperatur-Istwert
ϑ soll Temperatur-Sollwert
ϑa
Außentemperatur
1.2 Darstellung im Wirkungsplan
5
Hierbei ist jedoch der Begriff des Messens allgemeiner zu fassen. Die Messgröße
muss geeignet sein, als Eingangssignal der Regeleinrichtung zu dienen. Ist dies nicht
der Fall, so muss die Messgröße erst in einem Messumformer entsprechend umgeformt werden. Beispielsweise verwendet man zur Durchflussmessung von Gasen oder
Flüssigkeiten den Differenzdruck an einer Blende; oder zur Messung der Drehzahl die
Spannung, die von einem Tachogenerator erzeugt wird.
Der eigentliche Regler besteht meistens aus einem Verstärker und einer Einrichtung
zur Erzeugung des gewünschten Zeitverhaltens. Je genauer geregelt werden soll, desto
empfindlicher muss der Regler auf eine Regeldifferenz reagieren. Die Energie der
Regeldifferenz am Eingang des Reglers muss so verstärkt werden, dass am Ausgang
genügend Energie zum Betätigen des Stellventils zur Verfügung steht. Unter dem
Zeitverhalten eines Reglers versteht man die Reaktion des Reglers beim plötzlichen
Auftreten einer Regeldifferenz, d. h. ob die Stellgröße sofort erzeugt wird oder erst
nach einer gewissen Verzögerungszeit usw.
Verfolgt man nun die einzelnen Stufen des Regelvorganges, so stellt man fest, dass es
sich um einen geschlossenen Kreis handelt, dem sogenannten Regelkreis, denn das
Stellen wirkt immer wieder auf das Messen zurück. Der Rückkopplungszweig, der
durch die Regeleinrichtung gebildet wird und den Messort mit dem Stellort verbindet,
ist das wesentliche Merkmal einer Regelung.
1.2 Darstellung im Wirkungsplan
Die einzelnen Glieder des Regelkreises werden nach der DIN 19226 durch rechteckige Kästchen, Block genannt, symbolisiert (Bild 1.4a). Die Ein- und Ausgangssignale
werden durch Wirkungslinien dargestellt, deren Pfeilspitzen die Wirkungsrichtung
angeben.
Zur genaueren Kennzeichnung wird in einem Block symbolisch angegeben, wie die
Ausgangsgröße bei plötzlicher Änderung der Eingangsgröße reagiert. Außerdem werden die Stellen, an denen mehrere Signale zusammentreffen, durch eine Additionsstelle (Bild 1.4b) und Punkte, an denen eine Verzweigung eines Signals stattfindet, durch
eine Verzweigungsstelle (Bild 1.4c) dargestellt.
Der gesamte Regelkreis lässt sich als Aneinanderreihung von Blöcken wiedergeben.
Diese Darstellung, welche die wirkungsmäßigen Zusammenhänge zwischen den
a)
xe
b)
xa
xe1
+
−
c)
xa
−x+
e2
Bild 1.4 Elemente des Wirkungsplanes:
a) Blocksymbol
b) Additionsstelle xa = ± xe1 ± xe2
c)
Verzweigungsstelle xa1 = xa2 = xe
xe
xa2
xa1
6
1 Einleitung
ϑa
ϑsoll
+
ϑe
y
Regler
−
ϑ*ist
ϑist
Stellglied
Raum
Messumformer
Bild 1.5 Wirkungsplan des Temperaturregelkreises
Signalen wiedergibt, wie in Bild 1.5 gezeigt, ohne gerätetechnische Einzelheiten zu
berücksichtigen, wird nach der DIN 19226 als Wirkungsplan bezeichnet.
Generell kann man nun den Regelkreis in zwei Bereiche unterteilen. Der 1. Bereich ist
durch die Anlage gegeben, in dem eine physikalische Größe geregelt werden soll, die
sogenannte Regelstrecke. Der 2. Bereich ist der Teil, der dazu dient, die Regelstrecke
über das Stellglied so zu beeinflussen, dass die Regelgröße den gewünschten Wert
innehält, die sogenannte Regeleinrichtung. Zur Regeleinrichtung zählen also der
Messfühler, der Messumformer, bei Bedarf der Vergleicher, der Regler und das Stellglied. Das Stellglied lässt sich sowohl der Regelstrecke als auch der Regeleinrichtung
je nach Zweckmäßigkeit zuordnen (Bild 1.6).
Die Störgrößen können nun an verschiedenen Stellen des Regelkreises auftreten. In
Bild 1.6 ist nur eine Störgröße gezeichnet, die zusammen mit der Stellgröße der Regeleinrichtung yR am Eingang der Strecke angreift. Dies ist aus folgendem Grund
erlaubt: Sinkt die Störgröße z (Außentemperatur ϑ a) und demzufolge die Regelgröße
x (Innentemperatur ϑ ist), so registriert der Messfühler eine Temperaturabnahme, kann
aber nicht entscheiden, ob die Außentemperatur gesunken ist oder ob das Stellventil
mehr zugedreht wurde. Ebenso registriert der Temperaturfühler eine Temperaturabnahme, wenn die zugeführte Wärmemenge pro Zeiteinheit abnimmt. Auch in diesem
Fall kann der Messfühler nicht feststellen, ob der zugeführte Energieinhalt pro Zeiteinheit sich geändert hat oder das Stellventil verstellt wurde. Es ist also möglich, alle
Störgrößen an den Stellort zu transformieren und als eine einzige Störgröße z zusammen mit der Stellgröße yR am Eingang der Strecke angreifen zu lassen.
z
e
w
+
−
Regeleinrichtung
yR
+
+
−
yS
Regelstrecke
Bild 1.6 Vereinfachter Wirkungsplan eines Regelkreises
x
1.3 Gerätetechnische Ausführung eines Regelkreises
7
Einheitsbezeichnungen
Die in der Regelungstechnik zu regelnden Größen können sehr unterschiedlicher physikalischer Natur sein. Zur Vereinheitlichung werden die Regelgröße mit xist, der Sollwert mit xsoll, die Differenz zwischen xsoll und xist als Regeldifferenz e und die Stellgröße mit y bezeichnet, gleichgültig, ob es sich bei der zu regelnden Größe um die
Temperatur in einem Glühofen, die Geschwindigkeit eines Walzgutes oder den pHWert einer Säure handelt. Ferner wird die Regelgröße xist einfach als x bezeichnet und
anstelle des Sollwertes xsoll wird die Bezeichnung Führungsgröße w angewandt.
Wie wir noch sehen werden, interessieren bei einer Regelung weniger die Absolutwerte, sondern die Änderungen der Größen. Diese Änderungen werden im Gegensatz
zu den Absolutwerten durch kleine Buchstaben gekennzeichnet.
1.3 Gerätetechnische Ausführung eines Regelkreises
Es gibt viele Möglichkeiten zur praktischen Verwirklichung der Regelung. Davon soll
eine anhand der Positionsregelung einer Antenne behandelt werden (Bild 1.7). Der
aktuelle Winkel αx wird durch ein Potentiometer gemessen und in die Spannung Ux
umgewandelt. Durch einen Vergleich mit dem Sollwert Uw wird die Spannungsdifferenz Ue = Uw − Ux gebildet. Ist Uw = Ux bzw. Ue = 0, bleibt der Motor stehen. Vergrößert sich der Winkel αx, so vergrößert sich die Spannung Ux. Da die Sollwertspannung Uw konstant ist, entsteht dabei eine negative Spannung Ue. Diese Spannung
verstärkt durch zwei Verstärkungsstufen (Regler, Leistungsverstärker) ergibt die Ansteuerung des Motors UA. Der Motor bewegt die Antenne und den Gleitkontakt des
Potentiometers bis Uw = Ux bzw. der Winkel αx dem Sollwert αw gleich ist.
Istwert
PotentiometerMessfühler
−
Getriebe
LeistungsVerstärker
ωx
+
x(t)
Motor
ωM
UA
αx
Ux
PotentiometerSollwertgeber
−
Uy
Regler
Uw
+
αw
Sollwert
Bild 1.7 Gerätetechnische Ausführung der Positionsregelung einer Antenne
8
1 Einleitung
1.4 Das Prinzip der Steuerung
Unter bestimmten Voraussetzungen lässt sich eine Größe auch durch Steuern auf einem vorgegebenen Wert, der konstant oder zeitlich veränderlich sein kann, halten.
Betrachten wir hierzu als Beispiel die Konstanthaltung der Winkellage einer Antenne
durch Steuern unter der vereinfachenden Annahme, dass als einzig maßgebende Störgröße z die Schwankung der Windstärke auf die Antenne wirkt (Bild 1.8).
Zunächst sei das Steuergerät so eingestellt, dass der Antennenwinkel αx gleich dem
vorgegebenen Sollwert αw ist und die Ansteuerungsspannung des Motors gleich Null
ist. Tritt nun eine Zunahme der Windgeschwindigkeit (Störgröße z) auf, so würde
ohne Steuergerät die Winkelposition der Antenne geändert. Mit Steuergerät wird die
Zunahme der Windgeschwindigkeit durch den Messfühler dem Steuergerät sofort
gemeldet und von diesem der Motor angesteuert. Die vorhandene Änderung der Position wird dadurch ausgeglichen und der Antennenwinkel konstant gehalten. Im Gegensatz zur Regelung handelt es sich um eine offene Wirkungskette (Bild 1.9).
Der Nachteil der Steuerung gegenüber der Regelung besteht darin, dass nicht alle
Störgrößeneinflüsse eliminiert werden, sondern nur der, dessen Größe vom Steuergerät gemessen wird. Ferner ist Voraussetzung, dass das Verhalten der Strecke zahlenmäßig genau bekannt ist. Als Vorteil gegenüber der Regelung ist hervorzuheben, dass
infolge des fehlenden Rückkopplungszweiges keine Instabilität auftreten kann. Im
Idealfall wird der Sollwert genau eingehalten, während bei einer Regelung, beim Auftreten einer Störgrößenänderung, zumindest eine vorübergehende Abweichung der
Regelgröße vom Sollwert auftritt.
Störgröße
z
Messfühler
Steuergerät
(SPS)
αx Istwert
UZ
ωx
Getriebe
UA
x(t)
ωM
Motor
Bild 1.8 Steuerung der Winkellage einer Antenne
Uz
z
Messfühler
Steuergerät
y = UA
Bild 1.9 Wirkungsplan einer Steuerung
x = αx
Strecke
1.5 Beispiele für einfache Regelkreise
9
1.5 Beispiele für einfache Regelkreise
Temperaturregelung
Die Raumtemperatur x soll mittels pneumatischer Regeleinrichtung geregelt werden
(Bild 1.10).
PV
Vordrossel
Federbalg
PSt = y
Düse
x
zum
Radiator
w
Bild 1.10 Gerätetechnische Ausführung einer Raumtemperatur-Regelung
Die Temperatur wird durch ein Flüssigkeitsausdehnungsthermometer gemessen. Bei
Temperaturzunahme vergrößert sich das Flüssigkeitsvolumen und expandiert in den
Federbalg. Dieser dehnt sich aus und drückt den Hebelarm entgegen der Federkraft,
an welcher der Sollwert eingestellt werden kann, nach unten (Vergleichsstelle). Das
rechte Ende steuert die Düsenöffnung zu und der Druck PSt in der Steuerleitung steigt
an. Infolge des Druckanstiegs steigt auch die Kraft auf dem Membranteller PSt⋅A, die
die Ventilspindel um einen Weg s nach unten bewegt bis die Federkraft gleich der
Membrankraft ist. Der Verstärker arbeitet nach dem Düse-Prallplatte-System. Bei
geschlossener Düse wird der Steuerdruck PSt gleich dem Vordruck PV. Wird der Abstand Düse-Prallplatte vergrößert, so vermindert sich der Austrittswiderstand, während der Widerstand der Vordrossel konstant bleibt. Zwischen dem konstanten Vordruck PV und dem äußeren Atmosphärendruck besteht ein Druckgefälle, das entsprechend den Drosselwiderstand aufgeteilt wird.
Druckregelung in einer Rohrleitung
In einer Rohrleitung soll der Luftdruck unabhängig von Belastungsschwankungen auf
einem konstanten Wert gehalten werden. Die Freistrahldüse ist in Punkt 1 drehbar
gelagert (Bild 1.11). Der Sollwert xs wird durch die Schraube und Feder eingestellt.
Ist die Regelgröße x gleich dem Sollwert xs, dann befindet sich das Strahlrohr in einer
symmetrischen Lage zu den beiden gegenüberliegenden Kanälen. Der Druck auf der
Unterseite des Steuerkolbens ist gleich dem auf der Oberseite, der Kolben bleibt in
10
1 Einleitung
P=x
1
⋅
Öl
xs
Bild 1.11 Luftdruckregelung in einem Windkanal
Ruhe und ebenso die Drosselklappe. Bei geringerem Verbrauch steigt der Druck P
und die Membrankraft bewegt die Düse entgegen der Federkraft nach unten. Dadurch
wird der untere Kanal mehr beaufschlagt als der obere und der Kolben bewegt sich
nach oben. Die Verstellung der Klappe bewirkt eine Druckabnahme in der Rohrleitung und das Strahlrohr bewegt sich nach oben bis es den beiden Kanälen symmetrisch gegenüber steht und der Druck P gleich dem Sollwert xs ist.
Ist umgekehrt der Verbrauch zu groß, dann sinkt der Druck, die Düse bewegt sich
nach oben, der Kolben nach unten und die Drosselklappe wird mehr geöffnet.
Sendeleistungsregelung eines Mobiltelefons
Ein Handy kann unter Vereinfachungen aus zwei Teilen dargestellt werden: einem
Register und einem Sender (Bild 1.12). Die Sendeleistung Lh des Mobiltelefons wird
während der Freiraumausbreitung gedämpft. Dadurch wird die Empfangsleistung List
der Zentrale geschwächt, d. h. List = Lh – La.
Mobilstation
Feststation
LSoll
−
+
List
Lh
+
Empfangsleistung
−
Sender
Sendeleistung
La
Le
Dämpfung
bei Ausbreitung
Höher-Tiefer
-Taster
Register
Höher-Tiefer-Signal SHT
Bild 1.12 Sendeleistungsregelung eines Handy
1.5 Beispiele für einfache Regelkreise
11
In der Feststation (Zentrale) soll die Empfangsleistung List mit Hilfe eines HöherTiefer Tasters (Regler) auf die gewünschte konstante Leistung Lsoll gebracht und in
Form eines Höher-Tiefer-Signals SHT an das Handy gesendet werden.
Drehzahlregelung eines Gleichstrommotors
Der Gleichstrommotor, dessen Drehzahl geregelt werden soll, hat eine konstante
Fremderregung, während die Klemmenspannung UA von einem Thyristor-Stromrichter geliefert wird (Bild 1.13). Die zu regelnde Drehzahl n wird durch einen Tachogenerator TG gemessen, der eine der Drehzahl proportionale Spannung UTG erzeugt. Diese wird durch das nachgeschaltete Tiefpass-Filter geglättet und mit der am
Potentiometer einstellbare Spannung Uw (Sollwert) verglichen. Die Differenzbildung
erfolgt am Eingang des Drehzahlreglers (Operationsverstärker), dessen Beschaltung
mit Widerständen und Kondensator das gewünschte Zeitverhalten erzeugt.
Zur Ansteuerung des Thyristor-Stromrichters wird die Ausgangsgleichspannung des
Reglers vom Steuersatz in Zündimpulse umgewandelt. Die Phasenlage der Zündimpulse bestimmt den Zündzeitpunkt der Thyristoren und damit den Mittelwert der Motorklemmenspannung.
Bei Übereinstimmung von Istdrehzahl und Solldrehzahl, d. h. Ue = Uw – UTG = 0, ist
die Ausgangsspannung des Reglers konstant. Die vom nachfolgenden Steuersatz abgegebenen Zündimpulse bewirken, dass die Ausgangsklemmenspannung des Thyristor-Stromrichters auf einen Wert eingestellt wird, der zur Deckung des erforderlichen Drehmoments notwendig ist.
Wird das Lastmoment vergrößert, so fällt zunächst die Drehzahl n und damit die Tachometerspannung UTG. Die Regeldifferenz Ue = Uw – UTG wird größer, was zu einer
größeren Aussteuerung des Verstärkers führt. Infolgedessen werden die Zündimpulse
Sollwertgeber
DrehzahlRegler
Uw
Ue
Gleichstrommotor
Zündimpulssteuersatz
−
+
UA
Thyristorstromrichter
Ux
Tiefpassfilter
Bild 1.13 Drehzahlgeregelter Gleichstromantrieb
M
IA
UTG = K⋅ n
n
MA
Tachogenerator
−
TG
+
12
1 Einleitung
so verschoben, dass der Zündwinkel kleiner und damit der Mittelwert der Ankerspannung größer wird. Die Drehzahl steigt so lange an bis Ue = 0 ist.
Wird der Motor entlastet, so steigt die Drehzahl n und entsprechend UTG. Die Regeldifferenz wird negativ, was zur Verringerung der Ausgangsspannung des Reglers
führt bis schließlich bei Ue = 0 die Solldrehzahl wieder erreicht ist. Die Tatsache, dass
der Regler auch eine Spannung abgibt, wenn die Summe der Eingangsspannungen
Null ist, hängt mit der Beschaltung zusammen, die integrierend wirkt und in Kapitel 4
behandelt wird.
Tatsächlich ausgeführte Gleichstromantriebe enthalten einen zusätzlichen Stromregelkreis zur Beschränkung des zulässigen Ankerstromes. Der Ausgang des Drehzahlreglers wirkt dann nicht wie in Bild 1.13 auf den Steuersatz, sondern dient als Sollwert des Stromreglers, der seinerseits den Steuersatz ansteuert. Zur Erfassung des
Stromistwertes im Ankerkreis dient ein Stromwandler oder ein Shunt.
1.6 Beispiele für vermaschte Regelkreise
Die bisher behandelten Regelkreise waren einläufige Regelkreise, bei denen nur eine
Regelgröße mit Hilfe einer Stellgröße eingeregelt werden soll. Derartige einfache
Regelkreise sind am häufigsten.
Bei schwieriger zu regelnden Strecken ist es oft notwendig, mehrere Regelgrößen auf
entsprechenden Sollwerten zu halten. Dabei geht man vom einläufigen zum vermaschten Regelkreis über.
Festwert-Verhältnisregelung
Es soll die Temperatur in einem gasbeheizten Glühofen geregelt werden (Bild 1.14).
Außerdem ist das Verhältnis von Gas und Luft konstant zu halten, damit eine optimale Verbrennung stattfindet.
xsoll
Regler 1
.. .. .. ..
xist
Gas
Mess 1
w
Glühofen
Bild 1.14 Temperaturregelung in einem Glühofen
Mess 2
Regler 2
.. .. .. ..
Luft
1.6 Beispiele für vermaschte Regelkreise
13
Die Temperatur xist im Ofen wird von einem Thermoelement gemessen und in der
Regeleinrichtung Regler 1, mit dem Sollwert xsoll verglichen. Ist die Temperatur xist
kleiner als xsoll, so wird das Ventil 1 mehr geöffnet. Der dadurch erhöhte Gasdurchsatz verursacht an der Messblende Mess 1 einen größeren Differenzdruck, der als
Führungsgröße W des Reglers 2 dient. An der Messblende Mess 2 wird der Luftdurchsatz gemessen, in Regler 2 mit w verglichen und das Stellventil so verstellt, bis das
gewünschte Verhältnis des Gas-Luft-Gemisches erreicht ist. Hierbei dient zur Regelung der Ofentemperatur eine Festwertregelung und gleichzeitig wird die Gas-LuftZusammensetzung durch eine Verhältnisregelung vorgenommen
Kaskadenregelung
In einem chemischen Reaktor soll die Temperatur geregelt werden (Bild 1.15). Die
Wärmezufuhr erfolgt durch Warmwasser, das in einem Wärmeaustauscher erzeugt
wird. Der Wärmeaustauscher wird mit Dampf beheizt. Eine Verstellung am Dampfventil wirkt verzögernd auf die Wassertemperatur und diese nochmals verzögernd auf
die Kesseltemperartur. Durch die Verzögerung mehrerer Strecken würde ein einziger
Regler, der die Regelgröße xist durch die Dampfzufuhr regelt, diese nur sehr ungenau
einhalten. Man verwendet zusätzlich einen Hilfsregler, der die Schwankungen der
Warmwassertemperatur xhilf erfasst und über das Dampfventil wesentlich schneller
ausregelt. Dadurch wird die dem Reaktionskessel zugeführte Wärmemenge konstant
gehalten und nur bei Temperaturschwankungen im Reaktionskessel verändert.
Reaktionskessel
Pumpe
Wärmeaustauscher
xist
xsoll
Dampf
Hauptregler
Warmwasser
xhilf
w
Hilfsregler
Bild 1.15 Temperaturregelung in einem Reaktionskessel
y
14
1 Einleitung
xsoll
+ −
e
Hauptregler
w
+
Hilfsregler
− Folgeregelkreis
Teilstrecke
xhilf
Teilstrecke
xist
Führungsregelkreis
Bild 1.16 Wirkungsplan der Kaskadenregelung
Der Hilfsregler bildet zusammen mit der Teilstrecke (Wärmeaustauscher) einen Regelkreis (Bild 1.16), der vom Hauptregler als eine Teilstrecke behandelt und zusammen mit der zweiten Teilstrecke (Reaktionskessel) in einem übergeordneten Regelkreis geregelt wird. Nach der DIN 19226 wird der Hauptregler als Führungsregler
und der Hilfsregler als Folgeregler bezeichnet.
Mehrgrößenregelung
Das Stoffgemisch von zwei Produkten wird durch einen Molekularfilter getrennt
(Bild 1.17). Der Molekularfilter besteht aus Hohlfaser-Membranen, die zu Hunderten
in einer Plastikpatrone zusammengefasst sind. Das Stoffgemisch fließt quer zur Filtermembran und verursacht eine Druckdifferenz pist, welche den Durchfluss qist durch
den Filter bestimmt. Die Änderung des Durchflusses beeinflußt die Konzentration der
Lösung, die ihrerseits die Filtratsrate und folglich die Druckdifferenz pist beeinträchtigt. Die Regelung des Durchflusses erfolgt mit dem Stellventil Vq. Die Druckdifferenz pist wird mit Hilfe von zwei Geräten vor und nach dem Filter gemessen und mit
dem Stellventil Vp geregelt. Die MehrgrößenreProdukt A
Ventil Vq
gelung wird mit zwei
gekoppelten Reglern Rp
qist
+
.
.
.
.
Rq realisiert. Die
und
qsoll
... .
Rpq
−
gegenseitige Wirkung
Regler Rq
Produkt B
.. .. .. .
von qist und pist wird
.
mit Hilfe von Entkopp.. .. .. ..
Regler
R
lungsblöcken Rqp und
−
p
pist
+
Rqp
Filter
.
.
.
.
Rpq kompensiert. Durch
psoll
+
... .
+
Ventil Vp
die Entkopplung wird
eine bessere Regelgüte
Stoffgemisch
als mit zwei getrennten
einschleifigen
Regelkreisen erreicht.
Bild 1.17 Mehrgrößenregelung einer verfahrenstechnischen
Anlage mit dem Molekularfilter
15
2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen
Von den Praktikern wird die genaue Beschreibung einer Strecke gern etwas geringschätzig bewertet mit dem Argument, dass die mathematischen Methoden kompliziert
sind und an der Realität vorbeigehen. Jedoch lassen sich die Kennwerte einer Strecke,
z. B. eines chemischen Prozesses, experimentell ermitteln und mit Hilfe der Theorie
sinnvoll einordnen.
Anliegen der Regelungstheorie ist es, die Zusammenhänge im Regelkreis zu erfassen
und gegebenenfalls gezielt einzugreifen. Man kennt im voraus die Wirkung eines Regelparameters, ohne auf bloßes Probieren angewiesen zu sein.
2.1 Beharrungszustand und Zeitverhalten eines Regelkreisgliedes
Wir haben in den vorangegangenen Betrachtungen gesehen, dass wir den Regelkreis
im Wirkungsplan darstellen können und haben diesen in zwei Hauptblöcke unterteilt:
•
Die Regelstrecke
•
Die Regeleinrichtung.
Jeder dieser Blöcke lässt sich nun wieder in einzelne rückwirkungsfreie Glieder zerlegen. Jedes dieser gerichteten Glieder hat einen Ein- und einen Ausgang. Rückwirkungsfrei bedeutet, dass das Signal das Glied nur vom Eingang zum Ausgang durchlaufen kann, nicht in umgekehrter Richtung (Bild 2.1).
xe
xa
Bild 2.1
Blocksymbol eines Regelkreisgliedes
Man unterscheidet zwischen dem Beharrungszustand (statisches Verhalten) und dem
Zeitverhalten (dynamisches Verhalten). Ist der Eingang Xe konstant, so ist bei proportionalen Systemen das Ausgangssignal Xa auch konstant. Nach einer Änderung der
Eingangsgröße stellt sich normalerweise nach einer bestimmten Zeit auch eine konstante Ausgangsgröße ein, wie beispielsweise im Bild 2.2 gezeigt ist.
Möglich ist es auch, dass ein Beharrungszustand überhaupt nicht erreicht werden kann.
Dann ist das Regelkreisglied ohne Ausgleich bzw. instabil.
Xe
Xa
xe
xa
Xe0
0
Bild 2.2
Xa0
t0
t
0
t0
Zeitverhalten eines Regelkreisgliedes
t
S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_2,
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2014
16
2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen
Die Zusammenhänge zwischen den Signalen im Beharrungszustand werden mit Hilfe
von statischen Kennlinien bzw. Funktionen Xa = f (Xe) beschrieben.
Die stationären Ein- und Ausgangsgrößen im Arbeitspunkt eines Regelkreisgliedes
werden als Xe0 und Xa0 bezeichnet. Bei der Untersuchung des statischen Verhaltens
werden wir uns auf kleine Abweichungen ΔXe und ΔXa von einem Arbeitspunkt beschränken, da ein betriebsfähiger Regler nur kleine Abweichung in einem Regelkreis
zulässt. Dabei ist es zweckmäßig, die kleinen Abweichungen ΔXe und ΔXa einfach
durch die kleinen Buchstaben xe und xa zu bezeichnen.
Die Augenblickswerte setzten sich damit aus den stationären Arbeitspunktwerten und
den zeitabhängigen Abweichungen zusammen:
X e (t ) = X e0 + x e (t )
X a (t ) = X a0 + xa (t ) .
Im Weiteren werden wir lediglich die Kleinschreibung benutzen, da die Untersuchungen nur für die Abweichungen von einem Arbeitspunkt durchgeführt werden.
In einem Regelkreis spielt neben dem statischen Verhalten das dynamische Verhalten
eine wesentliche Rolle, somit auch das dynamische Verhalten der einzelnen Glieder.
Maßgebend sind hierbei die Augenblickswerte xe(t) und xa(t) sowie deren zeitliche
Ableitungen x e (t ); xe (t ) ... und x a (t ); xa (t ) ...
Gleichungen, die den statischen und dynamischen Zusammenhang zwischen Ein- und
Ausgangsgröße beschreiben, sind gewöhnliche, lineare Differentialgleichungen von
der allgemeinen Form:
... + a3 xa (t ) + a 2 xa (t ) + a1 x a (t ) + a 0 xa (t )
= b0 x e (t ) + b1 x e (t ) + b2 xe (t ) + b3 xe (t ) + ...
(2.1)
Die Ein- und Ausgangsgrößen sowie die konstanten Beiwerte a0, a1, ... , an und
b0, b1, ... , bm sind im Allgemeinen dimensionsbehaftet.
Die DGL der allgemeinen Form kann in die regelungstechnische Normalform gebracht
werden, indem man:
•
Die Ausgangsgrößen bzw. deren Ableitungen auf die linke DGL-Seite stellt
•
Die Ausgangsgröße bzw. deren 0. Ableitung koeffizientfrei lässt.
Als Beispiel ist unten eine DGL 2.Ordnung gezeigt
a 2 xa (t ) + a1 x a (t ) + a 0 x a (t ) = b1 x e (t ) + b0 xe (t ) ,
die durch Division mit a0 auf regelungstechnische Normalform gebracht wird:
b
a2
a
b
xa (t ) + 1 x a (t ) + x a (t ) = 1 x e (t ) + 0 x e (t ) .
a0
a0
a0
a0
2.2 Das Aufstellen der Differentialgleichung
17
2.2 Das Aufstellen der Differentialgleichung
Bei der Aufstellung der Differentialgleichung eines Systems muss man die physikalischen Gesetze anwenden, denen das System unterliegt, so z. B. die mechanischen,
hydraulischen, pneumatischen, elektrischen Gesetze usw.
•
Beispiel 2.1
xe
A
C
x1
m
l
U
R
xa
b
Bild 2.3
Elektropneumatischer Wandler
Die Eingangsgröße xe eines elektropneumatisches Wandlers (Bild 2.3) ist der Luftdruck über
dem Membranteller mit der Fläche A. Dieser erzeugt eine Kraft
F = A xe .
Infolge dieser Kraft wird die Kolbenstange um x1 nach unten bewegt. Dadurch wird die Feder
um x1 zusammengedrückt und erzeugt die Gegenkraft Fc = c x . Außerdem ist eine Dämpfungseinrichtung vorgesehen.
Bewegt sich der Kolben nach unten, so muss er die unter dem Kolben befindliche Ölmenge
über die Umweg-Leitung mit dem Drosselventil nach oben fördern. Die Kraft, die dazu notwendig ist, ist proportional der Geschwindigkeit, mit der sich der Kolben nach unten bewegt:
Fk = b x1 .
Ferner sind die bewegten Teile mit einer Masse m behaftet, so dass eine weitere Gegenkraft
entsteht: Fm = m x1 .
Nun muss in jedem Augenblick die Summe aller Kräfte gleich Null sein. Daraus folgt:
m x1 + b x1 + c x1 = A xe .
(2.2)
Zwischen x1 und xa besteht die Proportionalität
l
U xa
, daraus folgt x1 = xa .
=
U
l
x1
(2.3)
18
2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen
Setzen wir Gl. (2.3) in Gl. (2.2) ein, so erhalten wir
m⋅l
b⋅l
c ⋅l
xa +
x a +
x a = A xe .
U
U
U
(2.4)
Durch Vergleich mit der allgemeinen Form der DGL (2.1) finden wir die Beiwerte:
b0 = A in [cm2], a 0 =
c ⋅l
b⋅l
m⋅l
in [N/V], a1 =
in [Ns/V], a 2 =
in [Ns2/V].
U
U
U
Dividiert man Gl. (2.4) durch den Faktor c⋅l /U, so folgt eine andere Art der Darstellung
m
b
A ⋅U
xa (t ) + x a (t ) + xa (t ) =
xe (t ) ,
c
c
c ⋅l
bzw. mit den Abkürzungen:
K=
A ⋅U
;
c⋅l
b
T1 = ;
c
T22 =
m
;
c
T22 xa (t ) + T1 x a (t ) + xa (t ) = K xe (t ) .
(2.5)
T1 und T2 haben die Dimension einer Zeit und sind die so genannten Zeitkonstanten.
•
Beispiel 2.2
i
xe
R
L
uR
uL
C
xa
Bild 2.4
Reihenschwingkreis
Eingangsgröße des in Bild 2.4 gezeigten Reihenschwingungskreises ist die Spannung xe und
Ausgangsgröße ist die Spannung über dem Kondensator xa. Nach dem 2. Kirchhoffschen Satz
ist die Summe aller Spannungen in einer Masche gleich Null.
xe = u R + u L + xa .
(2.6)
Der Spannungsabfall am Widerstand ergibt sich zu uR = i R. Nach dem Induktionsgesetz ist
uL = L di/dt. Ferner ist der Ladestrom i proportional der Spannungsänderung am Kondensator
i = C dxa/dt. Diese Beziehungen in die Gl. (2.6) eingesetzt ergibt:
xe (t ) = xa (t ) + R C x a (t ) + L C xa (t ) .
2
Auch hier können wir die folgenden Zeitkonstanten einführen: T1 = R C und T2 = L C. Somit
folgt:
T22 xa (t ) + T1 x a (t ) + x a (t ) = x e (t ) .
(2.7)
Man erkennt leicht, dass der Aufbau der beiden DGL (2.5) und (2.7), abgesehen vom Faktor K,
übereinstimmt. Beide Systeme verhalten sich analog.
2.3 Lösung der Differentialgleichung
19
2.3 Lösung der Differentialgleichung
Mit der gefundenen Differentialgleichung kann man noch nicht allzuviel anfangen. Es
interessiert der zeitliche Verlauf der Ausgangsgröße xa(t), wenn die Eingangsgröße
xe(t) einen bestimmten zeitlichen Verlauf annimmt. Um die Differentialgleichung mit
der Störfunktion xe(t) lösen zu können, muss diese genau bekannt sein.
Als Eingangsfunktionen benutzt man spezielle Signale, die leicht realisierbar und vergleichbar sind. Die Eingangsfunktionen werden auch in der Praxis zur experimentellen
Ermittlung des zeitlichen Verlaufs des Ausgangssignals angewandt.
Ist das Übergangsverhalten für eine spezielle Eingangsfunktion bekannt, so lässt sich
daraus das Zeitverhalten bei jeder beliebigen Eingangsfunktion ermitteln.
2.3.1 Spezielle Eingangsfunktionen
a) Die Sprungfunktion
Sowohl für theoretische Untersuchungen als auch als praktische Testfunktion hat die
Sprungfunktion als Eingangserregung eine große Bedeutung. Sie ist definiert durch
 0 für t < 0
x e (t ) = 
 x e0 = const für t > 0.
Der Verlauf einer solchen Sprungfunktion ist in Bild 2.5 wiedergegeben.
Vielfach wird die Höhe des Eingangssprungs auf den Wert Eins normiert und als Einheitssprung σ(t) bezeichnet:
0
1
σ (t ) = 
für t < 0
für t > 0.
Wegen der einfacheren Schreibweise wird im Folgenden die Sprungfunktion durch
xe (t ) = xe0 ⋅ σ (t )
ausgedrückt.
In Bild 2.5 (links) sind der ideale und der technisch realisierbare Verlauf (gestrichelt)
gezeigt.
xe
xe
xe0
Ke0⋅t
t
Bild 2.5 Sprungfunktion (links) und Anstiegsfunktion (rechts)
t
20
2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen
Eine ideale Sprungfunktion, d. h. eine physikalische Größe, die sich zum Zeitpunkt
t = 0 in unendlich kurzer Zeit um einen endlichen Betrag ändert, ist technisch nicht
realisierbar.
Mit den elektronischen Bauelementen kommt man zu Anstiegszeiten, die kleiner als
eine Nanosekunde sind. Bei anderen physikalischen Größen (Druck, Temperatur usw.)
liegen die Zeitkonstanten z. T. wesentlich höher.
b) Die Anstiegs- oder Rampenfunktion
Wie Bild 2.5 (rechts) zeigt, steigt xe(t) bei Null beginnend, linear mit der Zeit an
für t < 0
 0
xe (t ) = K e0 ⋅ t ⋅ σ (t ) = 
 K e0 ⋅ t für t > 0,
dxe (t )
die konstante Änderungsgeschwindigkeit des Eingangssignals ist.
dt
Der zeitliche Verlauf der Ausgangsgröße bei einer Anstiegsfunktion am Eingang wird als
Anstiegsantwort bezeichnet.
wobei K e0 =
c) Die Impulsfunktion (δ-Funktion)
Die ideale Impulsfunktion zeigt zum Zeitpunkt t = 0 einen Sprung ins Unendliche und
ist gleich Null für t ≠ 0 (Bild 2.6, links).
 0
xe (t ) = δ (t ) = 
 ∞
für t ≠ 0
für t = 0.
Diese Funktion kann man sich aus einem rechteckförmigen Impuls der Breite ε und der
Höhe 1/ε für ε → 0, mit der Zeitfläche 11, entstanden denken. Zwischen der δ-Funktion
und dem Einheitssprung σ(t) besteht der Zusammenhang
δ (t ) =
dσ (t )
.
dt
Der zeitliche Verlauf des Ausgangssignals bei einer Impulsfunktion am Eingang ist die
Impulsantwort oder die Gewichtsfunktion g(t).
∞
 x dt = 1
 e
0
xe
xe
^x
e
1
ε
ε
t
t
T
Bild 2.6 Impulsfunktion (links) und Sinusfunktion (rechts)
1
Für praktische Untersuchungen, z. B. mit einem Impulsgenerator, hat die Impulsfläche die
Dimension der Amplitude multipliziert mit der Zeit (Vs, As usw.).
2.3 Lösung der Differentialgleichung
21
Technisch kann die Impulsfunktion nur mit endlicher Dauer und Höhe realisiert werden. Die Anwendung einer Sprungfunktion über einen längeren Zeitraum stellt einen
massiven, manchmal unzulässigen Eingriff dar. Ein kurzzeitiger Impuls hat den Vorteil, dass die durch ihn verursachte Beeinträchtigung verhältnismäßig gering ist.
d) Die sinusförmige Eingangsgröße
Neben der Sprungfunktion zur Untersuchung von Regelkreisgliedern hat die Methode
durch sinusförmige Eingangserregung eine große Bedeutung. Die Sinusschwingung
(Bild 2.6, rechts) hat den zeitlichen Verlauf
xe (t ) = xe sin ω t ,
wobei x e die Schwingungsamplitude und ω = 2π f die Kreisfrequenz ist, mit f als Frequenz. Die Schwingungsperiode ist T = 1/f.
e) Die stochastische Eingangsgröße
Der Vollständigkeit halber sei eine weitere Zeitfunktion erwähnt, die allerdings im
Rahmen dieses Buches keine Berücksichtigung findet. Die unter a) bis d) genannten
deterministischen Eingangssignale sind vielfach zur Identifikation ungeeignet. Man
benutzt statt dessen die immer vorhandenen stochastischen, d. h. regellos verlaufenden, Störsignale (Bild 2.7), wie z. B. das Rauschen in elektronischen Geräten oder die
Stromschwankungen in einer der Elektroden eines Lichtbogenofens während des Einschmelzvorganges.
xe
t
Bild 2.7 Typischer Verlauf eines
stochastischen Signals
Meistens sind die stochastischen Signale klein gegenüber den Betriebswerten. Die
Beurteilung, Verknüpfung und Auswertung der Ein- und Ausgangssignale erfolgt mittels statistischer Methoden.
Stochastische Signale mit einer Gaußschen Amplitudenverteilung spielen vergleichsweise eine ähnlich fundamentale Rolle, wie sinusförmige Signale bei deterministischer
Betrachtungsweise.
2.3.2 Lösung der Differentialgleichung bei sprunghafter Verstellung
der Eingangsgröße
Die am häufigsten in der Regelungstechnik angewandte Eingangsfunktion ist die
Sprungfunktion. Setzt man die Sprungfunktion als Störfunktion in die Differentialgleichung ein und löst die DGL nach xa(t) auf, so erhält man mit xa(t) die so genannte
Sprungantwort.
22
2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen
In den Beispielen 2.1 und 2.2 hatten wir folgende DGL gefunden:
T22 xa (t ) + T1 x a (t ) + xa (t ) = K xe (t ) .
Vereinfachend wollen wir annehmen, dass die Zeitkonstante T2 sehr klein sei, und
damit das Glied T22 xa (t ) vernachlässigbar. Dies wäre z. B. der Fall, wenn die Masse
m im Beispiel 2.1 bzw. die Induktivität L in Beispiel 2.2 sehr klein bzw. Null wäre.
Die so erhaltene Differentialgleichung 1. Ordnung
T1 xa (t ) + xa (t ) = K xe (t )
(2.8)
bzw. für t > 0
T1 x a (t ) + x a (t ) = K x e0
(2.9)
wollen wir nun auf verschiedene Arten lösen.
2.3.3 Lösung der Differentialgleichung durch Trennen der Veränderlichen
Aus Gl. (2.9) findet man durch Umstellen nach dxa /dt
dxa
dxa
dt
1
= (K xe0 − xa ) und
= .
dt
T1
K x e0 − xa T1
Durch Integration beider Seiten folgt:
dxa
dt
 K xe0 − xa =  T1
bzw.
− ln (K xe0 − x a ) + C =
t
.
T1
(2.10)
Unter der Annahme, dass die Ausgangsgröße xa(t) des Systems für t = 0 Null ist, ergibt
sich die Integrationskonstante C aus (2.10) mit der Anfangsbedingung xa(0) = 0.
Dies wiederum in Gleichung (2.10) eingesetzt, ergibt
− ln (K xe0 − x a ) + ln( K xe0 ) =
t
T1
bzw.

xa
ln1 −
K xe0


t
 = −
T
1

und nach xa aufgelöst:
t
−
xa
1−
= e T1 ,
K xe0
xa (t ) = K xe0 (1 − e
−
t
T1
).
(2.11)
Der Eingangssprung und die Sprungantwort haben dann den in Bild 2.8 dargestellten
zeitlichen Verlauf.
2.3 Lösung der Differentialgleichung
xe
23
xa
xa(∞) = K xe0
xe0
t
t
T1
Bild 2.8 Sprungfunktion und
Sprungantwort
Die Kurve xa(t) hat für t = 0 die größte Steigung. Legt man an die Kurve xa(t) zum
Zeitpunkt t = 0 die Tangente, so schneidet diese den Beharrungswert xa(∞) für t = T1.
Der Verlauf der Sprungantwort ist durch die Zeitkonstante T1 und den Übertragungsbeiwert K eindeutig bestimmt.
2.3.4 Lösung der Differentialgleichung durch geeigneten Ansatz
Die vorangegangene Lösungsmethode bestand darin, dass die Veränderlichen getrennt
und anschließend integriert wurden. Dieser Weg ist nur bei DGL 1. und 2. Ordnung
möglich. Bereits bei einer DGL 2. Ordnung ist der Aufwand ziemlich umfangreich,
weil zunächst die Ordnung reduziert werden muss.
a) Lösung der homogenen Differentialgleichung
Bei der Lösung der Differentialgleichung (2.8)
T1 x a (t ) + xa (t ) = K xe (t )
nach der jetzt zu besprechenden Methode, wird zunächst die homogene Differentialgleichung gelöst, d. h. das Störglied K xe(t) wird Null gesetzt:
T1 x a (t ) + xa (t ) = 0 .
(2.12)
Unabhängig von der Ordnung der DGL macht man nun generell den Ansatz:
xa (t ) = e λ t .
Es wird deshalb eine e-Funktion gewählt, weil die Ableitung einer e-Funktion ebenfalls wieder eine e-Funktion ergibt.
Wir setzen nun xa (t ) = e λ t und xa (t ) = λ e λ t in die Gl. (2.12) ein und bestimmen den
λ-Wert so, dass die Gleichung erfüllt ist:
λ eλ t T1 + eλ t = 0 und dann (λ T1 + 1) e λ t = 0.
Dies ist der Fall für (λ T1 + 1) = 0, bzw. λ = −
1
. Daraus folgt, dass der gewählte
T1
Ansatz mit λ = −1/ T1 eine Lösung der homogenen DGL ist.
24
2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen
Wie man sich leicht durch Einsetzen überzeugen kann, erfüllt auch der Ansatz
xa (t ) = C1 e λ t
(2.13)
die homogene Differentialgleichung.
Nun ist aber die zu lösende Differentialgleichung (2.8) nicht homogen, sondern mit
einem Störglied K xe(t) behaftet.
b) Lösung der inhomogenen Differentialgleichung durch die Methode der Variation der Konstanten nach Lagrange
Die Methode der Variation der Konstanten besteht darin, dass die Konstante C1, in der
Lösung der homogenen Differentialgleichung (2.13) durch eine Funktion C1(t) ersetzt
wird. Setzt man den modifizierten Ansatz
xa (t ) = C1 (t ) e
−
t
T1
(2.14)
in die inhomogene Differentialgleichung (2.8) ein, so folgt:
t
t

−
−

1
T
T
T1  C1 (t ) e 1 − C1 (t ) e 1
T1


−
t

−

T1
= K xe (t ) bzw.
 + C1 (t ) e


t
T1 C1 (t ) e T1 = K xe (t ) .
Nach C1 (t ) aufgelöst ergibt:
t
+
K
C1 (t ) =
x e (t ) e T1 .
T1
Durch Integration zwischen den Grenzen τ = 0 und τ = t erhält man:
t

0
τ
t
K
C1 (τ ) dτ =
x e (τ ) e T1 dτ .
T1

0
Nach dem Hauptsatz der Infinitesimalrechnung ist
τ
t
K
C1 (t ) − C1 (0) =
xe (τ ) e T1 dτ
T1

bzw.
0
t
τ
K
C1 (t ) = C1 (0) +
xe (τ ) e T1 dτ .
T1

0
(2.15)
2.3 Lösung der Differentialgleichung
25
(2.15) in (2.14) eingesetzt, führt zu
xa (t ) = C1 (0) e
−
t
T1
τ −t
t
K
+
x e (τ ) e T1 dτ .
T1

0
Unter Berücksichtigung einer allgemeinen Anfangsbedingung xa(0) für t = 0 folgt
xa (0) = C1 (0) .
Somit lautet die vollständige Lösung:
xa (t ) = x a (0) e
−
t
T1
τ −t
t
K
+
xe (τ ) e T1 dτ .
T1

0
Die Ausgangsgröße setzt sich aus zwei Termen zusammen. Der erste Term berücksichtigt die Abhängigkeit von der Anfangsbedingung, der zweite Term ist die Reaktion der
Ausgangsgröße auf die Eingangsgröße.
Wählen wir wieder die Anfangsbedingung xa(0) = 0 und als Eingangsgröße die
Sprungfunktion
 0 für t < 0
xe (t ) = 
 xe0 = const für t > 0,
so wird
t
−
K
xa (t ) = xe0 e T1
T1
t
e
τ
T1
dτ
0
und damit
xa (t ) = K xe0 (1 − e
−
t
T1
).
(2.16)
Dieses Ergebnis ist identisch mit dem zuvor gefundenen (2.11).
2.3.5 Lösung mittels Laplace-Transformation. Die Übertragungsfunktion
Bei linearen Systemen ist es vorteilhaft, die Lösung von Differentialgleichungen nicht
im Zeitbereich, sondern mittels Laplace-Transformation vorzunehmen.
Gemäß der Laplace-Transformation erhält man für die einzelnen DGL-Glieder unter
der Voraussetzung, dass die Anfangsbedingung Null ist, folgende LaplaceTransformierten:
26
2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen
L [ x(t )] = x( s)
L [ x (t )] = s ⋅ x( s )
L [ x(t )] = s 2 ⋅ x( s)
...
...

...
L [ x(t )dt ] =
1
⋅ x( s ).
s
Beispielsweise treten in der DGL (2.8) an die Stelle der Glieder im Zeitbereich nun die
Ein-/Ausgangsgrößen im Bildbereich:
T1 xa (t ) + xa (t ) = K xe (t )



T1 ⋅ s ⋅ xa ( s ) + xa ( s) = K xe ( s).
Die Laplace-Transformierte stellt damit eine algebraische Gleichung dar und lautet:
(1 + sT1 ) x a ( s ) = K x e ( s) .
(2.17)
Allgemein ist das Verhältnis der Laplace-Transformierten Ausgangsgröße zur Laplace-Transformierten Eingangsgröße als Übertragungsfunktion G(s) definiert, deren
enge Beziehung zum Frequenzgang noch besprochen wird. Für die Gl. (2.17) gilt:
x (s)
K
.
G(s) = a
=
xe ( s ) 1 + sT1
Für die Sprungfunktion xe(t) am Eingang (Bild 2.5) ist die Laplace-Transformierte
L [ x e (t )] = x e ( s ) =
1
xe0 .
s
Setzt man diese in die Gleichung (2.17) ein, so folgt
xa ( s ) =
K
K
1
x e ( s) =
⋅ xe0 .
1 + sT1
1 + sT1 s
Aus der letzten Beziehung sind die Polstellen, d. h. die Nullstellen des Nenners
s (1 + sT1 ) = 0 mit s1 = 0 und s 2 = −
1
ersichtlich.
T1
Die Rücktransformation in den Zeitbereich kann mittels Partialbruchzerlegung, Residuenzsatz oder Korrespondenztabelle erfolgen. Mit α = 1/T1 folgt aus der Beziehung 5
der Korrespondenztabelle (s. Anhang) sofort
xa (t ) = K xe0 (1 − e
−
t
T1
),
die mit den zuvor gefundenen (2.11) und (2.16) identisch ist.
(2.18)
2.3 Lösung der Differentialgleichung
27
Im weiteren Verlauf des Buches wird zur Lösung von Differentialgleichungen ausschließlich die Methode der Laplace-Transformation benutzt.
•
Beispiel 2.3
i(s)
ue(s)
R
uR(s)
sL
uL(s)
1
sC
uC(s) = ua(s)
Bild 2.9 Darstellung eines
Reihenschwingkreises im
Bildbereich
Die Spannungen ue und ua eines Reihenschwingkreises (Bild 2.9) werden als Eingangs- und
Ausgangsgrößen betrachtet. Es soll der Einschaltvorgang ermittelt werden, wenn die Eingangsspannung bei t = 0 von 0 auf ue0 sprungförmig geändert wird.
Zur Berechnung von Einschaltvorgängen in elektrischen Netzwerken ist es nicht nötig, die DGL
wie in Beispiel 2.2 aufzustellen, vielmehr kann man die aus der Theorie der Wechselstromlehre
bekannten Regeln in modifizierter Form als Übertragungsfunktionen anwenden.
Nach dem Ohmschen Gesetz gilt für Bild 2.9 im Zeit- und Bildbereich
u R (t ) = R ⋅ i(t )
c−−¦
u R ( s) = R ⋅ i ( s ) .
(2.19)
An der Induktivität (Bild 2.9) sind die Beziehung zwischen zeitlichen und LaplaceTransformierten Strom und Spannung wie folgt gegeben:
u L (t ) = L ⋅ i(t )
c−−¦
u L (s) = s ⋅ L ⋅ i(s) .
(2.20)
Die Verhältnisse an der Kapazität C im Zeit- und Bildbereich sind:
i(t ) = C ⋅ u C (t )
c−−¦
i( s) = s ⋅ C ⋅ u C ( s ) bzw. i( s) = s ⋅ C ⋅ u a ( s ) .
(2.21)
Für die Ausgangsspannung folgt die Laplace-Transformierte aus dem 2. Kirchhoffschen Satz:
u e ( s ) = u R ( s ) + u L ( s ) + u a ( s) .
(2.22)
Setzen wir nun die Gln. (2.19) und (2.20) in die Gleichung (2.22)
u e ( s ) = R i ( s ) + s L i( s) + u a ( s)
und ersetzen wir den Strom i(s) aus der Gl. (2.21) durch ua(s), so ergibt sich
u e ( s ) = s R C u a ( s ) + s 2 L C u a ( s) + u a ( s )
L C ⋅ s 2 u a (s) + R C ⋅ s u a (s) + u a (s) = u e (s) .
(2.23)
Aus letzter Gleichung folgt nach der Differentiationsregel der Laplace-Transformation die DGL
L C ua (t ) + R C u a (t ) + u a (t ) = u e (t ) .
Zur Ermittlung des zeitlichen Verlaufs der Ausgangsgröße bei gegebenem Eingang ist die DGL
nicht erforderlich, sondern wird direkt aus Gln. (2.23) in den Zeitbereich zurücktransformiert.
28
2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen
Die Übertragungsfunktion stellt das Verhältnis der Laplace-Transformierten Ausgangsgröße zur
Laplace-Transformierten Eingangsgröße dar:
u (s)
1
.
G(s) = a
=
ue (s) s 2 L C + s R C + 1
(2.24)
Mit den Abkürzungen T22 = L C und T1 = R C ergibt sich die Normalform der 2. Ordnung
u (s)
1
G(s) = a
=
.
u e ( s ) T22 s 2 + T1 s + 1
(2.25)
X Aufgabe 2.1
Eine Kettenschaltung von zwei gleichartigen Vierpolen mit Ein- und Ausgangssgrößen ue(s) und
ua(s) ist im Bild 2.10 gezeigt.
i1(s)
i2(s)
R1
ue(s)
R2
ua1(s)
C1
1. Vierpol
C2 ua(s)
Bild 2.10 Kettenschaltung von
zwei Vierpolen
2. Vierpol
Gegeben ist die Übertragungsfunktion der Kettenschaltung
u (s)
1
=
G(s) = a
,
u e ( s ) s 2 T1T2 + s (T1 + T2 + T3 ) + 1
mit folgenden Zeitkonstanten:
T1 = R1C1
T2 = R2 C 2
T3 = R1C 2 .
Ermitteln Sie ua(t) bei dem für t = 0 gegebenen Eingangssprung von der Höhe ue0 mit
C1 = 20 μF
R1 = 50 kΩ
C2 = 10 μF
(Lösung im Anhang)
R2 = 100 kΩ
•
Beispiel 2.4
Es soll die Übertragungsfunktion eines Feder-Masse-Dämpfer Systems (Bild 2.11) ermittelt
werden.
KD
x
F
Bild 2.11 Mechanisches System
m
KC
2.3 Lösung der Differentialgleichung
29
Die Eingangsgröße ist die Kraft F(t), die Ausgangsgröße ist der Weg x(t) der Masse m. Die
Wegstrecke x(t) ist von der Federkraft FC(t) und der Dämpfer-Widerstandskraft FD(t) abhängig:
FC (t ) = K C x(t ) und FD (t ) = K D x (t ) ,
(2.26)
worin KC und KD die Federkonstante und die Dämpfungskonstante sind.
Aus dem Kräftegleichgewicht
m x(t ) = F (t ) − FC (t ) − FD (t )
(2.27)
erhält man die Differentialgleichung des mechanischen Systems, indem man die Gleichungen
(2.26) in die Gl. (2.27) einsetzt:
m x(t ) = F (t ) − K C x(t ) − K D x (t ) .
Nach Laplace-Transformation folgt daraus mit den Abkürzungen
T22 =
K
1
m
, T1 = D und K =
KC
KC
KC
die Übertragungsfunktion 2. Ordnung, die mit Gl. (2.25) identisch ist:
G(s) =
x( s )
K
=
.
2
2
F ( s ) T2 s + T1 s + 1
X Aufgabe 2.2
Gegeben sind das in Bild 2.12 gezeigte Netzwerk mit R-, C- und L-Elementen sowie die das
System beschreibende Übertragungsfunktion:
u (s)
s 2 T1T2 − 1
sT1
1
.
bzw. G ( s ) =
G(s) = a
=
−
(1 + sT1 )(1 + sT2 )
u e ( s ) 1 + sT1 1 + sT2
R1
R2
ua(s)
ue(s)
sL
Bild 2.12 RCL-Brückenschaltung
(Allpaßglied)
1
sC
Die Zeitkonstanten sind durch die folgenden Abkürzungen bezeichnet:
T1 =
L
und T2 = R2 C .
R1
Die Anfangsbedingungen sind Null. Es ist mit
R1 = 1 kΩ
C = 0,2 μF
L=1H
R2 = 100 kΩ
zu ermitteln:
30
2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen
a) Die Ausgangsspannung ua(t) nach einem Einheitssprung der Spannung ue(t) = ue0⋅σ(t).
b) Die Werte von ua(t) für t = 0 und t = ∞.
Hinweis: Zur Rücktransformation in den Zeitbereich geht man am zweckmäßigsten von dem
partialbruchzerlegten Ausdruck aus.
2.3.6 Lösung der Differentialgleichung bei sinusförmiger Eingangsgröße
Wie ist der Verlauf der Ausgangsgröße, wenn die Eingangsgröße eine sinusförmige
Schwingung ist? Diese Frage soll für das in Bild 2.13 gezeigte lineare System beantwortet werden.
R
ue(t)
Bild 2.13 Zuschalten einer sinusförmigen Spannung auf
ein RC-Glied
ua(t)
C
Die Übertragungsfunktion entspricht den Gln. (2.24) und (2.25) mit T1 = RC und ohne
Induktivität L bzw. mit T2 = 0:
u ( s)
1
1
.
=
=
G(s) = a
u e ( s ) 1 + s ⋅ RC 1 + sT1
(2.28)
Die Anfangsbedingung ist Null. Für die sinusförmige Eingangsfunktion bei t > 0
ue (t ) = uˆe sin (ω t + α ) = uˆe
e j (ω t +α ) − e − j (ω t +α )
2j
ist die Laplace-Transformierte, gemäß der Beziehung 4 der Korrespondenztabelle
uˆ  e jα
e − jα  uˆ e ( s + jω ) e jα − ( s − jω ) e − jα
−
⋅
u e (s) = e 
.
=
2 j  s − jω s + jω  2 j
( s − jω )(s + jω )
(2.29)
Mit (2.29) in (2.28) folgt:
ua (s) =
uˆ e ( s + jω ) e jα − ( s − jω ) e − jα
⋅
⋅
2 jT1
( s − jω )(s + jω )
1
s+
1
T1
.
In dieser Form sind die drei Pole mit
s1 = jω
s2 = − jω
s3 = −
1
T1
bekannt. Die Rücktransformation in den Zeitbereich erfolgt am zweckmäßigsten mittels des Residuensatzes:
2.3 Lösung der Differentialgleichung
ua ( t ) =
31
uˆe
⋅ [Res ( s1 ) + Res ( s2 ) + Res ( s3 )]
2 jT1
(2.30)
Für die ersten zwei Pole ergeben sich die Residuen
Res ( s1 ) =
T1 e jα
e jω t
1 + jω T1
Res ( s2 ) = −
T1 e − jα − jω t
,
e
1 − jω T1
die sich wie folgt zusammenfassen lassen:
Res ( s1 ) + Res ( s2 ) = T1
(1 − jω T1 ) e j (ω t +α ) − (1 + jω T1 ) e − j (ω t +α )
1 + (ω T1 ) 2
bzw. durch trigonometrische Funktionen ausgedrückt:
Res ( s1 ) + Res ( s2 ) =
2 jT1
[sin (ω t + α ) − ωT1 cos (ω t + α )] .
1 + (ω T1 ) 2
(2.31)
Das Residuum des dritten Pols
 1

 1

 − + jω  e jα −  − − jω  e − jα − t
T

 T1

Res ( s3 ) =  1
e T1

 1
 1
 − − jω   − + jω 
T
T

 1
 1
wird vereinfacht
t
Res ( s3 ) = −T1
(1 − jω T1 ) e jα − (1 + jω T1 ) e − jα − T1
e
1 + (ω T1 ) 2
und auch durch trigonometrische Funktionen ausgedrückt:
t
Res ( s3 ) = −
−
2 jT1
T1
[
sin
α
−
ω
T
cos
α
}]
e
.
1
2
1 + (ω T1 )
(2.32)
(2.31) und (2.32) in (2.30) eingesetzt, ergibt:
t

− 
T1 

.
ua (t ) =
sin (ω t + α ) − ω T1 cos (ω t + α ) − (sin α − ω T1 cos α ) e

1 + (ω T1 ) 2 


uˆe
32
2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen
Da die Summe bzw. Differenz einer Sinus- bzw. einer Cosinusfunktion, bei gleicher
Frequenz, stets wieder eine Sinusschwingung ergibt, kann man für die ersten beiden
Terme in der eckigen Klammer schreiben:
sin (ω t + α ) − ω T1 cos (ω t + α ) = A sin (ω t + α + ϕ ) .
Hierin ist A die Schwingungsamplitude und ϕ der Phasenverschiebungswinkel der
resultierenden Schwingung. Mit Hilfe der Additionstheoreme findet man:
sin (ω t + α + ϕ ) = sin (ω t + α ) ⋅ cos ϕ + cos (ω t + α ) ⋅ sin ϕ
und somit
sin (ω t + α ) − ω T1 cos (ω t + α ) = A [sin (ω t + α ) ⋅ cos ϕ + cos (ω t + α ) ⋅ sin ϕ ] .
Setzt man die Glieder mit sin (ω t + α ) bzw. cos (ω t + α ) beider Seiten gleich, so
ergibt sich :
A cos ϕ = 1
A sin ϕ = −ω T1 .
Durch Division beider Gleichungen erhält man
tan ϕ = −ω T1
(2.33)
und durch Quadrieren und Addieren beider Gleichungen
A2 (cos 2 ϕ + sin 2 ϕ ) = 1 + (ω T1 ) 2
bzw.
A = 1 + (ω T1 ) 2 .
Somit ergibt sich die endgültige Lösung
t

− 
uˆe 
T1 
.
ua ( t ) =
sin (ω t + α + ϕ ) − sin (α + ϕ ) ⋅ e

A 


−
t
T1
nahezu Null und vernachNach einer Zeit t = 5 T1 ist das Glied mit dem Faktor e
lässigbar, d. h. der Einschwingvorgang (Bild 2.14) ist abgeschlossen und die Ausgangsgröße ist dann eine ungedämpfte Sinusschwingung mit dem zeitlichen Verlauf
ua (t ) = uˆa sin (ω t + α + ϕ ) .
(2.34)
Wie aus Gl. (2.34) ersichtlich, hat die Ausgangsgröße ua im stationären Zustand die
gleiche Kreisfrequenz wie die Eingangsgröße mit der Schwingungsamplitude û a
uˆa =
uˆe
1 + (ω T1 ) 2
.
2.3 Lösung der Differentialgleichung
33
Die Amplitude û a ist eine Funktion von ω und nimmt mit zunehmendem ω ab.
xe
x^e
t
xa
ϕ
Bild 2.14 Einschwingvorgang beim
Einschalten eines sinusförmigen Eingangssignals
^x
a
t
T1
Der Phasenverschiebungswinkel ϕ, den man aus der Gl. (2.33) erhält:
ϕ = −arc tan (ω T1 )
ist stets negativ und ebenfalls eine Funktion von ω. Mit zunehmender Kreisfrequenz
wird der negative Phasenverschiebungswinkel ϕ größer.
Das ist auch aus dem Systemaufbau zu erkennen. Mit zunehmender Frequenz kann die
Ausgangsspannung, infolge der durch die Zeitkonstante RC festliegenden Trägheit, der
Eingangsspannung nicht mehr folgen.
Das behandelte Beispiel, dass zu einer DGL 1.Ordnung führte, hat gezeigt, dass bei
einer sinusförmigen Eingangserregung am Ausgang ebenfalls eine sinusförmige
Schwingung gleicher Frequenz entsteht.
Allgemein gilt bei einem linearen System, das zu einer Differentialgleichung beliebiger Ordnung führt, dass eine harmonische Schwingung am Eingang am Ausgang ebenfalls eine harmonische Schwingung erzeugt.
Sinusförmige Eingangssignale werden nicht nur zur Untersuchung elektrischer Regelkreisglieder, sondern auch für pneumatische und andere Systeme angewandt. Diese
Methode hat besonders bei schnellen Systemen Vorteile gegenüber der Sprungfunktion. Vielfach erfolgt die Anwendung nur theoretisch, wie bei Stabilitäts- und
Optimierungsproblemen.
X Aufgabe 2.3
Wie müsste der Phasenwinkel der Eingangsfunktion ue (t ) = uˆe sin (ω t + α ) gewählt werden,
damit der stationäre Schwingungszustand direkt (ohne Einschwingvorgang) erreicht wird?
34
2 Mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder
2.4 Beschreibung von Regelkreisen im Frequenzbereich
2.4.1 Der Frequenzgang
Die Rechnung bei sinusförmiger Eingangsgröße wird besonders einfach, wenn man
die Sinusschwingung
xe (t ) = xˆe sin ω t
(2.35)
aus einem, um den Ursprung der Gaußschen Zahlenebene rotierenden Zeiger entstanden denkt, der auf die imaginäre Achse projiziert ist (Bild 2.15).
Im
x^e⋅cos ω t1
ω t1
xe
x^e
x^e⋅sin ω t1
Re
t1
t
1
T=
f
Bild 2.15 Zusammenhang zwischen Linien- und Zeigerdarstellung
Der Zeiger ist durch die beiden Komponenten xˆe cos ω t und j ⋅ xˆe sin ω t
eindeutig festgelegt:
xe (t ) = xˆe (cos ω t + j ⋅ sin ω t ) .
Nach der Eulerschen Gleichung ist:
cos ω t + j ⋅ sin ω t = e jω t .
Damit wird:
xe (t ) = xˆe e jω t .
(2.36)
Das heißt, wir betrachten nicht nur die imaginäre Komponente des rotierenden Zeigers, sondern wir nehmen noch die reelle Komponente hinzu. Anstelle von (2.35)
schreibt man nun (2.36).
Wird ein lineares System am Eingang mit einer Sinusschwingung xe(t) erregt, dann
wird, wie im vorherigen Abschnitt abgeleitet, auch die Ausgangsgröße xa(t) im eingeschwungenen Zustand einen sinusförmigen Verlauf haben. Bei gleicher Frequenz
haben Amplitude und Phasenlage von Ein- und Ausgangsgrößen im Allgemeinen verschiedene Werte. Die Ausgangsgröße xa(t) ist gegenüber der Eingangsgröße xe(t) um
den Phasenwinkel ϕ verschoben, wie Bild 2.14 zeigt.
2.4 Beschreibung von Regelkreisen im Frequenzbereich
35
Der zeitliche Verlauf der Ausgangsgröße ist somit:
xa (t ) = xˆa (sin ω t + ϕ ) .
Betrachten wir die Ausgangsgröße entsprechend der Eingangsgröße als rotierenden
Zeiger, so können wir schreiben:
xa (t ) = xˆa e j (ω t +ϕ ) .
(2.37)
Das Verhältnis der Zeiger von Ausgangs- zur Eingangsgröße bezeichnet man als Frequenzgang. Dieser ist, wie wir später sehen werden, nicht mehr eine Funktion der
Zeit, sondern von jω
G ( jω ) =
xa (t ) xˆa e j (ω t +ϕ ) xˆa e jϕ
=
=
.
xe (t )
xˆe
xˆe e jω t
(2.38)
Bei elektrischen Systemen gewinnt man den Frequenzgang mittels der Methoden der
Theorie der Wechselströme.
In diesem Abschnitt soll der Frequenzgang, wie bei nichtelektrischen Systemen üblich, aus der Differentialgleichung abgeleitet werden. Dafür stellen wir zuerst die
zeitlichen Funktionen (2.36) und (2.37) der Ein- und Ausgangsgrößen xe(t) und xa(t)
im Frequenzbereich als Funktionen von jω dar:
xe ( jω ) = xˆe e jω t
(2.39)
xa ( jω ) = xˆa e j (ω t +ϕ ) .
(2.40)
Unter Beachtung der Ableitungsregeln der Exponentialfunktionen
d jω t
e
= jω ⋅ e jω t
dt
erhalten wir die zeitlichen Ableitungen der Eingangsgröße der Gl. (2.39) wie:
xe ( jω ) = jω ⋅ xˆe e jω t
bzw. x e ( jω ) = jω ⋅ x e ( jω )
xe ( jω ) = ( jω ) 2 ⋅ xˆe e jω t
bzw. xe ( jω ) = ( jω ) 2 ⋅ xe ( jω )
xe ( jω ) = ( jω )3 ⋅ xˆe e jω t bzw. xe ( jω ) = ( jω ) 3 ⋅ x e ( jω ) usw.
Ähnlich ergeben sich die zeitlichen Ableitungen (2.40) der Ausgangsgröße zu:
x a ( jω ) = jω ⋅ xa ( jω )
xa ( jω ) = ( jω ) 2 ⋅ xa ( jω )
xa ( jω ) = ( jω ) 3 ⋅ x a ( jω ) usw.
Nach Gl. (2.1) lautet die allgemeine Form der Differentialgleichung:
36
2 Mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder
... + a3 xa (t ) + a 2 xa (t ) + a1 x a (t ) + a 0 xa (t )
= b0 x e (t ) + b1 x e (t ) + b2 xe (t ) + b3 xe (t ) + ...
Setzen wir xe(jω) und xa(jω) sowie deren Ableitungen in diese allgemeine Differentialgleichung ein, so wird:
... + a3 ⋅ ( jω ) 3 xa ( jω ) + a 2 ⋅ ( jω ) 2 xa ( jω ) + a1 ⋅ ( jω ) x a ( jω ) + a 0 ⋅ xa ( jω )
=
b0 ⋅ x e ( jω ) + b1 ⋅ ( jω ) xe ( jω ) + b2 ⋅ ( jω ) 2 x e ( jω ) + b3 ⋅ ( jω ) 3 xe ( jω ) + ...
Auf der linken Seite der Gleichung lässt sich der gemeinsame Faktor xa(jω) und auf
der rechten Seite xe(jω) herausziehen. Bildet man nach der Gl. (2.38) das Verhältnis
xa(jω) zu xe(jω), so folgt der Frequenzgang G(jω)
x ( jω ) b0 + b1 ⋅ ( jω ) + b2 ⋅ ( jω ) 2 + b3 ⋅ ( jω ) 3 + ...
G ( jω ) = a
=
.
xe ( jω ) a 0 + a1 ⋅ ( jω ) + a 2 ⋅ ( jω ) 2 + a 3 ⋅ ( jω ) 3 + ...
•
Beispiel 2.5
Gegeben ist die Differentialgleichung
T22 xa (t ) + T1 x a (t ) + xa (t ) = K xe (t )
(siehe Beispiele 2.1 und 2.2).
Zu ermitteln ist der Frequenzgang G(jω).
Setzt man die Ein- und Ausgangsgrößen xe(t) und xa(t) als Funktionen von jω in die DGL ein,
so ergibt sich:
T22 ⋅ ( jω ) 2 xa ( jω ) + T1 ⋅ ( jω ) x a ( jω ) + x a ( jω ) = K x e ( jω ) .
Daraus folgt:
x ( jω )
K
=
G ( jω ) = a
.
2
2
xe ( jω ) T2 ⋅ ( jω ) + T1 ⋅ ( jω ) + 1
2.4.2 Die Ortskurve
In Abschnitt 2.3.6 wurde gezeigt, dass eine Sinusfunktion als Eingangsgröße eine
Sinusschwingung gleicher Frequenz am Ausgang zur Folge hat. Die Amplitude und
die Phasenlage der Ausgangsschwingung sind abhängig von der Frequenz.
Um das Verhalten eines Regelkreisgliedes durch sinusförmige Erregung beurteilen zu
können, genügt es nicht, die Schwingung der Ausgangsgröße bei nur einer Frequenz
zu ermitteln, sondern es müssen die Amplitude und die Phasenlage bezogen auf die
2.4 Beschreibung von Regelkreisen im Frequenzbereich
37
Eingangsgröße für alle Frequenzen von ω = 0 bis ω = ∞ bekannt sein. Die Eingangsgröße xe(t) hat immer die gleiche Amplitude x̂ e .
In Bild 2.16b und d sind die Sinusschwingungen für Ein- und Ausgangsgröße für
zwei verschiedene Frequenzen ω1 und ω2 dargestellt, wobei ω1 < ω2 ist. Verwendet
man anstelle der Linienbilder die Zeigerbilder, so gelangt man zu der in Bild 2.16a
und c gezeigten Darstellung.
xe , xa1
Im
ω=ω1
^x
e
^x
e
ϕ1
a)
ωt
Re
ϕ1
x^a1
b)
xe , xa2
Im
^x
e
^x
e
ϕ2
c)
^x
a1
^x
a1
ω=ω2
^x
a2
ωt
Re
ϕ2
d)
Bild 2.16 Ein- und Ausgangsgröße bei verschiedenen Frequenzen im Zeiger- und Linienbild
Im Zeigerbild bleibt die Länge und die Lage des Zeigers x̂ e für alle Frequenzen
gleich. Lediglich die Länge und Lage des Zeigers x̂ a ändert sich in Abhängigkeit von der
Frequenz. Normiert man die Eingangsgröße auf den Wert x̂e0 = 1, dann wird die Ausxˆ
gangsgröße a . Für verschiedene Frequenzen ω ergeben sich dann verschiedene
xˆ e
ˆx a
-Werte mit jeweils verschiedenen Phasenwinkeln ϕ zu x̂e0 = 1.
xˆ e
xˆ
Zeichnet man die bei den verschiedenen Frequenzen erhaltenen Ausgangszeiger a
xˆ e
in ein Schaubild, wie in Bild 2.17 gezeigt ist, und verbindet die Endpunkte der Zeiger
durch einen geschlossenen Kurvenzug, so stellt dieser die Ortskurve des Frequenzganges dar.
Zur Beschreibung eines Regelkreisgliedes genügt die Ortskurve mit dem Frequenzmaßstab. Ist sie bekannt, so kann daraus der Frequenzgang, die Differentialgleichung
und die Sprungantwort ermittelt werden.
38
2 Mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder
Im
ω=∞
ω=0
ϕ1
Re
ω9
ω=ω1
ω3
ω4
ω=ω2
Bild 2.17 Ortskurve des
Frequenzganges
Will man die Ortskurve aus dem Frequenzgang ermitteln, so wird der komplexe Ausdruck in Real- und Imaginärteil zerlegt und für verschiedene Frequenzen in die Gaußsche Zahlenebene eingetragen.
Die Ermittlung der Ortskurve aus dem Frequenzgang soll nun an einem Beispiel gezeigt werden.
•
Beispiel 2.6
Gegeben ist die Übertragungsfunktion eines Verzögerungsgliedes 1. Ordnung
x (s)
K
mit K = 10 und T = 0,1s.
G(s) = a
=
x e ( s ) 1 + sT
Es ist der Verlauf der Ortskurve zu ermitteln. Der Frequenzgang ergibt sich aus der Übertragungsfunktion, indem wir die komplexe Variable s durch jω ersetzen.
G ( jω ) =
xa ( jω )
K
.
=
xe ( jω ) 1 + jω T
Der Frequenzgang G(jω) ist eine komplexe Größe, die sich in der Gaußschen Zahlenebene
darstellen lässt. Zur Trennung von G(jω) in Real- und Imaginärteil wird G(jω) mit dem konjugiert komplexen Ausdruck des Nenners erweitert:
G ( jω ) =
K
1 − jω T K (1 − jω T )
= Re (G ) + j ⋅ Im (G ) .
⋅
=
1 + jω T 1 − jω T
1 + (ω T ) 2
Daraus ergibt sich:
Re (G ) =
K
1 + (ω T )
2
und Im (G ) =
−KωT
.
1 + (ω T ) 2
Variiert man nun ω = 0 bis ω = ∞, so ergibt sich für jeden diskreten ω - Wert je eine reelle und
eine imaginäre Komponente, die zusammen einen Punkt in der Gaußschen Zahlenebene ergeben.
2.4 Beschreibung von Regelkreisen im Frequenzbereich
39
In der folgenden Tabelle ist das für verschiedene ω -Werte in sec
Ortskurve in Bild 2.18 wiedergegeben.
ω
Re(G)
Im(G)
0
10
0
2
4
6
8
9,6
8,6
7,35
6,1
−1,92 −3,44 −4,41 −4,88
10
5
−5
15
3,07
−4,6
20
2
−4
−1
durchgeführt und als
30
1
−3
40
0,59
−2,36
∞
0
0
Im
K
2
ω=∞
2
4
6
8
ω=0
ϕ = 45°
K
Re
−2
ω /s −1
2
Bild 2.18 Ortskurve eines
Gliedes 1.Ordnung
−4
ωE = 1 s −1
T
Die Ortskurve ist ein Halbkreis im vierten Quadranten.
Der Frequenzgang G(jω) lässt sich in Betrag ⏐G(ω)⏐ und Phasenwinkel ϕ (ω) zerlegen:
G (ω ) = Re 2 (G ) + Im 2 (G ) =
ϕ (ω ) = arctan
K
1 + (ω T ) 2
Im (G )
= − arctan (ω T ).
Re (G )
Bemerkenswert ist, dass für die so genannte Eckfrequenz ω = ω E = 1/T der Realteil von G(jω)
gleich dem negativen Imaginärteil von G(jω) ist, d. h. Re(G) = – Im(G) =K/2. Oder anders
K
ausgedrückt, der Betrag ⏐G(ω)⏐ ist für ω E nur noch
gegenüber dem Betrag K für ω = 0.
2
Die Phasenverschiebung beträgt bei dieser Frequenz gerade – 45°.
2.4.3 Beziehung zwischen Ortskurve und Sprungantwort
Betrachtet man eine Differentialgleichung 1. Ordnung des Typs
T x a (t ) + x a (t ) = K x e (t )
mit dem Eingang xe0 = 1 und vergleicht die Sprungantwort (Bild 2.7) mit der Ortskurve (Bild 2.17), so kann man bestimmte Wechselbeziehungen erkennen (Bild 2.19):
•
Für t = 0 hat die Sprungantwort den Wert xa(0) = 0. Diesen Wert finden wir aus
der Ortskurve für ω = ∞ mit ⏐G(∞)⏐= 0. Daraus folgt xa(jω) = xa(j∞) = 0.
•
Für t = ∞ nimmt die Sprungantwort den Wert xa(∞) = K xe0 an. Den gleichen Wert
x
hat die Ortskurve für ω = 0, a = K .
xe
40
2 Mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder
Im
xa
ω=∞
0,63⋅xa(∞)
xa(∞) = K⋅ xe0
K
2
K
ϕ
⏐G
Re
⏐
t
T
ω=0
ω /s −1
1
T
Bild 2.19 Sprungantwort und Ortskurve eines Verzögerungsgliedes 1. Ordnung
Die Sprungantwort und Ortskurve nehmen die gleichen Werte an für t = 0 und ω = ∞,
sowie für t = ∞ und ω = 0.
Diese Wechselbeziehung gilt allgemein und erklärt sich aus den Grenzwertsätzen:
lim xa (t ) = lim s ⋅ xa ( s )
(2.41)
lim xa (t ) = lim s ⋅ xa ( s ) .
(2.42)
t →0
t →∞
s→∞
s→0
x
Für einen Eingangssprung (siehe Abschnitt 2.3.1, Bild 2.5) ist xe ( s ) = e0 und somit
s
xa ( s ) = G ( s ) ⋅ xe ( s ) =
G ( s)
⋅ xe0 bzw. s ⋅ xa ( s) = G ( s ) ⋅ xe 0 .
s
Setzt man nun die letzte Gl. in die Gln. (2.41) und (2.42), so wird die Beziehung zwischen Zeit- und Frequenzbereich wie folgt formuliert:
lim xa (t ) = lim G ( s ) ⋅ xe0
t →0
s→∞
lim xa (t ) = lim G ( s ) ⋅ xe0 .
t →∞
s→0
Ein weiterer charakteristischer Wert ist die Zeitkonstante T :
•
Bei t = T erreicht die Sprungantwort 63% des Beharrungszustandwertes xa(∞)
•
Für Eckfrequenz ω E =
1
gilt ϕ (ω E ) = −45° .
T
X Aufgabe 2.4
1 + sTv
x (s)
Auf ein System, das durch die Übertragungsfunktion G ( s ) = a
beschrie= KP
xe ( s )
1 + sT1
ben wird, wirkt ein Eingangssprung. Es ist xa(t) für t = 0 und t = ∞ im Bildbereich mittels
Grenzwertsatz zu bestimmen und mit den entsprechenden Punkten der Ortskurve zu vergleichen.
2.4 Beschreibung von Regelkreisen im Frequenzbereich
41
2.4.4 Das Bode-Diagramm
Bei der Ortskurvendarstellung in Abschnitt 2.4.2 wird der Frequenzgang G(jω) in
Real- und Imaginärteil zerlegt und in einem einzigen Diagramm in der Gaußschen
Zahlenebene dargestellt. Die Darstellung im Bode-Diagramm erfolgt in zwei getrennten Diagrammen, indem der Frequenzgang in Betrag ⏐G(ω)⏐ und Phasenwinkel ϕ (ω)
zerlegt und als Funktion der Kreisfrequenz ω dargestellt wird. Charakteristisch ist,
dass ⏐G(ω)⏐ und ω im logarithmischen Maßstab (in Dezibel und in Dekaden), ϕ (ω)
im linearen Maßstab aufgetragen wird. In Kapitel 5 wird das Bode-Diagramm ausführlich behandelt und die Vorteile dieser Darstellungsart besprochen.
•
Beispiel 2.7
x ( jω )
Der in Beispiel 2.6 als Ortskurve dargestellte Frequenzgang G ( s ) = a
=
xe ( jω )
K
1 + jω T
mit K = 10 und T = 0,1s, soll nun im Bode-Diagramm dargestellt werden.
Wie in Beispiel 2.6 ermittelt, sind:
G (ω ) =
K
1 + (ω T ) 2
und ϕ (ω ) = − arctan (ω T ) ,
indem der Betrag in Dezibel umgerechnet wird: ⏐G(ω)⏐dB = 20 lg⏐G(ω)⏐.
Variiert man ω von 0 bis ∞, so erhält man für jeden diskreten ω - Wert je einen Wert des Betrags und des Phasenwinkels ϕ (ω ), die in Bild 2.20 als Bode-Diagramm dargestellt sind.
G
dB
40 dB
Asymptoten
20 dB
K
20⋅lg K
ω=
1
T
0 dB
√ 2
0,1
1
10
100
0° 0,1
1
10
100
ϕ (ω)
−45°
ω= 1
T
ω /s −1
ω /s −1
− 90°
Bild 2.20 Bode-Diagramm eines Verzögerungsgliedes 1. Ordnung
42
2 Mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder
2.5 Beschreibung von Regelkreisen mit Übertragungsfunktionen
2.5.1 Verbindungsmöglichkeiten von Regelkreisgliedern
In Kapitel 1 wurde gezeigt, dass man den Regelkreis im Wirkungsplan darstellen und
dabei in zwei Hauptblöcke unterteilen kann, in die Regelstrecke und die Regeleinrichtung. Um die mathematische Beschreibung des Regelkreises als Gesamtheit zu vereinfachen, zerlegt man jeden der beiden Hauptblöcke in einzelne, rückwirkungsfreie
Glieder, die sich nun besser theoretisch erfassen lassen. Ist die Abhängigkeit zwischen
Ausgangsgröße xa und Eingangsgröße xe sämtlicher zur Regelstrecke bzw. zur Regeleinrichtung gehörenden Glieder bekannt, so lässt sich eine Aussage über die Abhängigkeit zwischen Eingang und Ausgang der Regelstrecke, der Regeleinrichtung
und schließlich über das Verhalten des geschlossenen Regelkreises machen.
Zur Beschreibung von Regelkreisgliedern gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie die
in den vorangegangenen Abschnitten gezeigten Differentialgleichung, die Sprungantwort, die Übertragungsfunktion, sowie Frequenzgänge, Ortskurven und BodeDiagramme.
Ist die Übertragungsfunktion G(s) bekannt, so gibt diese das Verhältnis der Laplace-Transformierten Ausgangsgröße xa(s) zur Laplace-Transformierten Eingangsgröße
xe(s) durch die Beziehung:
xa ( s ) = G ( s ) ⋅ x e ( s )
wieder. Die Darstellung erfolgt dann wie in Bild 2.21 gezeigt.
xe(s)
xa(s)
G(s)
Bild 2.21 Blockdarstellung im
Bildbereich
Bei der rückwirkungsfreien Kopplung mehrerer Übertragungsglieder ergeben sich
besonders einfache Beziehungen. Als rückwirkungsfrei bezeichnet man ein System,
dessen Signalfluss nur vom Eingang zum Ausgang erfolgt. Im Folgenden werden drei
Grundformen der Kopplung von zwei Regelkreisgliedern mit den Übertragungsfunktionen G1(s) und G2(s) beschrieben.
a) Reihenschaltung
Der Ausgang des ersten Gliedes ist, wie Bild 2.22 zeigt, mit dem Eingang des zweiten
Gliedes verbunden.
xe1(s)
G1(s)
xa1(s) = xe2(s)
G2(s)
xa2(s)
Bild 2.22 Reihenschaltung von
Regelkreisgliedern
Betrachtet man die einzelnen Glieder, so ergibt sich:
xa1 ( s ) = G1 ( s) ⋅ x e1 ( s ) und xa2 ( s ) = G 2 ( s ) ⋅ x e2 ( s ) .
2.5 Beschreibung von Regelkreisen mit Übertragungsfunktionen
43
Ferner ist: xa1 ( s ) = x e2 ( s) . Daraus folgt:
xa2 ( s ) = G 2 ( s ) ⋅ xe2 ( s ) = G 2 ( s) ⋅ G1 ( s ) ⋅ x e1 ( s )
bzw. die Gesamtübertragungsfunktion
x ( s)
G ( s ) = a2
= G 2 ( s ) ⋅ G1 ( s ) .
xe1 ( s )
Bei Reihenschaltung von n Gliedern mit den Übertragungsfunktionen G1(s), G2(s),...
Gn(s) ist die Übertragungsfunktion des gesamten Systems gleich dem Produkt der
einzelnen Übertragungsfunktionen
G ( s ) = G1 ( s ) ⋅ G 2 ( s) ⋅ ... ⋅ G n ( s) .
b) Parallelschaltung
Das Eingangssignal xa(s) verzweigt sich und wirkt gleichzeitig auf die beiden Eingänge der Glieder mit den Übertragungsfunktionen G1(s) und G2(s) (Bild 2.23). Die beiden Ausgangssignale xa1(s) und xa2(s) werden in einer Additionsstelle addiert.
xe(s)
G1(s)
G2(s)
xa1(s)
+
xa2(s)
xa(s)
Bild 2.23 Parallelschaltung von
Regelkreisgliedern
+
Für das erste und für das zweite Glied gilt:
xa1 ( s ) = G1 ( s) ⋅ x e ( s) und xa2 ( s ) = G 2 ( s ) ⋅ xe ( s ) .
Ferner ist: xa ( s ) = xa1 ( s ) + x a2 ( s) .
Daraus folgt:
xa ( s ) = [G1 ( s ) + G 2 ( s )] ⋅ xe ( s )
bzw. die Übertragungsfunktion des Gesamtsystems:
x (s)
G(s) = a
= G1 ( s ) + G 2 ( s ) .
xe ( s )
Schaltet man n Glieder mit den Übertragungsfunktionen G1(s), G2(s),... Gn(s) parallel,
so ist die Übertragungsfunktion des gesamten Systems gleich der Summe der einzelnen Übertragungsfunktionen
G ( s ) = G1 ( s ) + G 2 ( s ) + ... + G n ( s) .
44
2 Mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder
c) Rückführungsschaltung
Wie Bild 2.24 zeigt, wird die Ausgangsgröße xa(s) des ersten Gliedes G1(s) über ein
zweites Glied mit G2(s) auf den Eingang von G1(s) zurückgeführt und zu der
Eingangsgröße xe(s) addiert (Mitkopplung) oder von der Eingangsgröße subtrahiert
(Gegenkopplung).
xa(s)
xe(s)
+
G1(s)
Bild 2.24 Rückkopplungsschaltung
+
−
xa2(s)
G2(s)
Für den oberen Block gilt:
xa ( s ) = G1 ( s ) ⋅ [ xe ( s ) ± xa2 ( s)]
und für den unteren Block (im Rückführzweig):
xa2 ( s ) = G 2 ( s ) ⋅ xa ( s ) .
Setzt man xa2(s) in die obere Gleichung ein, so erhält man:
xa ( s ) = G1 ( s ) ⋅ [ xe ( s ) ± G2 ( s) ⋅ xa ( s )]
bzw.
xa ( s ) ⋅ [1 # G1 ( s ) G2 ( s )] = G1 ( s) ⋅ xe ( s ) .
Daraus folgt die Übertragungsfunktion der Rückführschaltung:
x (s)
G1 ( s )
,
=
G(s) = a
x e ( s ) 1 # G1 ( s ) G 2 ( s )
Mitkopplung
Gegenkopplung
=ˆ negatives Vorzeichen
=ˆ positives Vorzeichen.
2.6 Behandlung des statischen Verhaltens
Ein Regelkreis befindet sich unter der Wirkung von Eingangsgrößen, die man mittels
Führungs- bzw. Störverhalten abwechselnd untersuchen kann. Der Regler soll den
aktuellen Wert der Regelgröße X(t) ständig dem vorgegebenen Arbeitspunkt der Regelstrecke X0 anpassen. Dies erfolgt durch die Ansteuerung der Stellgröße Y(t), die im
Arbeitspunkt einen bestimmten Wert Y0 annimmt. Von ausschlaggebender Bedeutung
für die Aussage über die Güte der Regelung sind die Abweichungen vom Arbeitspunkt, die wir im Abschnitt 2.1 durch Kleinbuchstaben x(t) und y(t) bezeichnet haben.
Zum Beispiel gilt für den in Bild 2.25 gezeigten Regelkreis:
X( t ) = X 0 + x ( t )
Y (t) = Y 0 + y(t)
Z ( t ) = Z0 + z ( t ) .
(2.43)
2.6 Behandlung des statischen Verhaltens
z(s)
w(s)
+
e(s)
GSz(s)
+
y(s)
GR(s)
−
45
GSy(s)
x(s)
+
Bild 2.25 Wirkungsplan eines
Regelkreises mit
Führungs- und
Störgröße
Im stationären Zustand soll keine Abweichung der Regelgröße vorkommen, d. h. bei
t = ∞ soll x(t) = 0 und X = X0, um das Verhältnis Istwert = Sollwert beizubehalten.
2.6.1 Statische Kennlinien
Wie in den Abschnitten 2.1 und 2.2 gezeigt wurde, kann das dynamische Verhalten
einzelner Regelkreisglieder sowie des gesamten Regelkreises durch gewöhnliche,
lineare Differentialgleichungen in allgemeiner Form beschrieben werden. Die Beschreibung des statischen Verhaltens kann man aus der Differentialgleichung des
dynamischen Verhaltens erhalten, indem man alle zeitlichen Ableitungen gleich Null
setzt.
•
Beispiel 2.8
Aus einer DGL der Regelstrecke für das dynamische Verhalten
(t ) + a X (t ) + a X (t ) + a X (t ) = b Y (t ) + b Y (t ) + c Z (t )
a3 X
2
1
0
0
1
0
(2.44)
entsteht die folgende Beschreibung des statischen Verhaltens:
a 0 X = b0 Y + c 0 Z .
(2.45)
In der Gl. (2.45) bewirkt eine Veränderung der Stellgröße oder der Störgröße eine proportionale Veränderung der Regelgröße, somit handelt es sich um eine lineare Regelstrecke.
Die Gl. (2.45) soll auch für den Arbeitpunkt gelten, d. h.
a 0 X 0 = b0 Y0 + c0 Z 0 .
(2.46)
Subtrahiert man die Gl. (2.46) von Gl. (2.44) und berücksichtigt dabei die Gleichungen (2.43),
so entsteht die DGL der Regelstrecke für das dynamische Verhalten von kleinen Abweichungen
vom Arbeitspunkt (Kleinbuchstaben):
a 3 x(t ) + a 2 x(t ) + a1 x (t ) + a 0 x(t ) = b0 y (t ) + b1 y (t ) + c 0 z (t ) .
Bei realen Regelstrecken liegen jedoch oft Nichtlinearitäten vor, wie z. B. bei Ventilen, die einen nichtlinearen Zusammenhang zwischen dem Ventilhub und dem Volumenstrom besitzen. Dabei entstehen nichtlineare Beschreibungen, wie folgende Beispiele mit multiplikativen oder nichtlinearen Funktionen und mit konstanten Koeffizienten K1 und K2 zeigen:
X = K1 ⋅ Y 2 + K 2 ⋅ Z
X = K1 ⋅ Y ⋅ Z
X = K1 ⋅ Y + K 2 ⋅ sin Z .
46
2 Mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder
Das statische Verhalten kann grafisch abgebildet werden. Da in einem geschlossenen
Regelkreis beim Störverhalten die Ausgangsgröße des Reglers gleichzeitig Eingangsgröße der Regelstrecke ist, wie in Bild 2.26 gezeigt, können die statischen Kennlinien
der Regelstrecke und des Reglers in ein Diagramm eingetragen werden.
Z
W=0
+
−X
Y
Regler
X
Regelstrecke
−
Bild 2.26 Wirkungsplan eines
Regelkreises beim
Störverhalten
In Bild 2.27 ist das nichtlineare Kennlinienfeld X = f (Y, Z) einer Regelstrecke und die
Kennlinie eines linearen Reglers Y = KPR X mit der Steigung KPR = ΔY / ΔX dargestellt, wobei KPR der Proportionalbeiwert des Reglers ist. Die Werte im Arbeitspunkt
A sind X0, Y0 und Z0.
Das statische Verhalten des Regelkreises wird durch Einzeichen der Kennlinie des
Reglers in das Kennlinienfeld der Regelstrecke, und zwar mit dem Vorzeichenumkehr, dargestellt, wie es beispielsweise in Bild 2.28 für das Störverhalten gezeigt ist.
Z
X
Y
KPR→ ∞
Z0
A
KPR=
X0
Y0
Y0
A
X0
Y
dY
dX
X
Bild 2.27 Kennlinienfeld einer Regelstrecke (links) und Kennlinie eines Reglers (rechts)
B
X
xo.R.
C
xm.R.
Z2
Z1
Z0
A
X0
KPR→ ∞
KPR=
Y0
dY
dX
Y
Bild 2.28 Zusammenwirkung von
Regler und Regelstrecke
beim Störverhalten
2.6 Behandlung des statischen Verhaltens
47
Nehmen wir zuerst an, dass der Regler unwirksam ist. In diesem Fall wird eine Veränderung der Störgröße z. B. von Z0 auf Z2 bei der konstanten Stellgröße Y0 zum
Wechsel des Arbeitspunktes führen, nämlich vom Punkt A zum Punkt B. Wirkt der
Regler im Regelkreis, so entspricht die Stellgröße der Reglerkennlinie (Punkt C).
Die Steigung der Reglerkennlinie des Reglers muss also entgegengesetzt zur Steigung
der Kennlinien der Regelstrecke sein, um die Abweichung xm.R. („mit Regler“) gegenüber der Abweichung xo.R. („ohne Regler“) zu minimieren. Je größer der Proportionalbeiwert KPR des Reglers bzw. die Steigung der Reglerkennlinie im Bild 2.27
wird, desto flacher liegt die Gerade im Bild 2.29 und desto kleiner wird die Abweichung der Regelgröße xm.R. im geregelten Zustand. Außerdem folgt aus dem Bild
2.28, dass in diesem Kreis ein proportionaler Regler im geregelten Zustand eine Abweichung xm.R. vom Arbeitspunkt X0 bzw. vom Sollwert W hinterlässt.
2.6.2 Statischer Regelfaktor
Nachdem die Regelgröße einen Beharrungszustand
x(∞) = lim x(t )
t →∞
eingenommen hat, kann der Erfolg der Regelung, wie im Bild 2.29 gezeigt, durch
einen Vergleich der bleibenden Regeldifferenzen „mit Regler“ em.R.(∞) und „ohne
Regler“ eo.R.(∞) ausgedrückt werden.
lim x(t ) = lim s ⋅ x( s) = lim s ⋅ w( s ) ⋅ G w ( s ).
t →∞
s →0
(2.47)
s →0
w
Für w(t) = w0 = const ist w( s ) = 0 und somit
s
w
lim x(t ) = lim s ⋅ 0 ⋅ G w ( s ) = w0 ⋅ lim G w ( s ) .
s
t →∞
s →0
s →0
x(t)
x(t)
w
xo.R.(∞) = 0
z=0
(2.48)
z
xm.R.(∞)
xm.R.(∞)
t
xo.R.(∞)
w=0
Bild 2.29 Sprungantworten beim Führungsverhalten (links) und Störverhalten (rechts)
t
48
2 Mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder
Es wird der so genannte reelle bzw. statische Regelfaktor RF eingeführt
e
(∞)
RF = m.R .
eo.R. (∞)
und unter Beachtung von e(∞) = w − x(∞) in folgende Form gebracht:
RF =
w − x m.R . (∞)
.
w − xo.R. (∞)
Dadurch wird angegeben, wie stark die Änderung einer der Eingangsgrößen des Regelkreises (Störgröße oder Führungsgröße) durch die Regelung beseitigt wird. Je kleiner der Regelfaktor ist, desto weniger wirkt die Störgröße auf die Regelgröße und
desto effektiver ist der Regler.
Abhängig von Eingangsstörung wird der Regelfaktor nach zwei verschiedenen Formeln, wie im Bild 2.29 angedeutet, berechnet:
Führungsverhalten
RF =
Störverhalten
w − x m.R . (∞) w − x m.R . (∞)
=
w−0
w
RF =
0 − x m.R . (∞) − x m.R . (∞)
=
0 − xo.R. (∞) − xo.R. (∞)
Der statische Regelfaktor kann durch die Kreisverstärkung V0 ausgedrückt werden.
Sind beispielsweise im Regelkreis (siehe Bild 2.25) der Regler und die Teilstrecke mit
Proportionalbeiwerten KPR und KPSy enthalten, so gilt für den statischen Regelfaktor:
RF =
1
1
=
.
1 + V0 1 + K PR K PSy
(2.49)
Der Regler muss also mit dem Einstellparameter KPR so ausgelegt werden, dass bei
stabiler Funktionsweise ein möglichst kleiner Regelfaktor entsteht.
In nachfolgenden Kapiteln wird gezeigt, dass ein Regler mit integrierender Wirkung
keine bleibende Regeldifferenz e(∞) hinterlässt und damit einen statischen Regelfaktor von RF = 0 besitzt.
2.6.3 Linearisierung mit analytischen Verfahren
Das nichtlineare Kennlinienfeld einer Regelstrecke kann durch die Tangente im Arbeitspunkt (X0, Y0, Z0) linearisiert werden. Dabei wird die Funktion X = f (Y, Z) durch
das Differential
 ∂X
dX = 
 ∂Y
 ∂X

 ⋅ dY + 
 ∂Z
0

 ⋅ dZ
0
(2.50)
beschrieben. Der Index 0 steht für die Arbeitpunktwerte X0, Y0 und Z0. Die partiellen
Ableitungen im Arbeitspunkt bezeichnet man durch die Koeffizienten KPSy und KPSz
2.6 Behandlung des statischen Verhaltens
 ∂X 
K PSy = 

 ∂Y  0
49
 ∂X 
K PSz = 
 .
 ∂Z  0
(2.51)
Bezeichnet man dX, dY und dZ in Gl. (2.50) unter Beachtung der Gl. (2.43) durch
kleine Abweichungen x, y und z vom Arbeitspunkt, so ergibt sich aus Gln. (2.50) und
(2.51) die linearisierte Beschreibung des statischen Verhaltens
x = K PSy ⋅ y + K PSz ⋅ z .
Das Prinzip der Linearisierung ist in Bild 2.30 verdeutlicht. Die Variablen X, Y, und Z
(Großschreibung) beschreiben die ursprüngliche nichtlineare Regelstrecke. Die linearisierte Regelstrecke wird durch die Abweichungen x, y, und z (Kleinschreibung)
vom Arbeitpunkt A definiert und besteht aus zwei getrennten Teilstrecken für Stellund Störsignale, deren Ausgänge addiert werden.
z
KPSz
Z
Y
Regelstrecke
+
y
X
KPSy
x
+
x = KPSy⋅ y + KPSz⋅ z
X = f (Y, Z)
x
X
Z0
X0
X0
A
Y0
Y
A
y
Y0
Bild 2.30 Eine nichtlineare Regelstrecke vor (links) und nach (rechts) der Linearisierung
•
Beispiel 2.9
Eine Regelstrecke, die durch die Differentialgleichung
T22 ⋅ X (t ) + T1 ⋅ X (t ) + X (t ) = 3 ⋅ Y 2 (t ) + 5 ⋅ Z (t )
beschrieben wird, soll im Arbeitspunkt
Y0 = 2 und Z0 = 4
linearisiert bzw. in der Form x = K PSy ⋅ y + K PSz ⋅ z dargestellt werden.
(t ) = 0 und X (t ) = 0 . Aus der Gl. (2.51) ergibt sich
Für das statische Verhalten sind X
X = 3⋅Y 2 + 5⋅ Z .
Die gesuchten Proportionalbeiwerte sind partielle Ableitungen im Arbeitpunkt:
(2.51)
50
2 Mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder
 ∂X 
K PSy = 
 = (2 ⋅ 3 ⋅ Y )0 = 2 ⋅ 3 ⋅ Y0 = 12
 ∂Y  0

1
 ∂X 
K PSz = 
 =  5 ⋅
∂
Z

0  2 Z

1
 = 5 ⋅
= 1,25 .
2 Z0
0
2.6.4 Linearisierung mit grafischen Verfahren
Wenn das nichlineare Verhalten der Regelstrecke nur im Form eines Kennlinienfeldes
gegeben ist, lassen sich die Proportionalbeiwerte KPSy und KPSz grafisch als die Steigung der Tangente zu Kennlinien X = f (Y) und X = f (Z) bestimmen (Bild 2.31).
•
Beispiel 2.10
Das Kennlinienfeld einer Regelstrecke ist in Bild 2.32 gegeben. Die Regelstrecke soll im Arbeitspunkt Y0 = 4 und Z0 = 4 linearisiert werden.
3,0
X
Z
3,5
B
N
4,0
4
4,5
3
A
5,5
2
C
M
1
Bild 2.31 Kennlinienfeld einer
Regelstrecke
0
2
4
6
8
Y
Die Steigung der Tangente zur Kennlinie X = f (Y) ergibt sich mit Hilfe von zwei beliebig gewählten Punkten M und N:
X M − X N 1,6 − 4
 ΔX 
=
= 0,35 .
K PSy = 
 =
0 − 6,9
YM − Y N
 ΔY  0
Um die Kennlinie X = f (Z) für die Ermittlung der Steigung der Tangente KPSz nicht gesondert
zu skizzieren, wählen wir die Punkte B und C, die vom Arbeitpunkt Z0 = 4 gleichermaßen um
± ΔZ = 0,5 entfernt sind. Damit wird die Steigung der Sekante berechnet, die sich von der Tangente für kleine Abweichungen ΔZ nur gering unterscheidet:
XB − XC
4 − 1,8
 ΔX 
K PSz = 
=
= −2,2 .
 =
Δ
Z
Z
−
Z
3
,
5 − 4,5

0
B
C
Das gesuchte statische Verhalten der linearisierten Regelstrecke im Arbeitspunkt ist:
x = 0,35 y − 2,2 z.
51
3 Die Regelstrecke
Die Regelstrecke ist derjenige Teil einer Anlage, in dem die zu regelnde physikalische
Größe (Regelgröße x) durch die Regeleinrichtung beeinflusst wird. In den meisten
Fällen ist sie fest vorgegeben und in ihren Kennwerten nur wenig veränderbar.
Während die Kennwerte der Regeleinrichtung vom Hersteller rechnerisch oder experimentell ermittelt und bekanntgegeben werden, sind die Kennwerte der Strecken vor
der Projektierung der Regelung fast immer unbekannt. Bei der Projektierung einer zu
regelnden Anlage sind zunächst die Kennwerte der Regelstrecke experimentell zu
ermitteln, die dann eine Einordnung ermöglichen. Mit den so gefundenen charakteristischen Daten lässt sich dann der Regelkreis weiter mathematisch untersuchen, so
z. B. auf seine Stabilität oder auf sein optimales Regelverhalten. Bei schwierigen Regelstrecken wird diese zusammen mit der Regeleinrichtung auf einem PC simuliert.
Nur in den seltensten Fällen ist die Berechnung von Regelstrecken durch Aufstellen
und Lösen von Differentialgleichungen möglich. Die in diesem Kapitel theoretisch
behandelten einfachen Grundtypen von Regelstrecken sollen nur dazu dienen, das
Zustandekommen der charakteristischen Kenngrößen zu erklären und sollen kein Anreiz zur Berechnung von Regelstrecken sein.
Der Wirkungsplan des Regelkreises wurde in Bild 1.6 dargestellt. Ihm entnehmen
wir den in Bild 3.1 gezeigten Wirkungsplan der Regelstrecke. Eingangsgröße der
Regelstrecke ist y, die Summe aus der
Stellgröße yR und der Störgröße z. Ausgangsgröße ist die Regelgröße x. GS(s) ist
die Übertragungsfunktion der Strecke.
z(s)
yR (s)
+
Bild 3.1
+
y(s)
x(s)
GS (s)
Wirkungsplan der Regelstrecke
Die Einteilung der Regelstrecken erfolgt nicht nach den zu regelnden physikalischen
Größen, sondern nach ihrem zeitlichen Verhalten. Dabei ist es unwichtig, ob es sich
um die Drehzahl einer Turbine, die Temperatur in einem Glühofen oder den Druck in
einem Behälter handelt. Auch das Zeitverhalten der Regelstrecken kann in den meisten Fällen durch gewöhnliche lineare Differentialgleichungen von der allgemeinen
Form beschrieben werden:
... + a3 x(t ) + a 2 x(t ) + a1 x (t ) + a 0 x(t ) = y (t )
(3.1)
... + T33 x(t ) + T22 x(t ) + T1 x (t ) + x(t ) = K PS ⋅ y (t ) .
(3.2)
bzw.
Die höchste Ordnung dieser DGL kennzeichnet die Ordnung der Strecke. Eine Strecke
mit den Beiwerten a0 und a1 bezeichnet man als eine Strecke 1. Ordnung, eine solche
mit den Beiwerten a0, a1 und a2 als eine Strecke 2. Ordnung usw.
S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_3,
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2014
52
3 Die Regelstrecke
Ferner unterteilt man die Regelstrecken in:
•
Strecken mit Ausgleich und
•
Strecken ohne Ausgleich.
Man spricht von einer Strecke mit Ausgleich, wenn nach einer sprunghaften Verstellung der Eingangsgröße y(t) die Ausgangsgröße x(t) (Regelgröße) für t → ∞ wieder
einen neuen Beharrungszustand x(∞)
annimmt, wie Bild 3.2 zeigt.
Für t → ∞ wird der Beharrungszustand
erreicht, x ist dann konstant, d. h. es
findet keine zeitliche Änderung von x
mehr statt, folglich sind alle Ableitungen x (t ), x(t ), x(t ) usw. Null.
2. Ordnung
(gedämpft schwingend)
x
0. Ordnung
2. Ordnung
Im Beharrungszustand wird also aus
Gleichung (3.1)
a 0 x (∞ ) = y 0 ,
x(∞) = K PS y 0 .
x (∞ ) =
1
y0 ,
a0
x(∞)
1. Ordnung
t
Bild 3.2
(3.3)
Sprungantwort einer Regelstrecke mit Ausgleich
Hierin ist y(t) = y0 = konstant der Eingangssprung. Strecken mit Ausgleich bezeichnet
man auch als proportionale oder kurz P-Strecken, weil im Beharrungszustand die
Ausgangsgröße proportional der Eingangsgröße ist, gemäß Gl. (3.3).
Bei Strecken ohne Ausgleich wird bei
einer Sprungfunktion am Eingang die
Regelgröße x keinen Beharrungswert annehmen, sondern monoton anwachsen,
wie in Bild 3.3 gezeigt.
I-Strecke
x
I-Strecke 2. Ordnung
(gedämpft schwingend)
In der Differentialgleichung (3.1) drückt
sich das so aus, dass der Beiwert a0 = 0
ist.
... + a3 x(t ) + a 2 x(t ) + a1 x (t ) = y (t )
I- Strecke 1.Ordnung
t
Bild 3.3
Sprungantwort einer Regelstrecke ohne Ausgleich
bzw.

... + a3 x(t ) + a 2 x (t ) + a1 x(t ) = y (t ) dt .
(3.4)
Strecken ohne Ausgleich werden wegen der in Gl. (3.4) gefundenen Beziehung auch
integrale oder kurz I-Strecken genannt.
3.2 P-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung
53
3.1 P-Strecken ohne Verzögerung
Eine Regelstrecke, die zur folgenden Gleichung führt
a 0 x(t ) = y (t ) bzw.
x(t ) = K PS ⋅ y (t ) , mit K PS =
1
,
a0
in der also die Glieder mit der 1. bis n-ten Ableitung fehlen, bezeichnet man als eine
Strecke 0. Ordnung. Gibt man auf den Eingang einer solchen Strecke eine Sprungfunktion, so wird die Ausgangsgröße sich ebenfalls sprunghaft ändern, die Ausgangsgröße folgt ohne zeitliche Verzögerung proportional der Eingangsgröße (Bild 3.4).
y
x
Bild 3.4
Eingangssprung (links) und
Sprungantwort (rechts) einer
Strecke 0. Ordnung
x (∞) = KPS⋅ y0
y0
t
t
Solche Strecken sind höchst selten, man findet sie näherungsweise in rein ohmschen
Netzen oder in hydraulischen Systemen, in denen keine nennenswerte Kompressibilität auftritt.
3.2 P-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung
Diese Strecken bzw. die Hintereinanderschaltung solcher Strecken ist die am häufigsten in technischen Anlagen vorkommende.
•
mw
Beispiel 3.1
Warmwasserbehälter (Bild 3.5)
= 1200 kg
Masse des Wassers
Wh
spezifische Wärme des
/kg K Wassers
cw
= 1,163
mb
= 200 kg
cb
= 0,134
A
= 7,8 m2
d
= 3 mm
λ
= 0,052
ϑa
= (273 + 15) K
ϑ0
= ϑa
ϑa
ϑ
Masse des Behälters
Wh
/kg K
W
/mK
spezifische Wärme des
Behälters
Oberfläche des Behälters
Dicke der Isolationsschicht
Wärmeleitfähigkeit
der Isolationsschicht
Außentemperatur
Anfangstemperatur
des Wassers
∼
Bild 3.5
Elektrisch beheizter Warmwasserbehälter
Elektrische Heizleistung Pe0 = 10 kW
54
3 Die Regelstrecke
Der Behälter ist mit Wasser gefüllt, das erwärmt werden soll. Regelgröße x ist die Wassertemperatur ϑ; Eingangsgröße ist die elektrische Heizleistung Pe. Die über die Heizspirale zugeführte elektrische Energie
 Pe (t ) dt
erwärmt einmal das Wasser und den Behälter, ferner wird infolge der nichtidealen Isolation
eine von dem Temperaturgefälle ϑ − ϑa abhängige Wärmemenge nach außen abgeführt. Der
gesuchte Zusammenhang zwischen Ein- und Ausgangsgröße ergibt sich durch Gleichsetzen der
pro Zeiteinheit dt zugeführten und aufgenommenen Wärmeenergie. Die pro Zeiteinheit zugeführte Wärmeenergie ist
dQzu
= Pe (t ) .
dt
(3.5)
Die vom Wasser gespeicherte Wärmeenergie ist
Qw = m w c w (ϑ − ϑa ) .
Daraus findet man:
dQw
dϑ
= mw c w
.
dt
dt
(3.6)
Entsprechend ergibt sich für die vom Behälter aufgenommene Wärmeenergie (bei der vereinfachenden Annahme, dass der Behälter die gleiche Temperatur annimmt wie das Wasser)
Qb = mb c b (ϑ − ϑa )
bzw.
dQb
dϑ
= mb c b
.
dt
dt
(3.7)
Analog zu den Verhältnissen zwischen Strom und Spannung an einem ohmschen Widerstand ist
der nach außen abgeführte Wärmestrom Φ proportional der Temperaturdifferenz ϑ − ϑa und
umgekehrt proportional dem Wärmewiderstand R w der Isolation. Der Wärmewiderstand ergibt
sich analog zum ohmschen Widerstand zu
Rw =
d
.
λA
Somit ist der Wärmestrom
Φ=
ϑ − ϑa
Rw
=
λA
d
(ϑ − ϑa ) .
(3.8)
Andererseits ist der Wärmestrom Φ gleich der zeitlichen Änderung der nach außen abgeführten
Wärmemenge
Φ=
dQ v
.
dt
3.2 P-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung
55
Die dem System zugeführte Wärmemenge ist gleich den gespeicherten bzw. abgeführten Wärmemengen
Qzu = Qw + Qb + Q v
oder
dQzu dQw dQb dQ v
=
+
+
.
dt
dt
dt
dt
Setzt man die Beziehungen (3.5), (3.6), (3.7) und (3.8) in die letzte Gleichung ein, so erhält
man
mw cw
d⋅
dϑ (t )
dϑ (t ) λ A
+ mb c b
+
(ϑ − ϑ a ) = Pe (t ) bzw.
dt
dt
d
m w c w + mb c b dϑ (t )
d
⋅
+ ϑ (t ) =
⋅ Pe (t ) + ϑa .
λA
dt
λA
Mit den Abkürzungen:
0,003 m
K
= 0,0074
W
W
0,052
⋅ 7,8 m 2
mK
K PS =
d
=
λA
T1 = d ⋅
m w c w + mb cb
= 10,53 h
λA
und
folgt
T1
dϑ (t )
+ ϑ (t ) = K PS Pe (t ) + ϑa .
dt
(3.9)
Die gefundene Differentialgleichung 1. Ordnung besagt, dass die vorliegende Strecke eine PStrecke mit Verzögerung 1. Ordnung oder kurz eine P-T1-Strecke ist.
Der zeitliche Verlauf der Sprungantwort ϑ(t) ergibt sich, wenn zum Zeitpunkt t = 0 der Schalter
geschlossen wird und die elektrische Leistung Pe(t) = Pe0 konstant ist, d. h.
Pe (t ) = Pe0 ⋅ σ (t ) .
(3.10)
Bei der Laplace-Transformation von (3.9) ist zu beachten, dass bei der Anwendung des Differentiationssatzes die Anfangsbedingung im vorliegenden Fall nicht Null, sondern ϑ(0) = ϑa ist.
Damit folgt aus (3.9) durch Laplace-Transformation, unter Beachtung von (3.10)
P
Pe ( s ) = e0
s
und
ϑ
P
T1 (s ϑ ( s) − ϑ a ) + ϑ ( s ) = K PS e0 + a ,
s
s
nach ϑ (s) aufgelöst
56
3 Die Regelstrecke
ϑ ( s ) = ( K PS Pe0 + ϑ a )
1
1
.
+ T1 ϑ a
s (1 + sT1 )
(1 + sT1 )
Mit den Beziehungen 4 und 5 der Korrespondenztabelle folgt sofort
ϑ (t ) = ( K PS Pe0 + ϑ a )(1 − e
ϑ (t ) = ϑ a + K PS Pe0 (1 − e
−
−
t
T1
t
T1
) + ϑa e
−
t
T1
bzw.
).
(3.11)
Der zeitliche Verlauf der Sprungantwort ist im Bild 3.6 dargestellt. Für t = 0 ist ϑ(0) = ϑa und
für t = ∞ ist ϑ(∞) = ϑa + KPS Pe0 = (288 + 74) K = 362 K. Die Endtemperatur ϑ(∞) wird bei
der gewählten Eingangsleistung erst nach t = (3 ... 5) ⋅ T1 erreicht. Durch Vergrößerung der
Eingangsleistung kann der Erwärmungsvorgang wesentlich beschleunigt werden. So wird z. B.
für Pe0 = 50 kW die Anfangssteigung
K
dϑ (t )
= Pe0 PS
T1
dt
ϑ
K
ϑ (t) für Pe0 = 50 kW
fünfmal größer. Durch eine entsprechende
Regeleinrichtung (die später besprochen
wird) kann eine Erwärmung des Wassers über
den Siedepunkt verhindert werden.
ϑ (∞)
KPS⋅ Pe0
Bild 3.6 Sprungantwort einer
ϑa
P-T1-Strecke
273
t
T1
Bei der Ermittlung des Frequenzganges GS(jω) aus Gl. (3.9) ist zu beachten, dass das konstante
Glied ϑa entfällt, da bei sinusförmiger Eingangsgröße auch die Ausgangsgröße ϑ(t) sich sinusförmig ändert und nur die Änderungen (keine Absolutwerte) ins Verhältnis gesetzt werden.
Man ermittelt zunächst aus Gl. (3.9) die Übertragungsfunktion der Strecke ohne Vorgeschichte,
d. h. für ϑ(0) = ϑa = 0.
GS ( s ) =
ϑ ( s)
Pe ( s )
=
K PS
.
1 + sT1
In dem man s durch jω ersetzt, folgt daraus der Frequenzgang
GS ( jω ) =
K PS
ϑ ( jω )
.
=
Pe ( jω ) 1 + jωT1
Die zugehörige Ortskurve ergibt, wie in Beispiel 2.6, einen Halbkreis im 4. Quadranten mit
KPS als Durchmesser.
3.2 P-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung
•
57
Beispiel 3.2
Eingangsgröße ist die Erregerspannung y und Ausgangsgröße ist die Verbraucherklemmenspannung x eines fremderregten Gleichstromgenerators (Bild 3.7).
Ra i2
i
R
L
x
G
Rb
n
y
Bild 3.7 Fremderregter
Gleichstromgenerator
Die Antriebsdrehzahl des Generators n ist konstant. Die Induktivität des Läufers sei vernachlässigbar. Für den Erregerkreis gilt:
y (t ) = i (t ) ⋅ R + L
di(t )
.
dt
(3.12)
Der Strom i erzeugt in der Erregerwicklung den Fluss Φ . Bedingt durch die Magnetisierungskurve ist die Funktion
Φ = f (i )
nichtlinear.
Vereinfachend soll hier angenommen werden, dass die Magnetisierungskurve unterhalb der
Sättigung durch eine Gerade ersetzt und der magnetische Widerstand Rm als konstant aufgefasst werden kann. Der magnetische Fluss ergibt sich dann zu
Φ (t ) =
θ (t )
Rm
=
N
i(t ) ,
Rm
(3.13)
mit
θ elektrische Durchflutung
N Windungszahl der Erregerwicklung.
Die vom Generator erzeugte Leerlaufspannung ist
u 0 (t ) = c n ⋅ Φ (t ) .
(3.14)
Der Ankerstrom ergibt sich aus
i2 (t ) =
u 0 (t )
Ra + R b
und damit die Spannung am Verbraucher
x(t ) = i 2 (t ) ⋅ Rb =
Rb
u 0 (t ) .
Ra + R b
Gln. (3.13) und (3.14) in Gl. (3.15) eingesetzt, ergibt
(3.15)
58
3 Die Regelstrecke
Rb
N
⋅c⋅n⋅
⋅ i (t ) = K1 ⋅ i (t ) ,
Ra + R b
Rm
x(t ) =
mit
K1 =
Rb
N
.
⋅c⋅n⋅
Ra + R b
Rm
Nach i(t) aufgelöst, folgt
i(t ) =
1
x (t )
K1
und nach einmaliger Differentiation
di(t )
1 dx(t )
.
=
⋅
dt
K1 dt
i(t) und di(t)/dt in (3.12) eingesetzt, führt zu
L dx(t ) R
+
x(t ) = y (t ) bzw.
K1 dt
K1
K
L dx(t )
+ x(t ) = 1 y (t ) .
R dt
R
Mit der Zeitkonstanten des Erregerkreises T1 = L/R und dem Übertragungsbeiwert KPS = K1/R
folgt die endgültige Form der Differentialgleichung
T1
dx(t )
+ x(t ) = K PS y (t ) .
dt
(3.16)
Gl. (3.16) ist der in Beispiel 3.1 gefundenen Gl. (3.9) (bis auf den Anfangswert ϑ(0) = ϑa)
analog. Entsprechend erhält man die Lösung durch Laplace-Transformation von (3.16) (für
t = 0 sei x(0) = 0)
T1 ⋅ s x( s ) + x( s) = K PS y ( s ) bzw.
x( s ) =
K PS
y ( s) .
1 + sT1
Wählen wir als Eingangsgröße wieder die Sprungfunktion
y (t ) = y 0 ⋅ σ (t ) ,
y
so folgt mit y ( s) = 0
s
x( s ) = K PS y 0
1
.
s (1 + sT1 )
Unter Verwendung der Beziehung 4 der Korrespondenztabelle erhalten wir im Zeitbereich
3.3 P-Strecken mit Verzögerung 2. Ordnung
x(t ) = K PS y 0 (1 − e
−
t
T1
59
).
X Aufgabe 3.1
Ermitteln Sie den Verlauf der Ortskurve des im Beispiel 3.2 durch Gl. (3.16) beschriebenen
Systems für T1 = 0,1 s und KPs = 10.
3.3 P-Strecken mit Verzögerung 2. Ordnung
Regelstrecken, die durch die Hintereinanderschaltung von zwei P-Strecken 1. Ordnung entstehen, werden durch eine Differentialgleichung 2. Ordnung beschrieben. Im
Gegensatz zu in sich gekoppelten Zweispeichersystemen, die in Abschnitt 3.5 behandelt werden, können sie nur aperiodische Schwingungen ausführen.
Als Beispiel soll das im Bild 3.8 gezeigte System 2. Ordnung behandelt werden, das
aus zwei hintereinandergeschalteten Gleichstromgeneratoren besteht und als Verstärkermaschine bezeichnet wird.
•
Beispiel 3.3
Das Erregerfeld des zweiten Generators wird von dem ersten Generator erzeugt. Die Rotorwellen beider Generatoren sind gekoppelt und werden mit der Drehzahl n angetrieben.
Eingangsgröße ist die Spannung y am ersten Erregerkreis, Ausgangsgröße ist die Verbraucherspannung x.
i1 Ra1 a
i
R1
L1
G
u1
n
y
ix
i2 Ra2
R2
L2
u2
G
Rb
x
n
b
1. Vierpol
2. Vierpol
3. Vierpol
Bild 3.8 P-T2 -Strecke, gebildet aus zwei hintereinadergeschalteten Gleichstromgeneratoren
•
Ermittlung der Übertragungsfunktion
Um die Übertragungsfunktion der in Bild 3.8 dargestellten P-T2-Strecke
GS ( s ) =
x( s )
y (s)
60
3 Die Regelstrecke
zu ermitteln, kann man ebenso vorgehen wie in Beispiel 3.2. Im Ankerkreis liegt dann anstelle
von Rb (Bild 3.7) (R2 + sL2) (Bild 3.8). Der Ankerstrom i1 ist dann gleich dem Erregerstrom
des 2. Generators und bestimmt den Fluss Φ 2 usw. Im Folgenden soll eine andere Methode
Anwendung finden.
Wie Bild 3.8 zeigt, kann die Verstärkermaschine als Kettenschaltung von drei Vierpolen aufgefasst werden. Der Vorteil dieser Darstellung besteht darin, dass die den 1. Vierpol beschreibende Kettenmatrix in ihrem Aufbau völlig identisch mit der des 2. Vierpols ist und sich nur durch
die Indizes unterscheidet.
Betrachten wir zunächst den 1. Vierpol bei aufgetrennten Klemmen a und b, so wird dieser
durch die folgenden Gleichungen beschrieben (s.a. Beispiel 3.2):
y ( s) = i ( s ) ⋅ ( R1 + sL1 )
(3.17)
N1
⋅ i(s)
Rm1
(3.18)
Φ1 =
c n N1
u o1 ( s ) = c1n ⋅ Φ1 ( s) = 1
⋅ i(s)
Rm1
(3.19)
u1 ( s) = u o1 ( s ) − i1 ( s) ⋅ Ra1 .
(3.20)
Die Beziehung des Eingangsvektors [y, i] und des Ausgangsvektors [ul, il ] lautet:
 y ( s )   A11

 = 
 i ( s )   A21
A12   u1 ( s) 
⋅

A22   i1 ( s )  .
(3.21)
Durch Umformung der Gln. (3.17) ... (3.20) sollen nun die beiden in (3.21) enthaltenden Gleichungen gebildet werden. Aus Gl. (3.20) folgt
u o1 ( s ) = u1 ( s ) + i1 ( s ) ⋅ Ra1 .
(3.22)
Setzen wir (3.22) in (3.19) ein und lösen nach i(s) auf, so entsteht die zweite Gl. der Kettenform
i( s) =
1
[u1 ( s ) + i1 ( s) ⋅ Ra1 ] ,
K1
(3.23)
c n N1
mit der Abkürzung K1 = 1
.
Rm1
Die erste der gesuchten Gleichungen ermitteln wir mit (3.23) in (3.17) zu
R
y ( s) = 1 (1 + sT1 )[u1 ( s ) + i1( s ) ⋅ Ra1] ,
K1
mit der Bezeichnung T1 = L1/R1.
Die Gln. (3.24) und (3.23) lassen sich nun nach (3.21) zusammenfassen
(3.24)
3.3 P-Strecken mit Verzögerung 2. Ordnung
61
 y ( s )  1  R1 (1 + sT1 ) Ra1 R1 (1 + sT1 )   u1 ( s) 

 ⋅ 


 =
Ra1
1
 i ( s )  K1 
  i1 ( s )  .
(3.25)
Ganz analog ergibt sich für den 2. Vierpol
 u1 ( s )  1  R2 (1 + sT2* ) Ra 2 R2 (1 + sT2* )   u 2 ( s) 

 =

⋅
  i 2 ( s )  .
Ra 2
1
 i1 ( s )  K 2 

(3.26)
Für den 3. Vierpol (Querwiderstand) ist
 u 2 (s)   1

 = 
 i 2 ( s )  1 / R b
0   x( s) 
⋅

1   i x ( s )  .
(3.27)
Setzen wir die Gl. (3.27) in Gl. (3.26) ein und das Ergebnis wiederum in Gl. (3.25), so folgt
 y(s) 
1

 =
(
)
i
s
K


1K 2
 A11

 A21
A12   B11
⋅
A22   B21
B12   C11 C12   x( s ) 
⋅
⋅

B22   C 21 C 22   i x ( s)  .
Hierin sind Aik, Bik und Cik die Elemente der 1., 2. und 3. Vierpolmatrix. Die Multiplikation
der drei Matrizen, unter Beachtung der Reihenfolge, ergibt die Produktmatrix
D
D = A ⋅ B ⋅ C =  11
 D21
D12 
 bzw.
D22 
 A11 B11 + A12 B21
D = 
 A21 B11 + A22 B21
A11 B12 + A12 B22   C11 C12 
⋅

A21 B12 + A22 B22   C 21 C 22 
.
Im vorliegenden Fall ist ix(s) = 0. Zur Berechnung der gesuchten Übertragungsfunktion brauchen daher nicht alle vier Elemente der Produktmatrix D berechnet zu werden, es genügt vielmehr die Ermittlung von D11.
Die Übertragungsfunktion ist dann
GS ( s) =
mit
x ( s ) K1 K 2
,
=
y ( s) D11 ( s )
D11 = ( A11 B11 + A12 B21 ) ⋅ C11 + ( A11 B12 + A12 B22 ) ⋅ C 21 .
Mit den entsprechenden Termen für Aik, Bik und Cik aus (3.25), (3.26) und (3.27) ergibt sich
D11 ( s) = [ R1 R2 (1 + sT1 )(1 + sT2* ) + Ra1 R1 (1 + sT1 )]
+ [ Ra 2 R1 R2 (1 + sT1 )(1 + sT2* ) + Ra1 Ra 2 R1 (1 + sT1 )] ⋅
Nach einigen Umformungen gelangt man zu
1
.
Rb
62
3 Die Regelstrecke


R
R2
.
D11 ( s) = 1 ( Rb + Ra2 )( R2 + Ra1 )(1 + sT1 )1 + sT2*
R2 + Ra1 
Rb

Mit den Abkürzungen
K PS =
K1 K 2 Rb
( Rb + Ra2 )( R2 + Ra1 ) R1
und
T2 = T2*
R2
L2
=
R 2 + Ra1 R2 + Ra1
folgt schließlich die Übertragungsfunktion der Strecke
GS ( s ) =
K PS
x( s )
.
=
y ( s ) (1 + sT1 )(1 + sT2 )
(3.28)
Die Differentialgleichung des Systems finden wir aus (3.28) durch Anwendung des Differentiationssatzes der Laplace-Transformation
T1T2 x(t ) + (T1 + T2 ) x (t ) + x(t ) = K PS y ( s ) .
(3.29)
Es handelt sich somit bei dem vorliegenden System, wie in Abschnitt 3 definiert, um eine Strecke mit Verzögerung 2. Ordnung bzw. eine P-T2-Strecke.
•
Ermittlung der Sprungantwort der P-T2-Strecke
Im Folgenden soll die Sprungantwort des im Bild 3.8 dargestellten Systems für
y (t ) = y 0 ⋅ σ (t )
c−−¦
y
y ( s) = 0
s
(3.30)
ermittelt werden. Lösen wir Gl. (3.28) nach x(s) auf unter Berücksichtigung von (3.30), so folgt
x( s ) = K PS y 0 ⋅
K y
1
1
 x( s ) = PS 0 ⋅
s (1 + sT1 )(1 + sT2 )
T1T2

1 
1
s  s +   s +
T1  
T2




.
Die Rücktransformation in den Zeitbereich kann mittels Korrespondenztabelle, Partialbruchzerlegung oder Residuenzsatz erfolgen. Mittels letzterem erhalten wir sofort
t
t


−
−
T1
T2 
K PS y 0 
e
e
 bzw.
T1T2 − T1
− T2
x(t ) =
1 1
1 1 
T1T2 
−
−

T1 T2 
T2 T1

3.3 P-Strecken mit Verzögerung 2. Ordnung
x(t ) = K PS
63
t
t 

−
−
T
T
T1
T2
1
2
+
e .
e
y0 1 −
T1 − T2
 T1 − T2



(3.31)
Bild 3.9 zeigt die Sprungantwort für T1 = 2⋅T2. Aus (3.31) folgt für t = 0, x(0) = 0 und für
t = ∞, x(∞) = KPS y0, der stationäre Endwert. Durch Differentiation von (3.31) erhält man
t
 t
−
dx(t ) K PS y 0  − T1
T2
=
e
−e
dt
T1 − T2 


.


Für t = 0 ist x (0) = 0 , d. h. die Kurve beginnt für t = 0 mit waagerechter Tangente. Der Kurvenverlauf zeigt einen charakteristischen s-förmigen Verlauf, dessen Wendepunkt sich aus
2
d x(t )
dt 2
t
 − t
−
 e T1 e T2
−
+
T2
 T1


K y
= PS 0
T1 − T2


=0



ergibt bzw.
tw =
T1T2
T
ln 1 .
T1 − T2 T2
Speziell für T1 = 2T2 wird
t w = 2 T2 ⋅ ln 2 = 1,386 T2 .
x
x(t)
x(∞)⋅
T2
T1
− T2
⋅e
−
t
T2
x(∞) = KPS⋅ y0
t
T2
T1
−x(∞)⋅
T1
T1
− T2
⋅e
−
t
T1
Bild 3.9
Sprungantwort einer P-T2-Strecke
mit Zeitkonstanten T1 = 2T2
64
3 Die Regelstrecke
Wird die Sprungantwort des Systems experimentell aufgenommen, so kann zur Identifikation
von Strecken 2. und höherer Ordnung, wie in Bild 3.10 gezeigt, die Wendetangente durch den
Wendepunkt für t = tw gelegt werden.
x
Wendepunkt
Bild 3.10
Sprungantwort und Kenngrößen:
x(∞)
xw
Tu
tw
Tu
Ausgleichszeit
Tg
x(∞) Beharrungszustand
t
Tg
Verzugszeit
Diese schneidet die Zeitachse im Punkt t = Tu und den Beharrungszustand x(∞) für t = Tu + Tg.
Bei einer Strecke 2. Ordnung können aus Tu und Tg die beiden Zeitkonstanten T1 und T2 bestimmt werden.
•
Die Ortskurve der P-T2-Strecke
Aus Gl. (3.28) folgt der Frequenzgang
GS ( jω ) =
K PS
x ( jω )
.
=
y ( jω ) (1 + jωT1 )(1 + jωT2 )
(3.32)
Zur Diskussion des Ortskurvenverlaufs zerlegen wir den Frequenzgang (3.32) in seinen Realund Imaginärteil
Re (GS ) = K PS
1 − ω 2T1T2
(1 − ω 2T1T2 ) 2 + ω 2 (T1 + T2 ) 2
Im (GS ) = − K PS
ω (T1 + T2 )
2
(1 − ω T1T2 ) 2 + ω 2 (T1 + T2 ) 2
.
Das Vorzeichen von Re(GS) und Im(GS) wird nur durch den Zähler bestimmt, da der Nenner
für beide gleich und für alle ω -Werte stets positiv ist. Variieren wir ω von 0 bis ∞, so ist der
Im(GS) stets negativ. Für den Realteil ergibt sich:
2
a) für kleine ω -Werte, d. h. 1 > ω T1T2 ist Re( GS ) > 0
2
b) für ω T1T2 = 1 bzw. ω =
1
ist
T1 T2
2
Re(GS ) = 0 und Im(GS ) = − K PS
c) Für große ω -Werte, d. h. 1 < ω T1T2 ist Re( GS ) < 0 .
T1 T2
T1 + T2
3.3 P-Strecken mit Verzögerung 2. Ordnung
65
Das heißt, die Ortskurve verläuft in der Gaußschen Zahlenebene im 3. und 4. Quadranten, wie
in Bild 3.11 gezeigt.
Weitere markante Punkte der Ortskurve ergeben sich für ω = 0 und ω = ∞ (siehe Tabelle).
Im
KPS
ω=∞
KPS⋅
1
ω=
ω
Re (GS)
Im (GS)
0
KPS
0
ω=0
Re
√ T1T2
T1+T2
T1 T2
ω
s −1
√T1T2
1
∞
0
0
− K PS ⋅
T1 T2
T1 + T2
0
Bild 3.11 Ortskurve einer P-T2-Strecke
•
Die Dämpfung des P-T2-Gliedes
Es soll hier gezeigt werden, dass das Übergangsverhalten eines Systems 2. Ordnung entscheidend von seiner Polverteilung abhängt. Die Übertragungsfunktion (3.28) kann wie folgt umgeschrieben werden:
GS ( s ) =
K PS
1
⋅
.
T + T2
1
T1T2 2
s +s⋅ 1
+
T1T2
T1T2
Mit den Abkürzungen
T + T2
1
und β 2 =
,
2α = 1
T1T2
T1T2
α
Abklingkonstante
Kreisfrequenz des ungedämpften Systems
ß
wird
GS ( s ) = K Ps β 2
1
2
s + s ⋅ 2α + β 2
.
Eine weitere wichtige Größe ist die Dämpfung D, die wie folgt definiert ist
D=
α
.
β
Die beiden Pole der Gleichung (3.33) ergeben sich zu
(3.33)
66
3 Die Regelstrecke
s1,2 = − α ± α 2 − β 2
s1,2 = − α ± β D 2 − 1
(3.34)
s1,2 = − β ( D ± D 2 − 1) .
Daraus ist ersichtlich, dass abhängig von D folgende Fälle möglich sind:
a) Für α > β ( D > 1) werden die beiden Pole negativ
s-Ebene
reell (aperiodischer Fall).
jω
σ
b) Für α = β (D = 1) ergibt sich eine doppelte Polstelle,
jω
mit s1 = s2 = − α (aperiodischer Grenzfall).
σ
α
jω
c) Für α < β (0 < D < 1) werden die beiden Pole
konjugiert komplex
s1,2 = −α ± jβ 1 − D 2
(gedämpfte Schwingung).
d) Für α = 0 (D = 0) wird der Realteil der beiden Pole
α
σ
jω
Null, d. h. die Pole werden rein imaginär s1,2 = ± jβ
(ungedämpfte Dauerschwingung).
β
σ
β
e) Für α < 0 (D < 0) ist die Abklingkonstante negativ,
die beiden Pole haben einen positiven Realteil
s1,2 = +α ± jβ 1 − D
jω
2
(aufklingende Schwingung).
α
σ
Für das durch die Übertragungsfunktion (3.28) beschriebene System sind nur die Fälle a) und
b) möglich (D ≥ 1), denn
3.3 P-Strecken mit Verzögerung 2. Ordnung
D=
α T1 + T2 1  T1
=
= 
+
β 2 T1 T2 2  T2
67
T2 
.
T1 
Mit der Abkürzung
T1
1
bzw.
=
T2
a
a=
T2
T1
wird
D=
1 
1
dD 1 
1 
 = 0 .
⋅  a +  und
= ⋅ 1 −
2 
a
da 2 
a2 
Daraus folgt a = + 1 bzw. T1 = T2.
Die Dämpfung des Systems ist dann
D = 1 (ein Minimum),
da für a = +1 die 2. Ableitung
d 2D
da
2
=
1
a3
> 0 ist.
Für T1 ≠ T2 ist die Dämpfung stets größer als Eins. Bild 3.12 zeigt die Sprungantworten eines
Systems 2. Ordnung bei verschiedener Dämpfung.
x(t)
4
3
w
2
1
0
0
5
t
Bild 3.12 Sprungantworten eines Systems 2. Ordnung bei verschiedenen Dämpfungen
1 - aperiodischer Fall
D>1
2 - aperiodischer Grenzfall
D=1
3 - gedämpfte Schwingung
0<D<1
4 - ungedämpfte Dauerschwingung
D=0
5 - aufklingende Schwingung
D<0
68
•
3 Die Regelstrecke
Beispiel 3.4
Das in Bild 3.13 gezeigte System besteht aus der Reihenschaltung von Wandlern und zweier
Speicher, und zwar:
a) dem Behälter, in dem das Gas bzw. Druckenergie gespeichert wird,
b) die Feder des Membranantriebs, die potentielle Energie speichert.
digitaler
Regler
0 bis 100% Hub
A
0 bis 10 V Wandlung von
Spannung in Strom
p, V
c
0 bis 20 mA
pe
y
l
0 bis 1,0 bar
Wandlung von
Strom in Druck
b
d
x
Zuluft 1,4 bar
Bild 3.13 Ansteuerung eines pneumatischen Membranventils
Derartige Anordnungen kommen in der Verfahrenstechnik, z. B. wegen des Explosionsschutzes
häufig vor. Mittels elektrischer Spannung von 0 bis 10 V wird die Stellung des Ventils zwischen 0 und 100% eingestellt. Die Ventilstellung x des pneumatischen Stellventils soll mittels
eines Stellsignals pe rückwirkungsfrei angesteuert werden.
Ein vor dem Druckspeicher sitzendes Ventil ist durch eine ideale Drossel ersetzt. Das Volumen
über dem Membranteller ist gegenüber dem Behältervolumen V vernachlässigbar. Dadurch sind
beide Systeme rückwirkungsfrei miteinander verbunden, d. h. durch eine Verstellung der Ausgangsgröße x wird rückwirkend der Druck p im Behälter nicht verändert.
Der pro Zeiteinheit durch die Drossel strömende Massenstrom dm/dt ist proportional dem
2
Drosselquerschnitt d π / 4 und der mittleren Geschwindigkeit v :
dm(t ) d 2π
=
⋅ ρ ⋅ v(t ) .
4
dt
(3.35)
ρ Dichte des Gases.
Die Drosselbohrung ist so bemessen, dass eine laminare Strömung vorliegt. Es gilt dann das
Poiseull'sche Gesetz
v = k ( p e − p) ,
mit dem Proportionalfaktor
k=
d2
32 ⋅ l ⋅ η
(3.36)
3.3 P-Strecken mit Verzögerung 2. Ordnung
69
1 Länge der Drossel
2
η Zähigkeit des Gases in Ns/m .
Gl. (3.36) in Gl. (3.35) eingesetzt ergibt
dm(t ) d 2 π
=
⋅ ρ k ⋅ [( p e (t ) − p (t )] .
4
dt
(3.37)
Nach den Gasgesetzen ist ferner
p ⋅V = m ⋅ R ⋅ϑ
(3.38)
R Gaskonstante in Nm/kg⋅K
ϑ absolute Temperatur in K = konstant
m die im Behälter mit dem Volumen V gespeicherte Gasmenge in kg.
Durch Differentiation von Gl. (3.38) folgt
dp (t )
dm(t )
= Rϑ
dt
dt
V
und damit die pro Zeiteinheit im Behälter gespeicherte Menge
dm(t ) V dp(t )
=
.
R ϑ dt
dt
(3.39)
Durch Gleichsetzen von Gl. (3.37) und Gl. (3.39) erhält man
V dp (t ) d 2 π
=
⋅ ρ k ⋅ [( p e (t ) − p (t )]
R ϑ dt
4
bzw.
dp(t )
+ p (t ) = p e (t ) .
d πρkRϑ dt
4V
2
Mit der Abkürzung
T1 =
4V
2
d πρkRϑ
wird
T1
dp(t )
+ p (t ) = p e (t ) .
dt
(3.40)
Durch Laplace-Transformation ergibt sich daraus die Übertragungsfunktion des ersten Systems
GS1 ( s ) =
p(s)
1
.
=
p e ( s ) 1 + sT1
(3.41)
Der Druck p wirkt als Eingangsgröße auf das zweite System und erzeugt mit der Membranfläche A die Kraft A ⋅ p (t ) . Diese ist mit den Gegenkräften c ⋅ x der Feder und b ⋅ x der Dämpfungseinrichtung im Gleichgewicht.
70
3 Die Regelstrecke
b x (t ) + c x(t ) = A ⋅ p (t )

b
A
x (t ) + x(t ) = p (t ) .
c
c
c Federkonstante in N/m
b Dämpfungskonstante in Ns/m.
Mit den Abkürzungen KPS = A / c und T2 = b / c folgt für das zweite System die DGL
T2 x (t ) + x(t ) = K PS p (t ) .
(3.42)
Die zugehörige Übertragungsfunktion lautet
GS2 ( s ) =
K PS
x( s)
.
=
p ( s ) 1 + sT2
(3.43)
Bild 3.14 zeigt den Wirkungsplan des Gesamtsystems.
1, T1
pe(t)
KPS , T2
p(t)
GS1(s)
x(t)
GS2(s)
Bild 3.14 Wirkungsplan des
Membranventils nach
Bild 3.13 (P-T2-Strecke)
Daraus folgt die Gesamtübertragungsfunktion
GS ( s ) = GS1 ( s ) ⋅ GS2 ( s ) =
K PS
x( s)
.
=
p e ( s ) (1 + sT1 )(1 + sT2 )
(3.44)
Durch Anwendung des Differentiationssatzes der Laplace-Transformation ergibt sich aus (3.44)
die Differentialgleichung der P-T2-Strecke zu
T1T2 x(t ) + (T1 + T2 ) x (t ) + x(t ) = K PS ⋅ p e (t ) .
(3.45)
Vergleicht man Gl. (3.45) mit Gl. (3.29), so sieht man deren Übereinstimmung. Die Sprungantwort, Ortskurve usw. des durch (3.45) beschriebenen Systems ergeben sich analog den in
den Abschnitten 3.3.2 bis 3.3.4 gefundenen Beziehungen.
X Aufgabe 3.2
Ermitteln Sie die Übertragungsfunktion und die Differentialgleichung des in Beispiel 3.2 (Bild
3.7) behandelten fremderregten Gleichstromgenerators, unter der Voraussetzung, das die Ankerinduktivität L nicht vernachlässigt werden darf.
Wie berechnen sich KPS, T1 und T2?
Hinweis: Im Bildbereich ist der Ankerwiderstand Ra durch die Impedanz (Ra + sLa) zu ersetzen.
3.4 Strecken höherer Ordnung
Die im vorherigen Abschnitt behandelten Strecken 2. Ordnung wurden durch Hintereinanderschaltung von zwei P-T1-Strecken gebildet. Wie die Darstellung im Wir-
3.4 Strecken höherer Ordnung
71
kungsplan (Bild 3.14) zeigt, ergibt sich die Gesamtübertragungsfunktion aus dem
Produkt der beiden Übertragungsfunktionen GS1 und GS2.
Entsprechend folgt bei der rückwirkungsfreien Hintereinanderschaltung von drei PT1-Strecken (Bild 3.15) für die Gesamtübertragungsfunktion
GS ( s ) = GS1 ( s ) ⋅ GS2 ( s ) ⋅ GS3 ( s ) =
y(t)
y(s)
KPS1 , Ta
K PS1 K PS2 K PS3
x( s)
.
=
y ( s ) (1 + sTa )(1 + sTb )(1 + sTc )
KPS2 , Tb
x1(t)
KPS3 , Tc
x2(t)
x(t)
x(s)
GS1(s)
GS2(s)
GS3(s)
Bild 3.15 Wirkungsplan einer P-T3-Strecke, gebildet aus drei hintereinandergeschalteten
P-T1-Strecken
Mit KPS = KPS1KPS2KPS3 wird
GS ( s ) =
K PS
x( s )
=
3
2
y ( s ) s Ta TbTc + s (Ta Tb + Ta Tc + TbTc ) + s (Ta + Tb + Tc ) + 1
T33
T22
T1
bzw.
GS ( s ) =
K PS
x( s )
=
.
3
3
2
y ( s ) s T + s T22 + s T1 + 1
3
(3.46)
Daraus ermittelt sich die zugehörige Differentialgleichung zu
T33x(t ) + T22 x(t ) + T1 x (t ) + x(t ) = K PS ⋅ y (t ) .
(3.47)
Schaltet man n Glieder 1. Ordnung rückwirkungsfrei hintereinander, so nimmt die
Übertragungsfunktion folgende Form an
GS ( s ) =
K PS
x( s )
.
=
3
n
n
y ( s ) s Tn + ... + s T 3 + s 2 T22 + s T1 + 1
3
(3.48)
Die Differentialgleichung zu (3.48) lautet
x ( n)(t) Tnn + ... + x(t) T33 + x(t) T22 + x(t) T1 + x(t ) = K PS ⋅ y (t ) .
(3.49)
Für den Regelungstechniker ist die möglichst genaue Kenntnis des zu regelnden dynamischen Prozesses besonders wichtig, d. h. die das System beschreibenden Parameter KPS, T1, T2⋅...Tn müssten identifiziert werden.
72
3 Die Regelstrecke
Nimmt man die Sprungantwort einer unbekannten Strecke experimentell auf, so kann
die genaue Ordnung dieser Strecke nicht ohne weiteres aus dem Kurvenverlauf ermittelt werden, insbesondere, wenn die einzelnen Glieder unterschiedliche Zeitkonstanten aufweisen. Bereits bei einem System 2. Ordnung, das aus zwei P-T1-Gliedern mit
den Zeitkonstanten Ta und Tb besteht, ist die Bestimmung der Zeitkonstanten nicht
ganz einfach.
Durch Anlegen der Wendetangente lassen sich die Verzugs- und Ausgleichszeit Tu
und Tg ermitteln. Mann kann zeigen, dass zwischen den Quotienten Tu/Tg und Ta/Tb
eine eindeutige Funktion besteht. Die Tabelle 1 gestattet bei bekanntem Tu/Tg das
Verhältnis von Ta/Tb bzw. Ta und Tb zu bestimmen.
Tabelle 1 Kennwerte eines Verzögerungsgliedes 2. Ordnung
Tu
Tg
Tb
Ta
0,000
0,016
0,032
0,050
0,063
0,072
0,084
0,092
0,097
0,100
0,102
0,103
0,103
0,104
0,00
0,02
0,05
0,10
0,15
0,20
0,30
0,40
0,50
0,60
0,70
0,80
0,90
1,00
Tg
Ta
1,000
1,083
1,171
1,292
1,399
1,495
1,675
1,842
2,000
2,151
2,299
2,439
2,548
2,718
tw
Ta
xw
x (∞ )
0,000
0,080
0,158
0,256
0,335
0,402
0,516
0,611
0,693
0,766
0,832
0,893
0,948
1,000
0,000
0,058
0,103
0,148
0,177
0,197
0,224
0,240
0,250
0,256
0,260
0,263
0,264
0,264
Bei Strecken höher als 2. Ordnung lassen sich die einzelnen Zeitkonstanten aus dem
Verlauf der Sprungantworten nicht mehr ermitteln. Man gewinnt eine Näherung durch
die Annahme von n hintereinandergeschalteten Verzögerungsgliedern 1. Ordnung mit
gleicher Zeitkonstante T, deren Sprungantwort das gleiche Verhältnis Tu/Tg liefert,
wie das der untersuchten Strecke.
Bild 3.16 zeigt den Verlauf der Sprungantworten einer P-Strecke 1. bis n-ter Ordnung
mit KPS = 1 und der Übertragungsfunktion
GS ( s ) =
1
(1 + sT ) n
.
3.4 Strecken höherer Ordnung
73
x(∞)
x(t)
n=1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
0
t
0
Bild 3.16 Sprungantworten zu P-Strecken 1. bis 10. Ordnung mit gleicher Zeitkonstante T
Tabelle 2 Kennwerte der Sprungantworten
für Verzögerungsglieder n-ter Ordnung mit
gleichen Zeitkonstanten
n
Tg / T
Tu / T
Tu / Tg
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
1,000
2,718
3,695
4,463
5,119
5,699
6,226
6,711
7,164
7,590
0,000
0,282
0,805
1,425
2,100
2,811
3,549
4,307
5,081
5,869
0,000
0,104
0,218
0,319
0,410
0,493
0,570
0,642
0,709
0,773
Zeigt die experimentell aufgenommene Sprungantwort eines
Systems einen charakteristischen
Verlauf nach Bild 3.16, so lassen
sich durch Einzeichnen der Wendetangente Tu und Tg bestimmen.
Bei bekanntem Tu/Tg kann die
Zeitkonstante T und die Anzahl n
der Glieder aus der nebenstehenden Tabelle entnommen werden.
Hier ist darauf hinzuweisen, dass
dieses Verfahren, bedingt durch
die Konstruktion der Wendetangente, fehlerbehaftet ist. Bereits
eine geringe Änderung der Neigung der Wendetangente hat eine
relativ große Auswirkung auf das
Verhältnis Tu/Tg.
Ortskurven der Strecken höherer Ordnung
Für eine Strecke n-ter Ordnung ergibt sich aus Gl. (3.48) folgender Frequenzgang
GS ( jω ) =
GS ( jω ) =
K PS
x ( jω )
bzw.
=
n
n
3
y ( jω ) ( jω ) Tn + ... + ( jω ) T 3 + ( jω ) 2 T22 + ( jω ) T1 + 1
3
K PS
.
[1 − (ω T2 ) + (ω T4 ) − ...] + j [ω T1 − (ω T3 )3 + (ω T5 )5 − ...]
2
4
74
3 Die Regelstrecke
In Bild 3.11 ist die Ortskurve einer P-Strecke 2. Ordnung (n = 2) gezeigt, die auf der
reellen Achse beginnend den 4. und 3. Quadranten der Gaußschen Zahlenebene
durchläuft.
Bei einer Strecke 3. Ordnung (n = 3) sind die Zeitkonstanten T1, T2 und T3 vorhanden.
Der Frequenzgang lautet somit
GS ( jω ) =
x ( jω )
K PS
=
.
2
y ( jω ) [1 − (ω T2 ) ] + j [ω T1 − (ω T3 )3 ]
Den Re(GS) und Im(GS) gewinnt man durch Erweiterung von GS(jω) mit dem konjugiert Komplexen des Nenners:
GS ( jω ) = K PS
[1 − (ω T2 ) 2 ] − j [ω T1 − (ω T3 )3 ]
= Re (GS ) + j Im (GS ) .
[1 − (ω T2 ) 2 ]2 + [ω T1 − (ω T3 )3 ]2
Daraus folgt
Re (GS ) = K PS
1 − (ω T2 ) 2
[1 − (ω T2 ) 2 ]2 + [ω T1 − (ω T3 )3 ]2
Im (GS ) = − K PS
ω T1 − (ω T3 )3
.
[1 − (ω T2 ) 2 ]2 + [ω T1 − (ω T3 )3 ]2
Variiert man ω von 0 bis ∞, so wird Re(GS) für:
1
bzw. ω <
ω T2 < 1
a)
positiv
T2
1
bzw. ω =
ω T2 = 1
Null
b)
T2
c)
ω T2 > 1
bzw. ω >
1
T2
negativ.
Entsprechend wird der Im(GS) für
a)
(ω T3 )3 < ω T1
bzw. ω <
b)
(ω T3 )3 = ω T1
bzw. ω =
c)
(ω T3 )3 > ω T1
bzw. ω >
T1
T33
T1
T33
T1
T33
negativ
Null
positiv.
3.5 Schwingungsfähige P-Strecken 2. Ordnung
75
Das heißt, die Ortskurve einer P-Strecke 3. Ordnung verläuft durch den 4., 3. und 2.
Quadranten, wie in Bild 3.17 gezeigt.
Im
KPS
ω=∞
ω=0
Re
4.
3.
2.
1.
ω
Bild 3.17
Ortskurvenverlauf von P-Strecken
1. bis 4. Ordnung
s −1
Es lässt sich zeigen, dass bei einer Strecke n-ter Ordnung n Quadranten durchlaufen
werden. Für ω = 0 ist der Re(G) stets gleich KPS und der Im(G) stets Null. Die
Ortskurven laufen für ω → ∞ stets tangential zu den Achsen in den Ursprung; für eine
Strecke 1. Ordnung wird ϕ (ω) = ϕ (∞) = −90°; für eine Strecke 2. Ordnung wird
ϕ (∞) = −180°. Allgemein gilt für eine Strecke n-ter Ordnung ϕ (∞) = − n⋅90°.
3.5 Schwingungsfähige P-Strecken 2. Ordnung
Sind in einem System zwei unterschiedliche Speichermöglichkeiten vorhanden, so
kann das System gedämpfte Schwingungen ausführen. So z. B. in einem Feder-MasseDämpfung-System die Speicherung von potentieller und kinetischer Energie oder in
einem elektrischen Schwingkreis die Energiespeicherung im elektrischen und magnetischen Feld.
•
Beispiel 3.5
i(s) R
sL
J, ML
Φo
y(s)
M
n(s)
x(s)
R = 0,3 Ω
L = 60 mH
Bild 3.18
Fremderregter Gleichstrommotor
cΦ0 = 2,33 Vs
2
J = 0,905 Nms
Die in Bild 3.18 dargestellte Drehzahlregelstrecke besteht aus einem Gleichstrommotor mit
konstanter Fremderregung Φ0, dessen Abtriebswelle ein Schwungrad mit dem Trägheitsmo-
76
3 Die Regelstrecke
ment J antreibt sowie mit einem konstanten Moment ML belastet ist. Eingangsgröße ist die
Ankerspannung y, durch die die Drehzahl n (Ausgangsgröße x) beeinflusst werden kann. R und
L sind der Ankerwiderstand und die Ankerinduktivität.
Wir berechnen zunächst die Übertragungsfunktion
GS1 ( s ) =
ω (s)
y(s)
und daraus mit ω = 2π ⋅ n
GS ( s ) =
n( s )
.
y(s)
Die im Anker induzierte Spannung ist
u0 ( s ) = c Φ 0 ⋅ ω ( s ) .
(3.50)
Somit gilt für den Ankerkreis
y ( s) = i ( s ) ⋅ [ R + sL] + u 0 ( s )
bzw.
i( s) = [ y ( s ) − u 0 ( s)] ⋅
1/ R
1 + sT1
(3.51)
mit
T1 =
L
= 0,2 s .
R
Der Ankerstrom i und der konstante Fluss Φ0 erzeugen das elektrische Moment
M e (s) = c Φ 0 ⋅ i(s) .
(3.52)
Dieses ist im Gleichgewicht mit dem Lastmoment ML und dem durch die Massenträgheit verursachten Moment
M m (t ) = J ⋅
dω (t )
dt
bzw.
M m (s) = J ⋅ s ⋅ ω (s) ,
(3.53)
so dass gilt
M e ( s ) = M L ( s ) + M m ( s)
oder
M m (s) = M e (s) − M L (s) .
(3.54)
Das durch die Gleichung (3.50) ... (3.54) beschriebene System kann durch den in Bild 3.19
gezeigten Wirkungsplan dargestellt werden.
3.5 Schwingungsfähige P-Strecken 2. Ordnung
77
c⋅Φ 0
u0(s)
y(s)
−
i(s)
1
R
1+sT1
c⋅Φ 0
Me(s)
Mm(s)
ω (s)
1
s ⋅J
−
1
2 ⋅π
n(s)
ML(s)
Bild 3.19 Wirkungsplan des fremderregten Gleichstrommotors nach Bild 3.18
Für ML = 0 berechnet sich die Übertragungsfunktion zu
GS1 ( s ) =
ω (s)
y ( s)
=
1
s (1 + sT1 ) JR
+ cΦ 0
cΦ 0
und daraus
GS ( s ) =
n( s )
1
=
⋅
y ( s ) 2πcΦ 0 2
s T1
1
JR
(cΦ 0 ) 2
+s
JR
(cΦ 0 ) 2
.
+1
Mit den Abkürzungen
K PS =
1
1
1
= 0,0683 = 4,098
2πcΦ 0
Vs
V min
T2 =
JR
und
(cΦ 0 ) 2
= 0,05 s
erhalten wir schließlich
GS ( s ) =
K PS
x( s )
=
.
2
y ( s ) s T1T2 + s T2 + 1
(3.55)
Durch Anwendung des Differentiationssatzes der Laplace-Transformation bestimmt sich aus
Gl. (3.55) die Differentialgleichung 2. Ordnung des Systems zu
T1T2 x(t ) + T2 x (t ) + x(t ) = K PS y (t ) .
(3.56)
Die Übertragungsfunktion nach Gl. (3.55) hat, bei den gegebenen Daten, konjugiert komplexe
Polstellen. Nach dem im Abschnitt 3.3 Gesagten, wird das System gedämpfte Schwingungen
ausführen.
78
•
3 Die Regelstrecke
Ermittlung der Sprungantwort einer schwingungsfähigen Regelstrecke 2. Ordnung
Für
y (t ) = y 0 ⋅ σ (t )
bzw.
y
y ( s) = 0
s
folgt aus Gl. (3.55)
x( s ) = GS ( s ) ⋅ y ( s) =
K PS ⋅ y 0 1
1
⋅ ⋅
.
1
1
T1T2
s 2
s +s
+
T1 T1T2
(3.57)
Unter Verwendung der Beziehung 13 der Korrespondenztabelle findet man mit
α=
1
= 2,5 s -1
2T1
und
β2 =
1
= 100 s -2 ; β = 10 s -1
T1T2
x( s ) = K PS ⋅ y 0 ⋅ β 2
1
2
s ( s + s ⋅ 2α + β 2 )
.
(3.58)
Die Dämpfung des Systems ist definitionsgemäß
D=
α 2,5 s -1
=
= 0,25 und damit D < 1 .
β 10 s -1
Das gedämpft schwingende System hat die Eigenkreisfrequenz
ω e = β 2 − α 2 = 9,68 s -1 .
α, β und ωe in die Rücktransformationsgleichung eingesetzt, ergibt
 


α
x(t ) = n(t ) = K PS ⋅ y 0 1 −  cos ω e t +
sin ω e t  e − α t  .
ωe

 

(3.59)
Vielfach ist es zweckmäßig, die Sinus- und Cosinusfunktion in Gl. (3.59) zu einer Schwingung
gleicher Frequenz wie folgt zusammenzufassen:
cos ω e t +
α
sin ω e t = A sin (ω e t + ϕ ) .
ωe
Nach den Additionstheoremen ist
(3.60)
3.5 Schwingungsfähige P-Strecken 2. Ordnung
79
A (sin ω e t ⋅ cos ϕ + cos ω e t ⋅ sin ϕ ) = A sin (ω e t + ϕ ) .
(3.61)
Durch Vergleich der Beziehungen (3.60) und (3.61) folgt
A cos ϕ =
α
ωe
(3.62)
A sin ϕ = 1 .
(3.63)
Division von (3.63) durch (3.62) ergibt
tan ϕ =
ωe
α
ϕ = arctan
bzw.
ωe
= 75,52° .
α
Durch Quadrieren und Addieren von (3.62) und (3.63) errechnet sich
 α
A (cos ϕ + sin ϕ ) = 1 + 
ωe
2
2
2




2
bzw.
A=
1
ωe
ω e2 + α 2 =
β
= 1,033 .
ωe
Somit wird aus Gl. (3.59)
x(t ) = n(t ) = K PS ⋅ y 0 [ 1 − A e − α t sin (ω e t + ϕ )] .
(3.64)
Setzt man die errechneten Werte in Gl. (3.64) ein, so gelangt man zu
t


− 2 ,5 ⋅
s ⋅ sin  9,68 t + 1,318  
x(t ) = n(t ) = 1800 min -1 ⋅ 1 − 1,033 e

s




mit dem in Bild 3.20 gezeigten Verlauf der Sprungantwort:
x(t)
∧
x1
∧
x2
x1MAX
Te
2
0
Te
2
x2MIN
x(∞) = KPs⋅ y0
t
Bild 3.20 Sprungantwort einer P-T2-Strecke mit einer Dämpfung D = 0,25
(3.65)
80
3 Die Regelstrecke
Aus Gl. (3.64) folgt für t = ∞ der stationäre Endzustand
x(∞) = K PS ⋅ y 0 .
Die Schnittpunkte der Kurve mit dem Beharrungszustand x(∞) ermitteln sich aus Gl. (3.64) für
x(t ) = x(∞) bzw. sin (ω e t + ϕ ) = 0 ,
d. h. für
ω e t + ϕ = i ⋅ π , mit i = 1, 2, 3,...
Daraus folgt
ti =
i ⋅π − ϕ
ωe
.
Der Abstand zwischen zwei Schnittpunkten ist
π Te
.
=
ωe 2
Das heißt, dass umgekehrt aus dem Kurvenverlauf die Kreisfrequenz
ωe =
2π
Te
(3.66)
bestimmt werden kann.
Die relativen Maxima und Minima ergeben sich aus (3.64) durch Differentiation und Nullsetzen.
dx(t )
= K PS ⋅ y 0 [ Aα e − α t sin (ω e t + ϕ ) − Aω e e − α t cos (ω e t + ϕ )] = 0
dt
bzw.
tan (ω e t + ϕ ) =
ωe
= tan ϕ .
α
Dies ist der Fall für
ω e t = i ⋅ π , mit i = 0, 1, 2, 3,...
oder
t MAX/MIN =
T
i⋅π
= i⋅ e .
ωe
2
(3.67)
Setzen wir Gl. (3.67) in Gl. (3.59) ein, so folgt
i⋅π


−α

ωe
x MAX/MIN = K PS ⋅ y 0 1 − e
cos (i ⋅ π )  .


(3.68)
3.5 Schwingungsfähige P-Strecken 2. Ordnung
•
81
Ermittlung der Dämpfung aus dem Verlauf der Sprungantwort
Bezeichnet man den Betrag der Amplituden zweier aufeinander folgender Halbschwingungen
mit x̂i und xˆ i +1 , so folgt aus (3.68)
xˆ i = K PS ⋅ y 0 e
−α
i⋅π
ωe
cos (i ⋅ π )
(3.69)
und daraus der Quotient
π
π
α
α
cos (i ⋅ π )
xˆ i
= e ωe ⋅
= e ωe .
xˆ i +1
cos [(i + 1) ⋅ π ]
Durch Logarithmieren errechnet sich
ωe
=
α
π
 xˆ 
ln  i 
 xˆ i +1 

α=
 xˆ 
ωe
⋅ ln  i  .
π
 xˆ i +1 
(3.70)
Andererseits ist
D=
α
α
=
=
2
2
β
ωe + α
1
ω 
1+  e 
 α 
2
.
(3.71)
Mit Gl. (3.70) in Gl. (3.71) erhalten wir schließlich
1
D=
1+
.
π2
 xˆ i 

 ln
 xˆ i +1 
(3.72)
2
Mittels der Beziehung (3.72) lässt sich die Dämpfung eines schwingungsfähigen Systems aus
einer experimentell aufgenommenen Sprungantwort bestimmen.
X Aufgabe 3.3
Ermitteln Sie für den in Beispiel 3.5 behandelten fremderregten Gleichstrommotor anhand des
Wirkungsplanes (Bild 3.19) das dynamische Verhalten bei Belastung, und zwar:
a) Die Übertragungsfunktion GS(s) = n(s) / ML(s)
b) Die Sprungantwort n(t) für ML(t) = ML0⋅σ(t), mit ML0(s) = 200 Nm.
c) Den Verlauf der Ortskurve.
82
•
3 Die Regelstrecke
Beispiel 3.6
ωe
br
ω1
cr
J
ωa
Bild 3.21 Mechanisches System mit P-T2-Verhalten
br = 4 Nms (Dämpfungsbeiwert bezogen auf den Drehwinkel im Bogenmaß)
cr = 40 Nm (Federkonstante bezogen auf den Drehwinkel im Bogenmaß)
2
J = 0,4 Nms (Trägheitsmoment)
Das mechanische System (Bild 3.21) besteht aus einem Dämpfungsglied (ähnlich einer Föttinger-Kupplung), einer Torsionsfeder und einer trägen Masse mit dem Trägheitsmoment J. Erregt
wird das System durch die Winkelgeschwindigkeit ωe. Das durch das Dämpfungsglied übertragene Moment ist proportional der Differenz der Winkelgeschwindigkeiten ωe und ω 1.
M e ( s ) = br ⋅ [ω e ( s ) − ω1 ( s )] .
(3.73)
Dieses Moment wirkt auf die Feder mit der Federkonstante cr und tordiert diese um den Winkel
ϕ1 − ϕ a :
M f ( s ) = c r ⋅ [ϕ1 ( s ) − ϕ a ( s)] .
(3.74)
Gleichzeitig wird durch das eingeleitete Moment Me die Masse mit dem Trägheitsmoment J
beschleunigt
M m (t ) = J ⋅
dω a (t )
bzw.
dt
M m ( s ) = J ⋅ s ⋅ ω a ( s) .
(3.75)
Infolge Me = Mf = Mm folgt aus (3.74) und (3.75)
ϕ1 ( s ) = ϕ a ( s ) +
J
⋅ s ⋅ ω a (s)
cr
und durch einmalige Differentiation mit ω(t) = dϕ(t)/dt
ω1 ( s ) = ω a ( s ) +
J 2
⋅ s ⋅ ω a ( s) .
cr
Ferner ergibt sich durch Gleichsetzen von (3.73) und (3.75)
ω e ( s ) = ω1 ( s ) +
und mit Gl. (3.76)
J
⋅ s ⋅ ω a (s)
br
(3.76)
3.6 I-Strecken ohne Verzögerung
ω e (s) = ω a (s) + s ⋅
83
J
J
ω a (s) + s 2 ⋅ ω a (s) .
br
cr
(3.77)
Mit den Abkürzungen
T1 =
J
J
= 0,1 s und T22 =
= 0,01 s 2
br
cr
erhalten wir die Übertragungsfunktion des Systems zu
GS ( s ) =
ω a (s)
K PS
=
.
ω e ( s ) s 2 T22 + s T1 + 1
(3.78)
Für die Dämpfung des Systems folgt mit den angegebenen Daten
D=
J cr
T
α
= 1 =
= 0,5 und damit D < 1  gedämpfte Schwingungen.
2 br
β 2 T2
Die zugehörige Sprungantwort berechnet sich entsprechend Beispiel 3.5.
X Aufgabe 3.4
Für das durch die Übertragungsfunktion (3.78) gegebene System ist der Verlauf der Ortskurve
zu bestimmen.
Beweisen Sie, dass für die Resonanzfrequenz
ω = ω r = β 1 − 2D 2
gilt
GS ( jω ) = GS ( jω ) MAX =
1
2D 1 − D 2
.
3.6 I-Strecken ohne Verzögerung
Eine Regelstrecke, deren Ausgang x(t) proportional dem zeitlichen Integral der Eingangsgröße y(t) ist, bezeichnet man als integrale Strecke oder kurz als I-Strecke:
x(t ) = K I
 y(t ) dt
c−−¦
1
x( s ) = K I ⋅ ⋅ y ( s ) .
s
Die letzte Gleichung entsteht durch Laplace-Transformation und führt zu der Übertragungsfunktion der I-Strecke:
GS ( s ) =
x( s ) K I
.
=
y ( s)
s
Im einführenden Abschnitt dieses Kapitels wurde bereits gesagt, dass eine solche
Strecke ohne Ausgleich ist. Es sollen hier noch einige Beispiele zur Erläuterung gebracht werden.
84
•
3 Die Regelstrecke
Beispiel 3.7
Bild 3.22 zeigt eine Füllstands-Regelstrecke,
deren Zufluss Qe proportional der Ventilstellung Y (Eingangsgröße) angenommen wird
Qe (t ) = k Y (t ) .
Qe
y
(3.79)
h
Mittels der Pumpe wird aus dem Behälter die
Menge Qa abgepumpt. Es ist leicht einzusehen, dass für Qe = Qa das Volumen im Behälter und damit der Flüssigkeitsstand H (Ausgangsgröße) unverändert bleiben wird.
H
P
H0
Qa
A
Bild 3.22 Füllstands-Regelstrecke
Für Qe ≠ Qa ergibt sich die zeitliche Volumenänderung im Behälter zu
dV (t )
dH (t )
=A
= Qe (t ) − Qa (t )
dt
dt
(3.80)
und durch Integration
H (t ) =
1
A
 [Qe (t ) − Qa (t )] dt + C .
(3.81)
Die Integrationskonstante C ergibt sich aus der Anfangsbedingung. Bei konstantem Abfluss
Qa (t ) = Qa0 = konst.
wird das Eingangsventil mit Y = Y1 so eingestellt, dass
Qa0 = Qe = k Y1
und H = H0 ist.
Damit folgt aus (3.81)
C = H0.
Diese Anfangsbedingung in (3.81) eingesetzt, ergibt
H (t ) =
1
A
 [k Y (t ) − k Y1 ] dt + H 0 .
(3.82)
Führt man den Integrierbeiwert KIS = k / A ein und betrachtet, wie in der Regelungstechnik
üblich, nur die Änderungen von Ein- und Ausgangsgröße (siehe Abschnitt 2.1), so kann man
mit
h = H − H 0 und y = Y − Y1
schreiben

h(t ) = K I y (t ) dt .
(3.83)
3.6 I-Strecken ohne Verzögerung
85
Für einen Eingangssprung
y (t ) = y0 ⋅ σ (t )
wird
h ( t ) = K I ⋅ y0 ⋅ t
(3.84)
mit der in Bild 3.23 gezeigten Sprungantwort.
h(t)
Bild 3.23
Sprungantwort einer I-Strecke
ohne Verzögerung
KI⋅ y0
1
t
Die Übertragungsfunktion ergibt sich aus (3.83) durch Laplace-Transformation zu
GS ( s ) =
h( s ) K I
.
=
s
y ( s)
(3.85)
X Aufgabe 3.5
Ermitteln Sie den Verlauf der Ortskurve des durch (3.85) gegebenen Systems. Für welche
Kreisfrequenz ω wird ⏐GS(jω)⏐ = 1?
•
Beispiel 3.8
Bild 3.24 zeigt den Support einer Werkzeugmaschine, der durch die Spindel mit der Gewindesteigung a translatorisch bewegt wird.
x
(y)
n
Bild 3.24
Support einer Werkzeugmaschine
Dreht sich die Spindel mit der Drehzahl n, so ist die zeitliche Änderung der Längsbewegung
des Supports
dX (t )
= a ⋅ n (t )
dt
(3.86)
bzw. der zurückgelegte Weg

X (t ) = a n(t ) dt + x(0) .
(3.87)
86
3 Die Regelstrecke
Betrachten wir wiederum nur die Wegänderung gegenüber dem Anfangswert X(0) und bezeichnen X(t) − X(0) = x(t) und den Integrierbeiwert KI = a, so erhalten wir mit

x(t ) = K I n(t ) dt
(3.88)
eine analoge Beziehung zu Gl. (3.83).
X Aufgabe 3.6
Zeigen Sie, dass für einen Kondensator mit der Kapazität C zwischen dem Strom i (Eingangsgröße) und der Spannung u (Ausgangsgröße) eine zu Gl. (3.88) analoge Beziehung besteht.
3.7 I-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung
Bei I-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung beginnt die Sprungantwort, im Gegensatz
zu denen ohne Verzögerung, mit der Anfangssteigung Null. In der Differentialgleichung kommt das durch ein weiteres Glied mit der 1. Ableitung der Ausgangsgröße
zum Ausdruck. Die Übertragungsfunktion einer solcher Strecke kann als Reihenschaltung einer I-Strecke mit einer P-T1-Strecke dargestellt werden:
GS ( s ) =
•
K2
KI
x ( s ) K1
.
=
⋅
=
y(s)
s 1 + sT1 s (1 + sT1 )
Beispiel 3.9
x
i
R
n, J
Φo
y
M
Bild 3.25 Werkzeugschlitten, angetrieben von einem fremderregten Gleichstrommotor
R
J
cΦ 0
n
a
(Ankerwiderstand)
= 0,3 Ω
2
= 0,905 Nms
(Trägheitsmoment der rotierenden Massen)
= 2,33 Vs
(Erregerfluss)
= Drehzahl der Motorwelle
= 1 mm/Umdr. (Gewindesteigung)
Eingangsgröße ist die Klemmenspannung y, Ausgangsgröße der vom Werkzeugschlitten zurückgelegte Weg x. Die Ankerinduktivität sei vernachlässigbar klein.
Für den Ankerkreis gilt
y ( s) = i ( s ) ⋅ R + cΦ 0 ⋅ ω ( s) .
(3.89)
3.7 I-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung
87
Der Ankerstrom i erzeugt mit dem konstanten Fluss Φ0 das elektrische Moment
M e ( s ) = cΦ 0 ⋅ i ( s ) ,
(3.90)
welches gleich dem durch das Massenträgheitsmoment J verursachten Gegenmoment
M m (t ) = J ⋅
dω ( t )
dt
bzw.
M m (s) = J ⋅ s ⋅ ω (s) = M e (s)
(3.91)
ist.
Die zeitliche Wegänderung des Werkzeugschlittens ist proportional der Drehzahl n
dx(t )
= a ⋅ n(t )
dt
oder mit ω = 2π n
ω (s) =
c−−¦
s ⋅ x( s ) = a ⋅ n( s )
2π
⋅ s ⋅ x( s) .
a
(3.92)
Aus Gl. (3.91) folgt unter Berücksichtigung von Gl. (3.90)
J
i( s) =
cΦ 0
⋅ s ⋅ ω (s) .
(3.93)
Mit (3.93) in (3.89) erhalten wir
y ( s) = cΦ 0 ⋅ ω ( s ) +
JR
⋅ s ⋅ ω (s)
cΦ 0
(3.94)
und mit Gl. (3.92) in (3.94)
y ( s) =

JR 
2π
⋅ s ⋅ x( s ) cΦ 0 + s

a
cΦ 0 

(3.95)
bzw.

1
a
JR 
⋅ y ( s) = x( s) 1 + s
.
2πcΦ 0 s

(cΦ 0 ) 2 
Führen wir die Abkürzungen
KI =
a
mm
= 0,06831
2πcΦ 0
Vs
und
T1 =
JR
( cΦ 0 ) 2
= 0,05 s
(3.96)
88
3 Die Regelstrecke
ein, so folgt aus (3.96) schließlich die Übertragungsfunktion des Systems
GS ( s ) =
KI
x( s )
.
=
y ( s ) s (1 + sT1 )
(3.97)
Die sich aus (3.95) oder (3.97) ergebende Differentialgleichung
T1 x(t ) + x (t ) = K I ⋅ y (t )
wird meistens als Integro-Differentialgleichung in der Form
T1 x (t ) + x(t ) = K I
 y(t ) dt
(3.98)
geschrieben.
Sie zeigt, dass [T1 x (t ) + x(t )] proportional dem zeitlichen Integral der Eingangsgröße y ist;
daher die Bezeichnung integrales Verhalten mit Verzögerung 1. Ordnung oder kurz
I-T1-Verhalten.
Wie der in Bild 3.26 dargestellte Wirkungsplan zeigt, kann die durch Gl. (3.97) beschriebene
I-T1-Strecke als Reihenschaltung eines P-T1-Gliedes und eines I-Gliedes aufgefasst werden.
Der Proportional- und Integrierbeiwert können auch zu KI zusammengefasst und einem der
beiden Blöcke zugeordnet werden. Allerdings hat dann die Größe zwischen den beiden Blöcken
keinen physikalischen Sinn.
KI
a ,T1
y(s)
KI a
1+ sT1
n(s)
x(s)
a
s
y(t)
a
n(t)
x(t)
Bild 3.26 Wirkungsplan des durch Gl. (3.97) gegebenen Systems
•
Sprungantwort der I-T1-Strecke
Zur Ermittlung der Sprungantwort lösen wir Gl. (3.97) nach x(s) auf und erhalten mit
y (t ) = y0 ⋅ σ (t )
x( s ) = K I ⋅ y 0
c−−¦
y
y ( s) = 0
s
1
2
s (1 + sT1 )
=
K I ⋅ y0
1
.
⋅
T1
1
2 

s s + 
T1 

(3.99)
Für einen n-fachen Pol in a gilt der Residuensatz
Res [GS ( s) e st ] s = a =
Damit folgt aus (3.99)
1
d n−1
lim
[( s − a ) n ⋅ GS ( s ) e st ] .
−
n
1
( n − 1)! s →a ds
(3.99a)
3.7 I-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung
89



1

t 
 s +  t e st − e st
− 
T1 
K ⋅y 

+ T12 e T1 
x(t ) = I 0  lim
2
T1  s →0


1


+
s




T
1



bzw.
x(t ) = K I ⋅ y 0 [t − T1 (1 − e
Für t > 5T1 ist der Term mit e
asymptotisch gegen die Gerade
−
t
T1
− t/T1
)] .
(3.100)
vernachlässigbar klein und x(t) läuft, wie Bild 3.27 zeigt,
x A (t ) = K I ⋅ y 0 ⋅ (t − T1 ) .
Die Asymptote verläuft parallel zur Sprungantwort eines Systems ohne Verzögerung (T1 = 0).
x(t)
KI⋅ y0⋅ t
x(t)
Bild 3.27
Sprungantwort einer I-T1-Strecke
Asymptote
t
T1
•
Ortskurve der I-T1-Strecke
Aus Gl. (3.97) folgt der Frequenzgang
GS ( jω ) =
x ( jω )
KI
KI
.
=
=
2
y ( jω ) jω (1 + jω T1 ) − ω T1 + jω
Durch Erweiterung mit dem konjugiert Komplexen des Nenners erhalten wir:
Re (GS ) = −
K IT1
1 + (ω T1 ) 2
Im (GS ) = −
KI
.
ω [1 + (ω T1 ) 2 ]
Bild 3.28 zeigt den Verlauf der Ortskurve des I-T1-Gliedes
(3.101)
90
3 Die Regelstrecke
KI ⋅T1
2
Im
ω=∞
Re (GS )
0
− K IT1
Re
1
T1
KI ⋅T1
2
−
∞
KI ⋅T1
ω
•
ω
1
K I T1
2
Im (GS )
−∞
−
1
K I T1
2
0
0
Bild 3.28
Ortskurve eines I-T1-Gliedes
Beispiel 3.10
Gegeben ist die Flüssigkeitsstandregelstrecke nach Bild 3.29 mit dem Ventilhub y als Eingangsgröße und dem Flüssigkeitsstand x als Ausgangsgröße.
Q
Es sollen folgende Voraussetzungen gelten:
a) Die pro Zeiteinheit zufließende Menge Qe ist
proportional dem Ventilhub y. Für y = y1 = 1
cm ist Qe = Q0 =10 1/min.
y
.
Qe = Q0 ⋅
y1
(3.102)
b) Die aus dem 1. Behälter ausfließende Menge
Qa ist proportional dem Flüssigkeitsstand h
(laminare Strömung). Für h = h1 = 40 cm ist
Qa = Q0 =10 1/min.
Qa = Q0 ⋅
h
.
h1
(3.103)
Für die zeitliche Änderung des Flüssigkeitsstands
im 1. Behälter gilt
A1
y
e
h
A1
Qa
x
A2
Bild 3.29
Flüssigkeitsstandregelstrecke
2
A1 = A2 = 100 cm
 y (t ) h(t ) 
dh(t )
= Qe − Qa = Q0 
−

dt
h1 
 y1
und nach y aufgelöst
A1 h1 dh(t )
⋅
+ h(t ) = y (t ) ⋅
Q0
dt
h1
.
y1
(3.104)
3.7 I-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung
91
Mit den Abkürzungen
h
A h
K1 = 1 = 40 und T1 = 1 1 = 0,4 min = 24 s
y1
Q0
folgt aus (3.104) die Differentialgleichung des 1. Teilsystems
T1
dh(t )
+ h(t ) = K1 ⋅ y (t )
dt

T1 ⋅ s ⋅ h( s ) + h( s ) = K1 ⋅ y ( s )
(3.105)
mit der korrespondierenden Übertragungsfunktion
K1
h( s )
.
=
y ( s ) 1 + sT1
GS1 ( s ) =
(3.106)
Die zeitliche Änderung des Flüssigkeitsstandes im 2. Behälter ist
A2
dx(t )
h(t )
.
= Qa (t ) = Q0
dt
h1
Setzen wir K 2 =
(3.107)
Q0
= 2,5 min -1 = 0,0417 s −1 = 24 s , so folgt aus Gl. (3.107)
A2 h1
dx(t )
= K 2 ⋅ h(t )
dt
(3.108)
bzw. die Übertragungsfunktion des 2. Teilsystems
GS2 ( s ) =
x( s) K 2
.
=
h( s )
s
(3.109)
Wie die Gleichungen (3.106) und (3.109) zeigen, ist die Ausgangsgröße h des 1. Teilsystems
gleich der Eingangsgröße des 2. Teilsystems. Beide Systeme sind somit, wie Bild 3.30 zeigt,
−1
hintereinander geschaltet und ergeben mit KI = K1K2 = 1,67 s die resultierende Übertragungsfunktion
GS ( s ) =
y(s)
KI
x( s )
.
= GS1 ( s ) ⋅ GS2 ( s ) =
y(s)
s (1 + sT1 )
K1
1+ sT1
h(s)
K2
x(s)
y(t)
(3.110)
K1 , T1
h(t)
K2
x(t)
s
Bild 3.30 Wirkungsplan der Flüssigkeitsstandregelstrecke nach Bild 3.29
Vergleichen wir die Übertragungsfunktion (3.110) mit der in Beispiel 3.9 ermittelten Gl. (3.97),
so sehen wir deren Identität. Die Sprungantwort sowie der Ortskurvenverlauf ergeben sich
entsprechend Beispiel 3.9.
92
3 Die Regelstrecke
X Aufgabe 3.7
Die Kraft-Geschwindigkeits-Kennlinie eines Linearmotors kann in erster Näherung durch eine
Gerade Fb = f (va) (Bild 3.31) dargestellt werden.
Fb
Hierin bedeuten:
Fb
beschleunigende Kraft
K⋅vs
Geschwindigkeit des Linearmotors
va
synchrone Geschwindigkeit des Wanderfelds
vs
x
zurückgelegter Weg des Linearmotors
K
Proportionalitätsfaktor
0
va
vs
m
Masse des Linearmotors
0
Die vom Linearmotor erzeugte Kraft Fb dient
zur Beschleunigung der Masse m des Linearmotors.
Bild 3.31 Angenäherte Kennlinie
eines Linearmotors
Gesucht sind:
a) Fb = f (va , vs)
b) Die Differentialgleichung des Systems mit der Eingangsgröße vs(t) und der Ausgangsgröße
va(t). (Abkürzung T1 = m / K)
c) Die Übertragungsfunktion
v (s)
GS1 ( s ) = a
v s (s)
d) Die Übertragungsfunktion
GS ( s ) =
x( s )
mit x (t ) = v a (t ) dt
v s (s)

e) Die Sprungantwort x(t) für v s (t ) = v 0 ⋅ σ (t ) .
3.8 Strecken mit Totzeit Tt
Gibt man auf den Eingang einer Strecke mit Totzeit (Tt -Strecke) ein Eingangssignal
y(t), so erscheint am Ausgang das Eingangssignal, allerdings um die Totzeit Tt verschoben (Bild 3.32).
Ist y(t) die Eingangsfunktion, so ist das Ausgangssignal
 0 für t < Tt
x(t ) = 
 y (t − Tt ) für t ≥ Tt .
(3.111)
Ursache für das Auftreten einer Totzeit ist die endliche Ausbreitungsgeschwindigkeit
eines Signals zwischen Stell- und Messort bzw. zwischen Sende- und Empfangsort.
3.8 Strecken mit Totzeit Tt
93
y
0
t
0
y
Bild 3.32
Ein- und Ausgangssignal einer
Tt
0
Strecke mit Totzeit Tt
t
0
Typische Regelstrecken mit Totzeit sind Förderbänder (Bild 3.33). Eingangsgröße ist
die Schieberstellung y und Ausgangsgröße ist die pro Zeiteinheit vom Band geförderte
Menge x.
l
y
v
⋅
Bild 3.33
Förderband
⋅
x
Der Schieber sei zunächst geschlossen und werde zum Zeitpunkt t = 0 sprunghaft
geöffnet:
y (t ) = y 0 ⋅ σ (t ) .
Nach Verlauf der Totzeit Tt wird am Ausgang eine der Schieberstellung proportionale
Menge
x(t ) = K PS ⋅ y 0 ⋅ σ (t − Tt )
vom Band laufen, mit der in Bild 3.34 gezeigten Sprungantwort.
x
y
y
Tt
0
0
t
0
0
0
K PS⋅ y0
t
Bild 3.34 Eingangssprung und
Sprungantwort einer P-Strecke mit
Totzeit
Die Totzeit ergibt sich aus der Entfernung l zwischen Stell- und Messort und der konstanten Bandgeschwindigkeit v zu
Tt =
l
.
v
94
3 Die Regelstrecke
Übertragungsfunktion, Frequenzgang und Ortskurve des reinen Totzeitgliedes
Im Gegensatz zu den bisher in diesem Kapitel besprochenen Systemen, kann ein System mit Totzeit nicht durch eine gewöhnliche Differentialgleichung, sondern nur
durch eine partielle Differentialgleichung beschrieben werden. Einen wesentlich einfacheren Zusammenhang zwischen Ein- und Ausgangsgröße gewinnt man im Bildbereich in Form der Übertragungsfunktion.
Unterziehen wir Gl. (3.111) der Laplace-Transformation, so ist
∞

L [ x(t )] = y (t − Tt ) ⋅ e − st dt .
0
Da y (t − Tt ) = 0 für t < Tt , können wir die untere Integrationsgrenze bei t = Tt beginnen lassen und erhalten
∞
L [ x(t )] =
 y(t − Tt ) ⋅ e
− st
dt .
(3.112)
Tt
Wir bilden nun folgende Substitution
τ = t − Tt
t = τ + Tt
dt = dτ .
(3.113)
Die untere Integrationsgrenze ist für t = Tt τ = 0, die obere τ = ∞. Damit wird
∞
L [ x(t )] =
 y(τ ) ⋅ e
− sτ
⋅ e − sTt dτ
0
L [ x(t )] = e − sTt
∞
 y(τ ) ⋅ e
− sτ
dτ = e − sTt ⋅ L [ y (t )] .
(3.114)
0
Aus Gl. (3.114) folgt unmittelbar die Übertragungsfunktion des Totzeitgliedes
GS ( s ) =
x( s )
= e − sTt .
y(s)
(3.115)
Gl. (3.115) zeigt, dass die Beziehung zwischen Ein- und Ausgangsgröße durch den
Verschiebungssatz der Laplace-Transformation wiedergegeben wird.
Wir erhalten aus Gl. (3.114) den Frequenzgang, in dem wir s = jω setzen
GS ( jω ) =
x ( jω )
= e − j ω Tt .
y ( jω )
(3.116)
3.8 Strecken mit Totzeit Tt
95
Zur Darstellung der Ortskurve kann GS(jω) in seinen Real- und Imaginärteil zerlegt
werden
GS ( jω ) = e − jω Tt = cos ω Tt − j ⋅ sin ω Tt .
Günstiger ist hier die Darstellung von GS(jω) durch Betrag und Phase
GS ( jω ) = GS ( jω ) ⋅ e − jϕ = 1 ⋅ e − jω Tt ,
(3.117)
mit GS ( jω ) = 1 und ϕ = −ω Tt . Das heißt, die Ortskurve ist der Einheitskreis, beginnend bei ω = 0 auf der reellen Achse und läuft im Uhrzeigersinn periodisch um,
mit der Kreisfrequenz ω = 2π /Tt. Jeder Punkt der Ortskurve (Bild 3.35) ist also beliebig vieldeutig.
Im
1,5
ω=
ω=
π
0,5
Tt
− 1,5
3π
2Tt
ω=0
− 0,5
ω=
π
2Tt
0,5
1,5
Re
Bild 3.35
Ortskurve eines reinen
Totzeitgliedes
ω
− 1,5
In der Elektrotechnik treten Totzeiten verhältnismäßig selten auf, so z. B. bei der Anschnittsteuerung von Thyristoren, bei der Bildung der Auto- und Kreuzkorrelation
stochastischer Signale sowie bei der Nachrichtenübertragung auf langen elektrischen
Leitungen. Beabsichtigt ist dieser Effekt bei Verzögerungsleitungen (Delay Line) in
der Oszillographen- und Impulstechnik.
Ferner macht sich die Totzeit bei der drahtlosen Nachrichtenübermittlung über große
Entfernungen bemerkbar. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit der elektromagnetischen
Wellen ist gleich der Lichtgeschwindigkeit. Bei den auf der Erde zu überbrückenden
Distanzen spielt die Endlichkeit der Lichtgeschwindigkeit noch keine Rolle. Bereits
bei der Entfernung Erde-Mond beträgt die Totzeit ca. 1 s, d. h. eine auf der Erde gesendete Nachricht wird erst 1 s später auf dem Mond empfangen. Eine Antwort kann
erst nach 2 s auf der Erde eintreffen und macht sich bei der Kommunikation schon
unangenehm bemerkbar. Noch größer wird die Diskrepanz, wenn die Nachricht über
eine Entfernung Erde-Mars mit Tt ca. 22,2 min (bei maximaler Entfernung) gesendet
wird.
In der Verfahrenstechnik kommt die Totzeit häufiger vor. Beispiele dafür sind die
Temperartur- und Druckregelstrecken. Eine Wärme- oder Druckleitung kann man als
Reihenschaltung von mehreren P-T1-Strecken darstellen. Im nächsten Abschnitt wird
gezeigt, dass auch eine P-Tn-Strecke sich durch die Totzeit ersetzen lässt.
96
3 Die Regelstrecke
3.9 Regelstrecken mit Totzeit und Verzögerung 1. Ordnung
Vielfach kommen Totzeiten in Verbindung mit Verzögerungen vor, wie im nachfolgenden Beispiel einer Mischregelstrecke.
•
Beispiel 3.11
In den Mischbehälter (Bild 3.36) mit dem Volumen V fließen die Mengen Q1 und Q2 mit den
Konzentrationen C1 und C2. Die Streckenparameter sind:
Q1 = 4 l/s
Q2 = 1 l/s
3
V = 0,5 m
h= 1m
l = 10 m.
Durch das Rührwerk wird im Mischbehälter eine gleichmäßige Durchmischung erreicht mit der
Konzentration Ca. Der Zufluss (Q1 + Q2) sei gleich dem Abfluss Qa und konstant. Dann ergibt
sich für die Konzentrationsänderung im Mischkessel
Q1 C1 (t ) + Q2 C 2 (t ) − Qa C a (t ) = V
Im stationären Zustand ist
dC a (t )
.
dt
(3.118)
dC a (t )
= 0 und folglich
dt
Q1 C1 (t ) + Q2 C 2 (t ) − Qa C a (t ) = 0 .
Q1 , c1
(3.119)
Q2 , c2
V , ca
h
Messfühler
Qa , ca
l
Bild 3.36 Mischbehälter mit nachfolgender langer Leitung
Ändert sich die Konzentration C1 um Δ C1 = c1 und folglich die Ca um Δ Ca = ca, so wird
Q1 [C1 (t ) + c1 (t )] + Q2 C 2 (t ) − Qa [C a (t ) + c a (t )] = V
Durch Subtraktion der Gl. (3.118) von Gl. (3.120) ergibt sich
Q1 c1 (t ) − Qa ca (t ) = V
dca (t )
dt
d [C a (t ) + ca (t )]
. (3.120)
dt
3.9 Regelstrecken mit Totzeit und Verzögerung 1. Ordnung
97
bzw. in Normalform
Q
V dc a (t )
+ c a (t ) = 1 c1 (t ) .
Qa dt
Qa
Mit den Abkürzungen
Q
V
K Ps = 1 = 0,8 und T1 =
= 100 s
Qa
Qa
erhalten wir die Differentialgleichung
T1
dca (t )
+ c a (t ) = K Ps c1 (t )
dt
(3.121)
bzw. die Übertragungsfunktion
c (s)
K Ps
.
GS1 ( s ) = a
=
c1 ( s ) 1 + sT1
(3.122)
Die Änderung am Ausgang des Mischkessels wird erst nach Verlauf der Totzeit
Tt =
l
v
am Messort wirksam.
Der Mischkessel ist ein P-T1-Glied mit der Übertragungsfunktion (3.122), während die nachgeschaltete Rohrleitung eine reine Totzeit mit folgender Übertragungsfunktion darstellt:
GS2 ( s) = e − sTt .
(3.123)
Die Gesamtstrecke lässt sich somit durch die Reihenschaltung zweier Glieder (des Verzögerungs- und des Totzeitgliedes) im Wirkungsplan darstellen (Bild 3.37).
GS ( s ) = GS1 ( s ) ⋅ GS2 ( s ) =
K PS − sTt
.
e
1 + sT1
(3.124)
KPS , T1
c1(s)
KPS
1+ sT1
− sTt
e
ca(s)
1, Tt
ca(t)
c1(t)
Bild 3.37 Wirkungsplan einer Strecke mit Totzeit und Verzögerung 1. Ordnung
ca
T1
Bild 3.38
Sprungantwort einer Strecke
mit Totzeit und Verzögerung
1. Ordnung
ca(∞) = KPS⋅ c1
0
0
t
Tt
98
3 Die Regelstrecke
Die Sprungantwort des Systems hat den in Bild 3.38 gezeigten Verlauf mit
 0 für t < Tt

t −Tt
ca (t ) = 
−
c10 K Ps [1 − e T1 ] für t ≥ Tt .
•
Frequenzgang und Ortskurve
Aus Gl. (3.124) folgt der Frequenzgang des Systems
GS ( jω ) =
K Ps
e − j ω Tt .
1 + jω T1
(3.125)
Die Ortskurve des Verzögerungsgliedes 1. Ordnung ist ein Halbkreis im vierten Quadranten.
Durch das Totzeitglied wird die Phase zusätzlich um den Winkel ϕ t = −ω Tt gedreht. Es entsteht die in Bild 3.39 gezeigte Spirale.
Im
KPS
ω=∞
ω=0
Re
P-T1
ω
s −1
ωT t
GS(jω )
P-T1 mit Tt
Bild 3.39
Ortskurve einer Strecke mit Totzeit
und Verzögerung 1. Ordnung
99
4 Regeleinrichtungen
Die Regeleinrichtung ist der Teil des Regelkreises, der die zu regelnde Größe der Regelstrecke mit einem vorgegebenen, konstanten Sollwert xsoll bzw. mit einer zeitlich
veränderlichen Führungsgröße w vergleicht und über ein Stellglied die Regelstrecke
so beeinflusst, dass die Regeldifferenz e Null oder möglichst klein wird.
Die Regeleinrichtung enthält mindestens je eine Einrichtung:
1. zum Erfassen der Regelgröße x,
2. zum Vergleich mit dem Sollwert xsoll bzw. der Führungsgröße w,
3. zum Bilden der Reglerausgangsgröße yR bzw. Stellgröße y.
Die Einteilung der Regeleinrichtungen erfolgt nach verschiedenen Gesichtspunkten:
a) Regeleinrichtung ohne und mit Hilfsenergie
Bei den Regeleinrichtungen ohne Hilfsenergie wird die zum Verstellen des Stellgliedes erforderliche Energie von der Regelgröße x über den Messfühler direkt geliefert.
Bild 4.1 zeigt eine Flüssigkeitsstandregelung mit einer Schwimmer-Regeleinrichtung ohne Hilfsenergie. Die Regelgröße
(Flüssigkeitsstand) wirkt auf den Schwimmer und dieser verstellt über einen Hebel
die Ventilöffnung des Eingangsventils. Ist
die abfließende Menge Qa größer als die
zufließende Menge Qe, so fällt der Flüssigkeitsstand, der Schwimmer öffnet das Eingangsventil und vergrößert damit Qe. Bei
verringertem Verbrauch steigt der Flüssigkeitsstand und das Ventil wird entsprechend geschlossen.
Bild 4.2 zeigt ebenfalls eine Flüssigkeitsstandregelung, allerdings mit einer Regeleinrichtung mit Hilfsenergie. Der
Schwimmer formt die Höhendifferenz in
eine analoge elektrische Spannung um, die
dann verstärkt dem Motorventil zugeführt
wird und dieses entsprechend verstellt. Für
Qa > Qe sinkt der Flüssigkeitsstand und die
abgegriffene Spannung hat die gezeichnete
Qe
Qa
Bild 4.1 Flüssigkeitsstandregelung mit
einer Regeleinrichtung ohne Hilfsenergie
u
M
Qe
Qa
Bild 4.2 Flüssigkeitsstandregelung mit
einer Regeleinrichtung mit Hilfsenergie
S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_4,
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2014
100
4 Regeleinrichtungen
Polarität, das Motorventil öffnet. Dadurch wird Qe größer, der Flüssigkeitsstand steigt
bis u = 0. Ist Qa < Qe, so steigt der Flüssigkeitsstand, die abgegriffene Spannung hat
nun die entgegengesetzte Polarität, d. h. das Motorventil wird geschlossen, was zur
Abnahme des Flüssigkeitsstandes führt und damit zu einer Abnahme der Spannungsdifferenz bis der Motor steht.
b) Stetige und unstetige Regeleinrichtungen
Man unterscheidet ferner zwei unterschiedliche Regeltechniken, die sich im Laufe der
Entwicklung herausgebildet haben:
− mittels stetiger Regeleinrichtung,
− mittels unstetiger Regeleinrichtung.
Als stetig wird eine Regeleinrichtung bezeichnet, wenn die Stellgröße yR im Beharrungszustand jeden Wert innerhalb des Stellbereiches annehmen kann. Die in den Bildern 4.1 und 4.2 gezeigten Regeleinrichtungen sind stetig.
Eine Regeleinrichtung wird als unstetig bezeichnet, wenn die Ausgangsgröße yR nur
wenige diskrete Werte annehmen kann.
Bild 4.3 zeigt den Bimetallregler zur Konstanthaltung der Bügeleisentemperatur. Im
kalten Zustand sind die Kontakte und damit der Stromkreis geschlossen. Mit zunehmender Erwärmung krümmt sich die Bimetallfeder nach oben und unterbricht den
Kontakt nach Erreichen einer ganz bestimmten Temperatur. Dreht man die Sollwertschraube weiter nach oben, so erhält die Bimetallfeder eine größere Vorspannung und
trennt die Kontakte erst bei einer höheren Temperatur. Bei geöffneten Kontakten
kühlt sich das Bügeleisen sowie die Bimetallfeder ab, bis die Kontakte geschlossen
werden und die Aufheizung erneut beginnt. Damit kann die Stellgröße nur die zwei
Werte EIN und AUS annehmen.
Heizwicklung
Bimetall
230 V
Bild 4.3
Bimetallregler (unstetiger Regler)
zur Konstanthaltung der Bügeleisentemperatur
Sollwert
Man bezeichnet solche Regeleinrichtungen als Zweipunktregler. Der Nachteil eines
solchen Zweipunktreglers ist, dass die Regelgröße den Sollwert nicht genau innehält,
sondern um diesen pendelt. Für viele Zwecke ist die Toleranz, mit der der Sollwert
eingehalten wird, vollkommen ausreichend. Gegenüber einem stetigen Regler ist der
Zweipunktregler einfacher im Aufbau und daher billiger. Die unstetigen Regeleinrichtungen wurden ursprünglich für Regelaufgaben verwendet, bei denen keine hohen Anforderungen an die Regeleinrichtung gestellt wurden. Heute werden unstetige Regeleinrichtungen in etwas aufwendigerer Form (elektrisch und elektronisch) auch zur
Regelung von schwieriger zu regelnden Regelstrecken eingesetzt.
4.1 Elektronische Regler mittels Operationsverstärker
101
4.1 Elektronische Regler mittels Operationsverstärker
Im Folgenden werden die Grundformen klassischer elektronischer Regler und deren
Aufbau mittels Operationsverstärker behandelt. Solche Operationsverstärker können
aus diskreten Elementen aufgebaut oder als integrierte Linearverstärker in einem einzigen Siliziumkristall (auf einem Chip) untergebracht sein. Verstärker in diskreter
Bauweise enthalten im Allgemeinen verhältnismäßig wenige Transistoren und ihr
Verstärkungsfaktor (V0 > 5000) ist deshalb um eine Größenordnung kleiner als der
von integrierten Operationsverstärkern (V0 > 50 000), die etwa die dreifache Anzahl
an Transistoren aufweisen.
Es soll hier nicht auf den z.T. sehr komplizierten inneren Aufbau von Operationsverstärkern eingegangen werden, sondern wir wollen den Operationsverstärker als einen
Gleichspannungsverstärker betrachten, dessen Verstärkung (meist in mehreren Stufen) im Leerlauf V0 beträgt.
Der Operationsverstärker kann näherungsweise durch das in Bild 4.4 gezeigte Ersatzschaltbild beschrieben werden.
ir
i1
ie
Z1
uD
i2
u1
−
Ze Za
Z2
i3
u2
Zr
u3
+
−
ia
V0uD
iL
ua
Bild 4.4
Ersatzschaltbild des Operationsverstärkers
ZL
Z3
Die heute zum Einsatz kommenden Operationsverstärker haben einen Ausgangswiderstand von Ra = 100 Ω. Dieser ist gegenüber von Lastwiderstand ZL und Rückführungswiderstand Zr in der Größenordnung > 10 kΩ vernachlässigbar und wird im weiteren mit Ra = Za = 0 angenommen. Damit folgt aus dem Ersatzschaltbild:
i 1 = ie + i r

u1 − u D − u 3 u D u D + u 3 − u a
=
+
Z1
Ze
Zr
(4.1)
i 2 = i3 − i e

u 2 − u3 u3 u D
=
−
Z2
Z3 Ze
(4.2)
u
uD = a .
V0
(4.3)
V0 ⋅ u D = u a

102
4 Regeleinrichtungen
Die Ausgangsspannung ua wird durch die Betriebsspannungen begrenzt und liegt in
der Größenordnung von ca. ± 10 V. Gemäß Gl. (4.3) wird für V0 > 5000 die Differenzspannung uD < 2 mV und somit in den Gln. (4.1) und (4.2) vernachlässigbar. Aus
Gl. (4.1) folgt
1
ua
u1
1 
− u3  +
=−
Z1
Zr
 Z1 Z r 
(4.4)
und aus Gl. (4.2)
 1
u2
1 
− u3 
+
=0
Z2
 Z2 Z3 
bzw.
u3 = u 2
Z3
.
Z 2 + Z3
(4.5)
Mit (4.5) in (4.4) erhalten wir schließlich
Z Z + Zr
Z
.
u a = −u1 r + u 2 3 ⋅ 1
Z1
Z1 Z 2 + Z 3
(4.6)
Aus der Gl. (4.6) lassen sich nun einige Grundschaltungen ableiten.
a) Invertierende Schaltung
Für Z3 = 0 und u2 = 0 wird
Z
u a = −u1 r ,
Z1
(4.7)
d. h., die Ausgangsspannung ua ist die invertierte Eingangsspannung, gewichtet mit
dem Faktor Zr / Z1 (Bild 4.5). Zur Kompensation des Einflusses des Eingangsruhestroms wird Z3 nicht gleich Null,
sondern
Z
r
Z1
A
u1
Z 3 = R3 = Z r Z1/ω =0
−
+
Bild 4.5 Invertierende Schaltung
gewählt.
ua
Infolge der vernachlässigbaren Differenzspannung uD ≈ 0, liegt der invertierende Eingang des Operationsverstärkers (Punkt A in Bild 4.5) nahezu
auf Massepotential und wird vielfach
als „virtuelle Masse“ bezeichnet.
4.1 Elektronische Regler mittels Operationsverstärker
103
b) Nichtinvertierende Schaltung
Für u1 = 0 und Z3 = ∞ in Bild 4.4 wird
Z

ua = u 2  r + 1
 Z1

(4.8)
mit der in Bild 4.6 gezeigten Schaltung.
Für Zr = 0 und Z1 = ∞ folgt aus Gl. (4.8)
ua = u 2 .
(4.8a)
Die sich so ergebende Schaltung hat einen hohen Eingangs- und einen niedrigen Ausgangswiderstand.
Zr
Sie wird als Impedanzwandler zur Entkopplung von Netzwerken benutzt.
Der Widerstand Z2 ist nicht unbedingt
erforderlich. Wählt man
−
Z2
+
u2
ua
Z1
Z 2 = R 2 = Z 1 Z r /ω = 0 ,
so kann auch hier der Einfluss des Eingangsruhestroms kompensiert werden.
Bild 4.6 Nichtinvertierende Schaltung
Zr
c) Differenzschaltung
Aus (4.6) folgt für Z2 = Z1 und
Z3 = Zr die in Bild 4.7 gezeigte
Schaltung zur Differenzbildung
der beiden Eingangsspannungen
Z1
u1
Z
u a = (u 2 − u1 ) r . (4.9)
Z1
u2
Z1
Schaltet man in der in Bild 4.5
gezeigten Inverterschaltung einen
weiteren Eingangswiderstand Z2
hinzu (Bild 4.8), so gilt für den
Knotenpunkt A (virtuelle Masse)
i2
Z2
bzw.
ua
Bild 4.7 Differenzschaltung
i1
u
u1 u 2
+
=− a
Z1 Z 2
Zr
+
Zr
d) Additionsschaltung
i1 + i2 = i r 
−
Z1
u1
ir
A
u2
Zr
−
+
Bild 4.8 Additionsschaltung
ua
104
4 Regeleinrichtungen
 Z
Z 
u a = − u1 r + u 2 r 
Z2 
 Z1
(4.10)
und mit Z2 = Z1
Z
u a = −(u1 + u 2 ) r .
Z1
Das heißt, die Ausgangsspannung ist gleich der negativen Summe der beiden Eingangsspannungen multipliziert mit Zr / Z1.
4.2 Führungs- und Störverhalten des geschlossenen Regelkreises
Bevor wir spezielle Regelkreise betrachten, soll zuvor in allgemeiner Form das Führungs- und Störverhalten eines Regelkreises ermittelt werden.
Im Bild 4.9 ist der Wirkungsplan eines Regelkreises dargestellt, worin GS(s) die
Übertragungsfunktion der Regelstrecke und GR(s) die Übertragungsfunktion der Regeleinrichtung bedeuten.
z
w
+
yR +
e
GR(s)
+
−
y
x
GS(s)
Bild 4.9 Wirkungsplan des
Regelkreises
Bei der Beurteilung eines Regelkreises interessieren u.a.:
a) das dynamische Verhalten der Regelgröße x auf eine Sollwertänderung, das so
genannte Führungsverhalten und
b) die dynamische Reaktion der Regelgröße x auf eine Störung, das so genannte
Störverhalten.
Im Idealfall sollte die Regelgröße stets gleich der Führungsgröße sein und eine Störung sofort kompensiert werden, so dass keine Auswirkung auf die Regelgröße erfolgt. Beide Forderungen sind nicht realisierbar.
4.2.1 Führungsübertragungsfunktion
Aus dem Wirkungsplan (Bild 4.9) folgt
y R ( s ) = [ w( s ) − x( s )]G R ( s )
(4.11)
x( s ) = [ y R ( s ) + z ( s)]GS ( s) .
(4.12)
und
Mit (4.11) in (4.12) folgt
4.2 Führungs- und Störverhalten des geschlossenen Regelkreises
105
x( s ) = {[ w( s ) − x( s)]G R ( s ) + z ( s )]GS ( s)
bzw.
x( s )[1 + GR ( s )GS ( s)] = w( s)G R ( s )GS ( s ) + z ( s)GS ( s ) .
(4.13)
Wir betrachten zunächst den Fall, dass für w = w1 x = x1 ist, d. h.
x1 ( s )[1 + G R ( s )GS ( s )] = w1 ( s)G R ( s )GS ( s ) + z ( s )GS ( s ) .
(4.14)
Nehmen wir nun an, dass bei z = konst. w den Wert w2 annimmt, dann wird sich Regelgröße x ebenfalls ändern und wir wollen den neuen Wert mit x2 bezeichnen, so
dass gilt:
x 2 ( s )[1 + G R ( s )GS ( s )] = w2 ( s )G R ( s )GS ( s ) + z ( s )GS ( s ) .
(4.15)
Subtraktion der Gl. (4.14) von Gl. (4.15) liefert
[ x 2 ( s ) − x1 ( s )] ⋅ [1 + G R ( s )GS ( s )] = [ w2 ( s ) − w1 ( s )] ⋅ G R ( s )GS ( s ) .
(4.16)
Betrachten wir nur die Änderungen und bezeichnen diese mit
x = x2 − x1
bzw.
w = w2 − w1,
so wird
x( s )[1 + G R ( s )GS ( s )] = w( s )G R ( s )GS ( s ) .
(4.17)
Das Verhältnis der Laplace-transformierten Regelgröße zur Führungsgröße wird als
Führungsübertragungsfunktion
Gw (s) =
G R ( s )GS ( s )
x( s )
=
w( s ) 1 + G R ( s )GS ( s )
(4.18)
bezeichnet.
Vielfach ist die Aufgabe gestellt, in einem Regelkreis mit mehreren Ein- und Ausgangsgrößen die Abhängigkeit zwischen einer bestimmten Ausgangsgröße xa und einer bestimmten Eingangsgröße xe zu ermitteln. Bezeichnet man den Zweig zwischen
Ein- und Ausgang als den Vorwärtszweig und den zwischen Aus- und Eingangsgröße
als Rückführungszweig, so erhalten wir ganz allgemein
xa ( s)
=
xe ( s )
1
1
G Vorw. ( s)
.
(4.19)
− G Rückf. ( s )
Hierbei ist die im Kreis nach Bild 4.9 vorhandene Vorzeichenumkehr zu beachten.
106
4 Regeleinrichtungen
4.2.2 Störübertragungsfunktion
Betrachten wir nun die Änderung der Regelgröße x (Ausgangsgröße) auf eine Änderung der Störgröße z (Eingangsgröße), so können wir nach dem im vorherigen Abschnitt Gesagten sofort die zugehörige Übertragungsfunktion angeben. Im Vorwärtszweig liegt GS(s) und im Rückführzweig − GR(s), bedingt durch die Vorzeichenumkehr.
Nach Gleichung (4.19) ist dann
G z (s) =
x( s )
=
z (s)
G z (s) =
GS ( s)
x( s )
=
z ( s) 1 + G R ( s )GS ( s )
1
1
+ G R ( s)
GS ( s )
bzw.
(4.20)
die gesuchte Störübertragungsfunktion.
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen
Entsprechend den in Kapitel 3 behandelten Regelstrecken werden auch die Regeleinrichtungen nach ihrem Zeitverhalten unterschieden. Nicht alle Regeleinrichtungen
sind zur Regelung von bestimmten Regelstrecken geeignet. So führt z. B. wie in diesem Kapitel gezeigt wird, die Regelung einer I-Strecke mit einer I-Regeleinrichtung
zu Dauerschwingungen. Andere Kombinationen können zur Instabilität führen.
4.3.1 P-Regeleinrichtung
Bild 4.10 zeigt den Wirkungsplan eines Reglers mit
der Regeldifferenz e als Eingangsgröße und der Stellgröße yR des Reglers als Ausgangsgröße.
Die Bezeichnung P-Regler besagt, dass die Ausgangsgröße yR proportional der Eingangsgröße e ist:
y R (t ) = K PR ⋅ e(t ) .
e
Regler
yR
Bild 4.10 Wirkungsplan
des P-Reglers
(4.21)
KPR ist der Proportionalbeiwert, der in weiten Grenzen eingestellt werden kann. Aus
(4.21) folgt die Übertragungsfunktion des P-Reglers
y ( s)
GR ( s) = R
= K PR .
e( s )
(4.22)
Die Sprungantwort einer solchen Regeleinrichtung ist, bei Vernachlässigung der immer vorhandenen Verzögerungen, ebenfalls eine Sprungfunktion mit
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen
107
Rr
y R (t ) = K PR ⋅ e0 ⋅ σ (t ) .
Bild 4.11 zeigt die technische Realisierung eines elektronisches P-Reglers mittels der in Abschnitt 4.1 behandelten Invertierschaltung. Mit
Zr = Rr und Z1 = R1 folgt aus Gl. (4.7) die Übertragungsfunktion
y (s) u a (s)
GR (s) = R
=
= − K PR . (4.23)
e( s )
u1 ( s)
R1
−
+
u1
ua
Bild 4.11 P-Regeleinrichtung mittels Operationsverstärker
Rr = 100 kΩ und R1 = 10 kΩ würde z. B. ein KPR = 10 ergeben. Das negative Vorzeichen kann vielfach anderweitig ausgeglichen werden, indem z. B. die Regeldifferenz
nicht positiv, sondern negativ zugeführt wird oder ein nachfolgendes Stellglied eine
weitere Vorzeichenumkehr bewirkt.
•
Beispiel 4.1
In Bild 4.12a ist eine pneumatische Regeleinrichtung nach dem Düse-Prallplatte-System gezeigt. Die Regeldifferenz e = w − x bestimmt über den Waagebalken den Abstand h zwischen
Düse und Prallplatte. Durch den mit h veränderlichen Druckabfall an der Auslassdüse wird der
Steuerdruck variiert.
Die statische Kennlinie yR = f(e) bzw. yR = f(h) ist nicht linear (Bild 4.12b). Der Verlauf der
Kennlinie ist abhängig vom Verhältnis des Düsen- zum Vordrosseldurchmesser d / dv. Durch
eine Gegenkopplung kann die Kennlinie linearisiert werden.
yR
Zuluft
a)
b)
Vordrossel
Steuerdruck
yR
Austrittsdüse
h
Prallplatte
w
x
0
d/4
h
Bild 4.12 Pneumatische P-Regeleinrichtung nach dem
Düse-Prallplatte-System (a) und
die statische Kennlinie (b)
Der Durchmesser der Austrittsdüse ist ca. 0,5 ... 1,5 mm. Bei entfernter Prallplatte ist der Austrittsquerschnitt ein Maximum.
Hat die Prallplatte zur Düse den Abstand h, so ist der Ringquerschnitt
AR = d π h
für den Luftaustritt maßgebend. Für h = d / 4 wird
AR = Amax .
Somit verliert die Prallplatte ihre Steuerwirksamkeit für einen Abstand h > d / 4 zur Düse.
108
4 Regeleinrichtungen
4.3.1.1 P-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T1-Strecke
Dynamisch erscheint eine P-Regeleinrichtung ideal zur Regelung geeignet, allerdings
erzeugt sie am Ausgang nur dann eine Stellgröße, wenn eine Regeldifferenz am Eingang vorhanden ist.
Der bezüglich seines Führungs- und
Störverhaltens zu untersuchende Regelkreis ist in Bild 4.13 dargestellt, mit
der Übertragungsfunktion der Strecke
K PS
x( s)
GS ( s ) =
=
y ( s) 1 + sT1
KPR
w
+
− GR(s)
KPS ,T1
y
x
GS(s)
(4.24)
Bild 4.13 Wirkungsplan des Regelkreises, bestehend aus einer P-T1-Strecke und
einer P-Regeleinrichtung
und der Regeleinrichtung
y ( s)
GR ( s) = R
= K PR .
e( s )
e
z
yR +
+
(4.25)
a) Führungsverhalten
Zur Ermittlung des zeitlichen Verlaufs der Regelgröße x(t) auf eine Sollwertänderung
benutzen wir die in Anschnitt 4.2.1 abgeleitete Führungsübertragungsfunktion (4.18).
Mit den Übertragungsfunktionen (4.21) und (4.25) des Regelkreises ist dann
Gw (s) =
G R ( s )GS ( s )
K PR K PS
x( s )
.
=
=
w( s ) 1 + G R ( s )GS ( s ) 1 + K PR K PS + sT1
(4.26)
Für einen Sollwertsprung
w(t ) = w0 ⋅ σ (t )
c−−¦
w( s ) =
w0
s
folgt aus (4.26) nach x aufgelöst
x( s ) =
K PR K PS
1
⋅
w0 .
1 + K PR K PS 

T1

s 1 + s
1 + K PR K PS 

(4.27)
Nach Rücktransformation in den Zeitbereich erhalten wir
t
x(t ) =
−
K PR K PS
(1 − e T ) w0 ,
1 + K PR K PS
mit
T=
T1
1 + K PR K PS
.
(4.28)
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen
109
Wie Bild 4.14 zeigt, wird der vorgegebene Sollwert w0 von der Regelgröße x auch im
stationären Endzustand nicht erreicht. Aus Gl. (4.28) folgt für t → ∞
x (∞ ) =
K PR K PS
w0 .
1 + K PR K PS
und die bleibende Regeldifferenz
e(∞) = w0 − x(∞) =
1
1 + K PR K PS
x(t)
(4.29)
e(∞)
Bild 4.14
Führungssprungantwort des
Regelkreises nach Bild 4.13
K PR K PS
⋅ w0
1 + K PR K PS
w0
0
w0 .
t
T
Wie Gl. (4.29) zeigt, kann die bleibende Regeldifferenz durch Vergrößern von KPR
verringert werden. Dies führt jedoch bei Strecken 2. Ordnung zur Verringerung der
Dämpfung und bei Strecken noch höherer Ordnung zur Instabilität des geschlossenen
Regelkreises. Hierin besteht der Hauptnachteil des P-Reglers.
b) Störverhalten
Die Abhängigkeit der Regelgröße x beim Auftreten einer Störgröße ermitteln wir mit
Hilfe der Störübertragungsfunktion (4.20) und den gegebenen Übertragungsfunktionen GR und GS.
Gz (s) =
GS ( s )
K PS
x( s )
.
=
=
z ( s) 1 + G R ( s )GS ( s) 1 + K PR K PS + sT1
Für eine sprungförmige Störgröße mit
z (t ) = z 0 ⋅ σ (t )
c−−¦
z(s) =
z0
s
wird
x( s ) =
K PS
1
⋅
⋅ z0 ,
1 + K PR K PS s (1 + sT)
mit
T=
T1
1 + K PR K PS
.
t
x(t ) =
−
K PS
(1 − e T ) ⋅ z 0 ,
1 + K PR K PS
(4.30)
110
4 Regeleinrichtungen
Interessiert man sich nur für den stationären Endzustand, so ist es bei komplizierteren
Regelkreisen einfacher x(∞) im Bildbereich mittels des Grenzwertsatzes der LaplaceTransformation zu ermitteln. Danach ist
lim x(t ) = lim s ⋅ x( s)
t →∞
(4.31)
s →0
und es folgt aus (4.30) sofort
x(∞) = lim x(t ) = lim
t →∞
s→0
x(∞) = lim x(t ) =
t →∞
K PS
s
⋅
⋅ z0
1 + K PR K PS s (1 + sT )
K PS
z0 .
1 + K PR K PS
(4.32)
Wie Bild 4.15 zeigt, ist auch das Störverhalten nicht voll befriedigend. Die infolge
der Störgröße auftretende bleibende Regeldifferenz kann zwar durch Vergrößern von
KPR verringert, aber nicht vollkommen beseitigt werden.
K PS
⋅ z0
1 + K PR K PS
T
x(t)
0
Bild 4.15 Störverhalten des
Regelkreises nach Bild 4.13 für
z(t)= z0⋅σ (t)
x2
x1
t
0
Im folgenden Beispiel soll gezeigt werden, dass sich ein Regelkreis, bestehend aus einer P-T2-Strecke und einem P-Regler im stationären Endzustand genauso verhält, aber
die Dämpfung mit zunehmendem KPR verringert wird.
•
Beispiel 4.2
Gegeben ist der in Bild 4.16 gezeigte Regelkreis mit
w
+
e
KPR
− GR(s)
z
yR
+
KPS ,T1 ,T22
y
+
x
GS ( s ) =
K PS
x( s )
=
y ( s ) s 2 T22 + s T1 + 1
y (s)
GR (s) = R
= K PS .
e( s )
GS(s)
Bild 4.16 Regelkreis bestehend aus einer P-T2-Strecke und einer P-Regeleinrichtung
KPS = 0,5; KPR = 16;
T1 = 3 s;
T2 = 1 s
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen
111
Gesucht sind:
a) Die Dämpfung D1 der ungeregelten Strecke.
b) Die bleibende Regeldifferenz bei einem Sollwertsprung w(t)= w0⋅σ (t).
c) Die Dämpfung D2 des geschlossenen Kreises.
Zu a):
GS ( s ) =
Mit β1 =
D=
x( s ) K PS
1
1
=
⋅
= K PS β12
.
2
2
2
T1
1
y ( s ) T2
2
s
+
s
2
α
+
β
1
1
s +s
+
T22 T22
T
1
und a1 = 1 erhalten wir die Dämpfung der ungeregelten Strecke
T2
2T22
T
α
= 1 = 1,5 > 1 .
β 2T2
Zu b):
Durch Einsetzen von GR und GS in Gl. (4.18) erhalten wir die Führungsübertragungsfunktion
Gw (s) =
K PR K PS
x( s )
=
.
2
2
w( s ) s T2 + s T1 + 1 + K PR K PS
(4.33)
Für w(s)= w0 /s ergibt sich
x( s ) =
K PR K PS
s(s
2
T22
+ s T1 + 1 + K PR K PS )
⋅ w0
(4.34)
und daraus nach dem Grenzwertsatz
x(∞) = lim x(t ) = lim s ⋅ x( s ) = w0 ⋅ lim Gw ( s )
t →∞
x (∞ ) =
s→0
s→0
K PR K PS
⋅ w0 .
1 + K PR K PS
(4.35)
Die bleibende Regeldifferenz
e(∞) = w0 − x(∞) =
ist identisch mit Gl. (4.29).
Zu c):
Aus Gl. (4.33) folgt
1
1 + K PR K PS
⋅ w0
(4.36)
112
4 Regeleinrichtungen
Gw (s) =
K PR K PS
T22
⋅
T
s2 + s 1 +
T22
1
.
1 + K PR K PS
T22
Hierin ist
β 22 =
1 + K PR K PS
T22
und α 2 =
T1
2T22
.
Für den geschlossenen Regelkreis errechnet sich die Dämpfung zu
α
D2 = 2 =
β2
T1
2T2 1 + K PR K PS
=
D1
(4.37)
1 + K PR K PS
D2 = 0,5 < 1 .
Die Gln. (4.36) und (4.37) zeigen, dass die beiden Forderungen bezüglich kleiner bleibender
Regeldifferenz und ausreichender Dämpfung sich widersprechen, so dass vielfach nur ein Kompromiss möglich ist.
X Aufgabe 4.1
Gegeben ist der im Bild 4.17 dargestellte
Regelkreis.
Ermitteln Sie:
a) Die bleibende Regeldifferenz für
w(t)= w0⋅σ (t); (z = 0).
b) Die bleibende Regeldifferenz infolge
z(t)= z0⋅σ (t).
c) Worin unterscheidet sich das
Führungs- und Störverhalten?
w
+
KPR
e
− GR(s)
z
yR +
+
KIS
x
y
GS(s)
Bild 4.17 Wirkungsplan des Regelkreises, bestehend aus einer I-Strecke und einer P-Regeleinrichtung
4.3.2 I-Regeleinrichtung
Die Bezeichnung I-Regeleinrichtung (integral wirkend) besagt, dass die Stellgröße yR
proportional dem Zeitintegral der Regeldifferenz e = w − x ist:

y R (t ) = K IR e(t )dt
(4.38)
dy R (t )
= K IR e(t ) .
dt
(4.39)
oder
Aus Gl. (4.39) folgt die Übertragungsfunktion der I-Regeleinrichtung mit
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen
113
y ( s ) K IR
.
GR (s) = R
=
e( s )
s
(4.40)
Insbesondere, wenn Ein- und Ausgangsgröße des Reglers die gleiche Dimension haben, wird die Zeitkonstante eingeführt:
TI =
1
.
K IR
Die Sprungantwort der I-Regeleinrichtung erhalten wir aus Gln. (4.40) mit
z (t ) = z 0 ⋅ σ (t )
y R (s) =
K IR
s2
z(s) =
c−−¦
z0
s
e0
bzw.
y R (t ) = K IR e0 ⋅ t .
(4.41)
Wie Bild 4.18 zeigt, steigt die Sprungantwort linear mit der Zeit an und erreicht für
t = l / KIR bzw. t = TI den Wert
y R (TI ) = e0 .
yR
e
0
e01
0
e02
t
0
e01
0
Bild 4.18 Eingangssprung und
Sprungantwort einer I-Regeleinrichtung
e02
TI
t
Bild 4.19 zeigt einen elektronischen I-Regler mittels beschaltetem Operationsverstärker (Invertierschaltung).
Betrachten wir die Laplacetransformierten Spannungen, so ist
C
u a ( s)
Z (s)
1
.
=− r
=−
u1 ( s )
Z1 ( s )
sCR1
R1
u1
Mit TI = CR1 wird
y ( s ) u a ( s)
1
.
GR (s) = R
=
=−
e( s )
u1 ( s )
sTI
−
+
ua
(4.42)
Bild 4.19 I-Regeleinrichtung
mittels Operationsverstärker
114
•
4 Regeleinrichtungen
Beispiel 4.3
yR
w
Stellzylinder
Steuerzylinder
Steuerkolben
Druckkanal
Stellkolben
Saugkanal
Zur Regelung von Systemen, bei denen
hohe Stellkräfte erforderlich sind, wie
z. B. bei Walzgerüsten, kommen insbesondere hydraulische Regeleinrichtungen
zum Einsatz. Die in Bild 4.20 gezeigte
hydraulische I-Regeleinrichtung soll nur
qualitativ in ihrer Funktionsweise erklärt
werden.
Der Stellkolben befindet sich in Ruhestellung, wenn der Steuerkolben die Zuund Abflüsse der Ölkanäle sperrt (gezeichnete Stellung), d. h. wenn die Kraft
x und die Führungsgröße w gleich sind.
Tritt eine Regeldifferenz auf, z. B. x > w,
so wird sich der Steuerkolben nach oben
bewegen, bis infolge der größeren Federkraft wieder ein Gleichgewicht eintritt.
Dies bewirkt, dass der mittlere Steuerkolben den Druckkanal freigibt, der auf
die Unterseite des Stellkolbens wirkt.
x
Bild 4.20 Hydraulische I-Regeleinrichtung
Gleichzeitig wird durch den oberen Steuerkolben der Saugkanal freigegeben, so dass das im
oberen Teil des Stellzylinders befindliche Öl abströmen kann. Die Änderungsgeschwindigkeit,
mit der sich der Stellkolben nach oben bewegt, ist proportional der freigegebenen Kanalöffnung
bzw. proportional der Regeldifferenz, konstanter Öldruck vorausgesetzt.
dy R (t )
~ e(t)
dt
bzw.

y R (t ) = K IR e(t )dt .
4.3.2.1 I-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T1-Strecke
KIR
w
+
e
− GR(s)
z
+
yR
+
KPS ,T1
y
x
GS(s)
Bild 4.21 Regelkreis gebildet aus einer P-T1Strecke und einer I-Regeleinrichtung
Regelstrecke und Regeleinrichtung
sind zu einem Regelkreis gemäß Bild
4.21 zusammengeschaltet.
Im Folgenden soll wieder das Führungs- und Störverhalten untersucht
werden.
a) Führungsverhalten
Ausgehend von der Führungsübertragungsfunktion Gl. (4.18) erhalten wir für das System nach Bild 4.21
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen
Gw (s) =
G R ( s )GS ( s )
K IR K PS
x( s)
=
=
.
2
w( s) 1 + G R ( s )GS ( s ) s T1 + s + K IR K PS
115
(4.43)
Wie Gl. (4.43) zeigt, ist die Ordnung des geschlossenen Kreises um Eins höher als die
der ungeregelten Strecke. Indem wir in Gl. (4.43) den Koeffizienten der höchsten Potenz von s des Nennerpolynoms zu Eins machen, erhalten wir mit den Abkürzungen
β2 =
K IR K PS
T1
Gw (s) =
und
α=
1
2T1
x( s )
β2
=
.
w( s ) s 2 + s ⋅ 2α + β 2
(4.44)
Ein Maß für die Dynamik des Systems ist die Dämpfung
D=
α
1
.
=
β 2 K IR K PST1
(4.45)
Wir sehen aus (4.45), dass durch Vergrößern von KIR die Dämpfung verringert wird
und für D < 1 zu gedämpften Schwingungen führt.
Der stationäre Endzustand der Regelgröße x bei Annahme einer sprungförmigen Führungsgröße
w(t ) = w0 ⋅ σ (t )
c−−¦
w( s ) =
w0
s
bestimmt sich aus Gl. (4.43) zu
x( s ) = Gw ( s ) ⋅ w( s ) = Gw ( s ) ⋅
w0
s
und mittels Grenzwertsatz erhalten wir
x(∞) = lim x(t ) = lim s ⋅ x( s ) = w0 ⋅ lim G w (s)
t →∞
s→0
s→0
x(∞) = w0 .
Das heißt, die bleibende Regeldifferenz
e(∞) = w0 − x(∞) = 0 .
(4.46)
b) Störverhalten
Ganz entsprechend erhalten wir mit der Störübertragungsfunktion Gl. (4.20) und den
gegebenen Übertragungsfunktionen GR und GS
Gz ( s ) =
x( s)
GS ( s )
s ⋅ K PS
=
=
.
2
z ( s ) 1 + GR ( s )GS ( s ) s T1 + s + K IR K PS
(4.47)
116
4 Regeleinrichtungen
Die Nenner Gz und Gw (Gl. (4.47) und Gl. (4.43)), die das dynamische Verhalten eines Systems bestimmen, sind gleich und ebenso die Dämpfung. Mit den Abkürzungen
2
β = KIRKPS/T1 und α = 1/2 T1 erhalten wir
Gz ( s) =
x( s ) K PS
s
=
⋅
z(s)
T1 s 2 + s ⋅ 2α + β 2
(4.48)
und
D=
α
1
.
=
β 2 K IR K PST1
(4.49)
Für einen Störsprung
z (t ) = z 0 ⋅ σ (t )
c−−¦
z(s) =
z0
s
wird
x(∞) = lim x(t ) = lim s ⋅ x( s ) = 0 .
t →∞
(4.50)
s→0
Das heißt, der Einfluss der Störgröße wird vollkommen beseitigt.
Das untersuchte System zeigt bei Führung und Störung das gleiche dynamische Verhalten. Wie in diesem Kapitel noch gezeigt werden wird, ist das nicht generell so. Es
kann vorkommen, dass im Zähler- und Nennerpolynom von Gw oder Gz gemeinsame
Linearfaktoren enthalten sind, die sich herauskürzen und somit die Ordnung des Systems reduzieren.
Der Vorteil der I-Regeleinrichtung besteht darin, dass nur eine vorübergehende, keine
bleibende Regeldifferenz auftritt. Trotz bestehender Störgröße wird nach abgeschlossenem Regelvorgang der Sollwert wieder erreicht. Nachteilig ist, dass mit zunehmendem I-Einfluss (größerem KIR) die Dämpfung kleiner wird.
•
Beispiel 4.4
Für den Regelkreis nach Bild 4.21, mit KIR = 0,1 s
KPS = 2
T1 = 20 s
-1
soll das Führungsverhalten von x(t) für w(t) = w0⋅σ (t) ermittelt werden. Nach Gl. (4.45) ergibt
sich die Dämpfung zu
D=
1
α
=
= 0,25 <1
β 2 K IR K PST1
α=
1
= 0,025 s −1 ;
2T1
und
β=
K IR K PS
= 0,1 s −1 .
T1
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen
117
Dass heißt, dass die Regelgröße gedämpfte Schwingungen ausführen wird.
Zur Bestimmung der Sprungantwort lösen wir die Übertragungsfunktion (4.44) nach x(s) auf
x( s ) = G w ( s ) ⋅ w( s ) =
β2
w
⋅ 0
s 2 + s ⋅ 2α + β 2 s
und erhalten unter Verwendung der Beziehung 13 der Korrespondenztabelle



α
x(t ) = 1 − e − α t  cos ωet +
sin ωet   ⋅ w0
ωe
 


(4.51)
mit dem in Bild 4.22 gezeigten
Verlauf der Sprungantwort. In
Gl. (4.51) ist
x(t)
ωe = β 2 − α 2
ω e = 0,0968 s −1
w0
die Eigenkreisfrequenz des gedämpften Systems.
t
Bild 4.22 Führungssprungantwort des Regelkreises mit I-Regler
4.3.2.2 I-Regeleinrichtung zur Regelung einer I-Strecke
KIR
w
+
e
− GR(s)
z
yR +
+
KIS
y
GS(s)
Bild 4.23 Regelkreis gebildet aus einer
I-Strecke und einer I-Regeleinrichtung
x
Dass eine I-Regeleinrichtung zur Regelung einer I-Strecke (Bild 4.23) ungeeignet ist, lässt sich leicht zeigen.
Die Übertragungsfunktion der Regelstrecke lautet:
GS ( s ) =
x( s ) K IS
=
y(s)
s
(4.52)
und entsprechend für den Regler
y ( s ) K IR
.
GR (s) = R
=
e( s )
s
(4.53)
Setzen wir (4.52) und (4.53) in die Führungsübertragungsfunktion (4.18) ein, so folgt
Gw (s) =
K IR K IS
x( s )
=
2
w( s ) s + K IR K IS
2
bzw. mit β = KIRKPS
Gw (s) =
x( s )
β2
=
.
w( s ) s 2 + β 2
(4.54)
118
4 Regeleinrichtungen
Wie der Nenner (4.54) zeigt, fehlt der die Dämpfung mitbestimmende Faktor α , d. h.
D=
α
=0.
β
Zur Ermittlung der Sprungantwort lösen wir (4.54) nach x(s) auf und erhalten mit
w(t ) = w0 ⋅ σ (t )
x( s ) = β 2
w( s ) =
c−−¦
1
2
s (s + β 2 )
w0
s
w0 .
(4.55)
Unter Verwendung der Beziehung 13 der Korrespondenztabelle folgt mit α = 0
x(t ) = (1 − cos β t ) ⋅ w0 .
(4.56)
Die Sprungantwort zeigt, was aufgrund D = 0 zu erwarten war, eine Dauerschwingung
um den Mittelwert w0 mit der Kreisfrequenz des ungedämpften Systems
β = K IR K IS
und bestätigt die eingangs gemachte Feststellung über die Unverträglichkeit einer IRegeleinrichtung zur Regelung einer I-Strecke.
X Aufgabe 4.2
Ermitteln Sie für den in Bild 4.23 gezeigten Regelkreis die Sprungantwort x(t) auf eine Störung
z(t) = z0⋅σ (t). Wie groß ist die mittlere bleibende Regeldifferenz?
4.3.3 PI-Regeleinrichtung
Es liegt nahe, die in Abschnitt 4.3.1 und 4.3.2 behandelten P- und I-Regler zu einer
Regeleinrichtung zu kombinieren, ihre spezifischen Vorteile zu nutzen und ihre
Nachteile zu unterdrücken.
Die Bezeichnung PI (proportional-integral wirkend) besagt, dass die Ausgangsgröße
einer PI-Regeleinrichtung gleich der Addition der Ausgangsgrößen einer P- und einer
I-Regeleinrichtung ist und durch folgende Gleichung beschrieben wird.

y R (t ) = K PR ⋅ e(t ) + K I ⋅ e(t )dt .
(4.57)
Es hat sich als zweckmäßig erwiesen, anstelle des Parameters KI die Zeitkonstante
Tn = KPR/KI einzuführen und Gl. (4.57) in der folgenden Form anzugeben

1
y R (t ) = K PR e(t ) +
T
n


 e(t )dt  .
(4.58)
Hierin sind KPR der Proportionalbeiwert und Tn die Nachstellzeit, die beiden einstellbaren Parameter des Reglers.
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen
•
119
Sprungantwort
yR
e
KPR e0
e0
0
t
0
KPR e0
Tn
t
Tn
Die Sprungantwort der PI-Regeleinrichtung für
e(t ) = e0 ⋅ σ (t )
folgt unmittelbar aus Gl. (4.58)

t 
y R (t ) = K PR e0 1 +

 Tn 
Bild 4.24 Eingangssprung und Sprungantwort
einer PI-Regeleinrichtung
(4.59)
mit dem in Bild 4.24 gezeigten
Verlauf.
Die Steigung der Sprungantwort ist
dy R (t ) K PR
=
e0 = konstant.
dt
Tn
Aus Gl. (4.58) folgt durch Laplace-Transformation die Übertragungsfunktion der PIRegeleinrichtung

y ( s)
1 
.
GR ( s) = R
= K PR 1 +
e( s )
sTn 

•
(4.60)
Frequenzgang und Ortskurve
Gl. (4.60) liefert mit s = jω den Frequenzgang der PI-Regeleinrichtung
GR ( jω ) =

y R ( jω )
1
= K PR 1 +
e( j ω )
j
ω
Tn

(4.61)
dessen Real- und Imaginärteil wie
folgt lauten
Im
KPR

 ,

Re(G R ) = K PR
ω=∞
Re
45°
KPR
Im(GR ) = −
ω=
ω
1
Tn
Bild 4.25 Ortskurve eines PI-Reglers
K PR
ω Tn
.
Variiert man ω von 0 ... ∞, so erhält man den in Bild 4.25 gezeigten Ortskurvenverlauf, eine Parallele zur negativ imaginären Achse.
Bild 4.26 zeigt die technische Realisierung eines elektronischen PI-Reglers mittels
Inverterschaltung.
120
4 Regeleinrichtungen
Mit der Rückführimpedanz Zr(s) = R2 + 1/sC und der Eingangsimpedanz Z1(s) = R1
folgt aus Gl. (4.7) die Übertragungsfunktion
u ( s)
Z ( s)
R
=− r
=− 2
GR (s) = a
u e (s)
Z1 ( s )
R1

1
1 +
sCR
2


 .

(4.62)
Ein Vergleich von (4.62) mit (4.60) zeigt, dass
R
K PR = 2
R1
und Tn = CR 2
ist. Da R2 sowohl KPR als auch Tn beeinflusst, wird man KPR durch R1 und Tn durch
C verändern.
1
sC
R2
R1
Bild 4.26
PI-Regeleinrichtung mittels Operationsverstärker
V.M. −
ue
+
ua
X Aufgabe 4.3
Entwerfen Sie eine PI-Regeleinrichtung, in der der P-Anteil und der I-Anteil durch die in den
Bildern 4.11 und 4.19 gezeigten Schaltungen getrennt erzeugt werden und deren Ausgänge mittels eines Summierers (Bild 4.8) gemäß Gl. (4.60) addiert werden.
Welche Elemente bestimmen KPR und Tn ?
4.3.3.1
PI-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T1-Strecke
Anhand des Wirkungsplanes (Bild 4.27) soll das Führungs- und Störverhalten untersucht werden.
w
+
z K ,T
KPR ,Tn
PS 1
+
e
yR
y
− GR(s)
+
x
GS(s)
Bild 4.27 Regelkreis bestehend aus
einer P-T1-Strecke und einer PIRegeleinrichtung
a) Führungsverhalten
Die Übertragungsfunktion der Strecke ist mit
GS ( s ) =
K PS
x( s)
=
y ( s) 1 + sT1
(4.63)
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen
121
gegeben. Für die Regeleinrichtung lautet die Übertragungsfunktion nach Gl. (4.60)
1 + sTn
y (s)
.
= K PR
GR (s) = R
sTn
e( s )
(4.64)
Mit (4.63) und (4.64) in (4.18) eingesetzt, erhalten wir die Führungsübertragungsfunktion
Gw (s) =
x( s)
=
w( s )
Gw (s) =
K PR K PS (1 + sTn )
x( s )
.
=
w( s ) (1 + sT1 ) sTn + K PR K PS (1 + sTn )
1
(1 + sT1 ) sTn
+1
K PR K PS (1 + sTn )
(4.65)
bzw.
(4.66)
Wählen wir in (4.66) den Regelparameter Tn = T1, so wird
Gw (s) =
K PR K PS (1 + sT1 )
x( s )
.
=
w( s ) (1 + sT1 )( K PR K PS + sT1 )
(4.67)
Dieser Ausdruck zeigt, dass Zähler und Nenner den gleichen Linearfaktor besitzen,
der sich herauskürzt und die Ordnung des Systems um Eins auf ein System 1. Ordnung reduziert.
Gw (s) =
K PR K PS
x( s )
.
=
w( s ) K PR K PS + sT1
(4.68)
Für Tn ≠ T1 wird die Dämpfung des Regelkreises
D=
α 1 + K PR K PS
=
β
2
Tn
.
K PR K PST1
(4.69)
Zur Beurteilung des stationären Verhaltens ermitteln wir für w(t) = w0⋅σ (t) den Endwert von x(t) mittels Grenzwertsatz.
lim x(t ) = lim s ⋅ w( s ) ⋅ Gw ( s ) = w0 ⋅ lim Gw ( s ) = w0 .
t →∞
s→0
s→0
Die bleibende Regeldifferenz wird unabhängig vom gewählten Tn stets gleich Null
e(∞) = w0 − x(∞) = 0 .
b) Störverhalten
Setzen wir (4.63) und (4.64) in die Störübertragungsfunktion (4.20) ein, so erhalten
wir
122
4 Regeleinrichtungen
Gz (s) =
sTn K PS
x( s )
=
2
z ( s) s Tn T1 + sTn (1 + K PR K PS ) + K PR K PS
Gz ( s) =
x( s )
=
z ( s)
(4.70)
bzw.
sK PS

1 + K PR K PS K PR K PS 
+
T1  s 2 + s

T1
Tn T1 

.
(4.71)
Im Gegensatz zum Führungsverhalten kommt in Gz(s) kein gemeinsamer Linearfaktor
im Zähler und Nenner von Gl. (4.71) vor, so dass das System stets von 2. Ordnung ist.
Lediglich für Tn → ∞ bzw. D → ∞ wird der Regelkreis zu einem System 1. Ordnung.
Die Regeleinrichtung hat dann aber kein PI-, sondern nur noch P-Verhalten.
Der das dynamische Verhalten des Systems bestimmende Nenner von Gz ist für
Tn ≠ T1 identisch mit dem von Gw. Mit
α=
1 + K PR K PS
und β =
2 T1
K PR K PS
Tn T1
erhalten wir wie in Gl. (4.69)
D=
α 1 + K PR K PS
=
β
2
Tn
.
K PR K PST1
(4.72)
Die Nullstelle s = 0 von Gz(s) sorgt dafür, dass die bleibende Regeldifferenz infolge
einer Störung verschwindet. Für
z (t ) = z 0 ⋅ σ (t )
c−−¦
z
z(s) = 0
s
folgt aus Gl. (4.71)
x( s ) = K PS
1
2
T1 ( s + s ⋅ 2α + β 2 )
⋅ z0
und
lim x(t ) = lim s ⋅ x( s ) = 0 .
t →∞
s →0
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine PI-Regeleinrichtung, im Gegensatz zum
P-Regler, keine bleibende Regeldifferenz verursacht. Gegenüber dem reinen I-Regler
wird die Dämpfung durch den zusätzlichen P-Anteil größer.
Bei Strecken höherer Ordnung führt allerdings die Vergrößerung von KPR ebenfalls
zur Verringerung der Dämpfung oder sogar zur Instabilität.
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen
•
123
Beispiel 4.5
Unter Verwendung der gleichen Kenngrößen wie in Beispiel 4.4 sollen im Folgenden die Vorzüge der PI- gegenüber der I-Regeleinrichtung aufgezeigt werden.
Für den in Bild 4.27 gezeigten Regelkreis mit
KPS = 2;
T1 = 20 s;
KI = 0,1 s
-1
und der zusätzlichen Annahme von KPR = 2,5 wird
Tn =
K PR
= 25 s .
KI
Die Dämpfung ergibt für das Führungs- und Störverhalten den gleichen Wert
D=
mit α =
α
= 1,5 > 1 .
β
1 + K PR K PS
= 0,15 s −1 und β =
2 T1
K PR K PS
= 0,1 s -1 .
TnT1
Für
w(t ) = w0 ⋅ σ (t )
c−−¦
w
w( s ) = 0
s
folgt aus Gl. (4.66)
x( s ) =
β 2 (1 + sTn )
s ( s 2 + s ⋅ 2α + β 2 )
w0


β 2 Tn
β2
x( s ) = 
+
 w0 .
2
2
2
2
 s ( s + s ⋅ 2α + β ) s + s ⋅ 2α + β 
(4.73)
(4.74)
Da D > 1 ist, ergeben sich zwei reelle Pole
s1,2 = −α ± α 2 − β 2 = −α ± w
s1 = −0,0382 s -1
s 2 = −0,2618 s -1 .
Die Beziehungen 13 und 11 der Korrespondenztabelle liefern zu Gl. (4.74) im Zeitbereich


β 2Tn s1 t
s
s
x(t ) = 1 + 2 e s1 t − 1 e s2t +
(e − e s2 t ) w0
2w
2w
 2 w

 s + β 2Tn s t s1 + β 2Tn s t 
x(t ) = 1 + 2
e1 −
e 2  w0
2w
2w


124
4 Regeleinrichtungen
und mit den Zahlenwerten
x(t)
x(∞)= w0
0
t
0
Bild 4.28
Führungssprungantwort des
Regelkreises mit PI-Regler
t
t

−0,0382
−0,2618 
s − 0,9472e
s w .
x(t ) = 1 − 0,0528e
 0



In Bild 4.28 ist der Verlauf der Sprungantwort gezeigt.
Im Gegensatz zur Regelung mit einem I-Regler
(Bild 4.22) tritt durch die Hinzunahme des P-Anteils
kein Überschwingen auf.
X Aufgabe 4.4
Das Störverhalten des in Bild 4.27 dargestellten Regelkreises wird durch die Übertragungsfunktion (4.71) beschrieben. Für welches KPR wird bei Tn = T1 die Dämpfung D ein Minimum und
wie groß ist dieses?
4.3.3.2
PI-Regeleinrichtung zur Regelung einer I-Strecke
An die Stelle der P-T1-Strecke in Bild 4.27 tritt nun eine I-Regelstrecke mit der Übertragungsfunktion
GS ( s ) =
x( s ) K IS
=
.
y(s)
s
(4.75)
Die Übertragungsfunktion der PI-Regeleinrichtung ist durch Gl. (4.60) gegeben
GR ( s) =
yR ( s )
1 + sTn
.
= K PR
sTn
e( s )
(4.76)
In Abschnitt 4.3.2.2 wurde gezeigt, dass die Regelung einer I-Strecke durch eine IRegeleinrichtung, infolge verschwindender Dämpfung D = 0, nicht möglich ist. Mit
(4.75) und (4.76) in (4.18) erhalten wir die Führungsübertragungsfunktion
Gw ( s ) =
x( s )
=
w( s )
K PR K IS (1 + sTn )

K K 
Tn  s 2 + sK PR K IS + PR IS 
Tn 

(4.77)
und für das Störverhalten gemäß Gl. (4.20)
Gz ( s ) =
x( s )
s ⋅ K IS
=
.
z ( s ) s 2 + sK K + K PR K IS
PR IS
Tn
Sowohl für das Führungs- wie auch für das Störverhalten ergibt sich mit
(4.78)
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen
α=
K PR K IS
2
und
β=
125
K PR K IS
Tn
die Dämpfung des Systems zu
D=
α 1
=
K PR K ISTn .
β 2
(4.79)
Auch hier zeigt sich der Vorteil der PI- gegenüber der I-Regeleinrichtung. Während
erstere im Zusammenwirken mit einer I-Strecke nur aperiodische Sprungantworten
oder gedämpfte Schwingungen ausführen kann, führt die zweite mit einer I-Strecke zu
unvertretbaren Dauerschwingungen. Ferner sieht man mittels des Grenzwertsatzes,
dass für eine sprunghafte Erregung der Führungsgröße w(t) = w0⋅σ (t)
lim x(t ) = lim s ⋅ w( s ) ⋅ Gw ( s ) = lim Gw ( s ) ⋅ w0 = w0 ,
t →∞
s→0
s→0
d. h. die bleibende Regeldifferenz e(∞) wird Null.
Ebenso erhalten wir für einen Störsprung z(t) = z0⋅σ (t)
lim x(t ) = lim s ⋅ z ( s ) ⋅ Gz ( s ) = z0 ⋅ lim Gz ( s ) = 0 .
t →∞
s→0
s→0
Die bleibende Regeldifferenz wird hier ebenfalls Null trotz bestehender Störung.
4.3.4 D-Verhalten
Das im Folgenden beschriebene D-Glied (differenzierend wirkend) ist allein zur Regelung ungeeignet. Kombiniert man den D-Einfluss mit anderen Zeitverhalten, so gelangt man zu Regeleinrichtungen mit PD- bzw. PID-Verhalten.
Bei einem realen D-Glied ist die Ausgangsgröße xa proportional dem zeitlichen Differential der Eingangsgröße xe
xa (t ) ~
dxe (t )
dt
bzw.
xa (t ) = K D ⋅
dx e (t )
.
dt
(4.80)
Der Proportionalitätsfaktor in (4.80) wird als Differenzierbeiwert KD bezeichnet. Aus
Gl. (4.80) folgt durch Laplace-Transformation die Übertragungsfunktion des D-Gliedes
x ( s)
y R (s) = a
= KD ⋅ s .
xe ( s )
(4.81)
126
4 Regeleinrichtungen
Systeme, die durch eine Übertragungsfunktion beschrieben werden, deren Zähler von
höherer Ordnung ist als der Nenner, sind physikalisch nicht realisierbar. Theoretisch
ermitteln wir für einen Sprung der Eingangsgröße
xe (t ) = xe 0 ⋅ σ (t )
c−−¦
xe ( s ) =
xe 0
s
aus Gl. (4.81) die Sprungantwort
xa ( s ) = K D ⋅ xe 0
für t ≠ 0
 0
xa (t ) = K D ⋅ x e 0 ⋅ δ (t ) = 
 ∞
(4.82)
für t = 0.
Bild 4.29 zeigt die Sprungantwort eines idealen D-Gliedes, die man sich auch durch
formales Bilden der Ableitung des Eingangssprungs entstanden denken kann.
Die Steigung des idealen Sprungs
xa
ist für t = 0 gleich Unendlich und
xe
für t > 0 gleich Null.
Bild 4.30 zeigt einen beschalteten
Operationsverstärker zur angenäherten Differentiation.
xe0
0
1
sC2
0
t
0
Bild 4.29 Eingangssprung und Sprungantwort eines idealen D-Gliedes
R2
1
R1 sC1
−
+
xe (s)
t
0
xa(s)
Bild 4.30 D-T1-Glied bzw. D-T2-Glied
zur angenäherten Differentiation
Die Übertragungsfunktion der in Bild 4.30 dargestellten Invertierschaltung lautet:
a) ohne C2
x (s)
Z (s)
GD (s) = a
=− r
=−
xe ( s )
Z1 ( s )
R2
R1 +
1
sC1
=−
sC1 R2
1 + sC1 R1
(4.83)
b) mit C2
x (s)
sC1 R2
.
GD (s) = a
=−
xe ( s)
(1 + sC1 R1 )(1 + sC 2 R2 )
(4.84)
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen
127
Gl. (4.83) stellt eine Differentiation mit Verzögerung 1. Ordnung dar, weil GD(s) als
Reihenschaltung eines idealen D-Gliedes und eines P-T1-Gliedes aufgefasst werden
kann. Entsprechend ergibt sich Gl. (4.84) durch Reihenschaltung eines D-Gliedes und
eines P-T2-Gliedes. Man könnte versucht sein, die Differenzierschaltung nach Bild
4.30 ohne den Widerstand R1 zu betreiben und würde aus Gl. (4.83) für R1 = 0
xa ( s)
= − sC1 R2 ,
xe ( s )
ein ideales D-Glied erhalten. Eine solche Schaltung führt jedoch zu einem verrauschten Ausgangssignal, da die immer vorhandenen hochfrequenten Störsignale (Rauschen) am Ausgang verstärkt erscheinen.
Das heißt, der Widerstand R1 ist
unbedingt zur Glättung erforderlich
und vielfach noch nicht ausreichend,
so das man gezwungen ist, zur weiteren Glättung einen zweiten Kondensator C2 parallel zu R2 zu schalten,
wobei die beiden Zeitkonstanten
R1C1 und R2C2 gleich groß gewählt
werden.
Bild 4.31 zeigt die Ortskurven der
D-, D-T1- und D-T2-Glieder.
Im
ω
D-T1
ω=
1
T1
D
ω=0
ω=∞
ω
Re
∞
ω=
1
T1T2
D-T2
Bild 4.31 Ortskurven des D-, D-T1- und
D-T2-Gliedes
4.3.5 PD-Regeleinrichtung
Durch die Hinzunahme des D-Anteils wird bereits während des Entstehens einer Regeldifferenz, bevor diese sich voll ausgewirkt hat, eine Stellgröße erzeugt und somit
die Regelung schneller.
Bei einer PD-Regeleinrichtung entspricht die Stellgröße yR einer Addition der Ausgangsgrößen eines P- und eines D-Gliedes. Die Differentialgleichung lautet demzufolge
y R (t ) = K PR e(t ) + K D
de(t )
dt
bzw.

K de(t ) 
y R (t ) = K PR e(t ) + D

K
PR dt 

mit
KPR Proportionalbeiwert
KD Differenzierbeiwert.
(4.85)
128
4 Regeleinrichtungen
Den Quotienten
KD
= Tv
K PR
bezeichnet man als die Vorhaltzeit und erhält damit
de(t ) 

y R (t ) = K PR e(t ) + Tv
.
dt 

(4.86)
Hierin sind KPR und Tv die beiden an realen Regeleinrichtungen einstellbaren Parameter. Die Übertragungsfunktion der idealen PD-Regeleinrichtung folgt aus Gl. (4.86)
durch Laplace-Transformation
y (s)
GR ( s) = R
= K PR (1 + sTv ) .
e( s )
(4.87)
Auch hier gilt, dass ein solches System gemäß Gl. (4.87), bei dem die Ordnung des
Zählers höher ist als die des Nenners, physikalisch nicht realisierbar und immer mit
einer Verzögerung behaftet ist. Vielfach kann jedoch diese Verzögerung gegenüber
den anderen im Regelkreis vorhandenen Zeitkonstanten vernachlässigt und mit der
idealen Übertragungsfunktion (4.87)
yR
gerechnet werden. Die theoretisch
e
sich ergebende Sprungantwort für
0
KPR e0
e0
0
t
0
0
t
Bild 4.32 Eingangssprung und Sprungantwort
der idealen PD-Regeleinrichtung
e(t ) = e0 ⋅ σ (t )
c−−¦
e
e( s ) = 0
s
folgt aus Gl. (4.87)
1

y R ( s ) = K PR  + Tv  ⋅ e0
s

für t = 0
 ∞
y R (t ) = K PR [1 + Tvδ (t )] ⋅ e0 == 
 K PR e0 für t > 0
(4.88)
mit dem in Bild 4.32 gezeigten Verlauf.
Zur technischen Realisierung einer PD-Regeleinrichtung können der P- und D-T1Anteil parallel mit den Schaltungen nach Bild 4.11 und 4.30 erzeugt und die Ausgänge mittels eines Summierers nach Bild 4.8 addiert werden.
Bild 4.33 zeigt eine Schaltung, die mit nur einem Operationsverstärker auskommt.
Zur Ermittlung der Übertragungsfunktion des beschalteten Operationsverstärkers nach
Bild 4.33 ist es zweckmäßig, infolge des in der Rückführung liegenden T-Gliedes, von
den Strömen auszugehen. Für den Knotenpunkt V.M. gilt
i 1 ( s ) = i 2 ( s ) = i3 ( s ) + i 4 ( s ) .
(4.89)
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen
Rr /2
i3 (s)
i2 (s)
129
Rr /2
C
i4 (s)
Rp
i1 (s) R
1
V.M.
e(s)
−
+
Bild 4.33 PD-T1-Regeleinrichtung
mittels Operationsverstärker
yR(s)
Da der invertierende Eingang des Operationsverstärkers wieder als "virtuelle Masse"
angesehen werden kann, folgt:
i1 ( s ) =
e( s )
R1
(4.90)
1
i2 ( s ) = − y R ( s )
Rr 
1 
 Rp +

Rr
sC 
2 
+
Rr
1
2
+ Rp +
sC
2
Rr




2
+ 1 .
−
 Rr + R + 1

p

sC
 2
(4.91)
Nach einigen Umformungen folgt aus Gl. (4.91) die Übertragungsfunktion der PD-T1Regeleinrichtung
y (s)
R
=− r
GR (s) = R
e( s )
R1
R

1 + sC  r + Rp 
4


.
1 + sCRp
(4.92)
Mi den Abkürzungen
R
K PR = r ;
R1
R

Tv = C  r + R p  ;
4


T1 = CR p
(4.93)
erhalten wir
1 + sTv
y (s)
.
GR ( s) = R
= − K PR
1 + sT1
e( s )
(4.94)
Die reale PD-T1-Regeleinrichtung nach Gl. (4.94) geht für Rp = 0 bzw. T1 = 0 in den
idealen PD-Regler nach Gl.(4.87) über. Dieser Fall ist aber wegen des sonst auftretenden verrauschten Ausgangssignals nicht möglich. Die so genannte parasitische
Zeitkonstante T1, die die Verzögerung bewirkt, wird von Rp bestimmt und sollte möglichst klein gegenüber Tv sein.
130
•
4 Regeleinrichtungen
Sprungantwort
Zur Ermittlung der Sprungantwort des PD-T1-Reglers lösen wir die Gl. (4.94) nach
yR(s) auf und erhalten bei Vernachlässigung des negativen Vorzeichens mit
e(t ) = e0 ⋅ σ (t )
y R (s) =
c−−¦
e
e( s ) = 0
s
K PR e0 1 + sTv
.
⋅
T1
1

s  + s 
 T1

(4.95)
Die Rücktransformation in den Zeitbereich mittels Residuensatz ergibt

 T
K PR 
y R (t ) =
⋅ T1 − T1 1 − v
T1
T1


t 
 − T1 
 e
 e0


(4.96)
bzw.
t 

 Tv
 − T1 

− 1 e
y R (t ) = K PR 1 + 
 e0 .
T

  1

(4.97)
Bild 4.34 zeigt die entsprechende Sprungantwort.
yR
e
0
•
Tv
e
T1 0
T1
e0
t
0
KRP
0
0
KPR e0
t
Bild 4.34 Eingangssprung
und Sprungantwort eines
PD-T1-Reglers
Frequenzgang und Ortskurve
Vernachlässigen wir in Gl. (4.94) das durch die invertierende Wirkung der Schaltung
(Bild 4.33) bedingte negative Vorzeichen, so erhalten wir daraus den Frequenzgang
GR ( jω ) =
y R ( jω )
1 + jω Tv
.
= K PR
e( j ω )
1 + jω T1
(4.98)
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen
Die Zerlegung in Real- und Imaginärteil
ergibt:
1 + ω 2T1Tv
Re (GR ) = K PR
1 + (ω T1 ) 2
131
ω
Im
ω=
PD-T1
PD
1
T1
ω
(4.99)
KPR
ω (Tv − T1 )
Im (GR ) = K PR
1 + (ω T1 ) 2
(4.100)
ω=∞
Re
ω=∞
ω=0
T
K PR v
T1
PD-T2
In Bild 4.35 sind die Ortskurvenverläufe
des PD-, PD-T1- und PD-T2-Gliedes dargestellt.
ω
Bild 4.35 Ortskurvenverlauf des
PD-, PD-T1- und PD-T2-Gliedes
PD-T1-Glied:
ω
PD-T2-Glied:
Re (GR)
K PR
0
1
T1
∞
Im (GR)
K PR
2
 Tv 

1 +
 T1 
T
K PR v
T1
0
K PR
2
ω
0

 Tv
 − 1

 T1
0
Re (GR)
K PR
Im (GR)
0
Tv − T1
T22Tv
T
K PR v
T1
0
1
T2
T
K PR v
T1
T
− K PR 2
T1
∞
0
0
X Aufgabe 4.5
Die Differentialgleichung eines PD-T2-Gliedes lautet
T22 yR (t ) + T1 y R (t ) + y R (t ) = K PR [e(t ) + Tv e(t )] .
Gesucht ist der Verlauf der Ortskurve, insbesondere für ω = 0 und ω = ∞ sowie die eventuellen
Schnittpunkte mit den Achsen.
4.3.5.1
PD-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T2-Strecke
Im Gegensatz zu den Abschnitten 4.3.2.1 und 4.3.3.1 soll im Folgenden der in Bild
4.36 gezeigte Regelkreis, in dem eine P-T2-Strecke von einer PD-Regeleinrichtung
geregelt wird, auf sein Führungs- und Störverhalten untersucht werden.
132
4 Regeleinrichtungen
a) Führungsverhalten
KPR ,Tv
w
+
e
− GR(s)
z
yR +
+
KPS ,T1 ,T22
x
y
Bild 4.36 Regelkreis bestehend
aus einer P-T2-Strecke und einer
PD-Regeleinrichtung
GS(s)
Die Übertragungsfunktionen der Strecke und der Regeleinrichtung lauten (Bild 4.36):
GS ( s ) =
K PS
x( s )
=
y ( s) s 2T22 + sT1 + 1
(4.101)
y (s)
GR (s) = R
= K PR (1 + sTv ) .
e(s)
(4.102)
Mit (4.101) und (4.102) in (4.18) erhalten wir die Führungsübertragungsfunktion
Gw (s) =
x( s)
=
w( s )
1
s 2T22
+ sT1 + 1
+1
K PR K PS (1 + sTv )
(4.103)
bzw.
Gw (s) =
(1 + sTv )
x( s ) K PR K PS
=
⋅
.
2
T + Tv K PR K PS 1 + K PR K PS
w( s )
T2
s2 + s 1
+
T22
T22
(4.104)
Handelt es sich bei der Strecke um zwei in Reihe geschaltete P-T1-Strecken oder liegen zwei reelle Pole vor, so wird man Tv gleich der größten dieser Zeitkonstanten
wählen und damit, wie Gl. (4.103) zeigt, die Ordnung des geschlossenen Systems um
2
2
Eins reduzieren. Zum Beispiel kann für T1 = 3 s und T2 = 2 s das Nennerpolynom
von GS wie folgt in zwei Linearfaktoren zerlegt werden
s 2T22 + sT1 + 1 = (1 + sTa )(1 + sTb ) mit Ta = 1 s und Tb = 2 s .
Wählen wir Tv = Tb, so vereinfacht sich die Gl. (4.103) zu einem P-T1-Verhalten
Gw (s) =
K PR K PS
.
1 + K PR K PS + sTa
(4.105)
Ist die Polverteilung der Strecke konjugiert komplex, d. h. keine Zerlegung in reelle
Linearfaktoren möglich, dann folgt aus Gl. (4.104)
α=
T1 + Tv K PR K PS
;
2 T22
β=
1 + K PR K PS
T2
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen
133
und daraus die Dämpfung des geschlossenen Kreises
D=
T + Tv K PR K PS
α
.
= 1
β 2 T2 1 + K PR K PS
(4.106)
Durch den D-Anteil wird die Dämpfung mit zunehmendem Tv vergrößert. Den stationären Endwert der Regelgröße x auf einen Eingangssprung
w(t ) = w0 ⋅ σ (t )
c−−¦
w
w( s ) = 0
s
ermitteln wir wieder mittels Grenzwertsatz im Bildbereich. Danach ist
x(∞) = lim x(t ) = lim s ⋅ x( s ) .
t →∞
(4.107)
s →0
Gl. (4.104) nach x(s) aufgelöst ergibt
x( s ) = G w ( s ) ⋅ w( s ) .
(4.108)
Mit (4.108) in (4.107) folgt
w
K PR K PS
x(∞) = lim s ⋅ G w ( s ) ⋅ 0 =
w0
s 1 + K PR K PS
s→0
bzw. bleibende Regeldifferenz
e(∞) = w0 − x(∞) =
1
1 + K PR K PS
w0 .
(4.109)
Gl. (4.109) ist identisch mit der in Abschnitt 4.3.1.1 für einen Regelkreis mit reinem
P-Regler abgeleiteten Beziehung (4.29).
D=
x
1
x
D=
1
Tv = 0
2
e(∞)
e(∞)
Tv = Ta
Tv = Tb
Tv = 0
Tv = Ta
2
w0
x2
x1
x(∞)
Tv = Tb
0
0
t
0
0
Bild 4.37 Führungs- und Störverhalten des Regelkreises nach Bild 4.36 für verschiedene Vorhaltezeiten Tv (Ta = 1 s; Tb = 2 s)
t
134
4 Regeleinrichtungen
Das heißt, dass der PD- gegenüber dem P-Regler bezüglich des stationären Verhaltens
keinen Vorteil besitzt. Ferner sieht man aus Gl. (4.109), dass die bleibende Regeldifferenz unabhängig von der Ordnung der P-Strecke ist. In Bild 4.37 ist die Führungsund Störsprungantwort für verschiedene Vorhaltzeiten aufgezeichnet und zeigt, dass
die Dynamik weitgehend durch die Wahl von Tv beeinflusst werden kann. Hingegen
hängt die bleibende Regeldifferenz nur von KPR ab, da der D-Anteil nur am Anfang
wirksam ist und im Beharrungszustand seine Wirkung verliert.
b) Störverhalten
Um den Einfluss der Störgröße z auf die Regelgröße x zu ermitteln, setzten wir die
Gln. (4.101) und (4.102) in die Störübertragungsfunktion (4.20) ein und erhalten
Gz ( s) =
x( s )
=
z ( s)
K PS

T + Tv K PR K PS 1 + K PR K PS 
+
T22  s 2 + s 1

T22
T22


.
(4.110)
Mit den Abkürzungen
α=
T1 + K PR K PSTv
2 T22
und
β2 =
1 + K PR K PS
T22
wird
Gz (s) =
x( s ) K PS
1
=
.
z ( s) T22 s 2 + s ⋅ 2α + β 2
(4.111)
Die Dämpfung wird wie beim Führungsverhalten bestimmt durch
D=
T + K PR K PSTv
α
.
= 1
β 2 T2 1 + K PR K PS
(4.112)
Ändern wir die Störgröße sprunghaft mit
z (t ) = z 0 ⋅ σ (t )
c−−¦
z
z (s) = 0 ,
s
so folgt aus (4.110)
z
x( s ) = G z ( s ) ⋅ z ( s ) = G z ( s ) ⋅ 0
s
und mittels Grenzwertsatz
x(∞) = lim x(t ) = lim s ⋅ x( s ) =
t →∞
s →0
K PS
z0 .
1 + K PR K PS
(4.113)
Da wir nur die Änderung von x infolge z betrachten und nicht die Absolutwerte, stellt
(4.113) die durch z verursachte bleibende Regeldifferenz dar. Durch Vergleich von
(4.113) mit der in Abschnitt 4.3.1.1 für einen Regelkreis mit P-Regler abgeleiteten
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen
135
Beziehung (4.32) wird evident, dass eine PD-Regeleinrichtung ebenso wie eine PRegeleinrichtung nicht in der Lage ist, den Einfluss einer Störung vollkommen zu
kompensieren, sondern nur auf
K PS
z0
1 + K PR K PS
zu mindern.
Die Gegenüberstellung in Bild 4.37 zeigt, dass die beiden Forderungen nach möglichst gutem Führungs- und Störverhalten kontrovers sind und nicht gleichzeitig erfüllt werden können. So wird z. B. das Führungsverhalten am günstigsten, wenn Tv
gleich der größten Streckenzeitkonstante gewählt wird. Das Störverhalten ist dann
aber keineswegs optimal. Ein Kompromiss, der ein befriedigendes Führungs- und
Störverhalten liefert, wird für D = 1 / 2 erreicht. Der Nachteil der PDRegeleinrichtung ist die bei der Regelung von P-Strecken auftretende bleibende Regeldifferenz. Wie durch die Gl. (4.79) zum Ausdruck kommt, bringt die Regelung von
I-Strecken mittels PI-Regler Schwierigkeiten bezüglich der Dämpfung, während der
Einsatz eines PD-Reglers zumindest für das Führungsverhalten keine bleibende Regeldifferenz ergibt.
X Aufgabe 4.6
Gegeben ist ein Regelkreis bestehend aus einer I-Strecke mit
GS ( s ) =
K IS
s
und einer PD-Regeleinrichtung. Ermitteln Sie die Sprungantwort für
w(t ) = w0 ⋅ σ (t ) .
4.3.6 PID-Regeleinrichtung
Durch Kombination der drei grundsätzlichen Zeitverhalten (P, I und D) gelangt man
zur PID-Regeleinrichtung, deren Stellgröße yR gleich der Addition der P-, I- und DRegeleinrichtungen ist und durch die folgende Gleichung beschrieben wird:
y R (t ) = K PR e(t ) + K I e(t )dt + K D
de(t )
dt
(4.114)

KI
y R (t ) = K PR e(t ) +
K
PR

K D de(t ) 
.
dt 
(4.115)

bzw.
 e(t )dt + K PR
Mit den bereits bekannten Zeitkonstanten
Tn =
K PR
K
und Tv = D
KI
K PR
136
4 Regeleinrichtungen
wird

1
y R (t ) = K PR e(t ) +
Tn

 e(t )dt + Tv
de(t) 
.
dt 
(4.116)
Die Übertragungsfunktion der idealen PID-Regeleinrichtung folgt aus (4.116) durch
Laplace-Transformation zu


y (s)
1
= K PR 1 +
+ sTv  .
GR (s) = R
e( s )

 sTn
(4.117)
Bringen wir diesen Ausdruck auf einen gemeinsamen Nenner, so wird
s 2Tn Tv + sTn + 1
y (s)
GR ( s) = R
= K PR
.
e( s )
sTn
(4.118)
Die Nullstellen dieses Ausdrucks liegen bei
s 1,2 =
1 
− 1 ±
2Tv 
1−
4Tv 
.
Tn 
(4.119)
Für Tn ≥ 4 Tv liegen zwei reelle Nullstellen vor und der Zähler in (4.118) lässt sich in
zwei reelle Linearfaktoren zerlegen
(1 + sTn′ )(1 + sTv′ )
y (s)
′
,
(4.120)
= K PR
GR ( s) = R
e( s )
sTn′
T′
′ = K PR n ;
mit K PR
Tn
Tn′ = −
1
;
s1
Tv′ = −
1
.
s2
Die Form (4.120) ist besonders geeignet, wenn Polstellen der Strecke durch Nullstellen der Regeleinrichtung kompensiert werden sollen. Ferner ist diese Zerlegung
vorteilhaft zur Darstellung im Bode-Diagramm. Zwischen den Parametern der Gln.
(4.118) und (4.120) bestehen die folgenden Beziehungen:
 T′
′ 1 + v
K PR = K PR
 Tn′



Tn = Tn′ + Tv′
Tv =
Tn′ Tv′
.
Tn′ + Tv′
(4.121)
Sowohl in (4.118) als auch in (4.120) ist der Zähler von höherer Ordnung als der Nenner, d. h. eine solche PID-Regeleinrichtung ist physikalisch nicht realisierbar.
Zur Ermittlung der Sprungantwort erhalten wir mit
e(t ) = e0 ⋅ σ (t )
aus Gl. (4.117)
c−−¦
e
e( s ) = 0
s
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen
137
1

1
+ Tv  .
y R ( s ) = K PR e0  +
2

 s s Tn
(4.122)
Durch Rücktransformation in den Zeitbereich folgt aus (4.122) die Sprungantwort der
idealen PID-Regeleinrichtung


t
y R (t ) = K PR e0 1 +
+ Tv δ (t ) (4.123)
 Tn

yR
mit dem in Bild 4.38 dargestellten Verlauf.
Zur Realisierung einer PID-Regeleinrichtung gibt es viele Möglichkeiten,
z. B. durch parallele Erzeugung des P-, Iund D-T1-Anteils mittels der Schaltung
nach Bild 4.11, 4.19 sowie 4.30 und Addition der Ausgangsgrößen durch einen
Summierer (Bild 4.8).
KPR e0
KPR e0
0
t
Tn
Tn
Bild 4.38 Sprungantwort eines idealen
PID-Reglers
Bild 4.39 zeigt eine vielfach angewandte Schaltung, ähnlich der PD-T1Regeleinrichtung nach Bild 4.33. Das in der Rückführung liegende T-Glied ist allerdings durch den als Impedanzwandler geschalteten Operationsverstärker OP2 entkoppelt (s. a. Abschnitt 4.1, Bild 4.6, Gl. (4.8a)). Man spricht hier von aktiver Rückkopplung, während in Bild 4.33 eine passive Rückkopplung vorliegt.
Am nichtinvertierenden Eingang des OP2 liegt die durch den Spannungsteiler gebildete Spannung
Rp +
x 2 ( s) = y R ( s )
R3 + Rp +
1
R2 sC2
i2(s)
OP2
i1(s) R
1
e(s)
x2(s)
V. M.
1
sC 3
1
sC 3
−
+
−
+ OP1
= y R (s)
1 + sC 3 Rp
1 + sC 3 ( R3 + Rp )
.
(4.124)
R3
x2(s)
1
sC3
RP
Bild 4.39
PID-T1-Regeleinrichtung
mit aktiver Rückführung
yR(s)
Für den invertierenden Eingang V.M. gilt
i1 ( s ) = i 2 ( s )
(4.125)
138
4 Regeleinrichtungen
mit i1 ( s ) =
e( s )
R1
und i2 ( s ) = −
(4.126)
x2 ( s)
sC 2
= − x 2 ( s)
.
1
1 + sC 2 R2
R2 +
sC 2
(4.127)
Setzen wir (4.126) und (4.127) in (4.125) unter Berücksichtigung von (4.124) ein, so
folgt:
y (s)
R (1 + sC 2 R2 )[1 + sC 3 ( R3 + Rp )]
GR ( s) = R
=− 2
e( s )
R1
sC 2 R2 (1 + sC 3 Rp )
(4.128)
und mit den Abkürzungen
R
′ = 2 ;
K PR
R1
Tn′ = C 2 R2 ;
Tv′ = C 3 ( R3 + Rp ) ;
T1 = C 3 Rp ;
(1 + sTn′ )(1 + sTv′ )
y (s)
′
.
= K PR
GR (s) = R
e( s )
sTn′ (1 + sT1 )
(4.129)
Hierin ist T1 die die Verzögerung bewirkende parasitische Zeitkonstante. Die Übertragungsfunktion des realen PID-T1-Reglers kann man sich durch Reihenschaltung
des idealen PID-Reglers nach (4.120) und eines P-T1-Gliedes mit
G(s) =
1
1 + sT1
entstanden denken. Für Rp = 0 bzw. T1 = 0 geht Gl. (4.129) in Gl. (4.120) über.
•
Sprungantwort
yR
Zur Ermittlung der Sprungantwort der PIDT1-Regeleinrichtung lösen wir (4.129) nach
yR(s) auf und erhalten mit
e(t ) = e0 ⋅ σ (t )
c−−¦
e
e( s ) = 0
s
und Vernachlässigung des negativen Vorzeichens
K ′ (1 + sTn′ )(1 + sTv′ )
. (4.130)
y R ( s ) = e0 PR
Tn′ T1
1
2 

s s + 
T1 

KPR
Tv
e
T1 0
KPR e0
KPR e0
T1
Tn
Tn
Bild 4.40 Sprungantwort
einer PID-T1-Regeleinrichtung
Durch Rücktransformation in den Zeitbereich mittels Residuensatz erhält man
t
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen
139




  s + 1  (Tn′ + Tv′ + 2 sTn′ Tv′ ) − (1 + sTn′ )(1 + sTv′ )


T1 
K ′ 
y R (t ) = e0 PR  lim 
e st
2
Tn′ T1 s → 0 

1
 s + 


T1 





′
′
 T′
+
+
s
T
s
T
(
1
)(
1
)
n
v 
+ te st
+ T12 1 − n
1
T1


s+

T1

 Tv′
1 −
T1


e

−
t
T1



 bzw.


t 

Tv′ − T1
t  Tv′ − T1 Tv′  − T1 

e
′ 1+
+
− 1 +
−
y R (t ) = K PR

 e0 .
Tn′
Tn′ 
Tn′
T1 


(4.131)
Mit den Beziehungen (4.121) kann die Übertragungsfunktion (4.129) in
G R ( s ) = K PR
s 2Tn Tv + sTn + 1
sTn (1 + sT1 )
(4.132)
umgeformt werden. Für die Sprungantwort erhalten wir dann die Beziehung
t 

T1
T1 Tv  − T1 
t 

e
+
− 1 −
−
y R (t ) = K PR 1 −
 e0 .
Tn Tn  Tn T1 


(4.133)
Aus den Gln. (4.131) und (4.133) folgt für t = 0
Tv′
T
′
y R (0) = K PR
e0 = K PR v e0 .
T1
T1
Für große t-Werte erhalten wir die Gleichung der Asymptote:
 T
 T′ −T
t 
t 
′ 1 + v 1 +  e0 = K PR 1 − 1 +  e0 .
yRA (t ) = K PR
Tn′
Tn′ 
 Tn Tn 

Diese nimmt für t = T1 den folgenden Wert an:
 T′
′ 1 + v
y RA (T1 ) = K PR
 Tn′

 e0 = K PR e0 .

Bild 4.40 zeigt den Verlauf der Sprungantwort.
•
Frequenzgang und Ortskurve
Der Frequenzgang des PID-T1-Reglers folgt aus (4.132), indem wir s durch jω ersetzen
140
4 Regeleinrichtungen
GR ( jω ) =
y R ( jω )
1 − ω 2TnTv + jω Tn
= K PR
.
e( j ω )
− ω 2TnT1 + jω Tn
(4.134)
Zur Diskussion des Ortskurvenverlaufs zerlegen wir (4.134) in Real- und Imaginärteil
Re (GR ) = K PR
Tn − T1 + ω 2TnTvT1
Tn [1 + (ω T1 ) 2 ]
Im
ω
T1
KPR
ω 2Tn (Tv − T1 ) − 1
Im (GR ) = K PR
.
ω Tn [1 + (ω T1 ) 2 ]
PID
PID-T1
Re
T1 , T22
T
K PR v
T1
PID-T1-Regler:
ω
Re (GR)

T
K PR 1 − 1
T
n

1
Tn (Tv − T1 )
∞
4.3.6.1
∞
∞
Bild 4.41 zeigt den Ortskurvenverlauf
des PID-, PID-T1- und PID-T2-Reglers.
0
ω
Im (GR)



−∞
K PR
0
T
K PR v
T1
0
 T 
K PR 1 − 1 
 Tn 
Bild 4.41 Ortskurvenverlauf des
PID-, PID-T1-und PID-T2-Reglers
PID-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T2-Strecke
Im Folgenden soll der Regelkreis nach Bild 4.42 untersucht werden.
w
+
z
KPR ,Tn ,Tv
KPS ,T1 ,T22
+
yR
e
y
−
GR(s)
+
GS(s)
x
Bild 4.42 Regelkreis gebildet
aus einer P-T2-Strecke und einer
PID-Regeleinrichtung
Die Regelstrecke habe eine Dämpfung D > 1, mit der Übertragungsfunktion
GS ( s ) =
K PS
K PS
x( s )
=
=
, mit Tb > Ta .
y ( s ) s 2T22 + sT1 + 1 (1 + sTa )(1 + sTb )
(4.135)
Für die Übertragungsfunktion der Regeleinrichtung wählen wir Gl. (4.120), in der der
Zähler in Linearfaktoren zerlegt ist.
(1 + sTn′ )(1 + sTv′ )
y (s)
′
.
(4.136)
GR (s) = R
= K PR
e( s )
sTn′
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen
141
a) Führungsverhalten
Die Führungsübertragungsfunktion lautet mit (4.135) und (4.136) in (4.18)
Gw (s) =
x( s )
=
w( s )
1
.
′
sTn (1 + sTa )(1 + sTb )
+1
′ K PS (1 + sTn′ )(1 + sTv′ )
K PR
(4.137)
Es ist naheliegend, in Gl. (4.137) Tn′ gleich der größten Zeitkonstante der Strecke
(z. B. Tn′ = Tb ) zu wählen und Tv′ = Ta . Somit kürzen sich die beiden Linearfaktoren
heraus und reduzieren die Ordnung des Systems auf
Gw (s) =
x( s )
=
w( s )
1
Tn′
1+ s
′
K PR K PS
.
(4.138)
Zur Ermittlung des stationären Endwertes von x(t) für
w(t ) = w0 ⋅ σ (t )
c−−¦
w
w( s ) = 0
s
erhalten wir aus Gl. (4.137)
w
x( s ) = G w ( s ) ⋅ w( s ) = G w ( s) ⋅ 0
s
und mittels Grenzwertsatz
x(∞) = lim x(t ) = lim s ⋅ x( s ) = w0 ⋅ lim G w ( s) = w0 .
t →∞
s →0
s →0
(4.139)
Unabhängig von der Wahl von Tn′ und Tv′ und unabhängig von der Ordnung der
P-Strecke wird durch den I-Anteil die bleibende Regeldifferenz gleich Null.
e(∞) = w0 − x(∞) = 0 .
(4.140)
b) Störverhalten
Mit (4.135) und (4.136) in (4.20) erhalten wir die Störübertragungsfunktion
sTn′ K PS
x( s )
.
=
Gz (s) =
′ K PS (1 + sTn′ )(1 + sTv′ )
z ( s) sTn′ (1 + sTa )(1 + sTb ) + K PR
(4.141)
Bedingt durch den I-Anteil wird der Einfluss der Störgröße für t → ∞ vollkommen
beseitigt. Aus (4.141) folgt x( s ) = G z ( s) ⋅ z ( s) , und mit
z (t ) = z 0 ⋅ σ (t )
c−−¦
z
z(s) = 0
s
z
erhalten wir x( s ) = G z ( s) ⋅ 0 . Der Grenzwertsatz liefert
s
(1.141a)
142
4 Regeleinrichtungen
x(∞) = lim x(t ) = lim s ⋅ x( s ) = z 0 ⋅ lim G z ( s ) = 0 .
t →∞
s→0
(4.142)
s→0
Im Gegensatz zum Führungsverhalten kann die Ordnung von (4.141) nicht reduziert
werden. Wählen wir auch hier Tn′ = Tb und Tv′ = Ta , so folgt aus (4.141)
Gz ( s) =
sTb K PS
x( s )
=
′ K PS + sTb )
z ( s) (1 + sTa )(1 + sTb )( K PR
Gz ( s) =
x( s ) K PS
=
z ( s) Ta Tb 
1
s +

T
a

bzw.

1
s +

T
b

s
.
′ K PS 

K PR
s +



Tb


(4.143)
Für die gewählten Reglerparameter sind, wie Gl. (4.143) zeigt, sämtliche Pole des
Kreises negativ reell und somit das System stabil. Dies ist nicht generell so. Wie in
Kapitel 6 gezeigt werden wird, kann bei ungünstiger Wahl von Tn bzw. Tn′ das System instabil werden. In diesem Fall, der explizit vorliegenden Pole erhalten wir für
(1.141a) und aus (4.143) mittels Residuensatz die Sprungantwort
t
t

−
−

Ta
Tb
− Ta Tb e
Tb e
x(t ) = K PS z 0 
+
′ K PSTa − Tb ) (Tb − Ta )( K PR
′ K PS − 1)
 (Tb − Ta )( K PR




Tb e
,
+
′ K PSTa − Tb )( K PR
′ K PS − 1) 
( K PR


′ K PS
− K PR
t
Tb
(4.144)
mit dem in Bild 4.43 gezeigten Verlauf. Der dritte Term in der eckigen Klammer von
′ K PS vernachlässigbar klein.
Gl. (4.144) wird für großes K PR
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass
von den in diesem Kapitel behandelten Regeleinrichtungen der PID-Regler, infolge der
drei Parameter KPR, Tn und Tv, am anpassungsfähigsten ist. Durch den I-Anteil tritt
sowohl beim Führungs- als auch beim Störverhalten eine vorübergehende aber keine
bleibende Regeldifferenz auf.
Ferner kann die Ordnung des Systems durch
geeignete Wahl der Parameter reduziert
werden.
x
w0
0
t
0
Bild 4.43 Störsprungantwort des
Regelkreises nach Bild 4.42 für
Tn′ = Tb und Tv′ = Ta
143
5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren
Das Bode-Diagramm dient neben der Ortskurve zur graphischen Darstellung des Frequenzganges. Während man bei der Ortskurvendarstellung den Frequenzgang
x ( jω )
G ( jω ) = a
xe ( jω )
nach Betrag und Phase in einem einzigen Diagramm in der Gaußschen Zahlenebene
darstellt, werden im Bode-Diagramm der Betrag von G und der Phasenwinkel ϕ in
zwei getrennten Diagrammen als Funktionen der Kreisfrequenz ω aufgetragen. Für
die Darstellung von ⏐G⏐ = f(ω) ist sowohl ω auf der Abszisse als auch das Amplitudenverhältnis ⏐G⏐ auf der Ordinate im logarithmischen Maßstab geteilt. In einem
zweiten Diagramm ist dann der Phasenwinkel ϕ im linearen über der Kreisfrequenz ω
im logarithmischen Maßstab aufgetragen. Durch die logarithmische Darstellung erhält
man leicht zu konstruierende Asymptoten des wirklichen Kurvenverlaufs ⏐G⏐ = f(ω).
Bei der Hintereinanderschaltung von mehreren Frequenzgängen ergibt sich der Gesamtfrequenzgang aus dem Produkt der einzelnen Frequenzgänge. Der besondere
Vorteil der Darstellung eines solches Frequenzganges im Bode-Diagramm besteht
darin, dass durch die Logarithmierung die Produktbildung auf eine einfache Addition
zurückgeführt wird.
5.1 Bode-Diagramme einfacher Frequenzgänge
Im Folgenden sollen die Bode-Diagramme von Regelkreisgliedern mit elementarem
Zeitverhalten behandelt werden, deren Frequenzgänge bereits in den vorherigen Kapiteln abgeleitet wurden. Häufig wird der Amplitudengang wie in der Nachrichtentechnik üblich, in Dezibel (dB) aufgetragen. Definitionsgemäß gilt
G ( jω ) dB = 20 ⋅ lg G ( jω ) .
(5.1)
Bei der Darstellung des Amplitudenganges ⏐G( jω)⏐ ist Folgendes zu beachten:
a)
Für die Ordinate und Abszisse ist der gleiche logarithmische Maßstab zu verwenden (z. B. 50 mm/Dekade oder wie bei logarithmisch geteiltem Papier 62,5
mm/Dekade).
b)
Die ω-Achse wird stets so gelegt, dass sie die Ordinate bei ⏐G( jω)⏐ = 1 bzw.
⏐G( jω)⏐dB = 0 schneidet.
c)
Durch die logarithmische Teilung der ω - Achse lässt sich die Frequenz ω = 0
nicht darstellen. Im Schnittpunkt der ω - Achse mit der Ordinate wählt man ω
gleich einer 10er Potenz, die dem darzustellenden Problem angepasst ist, d. h.
−1
−2
(10 ... 10 ) ⋅1/Tx. Hierin ist Tx die größte Zeitkonstante des Systems.
S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_5,
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2014
144
5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren
5.1.1 Bode-Diagramm des P0-Gliedes
Der Frequenzgang eines P0-Gliedes ist:
x ( jω )
G ( jω ) = a
= K P = konstant
x e ( jω )
G ( jω ) = G ( jω ) e jϕ (ω ) .
Daraus folgt:
G ( jω ) = K P und ϕ (ω ) = 0.
Bild 5.1 zeigt für KP = 10 das Bode-Diagramm des reinen P-Gliedes. Das Amplitux ( jω )
ist unabhängig von ω, und die Phasenverschiebung zwischen
denverhältnis a
x e ( jω )
xa( jω) und xe( jω) ist für alle ω gleich Null.
102
40
G dB
30
G
10
20
10
KP
0
1
− 10
10−1
1
10
102
ω /s −1
10−1
− 20
Bild 5.1
45°
ϕ
0°
P0-Gliedes (KP = 10)
ϕ(ω)
10−1
1
Bode-Diagramm eines
10
102
− 45°
ω /s −1
− 90°
5.1.2 Bode-Diagramm eines I-Gliedes
Der Frequenzgang eines I-Gliedes lautet:
x ( jω ) K I
.
G ( jω ) = a
=
xe ( jω ) jω
Sind die Dimensionen von Aus- und Eingangsgröße gleich, so hat KI die Dimension
−
s 1, und man kann den Kehrwert von KI als die Integrierzeit TI auffassen.
TI =
1
.
KI
5.1 Bode-Diagramme einfacher Frequenzgänge
145
Diese vereinfachende Annahme wird gewählt, um den charakteristischen Verlauf
⏐G⏐ = f(ω) ableiten zu können. Haben xa und xe unterschiedliche Dimensionen, so hat
−
KI außer s 1 die Dimensionen der Ausgangsgröße dividiert durch die der Eingangsgröße. Um den Schnittpunkt mit der ω - Achse zu bestimmen, bleiben die Dimensionen von xa und xe unberücksichtigt. Dadurch wird in unserer Betrachtung vermieden,
dass der Logarithmus einer dimensionsbehafteten Größe genommen wird.
Mit TI = 1/ KI wird:
G ( jω ) =
1
xa ( jω )
.
=
xe ( jω ) jω TI
Daraus folgt:
G ( jω ) =
1
, lg G ( jω ) = − lg(ω TI ) .
ω TI
Trägt man ⏐G( jω)⏐ im logarithmischen Maßstab über ω im gleichen logarithmischen
Maßstab auf, so erhält man eine Gerade mit der negativen Steigung 1:1, die die ω Achse für ω = 1/ TI schneidet. Voraussetzung dafür ist, dass die ω-Achse die Ordinate
bei ⏐G( jω)⏐ = 1 schneidet (Bild 5.2).
102
40
G dB
30
G
−1:1
10
20
ω=
10
0
1
10−1
1
1
= 5s −1
TI
10
102
− 10
ω /s −1
10−1
− 20
ϕ
Bild 5.2
45°
0°
Bode-Diagramm eines
I-Gliedes (TI = 0,2 s)
10−1
1
10
− 45°
102
ω /s −1
ϕ(ω)
− 90°
Infolge des fehlenden Realteils, der Imaginärteil von G( jω) ist
Im (G ) = −
1
,
ω TI
ergibt sich für den Phasenwinkel
tan ϕ (ω ) =
Im(G )
= −∞ bzw. ϕ = −90° = konstant .
Re(G )
146
5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren
5.1.3 Bode-Diagramm eines D-Gliedes
Ein D-Glied hat folgenden Frequenzgang:
x ( jω )
G ( jω ) = a
= jω ⋅ K D .
x e ( jω )
Die Dimensionen von xa und xe werden zur Ermittlung des charakteristischen Verlaufs ⏐G⏐ = f(ω) als gleich angenommen. KD hat dann die Dimension einer Zeit und
kann als Differenzierzeit TD aufgefasst werden. Sind die Dimensionen von xa und xe
ungleich, so gilt das in Abschnitt 5.1.2 für KI Gesagte.
Mit KD = TD wird:
G ( jω ) =
xa ( jω )
= jω TD .
xe ( jω )
Ferner ist
G ( jω ) = G ( jω ) e jϕ (ω ) .
Folglich erhält man:
G ( jω ) = ω ⋅ TD , lg G ( jω ) = lg(ω TD ) .
Das ist die Gleichung eine Geraden mit der positiven Steigung 1:1, wenn ⏐G( jω)⏐
und ω im gleichen logarithmischen Maßstab aufgetragen werden. Die ω - Achse wird
wieder so gelegt, dass sie die Ordinate für ⏐G( jω)⏐ = 1 schneidet. Wie Bild 5.3 zeigt,
schneidet dann der Amplitudengang ⏐G⏐ = f(ω) die ω - Achse für ω = 1/ TD.
102
40
G dB
30
G
+1:1
10
20
ω=
10
0
1
10−1
1
1
TD
10
102
ω /s −1
− 10
10−1
− 20
ϕ
Bild 5.3
D-Gliedes (TD = 0,2 s)
90°
ϕ(ω)
45°
0°
− 45°
Bode-Diagramm eines
10−1
1
10
102
ω /s −1
5.1 Bode-Diagramme einfacher Frequenzgänge
147
Für den Phasenwinkel erhält man:
tan ϕ (ω ) =
Im(G )
= +∞ ,
Re(G )
ϕ = +90° = konstant ,
weil Re (G ) = 0 und Im (G ) = +ω TD .
5.1.4 Bode-Diagramm eines P-Gliedes mit Verzögerung 1. Ordnung
Für ein P-Glied 1. Ordnung lautet der Frequenzgang:
G ( jω ) =
KP
KP
=
e − j arctan(ω T1 ) .
1 + jω T1 1 + jω T1
Daraus folgt:
G (ω ) =
KP
1 + (ω T1 ) 2
,
1
lg G ( jω ) = lg K P − lg [1 + (ω T1 ) 2 ] .
2
(5.2)
(5.3)
tan ϕ = −ω T1 und ϕ = − arctan(ω T1 ) .
Variiert man in Gl. (5.2) ω von 0 ... ∞, so erhält man den exakten Amplitudengang.
Dieses Verfahren ist sehr zeitraubend und aufwendig. Einfacher ist die Konstruktion
der Asymptoten des wahren Verlaufs, die für viele Zwecke ausreichend sind. Diese
ergeben sich im vorliegenden Fall, indem man zwei ω - Bereiche unterscheidet:
a) Für kleine ω - Werte ist:
ω T1 << 1 .
Damit erhält man aus Gl. (5.3) die Näherung
lg G ( jω ) ≈ lg K P .
(5.4)
Das ergibt für kleine ω - Werte eine Gerade parallel zur Abszisse mit der Ordinate
⏐G⏐ = KP im logarithmischen Maßstab.
b) Für große ω - Werte ist:
ω T1 >> 1
und damit folgt aus Gl. (5.3) die Näherung
lg G ( jω ) ≈ lg K P − lg(ω T1 ).
(5.5)
Das ist ebenfalls die Gleichung einer Geraden mit der negativen Steigung 1:1.
Die unter a) und b) gefundenen Geraden bilden die Asymptoten. Sie schneiden sich
für ω E = 1/ T1, wie man durch Gleichsetzen der Gln. (5.4) und (5.5) leicht erkennt.
148
5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren
Für die Eckfrequenz ω E = 1/ T1 errechnet sich der genaue Wert des Amplitudenverhältnisses zu:
G ( jω ) =
KP
2
= 0,707 ⋅ K P bzw.
G ( jω ) dB = 20 ⋅ lg (0,707 ⋅ K P ) = 20 ⋅ lg K P − 3dB .
An dieser Stelle ist die Abweichung des wahren Verlaufs von dem der Asymptoten
am größten.
Der Phasengang hat den in Bild 5.4 gezeigten Verlauf, beginnend mit ϕ = 0° für ω = 0
und endend bei ϕ = − 90° für ω = ∞. Für ωE = 1/ T1 ist ϕ = − 45°.
102
40
G dB
30
G
10
20
3 dB
KP
10
0
1
10−1
KP
2
1
10
− 10
102
ω /s −1
10−1
− 20
45°
ωE =
ϕ
0°
− 45°
10−1
1
1
T1
10
Bild 5.4
102
ω /s −1
Bode-Diagramm
eines P-T1-Gliedes
(KP = 10; T1 = 0,1 s)
− 90°
5.1.5 Bode-Diagramm eines PI-Gliedes
Der Frequenzgang eines PI-Gliedes ist gemäß Gl. (4.61)
G ( jω ) =

xa ( jω )
1 
= K P 1 − j
.
xe ( jω )
ω Tn 

(5.6)
Aus Gl. (5.6) folgt:
 1
G (ω ) = K P 1 + 
 ω Tn
2

 ,

1   1
lg G ( jω ) = lg K P + lg 1 + 
2   ω Tn

(5.7)



2



(5.8)
5.1 Bode-Diagramme einfacher Frequenzgänge
149
und
tan ϕ (ω ) =
Im(G )
1
,
=−
Re(G )
ω Tn
 1
 ω Tn
ϕ = − arctan

 .

(5.9)
Der exakte Amplitudengang folgt aus (5.7) durch Variation von ω im Bereich 0 ... ∞.
Zur Ermittlung der Asymptoten unterscheidet man wie in Abschnitt 5.1.4 zwei
ω - Bereiche:
a) Für kleine ω - Werte ist:
1
>> 1
ω Tn
und man erhält aus Gl. (5.8)
lg G ( jω ) ≈ lg K P − lg(ω Tn ).
(5.10)
Entsprechend (5.5) ist das die Gleichung einer Geraden mit der negativen Steigung
1:1.
b) Für große ω - Werte ist:
1
ω Tn
<< 1 und es wird
lg G ( jω ) = lg K P .
(5.11)
Also eine Gerade parallel zur Abszisse mit dem Ordinatenwert ⏐G⏐ = KP im logarithmischen Maßstab.
Durch Gleichsetzen der Gln. (5.10) und (5.11) folgt der Schnittpunkt der beiden
Asymptoten für ω E = 1/ Tn. Setzen wir in (5.7) ω E = 1/ Tn, so ergibt sich der genaue
Wert des Amplitudenganges an dieser Stelle zu
G ( jω ) = K P ⋅ 2 bzw.
G ( jω ) dB = 20 ⋅ lg ( K P ⋅ 2 ) = 20 ⋅ lg K P + 3dB .
Wie Bild 5.5 zeigt, beginnt der Phasengang mit ϕ = − 90° für ω = 0 und endet mit
ϕ = 0° für ω = ∞. Für die Eckfrequenz ωE = 1/ Tn wird ϕ = − 45°.
150
5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren
40
G dB
30
102
G
10
20
3 dB
KP
10
ω /s −1
KP 2
10
0
1
10−2
10−1
1
− 10
10−1
− 20
Bild 5.5
45°
ωE =
ϕ
0°
− 45°
10−2
10−1
1
Tn
1
Bode-Diagramm
eines PI-Gliedes
(KP = 2; Tn = 5 s)
10
ω /s −1
− 90°
5.1.6 Bode-Diagramm eines PD-Gliedes
Der Frequenzgang eines PD-Gliedes lautet entsprechend Gl. (4.87)
G ( jω ) =
xa ( jω )
= K P (1 + jω Tv ) .
xe ( jω )
(5.12)
Damit folgt aus Gl. (5.12):
G (ω ) = K P 1 + (ω Tv ) 2 ,
(5.13)
1
lg G ( jω ) = lg K P + lg [ 1 + (ω Tv ) 2 ] .
2
(5.14)
Ferner ist
tan ϕ (ω ) =
Im(G )
= ω Tv ,
Re(G )
ϕ = arctan (ω Tv ) .
(5.15)
Während man den exakten Verlauf des Amplitudenganges aus Gl. (5.13) erhält,
ergeben sich die Asymptoten aus Gl. (5.14) durch Betrachten der Grenzfälle ω → 0
und ω → ∞.
a) Im Bereich kleiner ω - Werte ist:
ω Tv << 1
5.1 Bode-Diagramme einfacher Frequenzgänge
151
und damit folgt aus Gl. (5.14)
lg G ( jω ) ≈ lg K P ,
(5.16)
da lg (1) = 0.
Das heißt für kleine ω - Werte ist die Asymptote eine Parallele zur Abszisse mit
dem Ordinatenwert ⏐G⏐ = KP im logarithmischen Maßstab.
b) Im Bereich großer ω - Werte ist:
ω Tv >> 1 .
Aus Gl. (5.14) folgt dann die Näherung
lg G ( jω ) ≈ lg K P + lg(ω Tv ).
(5.17)
Gl. (5.17) ist eine Gerade mit der positiven Steigung 1:1.
Die unter a) und b) gefundenen Asymptoten schneiden sich für ω E = 1/ Tv, was durch
Gleichsetzen der Gln. (5.16) und (5.17) folgt. Der genaue Amplitudenwert des Amplitudenganges für die Eckfrequenz ω E = 1/ Tv ergibt sich aus Gl. (5.13) zu
G ( jω ) = K P ⋅ 2
bzw.
G ( jω ) dB = 20 ⋅ lg K P + 3dB .
Setzen wir in (5.15) ω = 0; 1/Tv; ∞, so folgt ϕ = 0°; + 45°; + 90°, wie der Phasengang
in Bild 5.6 zeigt.
102
40
G dB
30
G
10
20
3 dB
10
0
1
− 10
10−1
KP 2
KP
1
10
102
ω /s −1
10−1
− 20
ϕ
Bild 5.6
90°
Bode-Diagramm
eines PD-Gliedes
(KP = 2; Tv = 0,2 s)
45°
0°
− 45°
1
ωE =
Tv
10−1
1
10
102
ω /s −1
152
5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren
5.1.7 Bode-Diagramm eines P-T2-Gliedes
Entsprechend Gl. (3.78) ist der Frequenzgang eines P-T2-Gliedes
G ( jω ) =
xa ( jω )
KP
=
.
2
xe ( jω ) − (ω T2 ) + jω T1 + 1
(5.18)
Daraus folgt:
G ( jω ) =
KP
[1 − (ω T2 ) 2 ] 2 + (ω T1 ) 2
,
1
lg G ( jω ) = lg K P − lg{[1 − (ω T2 ) 2 ] 2 + (ω T1 ) 2 } .
2
(5.19)
(5.20)
Ferner ist:
tan ϕ =
Im(G )
− ω T1
=
,
Re(G ) 1 − (ω T2 ) 2
ϕ = − arctan
ω T1
.
1 − (ω T2 ) 2
Ist die Dämpfung D =
T1
2T2
eines solches Gliedes < 1, so ergeben sich wiederum zwei Asymptoten.
a) Im Bereich kleiner ω - Werte ist:
ω T1 << 1 und (ω T2 ) 2 << 1 .
Damit folgt aus Gl. (5.20)
lg G ( jω ) ≈ lg K P ,
(5.21)
also eine Parallele zur Abszisse.
b) Im Bereich großer ω - Werte ist
(ω T2 ) 2 >> 1 und (ω T2 ) 2 >> ω T1 .
Somit folgt aus Gl. (5.20)
lg G ( jω ) ≈ lg K P − 2 ⋅ lg(ω T2 ). .
(5.22)
(5.22) ist die Gleichung einer Geraden mit der negativen Steigung 2:1.
Den Schnittpunkt der unter a) und b) gefundenen Asymptoten findet man durch
Gleichsetzen der Gln. (5.21) und (5.22) mit ω = ω E = 1/ T2.
5.2 Darstellung in Reihe geschalteter Glieder im Bode-Diagramm
102
40
G dB
30
D = 0,1
D = 0,3
D=1
G
10
20
−2 : 1
10
KP
0
1
10−−22
− 10
10−−11
KP
2D
102
1
ωE =
10−−11
− 20
ω /s −−11
1
T2
Bild 5.7
45°
ϕ
0°
10−2
10−1
153
102
1
ω /s −−11
Bode-Diagramm
eines P-T2-Gliedes
(KP = 7; T2 = 2 s)
D=1
D = 0,3
D = 0,1
− 45°
− 90°
Bild 5.7 zeigt den Verlauf der Asymptoten und mit D als Parameter verschiedene
Amplituden- und Phasengänge. Aus Gl. (5.19) erhält man für ω E = 1/ T2
G ( jω ) =
KP
ω E T1
=
K P ⋅ T2 K P
.
=
T1
2D
Ist die Dämpfung D > 1, so lässt sich das P-T2-Glied in zwei P-T1-Glieder zerlegen.
Die Darstellung von in Reihe geschalteten Gliedern in Bode-Diagramm soll im folgenden Abschnitt behandelt werden.
5.2 Darstellung in Reihe geschalteter Glieder im Bode-Diagramm
5.2.1 Konstruktion des Bode-Diagramms mittels Einzelfrequenzgängen
Sehr häufig treten in einem Regelkreis Reihenschaltungen der im vorigen Abschnitt
behandelten einfachen Übertragungsglieder auf. So kann z. B. ein PID-Glied als Reihenschaltung eines PI- und eines PD-Gliedes aufgefasst oder in ein I- und zwei PDGlieder zerlegt werden. Sind n Glieder mit den Frequenzgängen G1( jω), G2( jω), ...
Gn( jω) in Reihe geschaltet, so ist der Gesamtfrequenzgang gleich dem Produkt der
einzelnen Frequenzgänge
G ( jω ) = G1 ( jω ) ⋅ G 2 ( jω ) ⋅ ... ⋅ G n ( jω ) .
(5.23)
Zur Darstellung des Gesamtfrequenzganges im Bode-Diagramm wird G( jω) in Betrag
und Phase zerlegt.
G ( jω ) = G ( jω ) e jϕ (ω ) .
Auf Gl. (5.23) angewandt ergibt:
(5.24)
154
5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren
G ( jω ) = G1 ( jω ) e jϕ1 (ω ) ⋅ G 2 ( jω ) e jϕ 2 (ω ) ... ⋅ G n ( jω ) e jϕ n (ω )
G ( jω ) = G1 ( jω ) ⋅ G 2 ( jω ) ⋅ ... ⋅ G n ( jω ) ⋅ e j (ϕ1+ϕ 2 + ... +ϕ n ) .
(5.25)
Durch Vergleich der Gln. (5.25) und (5.24) folgt
G ( jω ) = G1 ( jω ) ⋅ G 2 ( jω ) ⋅ ... ⋅ G n ( jω )
(5.26)
und
ϕ (ω ) = ϕ1 (ω ) + ϕ 2 (ω ) + ... + ϕ n (ω ) .
(5.27)
Infolge der logarithmischen Darstellung des Amplitudenganges ⏐G( jω)⏐ erhält man
aus Gl. (5.26) durch Logarithmieren
lg G ( jω ) = lg G1 ( jω ) + lg G 2 ( jω ) + ... + lg G n ( jω )
(5.28)
oder
G ( jω ) dB = 20 lg G1 ( jω ) + 20 lg G 2 ( jω ) + ... + 20 lg G n ( jω )
G ( jω ) dB =
n

i= 1
(5.29)
Gi ( jω ) dB .
Das heißt, der Amplitudengang des Gesamtfrequenzganges ⏐G( jω)⏐dB ergibt sich
durch einfache Addition der einzelnen Ordinaten der Amplitudengänge ⏐G1( jω)⏐dB,
⏐G2( jω)⏐dB, ... , ⏐Gn( jω)⏐dB. Das Gleiche gilt auch für die Asymptoten. Den Phasengang ϕ(ω) erhält man, entsprechend Gl. (5.27), ebenfalls durch Addition der einzelnen Phasengänge ϕ1(ω), ϕ2(ω), ... , ϕn(ω).
•
Beispiel 5.1
Zwei P-T1-Glieder und ein PD-Glied sind in Reihe geschaltet, mit den Übertragungsfunktionen
G1 ( s) =
K P1
1 + sT1
KP1 = 2
T1 = 5 s
K P2
1 + sT2
KP2 = 4
T2 = 1 s
KP3 = 8
Tv = 0,25 s.
G2 (s) =
G3 ( s) = K P3 (1 + sTv )
Der Amplituden- und Phasengang der Einzelfrequenzgänge sowie das Bode-Diagramm der
Gesamtanordnung ist zu konstruieren.
Zunächst werden die Asymptoten der einzelnen Amplitudengänge gezeichnet, gemäß den Abschnitten 5.1.4 und 5.1.6, mit den Eckfrequenzen:
5.2 Darstellung in Reihe geschalteter Glieder im Bode-Diagramm
ωE1 =
1
= 0,2 s −1
T1
ωE2 =
1
= 1 s −1
T2
ωE3 =
155
1
= 4 s −1 .
Tv
Am zweckmäßigsten verwendet man einen logarithmischen Maßstab mit 50 mm/Dekade oder
logarithmisch geteiltes Papier mit 62,5 mm/Dekade.
Der resultierende Asymptotenverlauf von ⏐G( jω)⏐dB ergibt sich durch Addition der Asymptoten von ⏐G1( jω)⏐dB, ⏐G2( jω)⏐dB und ⏐G3( jω)⏐dB.
102
40
G dB
G
5
G3
30
− (1:1)
2
G
20
10
− (2:1)
5
10
G2
2
100
0
ωE1
G1
10−2
5
10−1
ωE2
ωE3
100
2
2
10
2
5
ω /s −1
5
− 10
− (1:1)
2
10−1
− 20
ϕ
90°
ϕ3
60°
30°
0°
10−2 2
10−1
100
2
5
− 30°
− 60°
10
2
5
ω /s −−11
ϕ1
ϕ2
− 90°
ϕ
Bild 5.8
Bode-Diagramm dreier in Reihe geschalteter Glieder G1(s), G2(s) und G3(s)
156
5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren
Von ω = 0 bis ω = ω E1 ist der Verlauf der resultierenden Asymptote eine Parallele zur Abszisse. Im Bereich ω E1 < ω < ω E2 laufen die Asymptoten von ⏐G2( jω)⏐ und ⏐G3( jω)⏐ parallel zur Abszisse, während die Asymptote von⏐G1( jω)⏐ die Steigung − (1: 1) hat. Die resultierende Asymptote hat in diesem Bereich ebenfalls eine Steigung − (1: 1). Von ω = ω E2 bis ω =
ω E3 haben die Asymptoten von ⏐G1( jω)⏐ und ⏐G2( jω)⏐ je eine Steigung von − (1: 1), was zu
einer resultierenden Asymptote von − (2: 1) führt. Für ω > ω E3 kommt die Asymptote von
⏐G3( jω)⏐ mit der Steigung + (1: 1) hinzu und kompensiert die Steigung einer der beiden
Asymptoten ⏐G1( jω)⏐ oder ⏐G2( jω)⏐, so dass die resultierende Asymptote für ω > ω E3 die
Steigung − (1: 1) hat.
Betrachtet man die Amplitudengänge ⏐G1( jω)⏐, ⏐G2( jω)⏐ und ⏐G3( jω)⏐ in Bild 5.8, so sieht
man, dass sie untereinander kongruent sind. Das heißt, man kann mittels einer Schablone den
wahren Verlauf von ⏐G1( jω)⏐, ⏐G2( jω)⏐ und ⏐G3( jω)⏐ zeichnen, indem man diese je nach der
Eckfrequenz in der Zeichenebene entsprechend verschiebt, bzw. zum Zeichnen von ⏐G3( jω)⏐,
gegenüber ⏐G1( jω)⏐ bzw. ⏐G2( jω)⏐, parallel zur ω -Achse umklappt. Das Gleiche gilt für den
Phasengang. Zum Zeichnen von ϕ3(ω) wird die Schablone an der ω -Achse gespiegelt.
Eine andere Möglichkeit zur Gewinnung des exakten Amplituden- und Phasenganges
besteht darin, anstelle der Schablone ein Lineal zu benutzen. Das Amplituden- sowie
das Phasenlineal sind für einen logarithmischen Maßstab von 50 mm/Dekade entwickelt. Der Vorteil besteht darin, dass außer dem gesuchten Amplitudengang lediglich
die Asymptoten der einzelnen Frequenzgänge und die des Gesamtfrequenzganges
gezeichnet werden müssen. Das Diagramm gewinnt dadurch an Übersichtlichkeit. Der
Gedanke, der dem Amplitudenlineal zugrunde liegt, ist im Anhang erläutert und steht
im OnlinePlus-Bereich des Verlags zum Download zur Verfügung.
5.2.2 Konstruktion mittels Asymptoten
Man kann das Bode-Diagramm einer Reihenschaltung der n Glieder mit den Frequenzgängen G1( jω), G2( jω), ... Gn( jω) direkt nach dem Gesamtfrequenzgang (5.23)
G0 ( jω ) = G1 ( jω ) ⋅ G2 ( jω ) ⋅ ... ⋅ Gn ( jω )
skizzieren, ohne vorher die einzelnen Frequenzgange zu bestimmen und danach zu
addieren, wie es im vorherigen Abschnitt beschrieben wurde. Trägt man die Ordinaten
⏐G0( jω)⏐dB in Dezibel und die Abszissen in Dekaden auf, so entspricht die in vorherigen Abschnitten definierte Steigung −(1:1) einer Steigung von −20 dB/Dek, die Steigung −(2:1) ist dann in diesen Dimensionen −40 dB/Dek usw.
Bei der Bestimmung des gesamten Amplitudenganges geht man aus folgenden Eigenschaften von einzelnen Frequenzgängen aus:
1) Ist ein I-Glied im Gesamtfrequenzgang G0( jω) vorhanden, z. B. wie unten:
G0 ( jω ) =
K P1K P2 K I
(1 + jωTn )
,
jωTn
(1 + jωT1 )(1 + jωT2 )
5.2 Darstellung in Reihe geschalteter Glieder im Bode-Diagramm
157
dann hat die Asymptote des gesamten Amplitudenganges im Bereich der kleinen
ω - Werte, d. h. bei ω T1 << 1 , die negative Steigung (1:1) bzw. −20 dB/Dek. Dies
folgt aus der Annahme, dass sich der Gesamtfrequenzgang bei ω T1 << 1 zu einem
einzelnen I-Glied reduziert:
G0 ( jω ) =
K P1K P2 K I K I0
=
jωTn
jω
So ein I-Glied hat bekanntlich die Steigung der Asymptote von −20 dB/Dek und
schneidet die ω - Achse bei
ω0 = K I0 =
K P1K P2 K I
.
Tn
2) Ist kein I-Glied im Gesamtfrequenzgang G0( jω) vorhanden, z. B.
G0 ( jω ) =
K P1K P2 (1 + jωTv )
,
(1 + jωT1 )(1 + jωT2 )
verläuft die Asymptote des Amplitudenganges im Bereich der kleinen ω - Werte horizontal bzw. mit der Steigung 0 dB/Dek und schneidet die Ordinatenachse bei
G0 ( jω ) dB = 20 ⋅ lg K P = 20 ⋅ lg( K P1K P2 ) .
Bei weiterem Verlauf des Amplitudenganges bei der ersten Eckfrequenz ωE1 T1 >> 1 ,
gilt die Näherung
20 lg G0 ( jω ) ≈ 20 lg K P − 20 ⋅ lg(ω T1 ).
Dies bedeutet, dass sich die Steigung der Asymptote des Amplitudenganges bei der
Eckfrequenz ωE1 T1 >> 1 um −20 dB/Dek ändert und beträgt folglich
0 dB/Dek − 20 dB/Dek = − 20 dB/Dek
Trifft jedoch zuerst die Eckfrequenz ωEv Tv >> 1 auf, wobei die Zeitkonstante Tv die
differenzierende Wirkung hat bzw. sich im Zähler des Gesamtfrequenzganges befindet, dann gilt die folgende Asymptotengleichung:
20 lg G0 ( jω ) ≈ 20 lg K P + 20 ⋅ lg(ω T1 )
Für die Steigungsänderung bedeutet dies die Erhebung um +20 dB/Dek, so dass die
die Steigung der Asymptote des Amplitudenganges nach der Eckfrequenz ωEv
0 dB/Dek + 20 dB/Dek = + 20 dB/Dek
beträgt.
3) Die oben im Punkt 2 beschriebene Ermittlung der Steigungsänderung bei der ersten
Eckfrequenz kann für alle nachfolgende Eckfrequenzen verallgemeinert werden, nämlich: die Steigungsänderung nach jeder Eckfrequenz ωEk betrifft ±20 dB/Dek, wobei
158
5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren
+20 dB/Dek einer differenzierenden Zeitkonstante Tk im Zähler des Gesamtfrequenzganges und −20 dB/Dek einer Zeitkonstante Tk im Nenner des Gesamtfrequenzganges
(Verzögerung) entspricht.
Die Konstruktion des Amplitudenganges des Bode-Diagramms mittels Asymptoten wird am
vorherigen Beispiel 5.1 erläutert. Der gegebene Gesamtfrequenzgang
G0 ( s ) = G1 ( s )G2 ( s )G3 ( s ) =
K P1K P2 K P3 (1 + sTv )
(1 + sT1 )(1 + sT2 )
hat keinen I-Anteil, d. h. die erste Asymptote im Bereich der kleinen ω - Werte verläuft horizontal bzw. mit der Steigung 0 dB/Dek und fängt bei der folgenden Ordinate an:
G ( jω ) dB = 20 ⋅ lg K P = 20 ⋅ lg( K1K 2 K 3 ) = 20 ⋅ lg(2 ⋅ 4 ⋅ 8) = 36,1236
Da sich die Zeitkonstante T1, die der kleinsten Eckfrequenz entspricht, im Nenner des Gesamtfrequenzganges befindet, hat die nächste Asymptote bei
1
= 0,2 s −1
T1
ωE1 =
die Steigung (0 dB/Dek − 20 dB/Dek) = −20 dB/Dek. Bei der nächsten Eckfrequenz
ωE2 =
1
= 1 s −1
T2
wirkt Zeitkonstante T2 wiederum verzögert, d. h. die Steigung der Asymptote wird noch um −20
dB/Dek geändert: (− 20 dB/Dek − 20 dB/Dek) = −40 dB/Dek.
Die Zeitkonstante Tv befindet sich im Zähler des Gesamtfrequenzganges und hat differenzierende Wirkung, so dass die Steigung der Asymptote bei der Eckfrequenz
ωE3 =
1
= 4 s −1
Tv
um +20 dB/Dek geändert wird: (− 40 dB/Dek + 20 dB/Dek) = −20 dB/Dek.
Somit ergibt sich der im Bild 5.9 gezeigte Verlauf der Asymptoten des Amplitudenganges. Um
den wahren Verlauf des Amplitudenganges zu erreichen, sollen die Ordinaten bei jeder Eckfrequenz um ± ΔG = 3 dB korrigiert werden.
Das Phasengang ergibt sich in ähnlicher Weise wie der Amplitudengang, wobei der
folgende Zusammenhang zwischen Steigung des Amplitudenganges und dem Phasenwinkel im Bereich der kleinen ω - Werte bzw. bei ω T1 << 1 besteht:
Gesamtfrequenzgang
G0( jω)
Steigung der Asymptote
im Bereich der kleinen ω-Werte
Phasenwinkel
im Bereich der kleinen ω-Werte
Ohne I-Anteil
Mit I-Anteil
Mit Doppel-I-Anteil
0 dB/Dek
−20 dB/Dek
−40 dB/Dek
0°
−90°
−180°
5.2 Darstellung in Reihe geschalteter Glieder im Bode-Diagramm
G0 dB
ωE1= 0,2 s-1
159
ωE3= 4 s-1
ωE2= 1 s-1
40dB
3dB
− 20
dB
Dek
− 40
3dB
20dB
dB
Dek
Amplitudengang
− 20
Asymptoten
0 dB
0,1
Bild 5.9
dB
Dek
ω /s −1
1
Amplitudengang für Reihenschaltung G 0 ( s ) =
K P1 K P2 K P3 (1 + sTv )
mit
(1 + sT1 )(1 + sT2 )
KP1 = 2; KP2 = 4 und KP3 = 8, sowie T1 = 5 s; T2 = 1 s und Tv = 0,25 s
Jede Änderung der Steigung der Asymptoten des Amplitudenganges um ΔG = ± 20
dB/Dek entspricht der Änderung des Phasenwinkels um Δϕ = ±90°.
Bild 5.10 zeigt den Phasengang für eine Reihenschaltung von drei Gliedern mit der
gesamten Übertragungsfunktion (5.32) nach dem Beispiel 5.1.
ϕ
0°
ωE1= 0,2 s-1
0,1
ωE2= 1 s-1
ωE3= 4 s-1
ω /s −1
1
− 45°
Asymptoten
− 90°
Phasengang
− 135°
− 180°
Bild 5.10 Phasengang für G 0 ( s ) =
K P1 K P2 K P3 (1 + sTv )
(1 + sT1 )(1 + sT2 )
160
5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren
• Beispiel 5.2
Gegeben sind zwei in Reihe geschaltete Glieder mit den Übertragungsfunktionen
x (s)
K P1
G1 ( s ) = a1
=
mit K P1 = 8
x e1 ( s ) 1 + sT1 + s 2T22
T1 = 7 s
x (s)
K I2
G2 ( s ) = a2
=
xe2 ( s ) 1 + sT3
T3 = 0,5 s
mit K P2 = 4
T22 = 10 s 2
Gesucht sind:
a) der Amplituden- und der Phasengang der Reihenschaltung G0( jω ) = G1( jω ) G2( jω ).
b) Für welche Kreisfrequenz ist ϕ(ω) = − 180°?
Zu a)
Zunächst muss G1( jω) (P-T2-Glied) untersucht werden, ob eine weitere Zerlegung in zwei
P-T1-Strecken möglich ist. Die Dämpfung ist gleich:
D=
7s
α T1
=
=
= 1,105 > 1 .
β 2T2 2 10 s 2
Folglich ist folgende Zerlegung möglich
G1 ( s ) =
G1 ( s ) =
K P1
1 + sT1 +
s 2T22
=
K P1
1
⋅
1 + sTa 1 + sTb
K P1
1 + s (Ta + Tb ) + s 2Ta Tb
Durch Koeffizientenvergleich findet man
T1 = Ta + Tb
(5.30)
T22 = Ta Tb .
(5.31)
Löst man die Gl. (5.30) und (5.31) nach Ta und Tb auf, so erhält man
Ta = 2 s und Tb = 5 s .
Es handelt sich hier um drei in Reihe geschaltete P-T1-Glieder mit den Eckfrequenzen
ω E1 =
1
= 0,2 s -1
Tb
ω E2 =
1
= 0,5 s -1
Ta
ω E3 =
1
= 2 s -1 .
T3
Wir zeichnen zunächst die Asymptoten, wie in Bild 5.11 gezeigt. Um den wahren Verlauf des
Amplitudenganges zu erreichen, wird der Asymptotenverlauf bei jeder Eckfrequenz mit einem
Korrekturwert von ± ΔG = 3 dB ergänzt.
Beim Phasengang verläuft die Kurve tangentiell zu den Asymptoten und zwar durch die Mittelpunkte bei jeder Eckfrequenz. Dies folgt daraus, dass der Phasenwinkel bei jeder Eckfrequenz
ωEk = 1/Tk beträgt
ϕ k = arctan(ωEkTk ) = arctan(1) = 45°.
5.2 Darstellung in Reihe geschalteter Glieder im Bode-Diagramm
G0 dB
ωE3= 2 s-1
ωE2= 0,5 s-1
ωE1= 0,2 s-1
161
40dB
dB
3dB − 20 Dek
3dB
− 40
20dB
dB
Dek
− 60
3dB
0 dB
dB
Dek
0,1
1
ω /s −1
0,1
1
ω /s −1
ϕ
0°
− 45°
− 90°
− 135°
− 180°
− 225°
ϕ = −180°
− 270°
Bild 5.11 Bode-Diagramm für G1 ( s ) =
K P1
1 + sT1 +
s 2T22
⋅
K P2
1 + sT3
Zu b): Aus dem Bode-Diagramm folgt, dass der Phasenwinkel ϕ (ω) = − 180° bei der Kreisfrequenz von ca. ω = 1,1 s-1 erreicht wird.
• Beispiel 5.3
Gegeben ist eine PID-Regeleinrichtung mit der Übertragungsfunktion


1
G R ( s ) = K PR 1 +
+ sTv 
sTn


K PR = 20 ; Tn = 10 s ; Tv = 2 s .
(5.32)
162
5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren
Es soll das Bode-Diagramm der Regeleinrichtung GR(jω) ermittelt werden. Hierzu bringen wir
Gl. (5.32) zunächst auf einen gemeinsamen Nenner und zerlegen anschließend den Zähler in
zwei Linearfaktoren (s.a. Abschnitt 4.3.6).
GR ( s) = K PR
1 + sTn + s 2TnTv
,
sTn
(5.33)
GR ( s) = K PR
(1 + sTn′ )(1 + sTv′ )
.
sTn
(5.34)
Durch Koeffizientenvergleich der beiden Zähler von (5.33) und (5.34) erhalten wir:
Tn = Tn′ + Tv′ ,
(5.35)
Tn Tv = Tn′ ⋅ Tv′ .
(5.36)
Lösen wir (5.35) und (5.36) nach Tn′ und Tv′ , so finden wir
Tn′ = (5 + 5 ) s = 7,24 s
Tv′ = (5 − 5 ) s = 2,76 s .
In der in Gl. (5.34) gefundenen Form lässt sich das Bode-Diagramm des Gesamtfrequenzganges in einfacher Weise konstruieren. Die Eckfrequenzen sind:
ωEn =
1
1
=
= 0,138 s-1
Tn′ 7,24
ωEv =
1
1
=
= 0,362 s-1.
Tv′ 2,76
Wir zeichnen zunächst die Asymptoten des Amplitudenganges. Da der Gesamtfrequenzgang
einen I-Anteil besitzt, hat die Asymptote des Amplitudenganges im Bereich der kleinen ω Werte, d. h. bei ω << ωEn , die negative Steigung −20 dB/Dek und schneidet die ω - Achse bei
ω0 = K I0 =
K PR 20
=
= 2 s-1
Tn
10
Bei der ersten Eckfrequenz ωEn ändert sich die Steigung der nächsten Asymptote gegenüber der
vorherigen um +20 dB/Dek, da sich die Zeitkonstante T´n im Zähler der Übertragungsfunktion
(5.34) befindet. Somit beträgt die resultierende Steigung der Asymptote des Amplitudenganges
zwischen Kreisfrequenzen ωEn und ωEv den folgenden Wert:
(− 20 dB/Dek + 20 dB/Dek) = 0 dB/Dek.
Bei der Eckfrequenz ωEv ändert sich die Steigung der Asymptote gegenüber der vorherigen
wieder um +20 dB/Dek, da sich die Zeitkonstante T´v auch im Zähler der Übertragungsfunktion
(5.34) befindet. Die resultierende Steigung der Asymptote nach der Kreisfrequenz ωEv ist:
(0 dB/Dek + 20 dB/Dek) = 20 dB/Dek.
Der Phasengang fängt bei ϕ = − 90° an, weil die Übertragungsfunktion (5.34) einen I-Anteil
hat. Im weiteren Verlauf werden die Asymptoten des Phasenganges genauso wie beim Amplitudengang geändert, indem jede Amplitudenänderung von 20 dD/Dek einer Phasenänderung
5.3 Numerische Berechnung des Bode-Diagramms
163
von 90° entspricht. Das resultierende Bode-Diagramm ist im Bild 5.12 dargestellt. Wie Bild
5.12 zeigt, wird ϕ (ω0) = 0° bei
ω0 =
G
1
Tn T v
dB
= 0,223 s -1 und
ωEn =
60dB
1
= 0,138 s−1
Tn′
G R ( jω 0 ) = K PR .
ωEv =
1
= 0,362 s−1
Tv′
−20
dB/Dek
40dB
+20
dB/Dek
20dB
KI0 = 2 s−1
0 dB
0,01
1,0
0,1
ω, s-1
+ 90°
ϕ(ω)
0°
ϕ (ω0 ) = 0°
− 90°
Bild 5.12
Bode-Diagramm eines PID-Gliedes mit KPR = 20; Tn = 10 s; Tv = 2 s.
5.3 Numerische Berechnung des Bode-Diagramms
Die in den Abschnitten 5.2.1 bis 5.2.2 behandelten graphischen Verfahren zur Ermittlung des Amplituden- und Phasenganges verliert mit dem Fortschreiten der Computerentwicklung an Bedeutung. So können die in diesem Kapitel gebrachten Beispiele
5.1, 5.2, 5.3 ohne Schwierigkeiten mit einem programmierbaren Taschenrechner gelöst werden. Die Übertragungsfunktion bzw. der Frequenzgang muss hierzu nicht in
Linearfaktoren zerlegt vorliegen, sondern es genügt die Polynomform von Zähler und
Nenner. Dies ist besonders wichtig bei Regelkreisen, die innere Schleife aufweisen.
Zur numerischen Berechnung des Amplituden- und Phasenganges ist die Übertragungsfunktion in die folgende standardisierte Form zu bringen
G0 ( s ) =
Z ( s ) − sTt
⋅e
N ( s)
(5.37)
mit den Polynomen
Z ( s ) = bm s m + bm −1s m-1... + b1s + b0 ,
(5.38)
164
5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren
N ( s) = an s n + an −1s n −1... + a1s + a0 .
(5.39)
Substituieren wir in Gl. (5.37) s durch jω , so folgt der Frequenzgang
G0 ( jω ) =
Z ( j ω ) − j ω Tt
⋅e
.
N ( jω )
(5.40)
Das Zähler- und das Nennerpolynom werden in Real- und Imaginärteil zerlegt
Z ( jω ) = Re ( Z ) + j ⋅ Im ( Z ) ,
N ( jω ) = Re ( N ) + j ⋅ Im ( N ) .
Infolge e − jωTt = 1 errechnen sich der Betrag und die Phase von G0( jω) zu
Re 2 ( Z ) + Im 2 ( Z )
G 0 ( jω ) =
(5.41)
Re 2 ( N ) + Im 2 ( N )
ϕ0 ( jω ) = arctan
Im ( Z )
Im ( N )
− arctan
− ω Tt
Re ( Z )
Re ( N )
(5.42)
Der wirksame Einsatz des in Kapitel 12 beschriebenen Simulationsprogramm
MATLAB soll im folgenden Beispiel eines drehzahlgeregelten Gleichstrommotors
mit unterlagerter Stromregelung demonstriert werden.
• Beispiel 5.4
Zur Ermittlung der Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Drehzahlregelkreises wird der
Wirkungsplan 5.13 so umgezeichnet, dass sich getrennte Schleifen ergeben. Gegenüber Bild
5.13 ist in Bild 5.14 die Verzweigung der Stromrückführung nach rechts an den Ausgang verlegt. Die zusätzliche Integration wird durch das Differenzierglied GD(s) wieder rückgängig
gemacht.
Aus Bild 5.14 folgt für den aufgeschnittenen Drehzahlregelkreis
G0 ( s ) =
G1 ( s ) G2 ( s) G t ( s ) G M ( s )
x( s )
=
e( s ) 1 + G 2 ( s ) G t ( s ) G M ( s ) G D ( s )
mit G M ( s ) =
KA
.
sTM (1 + sT A ) + K1 K A
(5.43)
(5.44)
Durch Einsetzen der entsprechenden Übertragungsfunktionen in Gl. (5.43) erhalten wir:
1 + sTn1
1 + sTn2
⋅ K P2
sTn1
sTn2
Kt
1 + sTn2
1 + K P2
⋅
sTn2 1 + sTt
K P1
G0 ( s ) =
G0 ( s ) =
Kt
KA
⋅
1 + sTt K1 K A + sTM (1 + sT A )
KA
⋅
⋅ sTM
K1 K A + sTM (1 + sT A )
⋅
K P1 K P2 K t K A (1 + sTn1 )(1 + sTn2 )
. (5.45)
sTn1{sTn2 (1 + sTt ) [ K1 K A + sTM (1 + sT A )] + K P2 K t K A sTM (1 + sTn 2 )}
5.3 Numerische Berechnung des Bode-Diagramms
165
K1
w
+
KP1, Tn1
KP2, Tn2
e
Kt, Tt
−
KA, TA
iA
TM
x
+
+
− Drehzahl- − Stromregler
regler
KP1 = 50
KP2 = 1
Kt = 18
KA = 0,3
K1 = 10
Tn1 = 0,7 s
Tn2 = 0,01 s
Tt = 0,005 s
TA = 0,012 s
TM = 0,44 s
Bild 5.13 Wirkungsplan eines drehzahlgeregelten Gleichstrommotors mit unterlagerter Stromregelung
GM
K1
w
+
KP1, Tn1
KP2, Tn2
e
−
G1
+ −
G2
Kt, Tt
Gt
−
KA, TA
iA
TM
x
+
TM
GD
Bild 5.14 Wirkungsplan mit der an den Ausgang gelegten Verzweigungsstelle der Stromrückführung
Mit den Abkürzungen:
b0 = K P1 K P2 K t K A = 270
b1 = b0 ⋅ (Tn1 + Tn2 ) = 191,7 s
b2 = b0 ⋅ Tn1Tn2 = 1,89 s 2
a 0 = a1 = 0
a 2 = Tn1 K A (Tn2 K1 + TM K P2 K t ) = 1,6842 s 2
a 3 = Tn1Tn2 [TM (1 + K P2 K t K A ) + Tt K1 K A ] = 1,9817 ⋅ 10 −2 s 3
a 4 = Tn1Tn2TM (Tt + TA ) = 5,236 ⋅ 10 −5 s 4
a 5 = Tn1Tn2TM TA Tt = 1,8484 ⋅ 10 −7 s 5
166
5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren
wird Gl. (5.45) in die zur numerischen Berechnung erforderliche Form gebracht und wir erhalten
G0 ( s ) =
b2 s 2 + b1 s + b0
x( s )
=
.
e( s ) a 5 s 5 + a 4 s 4 + a 3 s 3 + a 2 s 2 + a1 s + a 0
(5.46)
Die Modellbildung mittels MATLAB erfolgt mit der Übertragungsfunktion „tf“ (Transfer
Function):
G = tf ( [Zählerkoeffizienten], [Nennerkoeffizienten]);
wobei sowohl die Zähler- als auch die Nennerkoeffizienten, beginnend mit dem der höchsten
Potenz, durch ein Leerzeichen getrennt, aufgelistet werden.
Somit folgt für das vorliegende Beispiel:
G = tf ([1.89 191.7 270], [1.848E−7 5.236E−5 1.9817E−2 1.6842 0 0])
plot(222);
grid on;
bode (G,{0.1, 1000})
Der letzte Befehl enthält in der geschweiften Klammer den Frequenzbereich
bode(G, { ωmin, ωmax } )
Bild 5.15 zeigt den Amplituden- und Phasenverlauf.
Bild 5.15 Bode-Diagramm des offenen Drehzahlregelkreises nach Bild 5.13
167
6 Stabilitätskriterien
In Kapitel 4 wurden verschiedene Regeleinrichtungen mit einfachen Regelstrecken zu
Regelkreisen zusammengeschaltet und deren Führungs- und Störverhalten untersucht.
Die dort behandelten Systeme waren so ausgesucht, dass der geschlossene Kreis
höchstens von 2. Ordnung war. Mit Hilfe der Führungs- bzw. Störübertragungsfunktion und der Dämpfung D wurde gezeigt, dass für D > 0 stets Stabilität vorliegt, d. h.,
dass die Regelgröße nur Schwingungen mit abklingender Amplitude ausführen kann
und nach beendetem Einschwingvorgang einen Beharrungszustand erreicht. Bei Strecken höherer Ordnung liegen die Dinge nicht mehr so einfach. So kann es bei falsch
eingestellten Kenngrößen der Regeleinrichtung zur Instabilität kommen. Wird ein
solch instabiler Regelkreis durch eine auftretende Störung angestoßen, so führt die
Regelgröße Schwingungen aus, die sich zu immer größeren Amplituden aufschaukeln.
Diese Erscheinung ist höchst unerwünscht und kann u. U. zur Zerstörung der Anlage
führen. Neben dieser als oszillatorische Instabilität bezeichneten kennt man noch die
monotone Instabilität. Unter Letzterer versteht man das gleichförmige Anwachsen
bzw. Abnehmen der Regelgröße nach Auftreten einer Störung, bis es z. B. durch Anschläge zur Ruhe kommt.
Die Stabilität eines Regelkreises wird bestimmt:
•
•
durch die Eigenschaften der Regelstrecke,
durch die Kenngrößen der Regeleinrichtung.
Bei einem strukturstabilen Regelkreis ist es immer möglich, durch geeignete Einstellung der Kenngrößen der Regeleinrichtung einen stabilen Regelverlauf zu erreichen,
im Gegensatz zu strukturinstabilen Systemen. In Abschnitt 4.3.2.2 wurde bereits gezeigt, dass eine integrale Regelstrecke, die mit einer integralen Regeleinrichtung einen
Regelkreis bildet, grundsätzlich instabil (strukturinstabil) ist. Im Folgenden werden
ausschließlich strukturstabile Regelkreise behandelt.
Zweck der Stabilitätsbetrachtung ist es, bei gegebener Regelstrecke die am besten
geeignete Regeleinrichtung festzulegen und bei auftretender Instabilität zu erkennen,
welche Kenngrößen geändert werden müssen, um stabile Verhältnisse zu schaffen. So
kann die Erhöhung der Verstärkung der Regeleinrichtung bei einer P-Strecke 1. Ordnung zur Erzielung einer möglichst geringen Regeldifferenz durchaus sinnvoll sein.
Bei einer P-Strecke 3. Ordnung wird, wie die Stabilitätskriterien zeigen, mit zunehmender Verstärkung die Neigung zur Instabilität größer.
Es sind eine Reihe von Stabilitätskriterien bekannt, von denen einige wichtige behandelt werden sollen. Mathematisch gesehen, sind diese Kriterien alle äquivalent, denn
alle betrachten die homogene Differentialgleichung bzw., den Kreisfrequenzgang des
Regelkreises rechnerisch oder graphisch und lassen sich ineinander überführen. In der
Praxis jedoch haben die einzelnen Stabilitätskriterien ihre speziellen Vor- und
Nachteile, so dass die Wahl des anzuwendenden Kriteriums von der Problemstellung
abhängt.
S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_6,
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2014
168
6 Stabilitätskriterien
6.1 Stabilitätskriterium nach Hurwitz
In Abschnitt 4.2 wurde anhand des Wirkungsplanes 4.9 für den geschlossenen Regelkreis mit Gl. (4.13) die folgende Beziehung abgeleitet
x( s )[1 + G R ( s )GS ( s )] = G R ( s )GS ( s ) ⋅ w( s ) + GS ( s ) ⋅ z ( s )
oder
 1

x( s ) 
+ G R ( s ) = G R ( s ) ⋅ w( s ) + z ( s ) .
 GS ( s )

(6.1)
GR(s) und GS(s) sind die Übertragungsfunktionen von Regeleinrichtung und Regelstrecke. Für eine Strecke m-ter Ordnung lautet die Übertragungsfunktion
GS ( s ) =
K PS
x( s )
.
=
m
m
y ( s ) s Tm + ... + s 2T 2 + sT1 + 1
2
(6.2)
Nehmen wir zur Regelung eine PID-Regeleinrichtung, so ist


s 2Tn Tv + sTn + 1
y ( s)
1
.
= K PR 1 +
+ sTv  = K PR
GR (s) = R
e( s )
sTn
 sTn

(6.3)
Mit (6.2) und (6.3) in (6.1) folgt
 s m Tmm + ... + s 2 T 2 + sT1 + 1
s 2 Tn Tv + sTn + 1 
2

x( s ) 
+ K PR
K PS
sTn




= K PR
s 2 Tn Tv + sTn + 1
w( s ) + z ( s ) .
sTn
(6.4)
Multiplizieren wir (6.4) mit s⋅Tn⋅KPS und ordnen nach Potenzen von s, so erhalten wir
[ s m +1 Tn Tmm + ... + s 3 Tn T22 + s 2 Tn (T1 + Tv K PR K PS ) + s Tn (1 + K PR K PS )
am +1
a2
a3
a1
(6.5)
+ K PR K PS ] x ( s) = [ s 2 Tn Tv K PR K PS + s Tn K PR K PS + K PR K PS ]w( s ) + sTn K PS z ( s ).
a0
b2
b1
b0
c1
Mittels Differentiationssatz und den obigen Abkürzungen finden wir im Zeitbereich
die Differentialgleichung des geschlossenen Kreises (mit n = m + 1):
a n x ( n) (t ) + ... + a3 xa (t ) + a 2 xa (t ) + a1 x a (t ) + a 0 x a (t )
(t ) + b1 w (t ) + b0 w(t ) + c1 z(t ).
= b2 w
(6.6)
In den Abschnitten 3.3 und 3.5 wurde gezeigt, dass bei einer Strecke 2. Ordnung das
dynamische Verhalten (gedämpfte oder aperiodische Schwingungen) durch den Auf-
6.1 Stabilitätskriterium nach Hurwitz
169
bau der homogenen Differentialgleichung bzw. durch die Polverteilung der Übertragungsfunktion bestimmt ist. Ebenso wird die Frage der Stabilität bzw. der Instabilität
eines Regelkreises von der Struktur der homogenen Differentialgleichung beschrieben
und ist unabhängig von der Art der Eingangsgrößen w(t) und z(t).
Es genügt die Untersuchung der homogenen Differentialgleichung oder der charakteristischen Gleichung. Erstere folgt aus Gl. (6.6) zu
an x ( n ) (t ) + ... + a2 xa (t ) + a1 xa (t ) + a0 xa (t ) = 0 .
(6.7)
Die charakteristische Gleichung ist identisch mit dem gleich Null gesetzten Nennerpolynom von Gw(s) bzw. Gz(s) und folgt mit w(s) = 0 und z(s) = 0 aus Gl. (6.5) oder
aus Gl. (6.7) durch Laplace-Transformation
an s n + an -1s n −1... + a3s 3 + a2 s 2 + a1 s + a0 = 0 .
(6.8)
Nach dem Fundamentalsatz der Algebra hat die Gl. (6.8) n Lösungen, wobei die Wurzeln (reell, imaginär oder komplex) in der s-Ebene dargestellt werden können. Ferner
wissen wir, dass komplexe Wurzeln immer konjugiert auftreten. Ist der Realteil einer
Wurzel positiv, so liegt diese in der rechten s-Halbebene und das System ist instabil.
Ein Regelkreis mit einer charakteristischen Gleichung 2. Grades, für die an,..., a3 = 0
gilt, ist immer stabil. Dies gilt nur unter der Voraussetzung, dass die Koeffizienten a2,
a1, a0 alle vorhanden sind und gleiches Vorzeichen besitzen. So führt z. B. die Zusammensetzung zweier I-Glieder zu einem Regelkreis (Abschnitt 4.3.2.2) zu einer Differentialgleichung 2. Ordnung, in der der Koeffizient a1 fehlt.
Es soll nun für einen Regelkreis, bestehend aus einer Strecke 2. Ordnung und einer
PID-Regeleinrichtung, die charakteristische Gleichung näher untersucht werden. Aus
Gl. (6.5) folgt für Tm,..., T3 = 0
a 3 s 3 + a 2 s 2 + a1 s + a 0 = 0 .
(6.9)
Zur Lösung verwenden wir den Ansatz
s = α ± jω .
(6.10)
Ein solches Polpaar ergibt eine Schwingung, die gedämpft, aufklingend oder von konstanter Amplitude sein kann.
•
Für α < 0 wird für t→∞
xˆ (∞ ) = 0
(abklingende Schwingung),
•
Für α > 0 wird für t→∞
x̂(∞) = ∞
(aufklingende Schwingung),
•
Für α = 0 ergibt sich eine Dauerschwingung x̂ = konstant.
Setzen wir Gl. (6.10) in (6.9) ein, so folgt:
a 3 (α 3 ± jω3α 2 − 3αω 2 # jω3 ) + a 2 (α 2 ± jω2α − ω 2 ) + a1 (α ± jω) + a 0 = 0. (6.11)
Zur Erfüllung dieser Gleichung muss sowohl der Real- als auch der Imaginärteil Null
sein.
170
6 Stabilitätskriterien
Re :
a3 (α 3 − 3αω 2 ) + a2 (α 2 − ω 2 ) + a1α + a0 = 0
a3α 3 + a2α 2 + a1α + a0 = ω 2 (3a3α + a2 ) .
(6.12)
Im : # a3ω ± ω (3a3α + 2a2α + a1 ) = 0
3
ω2 =
2
3a3α 2 + 2a2α + a1
.
a3
(6.13)
Mit (6.13) in (6.12) folgt:
a32α 3 + a2 a3α 2 + a1a3α + a0 a3 = (3a3α 2 + 2a2α + a1 )(3a3α + a2 )
bzw.
a1a2 − a0 a3 = −8a32α 3 − 8a2 a3α 2 − 2a22α − 2a1a3α
a1a2 − a0 a3 = −2α [4a32α 2 + 4a2 a3α + a22 + a1a3 ]
(6.14)
a1a2 − a0 a3 = −2α [(2a3α + a2 ) 2 + a1a3 ] .
Unter der Voraussetzung, dass alle Koeffizienten positiv sind, kann man aus Gl.
(6.14) folgende Bedingungen ableiten:
• Ist a1a 2 − a 0 a 3 > 0 , so ist α negativ (abklingende Schwingung, der Kreis ist stabil).
• Für a1a 2 − a 0 a 3 = 0 ist α = 0 (Fall der Dauerschwingung, Stabilitätsgrenze).
• Ist a1a 2 − a 0 a3 < 0 , so ist α > 0 (aufklingende Schwingung, der Kreis ist instabil).
Dieser Zusammenhang lässt sich durch eine Determinante D ausdrücken.
a 3 > 0
stabil

= 0 Stabilitätsgrenze
a 2 < 0
instabil.
a1
D=
a0
(6.15)
Hurwitz hat nun die Abhängigkeit der Stabilität von den Koeffizienten an, ..., a1, a0
abgeleitet und in Form der so genannten Hurwitz-Determinante, dargestellt, die den
folgenden Aufbau hat:
D=
a1
a3
a5
a7
...
a0
a2
a4
a6
...
0
a1
a3
a5
...
0
a0
a2
a4
...
0
0
a1
a3
...
0
.
0
.
a0
.
a2
.
...
...
Die Determinante hat stets n Zeilen und
n Spalten, wobei n der Grad der charakteristischen Gleichung ist. Die erste
Zeile wird durch die Koeffizienten mit
ungeraden Indizes a1, a3, a5,... gebildet.
Die zweite Zeile enthält die Koeffizienten mit geraden Indizes a0, a2, a4, ... .
Die dritte bzw. vierte Zeile entspricht
der ersten bzw. zweiten Zeile nur um
eine Spalte nach rechts verschoben.
(6.16)
6.1 Stabilitätskriterium nach Hurwitz
171
Nach dem Hurwitz-Kriterium müssen für die Stabilität eines Regelkreises folgende
Bedingungen erfüllt sein:
a) Für ein System n-ter Ordnung müssen alle Koeffizienten an, ... a0 vorhanden sein
und alle positives Vorzeichen besitzen.
b) Die aus den Koeffizienten an, ... a0 gebildete Determinante sowie die in Gl. (6.16)
gestrichelt umrandeten Unterdeterminanten müssen größer als Null sein.
Für eine charakteristische Gleichung 3. Grades (n = 3), erhält man
a1 a3
0
D = a0 a2 0 = a1a 2 a3 − a 0 a32 .
0 a1 a3
Daraus folgt für ein stabiles System mit a1 > 0 und a3 > 0
a1a2 − a0 a3 > 0 (stabil).
(6.17)
Dieses Ergebnis ist identisch mit der zuvor abgeleiteten Beziehung (6.15).
Für eine Differentialgleichung 4. Ordnung (n = 4) folgt:
0
0
a0 a2 a4
0
0
a1 a3
0
0
a0 a2 a4
a1 a3
D=
a1
= a4 a0
0
a3
a2
0
a4 ,
a1
a3
D = a 4 (a1a 2 a 3 − a 0 a32 − a12 a 4 )
(6.18)
und bei Stabilität (für a4 > 0)
a1a 2 a 3 − a 0 a 32 − a12 a 4 > 0 .
(6.19)
Für eine charakteristische Gleichung 5. Grades (n = 5) folgt aus Gl. (6.16)
D=
a1
a3
a5
0
0
a0
a2
a4
0
0
0
a1
a3
a5
0
0
a0
a2
a4
0
0
0
a1
a3 a5
.
Der Faktor a5 in der 5. Zeile und 5. Spalte kann unberücksichtigt bleiben wie in Gl.
(6.18). Es verbleiben nur noch die ersten vier Zeilen und Spalten. Entwickeln wir
diese nach der 4. Spalte, so folgt:
172
6 Stabilitätskriterien

a1

D = a 5 − a 5 a 0

0

a3
a5
a1
a3
a2
a0
a4 + a 4 a0
0
a2
a2
a1
a5 

a4 
a3 
D = a5 [−a5 (a1a 22 + a 02 a5 − a 0 a 2 a3 − a 0 a1a 4 )
+ a 4 (a1a 2 a 3 + a 0 a1a 5 − a12 a 4 − a 0 a32 )] .
Nach einer Zwischenrechnung erhält man bei Stabilität
(a 0 a3 − a1a 2 )(a 2 a5 − a3 a 4 ) − (a 0 a5 − a1a 4 ) 2 > 0 .
•
(6.20)
Beispiel 6.1
Gegeben ist ein Regelkreis, bestehend aus einer P-T2-Strecke und
einer PI-Regeleinrichtung mit den folgenden Übertragungsfunktionen
GS ( s ) =

1 
.
und G R ( s ) = K PR 1 +
sTn 
+ sT1 + 1

K PS
s 2 T22
KPS
T1
2
T2
KPR
= 0,5
= 30 s
2
= 200 s
= 10
Tn = 4 s
Gesucht:
a) Ist der Regelkreis stabil?
b) Auf welchen Wert müsste Tn vergrößert werden, um die Stabilitätsgrenze zu erreichen?
e) Bei gleicher Nachstellzeit wie unter a) soll durch Hinzunahme eines D-Anteils die
Stabilitätsgrenze erreicht werden. Wie groß muss Tv gemacht werden?
Zu a)
Aus Gl. (6.1) wurde die Differentialgleichung des geschlossenen Regelkreises entwickelt. Die
für die Stabilitätsuntersuchung maßgebende charakteristische Gleichung entspricht der linken
Seite von Gl. (6.1):
 1

x( s ) 
+ G R ( s ) = 0
 GS ( s )

bzw.
1
+ G R ( s ) = 0.
GS ( s )
(6.21)
Durch Einsetzen der gegebenen Übertragungsfunktionen GR(s) und GS(s) in Gl. (6.21) folgt:
s 3 Tn T22 + s 2 Tn T1 + sTn (1 + K PR K PS ) + K PR K PS = 0 .
,
a3
a2
a1
a0
Für die Koeffizienten ergeben sich folgende positive Werte:
a3 = TnT22 = 800 s3 ;
2
a2 = TnT1 = 120 s ;
a1 = Tn (1 + K PR K PS ) = 24 s;
a0 = K PR K PS = 5.
6.1 Stabilitätskriterium nach Hurwitz
173
Die Hurwitz-Determinante für eine charakteristische Gleichung 3. Grades, die wir bereits abgeleitet haben, führt zu
D = a3 (a1a2 − a0 a3 )
bzw.
a1a2 − a0 a3 = 2880 s3 − 4000 s3 = −1120 s3 .
D < 0, d. h. der Regelkreis ist instabil.
Zu b)
An der Stabilitätsgrenze ist D = 0 bzw.
a1a 2 = a 0 a3
Tn2T1 (1 + K PR K PS ) = TnT22 K PR K PS
Tn =
T22 K PR K PS
1000 s 2
=
= 5,55 s .
T1 (1 + K PR K PS ) 30 s ⋅ 6
Für Tn > 5,55 s ist der Regelkreis stabil. Dies ist noch keine Aussage über die Regelgüte. So
würde z. B. für Tn = 6 s die Dämpfung des Systems immer noch zu gering sein.
Zu c)
Durch den zusätzlichen D-Anteil erhält die charakteristische Gleichung folgende Form:
s 3Tn T22 + s 2 Tn (T1 + Tv K PR K PS ) + sTn (1 + K PR K PS ) + K PR K PS = 0 .
Durch Nullsetzen der entsprechenden Kenngrößen folgt dies auch aus. Gl. (6.5). Gegenüber a)
hat sich lediglich der Koeffizient a2 geändert.
a 2 = Tn (T1 + Tv K PR K PS ).
An der Stabilitätsgrenze ist wieder D = 0 bzw.
a1a 2 = a 0 a3
Tn (T1 + Tv K PR K PS ) =
Tv =
1
K PR K PS
K PR K PST22
1 + K PR K PS
 K PR K PST22

− T1  = 2,33 s .

T
(
1
+
K
K
)
PR PS
 n

Für Tv > 2,33 s ist der Regelkreis stabil. Die Kreisfrequenz, mit der die Regelgröße an der
Stabilitätsgrenze schwingt, erhält man aus Gl. (6.12) bzw. (6.13), denn im Fall der Dauerschwingung ist α = 0. Aus Gl. (6.12) folgt für α = 0
ω2 =
a0
a2
174
6 Stabilitätskriterien
und aus Gl. (6.13)
ω2 =
a1
a3
ω=
a0
=
a2
a1
= 3 ⋅10 −1 s -1 = 0,173 s -1 .
a3
Abschließend kann gesagt werden, dass bei einer P-T2-Strecke die Stabilität durch Vergrößern
von Tn und Tv vergrößert wird, d. h. Verkleinerung des I- und Vergrößerung des D-Anteils.
X Aufgabe 6.1
Eine P-T3-Strecke mit
K PS
GS ( s ) =
(1 + sT1 ) 3
wird von einer P-Regeleinrichtung geregelt.
G R ( s ) = K PR
Gesucht:
a) Für welches KPR = KPRkr wird der Kreis instabil?
b) Wie groß ist dann die mittlere bleibende Regeldifferenz e(∞) für w(t) = w0⋅σ(t)?
c) Mit welcher Frequenz ω = ω kr schwingt die Regelgröße an der Stabilitätsgrenze?
6.2 Stabilitätskriterium nach Nyquist
Der vorangegangene Abschnitt hat gezeigt, dass das Hurwitz-Kriterium relativ einfach
zu handhaben ist. Es versagt jedoch, wenn der Regelkreis ein Totzeitglied enthält, das
nicht durch eine gewöhnliche Differentialgleichung beschrieben werden kann. In diesem Fall wird die charakteristische Gleichung transzendent und die Anwendung des
Hurwitz-Kriteriums ist nur näherungsweise möglich, wenn der Term e − sTt in eine
Potenzreihe entwickelt wird. Demgegenüber ist das Nyquist-Kriterium universeller
und schließt die Untersuchung von Totzeitsystemen mit ein. Zur Herleitung des Nyquist-Kriteriums betrachten wir den in Bild 6.1 gezeigten Regelkreis, dessen Führungs- und Störübertragungsfunktion bereits in Abschnitt 4.2 mit
G R ( s )GS ( s )
G0 ( s )
und
=
1 + G R ( s )GS ( s ) 1 + G0 ( s )
(6.22)
GS ( s )
GS ( s )
=
1 + G R ( s )GS ( s ) 1 + G 0 ( s )
(6.23)
G w (s) =
G z ( s) =
abgeleitet wurden. Hierin ist die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises:
G 0 ( s ) = G R ( s )GS ( s ) .
(6.24)
6.2 Stabilitätskriterium nach Nyquist
z(s)
+
yR(s) y(s)
e(s)
w(s)
+
−
GR(s)
+
GS(s)
175
x(s)
Bild 6.1
Wirkungsplan des Regelkreises
Die charakteristische Gleichung des geschlossenen Systems folgt durch Nullsetzen
des Nenners von (6.22) bzw. (6.23) zu
1 + G0 ( s ) = 0 .
(6.25)
Maßgebend für die Stabilität eines Systems ist, dass alle Nullstellen von [1 + G0(s)],
die identisch sind mit den Polen von Gw(s) bzw. Gz(s), in der linken s-Halbebene
liegen. Das Nyquist-Kriterium betrachtet den Verlauf der Ortskurve von [1 + G0( jω)],
die durch Parallelverschiebung von G0( jω) um + 1 in positiv reeller Richtung entsteht. Wie Bild 6.2 zeigt, kann man für die Ortskurve [1 + G0( jω)] den Punkt (- 1, j0)
als neuen Ursprung betrachten.
Nach Nyquist ist die Winkeländerung des Zeigers [1 + G0( jω)] im Bereich ω = 0 ... ∞
bei Stabilität abhängig von der Polverteilung von G0( jω), wie in Abschnitt 6.2.2 gezeigt werden wird.
Im
−1
1
ω=∞
ω=0
G0(jω)
1+G0(jω)
ω
Re
Bild 6.2
Zusammenhang zwischen G0(jω) und
[1+G0(jω)]
6.2.1 Graphische Ermittlung der Ortskurve bei gegebener PolNullstellenverteilung
Gegeben sei die Übertragungsfunktion G0(s) in Linearfaktoren
G0 ( s ) = K ⋅
( s − s n1 )( s − s n2 )( s − s n3 ) ⋅ ⋅ ⋅
.
( s − s P1 )( s − s P2 )( s − s P3 ) ⋅ ⋅ ⋅
(6.26)
Die in Gl. (6.26) expliziten Pole und Nullstellen lassen sich, wie in Bild 6.3 gezeigt,
in der s-Ebene darstellen.
Betrachten wir den Frequenzgang von Gl. (6.26), so wird
G0 ( jω ) = K
( jω − s n1 )( jω − s n2 )( jω − s n3 ) ⋅ ⋅ ⋅
.
( jω − s P1 )( jω − s P2 )( jω − s P3 ) ⋅ ⋅ ⋅
(6.27)
Für einen bestimmten ω - Wert stellt jeder der Linearfaktoren in Gl. (6.27) einen
176
6 Stabilitätskriterien
jω
jω − sP1
jω − sn1
ϕP1
jω − sP2
ϕn1
jω
sP1
σ
ϕP2
Bild 6.3
Pol-Nullstellenverteilung in der
s-Ebene
Zeiger dar, der von dem betreffenden Pol bzw. der Nullstelle zum Punkt jω auf der
ima-ginären Achse zeigt. Die Länge des Zeigers entspricht dem Betrag des Linearfaktors, und die Phasenverschiebung ist der Winkel, den der Zeiger mit der positiv reellen Achse einschließt. Gl. (6.27) erhält dann die Form
G0 ( jω ) = K
jω − s n1 jω − s n2 jω − s n3 ⋅ ⋅ ⋅ j (ϕ n1+...−ϕ p1−...)
.
e
jω − s p1 jω − s p2 jω − s p3 ⋅ ⋅ ⋅
(6.28)
Der Betrag des resultierenden Zeigers an die Ortskurve G0( jω) ergibt sich durch Multiplikation bzw. Division der einzelnen Zeigerlängen jω − s ni bzw. jω − s pi und
dem Faktor K. Entsprechend erhalten wir den resultierenden Phasenwinkel durch Addition bzw. Subtraktion der ϕni(ω) bzw. ϕpi(ω). Zu jedem ω - Wert lässt sich so der
Zeiger an die Ortskurve G0( jω) graphisch bestimmen, dessen Endpunkt beim Durchlaufen von ω = 0 ... ∞ die Ortskurve beschreibt.
Bei der Anwendung des Nyquist-Kriteriums interessiert die gesamte Winkeländerung
Δϕ, die der Zeiger beim Durchlaufen der Ortskurve von [1+ G0( jω)] im Bereich
0 ≤ ω ≤ ∞ zurücklegt. Diese gesamte Winkeländerung ergibt sich ebenfalls aus der
Summe der Winkeländerungen, hervorgerufen durch die einzelnen Pole und Nullstellen. In Bild 6.4 sind die Winkeländerungen für den Fall dargestellt, dass die Nullstelle
links bzw. rechts der imaginären Achse liegt. Nullstellen auf der imaginären Achse
werden im Anschluss behandelt.
jω
jω
Δϕ
sn
Δϕ = +
π
2
σ
Δϕ1
jω
Δϕ1
sn1
Δϕ
sn
Δϕ = −
jω
π
2
sn1
σ
σ
sn2
Δϕ2
Δϕ = Δϕ1 + Δϕ 2 = +π
σ
Δϕ2 sn2
Δϕ = Δϕ1 + Δϕ 2 = −π
Bild 6.4 Winkeländerung Δϕ in Abhängigkeit von der Lage der Nullstellen
6.2 Stabilitätskriterium nach Nyquist
177
Wie Bild 6.4a) und b) zeigt, bewirkt eine Nullstelle links der imaginären Achse eine
Winkeländerung von Δϕ = +π/2 und eine Nullstelle rechts der imaginären Achse ein
Δϕ = −π/2 (im mathematischen Drehsinn), wenn ω = 0 ... ∞ geändert wird.
Betrachten wir nun das konjugiert komplexe Nullstellenpaar in Bild 6.4c) und d), so
wird bei negativem Realteil insgesamt eine Winkeländerung Δϕ = Δϕ1 + Δϕ2 = +π
bewirkt und bei positivem Realteil Δϕ = Δϕ1 + Δϕ2 = - π. Da komplexe Nullstellen
nur konjugiert auftreten, können wir generell pro Nullstelle mit einer Winkeländerung
Δϕ = +π/2, bei negativem Realteil und Δϕ = −π/2, bei positivem Realteil rechnen. Für
Polstellen gelten in Bild 6.4 die umgekehrten Vorzeichen,
Es ist nun noch der Fall einer Nullstelle bzw. eines Poles auf der imaginären Achse
nachzutragen. Betrachten wir hierzu die beiden Übertragungsfunktionen:
G1 ( s ) =
K
1 + sT1
(6.29)
und
G 2 ( s) =
K
n
( sT1 ) (1 + sT1 )
.
(6.30)
Der Phasenwinkel des Frequenzganges zu Gl. (6.29) lautet
ϕ1 (ω ) = − arctan(ω T1 ) .
(6.31)
Daraus folgt:
ϕ1 (ω = 0) = 0
ϕ1 (ω = ∞) = −
π
2
und
Δϕ1 = ϕ1 (ω = ∞) − ϕ1 (ω = 0) = −
π
2
.
Für den Frequenzgang zu Gl. (6.30) erhalten wir den Phasenwinkel
 π
 ⋅ n − arctan(ω T1 ) .
 2
ϕ 2 (ω ) =  −
(6.32)
Aus Gl. (6.32) folgt
 π
⋅n.
 2
ϕ 2 (ω = 0) =  −
π
 π
 ⋅ n − und
2
 2
ϕ 2 (ω = ∞) =  −
Δϕ 2 = ϕ 2 (ω = ∞) − ϕ 2 (ω = 0) = −
π
2
.
178
6 Stabilitätskriterien
Das Ergebnis zeigt, dass die gesamte Winkeländerung Δϕ unabhängig ist von der
Anzahl der Pole auf der imaginären Achse. Pole auf der imaginären Achse verändern
zwar den Verlauf der Ortskurve, in dem die Anfangslage des Zeigers pro Pol um −π/2
gedreht wird, sie haben jedoch keinen Einfluss auf die gesamte Winkeländerung Δϕ.
Bezeichnen wir die Nullstellen mit sni, so erhalten wir zusammenfassend das folgende
Ergebnis:
 π
+ 2

Δϕ ni =  0
 π
−
 2
für Re( s ni ) < 0
für Re( s ni ) = 0
(6.33)
für Re( s ni ) > 0.
Für Pole gelten in Gl. (6.33) die umgekehrten Vorzeichen.
6.2.2 Ableitung des Nyquist-Kriteriums
Nach Gl. (6.25) lautet die charakteristische Gleichung
1 + G0 ( s) = 1 +
Z ( s)
=0.
N (s)
(6.34)
Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises G0(s) in Gl. (6.34) ist, unter
Vernachlässigung eines eventuell vorhandenen Totzeitgliedes, eine rational gebrochene Funktion, mit dem Zählerpolynom Z(s) und dem Nennerpolynom N(s). Bei realen
Systemen ist der Grad n des Nennerpolynoms immer größer, höchstens gleich dem
Grad des Zählers. Bringen wir Gl. (6.34) auf den gemeinsamen Nenner N(s), so wird
1 + G0 ( s) =
N ( s) + Z ( s)
=0
N ( s)
(6.35)
bzw. der Frequenzgang
1 + G 0 ( jω ) =
N ( jω ) + Z ( jω )
.
N ( jω )
(6.36)
Das Zählerpolynom Gl. (6.35) N(s) + Z(s) hat dann ebenfalls den Grad n. Die gesamte
Winkeländerung Δϕ des Frequenzganges 1+ G0( jω) ergibt sich aus
1. den n Nullstellen von N( jω) + Z( jω) und
2. den n Polstellen von N( jω).
Der geschlossene Kreis mit der charakteristischen Gleichung (6.35) soll stabil sein,
d. h., dass sämtliche n Nullstellen von N( jω) + Z( jω) negativen Realteil haben müssen. Nach der Beziehung (6.33) beträgt die Winkeländerung infolge der Nullstellen
von (6.36)
6.2 Stabilitätskriterium nach Nyquist
179
 π
.
 2
Δϕ1 = n ⋅  +
(6.37)
Der Nenner N(s) von 1 + G0(s) ist identisch mit dem Nenner von G0(s). Das offene
System G0(s) muss nicht stabil sein, d. h. die n Pole können beliebig in der s-Ebene
verteilt liegen.
Unter Verwendung der folgenden Bezeichnungen
n
Ordnung von G0(s)
nl
Anzahl der Pole in der linken s-Ebene
nr
Anzahl der Pole in der rechten s-Ebene
ni
Anzahl der Pole auf der imaginären Achse
erhalten wir
n = nl + ni + n r .
(6.38)
Die durch den Nenner von (6.36) bedingte Winkeländerung ist dann
  π
π
 π 
Δϕ 2 = − nl  +  + n r  −   = − (nl − n r ).
2
2
2



 
(6.39)
Für die gesamte Winkeländerung von 1 + G0( jω) folgt somit
Δϕ = Δϕ1 + Δϕ 2 =
π
2
(n − nl + n r ).
(6.40)
Obwohl die auf der imaginären Achse liegenden Pole keinen Beitrag liefern, folgt aus
Gl. (6.38)
nl = n − ni − n r .
(6.41)
Mit Gl. (6.41) in Gl. (6.40) erhalten wir schließlich
Δϕ = ( 2 n r + n i ) ⋅
π
2
.
Die allgemeine Fassung des Nyquist-Kriteriums lautet:
Besitzt die Übertragungsfunktion des offenen Kreises G0(s)
nr Pole mit positivem Realteil und ni Pole auf der imaginären
Achse, dann ist der geschlossene Kreis genau dann stabil, wenn
der vom kritischen Punkt (−1, j0) an die Ortskurve G0( jω) gezogene Fahrstrahl beim Durchlaufen der Ortskurve im Bereich
0 ≤ ω ≤ ∞ eine Winkeländerung von
Δϕ = (2n r + ni ) ⋅
beschreibt.
π
2
(6.42)











(6.43)
180
6 Stabilitätskriterien
6.2.3 Anwendung des Nyquist-Kriteriums
Zur Interpretation des Nyquist-Kriteriums betrachten wir im Folgenden, rein qualitativ, einige Systeme mit typischen Polkonfigurationen
1. G0(s) hat nur Pole mit negativem Realteil.
Ein Regelkreis bestehe aus einer P-T3-Strecke mit
GS ( s ) =
K PS
(1 + sTa )(1 + sTb )(1 + sTc )
und einer Regeleinrichtung mit
G R ( s ) = K PR .
Wie die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises
G0 ( s ) = G R ( s )GS ( s ) =
K PR K PS
(1 + sTa )(1 + sTb )(1 + sTc )
zeigt, liegen sämtliche Pole in der linken s-Halbebene, d. h. es ist
nr = 0
ni = 0
(6.44)
nl = n.
Die Bedingung für Stabilität des geschlossenen Kreises nach (6.43) mit (6.44) ergibt
Δϕ = 0.
(6.45)
In Bild 6.5 ist der Verlauf der Ortskurve von G0( jω) qualitativ dargestellt. Vergrößern wir KPR, so wird der Zeiger G0( jω) proportional gestreckt. In Bild 6.5a) beschreibt der Fahrstrahl [1 + G0( jω)] eine Winkeländerung von Δϕ = 0, wie bei Stabilität durch Gl. (6.45) gefordert. Durch Vergrößern von KPR geht in Bild 6.5b) die
Ortskurve G0( jω) gerade durch den kritischen Punkt (−1, j0).
Im
a)
Im
Δϕ = 0
ω
c) Δϕ = − 2π
b)
Re
1+ G0 (jω)
Im
Δϕ
Re
Re
1+ G0 (jω)
ω
1+ G0 (jω)
ω
Bild 6.5 Ortskurvenverlauf G0( jω): nl = n; nr = ni = 0, a) stabil, b) Stabilitätsgrenze, c) instabil
6.2 Stabilitätskriterium nach Nyquist
181
Das ist der Fall der Stabilitätsgrenze. Eine weitere Vergrößerung von KPR führt zu
dem in Bild 6.5c) gezeigten Ortskurvenverlauf, mit einer Winkeländerung des Fahrstrahls [1 + G0( jω)] von
Δϕ = −2π,
d. h., der geschlossene Kreis ist instabil.
2. G0(s) hat, neben Polen mit negativem Realteil, einen Pol im Ursprung.
In Bild 6.6 sind die beiden Fälle Stabilität und Instabilität für
GS ( s ) =
K PS
und
(1 + sTa )(1 + sTb )
GR (s) =
K IR
bzw.
s
G0 ( s ) = G R ( s )GS ( s ) =
K IR K PS
s (1 + sTa )(1 + sTb )
dargestellt. Es ist nr = 0 und ni = 1. Damit folgt aus Bedingung (6.43)
Δϕ = +
π
2
,
bei Stabilität (Bild 6.6a). Durch Vergrößern von KIR nimmt die Ortskurve [1+G0( jω)]
den in Bild 6.6b) gezeigten Verlauf mit einer Winkeländerung von
3
2
Δϕ = − π ,
d. h., der geschlossene Kreis ist instabil. Für den Fall der Stabilitätsgrenze würde
G0(jω) gerade durch den kritischen Punkt (−1, j0) verlaufen.
Im
−1
Δϕ
ω=∞
Im
Re
Δϕ
ω=∞
−1
ω
ω
a) Δϕ = + π (stabil)
2
Bild 6.6 Ortskurvenverlauf G0( jω) mit nr = 0; ni = 1
b) Δϕ = − 3π (instabil)
2
Re
182
6 Stabilitätskriterien
3. G0(jω) enthält ein Totzeitglied.
Betrachten wir hierzu einen Regelkreis bestehend aus
GS ( s ) =
K PS − sTt
und
e
1 + sT1
(6.46)
G R ( s ) = K PR .
Der Frequenzgang des aufgeschnittenen Kreises lautet dann
G0 ( jω ) = GR ( jω )GS ( jω ) =
K PR K PS − jω Tt
,
e
1 + jω T1
dessen Betrag
G0 ( jω ) =
K PR K PS
1 + (ω T1 ) 2
ist unabhängig von der Totzeit. Dagegen erhält der Phasenwinkel
ϕ0 (ω ) = −ω Tt − arctan(ω T1 )
durch das Totzeitglied eine zusätzliche Phasendrehung −ω Tt, proportional ω. Reale
Glieder haben immer Tiefpasscharakter, so dass für ω → ∞ alle Ortskurven in den
Ursprung laufen. Wie bereits in Abschnitt 3.9 gezeigt, verlaufen die Ortskurven von
Totzeitsystemen spiralförmig in den Ursprung. Ohne Beweis sei hier angemerkt, dass
auch bei Totzeitkreisen die Bedingung (6.43) gilt. Für das durch Gl. (6.46) beschriebene System ist nr = ni = 0. Die Winkeländerung muss gemäß der Bedingung (6.43)
Δϕ = 0
sein, wenn der geschlossene Kreis stabil arbeiten soll. Bild 6.7a) zeigt den Verlauf
von G0( jω) bei Stabilität. Bei Instabilität (Bild 6.7b) ist die Winkeländerung des
Fahrstrahls [1 + G0( jω)]
Δϕ = −2π.
Wird der kritische Punkt n-mal umschlungen, so ist
Δϕ = n ⋅ (−2π ) .
Im
Im
b) Δϕ =− 2π
a) Δϕ = 0
Re
−1
[1+ G0 (jω)]
ω=0
Δϕ
Re
ω=0
−1
[1+ G0 (jω)]
ω
ω
Bild 6.7 Ortskurvenverlauf
G0( jω) beim Vorhanden-
sein einer Totzeit Tt,
a) stabil, b) instabil
6.2 Stabilitätskriterium nach Nyquist
•
183
Beispiel 6.2
Gegeben ist der in Bild 6.8 abgebildete Regelkreis mit
GS ( s ) =
K PS
und
sTI (1 + sT1 )


s 2 Tn Tv + sTn + 1
1
.
G R ( s ) = K PR 1 +
+ sTv  = K PR
sTn

 sTn
w
+
e
yR +
= 0,5
= 10 s
=5s
= 20
Tn
=4s
Tv
= 0,2 s
z
x
y
+
− GR(s)
KPS
TI
T1
KPR
GS(s)
Bild 6.8 Regelkreis bestehend aus
einer IT1-Strecke und einer PIDRegeleinrichtung
Es sind zu ermitteln:
a) Ist der Regelkreis stabil?
b) Wie beeinflussen die drei Regelparameter die Stabilität?
Zu a)
Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises
G0 ( s ) = G R ( s )GS ( s ) = K PR K PS
s 2Tn Tv + sTn + 1
s 2Tn TI (1 + sT1 )
(6.47)
zeigt, dass ein Doppelpol im Ursprung vorliegt (doppeltes I-Verhalten). Die Winkeländerung
wird mit ni = 2, nr = 0 nach Bedingung (6.43) bei Stabilität
Δϕ = + π.
(6.48)
Wir diskutieren zunächst den Ortskurvenverlauf von
G0 ( jω ) = K PR K PS
1 − ω 2TnTv + jω Tn
.
− ω 2TnTI (1 + jω T1 )
(6.49)
Zerlegen wir Gl. (6.49) in Real- und Imaginärteil, so wird:
Re(G0 ) = −
Im (G0 ) =
K PR K PS 1 + ω 2Tn (T1 − Tv ) 
⋅

ω 2TnTI  1 + (ω T1 ) 2 
K PR K PS
ω TnTI
 T − T − ω 2TnTvT1 
⋅ 1 n
.
1 + (ω T1 ) 2


(6.50)
(6.51)
Aus den Gln. (6.50) und (6.51) folgen die in der Tabelle angegebenen Punkte mit dem in Bild
6.9 gezeigten Ortskurvenverlauf. Der Kreis ist demnach instabil.
184
6 Stabilitätskriterien
Zu b)
Der Einfluss von KPR auf die Stabilität ist leicht zu finden. Vergrößern wir KPR, so wächst der
Zeiger G0( jω) proportional. Dadurch kann erreicht werden, dass die Ortskurve den in Bild 6.9
gestrichelt gezeichneten Verlauf nimmt. Für
K PR >
20
= 25,
0,8
wird der geschlossene Kreis stabil. Der Fahrstrahl von (−1, j0) an die gestrichelte Ortskurve
beschreibt jetzt eine Winkeländerung von Δϕ = + π, wie durch Gl. (6.48) gefordert.
Der Einfluss der beiden anderen Regelparameter ergibt sich aus der Betrachtung des Schnittpunktes der Ortskurve mit der negativ reellen Achse. Es ist dann
Im (G0) = 0.
Damit folgt aus Gl. (6.51)
ω2 =
T1 − Tn
.
TnTvT1
(6.52)
Mit (6.52) in (6.50) erhalten wir im Schnittpunkt
Re(G0 ) = − K PR K PS
TnTv
.
TI (T1 − Tn )
(6.53)
Im
ω
Δϕ = −π
Re
−1
ω=∞
ω
Re (G0)
Im (G0)
0
−∞
+∞
T1 − Tn
Tn Tv T1
− 0,8
0
∞
0
0
Bild 6.9 Ortskurvenverlauf G0( jω) des durch Gl. (6.47) gegebenen Systems
Wie Bild 6.9 zeigt, muss bei Stabilität die Winkeländerung Δϕ = + π sein. Dies wird erreicht,
wenn die Ortskurve G0( jω) den kritischen Punkt links liegen lässt, d. h. für
Re(G0 ) < −1 .
(6.54)
Setzen wir Gl. (6.54) in Gl. (6.53) ein, so folgt
K PR K PS
Tn T v
>1.
TI (T1 − Tn )
Daraus ermitteln wir für die drei Parameter:
T (T − Tn )
K PR > I 1
= 25 oder
K PSTn Tv
(6.55)
6.3 Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm
Tv >
TI (T1 − Tn )
= 0,25 s oder
K PR K PSTn
Tn >
TIT1
= 4,17 s .
TI + K PR K PSTv
185
Die Stabilität des Regelkreises nach Bild 6.8 wird durch Vergrößern von KPR, Tv und Tn erhöht, also größerem P- und D-Anteil aber kleinerem I-Anteil.
X Aufgabe 6.2
Überprüfen Sie die Ergebnisse von Beispiel 6.1 mittels Nyquist-Kriterium.
6.3 Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm
Das im vorherigen Abschnitt 6.2 beschriebene Nyquist-Kriterium in Ortskurvendarstellung ist sehr anschaulich, jedoch in seiner Anwendung recht unhandlich, besonders wenn es darum geht, den Einfluss von Parameteränderungen oder zusätzlicher
Glieder, die z. B. im kritischen Bereich eine Phasenanhebung bzw. Amplitudenabsenkung bewirken, zu erkennen. Demgegenüber bietet das Bode-Diagramm einige Vorzüge bei der Darstellung des Frequenzganges G0( jω) des aufgeschnittenen Kreises,
auf die wir bereits in Abschnitt 5.2 bei der Behandlung in Reihe geschalteter Glieder
hingewiesen haben.
Im Folgenden soll nun das Nyquist-Kriterium in das Bode-Diagramm übertragen werden. Danach ist gemäß Bedingung (6.43) ein System stabil, wenn der Fahrstrahl
[1 + G0( jω)] beim Durchlaufen der Ortskurve von ω = 0 ... ∞ eine Winkeländerung
Δϕ = (2n r + ni ) ⋅
π
2
ausführt. In dieser Form ist das Nyquist-Kriterium nicht ohne Weiteres im BodeDiagramm anwendbar, da bei bekanntem Verlauf von G0( jω) nach Betrag und Phase
im Bode-Diagramm der Verlauf von [1 + G0( jω)] im Gegensatz zur Ortskurvendarstellung, nur mittels Hilfen (Hall- oder Nichols-Diagramm) ermittelt werden kann.
Es soll nun gezeigt werden, dass aus der Anzahl und Art der Schnittpunkte zwischen
der Ortskurve [1 + G0( jω)] und der links des kritischen Punktes (−1, j0) gelegenen
negativ reellen Achse, auf die gesamte Winkeländerung des Fahrstrahls [1 + G0( jω)]
geschlossen werden kann.
Schneidet die Ortskurve [1 + G0( jω)] die negativ reelle Achse links von (−1, j0), so
bezeichnen wir den Schnittpunkt als positiv (S = + 1), wenn die Ortskurve bei zunehmender Frequenz aus dem 2. in den 3. Quadranten wechselt und als negativen Schnittpunkt (S = − 1) beim Wechsel vom 3. in den 2. Quadranten. Die Gesamtzahl der
Schnittpunkte υ besteht aus υp positiven und υn negativen, so dass gilt
υ =υp + υn .
(6.56)
186
6 Stabilitätskriterien
Nehmen wir zunächst an, dass G0( jω) keine Pole im Ursprung hat, dann beginnt die
Ortskurve G0( jω) für ω = 0 auf der positiven reellen Achse. Ferner wissen wir, dass
für alle realen Systeme G0( jω) für ω → ∞ im Ursprung endet. Im Folgenden werden
die Schnittpunkte fortlaufend mit zunehmender Frequenz nummeriert. Bild 6.10 zeigt
für den Fall, dass nur positive Schnittpunkte vorliegen, den Ortskurvenverlauf
[1 + G0( jω)] und die Winkeländerung Δϕ bezüglich des Fahrstrahls [1 + G0( jω)].
Im
Im
ω
Δϕ =− 4π
S1 = +1
S2 = +1
[1+ G0 (jω)]
−1
ω=∞
S1 = −1
ω=0
−1
Re
ω=∞
[1+ G0 (jω)]
ω=0
Re
S2 = −1
Δϕ =+ 4π
ω
Bild 6.10 Winkeländerung Δϕ bei aus-
Bild 6.11 Winkeländerung Δϕ bei aus-
schließlich positiven Schnittpunkten υp = 2
schließlich negativen Schnittpunkten υn = 2
Die gesamte Winkeländerung ergibt sich zu
Δϕ = υ p ⋅ ( +2π ) .
Entsprechend ergibt sich, wie Bild 6.11 zeigt, beim Vorliegen von ausschließlich
negativen Schnittpunkten eine Winkeländerung von
Δϕ = υ n ⋅ (−2π ) .
Ist, wie in Bild 6.12 gezeigt, von den υ Schnittpunkten einer negativ, so ist unabhängig von der Aufeinanderfolge die gesamte Winkeländerung
Δϕ = (υ p − 1) ⋅ 2π .
Entsprechend erhält man für υp positive und υn negative Schnittpunkte
Δϕ = (υ p − υ n ) ⋅ 2π .
(6.57)
Im
Δϕ =+ 4π
S3 = +1
S2 = +1
S1 = −1
−1
Bild 6.12 Winkeländerung
ω=0
ω=∞
[1+ G0 (jω)]
ω
Re
Δϕ = +2π für υp = 2; υn = 1
6.3 Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm
187
Hat die Übertragungsfunktion G0( jω) Pole im Ursprung, so beginnt die Ortskurve im
Unendlichen, wie wir bereits in Abschnitt 6.2 gesehen haben. Die Anfangslage des
Fahrstrahls [1 + G0( jω)] ist dann um ni⋅(− π/2) gedreht.
Betrachten wir als erstes den Fall eines Pols im Ursprung ni = 1. Der Fahrstrahl beginnt für ω = 0 bei −j∞ und legt, wie die Bilder 6.13 und 6.14 zeigen, bis zum Erreichen des 1. positiven oder negativen Schnittpunktes gegenüber Gl. (6.57) einen zusätzlichen Winkel von + π/2 zurück, so dass gilt
π
Δϕ = (υ p − υ n ) ⋅ 2π +
2
(für ni = 1 ).
(6.58)
Im
Im
Δϕ
S1 = +1
−1
Re
−1
S1 = − 1
ω
Re
Δϕ
Δϕ = − π
−
Δϕ = + −3 π
2
2
ω
Bild 6.13 Winkeländerung Δϕ bis zum
Bild 6.14 Winkeländerung Δϕ bis zum
1. positiven Schnittpunkt (ni = 1)
1. negativen Schnittpunkt (ni = 1)
Für ni = 2 (Doppelpol im Ursprung) beginnt die Ortskurve G0( jω) bei − ∞. Hier ist
der Zusammenhang nicht so eindeutig wie bei ni = 1 und bedarf einer weiteren Fallunterscheidung. Bild 6.15 zeigt die verschiedenen Winkeländerungen, die der Fahrstrahl
von ω = 0 bis zum Erreichen des 1. positiven Schnittpunktes zurücklegen kann.
Vergleicht man Bild 6.15a) mit Bild 6.10, so ist der Winkel bis zum Erreichen des
positiven Schnittpunktes in Bild 6.15a) um π gegenüber Bild 6.10 reduziert. In Bild
6,15b) ist der Winkel Δϕ0,1 um + π gegenüber Bild 6.10 vergrößert.
ω
1
S0 = − −
2
a) Δϕ =0
[1+ G0 (jω)]
Im
−1
S1 = +1
1
S0 = + −
2
Im
S1 = +1
−1
Re
ω
Re
b) Δϕ =+ 2π
[1+ G0 (jω)]
Bild 6.15 Winkeländerung des Fahrstrahls [1 + G0( jω)] von ω = 0 bis zum Erreichen des
1. positiven Schnittpunktes S0 = + 1, a) Anfang verläuft im 2. Quadranten
b) Anfang verläuft im 3. Quadranten
188
6 Stabilitätskriterien
Der Unterschied im Verlauf des Anfangsstücks der beiden Ortskurven in Bild 6.15a)
und 6.15b) besteht darin, dass in a) die Ortskurve für kleine ω - Werte im 2. Quadranten und in b) im 3. Quadranten verläuft. Die negative reelle Achse ist die Grenzlinie
zwischen dem 2. und 3. Quadranten. Der Übertritt von der negativ reellen Achse in
den 2. Quadranten (Bild 6.15a) lässt sich als halber negativer Schnittpunkt (S0 = −
1/2) interpretieren und entsprechend in Bild 6.15b) als halber positiver Schnittpunkt
(S0 = + 1/2), so dass bei Berücksichtigung dieser Festlegung wieder Gl. (6.57) gilt.
Bild 6.16 zeigt den Zusammenhang für ni = 2 bis zum Erreichen des 1. negativen
Schnittpunktes.
[1+ G0 (jω)]
1
S0 = + −
2
S1 = − 1
−1
Im
−1
S1 = − 1
Re
ω
ω
1
S0 = − −
2
Im
[1+ G0 (jω)]
Re
b) Δϕ =− 2π
a) Δϕ =0
Bild 6.16 Winkeländerung des Fahrstrahls [1 + G0( jω)] von ω = 0 bis zum Erreichen
des 1. negativen Schnittpunktes S1 = − 1
Man kann sich leicht überzeugen, dass die Beziehung (6.57) auch gilt, wenn kein
Voll-Schnittpunkt links des kritischen Punktes liegt. Zusammenfassend erhalten wir
0

für ni = 0 oder 2
 2
für ni = 1.
Δϕ = (υ p − υ n ) ⋅ 2π + π
(6.59)
Das Nyquist-Kriterium kann nun abhängig von den Schnittpunkten formuliert werden.
Bei Stabilität muss Gl. (6.59) der Bedingung (6.43) genügen, d. h.
( 2n r + ni )
0

= (υ p − υ n ) ⋅ 2π + π
2
 2
π
für ni = 0 oder 2
für ni = 1.
(6.60)
Kürzen wir in Gl. (6.60) durch π und setzen ni ein, so folgt
 nr
für ni = 0 oder 1

(υ p − υ n ) =  2
n +1
 r
für ni = 2.
 2
(6.61)
Es sei nochmals darauf hingewiesen, dass für ni = 2 der halbe positive bzw. halbe
negative Schnittpunkt in Gl. (6.61) berücksichtigt werden muss.
Anhand von Bild 6.17 soll die prinzipielle Anwendung erläutert werden. Das betrachtete System habe eine doppelte Polstelle im Ursprung aber keine Pole in der rechten
6.3 Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm
189
s-Halbebene (nr = 0; ni = 2). Wir bezeichnen die Frequenz für die |G0( jω d)| = 1 bzw.
|G0( jω d)| dB = 0 dB wird als die so genannte Durchtrittsfrequenz
ω = ω d.
Es zählen nur die Schnittpunkte links des kritischen Punktes, d. h. im Bode-Diagramm
der Bereich, in dem |G0( jω d)| = > 1 ist. In Bild 6.17 ist dieser identisch mit ω < ω d .
Schneidet G0( jω) die negativ reelle Achse, so ist
ϕ 0 (ω ) = i ⋅ 180° , mit i = ±1, ±3, ±5,…
G0
1
ϕ0
ωd
ω
Bild 6.17 Stabilitätsbetrachtung
nach Nyquist anhand der Schnittpunkte im Bode-Diagramm
0°
−90°
−180°
1
S0 = − −
2
(nr = 0; ni = 2)
S1 = +1
S2 = −1
−270°
Im interessierenden Bereich ist S1 = + 1 ein positiver Schnittpunkt, da mit wachsender
Frequenz die Phase zunimmt. Entsprechend ist S2 = − 1 ein negativer Schnittpunkt
(Phase nimmt ab). Der asymptotische Verlauf von ϕ0(ω) → − 180° für ω → 0 wird
vereinbarungsgemäß als ein halber negativer Schnittpunkt S0 = − 1/2 (Phase nimmt
ab) gewertet. Somit erhalten wir für das betrachtete System
1
2
1
2
υ p − υ n = S 0 + S1 + S 2 = − + 1 − 1 = − .
(6.62)
Die Bedingung (6.61) fordert aber für ni = 2
υp − υn =
nr + 1
1
=+ ,
2
2
(6.63)
und wird durch Gl. (6.62) nicht erfüllt, d. h. der geschlossene Kreis ist instabil.
Wir erkennen leicht aus Bild 6.17, dass durch Verkleinern der Kreisverstärkung (z. B.
KPR) der gesamte Amplitudengang |G0( jω)| parallel nach unten verschoben wird (gestrichelte Kurve). Der Phasengang bleibt unverändert. Die Durchtrittsfrequenz ω d
rückt damit nach links. Fällt ω d zwischen die Schnittpunkte S1 und S2, so wird
190
6 Stabilitätskriterien
1
2
υ p − υ n = S 0 + S1 = − + 1 = +
1
,
2
wie durch Gl. (6.63) gefordert. Der geschlossene Kreis ist stabil.
Eine weitere Verringerung der Kreisverstärkung rückt ω d noch weiter nach links, bis
schließlich, wenn der Durchtritt ω d zwischen S0 und S1 erfolgt, nur noch S0 im Bereich |G0( jω)| > 1 liegt. Es ist dann
1
2
υp − υn = S0 = − .
Das heißt, das geschlossene System ist ebenfalls instabil.
6.3.1 Vereinfachtes Nyquist-Kriterium
Das durch Bild 6.17 erläuterte Nyquist-Kriterium in der Schnittpunktform gilt allgemein. In praxi sind Systeme, deren Übertragungsfunktionen G0(s) Pole in der rechten
s-Halbebene besitzen, äußerst selten. Beschränken wir uns auf den weitaus häufigsten
Fall, dass der aufgeschnittene Kreis keine Pole mit positivem Realteil und höchstens
einen Doppelpol im Ursprung hat (nr = 0; ni = 0, 1, 2), so ist eine weitere Vereinfachung bei der Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm möglich.
Unter der Voraussetzung nr = 0 sollen die Fälle ni = 0 oder 1 und ni = 2 im Folgenden
nacheinander diskutiert werden.
1. Für ni = 0 bzw. ni = 1 beginnt der Phasengang ϕ0(ω) bei 0° bzw. − 90°. Die Bedingung (6.61) fordert bei Stabilität
υp −υn = 0 ,
G0
1
ϕ0
ωd
ω
0°
(nr = 0; ni = 1)
ϕ0 (ωd )
−90°
S2 = +1
−180°
−270°
Bild 6.18 Stabilitätsbetrachtung
nach Nyquist anhand der Schnittpunkte im Bode-Diagramm
S1 = −1
ϕRd
6.3 Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm
191
d. h., es müssen gleich viele positive und negative Schnittpunkte vorhanden sein.
Ist υp = υn = 0, so ist für alle ω-Werte stets ϕ0(ω) > − 180°. Bild 6.18 zeigt ϕ0(ω)
für υp = υn = 1. Stabilität ist nur möglich, wenn ω d links des negativen Schnittpunktes S1 oder rechts des positiven Schnittpunktes S2 liegt, d. h. für
ϕ0(ω d) >− 180°. Es ist leicht einzusehen, dass dies für beliebige υp = υn gilt.
2. Für ni = 2 (nr = 0) beginnt der Phasengang ϕ0(ω) bei −180°. Bei Stabilität muss
nach Bedingung (6.61)
υp − υn =
nr + 1
1
= + sein.
2
2
Zur Diskussion können wir Bild 6.17 heranziehen. Das System ist infolge ni = 2
mit S0 = − 1/2 bzw. S0 = + 1/2 vorbelastet, je nach dem, ob ϕ0(ω) für kleine ωWerte unter oder über der (− 180°)-Linie verläuft. In Bild 6.17 beginnt ϕ0(ω) mit
S0 = − 1/2. Stabilität kann durch einen weiteren positiven Schnittpunkt S1 erreicht
werden. Die Durchtrittsfrequenz ωd liegt dann rechts von S1 und es ist ϕ0(ω d) >
−180°. Jeder zusätzliche negative Schnittpunkt S2 erfordert zur Kompensation einen zusätzlichen positiven Schnittpunkt S3. Das heißt, Stabilität liegt immer dann
vor, wenn für |G0( jωd)| = 1 ϕ0(ω d) > −180° ist. Verläuft ϕ0(ω) für kleine ωWerte über der (− 180°)-Linie, so ist S0 = + 1/2. Das System ist stabil, wenn keine
weiteren negativen und Positiven Schnittpunkt hinzukommen oder paarweise in
der Reihenfolge (S1 = − 1, S2 = +1), (S3 = − 1, S4 = +1), und usw. Stets führt dies
zu ϕ0(ω d) > −180°.
Das vereinfachte Nyquist-Kriterium lässt sich dann wie folgt formulieren:
Besitzt die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Krei- 

ses G0(s) keine Pole mit positivem Realteil (nr = 0) und 
höchstens einen Doppelpol im Ursprung (ni = 0, 1, 2), so ist 
das geschlossene System stabil, wenn bei der Durchtrittsfre- 
quenz ωd, d. h. für |G0( jωd)| = 1, die Phasenverschiebung 

ϕ0(ω d) > −180° ist.

(6.64)
6.3.2 Stabilitätsgüte und Phasenrand
Das vereinfachte Nyquist-Kriterium (6.64) fordert bei Stabilität, dass für |G0( jωd)| = 1
der zugehörige Phasenwinkel ϕ0( jω d) > − 180° ist. Die Dämpfung des geschlossenen
Kreises wird um so geringer, je mehr sich ϕ0( jω d) dem Wert − 180° nähert. Als qua-
192
6 Stabilitätskriterien
litatives Maß für die Stabilitätsgüte dient der Abstand von ϕ0( jω d) zur (− 180°)-Linie
und wird als Phasenrand oder Phasenreserve ϕRd bezeichnet. Wie Bild 6.18 zeigt, ist
ϕ Rd = ϕ 0 (ω d ) − (−180°) = ϕ 0 (ω d ) + 180° .
(6.65)
Als Erfahrungswerte gelten:
•
bei Führungsverhalten ϕRd > 40° ... 70° und
•
bei Störverhalten
ϕRd > 30°.
Bild 6.19 zeigt den Phasenrand anhand des Ortskurvenverlaufs G0( jω).
Im
+1
Re
−1
+1
ϕRd
Ortskurve G0(jω ) mit dem Einheitskreis
G0 (jω )
−1
•
Bild 6.19 Phasenrand ϕRd, Schnittpunkt der
ω
Beispiel 6.3
Gegeben ist eine Regelstrecke mit Verzögerung 1 0rdnung und Totzeit gemäß Beispiel 3.10
(Mischbehälter mit nachfolgender Ianger Leitung), deren Übertragungsfunktion lautet
GS ( s ) =
K PS − sTt
.
e
1 + sT1
Diese wird von einer PI-Regeleinrichtung mit

1 
G R ( s) = K PR 1 +

 sTn 
geregelt. Die Kenngrößen haben folgende Werte:
KPS = 0,8
KPR = 10
= 20 s
T1 = 100 s
Tn
Tt = 10 s (hier größer als in Beispiel 3.10)
Gesucht sind im Bode-Diagramm:
a) Ist der geschlossene Regelkreis stabil (ϕ Rd)?
b) Welchen Wert muss KPR annehmen, wenn ϕ Rd = 40° sein soll?
Zunächst werden die Asymptoten von |GR( jω )| und |GS( jω )| bzw. |G0( jω )| gezeichnet. Dabei
ist zu beachten, dass der Betrag des reinen Totzeitgliedes Eins ist. Die Eckfrequenzen liegen
bei:
6.3 Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm
ω E1 =
193
1
1
= 10 − 2 s −1 und ω E 2 =
= 5 ⋅ 10 −2 s −1 .
T1
Tn
Mittels Amplituden- und Phasenlineal ermittelt man dann die in nachfolgender Tabelle angegebenen Werte und zeichnet den Amplituden- und Phasengang (Bild 6.20).
Die Winkelwerte ϕ T
t
für das Totzeitglied ergeben sich in einfacher Weise aus
ϕ Tt (ω ) = ω ⋅ Tt , d. h., ϕ Tt proportional ω.
Für ω =
0,1
ist ϕ T (ω ) = ω ⋅ Tt = 0,1 → ϕ T (ω ) = 5,73°
t
t
Tt
Für ω =
1
ist ϕ T = 1
t
Tt
→ ϕ Tt (ω ) = 57,3°
Für ω =
10
ist ϕ T = 10
t
Tt
→ ϕ Tt (ω ) = 573° usw.
-1
ω /s
ΔGPT1
-3
0,002
0,005
−0,04 −0,17
dB
ΔGTt
0
0
dB
ΔGR
0
+0,01
dB
ΔG0
−0,04 −0,16
dB
ϕPT1 / ° −5,7 −11,3
−1,1
ϕTt / ° −0,6
−90
−90
ϕR / °
+1
+2,3
ϕ0 / ° −95,3 −100,1
−0,97
10
-2
0,02
0,05
−3,01
−0,97
−0,17
0
0
0
+0,04
+0,17
−0,93
−2,84
10
-1
-0
0,2
0,5
−0,04
−0,01
0
0
0
0
0
0
0
+0,65
+3,01
+0,97
+0,26
+0,04
+0,01
−0,32
−2,84
+0,93
+0,25
+0,04
+0,01
10
−26,6
−45
−63,4 −78,7 −84,3 −87,1
−2,9
−5,7 −11,5 −28,7 −57,3 −114,6
−90
−90
−90
−90
−90
−90
+5,7 +11,3 +21,8
+45
+63,4
+76
−113,8 −129,4 −143,1 −152,4 −168,2 −215,8
10
−88,9 −89,4
−286,5 −573
−90
−90
+84,3 +87,1
−381,1 −665,3
Wie das Bode-Diagramm in Bild 6.20 zeigt, ist für ω = ω d1 bzw. |G0(jω d1)| dB= 0 dB
ϕ Rd1 = 180° + ϕ 0 (ω d1 ) = 16°
und somit der Regelkreis stabil.
Zu b)
Um den Phasenrand auf ϕ Rd1 = 40° zu vergrößern, muss die Durchtrittsfrequenz bei ω d2 =
-1
0,023 s liegen. Dies wird durch Absenken des Amplitudenganges um 17,7 dB erreicht und
entspricht einem Faktor von 7,7. Der neue Proportionalbeiwert ergibt sich zu
K PR =
10
= 1,3 .
7 ,7
194
6 Stabilitätskriterien
− (1:1)
40dB
G
dB
G0
ωE1
0 dB
ϕ
0°
GR
− (2:1)
20dB
10−3
10−2
10−3
10−2
ωE2
ωd1
GS
10−1
ω /s −1
10−1
ω /s −1
− 45°
− 90°
− 135°
− 180°
ϕRd1 = 40°
ϕRd2 = 16°
− 225°
− 270°
− 315°
− 360°
Bild 6.20 Bode-Diagramm des offenen Kreises mit
G 0 ( s ) = K PR K PS
1 + sTn
e − sTt (Beispiel 6.3)
sTn (1 + sT1 )
Die Wirkung einer Totzeitänderung auf die Stabilität kann ebenfalls leicht ermittelt werden.
Eine Vergrößerung der Totzeit ändert den Amplitudengang |G0( jω )| nicht; lediglich der Phasengang ϕ0(ω) wird nach links verschoben. Das Ergebnis dieser Betrachtungen zeigt, dass für
6.4 Stabilitätsuntersuchung mittels Zweiortskurvenverfahren
195
diesen Regelkreis eine Vergrößerung des Proportionalbeiwertes KPR, sowie eine Vergrößerung
der Totzeit Tt, die Stabilität verschlechtern.
Ändert man die Nachstellzeit Tn., so ist der Einfluss nicht ohne weiteres erkennbar, da die Eckfrequenz des PI-Gliedes sich ändert und damit der Abstand zur Eckfrequenz des P-Gliedes
1. Ordnung. Außerdem tritt eine Änderung des Phasenganges auf.
6.4 Stabilitätsuntersuchung mittels Zweiortskurvenverfahren
Das Zweiortskurvenverfahren, das auf Oppelt zurückgeht, ist eine sehr anschauliche
Methode zur Stabilitätsuntersuchung. Neben der exakten Auswertung, die auch exakte
Ergebnisse liefert, kann man mit Hilfe dieses Verfahrens ohne Rechnung rein gedanklich Tendenzen erkennen, die zur Stabilität bzw. Instabilität führen. Der charakteristische Verlauf der hauptsächlich in Frage kommenden Ortskurven kann bei einiger
Übung leicht ohne Tabellen angegeben werden. Insbesondere wird das Zweiortskurvenverfahren zur Stabilitätsuntersuchung von Regelkreisen angewandt, die Nichtlinearitäten enthalten.
Zur Erläuterung des Zweiortskurvenverfahrens betrachten wir Bild 6.21. Wie der
Name sagt, werden zwei Ortskurven in einem gemeinsamen Diagramm aufgetragen,
und zwar:
1. Die Ortskurve der Regeleinrichtung GR( jω ) und
2. die negative inverse Ortskurve der Regelstrecke −1/ GS( jω ).
Für die folgenden Betrachtungen wollen wir das vereinfachte Nyquist-Kriterium gemäß der Beziehung (6.64) zu Grunde legen. Das heißt, wir betrachten nur Systeme,
deren Übertragungsfunktion G0(s) keine Pole mit positivem Realteil (nr = 0) und
höchstens einen Doppelpol im Ursprung (ni = 0, 1, 2) besitzt.
Nach (6.64) ist ein System stabil, wenn im Bode-Diagramm bei der Durchtrittsfrequenz ω d, d. h.
|G0( jω d)| = 1,
(6.66)
der zugehörige Phasenwinkel ϕ0(ω d) > − 180° ist.
Aus Gl. (6.66) folgt
|G0( jω d)| = |GR( jω d)| |GS( jω d)| = 1
G R ( jω d ) =
1
.
GS ( jω d )
Da
GS ( jω d ) = − GS ( jω d )
ist, gilt auch
(6.67)
196
6 Stabilitätskriterien
G R ( jω d ) =
−1
.
GS ( jω d )
(6.68)
Gl. (6.67) oder (6.68) kann zur Berechnung von ω d benutzt werden. Wie Bild 6.21
zeigt, wird durch die beiden Zeiger
GR ( jω d ) und
−1
GS ( jω d )
der Winkel ϕR eingeschlossen, der identisch ist mit der Phasenreserve bzw. dem Phasenrand. Zum Beweis betrachten wir den Winkel, den der Zeiger
−1
GS ( jω d )
mit der positiv reellen Achse einschließt.
−1
GS
ω
Im
ϕR
ω=0
Im
ω
ω=0
Re
ϕRd
ωd
ϕR
ω
Re
ωd
GR
Bild 6.21 Stabilitätsprüfung mittels Zweiortskurvenverfahren
Es ist
1
−1
= − 1 ⋅ e − j180° ⋅
⋅ e − jϕS (ω )
GS ( jω d )
GS ( jω d )
1
−1
=
⋅ e − j (180°+ϕS ) .
GS ( jω d )
GS ( jω d )
Mit
 −1
 GS
−1
GS
ϕRd
GR
a) ϕRd > 0 (stabil)
ϕ 
ω

 = −(180° + ϕ S )

folgt der in Bild 6.21 angegebene Phasenrand zu

−1
G
(
 S jω d )
ϕ Rd (ω d ) = ϕ R (ω d ) − ϕ 



b) ϕRd < 0 (instabil)
6.4 Stabilitätsuntersuchung mittels Zweiortskurvenverfahren
197
bzw.
ϕ Rd (ω d ) = ϕ R (ω d ) + ϕ S (ω d ) + 180° .
(6.69)
Da ϕ0 = ϕR + ϕS ist, ist Gl. (6.69) identisch mit Gl. (6.65).
Nach dem Zweiortskurvenverfahren ist demnach ein System stabil, wenn für ω = ω d,
das heißt
G R ( jω d ) =
−1
,
GS ( jω d )
der Phasenrand ϕR(ω d) > 0 ist, bzw. der Zeiger GR(jω d) gegenüber dem Zeiger
−1
GS ( jω d )
voreilt. Für ϕR(ω d) = 0 arbeitet der Regelkreis an der Stabilitätsgrenze.
6.4.1 Konstruktion der negativ inversen Ortskurve der Strecke
Für eine P-Strecke mit der Übertragungsfunktion
GS ( s ) =
1 + sT1 +
K PS
2 2
s T2 + s 3T33
+ ...
(6.70)
erhalten wir den negativ inversen Frequenzgang
T3
T
T2
−1
1
=−
− j 1 ω + 2 ω 2 + 3 ω 3 + ...
GS ( jω )
K PS
K PS
K PS
K PS
(6.71)
Diese Gleichung lässt sich als Zeigerpolygon in der Gaußschen Zahlenebene darstellen (Bild 6.22). Das Zeigerpolygon beginnt mit dem Zeiger −1/KPS auf der negativ
reellen Achse. Der zweite Term −jT1ω /KPS in Gl. (6.71) repräsentiert einen Zeiger in
negativ imaginärer Richtung. Daran schließt der reelle Zeiger T22ω 2 / K PS an usw.
Für jede Frequenz ergibt sich ein Zeigerpolygon, dessen Endpunkt einen Punkt der
Ortskurve darstellt.
Für ω = 0 beginnt die Ortskurve auf der negativ reellen Achse im Abstand −1/KPS
vom Ursprung. Die Ortskurve lässt sich in einfacher Weise konstruieren, wenn man
zunächst für eine bestimmte Frequenz (z. B. ω1 = 1 s-1) das Zeigerpolygon zeichnet.
Multipliziert man ω1 mit 2; 3; ..., so wird der erste Zeiger auf der negativ reellen Achse unverändert bleiben, die Länge des zweiten Zeigers −jT1ω /KPS wird mit 2; 3; ...
multipliziert (wächst linear), die des dritten T22ω 2 / K PS wächst quadratisch usw.
198
6 Stabilitätskriterien
Im
d)
−
1
K PS
− a1ω1
a2ω12
− a1⋅2ω1
1
Bild 6.22 Konstruktion der
negativ inversen Ortskurve einer
P-Strecke mit:
a) 1. Ordnung
b) 2. Ordnung
c) 3. Ordnung
d) 4. Ordnung
c)
Re
− a1⋅3ω1 a2 2 2 ω12
− a1⋅4ω1
2
a1 =
a2 3
2
ω12
3
T1
K PS
2
; a 2 = T2
K PS
ω
b)
a2 4 2 ω12
a)
4
Bei I-Strecken beginnt die negativ inverse Ortskurve im Ursprung. Da in Gl. (6.71)
der erste Term −1/KPS verschwindet, fällt der erste Zeiger in die negativ imaginäre
Achse. Das folgende Beispiel soll das Zweiortskurvenverfahren näher erläutern.
•
Beispiel 6.4
Eine P-T2-Strecke mit der Übertragungsfunktion
GS ( s ) =
K PS
s 2T22 + sT1 + 1
KPS = 0,5
T1
T2
2
=3s
2
=2s
wird von einem nicht idealen P-Regler mit Verzögerung 1. Ordnung geregelt
KPR = 20
K PR
GR ( s) =
1 + sTa
Ta
= 1 s.
Der Regelkreis ist mittels Zweiortskurvenverfahren auf seine Stabilität zu untersuchen.
Wir zeichnen zunächst die negativ inverse Ortskurve der Strecke. Diese folgt aus
T
T2
−1
1
=−
− j 1 ω + 2 ω2.
GS ( jω )
K PS
K PS
K PS
-1
Für ω1 = 0,5 s
ist
−1
= −2 − j 3 + 1 .
GS ( jω1 )
6.4 Stabilitätsuntersuchung mittels Zweiortskurvenverfahren
199
Für 2ω1 = 1 s wird
-1
−1
= −2 − j 6 + 4 usw.
GS ( j 2ω1 )
Die Ortskurve des P-T1-Reglers ist ein Halbkreis im 4. Quadranten mit dem Durchmesser KPR.
Wie Bild 6.23 zeigt, schneiden sich die beiden Ortskurven. Gemäß der Bedingung (6.70) suchen wir die Kreisfrequenz ω = ω d, für die
G R ( jω d ) =
1
GS ( jω d )
bzw.
K PR
1 + (ωTa )
2
=
1
[1 − (ωT2 ) 2 ] 2 + (ωT1 ) 2 ist.
K PS
Daraus folgt
1 − ( K PR K PS ) 2 + ω 2 (Ta2 − 2T22 + T12 ) + ω 4 (T24 + Ta2T12 − 2Ta2T22 ) + ω 6Ta2T24 = 0 .
Im
4
2
-4
-2
4
2
6
8
10
12
14
16
18
20
Re
− a1ω1
− a1⋅2ω1 0,5
− a1⋅3ω1
ϕRd
2
a2 2 ω1
GR ( jω )
1
ω / s-1
2
− a1⋅4ω1
0,5
2
a2 3 ω12
1
a2 4
2
ω12
−
1
GS ( jω )
2
ω / s-1
Bild 6.23 Stabilitätsuntersuchung mittels Zweiortskurvenverfahren (P-T2-Strecke und P-T1Regeleinrichtung), mit a1 =
T1
T2
; a2 = 2 .
K PS
K PS
200
6 Stabilitätskriterien
2
Diese kubische Gleichung in ω hat nur eine reelle Lösung
2
-1
ω = 2,196 s
bzw. ein reales (positives)
-1
ω = ω d = 1,482 s .
Damit folgt:
tan ϕ R = −ω d Ta = −1,482
 ϕR = −56°
 −1 
ω d T1
 =
tan 
= −1,31
2
G
 S  1 − (ω d T2 )
 −1 
 = −52,65°.
 ϕ 
 GS 
und
Der Phasenrand
 −1 
 = −3,35°
ω Rd = ϕ R − ϕ 
 GS 
ist negativ, bzw. für ω = ω d eilt GR( jω d) dem Zeiger −1/GS( jω d) nach, d. h. der geschlossene
Regelkreis ist instabil.
Wie Bild 6.23 zeigt, schneiden sich die beiden Ortskurven für KPR < 18 nicht mehr, der Kreis
ist dann stabil.
Für einen idealen P-Regler (Ta = 0) reduziert sich die Ortskurve GR( jω ) zu einem Punkt auf
der positiv reellen Achse im Abstand KPR zum Ursprung. Es ist offensichtlich, dass ein solcher
Regler erst im Zusammenspiel mit einer P-T3-Strecke instabil werden kann. Die negativ inverse
Ortskurve einer P-T3-Strecke durchläuft den 3., 4. und 1. Quadranten (Bild 6.22). Von Bedeutung ist der Schnittpunkt der Ortskurve −1/GS( jω ) mit der positiv reellen Achse, der stets
rechts von KPR liegen muss, um die Stabilität des Regelkreises zu gewährleisten.
201
7 Das Wurzelortskurvenverfahren
Das dynamische Verhalten eines Regelkreises ist abhängig von der Polverteilung des
geschlossenen Kreises und wird durch die Wahl der Regelparameter beeinflusst. Mit
den in Kapitel 6 behandelten Stabilitätskriterien war eine Aussage über die relative
Lage der Pole des geschlossenen Kreises zur Stabilitätsgrenze möglich, ohne die absolute Pollage explizit zu berechnen.
Demgegenüber gestattet das von dem amerikanischen Regelungstechniker W. R.
Evans 1948 erstmals vorgestellte Wurzelortskurvenverfahren die Änderung der Lage
der Pole des geschlossenen Kreises anhand der Pol-Nullstellen-Konfiguration des
aufgeschnittenen Kreises in Abhängigkeit von der Variation jeweils eines Regelparameters zu bestimmen. Ein Nachteil des Wurzelortskurvenverfahrens besteht darin,
dass es sich nicht auf Systeme mit Totzeit anwenden lässt. Die Pole des geschlossenen
Kreises ergeben sich aus der charakteristischen Gleichung
1 + G0 ( s ) = 0 bzw.
(7.1)
G 0 ( s ) = −1 .
(7.2)
Darin ist
G 0 ( s ) = G R ( s ) ⋅ GS ( s ) =
Z ( s)
= −1
N ( s)
(7.3)
durch eine gebrochen rationale Funktion mit dem Zählerpolynom Z(s) und dem Nennerpolynom N(s) darstellbar. Wir können uns ferner G0(s), wie in Gl. (6.26), in Linearfaktoren zerlegt vorstellen.
G0 ( s ) = K ⋅
( s − s N1 )( s − s N2 )( s − s N3 ) ... ( s − s Nm )
= −1 .
( s − s P1 )( s − s P2 )( s − s P3 ) ... ( s − s Pn )
(7.4)
Hierin sind sNi die Nullstellen (i = 1, 2...m) und sPj die Polstellen (j = 1, 2...n) des
aufgeschnittenen Kreises und werden als bekannt vorausgesetzt.
Gesucht sind nun die s-Werte,
für die Gl. (7.4) erfüllt wird. Der
geometrische Ort aller s-Werte,
die der Gl. (7.4) genügen, ist die
Wurzelortskurve (WOK). Ähnlich wie bei der Herleitung des
Nyquist-Kriteriums (s. Abschnitt 6.2.1) können wir die
Linearfaktoren in Gl. (7.4) als
Zeiger in der s-Ebene darstellen.
jω
(s – sN1 )
ϕN1
sN1
(s - sP2 )
(s – sP1 )
ϕP1
sP1
ϕP2
sP2
0
σ
Bild 7.1
Linearfaktoren in Gl. (7.4) als Zeiger in der s-Ebene
S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_7,
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2014
202
7 Das Wurzelortskurvenverfahren
Im Gegensatz zu Abschnitt 6.2.1 suchen wir den resultierenden Zeiger nicht in Abhängigkeit von jω , sondern von s = σ + jω . Bild 7.1 zeigt für ein System G0(s) mit
einer Nullstelle und zwei Polen einen Punkt s in der s-Ebene, für den die Gl. (7.4)
erfüllt ist.
Ersetzen wir in Gl. (7.4) jeden der Linearfaktoren (Zeiger) durch seinen Betrag und
seine Phase, so wird
G0 ( s ) = K
s − s N1 e jϕ N1 ⋅ s − s N2 e jϕ N2 ⋅ ... ⋅ s − s Nm e jϕ Nm
s − s Pn e jϕ Nn
s − s P1 e jϕ P1 ⋅ s − s P2 e jϕ P2 ⋅ ... ⋅
= −1 .
(7.5)
Hierin sind ϕ Ni bzw. ϕ Pj die Winkel, die die jeweiligen Zeiger mit der positiv reellen
Achse einschließen, bzw.
 Im ( s − s Ni ) 
 .
 Re ( s − s Ni ) 
ϕ Ni = arctan 
(7.6)
Für N = P ergeben sich die Winkel der Zeiger im Nenner von Gl. (7.5). Es liegt nahe,
Gl. (7.5) nach Betrag und Phase aufzuspalten, und wir erhalten die Gleichungen:
G0 ( s ) = K
s − s N1 ⋅ s − s N2 ⋅ s − s N3 ⋅ ... ⋅ s − s Nm
s − s P1 ⋅ s − s P2 ⋅ s − s P3 ⋅ ... ⋅ s − s Pn
=1
(7.7)
und
ϕ 0 = ϕ N1 + ϕ N2 + ϕ N3 + ... − ϕ P1 − ϕ P2 − ϕ P3 − ... = ± (2i + 1) π
(7.8)
i = 0, 1, 2, 3...
Anstelle von Gl. (7.8) können wir
tan ϕ 0 = 0
oder, da auch tan ϕ 0 =
(7.9)
Im (G0 )
= 0,
Re (G0 )
Im (G0 ) = 0 .
(7.10)
betrachten.
Ein wesentlicher Vorteil des WOK-Verfahrens besteht darin, dass der veränderliche
Parameter K in der Winkelbedingung Gln. (7.8), (7.9) oder (7.10) nicht mehr vorkommt. Wir werden im Folgenden sehen, dass der WOK-Verlauf (der geometrische
Ort aller Pole) allein aus diesen Bedingungen gewonnen werden kann.
Für einfache Systeme ist es möglich, mittels der Gl. (7.9) oder Gl. (7.10) den Verlauf
der WOK in der s-Ebene analytisch zu berechnen. Die Lage der Pole als Funktion des
Parameters K bestimmt sich dann mit Gl. (7.7) zu
K=
s − s P1 ⋅ s − s P2 ⋅ s − s P3 ⋅ ... ⋅ s − s Pn
s − s N1 ⋅ s − s N2 ⋅ s − s N3 ⋅ ... ⋅ s − s Nm
.
(7.11)
7.1 Analytische Berechnung der Wurzelortskurve
203
Wie Gl. (7.11) zeigt, wird für s = sPj (j = 1, 2...n) K = 0, und für s = sNi (i = 1, 2...m)
ergibt sich K = ∞. Dies gibt Aufschluß über den Verlauf der WOK in den Extremwerten von K. Bestimmen wir die Lage der Pole in Abhängigkeit von 0 ≤ K ≤ ∞, so beginnt die WOK für K = 0 in den Polen des aufgeschnittenen Kreises und endet für K =
∞ in dessen Nullstellen bzw. im Unendlichen. Wie wir noch sehen werden, ist jeder
Pol sPj von G0(s) der Ursprung eines Astes der WOK. Bei realen Systemen ist der
Grad des Zählerpolynoms m stets kleiner höchstens gleich dem des Nennerpolynoms
n. Von den n Ästen der Wurzelortskurve enden m in den Nullstellen und (n – m) im
Unendlichen.
Aus der uns bekannten Tatsache, dass komplexe Pole immer nur konjugiert komplex
auftreten können, ergibt sich, dass die WOK stets symmetrisch zur σ-Achse verläuft.
Es genügt also, die WOK in der oberen Halbebene zu ermitteln.
Die analytische Auswertung der Gln. (7.10) und (7.11) ist nur bei einfachen Systemen
möglich. Zur Bestimmung der WOK komplizierter Systeme bedient man sich entweder eines graphischen Probierverfahrens unter Zuhilfenahme der so genannten Spirule
oder der numerischen Berechnung mittels Digitalrechner. Für das graphische Verfahren ist es hilfreich, dass die einzelnen Äste der WOK in den Polen von G0(s) für K = 0
beginnen. Ein benachbarter Punkt, der die Gln. (7.7) und (7.8) erfüllt, kann relativ
leicht gefunden werden. Die im Folgenden abgebildeten WOK wurden mit dem
MATLAB berechnet und ausgedruckt. Für gängige Regelkreiskonfigurationen gibt es
WOK-Kataloge, in denen die charakteristischen Verläufe der WOK in Abhängigkeit
der Pol-Nullstellenverteilung von G0(s) zusammengestellt sind.
Ein weiterer Vorzug des WOK-Verfahrens besteht darin, dass es sich ganz entsprechend der Darstellung kontinuierlicher Systeme in der s-Ebene, ebenso auf diskrete
Systeme in der z-Ebene anwenden lässt (s. Abschnitt 11.5.3).
7.1 Analytische Berechnung der Wurzelortskurve
In den folgenden Beispielen wird das Verfahren näher erläutert.
Beispiel 7.1
Für den einfachen Regelkreis in Bild 7.2 soll die Wurzelortskurve mit KPR als veränderlichem
Parameter bestimmt werden. Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises lautet:
G0 ( s ) = G R ( s) ⋅ GS ( s) ;
G0 ( s ) = K PR K PS
1 + sTn
;
sTn (1 + sT1 )

1 
 s + 
Tn 
K K
. (7.12)
G0 ( s) = PR PS ⋅ 
T1

1
s s + 
T1 

w(s)
+
e(s)
−
K PR
1 + sTn
sTn
K PS
1 + sT1
x(s)
Bild 7.2 Regelkreis bestehend aus
einer PT1-Strecke und einem PI-Regler,
KPS = 0,5; T1 = 2 s; Tn = 1 s
204
7 Das Wurzelortskurvenverfahren
Die Pole von G0(s) liegen bei
s P1 = 0 ; s P 2 = −
1
,
T1
1
.
Tn
Setzen wir in Gl. (7.12) s = σ + jω, so folgt
die Nullstelle bei s N1 = −


1
 σ +
+ jω 
Tn
K K


G0 (σ , jω ) = PR PS ⋅
.
T1


1
(σ + jω ) σ +
+ jω 
T1


(7.13)
Gemäß Gl. (7.7) ergibt sich der Verlauf der Wurzelortskurve aus
tan ϕ 0 =
Im (G0 )
=0
Re (G0 )
bzw. es genügt
Im (G0 ) = Re ( N ) ⋅ Im ( Z ) − Re ( Z ) ⋅ Im ( N ) = 0
zu betrachten.
Damit erhalten wir aus Gl. (7.13)
 
ω σ  σ +
 
 

1
1 
1
 − ω 2  −  σ +  ⋅ ω ⋅  2σ +  = 0 .
T1 
Tn 
T1 
 

Diese Gleichung wird erfüllt für:
a) ω = 0
b) ω
2
(7.14)
= −σ
2

2
1
1
−σ
−
= − σ +
Tn Tn T1
Tn

2

1
 +
Tn

 1
1

−  = 0 .
 Tn T1 
(7.15)
Der erste Teil der Wurzelortskurve verläuft nach Gl. (7.14) auf der σ-Achse. Für den zweiten
Teil der Wurzelortskurve kann Gl. (7.15) (im vorliegenden Fall für Tn < T1) auf die Form

1
ω = − σ +
Tn

2
2 

1
 + 

T

 n
 1
1 

−  
 Tn T1  
2
(7.16)
gebracht werden. Dies ist die Gleichung eines Kreises in der s-Ebene mit dem Radius
r=
1
Tn
 1
1

−  und dem Mittelpunkt
 Tn T1 

1
 ω = 0; σ = −
Tn


 .

Bild 7.3 zeigt den WOK-Verlauf, der mit dem Befehl rlocus(num,den, 'k') von MATLAB berechnet wurde. Nach Gl. (7.14) wäre zu erwarten, dass die gesamte σ-Achse Teil der WOK ist.
7.1 Analytische Berechnung der Wurzelortskurve
205
Root Locus
1
0.83
0.72
0.58
0.4
0.2
s-EBENE
0.91
0.8
KP
6,4235
0.6
8,8153
0.96
10,3391
0.4
Imaginäre
Achse
2,683
1,3724
0.99
11,3251
0.2
0,5994
K = oo
Imaginäre Achse
P
1.75
0
1.5
1.25
1
0,448
0.75
0.5
sp2
s
N1
KP=11,6569
Reelle Achse
0.25
-0.2
K P=0,343
0,5994
0.99
11,3251
1,3724
-0.4
10,3391
KP
2,683
0.96
-0.6
8,8153
6,4235
-0.8
0.91
-1
-2
0.83
-1.5
0.72
0.58
-1
0.4
0.2
-0.5
0
0.5
Reelle Achse
Bild 7.3 WOK des Regelkreises nach Bild 7.2 mit G0 ( s) =
K PR (1 + sTn ) K PS
⋅
sTn
1 + sT1
Wie Bild 7.3 zeigt, sind aber die Bereiche sN1 < σ < sP2 und σ > 0 ausgenommen, und zwar
weil hier Gl. (7.6) verletzt ist. Betrachten wir z. B. für ω = 0 einen Punkt sN1 < σ < sP2, so ist
ϕ 0 = ϕ N1 − ϕ P1 − ϕ P2 = 0 − π − π = −2π ≠ (2i + 1) π .
Für einen Punkt mit ω = 0 und σ > 0 ist
ϕ 0 = ϕ N1 − ϕ P1 − ϕ P2 = 0 − 0 − 0 ≠ (2i + 1) π .
In diesen Bereichen ist zwar tan ϕ0 = 0 aber ϕ0 kein ungeradzahliges Vielfaches von π.
Ermittlung der Lage der Pole auf der Wurzelortskurve als Funktion von Kp
Die Abhängigkeit der Lage der Pole des geschlossenen Kreises vom veränderlichen Parameter
KPR ergibt mit Gl. (7.5) auf Gl. (7.13) angewandt
206
7 Das Wurzelortskurvenverfahren
G0 (σ , jω ) =
K PR K PS
⋅
T1
σ+
1
+ jω
Tn
σ + jω ⋅ σ +
1
+ jω
T1
=1
(7.17)
bzw.
2


1
(σ 2 + ω 2 ) ⋅  σ +  + ω 2 
T1 


T

 .
K PR = 1 ⋅
2
K PS

1 
 σ +
 +ω2
Tn 

(7.18)
Betrachten wir zunächst den Teil der Wurzelortskurve, der auf der σ-Achse verläuft, so erhalten wir
mit Gl. (7.14) in Gl. (7.17)
K PR K PS
=
T1
σ ⋅σ +
1
T1
.
(7.19)
1
σ+
Tn
Im Bereich sP2 < σ < sP1 ist:
σ <0
σ > s P2 = −

1
1
 > 0
bzw.  σ +
T1
T
1

σ > s N1 = −

1 
1
 > 0 .
bzw.  σ +
Tn
T
n 

Damit können die Betragszeichen in Gl. (7.19) unter Berücksichtigung der Vorzeichen der
einzelnen Terme weggelassen werden und es folgt:

K PR K PS
T1
1
σ ⋅ σ + 
T1 

=−

1
 σ +
Tn

(7.20)



oder nach σ aufgelöst
2
 1 + K PR K PS 
1 + K PR K PS
K K
 − PR PS .
± 
σ 1,2 = −
2T1
2T1
Tn T1


(7.21)
7.1 Analytische Berechnung der Wurzelortskurve
207
Entsprechend ist für σ < sN1 = −1/Tn:
σ <0

1
 σ +
Tn


 < 0


1
 σ +  < 0 ,
T1 

d. h. es gilt ebenfalls Gl. (7.20) bzw. (7.21). In den beiden Verzweigungspunkten ist der Radikand in Gl. (7.21) Null. Somit folgt für das Auftreten von Doppelpolen:

T
1  
K PR1,2 =
− 1 − 2 1

K PS
Tn



T
1 − 2 1
Tn


2

 − 1 ;




K PR1 = 2(3 − 2 2 ) = 0,343;
σ 1 = −1 −
K PR 2 = 2(3 + 2 2 ) = 11,66;
σ 2 = −1 +
KPR
σ1
σ2

 ±

0
0
− 0,5
0,1
0,2



0,3
0,343
(7.22)
1 
 ;
2
1 
 .
2
11,66
− 0,053 − 0,115 − 0,2 − 0,293 − 1,707
− 0,472 − 0,435 − 0,375 − 0,293 − 1,707
12
16
20
− 1,5
− 2,0
− 1,22
− 3,28
− 1,15
− 4,35
Für den Bereich KPR1 < KPR < KPR2 erhalten wir die auf dem Kreis liegenden konjugiert komplexen Pole. Die Zuordnung zu KPR ermittelt sich mit Gl. (7.15) in Gl. (7.18)

2
1   2
1
2
1 
 − σ
 σ
−
+
−σ
−
2
Tn Tn T1   T1 T1
Tn Tn T1 

K PR K PS
.
=
2
1
2
1
T1
σ
+
−σ
−
Tn Tn2
Tn Tn T1
(7.23)
Nach Umformung von Gl. (7.23) folgt
2

K PR K PS
1
1
=  2σ +  = 2 ⋅ σ +
.
T1
T1 
2T1

Im betrachteten Bereich ist σ < −
1
und somit
2T1
(7.24)
208
7 Das Wurzelortskurvenverfahren

K PR K PS
1
= − 2σ + 
T1
T1 

bzw.
σ =−
1 + K PR K PS
.
2T1
(7.25)
Erstaunlicherweise ist σ unabhängig von 1/Tn.
KPR
σ
0,343
1
− 0,292 − 0,375
2
− 0,5
4
− 0,75
6
−1
8
− 1,25
10
− 1,5
11
11,66
− 1,625 −1,707
Betrachten wir die WOK in Bild 7.3 nochmals im Zusammenhang, so beginnt diese für KPR = 0
mit den beiden Ästen in den Polen sP1 und sP2. Für 0 ≤ KPR ≤ KPR1 bewegen sich die Pole des
geschlossenen Kreises auf der σ-Achse gegeneinander und ergeben für KPR = KPR1 einen Doppelpol. Die symmetrische Verzweigung in den Kreis und damit das Auftreten konjugiert komplexer Pole erfolgt für KPR > KPR1.
Bild 7.4 Wurzelortskurve des Regelkreises nach Bild 7.2
G0 ( s ) =
K PR K PS ( s + s N1 )
für Tn = 1 s; 0,5 s; 0, 3 s und 0,25 s
⋅
T1
s ( s + s P2 )
7.1 Analytische Berechnung der Wurzelortskurve
209
Im Bereich KPR1 ≤ KPR ≤ KPR2 hat das geschlossene System konjugiert komplexe Pole auf dem
Kreis der WOK. Für KPR = KPR2 treffen sich die beiden Kreishälften im Doppelpol
(σ = −1 − 1 2; ω = 0) , um sich für KPR > KPR2 erneut zu verzweigen. Während der eine Ast
für KPR2 > KPR ≤ ∞ auf der σ-Achse nach rechts in die Nullstelle sN1 von G0 läuft, strebt der
andere mit zunehmendem KPR nach σ = −∞.
Die bisherige Betrachtung konzentrierte sich auf die Ermittlung der WOK in Abhängigkeit vom
Regelparameter KPR. Um den Einfluss des zweiten Regelparameters Tn auf die WOK zu zeigen, gibt es zwei Möglichkeiten:
a)
Durch schrittweise Veränderungen von Tn werden die zugehörigen WOKn anhand der
zuvor gefundenen Gleichungen bestimmt. Bild 7.4 zeigt die WOKn für Tn = 1 s; 0,5 s; 0, 3 s
und 0,25 s .
b) Die charakteristische Gleichung 1 + G0(s) = 0 wird in die Form
1+
K PR K PS
*
1
⋅ G * ( s) = 0 , mit G ( s ) =
s(1 + K PR K PS + sT1 )
Tn
gebracht und die WOK in Abhängigkeit von 1/Tn ermittelt.
Als weiteres Beispiel soll im Folgenden ein Regelkreis betrachtet werden, dessen
Übertragungsfunktion G0(s) drei negativ reelle Pole aufweist.
Beispiel 7.2
Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises lautet
G0 ( s ) =
K PR K PS
K PR K PS
=
3
(1 + sT1 ) (1 + sT2 ) (1 + sT3 ) s a3 + s 2 a 2 + s a1 + 1
(7.26)
mit
a1 = T1 + T2+ T3 = 3,5 s
a2 = T1T2 + T1T3 + T2T3 = 3,5 s
2
3
a 3 = T1 T2 T3 = 1 s .
w(s)
+
e(s)
−
K PR
K PS
(1 + sT1 )(1 + sT2 )(1 + sT3 )
x(s)
Bild 7.5 Regelkreis mit
drei negativ reellen Polen
des aufgeschnittenen
Kreises T1 = 1 s; T2 = 2 s;
T3 = 0,5 s
Setzen wir in Gl. (7.26) s = σ ± jω, so folgt
G0 (σ , jω ) =
K PR K PS
2
2
3
[1 + σ a1 + (σ − ω )a2 + (σ − 3σω 2 ) a3 ] ± jω [a1 + 2σ a2 + (3σ 2 − ω 2 )a3 ]
.
(7.27)
210
7 Das Wurzelortskurvenverfahren
Die WOK ergibt sich gemäß Gl. (7.9) aus
tan ϕ 0 =
Im (G0 )
=0
Re (G0 )
bzw.
Im G0 = ± K PR K PS
ω [ a1 + 2σ a2 + (3σ 2 − ω 2 )a3 ]
NENNER
=0.
(7.28)
Gl. (7.28) ist erfüllt für
ω =0
(7.29)
und
ω2 =
a1 + 2σ a2 + 3σ 2 a3
.
a3
(7.30)
Ausgangspunkte der WOK sind für K = KPR KPS = 0 die Pole des aufgeschnittenen Kreises
sP1 = −
1
1
1
= −0,5 s −1; s P3 = −
= −2 s −1 .
= −1 s −1; sP2 = −
T2
T3
T1
Betrachten wir als erstes den Teil der WOK, der auf der negativen σ -Achse (ω = 0) verläuft.
Die Winkelbedingung ϕ0 = (2i + 1)π wird erfüllt für die Bereiche
s P1 ≤ σ ≤ s P2
und
σ ≤ s P3 .
Durch Gl. (7.30) wird der Verlauf der beiden WOKn-Äste beschrieben, für die ω ≠ 0 ist. Im
Verzweigungspunkt ist ω = 0 und es folgt aus Gl. (7.30)
a1 + 2σ a2 + 3σ 2 a3 = 0
bzw.
σ 1,2 =
− a 2 ± a 22 − 3a1 a 3
.
3a 3
(7.31)
Mit den Zahlenwerten erhalten wir
σ 1 = −0,726 s −1
σ 2 = −1,608 s −1 .
Wie aus Bild 7.6 ersichtlich ist, ist nur σ1 ein echter Verzweigungspunkt, während σ2 in den
Bereich fällt, der gegen die Winkelbedingung verstößt. Im Schnittpunkt der WOK mit der jωAchse (Stabilitätsgrenze) ist σ = 0 und es folgt aus Gl. (7.30)
ω kr = ±
a1
= ±1,871 s −1 .
a3
7.1 Analytische Berechnung der Wurzelortskurve
211
Root Locus
2.5
0.81
0.89
0.7
0.56
0.38
0.2
K=21
2
K=11,25
1.5
0.95
K=5
Imaginäre
Achse
K=2,3
1
0.988
Imaginary Axis
s-EBENE
K
0.5
Reelle Achse
4
0
3
K=21
K=11,25
2
K=5
1
s
s
p3
s
p1
p2
-0.5
K
0.988
-1
K=2,3
K=5
0.95
-1.5
K=11,25
-2
0.89
-2.5
0.81
-4
0.7
-3
0.56
-2
0.38
K=21
0.2
-1
0
1
Real Axis
Bild 7.6 Wurzelortskurve des Regelkreises nach Bild 7.5 mit sp1 = −1; sp2 = −0,5; sp3 = −2 für
G0 ( s ) =
K
,
(s − s P1 ) (s − s P2 ) ( s − s P3 )
berechnet mit folgenden MATLAB-Befehlen: num = [ 0 0 0 1];
den = [ 3 3.5 3.5 1]; rlocus(num,den, 'k'); hold on; grid; [k,p] = rlocfind(num,den);
Weitere Punkte im interessierenden Bereich der WOK ω = f (σ) ergeben sich durch Einsetzen
diskreter σ -Werte in die Gl. (7.30).
σ
s −1
ω
s −1
− 0,726
− 0,6
− 0,5
− 0,4
− 0,3
− 0,2
0
+ 0,5
0
± 0,616
± 0,866
± 1,086
± 1,292
± 1,49
± 1,871
± 2,784
Die Markierung der WOK in Abhängigkeit vom Parameter K = KPRKPS folgt aus Gl. (7.27).
Durch die Winkelbedingung bzw. Im (G0) = 0 vereinfacht sich Gl. (7.27) und es wird
G 0 (σ , ω ) =
K PR K PS
1 + σ a1 + (σ 2 − ω 2 )a 2 + (σ 3 − 3σω 2 ) a 3
=1.
Ermitteln wir zunächst die KPRKPS-Werte auf der σ-Achse für ω = 0, so ist
(7.32)
212
7 Das Wurzelortskurvenverfahren
K PR K PS = 1 + σ a1 + σ 2 a2 + σ 3a3
und mit den Zahlenwerten a1, a1, a3 eingesetzt, folgt
K PR K PS = 1 + σ 3 + 3,5σ (1 + σ ) .
(7.33)
Mit Gl. (7.33) berechnen sich die nachfolgenden KPRKPS-Werte (s. Bild 7.6).
σ
s −1
KPRKPS
− 0,5
− 0,726
−1
−2
− 2,5
−3
−4
−5
0
0,079
0
0
1,5
5
21
54
Zur Bestimmung der KPRKPS-Werte auf den beiden Wurzelortskurvenästen für ω ≠ 0 eliminie2
ren wir ω . Mit Gl. (7.30) in Gl. (7.27) folgt
K PR K PS = 1 + σ a1 + σ 2 a2 + σ 3a3 − (a2 + 3σ a3 )
a1 + 2σ a2 + 3σ 2 a3
.
a3
Setzen wir für a1, a1, a3 die Zahlenwerte ein, so wird
K PR K PS = − 11,25 − 31,5σ − 28σ 2 − 8σ 3
(7.34)
mit den nachfolgend errechneten KPRKPS-Werten.
σ
s −1
KPRKPS
− 0,726
− 0,5
− 0,25
0
+ 0,25
+ 0,5
0,079
1,5
5
11,25
21
35
Der Schnittpunkt der WOKn-Äste mit der jω -Achse für σ = 0 ergibt sich auch einfach mit
Hilfe des Hurwitz-Stabilitätskriteriums. Aus der charakteristischen Gleichung
a
0
1 + G 0 ( s ) = s a 3 + s a 2 + sa1 + 1 + K PR K PS = 0
3
2
folgt an der Stabilitätsgrenze
a1a 2 − a 0 a 3 = 0
bzw.
aa
K PR K PS = 1 2 − 1 = 11,25 .
a3
7.2 Geometrische Eigenschaften von Wurzelortskurven
213
Die in Bild 7.6 gezeigte Wurzelortskurve wurde mit MATLAB berechnet. Für K = 0 beginnen
die drei WOKn-Äste in den Polstellen sP1, sP2, sP3.
Während der von sP3 ausgehende Ast mit zunehmendem K auf der negativ reellen Achse nach
σ → -∞ läuft, laufen die beiden von sP1 und sP2 ausgehenden Äste zunächst auf der negativ
reellen Achse aufeinander zu und treffen im Verzweigungspunkt σ 1 = −0,726 s −1 K = 0,079
zusammen.
Für K > 0,079 treten die beiden WOKn-Äste aus dem Verzweigungspunkt aus, laufen symmetrisch zur reellen Achse (konjugiert komplexes Polpaar) und schneiden für K = 11,25 (σ = 0) die
imaginäre Achse.
Das System wird für K > 11,25 mit σ > 0 instabil.
7.2 Geometrische Eigenschaften von Wurzelortskurven
Die im Folgenden als Regeln angegebenen geometrischen Eigenschaften dienten
ursprünglich als Hilfsmittel zur Konstruktion von Wurzelortskurven. Da graphische
Verfahren heute gegenüber numerischen Verfahren mittels Digitalrechner immer
mehr in den Hintergrund treten, dienen diese Regeln zum einen zur Überprüfung
numerisch gewonnener Daten und zum anderen können damit die Tendenzen von
Parameteränderungen abgeschätzt und die Auswirkungen, die das Hinzufügen zusätzlicher Pol- und Nullstellen (z. B. Lead-Lag-Glied) zur Folge hat, qualitativ beurteilt
werden.
Regel 1
Beginn und Ende der WOKn-Äste
Sämtliche Äste der WOK beginnen für K = 0 in den Polen sPj des aufgeschnittenen
Kreises G0(s) und enden für K → ∞ in den Nullstellen sNi von G0(s) bzw. im Unendlichen. Den Beweis liefert Gl. (7.11). Für s = sPj (j = 1...n) wird K = 0 und für s = sNi
(i = 1...m) wird K = ∞. Ferner wird für n > m K = ∞, wenn s → ∞.
Da bei realen Systemen der Grad m des Zählerpolynoms von G0(s) stets kleiner
höchstens gleich dem Grad des Nennerpolynoms ist (m ≤ n), enden von den n Ästen m
in den Nullstellen und (n − m) Äste laufen ins Unendliche.
Regel 2
Symmetrie der WOK bezüglich der reellen Achse
Da komplexe Pole und Nullstellen immer nur konjugiert komplex auftreten, ist die
WOK symmetrisch zur reellen Achse.
Regel 3
Verschiebung der Pol-Nullstellenkonfiguration parallel zur reellen
Achse
Eine Verschiebung der gesamten Pol-Nullstellenkonfiguration von G0(s) parallel zur
reellen Achse ändert die Lage der WOK zur imaginären Achse, hat aber keine Änderung der Form der WOK zur Folge.
214
7 Das Wurzelortskurvenverfahren
Regel 4
Verlauf der WOK auf der reellen Achse
Von der reellen Achse der s-Ebene sind die Bereiche Teil der WOK, von deren Punkte aus betrachtet die rechts davon gelegene Summe der auf der reellen Achse gelegenen Pole und Nullstellen ungerade ist. Konjugiert komplexe Pole und Nullstellen liefern keinen Beitrag für Punkte auf der reellen Achse und können unberücksichtigt
bleiben.
Regel 5
Schwerpunkt der Asymptoten
Ist n > m, so laufen (n − m) WOKn-Äste ins Unendliche. Die Asymptoten an die ins
Unendliche strebenden Äste schneiden sich in einem Punkt auf der reellen Achse,
dem
n
m
j =1
i =1
 sPj − s Ni
Wurzelschwerpunkt δ s =
Regel 6
n−m
.
(7.35)
Anstiegswinkel der Asymptoten
Die Anstiegswinkel der Asymptoten ergeben sich zu
ϕi =
Regel 7
(1 + 2i )
π
m−n
(i = 0, 1, 2, ... , n − m − 1).
(7.36)
Austrittswinkel aus einem konjugiert komplexen Polpaar
Die beiden Austrittswinkel ϕPAi aus einem konjugiert komplexen Polpaar ergeben
sich zu
m
ϕ PA1,2 =  ϕ Ni −
i =1
n
π
 ϕ Pj ± 2 .
(7.37)
j =1
j ≠ A1, A2
Entsprechend ergeben sich für die beiden Eintrittswinkel ϕNEi in ein konjugiert komplexes Nullstellenpaar
ϕ NE1,2 = −
Regel 8
m
n
i =1
i ≠ E1, E2
j =1
π
 ϕ Ni +  ϕ Pj ± 2 .
(7.38)
Austrittswinkel aus einem r-fachen Pol auf der reellen Achse
Aus einem r-fachen Pol auf der reellen Achse treten r WOKn-Äste aus. Die Austrittswinkel berechnen sich aus
7.2 Geometrische Eigenschaften von Wurzelortskurven
ϕ Pi =
(ν − μ − 1 − 2i)
⋅π
r
(i = 1, 2, 3,... r).
215
(7.39)
Konjugiert komplexe Pol- bzw. Nullstellenpaare liefern keinen Winkelbeitrag und
können in (7.39) unberücksichtigt bleiben. Ebenso haben die auf der reellen Achse
links von der r-fachen Polstelle gelegenen Pole und Nullstellen den Winkelbeitrag
Null. Nur die rechts der r-fachen Polstelle liegenden μ Pole ergeben −μ⋅π und die ν
Nullstellen +ν ⋅π.
In eine r-fache Nullstelle auf der reellen Achse enden r WOKn-Äste unter den Eintrittswinkeln
ϕ Ni = −
Regel 9
(ν − μ − 1 − 2i)
⋅π
r
(i = 1, 2, 3,... r).
(7.40)
Verzweigungspunkte der WOK
Ein Verzweigungspunkt K = Kλ liegt vor, wenn zwei oder im Allgemeinen r WOKnÄste mit zunehmendem K auf einen Punkt zulaufen und ebenso viele WOKn-Äste für
K > Kλ aus dem Verzweigungspunkt austreten. Der Verzweigungspunkt ergibt sich
durch Lösen der Gleichung
m
n
1
1
−
=0.
s − s Ni j =1 s − s Pj
i =1


(7.41)
Das zu lösende Polynom ist infolge n ≥ m vom Grade n und für großes n nur numerisch lösbar. Speziell für die Verzweigungspunkte auf der reellen Achse, folgt für
ω = 0 bzw. s = σ
m
n
 σ − s Ni −  σ − s Pj = 0 .
1
i =1
1
(7.42)
j =1
Regel 10 Winkel zwischen den ein- bzw. austretenden WOKn-Ästen eines
Verzweigungspunkts
Der Winkel zwischen zwei benachbarten, aus dem Verzweigungspunkt austretenden
WOKn-Ästen ist
Δϕ Pλ =
2π
.
r
(7.43)
Ebenso ergibt sich für den Winkel zwischen zwei benachbarten, in den Verzweigungspunkt eintretenden WOKn-Ästen
216
7 Das Wurzelortskurvenverfahren
Δϕ Nλ =
2π
.
r
(7.44)
Der Winkel zwischen je einem in den Verzweigungspunkt ein- und austretenden
WOKn-Ast ist
Δϕ λ =
π
.
r
Δϕ Nλ
Δϕ λ
Δϕ Nλ
(7.45)
Δϕ Nλ
r=2
Δϕ λ
r=3
Δϕ λ
r=4
Bild 7.7 Verzweigungspunkte für r = 2, 3 und 4
Bild 7.7 zeigt Verzweigungspunkte für r = 2, 3, 4. Die Richtungen der Zeiger sind
abhängig von der konkreten Pol-Nullstellenverteilung. So zeigen die beiden Verzweigungspunkte in Bild 7.3 für K = 0,343 und K = 11,66 unterschiedliche Richtungen
bezüglich der eintretenden WOKn-Äste. Entsprechend unterschiedlich sind die Richtungen der austretenden WOKn-Äste.
Regel 11 Schnittpunkte der WOK mit der imaginären Achse
Die Schnittpunkte der WOK mit der imaginären Achse (Stabilitätsgrenze) ergeben
sich aus Gl. (7.4) für σ = 0 bzw. s = jω zu
K0 ⋅
m
n
i =1
j =1
∏ ( jω − s Ni ) + ∏ ( jω − s Pj ) = 0 .
(7.46)
Da in Gl. (7.46) sowohl die Realteile als auch die Imaginärteile gleichzeitig verschwinden müssen, ergeben sich zwei Gleichungen zur Bestimmung von ω und K.
Vielfach gelangt man durch Auswertung der charakteristischen Gleichung mittels
eines Stabilitätskriteriums (z. B. Hurwitz) an der Stabilitätsgrenze schneller zum Ziel.
Regel 12 Ermittlung eines unbekannten WOKn-Punktes für ein bestimmtes K
Ist m ≤ n − 2, so gilt
n
n
j =1
λ =1
 s Pj =  sPλ ( K ) = konst.
(7.47)
Da komplexe Pole immer nur konjugiert komplex auftreten, fallen bei der Summenbildung die imaginären Anteile heraus und es genügt die Bildung der Summe über die
Realteile
7.2 Geometrische Eigenschaften von Wurzelortskurven
n

217
n
Re( s Pj ) =
j =1
 Re(s Pλ ( K )) = konst.
(7.48)
λ =1
Diese Regel kann hilfreich sein, wenn es darum geht, ein noch unbekanntes sPλ (reell
oder konjugiert komplex) für ein bestimmtes K zu ermitteln. Es sei nochmals betont,
dass die Beziehung (7.48) auf Systeme m ≤ n − 2 beschränkt ist.
Die Anwendung und Zweckmäßigkeit der im Vorangegangenen behandelten Regeln
1, ... 12 soll anhand der nachfolgenden Beispiele erläutert werden.
•
Beispiel 7.3
Eine PT2-Strecke mit der Übertragungsfunktion
GS ( s ) =
K PS
1 + sT1 +
K PS = 0,4 ;
s 2T22
T1 = 0,8 s ;
T22 = 0,2 s 2
wird von einem PDT1-Regler geregelt:
G R ( s ) = K PR
1 + sTv
, mit Tv = 2 s ;
1 + sT3
T3 = 0,2 s .
Der Verlauf der WOK soll mit K ~ KPR als veränderlichem Parameter anhand der Regeln diskutiert werden. Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises lautet
G 0 ( s ) = G R ( s ) ⋅ GS ( s ) =
K PR K PSTv
T22T3
⋅
( s − s N1 )
,
( s − s P1 )( s − s P2 )( s − s P3 )
mit
1
s N1 = −
= −0,5 s −1 ;
Tv
s P3 = −
1
= −5 s −1 ;
T3
 T
s P1,2 = −
±  1
2
 2T 2
2T2
 2
K K T
K = PR PS v
T22T3
T1
2

 − 1 = (−2 ± j ) s −1

T22

Regel 1
Als erstes werden die Pole und Nullstellen des offenen Kreises in die s-Ebene gezeichnet
(s. Bild 7.8). Jeder der drei Pole ist Ausgangspunkt eines WOKn-Astes. Da nur eine Nullstelle
sN1 vorliegt, enden von den drei WOKn-Ästen zwei im Unendlichen.
Regel 4
Der Bereich sP3 ≤ σ ≤ sN1 der reellen Achse ist Teil der WOK.
218
7 Das Wurzelortskurvenverfahren
Regel 5
Nach Gl. (7.35) erhalten wir den Wurzelschwerpunkt
n
m
 sPj −  s Ni
δS =
j =1
i =1
=
n−m
− 2 − 2 − 5 + 0,5 −1
s = −4,25 s −1 .
2
Regel 6
Die Anstiegswinkel der beiden Asymptoten folgen aus Gl. (7.36)
ϕi =
(1 + 2i )
⋅π
m−n
π
ϕ0 = − ;
i = 0 ,1, 2, ..., (n − m − 1)
3
2
ϕ1 = − π .
2
Regel 7
Die Austrittswinkel aus den konjugiert komplexen Polen sP1und sP2 ergeben sich nach Gl.
(7.37) zu

ϕ A1 = ϕ N1 − ϕ P3 + 90° = 180° − arctan

1 
1
 − arctan + 90° = 218°
1,5 
3
ϕ A 2 = ϕ N1 − ϕ P3 − 90° = −146,31° + 18,44° − 90° = −218°.
Regel 9
Mit Gl. (7.42) errechnet sich die Lage des Verzweigungspunktes
m
n
 σ − s Ni −  σ − sPj = σ + 0,5 − σ + 2 − j − σ + 2 + j − σ + 5 = 0.
i =1
1
1
1
1
1
1
j =1
Daraus folgt
(σ 2 + 4σ + 5) ⋅ 4,5 − ( 2σ + 4)(σ 2 + 5,5σ + 2,5) = 0
bzw. 2σ 3 + 10,5σ 2 + 9σ − 12,5 = 0.
Die Lösungen dieses Polynoms 3. Grades sind:
σ 1 = −2,615 s −1 ;
σ 2 = −3,349 s −1 ;
σ 3 = +0,714 s −1 .
Es liegen demnach zwei Verzweigungspunkte σ1 und σ2 vor. Der dritte Verzweigungspunkt σ3
liegt außerhalb des gültigen Bereichs.
Regel 10
Im vorliegenden Fall sind die beiden Verzweigungspunkte jeweils doppelte Polstellen (r = 2).
Der Winkel zwischen den symmetrisch ein- und austretenden WOKn-Ästen ist nach Gl. (7.45)
7.2 Geometrische Eigenschaften von Wurzelortskurven
Δϕ λ =
π
r
219
= 90°.
Regel 11
Die Ermittlung der Schnittpunkte mit der imaginären Achse erübrigt sich, da es, wie der
WOKn-Verlauf zeigt, keine Schnittpunkte gibt. Das heißt, das System ist unbegrenzt stabil.
Regel 12
Infolge (n−m) = 2 können der dritte Pol und die K-Werte in den Verzweigungspunkten nach
Gl. (7.48) berechnet werden.
n
m
j =1
i =1
 Re(sPj ) =  Re(sPλ ) = (−2 − 2 − 5) s −1 = −9 s −1.
Für den Verzweigungspunkt σ 1 = −2,615 s −1 liegt der dritte Pol auf der reellen Achse bei
σ 1,3 = (−9 + 2 ⋅ 2,615) s −1 = −3,77 s −1.
Entsprechend berechnet sich für den zweiten Verzweigungspunkt σ 2 = −3,349 s −1 der dritte
Pol zu
σ 2,3 = (−9 + 2 ⋅ 3,349) s −1 = −2,302 s −1 .
Exemplarisch sollen noch die K-Werte in den Verzweigungspunkten bestimmt werden. Allgemein gilt nach Gl. (7.4)
n
∏ (s − s Pj )
j =1
m
K =−
.
∏ (s − s Ni )
i =1
Im ersten Verzweigungspunkt ist
K1 = −
K1 =
(−2,615 + 2 − j ) (−2,615 + 2 + j ) (−2,615 + 5) − 2
s
(−2,615 + 0,5)
(0,615 2 + 1) ⋅ 2,385 − 2
s = 1,554 s −2 .
2,115
Im zweiten Verzweigungspunkt ist
K2 = −
K2 =
(−3,349 + 2 − j ) (−3,349 + 2 + j ) (−3,349 + 5) − 2
s
(−3,349 + 0,5)
(1,349 2 + 1) ⋅ 1,651 −2
s = 1,634 s −2 .
2,849
220
7 Das Wurzelortskurvenverfahren
In Bild 7.8 ist der mit dem folgenden MATLAB-Skript berechnete Wurzelortskurververlauf
dargestellt:
>> KpR = 1; KpS = 0.4;
>> T1 = 0.8;
>> T2_2 = 0.2;
>> Tv = 2;T3 = 0.2;
>> b1 = KpR*KpS*Tv;
>> b0 = KpR*KpS;
>> a3 = T2_2*T3;
>> a2 = T1*T3+T2_2;
>> a1 = (T3+T1);
>> a0 = 1;
>> num = [ 0
0 b1 b0 ]
>> den = [ a3 a2 a1 a0 ]
>> rlocus (num, den, 'k')
>> hold on; grid
Root Locus
4
0.8
0.7
0.54
0.38
0.18
0.89
s-EBENE
3
0.95
Imaginäre
Achse
2
Austrittwinkel
s
1
p1
0.988
Imaginary Axis
Austrittwinkel
Reelle Achse
Austrittwinkel
6
0
5
4
3
2
1
sp3
sN1
Ima
Verzweigspunkte
-1
0.988
s
p2
Austrittwinkel
-2
0.95
-3
0.89
0.8
-4
-7
-6
0.7
-5
-4
0.54
-3
0.38
-2
Real Axis
Bild 7.8 Wurzelortskurve zu Beispiel 7.3 mit
G0 ( s ) = K PR K PS
1 + sTv
(1 + sT1 + s 2T22 )(1 + sT3 )
0.18
-1
0
1
2
221
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
In Kapitel 4 wurden verschiedene Regeleinrichtungen mit einfachen Regelstrecken zu
Regelkreisen zusammengesetzt und bei Führungs- und Störverhalten untersucht. Als
Güteparameter wurden die bleibende Regeldifferenz und die Dämpfung betrachtet.
Ein optimal eingestellter Regelkreis soll mit möglichst geringer Regeldifferenz einerseits und möglichst großer Dämpfung andererseits arbeiten. Diese Forderungen widersprechen sich. Beispielsweise führt die Vergrößerung des P- bzw. des I-Anteils eines
Reglers bei Regelkreisen mit P-Strecken zur Verringerung der bleibenden Regeldifferenz, gleichzeitig jedoch auch zur Verringerung der Dämpfung und somit zur Instabilität. Die optimale Reglereinstellung erfolgt durch eine Kompromisslösung, die wiederum von der speziellen Regelaufgabe abhängt.
Ein wünschenswertes Regelkreisverhalten soll mehrere Gütekriterien optimal oder in
gegebenen Grenzen halten. Außer Amplituden- und Phasenreserve, Pol- und Nullstellen, bleibender Regeldifferenz und Dämpfung gehören zur Regelgüte die An- und
Ausregelzeit und die Überschwingweite. Diese Merkmale lassen sich aus Sprungantworten direkt ablesen oder aus Differentialgleichungen bzw. Übertragungsfunktionen
mit Hilfe von Stabilitätskriterien und Wurzelortskurven (Kapitel 6 und 7) berechnen.
Somit ist der Erfolg beim Reglerentwurf im Wesentlichen von Kenntnissen der Regelstrecke abhängig. Nachfolgend wird gezeigt, wie der Regelkreisentwurf direkt im
Zeitbereich oder indirekt durch die Optimierung von Frequenzkennlinien erfolgt.
8.1 Gütekriterien des Zeitverhaltens
Bild 8.1 zeigt den zeitlichen Verlauf der Regelgröße bei einem Führungssprung. Daraus lassen sich die wichtigsten Gütekriterien des Zeitverhaltens, d. h. die bleibende
Regeldifferenz, die Dämpfung, die An- und Ausregelzeit, die Überschwingweite, wie
nachfolgend gezeigt wird, nach „Faustformeln“ ermitteln.
x
maximale
Überschwingweite
xm
w0
Sollwert
Tan
bleibende
vereinbarter
Regeldifferenz
Toleranze(∞)
bereich
Beharrungswert x(∞)
t
Te
Bild 8.1 Sprungantwort des
Führungsverhaltens. Die Güteparameter sind nach DIN
19226, Teil 5, eingetragen
Taus
S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_8,
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2014
222
•
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
Bleibende Regeldifferenz
Die Regelkreise, die nur aus P-Gliedern mit oder ohne Verzögerung bestehen, weisen
immer eine bleibende Regeldifferenz auf. Dies gilt auch für die Glieder mit D-Anteil.
Sind in einem Regelkreis mit P-Regler ein oder mehrere Glieder mit I-Anteil vorhanden, so ist der zeitliche Verlauf der Regeldifferenz e(t) vom Ort, an dem die Störgröße
angreift und deren zeitlichen Verlauf abhängig. Greift die Störgröße am Ausgang des
I-Gliedes an, so wird die Regeldifferenz vollständig ausgeregelt. Tritt die Störgröße
am Eingang des I-Gliedes ein, so kann die bleibende Regeldifferenz e(∞) entweder
aus der mathematischen Beschreibung des Regelkreises, wie in Kapitel 4 gezeigt wurde, oder direkt aus dem Wirkungsplan des Regelkreises anhand der Eigenschaften
eines I-Gliedes ermittelt werden. Diese Eigenschaft besteht darin, dass die Ausgangsgröße eines I-Gliedes überhaupt nur dann einen Beharrungszustand erreichen kann,
wenn die Eingangsgröße des I-Gliedes gleich Null wird.
•
Beispiel 8.1
Am Eingang des I-Gliedes in Bild 8.2 wird im Beharrungszustand stets
yS(∞) = 0.
Dies führt beim Führungsverhalten mit dem Sprung w(t) = w0 zu
y(∞) = 0,
yR(∞) = 0
und weiterhin zu
e(∞) = 0, d. h. zu keinen bleibenden Regeldifferenz.
KPR
w
+
yR
e
z1
KPS , T1
+
y
+
yS
+
−
z2
KIS
+
x
Bild 8.2 Wirkungsplan
eines Regelkreises mit
drei Eingangsgrößen
w, z1 und z2
Wirkt nun sprungförmig die Störgröße z1(t) = z10, so soll diese im Beharrungszustand durch
y(∞) = − z10
kompensiert werden, da es aus dem Wirkungsplan des Bildes 8.2
yS(∞) = y(∞) + z10 = 0
folgt. Für y(∞) = − z10 wird weiterhin
y R ( ∞) = −
1
z10 ,
K PS
was zu einer bleibenden Regeldifferenz führt:
e(∞) = −
1
1
⋅
z10
K PS K PS
Greift die Störgröße z2(t) am Ausgang des I-Gliedes an, so ist dieser Fall gleichbedeutend mit
dem Führungsverhalten, d. h. e(∞) = 0.
8.1 Gütekriterien des Zeitverhaltens
•
223
Überschwingweite
Die Überschwingweite xm ist die größte Abweichung der Regelgröße vom Sollwert
während des Übergangsprozesses von einem Beharrungszustand in einen neuen Beharrungszustand beim Führungs- oder Störverhalten. Die Überschwingweite kann
verhältnismäßig durch den Beharrungswert x(∞) ausgedruckt werden, z. B. in Bild 8.1
beträgt die Überschwingweite ca. 30% des Beharrungswertes, d. h. xm = 0,3 x(∞).
•
Anregel- und Ausregelzeit
Die Anregelzeit Tan ist ein Maß für die Schnelligkeit einer Sprungantwort. Sie wird
als die Zeitspanne zwischen der Eintrittzeit eines Stör- oder Führungssprungs und
dem Zeitpunkt, wenn die Regelgröße erstmalig in einen vorgegebenen Toleranzbereich eintritt, definiert. Der Toleranzbereich wird meist als ± (2 bis 4) % des Endbeharrungszustandes x(∞) vereinbart.
Die Ausregelzeit Taus zeigt, wie lange dauert der Übergangsprozess von einem Beharrungszustand x(0) in einen neuen Beharrungszustand x(∞). Der Übergangsprozess gilt
als abgeschlossen, wenn die Regelgröße in den Toleranzbereich ± (2 bis 4) % des
Endbeharrungszustandes x(∞) zum dauernden Verbleib eintritt.
•
Dämpfung
Die Sprungantwort in Bild 8.1 entspricht einem P-T2-Verhalten (s. Abschnitt 3.5):
G w ( s ) = K Pw ⋅ β 2
1
2
s + s ⋅ 2α + β 2
.
Den exakten Wert der Dämpfung D = α /β kann man nach Gl. (3.72) des Abschnitts
3.5 berechnen. Die Anzahl n der Halbwellen der Sprungantwort lässt sich aus den
Zusammenhängen der gedämpften Schwingung ableiten:
1
n=
D2
−1 .
Angenähert kann die Dämpfung direkt aus der Sprungantwort abgelesen werden:
D≈
1
.
n
Beispielsweise weist die Sprungantwort in Bild 8.1 n = 3 Halbwellen auf. Die Dämpfung D liegt damit bei 0,33.
Aus dem Abschnitt 3.5 folgen die Formeln für die Berechnung der Ausregelzeit Taus
und der Periodendauer Te bzw. der Frequenz ωe der gedämpften Schwingung:
Taus =
ln 25
α
≈
3,22
α
,
Te =
2π
ωe
=
2π
β 1− D2
.
224
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
8.2 Praktische Einstellregeln
Eine anspruchsvolle Einstellung des Reglers kann dann erfolgen, wenn ein genügend
genaues Modell der Regelstrecke vorliegt. In den Fällen, wenn die mathematische
Beschreibung der Regelstrecke nicht bzw. nur angenähert bekannt ist, haben sich die
empirischen Einstellregeln mit Erfolg bewährt, deren Vorteil darin besteht, dass kein
mathematischer Aufwand notwendig ist.
Die praktischen Einstellregeln werden nachfolgend nach dem Genauigkeitsgrad des
Streckenmodells eingeteilt. Somit werden wir zwischen den grob und fein approximierten Regelstrecken unterscheiden.
Die experimentelle Ermittlung der mathematischen Beschreibung der Regelstrecke
wird in der Fachliteratur als Identifikation bezeichnet. Darunter versteht man die Untersuchung des experimentell ermittelten Übergangsverhaltens der Regelstrecke, wenn
am Eingang die speziellen Testfunktionen angewendet werden. Die Identifikation als
Werkzeug zur Modellbildung wird im Buch nicht betrachtet. Die Eingangsfunktionen,
wie die Sprungfunktionen, die Anstieg- und Rampenfunktionen, die Impulsfunktionen
und die stochastischen Eingangssignale, wurden bereits im Abschnitt 2.3.1 eingeführt.
Hier wird nur die Parameterschätzung anhand von Sprungantworten der Regelstrecke
x(t) auf eine sprungförmige Änderung der Stellgröße y(t) behandelt.
8.2.1 Grob approximierte Strecke
Ziegler-Nichols-Verfahren
Liegt keine mathematische Beschreibung einer Regelstrecke vor, ist jedoch gegeben,
dass diese sich wie eine Reihenschaltung eines Verzögerungsgliedes 1.Ordnung (PT1-Glied) und eines Totzeitgliedes Tt oder wie ein P-Tn-Glied verhält, so kommt sofort die Einstellregel nach Ziegler und Nichols zur Anwendung.
Zunächst wird am Regelkreis experimentiert. Der Regler wird als P-Regler eingestellt
und die Verstärkung KPR solange vergrößert, bis der Regelkreis an die Stabilitätsgrenze gelangt, d. h. Dauerschwingungen ausführt. Dabei wird der kritische Wert von
KPR = KPRkr abgelesen und die kritische Periodendauer Tkr der Dauerschwingung
gemessen. Die empfohlenen Kenngrößen für verschiedene Reglertypen sind:
Parameter
KPR
P-Regler
PI-Regler
PID-Regler
0,5⋅ KPRkr
0,45⋅ KPRkr
0,6⋅⋅ KPRkr
0,83⋅⋅Tkr
0,5⋅⋅ Tkr
Tn
-
Tv
-
-
0,125⋅ Tkr
Die oben angegebene Tabelle gibt die günstige Einstellung des Störverhaltens. Der
Regelverlauf ist dabei mit ca. D = 0,2 bis D = 0,3 schwach gedämpft.
8.2 Praktische Einstellregeln
225
Wendetangenten-Verfahren
Viele industrielle Regelstrecken lassen sich angenähert als P-Tn- oder I-Tn-Strecken
darstellen. Aus den Sprungantworten können Verzugszeit Tu bzw. Tt und Ausgleichszeit Tg sowie Proportional- und Integrierbeiwerte KPS oder KIS durch eine grobe Approximation mittels der Wendetangente, wie in Bild 8.3 gezeigt, bestimmt werden.
x(t)
x(t)
Tg
x(∞)
KIS ⋅ Tu ⋅ y0
KPS ⋅ y0
0
tw
0
t
t
Tu = Tt
Tu = Tt
Bild 8.3 Approximierung der Sprungantwort nach einem Sprung der Stellgröße y(t) = y0⋅σ(t).
Die nach dem Ziegler-Nichols-Verfahren empfohlene Einstellung kann mit den grob
geschätzten Parametern der Regelstrecke auch rechnerisch ermittelt werden. Für eine
Regelstrecke, die z. B. aus einem Totzeitglied und einem Verzögerungsglied 1. Ordnung mit den Zeitkonstanten Tu und Tg besteht und mit einem P-Regler mit Verstärkung KPR geregelt wird
G0 ( s ) = K PR ⋅
K PS
⋅ e − sTu ,
1 + sTg
(8.1)
soll die Nyquist-Stabilitätsbedingung (6.64) bei der Dauerschwingung erfüllt werden:
G0 ( jω d ) = 1 , wenn ϕ 0 (ω d ) = −180° .
(8.2)
Der Amplituden- und Phasengang des aufgeschnittenen Regelkreises nach Gl. (8.1)
wurden bereits in Abschnitten 6.2.3 und 6.3.2 behandelt. Aus Gl. (8.2) folgen die
Bedingungen für die kritischen Werte KPRkr und ω kr :
G0 ( jω kr ) =
K PRkr K PS
1 + (ω kr Tg ) 2
=1
ϕ 0 (ω kr ) = −ω kr Tu − arctan(ω kr Tg ) = −π .
Ermitteln wir ω kr aus der Gl. (8.3)
(8.3)
(8.4)
226
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
( K PRkr K PS ) 2 − 1
ω kr Tg =
und setzen diese in Gl. (8.4) ein, so ergibt sich die Bedingung
Tu π − arctan
=
Tg
(K
( K PRkr K PS ) 2 − 1
2
PRkr K PS ) − 1
.
(8.5)
Das Verhalten Tg/Tu wird die Regelbarkeit genannt. Aus Gl. (8.5) folgt, dass KPRkr
vom Proportionalbeiwert KPS und von der Regelbarkeit der Strecke abhängig ist. Die
Regelbarkeit (8.5) kann durch die Faustformel
Tu π
1
≈
Tg 2 K PRkr K PS − 1
(8.6)
approximiert werden. Daraus folgt
K PRkr ≈
1
K PS

 π Tg

 ⋅
 2 T + 1 .
u


(8.7)
Die entsprechende Ziegler-Nichols-Empfehlung ist unten in der Tabelle dargestellt.
Parameter
P-Regler
PI-Regler
PID-Regler
K PR K PSTu
Tg
1
0,9
1,2
-
3,3
2,0
-
-
0,5
Tn
Tu
Tv
Tu
Eine andere Empfehlung zur günstigen Einstellung des P-Reglers stammt von Samal:
K PR ≈
1
2 K PS
 π Tg 
.
⋅  ⋅

 2 Tu 
(8.8)
Für PI-Regler gilt nach dieser Regel wie oben noch Tn = 3,3⋅Tu sowie für PID-Regler
Tn = 2,0⋅Tu und Tv = 0,5⋅Tu.
Chien, Hrones und Reswick haben detaillierte und für verschiedene Anforderungen an
das Regelverhalten ausgelegte Einstellregeln empfohlen, die zu einem Regelverlauf
für Führungs- und für Störverhalten ohne Überschwingen oder mit der 20%Überschwingen führen. Die nachfolgende Tabelle zeigt diese Einstellregeln für PIund PID-Regler (additive Form) mit Strecken höherer Ordnung, die nach Gl. (8.1)
durch den Proportionalbeiwert KPS und die Regelbarkeit gekennzeichnet sind.
8.2 Praktische Einstellregeln
Reglereinstellung nach
Chien, Hrones , Reswick
Regler
Parameter
227
Regelverlauf mit
20% Überschwingung
Führung
Störung
Aperiodischer Regelverlauf
Führung
Störung
P
T
K PR K PS u
Tg
0,3
0,3
0,7
0,7
PI
T
K PR K PS u
Tg
0,35
0,6
0,6
0,7
Tn
1,2⋅Tg
4⋅Tu
1,0⋅Tg
2,3⋅Tu
T
K PR K PS u
Tg
0,6
0,95
0,95
1,2
Tn
1,0⋅Tg
2,4⋅Tu
1,35⋅Tg
2,0⋅Tu
Tv
Tu
0,5
0,42
0,47
0,42
PID
Regelbarkeit der Strecke
Wie oben erwähnt, ist die günstige Reglereinstellung von der Regelbarkeit der StreTg
cke, d. h. vom Verhalten
, abhängig. Je größer die Regelbarkeit ist, desto größer
Tu
darf die Verstärkung des Reglers gewählt werden, wie Gln. (8.7) und (8.8) zeigen. Die
Erfahrungswerte zur Beurteilung der Regelbarkeit sind unten zusammengefasst.
⇐
gute
⇐
⇐
x(t)
x(t)
t
0
Tu = 0
Tg
Tu
=
t
0
Tg
Tu
=∞
schlechte
Tg
t
0

x(t)
Tg
Tu = 0
0
0

x(t)
x(t)
Tg
Tg = 0

Regelbarkeit
Tu
gute Regelbarkeit
von 10 bis 3
Tg = 0
t
0
Tu
Tg
Tu
t
0
Tu
<1
Tg
Tu
=0
Ist die Verzugszeit Tu der Strecke sehr klein, so erkennt der Regler verzögerungsfrei
einen Störgrößensprung und baut dementsprechend die Störung schnell ab. Man
spricht von guter Regelbarkeit. Und umgekehrt, je größer die Verzugszeit ist, desto
länger dauert die Übertragung des Störsignals zum Reglereingang. Der Regler wird in
diesem Fall mit der größeren Verspätung reagieren und dabei eine viel größere Regeldifferenz abbauen müssen, was für eine schlechte Regelbarkeit spricht.
228
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
T-Summen-Regel
Die Identifikation einer P-Tn-Regelstrecke nach diesem Verfahren unterscheidet sich
grundsätzlich von der Identifikation nach dem Wendetangenten-Verfahren. Die Summe der Zeitkonstanten TΣ wird aus der Sprungantwort mit Hilfe einer senkrechten
Linie bestimmt, die die zwei gleichen Flächen F1 und F2 bildet, wie in Bild 8.4 gezeigt ist. Daraus folgt ein neues Einstellverfahren, das von U. Kuhn 1995 eingeführt
wurde.
x(∞)
F2
Bild 8.4 Auswertung einer
Sprungantwort der Regelstrecke
nach der T-Summen-Regel
x(t)
KPS y0
F1
TΣ
0
t
Mit der Zeitkonstante TΣ und dem Proportionalbeiwert KPS der Strecke lassen sich die
Reglerparameter nach der folgenden Tabelle berechnen.
Parameter
P-Regler
PD-Regler
PI-Regler
PID-Regler
KPR KPS
1
1
0,5
1
Tn
-
-
0,5 TΣ
0,66 TΣ
Tv
-
0,33 TΣ
-
0,167 TΣ
Die daraus folgende etwas langsamere Einstellung kann durch andere Einstellvarianten , z. B. für PID-Regler mit KPRKPS = 2; Tn = 0,8 TΣ und Tv = 0,194 TΣ wieder
schneller gemacht werden.
8.2.2 Fein approximierte Strecke
Durch eine verfeinerte Approximation kann eine P-Tn-Strecke mit unbekannten Zeitkonstanten T1, T2 ... Tn entweder als ein P-T2-Glied mit zwei verschiedenen Zeitkonstanten T1 und T2
G(s) =
K PS
(1 + sT1 )(1 + sT2 )
(8.9)
oder als ein P-Tn-Glied mit n gleichen Zeitkonstanten T angenähert werden
G(s) =
K PS
(1 + sT ) n
.
(8.10)
8.2 Praktische Einstellregeln
229
P-T2-Verhalten
Die Sprungantwort einer P-Strecke höherer Ordnung (Bild 8.5) kann als ein P-T2Glied (8.9) mit zwei verschiedenen Zeitkonstanten T1 > T2 für den Wendepunkt
x(t)
tw =
Tg
(T1+ T2 )
T1T2
T
ln 1
T1 − T2 T2
wie folgt angenähert werden:
x(∞)
 Tu = T2
T =T + t .
1
w
 g
KPS ⋅ y0
Ist beispielsweise
0 T
2
t
tw
T 1 = 2 T 2,
so folgt
Bild 8.5 Verfeinerte Approximierung nach dem
Wendetangenten-Verfahren
t w = 2T2 ⋅ ln 2 = 1,386T2 .
Einstellregeln nach Strejc
Die aus dem Bildes 8.5 resultierende Einstellregel des Proportionalbeiwertes für PT
und PI-Regler wurde von Strejc nach dem Verhältnis von Zeitkonstanten k = 1
T2
empfohlen:
K PR =
1 k 2 +1
⋅
.
K PS
2k
Für die Nachstellzeit eines PI-Reglers gilt dazu:
Tn =
(k 2 + 1)(k + 1)
k2 + k +1
⋅ T2 .
Zeit-Prozentkennwert-Verfahren
Nach diesem Verfahren werden die aus der Sprungantwort der Regelstrecke gemessenen Zeitpunkte t10, t50 und t90 bestimmt, bei denen die Regelgröße 10%, 50% und
90% ihres stationären Wertes x(∞) erreicht (Bild 8.6). Die Regelstrecke wird als PTn-Glied mit n gleichen Zeitkonstanten nach Gl. (8.10) approximiert. Die Ordnungszahl n der Regelstrecke wird aufgrund der Kennzahl
μ=
t10
t 90
(8.11)
230
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
berechnet. Mit Hilfe der drei weiteren Kennzahlen α10, α50 und α90 (s. die nachstehende Tabelle) wird die Zeitkonstante T der Regelstrecke (8.10) ermittelt
α t + α 50 t 50 + α 90 t 90
T = 10 10
.
3
(8.12)
x(t)
x(∞) = 100%
x90
x50
Bild 8.6
Verfeinerte Approximierung
der Sprungantwort der Regelstrecke nach Zeit-Prozentkennwert-Verfahren
KPS y0
x10
t10
0
t50
t
t90
Das von Schwarze entwickelte Zeit-Prozentkennlinien-Verfahren lässt die Regelstrecke identifizieren und den Regler nach der Methode der Betragsanpassung einstellen.
Die Ergebnisse der Identifikation und die Regeln zum Entwurf des Regelkreises mit
10% Überschwingen sind in Tabelle unten für n = 3, 5 und 10 zusammengefasst.
Parameter
Identifikation der Regelstrecke: Streckenkenngrößen
μ
n
0,207
3
0,304
5
0,438
10
α10
0,907
0,411
0,161
α50
0,374
0,214
0,103
α90
0,188
0,125
0,070
Einstellregel nach Latzel
Kennwerte
PI-
PID-
PI-
PID-
PI-
PID-
KPR KPS
0,877
2,543
0,543
1,109
0,328
0,559
1,96
2,47
2,59
3,31
3,73
4,80
-
0,66
-
0,99
-
1,57
Tn
T
Tv
T
• Beispiel 8.2
Gegeben ist die Sprungantwort der Strecke mit KPS = 0,5 , t10 = 5 s, t50 = 12 s, t90 = 25 s.
Gesucht:
a) Die Zeitkonstante der nach Gl. (8.10) approximierten Regelstrecke,
b) Die Kennwerte des PI-Reglers, bei denen die Regelung mit 10% Überschwingen erfolgt.
8.2 Praktische Einstellregeln
231
Zu a): Aus Gl. (8.11) ist μ = 0,2. Wir bestimmen aus der oberen Tabelle, dass n = 3 ist, und
berechnen aus Gl. (8.12) die Zeitkonstante T = (0,907⋅5 s + 0,374⋅12 s+ 0,188⋅25 s) / 3
= 4,574 s. Die Regelstrecke wird damit wie ein P-T3-Glied identifiziert:
GS ( s) =
K PS
(1 + sT )3
, mit KPS = 0,5 und T = 4,574 s.
Zu b): Für μ = 0,2 bzw. n = 3 folgt aus der unteren Tabelle die Einstellung des PI-Reglers
KPRKPS = 0,877. Bei KPS = 0,5 und T = 4,574 ergeben sich KPR = 0,877 / KPS = 1,754
und Tn = 1,96⋅T = 8,965 s. Alternativ dazu gilt die Regel nach Strejc für proportionale
Strecken n-ter Ordnung mit gleicher Zeitkonstante:
K PR =
1
n+2
⋅
= 1,25
K PS 4 ⋅ (n − 1)
Tn =
n+2
⋅ T = 7,62 s .
3
Reglereinstellung mittels PC-Simulation
Ist die Regelstrecke fein approximiert, und sind die Parameter der Übertragungsfunktion exakt identifiziert, kann die Reglereinstellung auf einfacher Weise anhand einer
Simulation des Regelkreises, z. B. mit MATLAB / Simulink erfolgen.
•
Beispiel 8.3
Die P-T2-Regelstrecke mit der Totzeit (KPS = 0,8, T1 = 5 s, T2 = 6 s , Tt = 2 s) soll mit dem PIRegler geregelt werden:
GS ( s ) =
K PS
⋅ e − sTt
(1 + sT1 )(1 + sT2 )
G R ( s ) = K PR + K PR
1
.
sTn
Der Regler soll nach dem Ziegler-Nichols-Verfahren eingestellt werden. Dafür sollen zunächst
die Kennwerte der Dauerschwingung KPRkr und Tkr ermittelt werden. Dies erfolgt mit Hilfe des
in Bild 8.7 gezeigten MATLAB/Simulink-Programms. Der PI-Regler wird zuerst als P-Regler
konfiguriert (KPR/Tn = 0).
Nach einigen Versuchen mit dem Regelkreis kann die in Bild 8.8 gezeigte Dauerschwingung
(im vorliegenden Fall bei KPRkr = 7,9) erreicht werden. Daraus wird Tkr ≈ 15 s abgelesen.
Nach der Ziegler-Nichols-Tabelle sind die Kennwerte des PI-Reglers wir folgt einzustellen:
KPR = 0,45⋅KPRkr = 3,55 und Tn =0,83⋅⋅Tkr = 12,45 s.
10
w =1
P -Anteil: KpR = 10
1
s
I-Anteil
0
0.8
1
5s+ 1
6s+ 1
Kps = 0,8;
T 1 = 5s
T 2 = 6s
x
x(t)
T t = 2s
C lock
t
sec
K pR / T n
Bild 8.7 Wirkungsplan des Regelkreises mit dem PI-Regler, der als P-Regler betrieben wird
232
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
Bild 8.8 Ermittlung
von Kennwerten der
Dauerschwingung
KPRkr und Tkr per
Simulation
Die Sprungantwort des so eingestellten Regelkreises mit dem PI-Regler nach einem Führungssprung w0 = 1 ist in Bild 8.9 gezeigt. Die Überschwingweite beträgt xm = 50% des Beharrungswertes bzw. des Sollwertes x(∞) = w0 = 1; die Ausregelzeit bei der Toleranzgrenze von
4% ist Taus ≈ 60 s. Die Dämpfung lässt sich aus der Anzahl n = 4 der Halbwellen berechnen
und beträgt D ≈ 1/n = 0,25.
Der Regelkreisverhalten kann per Simulation nachgebessert werden, so dass bei den Kennwerten des Reglers KPR = 1 und Tn = 8 s eine günstigere Sprungantwort mit xm = 10%; Taus = 35 s
und D ≈ 1/n = 0,5 erreicht wird.
Bild 8.9 Regelkreisverhalten nach
dem Ziegler-NicholsVerfahren (Kurve 1
mit KPR = 3,55; Tn =
10,4 s) und nach den
experimentell eingestellten optimalen
Kennwerten (Kurve 2
mit KPR = 1; Tn = 8s)
8.3 Integralkriterien
233
8.3 Integralkriterien
Unter Integralkriterien versteht man ein Maß, dass geeignet ist, die Güte des Regelverhaltens nach der durch die Sprungantwort abgegrenzten Fläche abzuschätzen, wie
beispielsweise im Bild 8.10 anhand der Regeldifferenz e(t) gezeigt ist. Da die resultierende Fläche des Bildes 8.10 für Kreise mit bleibender Regeldifferenz e(∞) einen
unendlich großen Wert erhalten würde, wird die Differenz [e(t) – e(∞)] statt e(t) eingeführt. Der somit entstehende Güteindex wird als Zeitintegral Qlin (Bild 8.11a)
∞
Qlin =  [e(t ) − e(∞)] dt
(8.13)
0
bzw. als lineare Regelfläche bezeichnet. Um bessere Regelgüte zu erreichen, soll das
Integral Qlin durch die Reglereinstellung zu einem Minimum gebracht werden.
x(t)
x(t)
−
w
+
∞
+
 e(t )dt
e(∞)
x(∞)
0
Bild 8.10 Sprungantwort beim
Führungsverhalten und die von
der Regeldifferenz e(t) = w−x(t)
abgegrenzte Fläche
t
0
Bei Regelvorgängen mit Überschwingen setzt sich Qlin, wie aus Bild 8.10 ersichtlich
ist, aus den positiv und negativ bezeichneten Flächen zusammen und kann sehr klein
werden, ohne den Regelvorgang zu optimieren. So wird das Integral
∞
Qsqr =  [e(t ) − e(∞)] 2 dt ,
(8.14)
0
die so genannte quadratische Regelfläche (Bild 8.11b), oder das Integral
Qabs =
∞
 e(t ) − e(∞) dt ,
(8.15)
0
die so genannte Betragsregelfläche (Bild 8.11c), eingeführt. Der Nachteil dieser Kriterien besteht darin, dass die mit fortlaufender Zeit kleiner werdenden Amplituden
den Integralwert kaum beeinflussen, d. h. das Integralkriterium im Wesentlichen nur
vom Anfangsteil der Regelfläche bestimmt wird. Durch die Multiplikation mit der
Zeitvariable t werden die kleinen Amplituden stärker berücksichtigt (Bild 8.11d).
Solch ein Gütekriterium ist als ITAE-Kriterium (Integral of time multiplied absolute
value of error) bekannt
∞
QITAE =
 e(t ) − e(∞) ⋅ t ⋅ dt .
0
(8.16)
234
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
e(t) − e(∞)
e(t) − e(∞)
Qlin
a)
b)
[e(t) − e(∞)]
0
Qsqr
[e(t) − e(∞)]
0
0
t
e(t) − e(∞)
t
Qlin
e(t) − e(∞)
Qabs
c)
0
QITAE
d)
[e(t) − e(∞)]
0
t
Qlin
[e(t) − e(∞)]
0
0
Qlin
0
t
Bild 8.11 Integralkriterien: a) Lineare Regelfläche Qlin; b) Quadratische Regelfläche (8.14);
c) Betragsregelfläche (8.15); d) Zeitgewichtete Betragsfläche ITAE (8.16)
Integralkriterien wurden von Mandelstamm 1909 vorgeschlagen. Die Berechnungen
von Regelflächen wurden in der Regelungstechnik erstmals von Kulebakin 1939 angewendet. Nach diesen Methoden erfolgt die Berechnung von Integralkriterien im
Bildbereich. Dadurch kann die umfangreiche Ermittlung der Regeldifferenz im Zeitbereich e(t) = w0 – x(t) vermieden werden. Heutzutage kann die Lösung von Differentialgleichungen und die Optimierung von Regelflächen im Zeitbereich mittels Simulation sehr einfach ermittelt werden.
Nachfolgend wird die klassische Berechnungsmethode nur für die lineare Regelfläche
Qlin gezeigt. Aus der Laplace-Transformation und dem Grenzwertsatz folgt
∞
Qlin (∞) = lim Qlin (t ) = lim
t →∞
t →∞
s ⋅ Qlin ( s)
 [e(t ) − e(∞)] dt = slim
→0
0
∞
Qlin ( s ) = L[Qlin (t )] = [e(t ) − e(∞)] e -st dt .

0
Daraus ergibt sich die lineare Regelfläche zu

1

Qlin (∞) = lim Qlin (t ) = lim  e( s) − ⋅ e(∞)   .
s
t→∞
s → 0 

(8.17)
8.3 Integralkriterien
•
235
Beispiel 8.4
Eine P-T2-Strecke mit gegebenen Parametern KPS und T1 ≠ T2 soll mit einem P-Regler bei
einem Störsprung z(t) = z0⋅σ (t) ohne Überschwingen (D ≥ 1) geregelt werden:
GS ( s ) =
K PS
(1 + sT1 )(1 + sT2 )
G R ( s ) = K PR .
Es soll die lineare Regelfläche minimiert werden. Für die Störübertragungsfunktion gilt
Gz (s) =
GS ( s)
K PS
x( s )
=
=
.
2
z ( s) 1 + G R ( s )GS ( s) s T1T2 + s (T1 + T2 ) + K PR K PS + 1
(8.18)
Daraus ergeben sich die Regeldifferenz und die bleibende Regeldifferenz im Bildbereich zu
z
K PS z 0
e( s ) = 0 − x( s ) = −G z ( s ) ⋅ 0 = −
2
s
s [ s T1T2 + s (T1 + T2 ) + K PR K PS + 1]
e(∞) = lim s ⋅ e(s) = −
s→0
K PS z 0
.
K PR K PS + 1
(8.19)
(8.20)
Die lineare Regelfläche Qlin wird nach Gln. (8.17), (8.19) und (8.20) ermittelt:

K PS z 0
K PS z 0 
1
+ ⋅
Qlin = lim −

2
s K PR K PS + 1 
s → 0  s [ s T T + s (T + T ) + K
1 2
1
2
PR K PS + 1]

Qlin =
K PS (T1 + T2 )
(1 + K PR K PS ) 2
z0 .
(8.21)
Das Minimum der linearen Regelfläche liegt vor, wenn die Ableitung gleich Null wird:
K PS (T1 + T2 )
∂Qlin
= −2 K PS
z0 = 0 .
∂K PR
(1 + K PR K PS ) 3
(8.22)
Die Lösung von Gl. (8.22) liegt für KPR → ∞ vor. Für die optimale Reglereinstellung soll die
Forderung D ≥ 1 berücksichtigt werden. Die Dämpfung ergibt sich aus Gl. (8.18) zu
D=
T1 + T2
2 T1T2 (1 + K PR K PS )
K PR =
1 (T1 − T2 ) 2
⋅
.
K PS
4T1T2
. Für D = 1 folgt daraus
(8.23)
Gl. (8.23) in (8.21) eingesetzt, ergibt den optimalen Wert der linearen Regelfläche für D = 1
Qlin = K PS
(4T1T2 ) 2
(T1 + T2 ) 3
z0 .
236
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
8.4 Einstellregeln im Frequenzbereich
8.4.1 Frequenzkennlinienverfahren
In der praktischen Regelungstechnik hat man zur Beschreibung der Regelstrecke nicht
immer eine Übertragungsfunktion zur Hand. Dagegen kann man häufig das BodeDiagramm der Strecke messen und aufzeichnen, was für den Entwurf des Reglers
genügt. Solche Verfahren sind als Frequenzkennlinienverfahren bekannt. Unten wird
nur das Rezept davon zur Bestimmung der Reglerverstärkung KPR nach dem Skript
von Prof. Dr. Georgios Lekkas, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften,
Winterthur, vorgestellt.
Reglereinstellung nach Vorgabe einer Phasenreserve
Die als Übertragungsfunktion bekannte Regelstrecke
GS ( s ) =
500
s + 105 s + 500
2
soll mit einem P-Regler so geregelt werden, dass die Phasenerserve ϕ R = 60° beträgt.
Grundlage zur Bestimmung der Reglerverstärkung KPR bildet das Bode-Diagramm des
aufgeschnittenen Kreises G0(jω) mit dem eingesetzten Regler. Da die Reglerverstärkung noch nicht bekannt ist, wird KPR = 1 angenommen (Bild 8.12). Um die gegebene
Phasenreserve ϕ R = 60° zu erreichen, muss die 0-dB-Linie den Amplitudengang bei
der Durchtrittfrequenz ωd = 68 s-1 schneiden. Dafür muss der Amplitudengang nach
oben bzw. die 0-dB-Linie nach unten um ΔdB = 24 dB verschoben werden.
Bild 8.12 Bode-Diagramm des aufgeschnittenen Kreises mit KPR = 1
8.4 Einstellregeln im Frequenzbereich
237
Aus der Definition
K PRneu = K PRalt ⋅ ΔK
mit Verschiebung
ΔdB = 20 lg(ΔK )
folgt die Umrechnung:
ΔdB
ΔK = 10
20
und
ΔdB
K PRneu = K PRalt ⋅ 10
20
= 15,85
Das resultierende Bode-Diagramm ist im Bild 8.13 gezeigt. Die Phasenreserve ϕR als
Distanz zwischen dem Phasengang bei der Durchtrittsfrequenz ωd und der (−180°)Linie beträgt ϕR = 60° und entspricht somit dem Richtwert.
Bild 8.13 Bode-Diagramm des aufgeschnittenen Kreises mit der gegebenen Phasenreserve
Anmerkung: Wird der Amplitudengang nach unten bzw. die 0-dB-Linie nach oben
verschoben, wird die Reglerverstärkung KPR verkleinert, gemäss
K PRneu = K PRalt ⋅
1
ΔK
238
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
Reglereinstellung nach Vorgabe einer Amplitudenreserve
In zahlreichen Fällen liefert das Prinzip der Phasenreserve zur Dimensionierung des
Reglers ein gutes Einschwingverhalten des geschlossenen Regelkreises, wie im vorher
betrachteten Beispiel der P-T2-Strecke mit reellen Polstellen:
GS ( s ) =
500
mit Polstellen s1 = −100 und s2 = −5
s + 105 s + 500
2
Es gibt jedoch Fälle, bei denen das erwähnte Verfahren versagt und keine genügende
Stabilität des geschlossenen Kreises erreicht wird, z.B. bei Antriebssystemen, die eine
markante Resonanzüberhöhung im Bode-Diagramm aufweisen. Nachfolgend wird der
P-Regler mit dem Verfahren der Amplitudenreserve für eine solche P-T3-Strecke mit
komplexen Polstellen entworfen:
GS ( s ) =
2
400 2
⋅ 2
mit s1 = −10 und s2,3 = −20 ± 399 ,5 j
1 + 0,1s s + 40 s + 400 2
Die Reglerverstärkung KPR des P-Reglers wird zunächst auf KPR = 1 gesetzt (Bild
8.14). Die Kreisfrequenz ω , bei welcher der Phasengang ϕ(ω) die Linie ϕ = −180°
bzw. −π kreuzt, wird ωπ bezeichnet. Die Distanz zwischen dem Amplitudengang bei
dieser Kreisfrequenz ωπ und der 0-dB-Linie nennt man Amplitidenreserve AR.
Bild 8.14 Bode-Diagramm des aufgeschnittenen Kreises mit der Resonanzüberhöhung
8.4 Einstellregeln im Frequenzbereich
239
Im betrachteten Fall mit KPR = 1 ist ωπ = 399 s-1. Die Amplitidenreserve ist die Distanz
zwischen der Resonanzüberhöhung und der 0dB-Linie, sie beträgt AR = 6 dB.
Beim Entwurf des Reglers im Bode-Diagramm ist man besorgt, dass die Spitze der
Resonanzüberhöhung die 0-dB-Linie nicht kreuzt. Es muss zusätzlich ein „Sicherheitsabstand“ eingehalten werden, mit dem verhindert wird, dass der Regelkreis nahe
der Stabilitätsgrenze betrieben wird und starke Oszillationen ausführt. In der Praxis
wird es so gehandhabt, dass der „Sicherheitsabstand“ bzw. die Amplitudenreserve
mindestens 12 dB beträgt. Dieser Wert gilt als Erfahrungswert und kann wie die Phasenreserve von ϕR = 60°auch als Richtwert aufgefasst werden.
In unserem Beispiel wollen wir also den Abstand von AR = 12 dB einhalten und messen deshalb die benötigte Verschiebung der 0-dB-Linie aus dem Bode-Diagramm des
aufgeschnittenen Kreises mit dem KPRalt = 1 heraus, nämlich:
ΔdB = 6 dB
Der Amplitudengang soll abgeschwächt werden bzw. die 0-dB-Linie soll nach oben
um 6 dB verschoben werden:
K PRneu = K PRalt ⋅
1
ΔK
bzw. K PRneu = K PRalt ⋅10
Δ
− dB
20
= 0,5
Somit erhalten wir mit der neuen Verstärkung des Reglers einen stabilen Regelkreis
mit kleinen Oszillationen (Bild 8.15). Allerdings kann der P-Regler die bleibende
Regeldifferenz e(∞) nicht ausregeln.
Bild 8.15 Einschwingvorgänge bei verschiedenen KPR nach dem Sollwert-Sprung w = 1
240
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
8.4.2 Betragsoptimum
Die möglichen Verläufe des Amplitudenganges eines geschlossenen Regelkreises sind
in Bild 8.16 gezeigt. Die Kenngrößen sind: ω R - Resonanzfrequenz, ω d - Durchtrittsfrequenz, ω B - Bandbreite, Mmax - Betrag des Frequenzgangs an der Resonanzstelle.
Eine Optimierung im Frequenzbereich liegt dann vor, wenn der Betrag von Gw( jω)
möglichst nahe bei Eins liegt, d. h. |Gw(ω)| = 1. Da bei technischen Systemen dies
nicht realisierbar ist, soll diese Bedingung nur näherungsweise für eine möglichst
große Bandbreite des Frequenzgangs erfüllt sein.
Nach dem sogenannten Betragsoptimum-Verfahren wird gefordert, dass die Tangente
des Amplitudenganges im Anfangspunkt ω = 0 horizontal abläuft:
d G w ( jω )
=0.
dω
(8.24)
Die Lösung der Gl. (8.24) führt bei bestimmten Regelkreisstrukturen, z. B. bei der
Regelung einer reinen Verzögerungsstrecke, zu einer optimalen Dämpfung von
Dopt =
1
2
= 0,707
(8.25)
und zu daraus folgender Überschwingweite xm = 4,3%.
Gw(jω)
geringe Dämpfung: 0 < D < 0,5
Mmax
idealer Betrag: Gw ( jω ) = 1
1,0
optimierte Dämpfung:
0,5 ≤ D ≤ 0,707
1
2
große Dämpfung:
D≥1
0
ωR ωd ωB
ω
Bild 8.16 Amplitudengänge des geschlossenen
Regelkreises beim
Führungsverhalten
Die Reglereinstellung nach Gln. (8.24) bzw. (8.25) für die oft auftretenden Regelkreisstrukturen, die als Grundtypen A und B bezeichnet sind, ist nachfolgend ohne
Herleitung aufgeführt. Die Gleichungen der Zeile b) folgen aus Führungsübertragungsfunktionen für alle Werte von Dämpfung, während die der Zeile c) nur für die
optimale Dämpfung gelten.
Es wird angenommen, dass T2 > T1 ist. Für den Fall T2 >> T1 ist eine Annäherungsformel in Zeile e) aufgeführt.
8.4 Einstellregeln im Frequenzbereich
241
Grundtyp A (mit I-Anteil):
Grundtyp B (ohne I-Anteil):
a) Übertragungsfunktion und Wirkungsplan des offenen Kreises
G0 ( s ) =
K PR K PS K IS
s (1 + sT1 )
G0 (s) =
K PR K PS
(1 + sT1 )(1 + sT2 )
b) Zusammenhang zwischen Reglerverstärkung und Dämpfung
K PR K PS K IS =
1
K PR K PS =
4 D 2T1
(T1 + T2 ) 2
−1
4 D 2T1T2
c) Optimale Reglereinstellung nach dem Betragsoptimum für D =
K PRopt =
1
2 K PS K IST1
K PRopt =
1
2
2
(T1 + T2 )
1
−
2 K PST1T2 K PS
d) Güteparameter und Sprungantwort beim Führungsverhalten
x(t)
x(t)
xm = 4,3%
Grundtyp B
Grundtyp A
w0
w0
Tan ≈ 4,7 T1
0
0
w0
1 + K PR K PS
x (∞ ) =
Tan ≈ 4,7 T1
t
Taus ≈ 11 T1
e( ∞ ) =
xm= 4,3%
t
Taus ≈ 11 T1
K PR K PS ⋅ w0
1 + K PR K PS
e) Optimale Reglereinstellung im Sonderfall
bei G0 ( s ) =
K PRopt =
K PR K PS
:
sTn (1 + sT1 )
bei T2 >> T1 :
Tn
2 ⋅ K PS ⋅ T1
K PRopt ≈
X Aufgabe 8.1
Gegeben: eine P-T3-Strecke mit
KPS = 0,08,
T1 = 8,5 s,
T2 = 6,5 s,
T3 = 1,2 s,
die mit einem PI-Regler geregelt werden soll.
Gesucht: Die Reglereinstellung nach dem Betragsoptimum.
T2
2 ⋅ K PS ⋅ T1
242
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
8.4.3 Symmetrisches Optimum
Wird eine Regelstrecke mit I- oder I-T-Anteil mit den I-, PI- oder PID Reglern geregelt, so kann die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises durch Annäherung und geeignete Wahl der Reglerparameter wie folgt dargestellt werden:
G0 (s) =
K PR K PS K IS (1 + sTn )
⋅
.
(1 + sT1 )
s 2 Tn
(8.26)
Die Kennwerte Tn und KPR des Reglers lassen sich so einstellen, dass der Phasenwinkel ϕ0(ω d) bei der Durchtrittsfrequenz ω d ein Maximum erreicht.
Charakteristisch für (8.26) ist das Vorhandensein von zwei in Reihe geschalteten
I-Gliedern und die symmetrische Form des Zähler- und des Nennerpolynoms mit
Zeitkonstanten Tn und T1. Dies tritt z. B. für folgende Regelkreise auf, die in untenstehender Tabelle zusammengefasst sind.
a) I-T1-Strecke und PI-Regler. Hier würde sich Gl (8.26) direkt ergeben.
b) I-T2-Strecke und PI-Regler. Im Fall T1 ≥ 5⋅T2 können die Zeitkonstanten T1 und
T2 durch ein P-T1-Glied mit der Ersatzzeitkonstante TE = T1 + T2 ersetzt werden.
c) I-T2-Strecke und PID-Regler. Für T1 > T2 wird die zweitgrößte Zeitkonstante
durch die Wahl von Tv = T2 kompensiert.
d) I-T3-Strecke und PID-Regler. Liegt das Verhältnis T1 > T2 > T3 vor, kann die
zweitgrößte Zeitkonstante der Strecke wie im Punkt c) durch Tv = T2 kompensiert
werden. Bei T1 >> T3 werden die restlichen P-T1-Glieder in der Nähe der Durchtrittsfrequenz wie folgt angenähert: (1 + sT1)(1 + sT3) ≈ sT3(1 + sT1).
Übertragungsfunktionen:
Strecke GS(s), Regler GR(s)
GS ( s ) =
a)
GR ( s ) =
GS =
GR =
Resultierende Übertragungsfunktion
des aufgeschnittenen Regelkreises
G0 ( s ) =
K PR K PS K IS (1 + sTn )
(1 + sT1 )
s 2Tn
G0 ( s ) =
K PR K PS K IS (1 + sTn )
(1 + sTE )
s 2Tn
G0 ( s ) =
K PR K PS K IS (1 + sTn )
(1 + sT1 )
s 2Tn
K PR (1 + sTn )
sTn
T1 ≥ 5 ⋅ T2
K PR (1 + sTn )
sTn
TE = T1 + T2
K PS K IS
s (1 + sT1 )(1 + sT2 )
T1 > T2 > T3
GR ( s ) =
c)

K PS K IS
s (1 + sT1 )(1 + sT2 )
b)
GS =
K PS K IS
s (1 + sT1 )
Bedingung
K PR (1 + sTn )(1 + sTv )
sTn


Tv = T2
8.4 Einstellregeln im Frequenzbereich
243
Im Folgenden wird das Verfahren am Beispiel (8.26) hergeleitet. Aus den Frequenzgang des aufgeschnittenen Regelkreises (8.26)
G0 ( jω ) =
K PR K PS K IS 1 + jω Tn  K I0
=
⋅
( j ω ) 2 Tn 1 + jω T1  jω
2
 1 + jω Tn
 ⋅
,
 1 + jω T1
(8.27)
wobei K I20 = K PR K PS K IS / Tn ist, wird der Amplituden- und der Phasengang
2
K 
G0 ( jω ) =  I0  ⋅
 ω 
1 + (ω Tn ) 2
1 + (ω T1 ) 2
(8.28)
ϕ0 (ω ) = −π + arctan (ω Tn ) − arctan (ω T1 ) .
(8.29)
ermittelt. Für G0 ( jω d ) = 1 und ϕ0(ωd ) > −180° bei der Durchtrittsfrequenz ωd wird
der geschlossene Regelkreis nach dem Nyquist-Kriterium stabil. Die Optimierung
besteht nun darin, dass das Maximum der Phase des offenen Regelkreises ϕ0(ω) bei
der Durchtrittsfrequenz ωd gesucht wird. Um die Kreisfrequenz ωm zu bestimmen, für
die ϕ0(ωm ) ein Maximum ist, differenzieren wir (8.29) und setzen die Ableitung
gleich Null ein:
∂ϕ 0 (ω )
Tn
T1
=
−
= 0.
2
∂ω
1 + (ω Tn ) 1 + (ω T1 ) 2
Daraus folgt:
ωm =
1
Tn T1
,
(8.30)
d. h. der Phasenrand ϕ0(ωd ) wird ein Maximum bei der Durchtrittsfrequenz ωd = ωm.
Setzen wir (8.30) in Gl. (8.28) ein, so folgt unter Beachtung der Stabilitätsbedingung
K
G 0 ( jω d ) = G 0 ( jω m ) =  I0
 ωm



2
1 + (ω m Tn ) 2
1 + (ω m T1 ) 2
=1
(8.31)
bzw.
K PR K PS K IS = ω m .
(8.32)
Beim Symmetrischen Optimum wird der Regler so eingestellt, dass die Durchtrittsfrequenz ωd = ω m das geometrische Mittel der beiden Eckfrequenzen ω E1 = 1/Τn und
ω E2 = 1/Τ1 annimmt. Dafür wird der Faktor
T
k = n bzw. Tn = kT1
T1
(8.33)
244
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
eingeführt. Daraus folgt ωE1 = 1/Τn = ωm / k und ωE2 = 1/Τ1 = ωm k . Aus Stabilitätsgründen muss Τn > Τ1 gewählt werden, d. h. es gilt die Bedingung k > 1. Nach
Kessler wird als Standardeinstellung für symmetrisches Optimum k = 4 empfohlen.
Setzen wir Gl. (8.32) in (8.26), so wird die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises (8.26) in folgende Form gebracht
G0 (s) = ω m
1
⋅
2
1 + sTn
s Tn 1 + sT1
(8.34)
.
Das Bode-Diagramm des aufgeschnittenen Kreises lässt sich symmetrisch bezüglich
der Durchtrittsfrequenz ωd = ω m darstellen, wie Bild 8.17 zeigt. Aus dem symmetrischen Verlauf des Amplituden- und Phasenganges resultiert die Bezeichnung des Verfahrens Symmetrisches Optimum. Durch den Faktor k wird die Bandbreite definiert.
Aus Gln. (8.30) und (8.33) folgt
ωm =
1
k ⋅ T1
.
(8.35)
k
√ k
√ k
G0 (jω)
dB
0 dB
4
√ k
−40dB/Dek
1
Tn
−20dB/Dek
1
T1
KI0
ωm 1
√ k
ωd = ω m
ω
ωm√ k
−40dB/Dek
ϕ(ω)
0°
ω
−90°
−135°
ϕRd
−180°
Bild 8.17 Bode-Diagramm nach dem Symmetrischen Optimum mit D = 0,707 und xm=30%
8.4 Einstellregeln im Frequenzbereich
245
Setzen wir diesen Wert in Gl. (8.29), so ergibt sich unter Beachtung
ϕ Rd (ω m ) = −π − ϕ 0 (ω m )
der Zusammenhang zwischen k und der Phasenreserve ϕ Rd
 90° − ϕ Rd 
k = cot 2 
.
2


(8.36)
Beispielsweise errechnet sich die maximale Phasenreserve für k = 4 zu ϕ Rd = 37°.
Die optimale Reglereinstellung ergibt sich aus Gln. (8.32) und (8.35):
1
K PRopt =
k ⋅ K PS ⋅ K IS ⋅ T1
.
Für k = 4 folgt daraus speziell für Standardeinstellung
K PRopt =
1
und
2 ⋅ K PS ⋅ K IS ⋅ T1
ωm = ωd =
1
.
2T1
(8.37)
Aus Gln. (8.34) und (8.35) bestimmen wir die Übertragungsfunktion des geschlossenen Kreises für das Führungsverhalten
G w ( s) =
G0 (s)
1 + sTn
=
⋅
3
2
1 + G 0 ( s ) s k ⋅ T1 Tn + s 2 k ⋅ T1Tn + sTn + 1
(8.38)
Für k = 4 wird Τn = 4Τ1, und aus (8.38) folgt
Gw (s) =
1 + sTn
3
s ⋅2
3
T13
2
+ s ⋅ 2 3 T12 + s ⋅ 2 2 T1 + 1
bzw.
G w ( s) =
1 + sTn
2
(1 + s ⋅ 2T1 )( s ⋅ 2 2 T12 + s ⋅ 2T1 + 1)
.
Die Polstellen haben die Werte
s1 = −
−1 ± j 3
1
.
bzw. nach (8.37) s1 = −ω m und s 2,3 =
2T1
4T1
Die Übertragungsfunktion (8.39) mit der Polstelle s1 wird wie folgt dargestellt:
G w ( s) =
1 + sTn
1
⋅β2 ⋅
,
s − s1
s 2 + s 2α + β 2
(8.39)
246
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
mit α =
1
1
und β 2 =
. Die beiden anderen Pole s 2,3 = − β ( D ± D 2 − 1)
2
2
4T1
2 T1
sind für 0 < D < 1 konjugiert komplex, d. h. s 2,3 = −α ± jβ 1 − D 2 , und liegen, wie
Bild 8.18 zeigt, auf einem Kreis mit dem Radius ωm .
Für k = 1 ist Tn = T1, α = 0
bzw. D = 0 und der Kreis ist
instabil.
Im
s2
ωm ⋅ 1 − D
ϕ
s1
−ωm
Liegt k im Bereich 1 < k < 9
bzw. 0 < D < 1, treten zwei
konjugiert komplexe Pole mit
negativem Realteil auf.
2
Re
−Dωm
Für k = 9 bzw. D = 1 sind die
Pole gleich und reell mit
− ωm ⋅ 1− D2
s1 = s2 = s3 = −ω m,
was einem aperiodischen
Grenzfall entspricht.
s3
Bild 8.18 Polverteilung in der s-Ebene
Die Sprungantwort hat bei k = 4 die Dämpfung D = 0,5 und die maximale Überschwingweite von xm = 43,4% (Bild 8.19). Bei der Dämpfung von
x(t)
D=
xm= 43,4%
w0
0
Taus ≈ 18 T1
Bild 8.19 Führungssprungantwort für k = 4 und
D = 0,5 des Symmetrischen Optimums
2
= 0,707 ,
± 2 % die dem Betragsoptimum (siehe
Abschnitt 8.3.1) entspricht, beträgt die Überschwingweite
xm = 30% bei der Phasenreserve von ϕ Rd = 45°.
t
Tan ≈ 3,1 T1
1
8.5 Entwurf von Regelkreisen mit instabilen Strecken
247
8.5 Entwurf von Regelkreisen mit instabilen Strecken
8.5.1 Instabile P-T1-Glieder
Ein instabiles P-Glied mit Verzögerung 1. Ordnung wird analog einem stabilen P-T1Glied mittels DGL 1. Ordnung beschrieben,
a1 x a (t ) + a 0 x a (t ) = b0 xe (t ) ,
jedoch mit einem negativen Koeffizienten a1 oder a0, z. B.
T1 x a (t ) − x a (t ) = K x e (t ) oder − T1 x a (t ) + xa (t ) = K xe (t ) .
Nach dem Hurwitz-Kriterium erkennt man sofort, dass es sich dabei um ein nichtstabiles Verhalten handelt. Dies folgt auch aus der Übertragungsfunktion
x ( s)
K
oder G ( s ) =
=
G(s) = a
xe ( s ) − 1 + sT1
die eine Polstelle s1 = +
xa ( s )
K
,
=
xe ( s ) 1 − sT1
1
in der rechten s-Ebene hat. Hier ist also nr = 1 bei n = 1.
T1
Die Lösung der DGL bei sprunghafter Verstellung der Eingangsgröße xe(t) ist in Bild
8.20 gezeigt. Sie entspricht der Gl. (2.11), jedoch die Ausgangsgröße xa(t) steigt:
xa
xa
− 1)
xa(T1) = KPxe0 (e−1)
xe0
0
xa (t ) = K xe0 (e
xa(∞) → ∞
t
T1
0
t
T1
t
Bild 8.20 Sprungantwort eines instabilen P-T1-Gliedes
Aus dem Frequenzgang
G ( jω ) =
K
− 1 + jω T1
folgen der Amplitudengang
G ( jω ) =
K
1 + (ω T1 ) 2
und der Phasengang als Differenz zwischen Phasen des Zählers und des Nenners
ϕ (ω ) = arctan 0 − arctan
ω T1
−1
= − arctan
ω T1
−1
= −π + arctan ω T1 .
248
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
Ein stabiles und ein instabiles P-T1-Glied sind in Tabelle unten gegenübergestellt.
Man sieht sofort, dass die Amplitudengänge gleich und nur die Phasengänge unterschiedlich sind. Eine Polstelle in der rechten s-Halbebene dreht den Phasenwinkel von
−π auf −π /2, d. h. in positiver Richtung, während die Phase der gleichen Polstelle in
der linken Halbebene sich in negative Richtung ändert.
Stabiles P-T1-Glied
Instabiles P-T1-Glied
Differentialgleichung
T1 x a (t ) + xa (t ) = K xe (t )
T1 x a (t ) − x a (t ) = K x e (t )
Sprungantwort
xa (t ) = K xe0 (1 − e
t
−
T1
xa (t ) = K xe0 (e
)
t
T1
− 1)
Übertragungsfunktion
K
G(s) =
1 + sT1
G(s) =
K
− 1 + sT1
Amplitudengang
G ( jω ) =
K
1 + (ω T1 ) 2
Phasengang
ϕ (ω ) = − arctan ω T1
ϕ (ω ) = −π + arctan ω T1
Ortskurve
Im
ω=∞
Im
K
K
ω=0
ω=0
ω=∞
Re
Re
ω
ω
Bode-Diagramm
⏐G⏐dB
⏐G⏐dB
−20 dB/Dek
20 lgK
0 dB
ϕ(ω)
0°
1/T1
ω
ω
−20 dB/Dek
20 lgK
0 dB
ϕ(ω)
0°
− 90°
− 90°
− 180°
− 180°
1/T1
ω
ω
8.5 Entwurf von Regelkreisen mit instabilen Strecken
249
8.5.2 Instabile P-T2-Glieder
Hat der Nenner eines schwingungsfähigen P-T2-Gliedes negative Koeffizienten, z. B.
G(s) = K
β2
s 2 + s ⋅ 2α − β 2
oder bei der Dämpfung D =
G(s) = K
β2
s2 − β 2
oder G ( s ) = K
β2
(8.40)
s 2 − s ⋅ 2α − β 2
α
= 0 bzw. α = 0
β
,
(8.41)
so handelt es sich um ein instabiles Verhalten. Falls die Nenner von (8.40) keine
komplex konjugierte Polstellen besitzen, lassen sich die Übertragungsfunktionen auf
zwei P-T1-Glieder zerlegen, wie unten in Tabelle gezeigt ist. Das Bode-Diagramm
solcher Glieder kann leicht durch einfache Addition der Ordinaten der einzelnen
Kennlinien ermittelt werden.
a) zwei P-T1-Glieder
mit unterschiedlichen Zeitkonstanten
G(s) =
K
= G1 ( s )G 2 ( s )
(1 + sT1 )(−1 + sT2 )
⏐G⏐dB
−40 dB/Dek
0 dB
1/T1
ϕ(ω)
0°
− 90°
− 180°
− 270°
G1 ( jω ) =
ω
1/T2
G(s) =
K
s 2T12
K
1
⋅
− 1 1 + sT1 − 1 + sT1
=
⏐G⏐dB
−20 dB/Dek
20 lgK
b) zwei P-T1-Glieder
mit gleichen Zeitkonstanten
20 lgK
ϕ2(ω)
ϕ(ω)=ϕ1(ω)+ϕ2(ω)
1
K
; G2 ( jω ) =
− 1 + jω T2
1 + jω T1
− 90°
− 180°
− 270°
G1 ( jω ) =
ω
1/T1
ϕ(ω)
0°
ϕ1(ω)
−40 dB/Dek
0 dB
ϕ1(ω)
ϕ2(ω)
ϕ(ω)=ϕ1(ω)+ϕ2(ω)
1
K
; G2 ( jω ) =
− 1 + jω T1
1 + jω T1
Man erkennt daraus, dass sich die Asymptote des Amplitudengangs bei der Eckfrequenz, die der rechten Polstelle entspricht, um −40 dB/Dek ändert, während sich die
Asymptote bei der Eckfrequenz der linken Polstellen nur um −20 dB/Dek ändert.
Auch bei den Phasengängen merkt man die Unterschiede, z. B. im Fall b) der obigen
250
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
Tabelle ändert sich die Phase des instabilen Gliedes bei der Eckfrequenz nicht. Eine
Phase von −π soll jedoch gleich am Anfang zugewiesen werden.
Für Bode-Diagramm instabiler P-T2-Glieder gelten also die folgenden Regeln:
- Der Anfangsteil des Phasengangs liegt bei −180°, da eine Polstelle mit positivem
Realteil in der rechten s-Ebene eine Phasenverschiebung von −π mitbringt.
- Bei der Eckfrequenzen der rechten Polstellen beträgt die Phasenänderung +90°,
wie beim D-Verhalten.
- Bei den Eckfrequenzen der rechten Polstellen ändern sich die Asymptoten des
Amplitudenganges um −40 dB/Dek, wie bei einer doppelten linken Polstelle.
•
Beispiel 8.5
Gegeben ist ein Regelkreis mit einer instabilen Regelstrecke und dem PD-T1-Regler:
GR ( s ) =
K PR (1 + sTv )
1 + sTR
KPS = 3,16
KPR = 1
mit
und
T1 = 0,025 s
Tv = 0,05 s
GS ( s ) =
K PS
(1 + sT1 )( s 2T22 − 1)
,
T2 = 0,015 s
TR = 0,005 s.
Gesucht:
a) das Bode-Diagramm des aufgeschnittenen Regelkreises;
b) der kritische Proportionalbeiwert KPRkr des Reglers, bei dem der Regelkreis grenzstabil ist.
Zu a):
Aus der Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises
G0 ( s ) =
3,16 (1 + sTv )
K PR (1 + sTv )
K PS
⋅
=
2
2
1 + sTR
(1 + sT1 )( s T2 − 1) (1 + sTR )(1 + sT1 )( s 2T22 − 1)
erhalten wir: n = 4
nl = 3
nr = 1
ni = 0
(Ordnung von G0)
(Anzahl der Pole in der linken s-Ebene)
(Anzahl der Pole in der rechten s-Ebene)
(Anzahl der Pole auf der imaginären Achse)
Die Stabilität wird nach dem Nyquist-Kriterium im Bode-Diagramm geprüft. Im Bild 8.21 ist
das Bode-Diagramm des aufgeschnittenen Kreises G0( jω) mit den Eckfrequenzen
ωv =
1
1
1
1
= 20 s −1 , ω1 =
= 40 s −1 , ω 2 =
= 66,7 s −1 , ω R =
= 200 s −1
Tv
T1
T2
TR
gezeigt. Da kein I-Glied vorhanden ist, verläuft die Anfangsasymptote mit der Steigung
0 dB/Dek durch die Ordinate 20 lg (KPR KPS) = 20 lg 3,16 = 10 dB.
Der Phasengang fängt wegen einer Polstelle mit positivem Realteil nicht bei 0° an, wie es bei
stabilen Systemen der Fall wäre, sondern bei −180° und wird bei allen Eckfrequenzen um ± 90°
geändert, außer der Eckfrequenz ω 2, die der Polstelle mit positivem Realteil entspricht. Nach
dem Fall b) der obigen Tabelle gibt es an dieser Stelle keine Phasendrehung. Das BodeDiagramm des Bildes 8.21 mit Schnittpunkten S0 und S1 entspricht einem instabilen Kreis, da
8.5 Entwurf von Regelkreisen mit instabilen Strecken
G0
1
Tv
dB
20dB
1
T1
1
T2
+20 dB/Dek
10
1
TR
− 40 dB/Dek
ωdkr
0 dB/Dek
0dB
2
3
4
251
neue 0dB-Linie
2
5 6 7 8 102
3
ωd
4 5
6 7 8
ω / s−1
ΔdB
− 60 dB/Dek
ϕ(ω)
10
2
3
4
5 6 7 8 9 102
2
0°
3
4
5
6 7 8
ω / s−1
−90°
ω
−180°
−270°
S1 = −1
1
S0 = + −
2
ω
Bild 8.21 Bode-Diagramm des Regelkreises mit instabiler Regelstrecke
die geforderte Stabilitätsbedingung (6.61) für ni = 0
n
1
(υ p − υ n ) = r =
2 2
durch die Summe der Schnittpunkte nicht erfüllt ist:
(υ p − υ n ) = S 0 + S1 = +
1
1
−1= − .
2
2
Zu b):
Verschiebt man die 0-dB-Linie um ΔdB ≈ 10 dB nach oben, d. h. Δ K = 3,16, so wird die Bedingung (6.61) erfüllt, da der Schnittpunkt S1 nicht mehr in Betracht kommt:
(υ p − υ n ) = S 0 = +
1
.
2
Der kritische Proportionalbeiwert des Reglers beträgt damit
K PRkr = K PR ⋅
1
ΔK
= 0,316 .
Die weitere Verkleinerung von KPR ist jedoch nicht möglich, weil bei KPR < KPRkr auch der
Schnittpunkt S0 nicht mehr berücksichtigt wird, was auf die Instabilität des Kreises hinweist.
Die Stabilitätsbedingung (6.61) wird nur bei einem Wert von KPRkr erfüllt, was praktisch nicht
realisierbar ist. Es soll eine neue Nullstelle, z. B. TN1 = T2 eingeführt werden. Zusammen mit
der Kompensation TV = T1 wird die Bedingung KPR > KPRkr sicher zur Stabilität führen.
252
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
X Aufgabe 8.2
Eine instabile P-T1-Strecke soll mit dem PD-T1-Regler geregelt werden.
GS ( s ) =
K PS
1 − sT1
G R ( s ) = K PR
1 + sTv
.
1 + sTR
Gegeben sind: KPS = 0,25 und Tv = T1 = 0,1 s. Die Zeitkonstante TR ist vernachlässigbar klein.
Gesucht: der Proportionalbeiwert des Reglers KPR, bei dem der Regelkreis stabil wird.
8.5.3 Beispiele von instabilen Regelstrecken
Die Instabilität einer Regelstrecke entsteht in der Regel aus zwei Gründen:
•
wegen zwei oder mehr in Reihe geschalteten I-Gliedern
•
wegen Mitkopplung im Wirkungsplan der Strecke.
Die klassischen Beispiele von instabilen Strecken sind Invertiertes Pendel, Magnetschwebekörper und Ladebrücke (Bild 8.22).
•
Invertiertes Pendel: Ein senkrecht stehender Stab, der durch die horizontalen
Wagenbewegungen Xw stabilisiert wird. Stellgröße ist die Kraft Fx auf den Wagen. Regelgröße ist der Winkel ϕ.
•
Magnetschwebekörper: Eine Kugel mit der Masse m, die von einer Magnetspule
angezogen und in einer gewünschten Position X gehalten wird. Im stationären Zustand befindet sich die Magnetkraft der Magnetspulen im Gleichgewicht mit der
Erdanziehungskraft. Stellgröße ist die Magnetkraft Fm der Magnetspule. Regelgröße ist die Lage X(t) der Kugel.
−Y
−F
m1
X0
m2
+F
+Y
x(t)
X1
Bild 8.22
Kran als instabile Regelstrecke:
Stellgröße ist die Kraft F auf die
Laufkatze des Kranes bzw. die
Beschleunigung Y. Regelgröße ist
die Lage X(t) der Last. Als Hilfsregelgröße kann die Auslenkung
dienen.
Die Stabilisierung der oben genannten instabilen Regelstrecken gewinnt an praktischer Bedeutung z. B. beim Transport einer aufrecht stehenden Last, beim Anfahren
einer Magnetschwebebahn, beim Laden eines Schiffes oder eines Gütezuges ohne
Überschwingungen.
Die Ermittlung von genauen Zeitkonstanten der instabilen Regelstrecken ist anhand
zwei Beispielen in nachfolgender Tabelle gezeigt. In beiden Fällen ist die Instabilität
durch die Erdanziehung verursacht. Im Wirkungsplan führt dies zur Reihenschaltung
von zwei I-Gliedern und zur Mitkopplung.
8.5 Entwurf von Regelkreisen mit instabilen Strecken
253
Die Bezeichnungen sind: Kraft (f), Länge (l), Masse (m), Strom (i), Weg (x) in horizontaler oder vertikaler Richtung (s. Seite 49 für Groß- und Kleinschreibung). Indizes
sind: Gravitation bzw. Gewicht (G), Magnet (m), Reaktion des Scharniers (R), Stab
(s), Wagen (w).
Die Länge des Stabes beträgt 2l, das Trägheitsmoment ist J = ms l 2 .
Magnetschwebekörper
Invertiertes Pendel
ϕ
Im
Ys
Fm
Fm
Xs
X0
X
FG
FRx
X
Im0
Fm0
FRy
Fw
FG
Xw
X0
Stationärer Zustand
( Fm ) 0 = FG = m ⋅ g
( FRy )0 = FG = ms g
( Fw ) 0 = ( FRx ) 0
Ys = l cos ϕ
X s = X w + l cos ϕ
Dynamisches Verhalten
FRx = ms ⋅ Xs ; Fw − FRx = mw ⋅ X w
Fm − FG = −m ⋅ X
FRy − FG = −ms ⋅ Ys
Jϕ = − FRx l sin ϕ + FRy l cos ϕ
Linearisierte Gleichungen für kleine Abweichungen vom Arbeitspunkt
Magnetkraft
f m = K i ⋅ im − K x ⋅ x Wagen
Kugel
(Beschleunigung)
f m = −m ⋅ x(t )
Kugel
(Geschwindigkeit)
x (t ) = x(t ) dt
Kugel
(Weg)
x(t ) = x (t )dt
f w − f Rx = m w ⋅ xw
Stab
(horizontal)
f Rx = ms ⋅ xs =
= ms ⋅ xw + ms l ⋅ ϕ

Stab
(vertikal)
f Ry = ms ⋅ g

Stab
(Schwerpunkt)
Jϕ = l ⋅ f Ry ⋅ ϕ − l ⋅ f Rx
Die Magnetkraft Fm hängt nichtlinear vom Strom Im und von der Position X der Kugel ab. Der Zusammenhang Fm = f (X, Im) kann experimentell ermittelt und graphisch
in einem Diagramm als Kennlinienfeld dargestellt werden. Mit Hilfe von
254
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
 ∂F
K Pi =  m
 ∂I m

 ∂F 
 und K Px =  m  wird die Magnetkraft Fm im Arbeitspunkt
 ∂X  0
0
Fm0 = m⋅g in Abhängigkeit von dem Strom Im des Elektromagneten und der Lage X
der Kugel linearisiert.
Die linearisierten Wirkungspläne und die Übertragungsfunktionen der beiden Strecken sind unten in der Tabelle zusammengefasst. Es handelt sich dabei um das instabile P-T2-Verhalten mit nl = 1 Pol in der linken und nr = 1 Pol in der rechten s-Ebene.
Magnetschwebekörper
Invertiertes Pendel
Wirkungsplan
msgl
im
KPi
fm
1/m
+ −
ẍ
−

x·

x
fw − 1 ẍw
ms
mw
+
+
fRx
+
+
l −
KPx
1
J
ϕ̈·
 
ϕ
msl
Übertragungsfunktion
x( s ) − K PS ⋅ β 2
=
im ( s ) − s 2 + β 2
GS ( s ) =
GS ( s ) =
ϕ (s)
f w (s)
=
− K PS ⋅ β 2
s2 − β 2
Parameter
K
K PS = Pi
K Px
β2 =
1
1
⋅
g m w + ms
g m + ms
β2 = ⋅ w
l 2 m w + ms
K PS =
K Px
m
Praktisches Beispiel mit Zahlenwerten
m = 15,7 kg
2
g = 9,81 m/s
Fm0 = mg = 154 mN
Im0 = 119 A
KPi = 0,244 N/A
KPx = 12,6 N/m
KPS = 0,019 m/A
GS ( s ) =
T = 0,0353 s
mw = 3,5 kg
mS = 0,5 kg
l = 0,8 m
2
g = 9,81 m/s
KPS = −0,0255 1/N
K PS
2 2
s T −1
T = 0,391 s
Die Zeitkonstanten der Stellglieder (Magnetspule, Motor, Leistungsverstärker) sind
viel größer als die eigenen Zeitkonstanten der Regelstrecke. Die oben behandelten
Entwurfsmethoden werden dadurch uneffektiv. Um die gesamten Zeitkonstanten des
Regelkreises zu reduzieren, werden in der Regel die Hilfsregelgrößen herangezogen,
z. B. der Strom Im im Fall des Magnetschwebekörpers. Dies führt zur so genannten
vermaschten Regelung, die im nachstehenden Abschnitt behandelt wird.
8.6 Vermaschte Regelung
255
8.6 Vermaschte Regelung
8.6.1 Regelung mit Hilfsregelgrößen
In den bisher behandelten Regelkreisen erfolgt die Bildung der Regeldifferenz durch
die Messung der Regelgröße und den Vergleich mit dem Sollwert. Nach einem geeigneten Regelalgorithmus wird daraus die Stellgröße gebildet, um die Regeldifferenz
auszuregeln. In einem einschleifigen Kreis greift der Regler bei Beseitigung von Störgrößen erst dann ein, wenn eine Regeldifferenz bereits vorliegt. Bei großen Zeitkonstanten der Regelstrecke führt dies zur Schwingungen oder zur Instabilität.
Zur Vermeidung dieser Nachteile kann die Struktur eines Regelkreises so verändert
werden, dass die Störungen stark reduziert und ohne große Zeitverzögerung auf den
Reglereingang übertragen werden. Solche Strukturveränderung führt zu einer vermaschten Regelung, die sich dann realisieren lässt, wenn die Störungen oder Hilfsregelgrößen messbar und über ein Stellglied beeinflussbar sind. Die Reglereinstellung
nach den bisher behandelten Optimierungsverfahren soll durch Strukturoptimierung
nicht beeinflusst werden.
Die Verfahren der Strukturoptimierung werden, wie in Bild 8.23 gezeigt, nach den
Abgriffsorten des Signals auf Stör-, Stell- und Hilfsregelgrößenaufschaltung unterteilt. Nachfolgend werden nur einige davon behandelt.
z
GRz (s)
Störgrößenaufschaltung
g0
Begrenzungsregelung
(Overrideregelung)
−
GoR (s)
+
Störgrößenvorregelung
Teilstrecke
−
GSz (s)
Hilfsstellgrößenaufschaltung
GR3 (s)
GR2 (s)
Sollwert
w
Hauptregler
GR (s)
+
−
−
+
+
y
GR1 (s)
−
GS1 (s)
x
x1
+
+
Teilstrecke 1
GS2 (s)
Teilstrecke 2
Kaskadenregelung
(unterlagerter Folgeregelkreis)
Hilfsregelgrößenaufschaltung
Hauptregelkreis
(Führungsregelkreis)
Bild 8.23 Aufstellung von verschiedenen Verfahren der Strukturoptimierung an einem Kreis
256
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
8.6.2 Kaskadenregelung
Bei Regelstrecken mit großen Zeitkonstanten ist es oft schwierig, mit einer einschleifigen Regelung ein befriedigendes Ergebnis zu erzielen. Wenn es möglich ist, die
Strecke zu unterteilen und eine Hilfsregelgröße zu messen, wie z. B. x1 in Bild 8.24,
greift man zu einer Kaskadenregelung. Der Hilfsregelgröße x1 wird ein eigener Regler
GR1 zugeordnet, der als Folgeregler oder Hilfsregler bezeichnet wird. Der übergeordnete Regler GR2 (Führungsregler oder Hauptregler) gibt dann dem Folgeregler GR1 die
Führungsgröße w1 vor.
z
w2
+
−
GR2(s)
w1
+
−
GR1(s)
GS1(s)
x1
GS2(s)
x2
Bild 8.24 Wirkungsplan der Kaskadenregelung
Ohne Kaskadenregelung gilt für das Führungsverhalten
Gw (s) =
G R2 ( s) ⋅ GS1 ( s) ⋅ GS2 ( s )
1 + GR2 ( s ) ⋅ GS1 ( s) ⋅ GS2 ( s )
(8.42)
und für Störverhalten:
Gz ( s) =
GS1 ( s) ⋅ GS2 ( s)
1 + G R2 ( s ) ⋅ GS1 ( s ) ⋅ GS2 ( s )
(8.43)
Mit Kaskadenregelung sind die Übertragungsfunktionen:
G R1GS1
GS2
1 + G R1GS1
G R2 G R1GS1GS2
=
Gw (s) =
GR1GS1
1 + G R1GS1 + G R2 G R1GS1GS2
1 + GR2
GS 2
1 + G R1GS1
(8.44)
GS1
GS2
1 + G R1GS1
GS1GS2
.
Gz ( s) =
=
G R1GS1
1 + G R1GS1 + G R2 G R1GS1GS2
1 + G R2
GS 2
1 + G R1GS1
(8.45)
G R2
Aus dem Vergleich (8.42) mit (8.44) und (8.43) mit (8.45) ist es zu sehen, dass der
Regelkreis durch eine geeignete Wahl des Reglers GR1 so eingestellt werden kann,
das ein gewünschtes Verhalten, z. B. mit kleineren Zeitkonstanten, erreicht wird.
8.6 Vermaschte Regelung
257
Ein Beispiel der zweischleifigen Kaskadenregelung wird im Folgenden betrachtet.
Man passt zunächst den Folgeregler GR1(s) an die Teilstrecke GS1(s) an und gibt so
dem inneren Regelkreis ein gewünschtes Zeitverhalten. Dieser ist dann Bestandteil
der Regelstrecke G2(s), für die der äußere Regler GR2(s) dimensioniert werden muss.
•
Beispiel 8.6
Im Bild 8.25 ist der Wirkungsplan einer Kaskadenregelung mit einer P-T2-Strecke gegeben.
Die Streckendaten sind:
KPS1 = 2
T1 = 1 s
KPS2 = 3
T2 = 0,2 s.
Die Kennwerte des Folgereglers KPR1 und Tn1 sollen so eingestellt werden, dass die Verzögerungszeitkonstante des Folgeregelkreises 50 mal kleiner als die Streckenzeitkonstante T1 wird.
+
KPR1 , Tn1
KPR2 , Tn2
w
+
−
KPS1 , TS1
KPS2 , TS2
x
−
Bild 8.25 Kaskadenregelung einer P-T2-Strecke mit PI-Führungsregler und PI-Folgeregler
Um die gewünschte Zeitkonstante zu ermitteln, werden die Übertragungsfunktionen des Folgekreises G01(s) und Gw1(s) berechnet:
G01 ( s ) = G R1 ( s) ⋅ GS1 ( s ) =
K PR1 (1 + sTn1 ) K PS1
⋅
sTn1
1 + sT1
Nach der Kompensation mit Tn1 = T1 = 1 s folgt
G w1 ( s) =
1
1+
1
G 01 ( s )
=
1
Tn1
1+ s ⋅
K PS1 ⋅ K PR1
=
1
1 + sTw1
Der Folgeregelkreis hat ein P-T1-Verhalten mit der Zeitkonstante Tw1, die nach der Aufgabenstellung 1/50 von T1 betragen soll:
Tw1 =
Tn1
T
= 1 .
K PS1 ⋅ K PR1 50
Daraus ergibt sich
K PR1 =
50 ⋅ Tn1
= 25 .
K PS1 ⋅ T1
258
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
8.6.3 Begrenzungsregelung
Die Begrenzungsregelung, auch Overrideregelung genannt, besteht aus zwei oder drei
Regelkreisen, wie in Bild 8.26 gezeigt ist. Zum einen ist es der Hauptregelkreis
(Main-Regler GR), zum anderen ein oder zwei Begrenzungsregelkreise (Overrideregler GoR1 und GoR2), die mit unterschiedlichen Sollwerten und Prozessvariablen
parallel arbeiten und über eine Auswahlbox das Stellsignal für die Regelstrecke liefern. Die Auswahlbox ist ein Vergleichsglied, welches die Stellgrößen des Haupt- und
der beiden Begrenzungsregler auf den größeren bzw. den kleineren Wert vergleicht.
Über einen Select-Befehl hat man die Möglichkeit, diese Auswahl entweder automatisch nach dem Maximum oder Minimum durchführen lassen, oder den jeweiligen
Ausgang nach bestimmten Kriterien freizuschalten. Die Umschaltung soll allerdings
stoßfrei erfolgen.
Die Begrenzungsregelung ist besonders gut für Strecken geeignet, bei denen sowohl
die Regelgröße x auf den vorgegebenen Sollwert w gebracht, als auch eine weitere
Größe (Begrenzungsgröße) vorgegebene Grenzwerte gmax und/oder gmin nicht überschreiten soll. Beispielsweise soll in einem Ofen die Temperatur konstant gehalten
werden und gleichzeitig der Druck den maximal zugelassenen Wert nicht überschreiten. Ein weiteres Beispiel ist ein Vakuum-Ofen, in dem die Kammertemperatur immer
um 5°C bis 10°C wärmer als die Temperatur des Werkstückes ist. Wird das Thermoelement nahe dem Werkstück platziert, kann die Regelung zu unerwünschten Effekten
wie überhöhter Temperatur der Heizelemente bzw. zur Überschreitung des gewünschten Sollwerts führen. Um diese Probleme zu umgehen, platzieren oft die Ofenhersteller ein Thermoelement in der Brennkammer nahe den Heizelementen, was zu thermischen Gradienten führt. Die ideale Lösung ist die Overrideregelung mit zwei separaten Regelkreisen und zwei Thermoelementen, wobei ein Thermoelement dicht an den
Heizelementen, das zweite am Werkstück sitzt. Für die Regelung der Brennkammertemperatur wird dann der Regelkreis mit dem niedrigsten Ausgangssignal benutzt.
−
Begrenzungsregler
gmin
GoR1(s)
+
Hauptregler
Sollwert
w
+
z
Min
GR(s)
−
gmax
+
Ausgangs-Auswahlbox
Begrenzungsregler
−
Max
x
x1
+
GS1(s)
GS2(s)
Teilstrecke
Teilstrecke
GoR2(s)
Bild 8.26 Wirkungsplan einer Begrenzungsregelung (Overrideregelung)
8.6 Vermaschte Regelung
259
°C
x1(t)
300
200
Grenzwert g(t)
x(t)
100
Sollwert w(t)
Bild 8.27
Theoretische Verläufe der
Temperaturkurven bei der
Begrenzungsregelung mit den
Eingangs-Rampenfunktionen
(der Begrenzungsregler hat
einen höheren Sollwert als der
Hauptregler)
0
0
5
10
t / min
15
Bild 8.27 zeigt die theoretischen Verläufe der Hauptregelgröße x(t) und der Hilfsregelgröße x1(t) bei einer Rampenfunktion w(t) = KI⋅ t als Sollwert des Hauptreglers
und den entsprechenden Rampenfunktionen eines Begrenzungsreglers.
Bei der praktischen Realisierung, z. B. im Vakuum-Ofen (Bild 8.28) stellt man sofort
fest, dass eine exakte Ausregelung der Temperatur am Ofengut möglich ist. In der
Aufheizphase regelt der Overrideregler die Temperatur an den Heizelementen. Nach
mehrmaligem Wechsel zwischen Main- und Override-Regler (Temperaturausgleich
im Ofen) übernimmt schließlich der Main-Regler die Regelungsaufgabe bei konstantem Sollwert. Die Temperatur der Heizzone Mitte sinkt unter den Sollwert des Overridereglers. Der Overrideregler vergrößert seine Ausgangsleistung, und somit ist sicher
gestellt, dass der Main-Regler die Regelung der Strecke behält.
710
700
Istwert
Overrideregler
690
680
670
660
Sollwert
Mainregler
Istwert
Mainregler
650
640
630
620
Sollwert
Overrideregler
Aktiver
Override-Regelkreis
Overrideregelung des Vakuum-Ofens
mit Ausgang auf Min-Auswahl:
Mainregler
– Ofengut
Overrideregler – Heizzone Mitte
Aufheizung:
Rampe von 595°C auf 700°C
610
600
590
Aktiver
Main-Regelkreis
580
10:53:42 10:56:27 10:59:13 11:01:59 11:04:45 11:07:30 11:10:16 11:13:02 11:15:48 11:18:33 11:21:19 11:24:05 11:26:51
Bild 8.28 Beispiel einer Overrideregelung (Quelle: Schuy, Marco: Diplomarbeit, FH Wiesbaden, FB IET, 2001, mit freundlicher Genehmigung von Eurotherm Deutschland GmbH)
260
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
8.6.4 Störgrößenaufschaltung
Eine Beseitigung der Auswirkung von Störgrößen durch eine Regelung hat den Nachteil, dass der Regler immer erst korrigierend eingreifen kann, wenn eine Regeldifferenz vorliegt. Wegen der Verzögerungen in der Strecke erscheint die Störung erst
verspätet am Eingang des Reglers. Um eine Auswirkung der Störgröße auf die Regelgröße völlig zu verhindern
z
und dabei die vorhandene
GRz (s)
optimale Reglereinstellung
auszunutzen, schaltet man
−
+
x
die messbare Störgröße über
w
GR(s)
GS(s)
ein korrigierendes Glied GRz
+
−
auf den Streckeneingang
oder, wie Bild 8.29 zeigt, vor
dem Regler auf.
Bild 8.29 Störgrößenaufschaltung auf den Reglereingang
Die Aufschaltung erfolgt oft über ein differenzierendes Glied, damit im Beharrungszustand keine Verfälschung der Regeldifferenz entsteht. Die Stabilität des Kreises
wird durch diese Maßnahme auch nicht beeinflusst. Die Regelparameter können so
eingestellt werden, als sei GRz nicht vorhanden.
Nach der Art der Aufschaltung wird der Einfluss der Störgröße in unterschiedlichem
Maße kompensiert. Bei der vollständigen Kompensation gilt nach dem Störsprung z0:
x(t) = 0 bzw. x(s) = 0
x( s) = Gz ( s) ⋅ z0 =
Gvz ( s)
⋅ z0 = 0 .
1 + G0
Daraus folgt die Kompensationsbedingung für die Vorwärts-Übertragungsfunktion
G vz ( s ) = 0 .
(8.46)
Für die in Bild 8.20 gezeigte Störgrößenaufschaltung mit
G vz ( s ) = −G Rz ( s )G R ( s )GS ( s ) + GS ( s ) = 0
wird die Bedingung (8.46) mit dem korrigierenden Glied
G Rz ( s ) =
1
GR (s)
erfüllt. Das korrigierende Glied GRz(s) kann mit Hilfe von einfachen RC-Netzwerken
technisch realisiert werden. In der Praxis erfolgt eine vollständige Kompensation der
Störgröße nur selten, weil die genaue Nachbildung von GRz(s) zu aufwendig und nur
ausnahmsweise möglich ist.
8.6 Vermaschte Regelung
•
261
Beispiel 8.7
Für den in Bild 8.30 gezeigten Regelkreis sollen die Übertragungsfunktion und die Parameter
des Korrekturgliedes GRz(s) so ermittelt werden, dass eine vollständige Kompensation der
Störgröße erreicht wird. Der P-Regler ist mit KPR = 1,2 eingestellt. Die Streckenparameter sind:
−1
KPSz = 2
KPSy = 5
KIS = 0,16 s
T1 = 0,32 s
T2 = 0,5 s
KPSz , T1
z
GRz
GSz
w
+
KPR
−
−
KPSy, T2
+
+
GR
GSy
−
KIS
x
+
GSI
Bild 8.30 Wirkungsplan der Störgrößenaufschaltung zu Beispiel 8.7
Die Vorwärts-Übertragungsfunktion Gvz wird nach dem Überlagerungsprinzip wie folgt bestimmt und gleich Null gesetzt:
G vz ( s ) = −GSz ( s )GSI ( s ) + GSy ( s )GSI ( s) − G Rz ( s )G R ( s )GSy ( s )GSI ( s ) = 0
Daraus ergibt sich die Übertragungsfunktion des Korrekturgliedes:
G Rz ( s ) =
(GSy − GSz )GSI
G R GSy GSI
bzw.
K PSy
G Rz ( s ) =
−
K PSz
1 + sT1
1 + sT2
K PR K PSy
=
K PSy − K PSz + s ⋅ ( K PSy T1 − K PSz T2 )
K PR K PSy (1 + sT1 )
1 + sT2
Damit ist GRz ein D-T1-Glied
G Rz ( s ) = K Pz ⋅
mit K Pz =
1 + sTz
1 + sT1
K PSy − K PSz
K PR K PSy
= 0,5 und Tz =
K PSy T1 − K PSz T2
K PSy − K PSz
= 0,2 s .
.
262
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
8.7 Mehrgrößenregelung
Die Industrieanlagen werden oft als Regelstrecken mit mehreren Regelgrößen, die
intern miteinander verkoppelt und von mehreren Stellgrößen beeinflusst sind, betrachtet. Zur Regelung solcher Strecken ist ein Mehrgrößenregler geeignet. Der Entwurf
von Mehrgrößenreglern erfolgt normalerweise im Zeitbereich mit Hilfe der Matrizenbzw. Vektorrechnung. Im Folgenden werden wir auf diese Beschreibung verzichten
und die Mehrgrößenregelung mit Hilfe von Übertragungsfunktionen behandeln.
8.7.1 Regelstrecken mit mehreren Ein-/ und Ausgangsgrößen
Von den meist bekannten Mehrgrößenstrecken mit zwei Eingangsgrößen Y1, Y2 sind
die Mischwasserbereitung mit dem Ausgang H (der Füllstand) und dem Ausgang T
(die Temperatur der Mischung), oder das Behältersystem mit Ausgangsgrößen H1, H2
(die Füllstände) zu nennen (Bild 8.31).
Y1
Q1
Q2
Y2
Y1
Y2
Q1
Q2
T
H1
H2
H
a) Mischbehälter
b) Zweitanksystem
Bild 8.31 Beispiele industrieller Mehrgrößenstrecken
Ein anderes Beispiel ist in Bild 8.32 gezeigt. Zwei RCL-Vierpole sind miteinander
über einen Widerstand R2 verbunden. Damit entsteht eine Zweigrößenstrecke mit
Spannungen ue1(s), ue2(s) als Eingangs- und ua1(s), ua2(s) als Ausgangsgrößen.
i1
R1
ua1 ( s ) 
ue1 ( s ) 
für ue2(s) = 0
u (s) 
G21 ( s ) = a2 
ue1 ( s ) 
G11 ( s ) =
uR1
ue1
i2
i3
ua1
L
ua2
R2
uR2
ue2
C
R3
uR3
Bild 8.32 RCL-Netzwerk als Mehrgrößenstrecke
ua1 ( s ) 
ue2 ( s ) 
für ue1(s) = 0
u (s) 
G22 ( s ) = a 2 
ue2 ( s ) 
G12 ( s ) =
8.7 Mehrgrößenregelung
263
Unter Annahme, dass alle Widerstände gleich sind, d. h. R1 = R2 = R3, kann man die
Übertragungsfunktionen nach den Kirchhoffschen Sätzen mittels Laplace-Transformation analog dem Beispiel 2.3 des Abschnitts 2.3.5 wie folgt darstellen:
G11 ( s ) =
G21 ( s ) =
s
2
T32
1 + sT1
+ s (T1 + T2 ) + 1
1
s 2T32
⋅ 2 2
2 s T3 + s (T1 + T2 ) + 1
G12 ( s ) =
1
1
⋅ 2 2
2 s T3 + s (T1 + T2 ) + 1
G22 ( s ) =
s 2T32 + sT1
s 2T32 + s (T1 + T2 ) + 1
mit Zeitkonstanten
T1 =
1 L
⋅
2 R
T2 =
3
RC
2
T32 = LC .
Nach dem Überlagerungsprinzip gilt für lineare Strecken:
ua1 ( s) = G11 ( s) ue1 ( s) + G12 ( s ) ue2 ( s )
ua2 ( s ) = G21 ( s ) ue1 ( s ) + G22 ( s ) ue2 ( s ).
(8.47)
8.7.2 P-kanonsiche Form
Die Struktur der Strecke nach Gl. (8.47) zeigt Bild 8.33. Solche Struktur wird als Pkanonosche Form bezeichnet. Wenn zwischen den Stellgrößen y1, y2 und den
x
(s)
y 1 (s)
1
+
G11(s)
Regelgrößen x1, x2 eine feste Zuordnung
+
besteht, die durch G11(s) und G22(s) bestimmt wird, kann die ZweigrößenregeG12(s)
lung als nichtgekoppelte Regelung mit
zwei Einzelreglern mit Übertragungsfunktionen GR1(s) und GR2(s) realisiert
werden. Die Übertragungsfunktionen
G21(s)
G11(s), G22(s) werden dadurch als
+ x (s) Hauptstrecken und G12(s), G21(s) als
y 2 (s)
2
+
G22(s)
Koppelstrecken bezeichnet.
Bild 8.33 P-kanonische Form einer Regelstrecke
Die gegenseitige Wirkung von Hauptregelkreisen wird mit Hilfe des Koppelfaktors
C (s) =
G 21 ( s ) ⋅ G12 ( s )
G11 ( s) ⋅ G 22 ( s )
(8.48)
264
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
bemessen. Sind die Kopplungsstrecken G12(s) bzw. G21(s) Glieder mit D-Verhalten,
so wirkt nur die dynamische Verkopplung, die im Beharrungszustand verschwindet.
Der Koppelfaktor im stationären Betrieb, d. h. bei t → ∞ oder s → 0, wird als statischer Koppelfaktor bezeichnet und durch Proprotionalbeiwerte KP bestimmt:
C0 =
G21 (0) ⋅ G12 (0)
G11 (0) ⋅ G22 (0)
bzw. C0 =
K P 21K P12
K P11K P 22
(8.49)
Bei C0 = 0 sind die Hauptregelkreise nicht verkoppelt. Durch das Vorzeichen des statischen Koppelfaktors wird entschieden, ob eine Mit- oder Gegenkopplung im Hauptregelkreis vorliegt.
Die positive Kopplung (C0 > 0) ist durch die schlechte Regelbarkeit gekennzeichnet.
Günstiger für die Stabilität ist die negative Kopplung.
8.7.3 V-kanonische Form
Betrachten wir nun das Beispiel 2.4 des Abschnitts 2.3.5. Erweitern wir dieses Beispiel mit einer Masse m2 und Federn, wie in Bild 8.34 dargestellt, so entsteht ein mechanisches System mit den Wegen xe1(s), xe2(s) als Eingangsgrößen und xa1(s), xa2(s)
als Ausgangsgrößen. Aus dem Kräftegleichgewicht (2.27) für die Feder-Kräfte FC1,
FC2, FC3 und die Dämpfer-Widerstandskraft FD nach Gl. (2.26) ergibt sich die Beschreibung des Systems zu
m1x1 (t ) = − K C1 ( x1 − y1 ) − K D ( x1 − x2 ) − K C2 ( x1 − x2 )
m2 x2 (t ) = − K C3 ( x2 − y2 ) − K D ( x2 − x1 ) − K C2 ( x2 − x1 ) .
x2
x1
KD
y1
KC1
m1
y2
m2
KC3
KC2
Bild 8.34 Mechanisches Feder-Masse-Dämpfer System als Mehrgrößenstrecke mit V-Struktur
Nach der Laplace-Transformation erhalten wir die einzelnen Übertragungsfunktionen
x1 ( s )
K C1
=
y1 ( s ) s 2T22 + sT1 + 1
x1 ( s )
K C2
1 + sT12
=
⋅
x2 ( s ) K C 2 + K C1 s 2T22 + sT1 + 1
x2 ( s )
K
= 2 2 C3
y2 ( s ) s T4 + sT3 + 1
x2 ( s )
KC2
1 + sT21
=
⋅ 2 2
x1 ( s ) K C 2 + K C3 s T4 + sT3 + 1
8.7 Mehrgrößenregelung
265
mit Zeitkonstanten
T1 =
KD
K C2 + K C1
T22 =
m1
K C2 + K C1
T12 =
KD
K C2
T3 =
KD
K C2 + K C3
T22 =
m2
K C2 + K C3
T21 =
KD
.
K C2
Die Übertragungsfunktionen, die einen Ausgang abhängig von dem anderen beschreiben, werden durch V(s) bezeichnet, d. h.
G11 ( s ) =
x1 ( s )
y1 ( s )
G11 ( s )V12 ( s ) =
G22 ( s ) =
x2 ( s )
y2 ( s )
G22 ( s ) V21 ( s ) =
x1 ( s )
x2 ( s )
x2 ( s )
.
x1 ( s )
Das betrachtete mechanische System wird analog Gl. (8.47) durch das folgende Gleichungssystem, jedoch eines anderen Typs, beschrieben:
x1 ( s ) = G11 ( s ) [ y1 ( s ) + V12 ( s ) x2 ( s )]
x2 ( s ) = G22 ( s )[ y2 ( s ) + V21 ( s ) x1 ( s )] .
(8.50)
Die Strecke mit rückgekoppelten V(s)-Gliedern, die in Bild 8.35 abgebildet ist, wird
als V-kanonische Form bezeichnet. Sie unterscheidet sich von der P-kanonische Form
durch vertauschte Additions- und Very 1 (s)
x1 (s)
zweigungsstellen. Die Umrechnung der
G11(s)
Gln. (8.47) in (8.50) und umgekehrt bzw.
+ +
die Umwandlung des Wirkungsplanes
einer P-kanonischen in eine V-kanonische
V12(s)
Form ist möglich, jedoch werden dabei
die Übertragungsfunktionen bzw. die
Wirkungspläne verkompliziert werden.
V21(s)
Dies bedeutet, dass jede technisch realisierbare Regelstrecke nach einer bestimm+
x2 (s)
y 2 (s)
ten Struktur aufgebaut ist und so es
G22(s)
zweckmäßig ist, diese Struktur auch bei
+
der mathematischen Beschreibung beizubehalten.
Bild 8.35 V-kanonische Form
8.7.4 Dezentrale Regelung einer Mehrgrößenstrecke
Die einfachste Struktur der Mehrgrößenreglung wird dezentrale bzw. separate Regelung genannt (Bild 8.36). Zwei Regler GR1(s) und GR2(s) sind voneinander unabhängig und regeln jeweils eine Regeldifferenz e1 = w1 − x1 und e2 = w2 − x2 aus.
266
•
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
Beispiel 8.8
Eine Regelstrecke in P-kanonischer Form soll mit zwei separaten I-Reglern mit Kennwerten
KIR1 und KIR2 nach dem Bild 8.36 geregelt werden. Die Strecke ist gegeben:
w1
−
e1
+
GR1(s)
y1
G11(s)
G11 ( s ) =
K P11
1 + sT11
G 22 ( s ) =
K P22
1 + sT22
x1
+
−
G12(s)
G12 ( s ) = K P12
G21(s)
w2
+
e2
−
GR2(s)
y2
G22(s)
G 21 ( s ) = K P21
+
+
x2
Die Streckenparameter sind:
KP11 = 0,2 T11 = 2 s
KP22 = 0,4 T22 = 3 s
KP12 = 0,2 KP21 = 0,1
Bild 8.36 Dezentrale Regelung einer Strecke
in P-kanonischer Form
Die Reglereinstellung erfolgt
nach dem Betragsoptimum. Die
gegenseitige Wirkung von Reglern nach Eingangssprüngen bei
t = 1 s und t =30 s ist im Bild
8.37 deutlich zu sehen.
G01 ( s ) =
K IR1 =
K IR1 K P11
s (1 + sT11 )
1
2 K P11T11
G02 ( s ) =
= 1,25 s −
K IR2 K P 22
s (1 + sT22 )
K IR2 = 0,42 s −1
Bild 8.37 Sprungantworten der dezentralen Regelung
8.7.5 Stabilität der dezentralen Zweigrößenregelung
Der Regelkreis des Bildes 8.36 wird genau dann stabil, wenn alle Wurzeln der folgenden charakteristischen Gln. in der linken s-Halbebene liegen, wobei C(s) der Kopplungsfaktor nach (8.48) ist:
N1 ( s ) = 1 + GR1 ( s )G11 ( s ) = 0
N 2 ( s ) = 1 + GR 2 ( s )G22 ( s ) = 0
1 − C ( s ) N1 ( s ) N 2 ( s) = 0
(8.51)
8.7 Mehrgrößenregelung
•
267
Beispiel 8.9
Die Regelstrecke des Beispiels 8.8 wird mit zwei vollkompensierten PI-Reglern geregelt:
GR1 ( s ) =
K PR1 (1 + sTn1 )
sTn1
GR 2 ( s ) =
K PR2 (1 + sTn 2 )
sTn 2
Die Bedingungen (8.50) werden nach dem Hurwitz-Stabilitätskriterium geprüft. Sie resultieren
zu folgenden Zusammenhängen, wobei C0 der statische Koppelfaktor nach (8.49) ist:
C0 < 1 und KPR1KPR2 < 2
Es wurde angenommen: Tn1 = T11 und Tn2 = T22 , sowie KPR1 > 0 und KPR12 > 0.
8.7.6 Entwurf einer Entkopplungsregelung
Die obige Regelungsstruktur wird auch Diagonalregler genannt, weil der Gesamtregler als Diagonalmatrix mit den beiden Einzelreglern dargestellt werden kann:
0 
 G (s)
.
G R (s) =  R1
G R 2 ( s ) 
 0
(8.52)
Nachteilig bei dieser Struktur ist die starke gegenseitige Wirkung der beiden Koppelstrecken. Viel effektiver ist dagegen die Entkopplungsregelung, bei der die Übertragungsmatrix auch die Entkopplungsregler GR12(s) und GR21(s) beinhaltet:
 G ( s ) G R12 ( s) 
 .
G R (s) =  R11
 G R 21 ( s ) G R 22 ( s ) 
(8.53)
Das Entkopplungsglied GR21(s) wird so eingestellt, dass die Wirkung des Kopplungsgliedes der Regelstrecke G21(s) aufgehoben wird (Bild 8.38).
w1
−
e1
+
w2
+
e2
−
GR1(s)
GR2(s)
y1R
y1
+
+
G11(s)
GR12(s)
G12(s)
GR21(s)
G21(s)
−
y2R
+
y2
G22(s)
x1
+
−
+
+
Bild 8.38 Regler in P-kanonsiche Form, Strecke in P-kanonsche Form
x2
268
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
Unter Annahme, dass in einem entkoppelten Regelkreis
yR1 ( s ) = y1 ( s )
(8.54)
gelten soll, wird die Wikrung des unteren Kreises vollständig kompensiert, wenn die
folgende Bedingung erfüllt wird, woraus die gesuchte GR21(s) resultiert:
GR 21 ( s)G22 ( s) = G21 ( s )

GR 21 ( s ) =
G21 ( s )
G22 ( s )
(8.55)
Dasselbe gilt for das Entkopplungsglied GR12. Durch die Entkopplung wird die Regelung wird verbessert (Bild 8.39), aber wegen Verletzung der Bedingung (8.54) ist die
Entkopplung nicht vollständig. Große D-Anteile, bedingt durch die großen Verzögerungszeitkonstanten der Strecke, führen zu Störungen.
G12 ( s ) 0,2
=
(2 s + 1)
G11 ( s) 0,2
G ( s) 0,1
GR 21 ( s) = 21
=
(3s + 1)
G22 ( s) 0,4
GR12 ( s ) =
Bild 8.39 Entkoppelter Regelkreis: der Regler und die Strecke in P-kanonischer Form
Wird nun der Regler in der V-kanonischen Form eingesetzt (Bild 8.40), wird die Bedingung (8.54) erfüllt und die vollständige Entkopplung wird erreicht (Bild 8.41).
Bild 8.40 Entkoppelter Regelkreis: der Regler in V- und die Strecke in P-kanonischer Form
8.7 Mehrgrößenregelung
269
Bild 8.41 Perfekte Entkopplung: der Regler in V- und die Strecke in P-kanonischer Form
Auch eine Strecke in V-kanonische Form wird mit einem Regler in P-kanonischer
Form vollständig entkoppelt (Bild 8.42). Die Entkopplungsbedingungen sind:
V21 ( s ) ⋅ x1 = G R21 ( s) ⋅ x1
V12 ( s ) ⋅ x 2 = G R12 ( s ) ⋅ x 2
w1
−
e1
+
w2
+
e2
−
mit Entkopplungsgliedern
G R21 ( s ) = V21 ( s )
G R12 ( s ) = V12 ( s ).
(8.56)
x1
y1
+
GR1(s)
+ −
+
GR12(s)
G12(s)
GR21(s)
G21(s)
+
GR2(s)
G11(s)
+
+
−
y2
+
G22(s)
x1
x2
x2
Bild 8.42 Perfekte Entkopplung: der Regler in P- und die Strecke in V-kanonischer Form
8.7.7 Bus-Konzept zur Darstellung der Mehrgrößenstrecken
Die klassische Darstellung in P- oder V-kanonischer Form lässt die Entkopplung nur
für Zweigrößenstrecken bzw. für n = 2 entwerfen und realisieren. Bei n > 2 ist der
klassische Wirkungsplan nicht mehr anschaulich, so dass dafür nur die Methoden der
270
8 Entwurf von linearen Regelkreisen
Matrizenrechnung bzw. Zustandsregelung möglich sind.
Das neue Bus-Konzept nach [141] lässt dagegen die Anzahl n der Variablen ohne
Verlust der Anschaulichkeit des Wirkungsplanes vergrößern, wie im Bild 8.43 an
einem Beispiel für n = 3 gezeigt ist. Die instabile dezentrale Regelung wird hier durch
die Entkopplungsglieder GR12, GR13 GR21, GR23, GR31, GR32 vollständig entkoppelt
und stabilisiert. Da die klassischen Additionsknoten der P-kanonischen Form durch
Busanschlüsse ersetzt werden, sind die Signalwege zwischen Bussen nachvollziehbar
und man kann leicht die Entkopplungswege finden. Auch die Simulation erfolgt viel
einfacher: man soll nur die Busanschlüsse passend konfigurieren. Mehr darüber, wie
auch über den neuen Entkopplungsfilter, kann man im Buch [141] nachlesen.
Bild 8.43 Perfekte Entkopplung: der Regler in V- und die Strecke in P-kanonischer Form
271
9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis
Die in den bisher behandelten Kapiteln ermittelten Gesetzmäßigkeiten gelten nur im
linearen Bereich. Die statischen Kennlinien der meisten Regelkreisglieder zeigen
jedoch einen nichtlinearen Verlauf, so dass streng genommen alle Systeme als nichtlinear behandelt werden müssten. Ist ein Regelkreis auf einen Sollwert xS1 eingestellt,
so sind die Abweichungen vom Sollwert i. A. gering, und der Regelkreis kann in diesem Bereich als linear angesehen werden. Wird der Regelkreis auf einen anderen
Sollwert xS2 eingestellt, so wird, wenn nichtlineare Glieder im Kreis sind, das Verhalten bezüglich Dämpfung, Optimaleinstellung usw. anders sein als beim Sollwert xSl.
Bild 9.1 zeigt die idealisierten Kennlinien einiger nichtlinearer Regelkreisglieder
gegenüber der linearen Kennlinie. Die Ein- und Ausgangsgrößen sind xe und xa.
xa
xe
a)
xa
xa
xa
xe
xe
b)
xa
c)
xe
d)
xa
xe
e)
xe
f)
Bild 9.1 Idealisierte Kennlinien typischer nichtlinearer Regelkreisglieder
a) linear
d) Hysterese
b) Begrenzung (Sättigung)
e) Zweipunktcharakter
c) Ansprechempfindlichkeit
f) Dreipunktcharakter
Die Sättigung ist eine Erscheinung, die bei allen Regelkreisgliedern auftritt. So kann
z. B. bei einem Verstärker mit dem Verstärkungsgrad KP die Ausgangsgröße nur
einen bestimmten Wert xa max annehmen; dem entspricht eine maximale Eingangsgröße
x
xe max = a max .
KP
(9.1)
Überschreitet die Eingangsgröße diesen Maximalwert, so kann die Ausgangsgröße
nicht weiter folgen, der Verstärker ist übersteuert.
Die Ansprechempfindlichkeit oder tote Zone tritt z. B. bei Messfühlern auf. Das heißt,
die Messgröße muss erst einen bestimmten Wert erreichen, bevor der Messfühler
anspricht und ein Signal abgibt. Vielfach ist diese Ansprechempfindlichkeit (oder der
Schwellenwert) so gering, dass die Kennlinie als linear angesehen werden kann.
Die Hysterese, wie sie z. B. bei der Stopfbuchsenreibung an Ventilen auftritt, kommt
dadurch zustande, dass sich die Fasern an der Oberfläche der Stopfbuchsenpackung
bei Richtungswechsel erst umkehren müssen. Ferner tritt Hysterese bei Relais auf, die
bei einem bestimmten Erregerstrom anziehen. Wird dann der Strom langsam reduziert, so fällt das Relais bei einem Strom ab, der geringer ist als der Einschaltstrom.
S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_9,
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2014
272
9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis
Das Zweipunktverhalten ist charakteristisch für die unstetigen Regler (Bimetallregler,
Relais usw.). Obwohl die Bimetallfeder eine kontinuierliche Bewegung ausführt, kann
die Ausgangsgröße nur die beiden Zustände Ein und Aus annehmen.
Eine Dreipunktcharakteristik wird meist durch Messwerkregler (Dreh- oder Kreuzspulmesswerk) mit oberem und unterem Grenzwert erzeugt. Auch hier ist die Bewegung des Messwerks kontinuierlich, während die Ausgangsgröße nur drei konkrete
Werte annehmen kann: RECHTS - EIN, AUS, LINKS - EIN.
Die Bilder 9.le) und f) zeigen idealisierte Kennlinien. Reale Zwei- und Dreipunktregler sind stets mit Hysterese behaftet.
B
Vielfach ist es vorteilhaft, die
gekrümmte Kennlinie eines nichtlinearen Gliedes durch einen idealisierten
Polygonzug anzunähern oder umgekehrt. Bild 9.2 zeigt die Magnetisierungskennlinie einer Erregerwicklung
und gestrichelt ihre Annäherung. Man
unterscheidet zwischen stetigen und
unstetigen Nichtlinearitäten.
H
Bild 9.2 Wahre und angenäherte Kennlinie
eines nichtlinearen Gliedes
Die Wirkung von Nichtlinearitäten wird nachfolgend an einem Beispiel gezeigt.
•
Beispiel 9.1
Gegeben sind die Übertragungsfunktionen von Strecke GS(s) und Regler GR(s):
GS ( s) =
KS
s 2T22
+ sT1 + 1
GR ( s ) = K PR +
mit KS = 0,5;
T1 = 5 s;
T22 = 4 s 2
K IR
mit KPR= 6,4; Tn= 2 s bzw. KIR= KPR / Tn = 3,2s-1
s
(9.2)
(9.3)
Der Regelkreis enthält folgende Nichtlinearitäten:
•
die Begrenzung (Sättigung) des Reglers nach dem Bild 9.1b mit dem maximalen Wert xB
•
die Ansprechempfindlichkeit (tote Zone) nach dem Bild 9.1c mit xt= ± 0,5.
Es soll die Regelgüte des Regelkreises mittels einer Simulation mit MATLAB/Simulink untersucht werden. Zuerst stellt man durch die Lösung der charakteristischen Gleichung
s 2T22 + sT1 + 1 = 0
(9.4)
fest, dass die gegebene Strecke zwei Polstellen s1 = −1 und s2 = −0,25 hat und somit mit zwei
P-T1-Gliedern simuliert werden kann:
GS ( s ) =
KS
2
T2 ( s − s1 )( s − s2 )
=
KS
K
1
= S ⋅
4( s + 1)( s + 0,25) 1 + s 1 + 4 s
(9.5)
Der Wirkungsplan des simulierten Regelkreises und die Sprungantworten nach dem Sollwertsprung w = 1 bei verschiedenen Positionen von Schaltern Manual Switch 1 und Manual Switch
2 sind in Bild 9.3 dargestellt. Die Regelgüte des linearen Kreises wird durch Nichtlinearitäten
verschlechtert: Im Regelkreis mit toter Zone entsteht eine bleibende Regeldifferenz e(∞) (Bild
9.1 Harmonische Balance
273
9.2, links); mit der Begrenzung steigt der Dämpfungsgrad, auch eine bleibende Regeldifferenz
ist möglich (Bild 9.2, rechts).
Manual Switch 1
PID
W=1
PID Controller
KpR=6.4
KI=3.2
KpS=0.5
T1=1s
0.5
T2 =4s
s+1
4s+1
Saturation xB
1
Scope 1
Dead Zone xt
Manual Switch 2
1.5
1.5
mit toter Zone
ohne Begrenzung
e
1
1
ohne tote Zone
mit Begrenzung x =2
B
e
mit Begrenzung x =1,5
B
0.5
0.5
0
0
5
10
15
20
25
0
0
5
10
15
20
25
Bild 9.3 Untersuchung eines nichtlinearen Regelkreises mit MATLAB/Simulink
Mit Simulationen kann leicht geprüft werden, ob ein optimal eingestellter Regler auch
mit Nichtlinearitäten befriedigend arbeitet, wie unten an einem Beispiel gezeigt wird.
•
Beispiel 9.2
Es soll die Stabilität des Regelkreises, bestehend aus dem PI-Regler nach Gl.(9.2) und der Regelstrecke nach Gl. (9.3) geprüft werden. Die Stellgröße des Reglers ist mit xB = 10 begrenzt.
Der Messfühler ist P-T1-Glied mit KM= 1 und T3= 2s; der Messfühler weist eine Nichtlinearität
vom Typ Ansprechempfindlichkeit (tote Zone) mit xt = 0,5 auf (Bild 9.4).
Zuerst wird die Stabilität des Regelkreises ohne Nichtlinearitäten nach dem HurwitzStabilitätskriterium geprüft. Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Regelkreises ist:
G0 ( s ) = GR ( s )GS ( s)GM ( s ) =
K PR KS K M (1 + sTn )
sTn (1 + s )(1 + 4 s)(1 + 2 s)
(9.6)
Aus der Übertragungsfunktion des geschlossenen Regelkreises mit KPR= 6,4 und Tn= 2 s
Gw ( s ) =
GR ( s)GS ( s )
3,2(1 + 2 s)
=
1 + G0 ( s)
2s (1 + s)(1 + 4s ) + 3,2
ergibt sich die charakteristische Gleichung
(9.7)
274
9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis
8s 3 + 5s 2 + 2 s + 3,2 = 0,
(9.8)
die laut dem Hurwitz-Stabilitätsbedingung auf einen instabilen Kreis hinweist. Dies bestätigt
auch die Simulation des linearen Regelkreises. Es ist anders beim nichtlinearen Regelkreis. Die
Stabilität des nichtlinearen Regelkreises hängt von der Größe des Sollwertsprunges ab, wie die
in Bild 9.4 gegebenen Sprungantworten nachweisen.
KpS=0.5
T1=1s
Saturation
xB=10
PID
W
PID Controller
KpR=6.4
KI=3.2
KD=0
T2 =4s
0.5
1
s+1
4s+1
Scope 1
Dead Zone xt =0,5
T3 =2s
1
2s+1
6
Die simulierten Sprungantworten des
obigen nichtlinearen Regelkreises bei
verschiedenen Größen des Sollwertsprunges w:
3
5
2
4
1
1. bei w = 1,5: ungedämpfte Schwingungen, der Kreis ist grenzstabil.
3
2. bei w = 2: gedämpfte Schwingungen, der Kreis ist stabil.
2
1
0
0
3. bei w > 2: keine Schwingungen, der
Kreis ist stabil.
10
20
30
40
50
Bild 9.4 Stabilitätsuntersuchung des nichtlinearen Kreises des Beispiels 9.2
Für eine begründete Wahl von Reglerparameter ist die Simulation nicht geeignet.
Entsprechend im Linearen sucht man auch bei nichtlinearen Systemen allgemeine
Stabilitätskriterien, die jedoch wegen Nichtlinearitäten von Differentialgleichungen
im Wesentlichen erschwert sind. Die im folgenden Abschnitt behandelte Methode der
Harmonischen Balance (oder Harmonische Linearisierung) ist ein Näherungsverfahren, das gestattet, mit verhältnismäßig geringem Arbeitsaufwand nichtlineare Regelkreise auf ihre Stabilität zu untersuchen.
Schwieriger zu handhaben sind exakte Methoden, wie
•
die Anwendung der Zustandsebene,
•
die Theorie von Ljapunow,
•
das Popow-Kriterium.
Die letzten zwei Methoden werden im vorliegenden Buch nicht behandelt. Die Stabilitätsuntersuchung von linearen und nichtlinearen Systemen mit der Zustandsebene ist
im Kapitel 13 anhand eines Beispiels erläutert.
9.1 Harmonische Balance
275
9.1 Harmonische Balance
Angeregt von der Frequenzganguntersuchung linearer Glieder, wurde für nichtlineare
Systeme die Beschreibungsfunktion entwickelt. Zur Erläuterung wird eine Nichtlinearität, ein Glied mit toter Zone (Bild 9.5), betrachtet.
Gibt man auf den Eingang des in Bild 9.5 dargestellten Gliedes eine Sinusschwingung
xe (t ) = xˆe ⋅ sin ω t , so hat die Ausgangsgröße den in Bild 9.6 gezeigten Kurvenverlauf.
Die Ausgangsgröße hat zwar gegenüber der Eingangsgröße die gleiche Frequenz und
Phasenlage aber keine Sinusform. Nach Fourier kann jede periodische Funktion in
eine Summe harmonischer Schwingungen zerlegt werden. Die Beschreibungsfunktion
berücksichtigt nun lediglich die Grundschwingung; die höher Harmonischen werden
vernachlässigt. Das Verhältnis der Grundschwingung am Ausgang zur Eingangsschwingung wird als die Beschreibungsfunktion definiert.
x (ω )
.
N ( xˆ e ) = a1
xe (ω )
xa
xe
xt
(9.9)
xa
Bild 9.5 Regelkreisglied mit toter Zone
(Ansprechempfindlichkeit)
xe
xt
xe
x^e
t
Bild 9.6 Ein- und Ausgangsgröße eines
Regelkreisgliedes mit toter Zone
xa
Grundwelle
Tt
2Tt
t
Die Beschreibungsfunktion N ist im Gegensatz zum Frequenzgang G(jω) keine Funktion von ω, sondern nur von der Amplitude der Eingangsgröße x̂ e abhängig, wie noch
gezeigt werden wird. Es soll nun noch untersucht werden, unter welchen Voraussetzungen die Vernachlässigung der höher Harmonischen bei der Beschreibungsfunktion
zulässig ist.
Bild 9.7 zeigt den Wirkungsplan eines Regelkreises, der ein nichtlineares Glied enthält. Die übrigen linearen Glieder sind in dem mit G bezeichneten Block zusammen-
276
9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis
gefasst. Erregt man nun den Eingang des nichtlinearen Gliedes mit einer Sinusschwingung, so erscheint am Ausgang ein Signal, welches man nach Fourier als
Grundschwingung und die höher Harmonischen auffassen kann.
G
−
Bild 9.7 Regelkreis bestehend aus linearen Gliedern G und einem nichtlinearen
Glied
Dieses Signal wird dem Eingang der linearen Glieder zugeführt. Da lineare Glieder
stets mit Verzögerungen behaftet sind, werden die höher Harmonischen stärker bedämpft als die Grundwelle. Infolgedessen wird am Ausgang der linearen Glieder eine
Funktion erscheinen, die nur wenig von der Grundwelle abweicht. Das Verfahren ist
um so exakter, je höher die Ordnung und damit die Filterwirkung der linearen Glieder
ist. Grundlage für die Gültigkeit der gemachten Voraussetzungen ist das Auftreten
einer Schwingung. Die Anwendung der Beschreibungsfunktion ist ein Näherungsverfahren, welches sich auf die Ermittlung der Stabilitätsbedingungen nichtlinearer Regelkreise beschränkt. Es lassen sich so mögliche Schwingungen, deren Frequenz und
Amplitude bestimmen. Hierzu wird das in Abschnitt 6.4 behandelte Zweiortskurvenverfahren angewandt. Indem einmal die negativ inverse Ortskurve der linearen Glieder und zum anderen die Ortskurve, bzw. die Schar von Ortskurven der Beschreibungsfunktion aufgetragen wird.
9.2 Ermittlung spezieller Beschreibungsfunktionen
Laut Definition der Beschreibungsfunktion wird die Ausgangsgröße durch die Grundschwingung der Fourier-Zerlegung dargestellt. Diese lautet:
xa1 (t ) = a1 ⋅ cos ω t + b1 ⋅ sin ω t
(9.10)
mit den Koeffizienten

xa (t ) ⋅ cos ω t ⋅ dt 


0

T

2
b1 =
xa (t ) ⋅ sin ω t ⋅ dt.
T

0
2
a1 =
T
T

(9.11)

Benutzt man als unabhängig Veränderliche nicht die Zeit t, sondern den Phasenwinkel
α = ω t, so wird
2π

xa (α ) ⋅ cos α ⋅ dα 
π

0

2π
1

b1 =
x a (α ) ⋅ sin α ⋅ dα .
π

0
a1 =
1


(9.12)
9.2 Ermittlung spezieller Beschreibungsfunktionen
277
Interpretieren wir die Eingangsschwingung xe (t ) = xˆe ⋅ sin ω t als rotierender Zeiger in
der Gaußschen Zahlenebene, so können wir schreiben
xe (ω t ) = xˆe ⋅ e jω t .
(9.13)
Entsprechend erhalten wir aus (9.10) für die Grundschwingung der Ausgangsgröße
xa1 (ω t ) = a1
π

j ω t + 
2

⋅e
+ b1 ⋅ e jω t
xa1 (ω t ) = (b1 + ja1 ) ⋅ e jω t .
(9.14)
Für die in Gl. (9.9) definierte Beschreibungsfunktion folgt dann
N ( xˆe ) =
xa1 (ω t ) b1 + ja1
.
=
xe (ω t )
xˆe
(9.15)
Wie bereits erwähnt, ist N ( xˆ e ) keine Funktion von ω, sondern nur von x̂ e abhängig.
9.2.1 Beschreibungsfunktion eines Gliedes mit Sättigung
Die statische Kennlinie hat den in Bild 9.8 gezeichneten Verlauf. Für xa < xB ist die
Ausgangsgröße gleich der Eingangsgröße. Übersteigt xe den Wert xB, so bleibt xa = xB
= konstant. Aus Bild 9.8 ist zu entnehmen:
x
x B = xˆ e ⋅ sin α1 , α1 = arcsin B .
xˆ e
(9.16)
Für eine ungerade Funktion, d. h. wenn xa(α) = −xa (− α), vereinfacht sich die Beziehung (9.12). Zur Ermittlung der Grundschwingung der Ausgangsgröße xa ist dann
a1 = 0,
b1 =
2
π
2π
 xa (α ) ⋅ sin α ⋅ dα
(9.17)
0
Im Bereich von 0 ≤ α ≤ π
 xˆ e ⋅ sin α für 0 ≤ α ≤ α1 


für α1 ≤ α ≤ α 2 
xa =  x B
 xˆ ⋅ sin α für α ≤ α ≤ π 
1
 e

(9.18)
Setzt man Gl. (9.18) in Gl. (9.17) ein, so folgt:
α2
π
α1

2 
2
b1 = ⋅ xˆ e ⋅ sin α ⋅ dα + x B ⋅ sin α ⋅ dα + xˆ e ⋅ sin 2 α ⋅ dα 

π 
α1
α2
 0




278
9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis
xa
xa
45°
xB
xB
xe
xB
α
2π
xe
0
α1
α3 α4
0 α1 α2
∧
xe
α2
2π
Bild 9.8 Kennlinie
Bild 9.8eines Regelkreisgliedes
mit Sättigung und Konstruktion der Ausgangsgröße
α3
α4
α
b1 =
α2
 α1

2 
⋅ 2 ⋅ xˆ e ⋅ sin 2 α ⋅ dα + x B ⋅ sin α ⋅ dα 

π 
α1
 0

b1 =
α1
α2 
2 

⋅ xˆ e ⋅ (1 − cos 2α ) dα − x B ⋅ cos α

π 
α
1
0


b1 =
2 
1

⋅  xˆ e (α1 − sin 2α1 ) − x B (cos α 2 − cos α1 ) .
π 
2




Mit cos α1 = − cos α 2 folgt
b1 =


x
xˆ e ⋅ α1 − sin α1 ⋅ cos α1 + 2 B ⋅ cos α1  .
xˆ e
π


2
Ferner ist mit Gl. (9.16)
b1 =
2
π
xB
= sin α1 . Damit folgt
xˆ e
xˆ e ⋅ [α1 + sin α1 ⋅ cos α1 ] .
Die Beschreibungsfunktion folgt aus Gl. (9.15)
x (α ) b1 ⋅ sin a
,
N ( xˆ e ) = a1
=
xe (α ) xˆ e ⋅ sin a
9.2 Ermittlung spezieller Beschreibungsfunktionen
N ( xˆe ) =
2
π
279
⋅ [α1 + sin α1 ⋅ cosα1 ] ,
x
mit α1 = arcsin B . Für xˆ e < x B verhält sich das Glied linear. Für xˆ e ≥ x B bzw.
xˆ e
ˆxe / x B ≥ 1 ergeben sich die nachfolgende Tabellenwerte und die in Bild 9.9 gezeichnete Ortskurve der Beschreibungsfunktion. Diese besitzt im vorliegenden Fall nur
einen positiven Realteil, der sich von 0 ...1 erstreckt. Bild 9.10 zeigt die Abhängigkeit
der Beschreibungsfunktion von x B / xˆ e .
xˆ e
xB
sin α1
cos α1
α1
N
2 /π
N
1
2
3
5
10
∞
1
0,5
0,333
0,2
0,1
0
0
0,866
0,942
0,980
0,995
1
1,57
0,523
0,34
0,2
0,1
0
1,57
0,956
0,654
0,396
0,199
0
1
0,608
0,416
0,252
0,127
0
Im
0,4
0,2
∞
−0,2
−0,4
N 1,0
0,8
0,6
0,4
0,2
0
5
x^e
xB
3 2
1
0,2 0,4 0,6
Re
0,8 1,0 1,2
Bild 9.9 Ortskurve der Beschreibungsfunktion N eines Gliedes mit Sättigung
x 
0
0,2
0,4 0,6
0,8 1,0
xB
x^
Bild 9.10 Zusammenhang N = f  B 
 xˆe 
e
9.2.2 Beschreibungsfunktion eines Gliedes mit toter Zone
Bild 9.11 zeigt die statische Kennlinie eines Gliedes mit toter Zone xt. Nach Überschreiten der toten Zone wird am Ausgang das Eingangssignal getreu wiedergegeben.
Die Ausgangsgröße des Gliedes mit toter Zone ist ebenfalls eine ungerade Funktion,
da xa(α) = − xa(−α). Damit vereinfacht sich die Beziehung (9.12) zur Berechnung der
Grundschwingung der Ausgangsgröße entsprechend Gl. (9.17):
a1 = 0,
b1 =
2
π
2π
 xa (α ) ⋅ sin α ⋅ dα .
0
(9.19)
280
9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis
xa
xa
α
45°
xt
xt
xe
α1
α2 α3
2π
α4
xe
α1
∧
xe
2π
α2
Bild 9.11
Bild 9.11 Kennlinie eines Regelkreisgliedes
mit toter Zone und Konstruktion der Ausgangsgröße
α3
α4
α
Für 0 ≤ α ≤ π ist
0

xa =  xˆ e ⋅ sin α − x t
0

für 0 ≤ α ≤ α1 

für α1 ≤ α ≤ α 2  .
für α 2 ≤ α ≤ π 
(9.20)
Gl. (9.20) in Gl. (9.19) eingesetzt ergibt:
b1 =
2
π
α2
⋅
 ( xˆ e ⋅ sin α − x t ) ⋅ sin α ⋅ dα ,
α1
π /2
π / 2

4 
2
ˆ
b1 = ⋅
xe ⋅ sin α ⋅ dα − x t ⋅ sin α ⋅ dα ,

π 
α1
 α1



b1 =
π /2

π /2
4  xˆ e
,
⋅
⋅ (1 − cos 2α ) ⋅ dα + x t ⋅ cos α

π 2
α
1 
α1


b1 =
π /2 
1  π
1
−
⋅ xˆ e   − α1 − ⋅ sin 2α

π
2
2  2
α1 
 

4

xt
cos α1 ,
xˆ e


9.2 Ermittlung spezieller Beschreibungsfunktionen
b1 =
281
π α

x
1
⋅ xˆ e  − 1 + ⋅ sin 2α1 − t cos α1  .
ˆ
xe
π
2 4
4

4
Aus Bild 9.11 ist zu entnehmen:
xe (t ) = xˆe ⋅ sin ω t ,
xt
= sin α1 ; bzw. α1 = arcsin
xˆ e
xt
.
xˆ e
(9.21)
Ferner ist sin 2α1 = 2 sin α1 ⋅ cos α1 . Damit wird
b1 =
1
π α

⋅ xˆ e  − 1 + ⋅ sin α1 ⋅ cos α1 − sin α1 ⋅ cos α1 ,
π
2 2
4

4
2
 2α

b1 = xˆ e 1 − 1 − ⋅ sin α1 ⋅ cos α1 .
π
π


Die Beschreibungsfunktion folgt aus Gl. (9.15)
x (α ) b1 ⋅ sin a
=
N ( xˆ e ) = a1
xe (α ) xˆ e ⋅ sin a
N ( xˆ e ) = 1 −
2
π
⋅ [α1 + sin α1 ⋅ cos α1 ] .
Für verschiedene Werte von xˆ e / x t und der Beziehung (9.21) erhält man nachfolgende Tabelle. Die N-Werte der Tabelle ergeben sich in noch einfacherer Weise, indem
die in Abschnitt 9.2.1 gefundenen N-Werte (Sättigung) von 1 subtrahiert werden. Die
Ortskurve der Beschreibungsfunktion ist in Bild 9.12 dargestellt und erstreckt sich auf
den positiven Realteil zwischen 0 ... 1. Bild 9.13 zeigt die Funktion N = f( xˆ e / x t ).
Im
1
0,4
0,2
−0,2
−0,4
x^e
xt
2
3
0,2 0,4 0,6
5 10 ∞
0,8 1,0 1,2
N
Re
Bild 9.12 Ortskurve der Beschreibungsfunktion eines Gliedes mit toter Zone xt
xˆ e
xt
sin α1
cos α1
α1
[...]
N
1
2
3
5
10
∞
1
0,5
0,333
0,2
0,1
0
0
0,866
0,942
0,980
0,995
1
1,57
0,523
0,34
0,2
0,1
0
1,57
0,956
0,654
0,396
0,199
0
1
0,392
0,584
0,748
0,873
1
282
9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis
N 1,0
0,8
0,6
0,4
0,2
0
x 
0
0,2 0,4 0,6
Bild 9.13 Zusammenhang N = f  t 
 xˆ e 
xt
x^
0,8 1,0
e
9.2.3 Beschreibungsfunktion eines Gliedes mit Hysterese
Bei einem System mit Reibung oder Hysterese muss die Eingangsgröße erst die Ansprechempfindlichkeit xt überschreiten bis am Ausgang ein Signal erscheint. Die Ausgangsgröße bleibt dann bis zum Umkehrpunkt stets um xt kleiner als xe. Im Umkehrpunkt ändert sich die Polarität von xe und die Ausgangsgröße bleibt solange konstant
bis xe in der entgegengesetzten Richtung die Ansprechempfindlichkeit überschreitet.
Bild 9.14 zeigt die Konstruktion der Ausgangsgröße an der Hysteresekennlinie im
eingeschwungenen Zustand.
Die Berechnung der Grundschwingung der Ausgangsgröße erfolgt nach der Beziehung (9.12). Allerdings ist die Hysteresekennlinie mehrdeutig, so dass a1 und b1 ermittelt werden müssen. Die Berechnung wird einfacher, wenn man als Integrationsbereich nicht 0 ≤ α ≤ 2π, sondern −α1 ≤ α ≤ (2π− α1) wählt. In diesem Bereich ist:

 xˆ e ⋅ sin α − x t


xˆ e − x t

xa = 
 xˆ e ⋅ sin α + x t


 − xˆ e + x t
für
für
für
für
π


2

π
≤ α ≤ π − α1 

2
.
3π 

π − α1 ≤ α ≤
2 
3π

≤ α ≤ 2π − α1 
2

− α1 ≤ α ≤
(9.22)
Ferner sind die Funktionen xa (α ) ⋅ cos α sowie xa (α ) ⋅ sin α in den Bereichen
− α1 ≤ α ≤ (π − α1 ) und (π − α1 ) ≤ α ≤ (2π − α1 ) gleich, so dass die Integration auf
einen der beiden Bereiche beschränkt werden kann. Daraus folgt
a1 =
2
π
π −α1
⋅

xa (α ) ⋅ cos α ⋅ dα und b1 =
−α1
2
π
π −α1
 xa (α ) ⋅ sin α ⋅ dα
⋅
−α1
Zunächst wird al berechnet. Mit der Beziehung (9.22) folgt:
π −α1
π / 2

2 
a1 = ⋅
( xˆ e ⋅ sin α − x t ) ⋅ cos α ⋅ dα +
( xˆ e − x t ) ⋅ cos α ⋅ dα  ,

π 
π /2
 −α1



(9.23)
9.2 Ermittlung spezieller Beschreibungsfunktionen
2xt
xa
xa
xt
xt
45°
xe
xe α1
2π
π
2
π
α1
283
3π
2
α
0
π
2
∧
xe
Bild 9.14 Hysteresekennlinie und Konstruktion
der Ausgangsgröße im eingeschwungenen Zustand
Bild 9.14
π
3
π
2
α
2π
π
π
π −α1 

2  xˆ e

2
2
2
a1 = ⋅  sin α
,
− x t ⋅ sin α
+ ( xˆ e ⋅ − x t ) ⋅ sin α
π 
π
2


−α1
−α1
2 

a1 =
2  xˆ e

⋅  ⋅ (1 − sin 2 α1 ) − x t ⋅ (1 + sin α1 ) + ( xˆ e − x t )(sin α1 − 1) ,
π 2

a1 =
1

x
⋅ xˆ e  ⋅ cos 2 α1 − 2 ⋅ t ⋅ sin α1 + (sin α1 − 1) .
xˆ e
π
2

2
(9.24)
Aus Bild 9.14 entnimmt man für den Winkel α1 folgende Beziehung:
xˆ e − 2 x t = xˆ e ⋅ sin α1 ,
x
sin α1 = 1 − 2 t .
xˆ e
(9.25)
Gl. (9.25) in Gl. (9.24) eingesetzt, ergibt:
a1 =
1

⋅ xˆ e  ⋅ cos 2 α1 + (sin α1 − 1) ⋅ sin α1 + sin α1 − 1 ,
π
2

2
xˆ
a1 = − e ⋅ cos 2 α1 .
π
Entsprechend folgt für bl:
(9.26)
284
9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis
b1 =
π −α1

π / 2
2 
( xˆ e ⋅ sin α − x t ) ⋅ sin α ⋅ dα +
( xˆ e − x t ) ⋅ sin α ⋅ dα  ,
⋅

π 
π /2

 −α1
b1 =
π /2
π −α1 
xˆ
2  xˆ e

,
sin 2α + e α + x t ⋅ cos α 
⋅  −
− ( xˆ e − x t ) ⋅ cos α
π  4
2


α
−
π
/
2
1


b1 =
 1

x
π α
⋅ xˆ e ⋅  − ⋅ sin 2α1 + + 1 − t ⋅ cos α1 + 1 −
π
4
2 xˆ e

 4
b1 =
 1

x
π α
⋅ xˆ e ⋅  − sin α1 ⋅ cos α1 + + 1 − 2 t ⋅ cos α1 + cos α1  .
ˆ
π
4
2
xe
 2



2
xt
xˆ e


 ⋅ cos α1  ,


2
Unter Verwendung der Beziehung (9.25) folgt:
b1 =
2
π
π α
 1

⋅ xˆ e ⋅  − sin α1 ⋅ cos α1 + + 1 + (sin α1 − 1) cos α1 + cos α1  ,
2
4
2


xˆ  π

b1 = e ⋅  + α1 + sin α1 ⋅ cos α1  .
π 2

(9.27)
Mit Gl. (9.26) und Gl. (9.27) in Gl. (9.15) erhält man die Beschreibungsfunktion
N ( xˆ e ) =

1  π

2
 + α1 + sin α1 ⋅ cos α1  − j ⋅ cos α1  , mit
π  2



α1 = arcsin1 − 2

xt
xˆ e

 , siehe Gl. (9.25).

In nachstehender Tabelle sind die Real- und Imaginärteile von N für verschiedene
x t / xˆ e -Werte ermittelt.
x t / xˆ e
sin α1
cos α1
α1
Re(N)
Im(N)
0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
1,0
1
0,8
0,6
0,4
0,2
0
−0,2
−0,4
−0,6
−1
0
0,6
0,8
0,916
0,98
1
0,98
0,916
0,8
0
1,57
0,93
0,64
0,41
0,2
0
−0,2
−0,41
−0,64
−1,57
1
0,95
0,857
0,748
0,625
0,5
0,37
0,25
0,143
0
0
−0,115
−0,204
−0,267
−0,305
−0,318
−0,305
−0,267
−0,204
0
9.2 Ermittlung spezieller Beschreibungsfunktionen
285
Wie die Ortskurve der Beschreibungsfunktion zeigt, wächst die Phasenverschiebung
mit zunehmendem Verhältnis x t / xˆ e ; für x t = x̂e wird schließlich die Ausgangsgröße
Null, unabhängig von der Eingangsgröße (Bild 9.15).
Im
0,2
-0,2
-0,2
0,2
0,4
0,6 0,8
1,0
0
0,1
0,8
-0,4
0,7
0,6 0,5 0,4
0,3
0,2
Re
Bild 9.15 Ortskurve der Beschreibungsfunktion eines Gliedes mit Hysterese
xt
x̂e
9.2.4 Beschreibungsfunktion eines Dreipunktreglers ohne Hysterese
Für die Behandlung von Regelkreisen mit unstetigen Reglern ist die Beschreibungsfunktion des Dreipunktreglers sehr wichtig, da hieraus durch Nullsetzen von xt die
Beschreibungsfunktion des Zweipunktreglers folgt. Bild 9.16 zeigt die Charakteristik
und den Verlauf der Ausgangsgröße bei sinusförmigem Eingang.
Die Grundschwingung der Ausgangsgröße erhält man auf einfache Weise aus Gl.
(9.12). Die Funktion der Ausgangsgröße ist ungerade, da xa(α) = −xa(− α). Damit
ergibt sich für Gl. (9.12) folgende Vereinfachung:
a1 = 0,
b1 =
2
π
π

⋅ xa ⋅ sin α ⋅ dα
(9.28)
0
mit
0 ≤ α ≤ α1


α1 ≤ α ≤ (π − α1 ) 
für (π − α1 ) ≤ α ≤ π 
0

xa =  x B
0

für
für
(9.29)
Gl. (9.29) in Gl. (9.28) eingesetzt, ergibt:
b1 =
b1 =
4
π
4
π
π /2
⋅

x B ⋅ sin α ⋅ dα =
−α1
4
π
π
⋅ x B ( − cos α ) 2 .
⋅ x B ⋅ cos α1 .
Aus Bild 9.16 folgt für α1 die Beziehung:
x
xˆ e ⋅ sin α1 = x t ; α1 = arcsin t .
xˆ e
In Gl. (9.30) eingesetzt, führt zu:
−α1
(9.30)
286
9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis
xa
xa
xt
xB
xB
π
α1
xe
xt
2π
α
xe
α1
Bild 9.16
∧
xe
π
Bild 9.16 Kennlinie und Konstruktion der
Ausgangsgröße eines Dreipunktreglers
ohne Hysterese
α
2π
b1 =
4
π
⋅ x B ⋅ 1 − sin 2 α1 ,
x
b1 = ⋅ x B ⋅ 1 −  t
π
 xˆ e
4
2

 .

bl in die Beziehung (9.15) eingesetzt, liefert die Beschreibungsfunktion.
N ( xˆ e ) =
x
4 xB
1 −  t
⋅
π xˆ e
 xˆ e
2

 .

(9.31)
Zur Auswertung der Gl. (9.31) wird das Verhältnis k = xB / xt bzw. xB = k⋅xt eingeführt. Somit wird:
N ( xˆ e ) =
x
⋅k ⋅ t
π
xˆ e
4
x
1 −  t
 xˆ e
2

 .

(9.32)
Nachstehende Tabelle enthält die N-Werte für k = 1. Für andere k-Werte sind die NWerte mit dem jeweiligen k zu multiplizieren. Mit k = xB / xt als Parameter ist in Bild
 xˆ 
9.17 die Funktion N ( xˆ e ) = f  e  wiedergegeben.
 xt 
9.3 Stabilitätsuntersuchungen an nichtlinearen Regelkreisen
xˆ e
xt
xt
x̂ e
1
2
1
0,707
0
0,707
0
0,637
2
3
4
6
8
10
20
∞
0,500
0,333
0,250
0,167
0,125
0,100
0,050
0
0,866
0,943
0,968
0,986
0,992
0,995
0,999
1
0,552
0,400
0,308
0,208
0,158
0,127
0,064
0
...
N
287
3
N
2
k=4
1
3
2
1
0
0
1
2
2
3
xˆe 4
xt
 xˆ 
x
Bild 9.17 N ( xˆ e ) = f  e  mit k = B
 xt 
xt
als Parameter für einen Dreipunktregler
Wie man durch eine Maximalwertberechnung leicht nachprüfen kann, wird N für
xˆ e / x t = 2 ein Maximum mit
N max =
2
π
k=
2 xB
.
⋅
xt
π
Bild 9.18 zeigt die Ortskurve von N, sie ist eine Doppellinie, die für xˆ e / x t = 1 bei
Null beginnt und erstreckt sich mit zunehmendem xˆ e / x t auf die positiv reelle Achse
bis zum Maximalwert bei xˆ e / x t = 2 . Für Werte xˆ e / x t > 2 wandert die Ortskurve wieder zum Nullpunkt zurück, den sie für xˆ e / x t = ∞ erreicht.
Im
1
x^e
xt
−1
1
1,1 1,2
∞ 20 8 6 4 3
2
x^e
xt
2
Re
Bild 9.18 Ortskurve der Beschreibungsfunktion eines Dreipunktreglers mit
x
k = B =4
xt
−1
9.3 Stabilitätsuntersuchungen an nichtlinearen Regelkreisen
Die Beschreibungsfunktion in Verbindung mit dem Zweiortskurvenverfahren ist zur
Stabilitätsuntersuchung von Regelkreisen, die Nichtlinearitäten enthalten, besonders
geeignet.
288
9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis
Wie in Bild 9.19 gezeigt, werden die linearen Glieder in der Übertragungsfunktion
G(s) bzw. dem Frequenzgang G( jω) zusammengefasst. Zur Beschreibung des nichtlinearen Gliedes dient die Beschreibungsfunktion N ( xˆ e ) . Das Verfahren der Harmonischen Balance betrachtet den geschlossenen Regelkreis an der Stabilitätsgrenze, d. h.
es existiert eine stabile Dauerschwingung. Für die Ausgangsgröße des linearen Teils
in Bild 9.19 gilt
xe ( jω ) = G ( jω ) ⋅ e( jω ) .
(9.33)
Diese wirkt auf den Eingang der Nichtlinearität mit der Beschreibungsfunktion
N ( xˆ e ) und erzeugt am Ausgang die Grundschwingung
xa1 ( jω ) = N ( xˆ e ) ⋅ xe ( jω ) .
e(jω)
G( jω)
xe(jω)
∧
(9.34)
xa1(jω)
N(xe )
−
Bild 9.19 Nichtlinearer Regelkreis im
Zustand der Harmonischen Balance
Setzen wir Gl. (9.34) in Gl. (9.33) ein, so folgt unter Berücksichtigung, dass
e( jω ) = − xa1 ( jω )
G ( jω ) ⋅ N ( xˆ e ) + 1 = 0 .
(9.35)
Dies ist die charakteristische Gleichung des nichtlinearen Regelkreises und wird auch
als Gleichung der Harmonischen Balance bezeichnet.
Zur Anwendung des in Abschnitt 6.4 behandelten Zweiortskurvenverfahrens bringen
wir Gl. (9.35) in die Form
N ( xˆ e ) = −
1
.
G ( jω )
(9.36)
(9.36) ist eine komplexe Gleichung, deren Real- und Imaginärteile gleich sein müssen.
Daraus ergeben sich zwei Gleichungen zur Ermittlung der Amplitude x̂ e und der
Kreisfrequenz ω der Dauerschwingung.
Zur graphischen Auswertung wird, in Analogie zu linearen Regelkreisen, einmal die
Ortskurve der Nichtlinearität und zum anderen die negativ inverse Ortskurve der linearen Glieder in einem gemeinsamen Diagramm dargestellt.
9.3.1 Dreipunktregler mit nachgeschaltetem Stellmotor zur Druckregelung
Das Schema einer Druckregelung mittels Dreipunktregler ist in Bild 9.20 dargestellt.
Der vom Messfühler gemessene Druck p wird in einem Messumformer in eine proportionale Spannung ux umgeformt:
u (s)
1V
.
G MU ( s ) = x
= K1 =
1 bar
p( s)
9.3 Stabilitätsuntersuchungen an nichtlinearen Regelkreisen
289
Die Regeldifferenz
e = us − u x
wird dem Dreipunktregler mit nachgeschalteten Leistungsrelais zugeführt. Bezeichnet man
e als Eingangsgröße und die geschaltete Motorspannung als Ausgangsgröße, so hat der
Dreipunktregler die in Bild 9.21 gezeigte Kennlinie.
Regelstrecke
G
p
u
M
ux
xt
xB
220 V
e
us
xt
Bild 9.20 Druckregelstrecke mit Dreipunktregler
Die
Ansprechempfindlichkeit
beträgt
xt = 0,1 V; die am Ausgang geschaltete Spannung xB = 220 V. Der nachgeschaltete Zweiphasen-Kondensatormotor hat folgende Übertragungsfunktion
xa
xt
xe
xt = 0,1 V
1
,
GM (s) = K 2
s (1 + sT2 )
mit K 2 =
50 U/s
und T2 = 0,5 s .
220 V
xB = 220 V
Bild 9.21 Kennlinie des
Dreipunktreglers
Die Motorwelle treibt über ein Getriebe die Ventilspindel mit einem Vorschub von
0,04 mm pro Umdrehung der Motorwelle.
GG ( s ) = K 3 = 0,04
mm
.
U
Die Übertragungsfunktion der Strecke lautet
GS ( s ) =
p(s)
bar
1
, mit K S = 0,1
und TS = 2 s .
= KS
y ( s)
1 + sTS
mm
290
9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis
In Bild 9.22 ist der Regelkreis nochmals im Wirkungsplan dargestellt. Die Zusammenfassung der linearen Glieder ergibt die resultierende Übertragungsfunktion
G ( s ) = G M ( s ) ⋅ GG ( s ) ⋅ GS ( s ) ⋅ G MU ( s)
(9.37)
bzw. den Frequenzgang
G ( jω ) =
K1K 2 K 3 KS
jω (1 + jω T2 )(1 + jω TS )
(9.38)
und den negativ inversen Frequenzgang
−
1
1
=−
[−ω 2 (T2 + TS ) + jω (1 − ω 2T2TS )].
G ( jω )
K1K 2 K 3 KS
GS
z
+
−
GG
(9.39)
x=p
N
GM
ux GMU
e
−
Bild 9.22 Wirkungsplan
des in Bild 9.20 gezeichneten Regelkreises
+
uS
Die Beschreibungsfunktion des Dreipunktreglers ist nach Gl. (9.32)
x
N ( xˆ e ) = ⋅ k ⋅ t
π
xˆ e
4
x
1 −  t
 xˆ e



2
(9.40)
mit
x
220 V
k= B =
= 2200.
xt
0,1 V
Zur Konstruktion der Ortskurve von N ( xˆ e ) werden die in Abschnitt 9.2.4 für k = 1
aufgestellten Tabellenwerte mit k = 2200 multipliziert.
N ( xˆ e ) max =
2
π
k = 1400.
Da sich die Ortskurve von N ( xˆe ) nur auf die positiv reelle Achse erstreckt, genügt es,
den Schnittpunkt der Ortskurve von − 1/G( jω) mit der positiv reellen Achse zu ermitteln. Im Schnittpunkt der beiden Ortskurven müssen die folgenden Bedingungen erfüllt sein:

1 
Im  −
 = Im[ N ( xˆ e )] und
 G ( jω ) 
(9.41)
9.3 Stabilitätsuntersuchungen an nichtlinearen Regelkreisen

1 
Re  −
 = Re[ N ( xˆ e )] .
 G ( jω ) 
291
(9.42)
Mit Gl. (9.39) folgt aus Gl. (9.41)
ωd =
1
T2TS
= 1 s −1 .
Für ω = ω d wird
T + TS

1 
1
Re  −
⋅ 2
= 2750 .
=
 G ( jω )  K1 K 2 K 3 K S T2TS
Das heißt, die beiden Ortskurven von N ( xˆ e ) und − 1/G( jω) schneiden sich nicht, da
der Schnittpunkt von − 1/G( jω) mit der positiv reellen Achse außerhalb von Nmax
liegt. Somit ist der Regelkreis unbegrenzt stabil.
Es soll nun noch der Fall untersucht werden, wenn die Ansprechempfindlichkeit von
xt = 0,1 V auf xt = 0,04 V reduziert wird.
Dadurch folgt:
k=
xB 220 V
2
=
= 5500 und N ( xˆe ) max = k = 3501.
π
xt 0,04 V
Nun wird die Ortskurve der Beschreibungsfunktion von − 1/G( jω) geschnitten, und
zwar treten zwei Schnittpunkte auf bei
xˆ e
= 1,11 (Schnittpunkt 1)
xt
und
xˆe
= 2,29 (Schnittpunkt 2)
xt
Hiervon ist der Schnittpunkt 1 labil.
Durch eine geringe Störung wird der Regelvorgang in den stabilen Schnittpunkt 2
−1
umspringen und eine Dauerschwingung mit ω = 1 s ausführen. Die Labilität des
Schnittpunktes 1 kann man sich an Bild 9.17 klar machen.
Für xˆ e / x t < 2 hat N = f ( xˆ e / x t ) eine positive Steigung, d. h. bei Vergrößerung
der Eingangsamplitude x̂ e wird N ( xˆ e ) also gewissermaßen der Verstärkungsgrad
des Reglers größer. Befindet sich der Regelkreis im Schnittpunkt 1 und tritt eine Störung auf, die zu einer geringfügigen Vergrößerung von x̂ e führt, so wird infolge der
zunehmenden Verstärkung des Reglers aus der Dauerschwingung eine aufklingende
292
9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis
Schwingung. Diese wächst an bis für xˆ e / x t > 2 der stabile Schnittpunkt 2 erreicht
wird. Bild 9.23 zeigt die graphische Darstellung nach dem Zweiortskurvenverfahren.
IM
−
1000
N ′( xˆe )
N ( xˆe )
−1000
xˆe
= 1,1
xt
1
G ( jω )
RE
1,0
−1000
4000
xˆe
= 2,3
xt
0,75
0,5
−1
ω/s
5000
Bild 9.23
Graphische
Stabilitätsuntersuchung
Die Amplitude der Regelgröße x = p ergibt sich aus:
u ( s ) xe ( s )
G MU ( s) = x
=
= K1 bzw.
p(s)
p(s)
xˆ e
= K1 .
pˆ
Im Schnittpunkt 2 ist xˆ e = 2,29 ⋅ x t . Damit folgt
pˆ =
1
⋅ 2,29 ⋅ x t = 0,092 bar .
K1
9.3.2 Untersuchung eines Regelkreises mit Ansprechempfindlichkeit
GR
w
+
−
z
+
yR
GS
x
+
N
Bild 9.24 Wirkungsplan eines Regelkreises mit
Ansprechempfindlichkeit des Messfühlers
In Bild 9.24 ist ein Regelkreis gezeichnet, dessen Messfühler eine
Ansprechempfindlichkeit aufweist.
Die Übertragungsfunktionen von
Regler und Strecke lauten:
1
GR ( s) =
sTI
KS
GS ( s ) =
2 2
s T2 + sT1 + 1
TI = 0,2 s;
KS = 0,5;
T1 = 5 s;
T22 = 4 s 2 .
Die Beschreibungsfunktion der Nichtlinearität ist gemäß Abschnitt 9.2.2
9.3 Stabilitätsuntersuchungen an nichtlinearen Regelkreisen
N ( xˆ e ) = 1 −
2
π
(α1 + sin α1 ⋅ cos α1 ),
293
(9.43)
mit
α1 = arcsin
xt
.
xˆ e
Die Zusammenfassung der linearen Glieder ergibt
G ( s ) = G R ( s )GS ( s) =
KS
sTI ( s 2T22
+ sT1 + 1)
bzw. den negativ inversen Frequenzgang
−
1
1
=−
[−ω 2TIT1 + jωTI (1 − ω 2T22 )] .
G ( jω )
KS
(9.44)
Da die Beschreibungsfunktion (Gl. (9.43)) reell ist, verläuft die Ortskurve von N ( xˆ e )
auf der positiv reellen Achse. Es genügt demnach die Berechnung des Schnittpunktes
der Ortskurve von − 1/G( jω) mit der positiv reellen Achse. Im Schnittpunkt ist.

1 
Im  −
 = 0 und es folgt aus Gl. (9.44)
G
jω ) 
(

ωd =
1
= 0,5 s -1 .
T2
Der zugehörige Realteil errechnet sich aus Gl. (9.44) für ω d zu

 TI T1
1
Re  −
= 0,5.
=
2
 G ( jω d )  K ST2
Wie Bild 9.25 zeigt, schneidet die Ortskurve 1 von −1/G( jω) die Beschreibungsfunktion N ( xˆ e ) . Die sich in diesem Schnittpunkt einstellende Dauerschwingung ist labil,
da gemäß Bild 9.13 N ( xˆ e ) mit zunehmendem x̂ e anwächst, mit abnehmendem
x̂ e abnimmt. N ( xˆ e ) kann als Verstärkungsgrad der Nichtlinearität interpretiert werden. Eine geringe Erniedrigung der Schwingamplitude führt zu abklingenden, eine
Erhöhung zu aufklingenden Schwingungen.
Man spricht deshalb von einer "Stabilität im Kleinen". Bei zunächst stabilem Regelverhalten kann der Kreis durch auftretende Störungen instabil werden, ein höchst
unerwünschtes Verhalten.
Aus Bild 9.25 ist ersichtlich, wie groß der Regelparameter TI gemacht werden muss,
damit unbegrenzte Stabilität herrscht. Die Ortskurve 1 von − 1 /G( jω) schneidet die
294
9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis
1
IM
1
−
G ( jω )
0,5
1
2
xˆe
xt
0,4 0,5
2
−1
ω
/s
1
−
G ( jω )
RE
5 10 ∞
N ( xˆe ) 1
0,2
s−
1
ω/
1,5
2
0,4
−0,5
Bild 9.25 Stabilitätsuntersuchung eines Regelkreises mit Ansprechempfindlichkeit
Kurve 1 für TI = 0,2 s , Kurve 2 für TI = 0,6 s.
positiv reelle Achse für
ω = ω d = 1 / T2 .
Diese Frequenz ist unabhängig von TI. Für
Re[ −1 / G ( jω d )] > 1
gibt es keinen Schnittpunkt der Ortskurven von − 1/G( jω) und N ( xˆ e ) .
Daraus folgt:

 TI T1
1
Re  −
> 1.
=
2
 G ( jω d )  K ST2
T2
TI > K S 2 = 0,4 s.
T1
In Bild 9.25 ist für TI = 0,6 s > 0,4 s die Ortskurve 2 von −1/G( jω) gestrichelt eingezeichnet. Dieser Regelkreis ist unbegrenzt stabil, es treten keine Dauerschwingungen
auf.
X Aufgabe 9.1
Wie ist das Stabilitätsverhalten des zuvor behandelten Regelkreises, wenn xt = 0 und
a) TI < 0,4 s,
b) TI > 0,4 s?
295
10 Unstetige Regelung
Bei einem stetigen Regler hat die statische Kennlinie yR = f(e) den in Bild 10.1 gezeigten Verlauf.
Verändert man die Eingangsgröße e kontinuieryR
lich von emin bis emax, so ändert sich die Stellgröße
ebenso kontinuierlich über den gesamten
yRmax
Stellbereich
Yh. Betrachtet man demgegenüber
emin
die Kennlinie des einfachsten unstetigen Rege
emax
lers (Zweipunktregler, Bild 10.2), so kann die
Stellgröße nur zwei diskrete Zustände annehmen yR = 0 und yR = yRmax .
Bild 10.1
Statische Kennlinie yR = f(e) eines stetigen Reglers
yR
yRmax
0
Bild 10.2
e
Die gerätetechnische Verwirklichung von unstetigen Reglern in Form von Relais, Bimetallschaltern, Kontaktthermometern usw. ist denkbar einfach und preiswert. Wie beim stetigen
Regler wird dem Zweipunktregler die Regeldifferenz zugeführt.
Statische Kennlinie eines Zweipunktreglers ohne Hysterese
Ist die Regeldifferenz e = w − x positiv, so schaltet der Zweipunktregler ein, ist sie
Null oder negativ, so schaltet der Zweipunktregler ab.
Der Hauptnachteil der einfachen unstetigen Regler besteht in der pendelnden Arbeitsbewegung der Stellgröße und somit der Regelgröße um den Sollwert. Ursprünglich
wurden diese einfachen unstetigen Regler (vorwiegend Zweipunktregler) zur Regelung einfacher Regelkreise (Raumtemperatur, Bügeleisentemperatur, Kühlschranktemperatur usw.) benutzt. Durch geeignete Maßnahmen können die Schwankungen
der Regelgröße um den Sollwert auf ein innerhalb der Genauigkeitsgrenze von Messgeräten liegendes Maß gesenkt werden, so dass sie heute auch zur Regelung komplizierter Regelstrecken verwendet werden.
Allerdings sind die elektrischen und elektronischen Regler recht aufwendig, so dass
der Preisunterschied im Vergleich zu den stetigen Reglern nicht allzu groß ist. Für
Regelstrecken, bei denen eine hohe Stellleistung erforderlich ist, wird eine unstetige
Regeleinrichtung mittels Thyristoren, Triacs oder Ähnlichem stets billiger sein als
eine entsprechende stetige Regeleinrichtung.
S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_10,
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2014
296
10 Unstetige Regelung
10.1 Idealer Zweipunktregler an einer P-Strecke höherer Ordnung
Bild 10.3 zeigt einen Wasserdurchlauferhitzer, dessen Temperatur von einem Kontaktthermometer geregelt wird. Bei Inbetriebnahme der Anlage wird die Heizwicklung
eingeschaltet und erwärmt das Wasser. Infolge des Temperaturanstiegs steigt die
Quecksilbersäule des Kontaktthermometers. Im unteren Ende des Glaskolbens ist ein
Platinkontakt eingeschmolzen, während ein zweiter Platindraht von oben in den Glaskolben ragt, der in der Höhe verstellbar ist. Wird das untere Ende des oberen Platindrahtes auf die Solltemperatur eingestellt, so wird, wenn die Quecksilbersäule diese
erreicht, die Relaiswicklung kurzgeschlossen und die Heizung ausgeschaltet. Bei
Temperaturabnahme wird die Quecksilbersäule den Kontakt unterbrechen und die
Heizung erneut einschalten usw.
R
Mp
Kontaktthermometer
Bild 10.3 Wasserdurchlauferhitzer mit Kontaktthermometer zur
Temperaturregelung
Es soll nun das zeitliche Verhalten eines Zweipunktreglers an vorliegender Strecke
behandelt werden. Diese ist mindestens von 2. Ordnung. Schaltet man die Heizspirale
ein, so wird die Temperatur im Behälter nach einer e-Funktion ansteigen. Eine weitere
Verzögerung 1. Ordnung bildet der Glasmantel des Thermometers. Taucht man dieses
plötzlich in eine Flüssigkeit mit einer anderen Temperatur, so steigt die Quecksilbersäule ebenfalls nach einer e-Funktion. Vereinfachend soll diese Strecke 2. Ordnung
mit Verzugs- und Ausgleichszeit durch eine reine Totzeit Tt und ein Verzögerungsglied 1. Ordnung mit der Zeitkonstanten T1 angenähert werden. Ferner soll der
Schaltpunkt des Zweipunktreglers in beiden Richtungen exakt gleich sein. Diese Forderung wird von dem Kontaktthermometer ziemlich genau erfüllt. Den entsprechenden Wirkungsplan des Regelkreises zeigt Bild 10.4.
w
+
N
z
e
yR
−
+
+ yS
K S , T1
1, Tt
x
Bild 10.4 Wirkungsplan eines
Regelkreises mit Zweipunktregler
zur Regelung einer P-T1-Tt-Strecke
Betrachtet man die Strecke zunächst ohne Regler, so wird nach Einschalten der Heizwicklung die Wassertemperatur nach Verlauf der Totzeit Tt nach einer e-Funktion mit
10.1 Idealer Zweipunktregler an einer P-Strecke höherer Ordnung
297
der Zeitkonstanten T1 ansteigen, bis zum Endwert xE. Schaltet man danach die
Heizwicklung ab, so fällt die Wassertemperatur nach Verlauf der Totzeit ebenfalls
nach einer e-Funktion ab. Vereinfachend wird angenommen, dass die Zeitkonstanten
der Erwärmungs- und Abkühlungskurven gleich sind, was in praxi nicht immer der
Fall ist.
Die Regelstrecke wird nun mit dem Zweipunktregler in Betrieb genommen, wobei der
Sollwert so eingestellt ist, dass er zwischen der Anfangstemperatur xA und der Endtemperatur xE liegt. Zunächst ist die Temperatur x = xA und die Regeldifferenz
e = w − xA positiv, so dass der Zweipunktregler einschaltet und die Wassertemperatur
in der zuvor beschriebenen Weise ansteigt. Beim Erreichen des Sollwertes schaltet
der Regler ab, die Temperatur steigt infolge der Totzeit bis zum Wert x1 weiter an, um
dann entsprechend der Temperaturabkühlungskurve abzufallen. Wird der Sollwert
unterschritten, so schaltet wie in Bild 10.5 gezeigt die Heizung erneut ein. Nach Verlauf der Totzeit, in der die Temperatur bis auf den Wert x2 abfällt, beginnt die Temperatur wieder anzusteigen. Dieser Vorgang wiederholt sich periodisch mit einer Temperaturschwankung zwischen x1 und x2 mit der Amplitude x0 um den Wert x3.
x
T1
xE
Tt t1
xMA
x1
w
x2
x0
Tt t2
T0
xA = 0
x0
x3
Tt
t
yR
te
ta
t
T0
Bild 10.5 Verlauf der Regel- und Stellgröße eines Regelkreises, bestehend aus einer P-T1Strecke mit Totzeit und einem Zweipunktregler
Ermittlung der Schwankungsbreite 2x0 und der Mittelwertabweichung xMA
Für den oberen Grenzwert der Dauerschwingung erhält man
x1 = w + ( x E − w) ⋅ (1 − e
mit x E = K S y Rmax .
T
− t
T1
),
(10.1)
298
10 Unstetige Regelung
Entsprechend folgt für den unteren Grenzwert x2:
x2 = w ⋅ e
T
− t
T1
.
(10.2)
Subtrahiert man Gl. (10.2) von Gl. (10.1), so erhält man die Schwankungsbreite
2 ⋅ x0 = x1 − x 2 = x E ⋅ (1 − e
T
− t
T1
).
(10.3)
Die Schwankungsbreite 2x0 wird um so größer, je größer die Totzeit Tt und je kleiner
die Zeitkonstante T1 ist. Für Tt / T1 → ∞ wird 2⋅x0 = xE bzw. die Schwingamplitude
x0 = xE /2. Bemerkenswert ist, dass x0 unabhängig vom Sollwert ist. Wie Bild 10.6
zeigt, weicht der Mittelwert der Regelschwingung x3 vom Sollwert ab. Die Differenz
xMA wird als Mittelwertabweichung bezeichnet. Es gilt:
T
T

− t
− t 
x1 + x 2 1 
T1
x3 =
) + 2w ⋅ e T1 
=  x E ⋅ (1 − e
2
2


x MA = w − x3
Tt
−
x 

x MA =  w − E  ⋅ (1 − e T1 ) .
2 

x
T1
xE
w3 =
(10.4)
ta
5
x
6 E
xMA
te
1
w3 = xE
2
ta
1
w3 = xE
6
te
0
Tt
Bild 10.6
te
ta
xMA
t
Zeitlicher Verlauf der Arbeitsbewegung in Abhängigkeit vom Sollwert bei Zwei-
punktregelung einer P-T1-Strecke mit Totzeit
Die Kurvenform der Regelschwingung ist vom Sollwert abhängig (Bild 10.6). Für
kleine w-Werte hat die Erwärmungskurve einen steilen Verlauf und die Abkühlungskurve verläuft flach. Im oberen Bereich für große w-Werte ist es umgekehrt.
10.1 Idealer Zweipunktregler an einer P-Strecke höherer Ordnung
299
Symmetrischer Betrieb
Legt man den Sollwert in die Mitte des Regelbereiches w = xE /2, so wird xMA = 0, d.
h. x3 fällt mit dem Sollwert zusammen. Im solchen, so genannten symmetrischen Betrieb, kann man einige Näherungen vornehmen, was eine vereinfachte Berechnung
von Schwingungsparameter ermöglicht.
Zunächst wird angenommen, dass
te = ta = Tt
gilt, woraus laut Bild 10.6 die Schwingdauer wie folgt bestimmt wird:
T0 = 2te + 2ta = 4Tt
Die Simulation mit MATLAB/Simulink für ein Beispiel beim symmetrischen Betrieb
w = xE /2 = 0,5 bestätigt diese Annahme (Bild 10.7).
1
x
0.5s+1
Wo =0,5
y_min=0
y_max =1
Kps =1; T1 =0,5s
To Workspace
Tt = 0.2 s
t
Clock
To Workspace
T
1
XE= 1
C
B
Relay-Einstellung:
0.8
0.6
x0
w=0.5
A
0.4
Switch on point
Switch off point
Output when on
Output when
X: 2.133
Y: 0.6486
a
b
eps
eps
1
0
x0
T =0,8
0
0.2
Tt
0
0
0.5
1
1.5
2
2.5
Bild 10.7 MATLAB/Simulink-Modell und Sprungantworten eines Regelkreises mit dem
Zweipunktregler (Relay) ohne Hysterese und einer P-Tt-Strecke (KPS = 1; T1 = 0,5 s; Tt = 0,2 s)
Weiterhin kann man den Verlauf der Regelgröße bei einer kleinen Schwankungsbreite
2x0 linear betrachten. Aus der Ähnlichkeit der Dreiecks ABC und Aab folgt dann laut
dem Bild 10.7 die Beziehung AB/BC = ab/Ab.
300
10 Unstetige Regelung
Setzt man die Werte ein: AB = xE/2, BC = T1, ab = x0, Ab = Tt, so erhält man eine
Faustformel, die nur für einen symmetrischen Betrieb und nur für eine kleine Schwankungsbreite gilt:
x T
x0 = E ⋅ t
2 T1
Nach dieser Formel soll die Amplitude x0 der Arbeitschwingung im obigen Beispiel
x0 =
1 0,2
⋅
= 0,2
2 0,5
betragen. In Wirklichkeit bzw. bei der Simulation nach dem Bild 10.7 ist die Amplitude x0 der Arbeitschwingung
x0 = 0,6486 − 0,5 = 0,1486 ≈ 0,15 .
Der Fehler von 0,05 deutet darauf hin, dass die Faustformel nur bei groben Berechnungen anzuwenden ist. Im Weiteren wird im Buch auf diese Faustformel verzichtet.
Schaltfrequenz und Schwingdauer
Gemäß Bild 10.5 ist die Schwingdauer
T0 = 2Tt + t1 + t 2 .
(10.5)
Ferner ist:
w = x1 ⋅ e
t
− 1
T1
.
(10.6)
Durch Einsetzen von Gl. (10.1) in Gl. (10.6) ergibt sich:
Tt 

xE 
x E  − T1 

t1 = T1 ⋅ ln 
+ 1 −
⋅e
.
w 
w 


(10.7)
Für t2 folgt
w − x 2 = ( x E − x 2 )(1 − e
e
t
−2
T1
=1−
t
− 2
T1
)
w − x2
x −w
= E
x E − x2 x E − x 2
x − x2
.
t 2 = T1 ⋅ ln E
xE − w
Mit Gl. (10.2) in Gl. (10.8) erhält man
(10.8)
10.1 Idealer Zweipunktregler an einer P-Strecke höherer Ordnung
301
T
− t
T1
x − we
t 2 = T1 ⋅ ln E
xE − w
.
(10.9)
Setzt man die GIn. (10.7) und (10.9) in Gl. (10.5) ein, so erhält man für die Schwingdauer folgenden Ausdruck

T

− t
1

T0 = 2Tt + T1 ⋅ ln 
− e T1
w

 1 − x
E


T

− t
 x E − e T1
 w





 .



(10.10)
Gl. (10.10) ist in Bild 10.8 durch die Funktion T0/T1 = f (w / xE) für Tt /T1 = 0,25 dargestellt. Sie zeigt für w = 0,5 xE ein Minimum der Schwingdauer bzw. ein Maximum
der Schwingfrequenz. Für ein anderes Verhältnis Tt/T1 ergeben sich zwar andere Werte, jedoch liegt das Minimum stets bei w = 0,5 xE. Bild 10.9 zeigt ebenfalls für
Tt / T1 = 0,25 das Verhältnis von Ein- zu Ausschaltzeit te / ta, das für w = 0,5 xE gleich
eins wird.
T0
T1
3
3
2
te
ta 2
1
1
0
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0
Bild 10.8
w
xE
Abhängigkeit der Schwingdau-
er T0 vom Sollwert w für Tt/T1 = 0,25
0
0
Bild 10.9
0,2 0,4 0,6 0,8 1,0
w
xE
Verhältnis von Ein- und
Ausschaltzeit als Funktion w/xE für
Tt/T1 = 0,25
Der Regelbereich liegt ungefähr zwischen w = 0,2 xE und w = 0,8 xE. Für größere
bzw. kleinere Werte von w nimmt die Schwingdauer stark zu. Ferner verharrt der Regler dann für längere Zeit in der ein- bzw. ausgeschalteten Lage. Im Hinblick auf die
Schwankungsbreite wird eine möglichst kleine Totzeit angestrebt, da für Tt = 0 die
Schwankungsbreite 2x0 gleich Null wird. Allerdings wird für Tt = 0 die Schwingdauer
Null und die Schaltfrequenz unendlich. Mit zunehmender Schaltfrequenz steigt jedoch
die Kontaktbeanspruchung, so dass bei mechanischen Relais ein Kompromiss zwischen minimaler Schwankungsbreite und maximal zulässiger Schaltfrequenz getroffen
werden muss.
302
10 Unstetige Regelung
10.2 Zweipunktregler mit Hysterese an einer P-Strecke 1. Ordnung
Reale Zweipunktregler sind stets mit Hysterese behaftet. Das heißt, dass infolge von
Reibung, magnetischen Einflüssen usw. das Einschalten bei einem höheren Wert der
Eingangsgröße liegt als das Ausschalten. Bild 10.10 zeigt den Wirkungsplan einer
P-Strecke 1. Ordnung, die von einem Zweipunktregler mit Hysterese geregelt wird.
N
e
w
+
z
yR
+ yS
KS , T1
x
Bild 10.10 Regelkreis gebildet aus
einer P-Strecke 1. Ordnung und einem
Zweipunktregler mit Hysterese
+
−
2xL
Ohne Regler würde die Regelgröße nach dem Einschalten verzögert nach einer eFunktion mit der Zeitkonstanten T auf den Endwert xE ansteigen. Vereinfachend wird
angenommen, dass die Zeitkonstanten des Ein- und Ausschaltvorganges gleich sind
(Bild 10.11). Befindet sich der Regler an der Strecke, wobei der Sollwert auf
0 ≤ w ≤ xE eingestellt sei, so ist nach Inbetriebnahme zunächst x = 0 und xE = w − x =
w. Folglich schaltet der Zweipunktregler ein und die Regelgröße steigt gemäß der
Einschaltkurve an. Infolge der Hysterese schaltet der Zweipunktregler beim Erreichen
des Sollwertes noch nicht ab, sondern erst bei x = w + xL. Bei abgeschaltetem Regler
fällt die Regelgröße entsprechend der Abschaltkurve bis auf den Wert x = w − xL ab,
um dann erneut einzuschalten. Dieser Vorgang wiederholt sich periodisch mit der
konstanten Schwankungsbreite 2⋅xL.
xE
te
ta
xL
w=0,6 xE
xL
T0
0
0
T
t
Bild 10.11 Verlauf der Regelgröße einer Strecke 1. Ordnung, die von einem Zweipunktregler
mit Hysterese geregelt wird
10.2 Zweipunktregler mit Hysterese an einer P-Strecke 1. Ordnung
303
Es soll nun die Abhängigkeit der Einschalt- und Ausschaltdauer te und ta sowie die
Schwingdauer T0 bzw. die Schaltfrequenz
f0 =
1
T0
ermittelt werden. Aus Bild 10.11 erhält man für die Einschaltzeit folgende Beziehung:
2 ⋅ xL = ( xE − w + xL
t
− e
t
− e
) ⋅ (1 − e T
),
2 ⋅ xL
x − w − xL
,
= E
xE − w + x L x E − w + xL
e T =1−
x − w + xL
.
t e = T ⋅ ln E
xE − w − xL
(10.11)
Entsprechend folgt die Ausschaltzeit
w − xL = (w + xL
ta
eT
=
t
− a
)⋅e T
w + xL
w − xL
t a = T ⋅ ln
w + xL
.
w − xL
(10.12)
Sowohl te als auch ta sind direkt proportional der Zeitkonstanten T der Strecke. Mit
zunehmender Hysteresebreite xL wird die Ein- und Ausschaltzeit größer. Ferner wird
für w = 0,5 xE die Ein- gleich der Ausschaltzeit te = ta. Durch Addition der GIn.
(10.11) und (10.12) erhält man die Schwingdauer T0.

T0 = T ⋅ ln

xE − w + xL
w + xL 
+ ln
.
xE − w − xL
w − xL 
(10.13)
In Bild 10.12 ist die Gl. (10.13) durch die Funktion T0 / T = f (w / xE) mit xL / xE als
Parameter graphisch dargestellt. Für w = 0,5 xE hat die Funktion jeweils ein Minimum, um dann für w < 0,2 xE und w > 0,8 xE stark anzusteigen. Zur Erzielung einer
möglichst kleinen Schwankungsbreite ist man bestrebt, die Hysterese xL so klein wie
möglich zu machen. Dem steht entgegen, dass mit abnehmendem xL T0 abnimmt und
die Schaltfrequenz unzulässig ansteigt. Die maximale Schaltfrequenz liegt vor für
w = 0,5 xE. Für diesen Wert erhält man aus Gl. (10.13):
304
10 Unstetige Regelung
T0min = T ⋅ 2 ⋅ ln
0,5 ⋅ x E + x L
0,5 ⋅ x E − x L
x
1+ 2 L
xE
T0min = 2T ⋅ ln
.
xL
1− 2
xE
Einen guten Näherungswert erhält man für 2 xL / xE << 1 durch Reihenentwicklung
x
x
T0min ≈ 2 ⋅ T ⋅ 2 ⋅ 2 L = 8 ⋅ T ⋅ L .
xE
xE
Daraus folgt die maximale Schaltfrequenz:
f 0max ≈
T0 1,6
T 1,4
xE
.
8 ⋅ T ⋅ xL
(10.14)
xL
= 0,1
xE
1,2
1,0
0,8
0,05
0,6
Bild 10.12
0,4
0,01
0,2
0
0
0,2
0,4 0,6 0,8
Abhängigkeit der Schwingdauer T0 vom
w
xE
Sollwert w, mit xL / xE als Parameter
Die exakten Parameter der Arbeitsschwingung kann man mittels einer Simulation
bestimmen. Die Voraussetzung dafür sind, natürlich, die genauen Kenntnisse über
Streckenparameter. Sind beispielsweise die Parameter einer P-Tt-Regelstrecke wie im
Bild 10.7 gegeben (KPS = 1; T1 = 0,5 s; Tt = 0,2 s) und hat der Zweipunktregler mit
gleichen Stellgrößen yRmin = 0, yRmax = 1 eine Hysterese von xL = ± 0,1, so wird der im
Bild 10.7 gezeigte Relay-Block wie folgt konfiguriert:
Switch on point 0.1
Switch off point −0.1
Output when on 1
Output when
0
Die simulierte Sprungantwort bei w = xE/2 = 0,5 ist im Bild 10.13 gezeigt.
10.3 Zweipunktregler mit Rückführung
305
0.8
X: 1.871
Y: 0.7224
0.7
x
0.6
0
x
w= 0.5
0.4
L
T0 = 0.5152−0.5052=0.1
xL
x0 = 0.7224−0.5 = 0.224
x
0
0.3
0.2
T0
x:0.5052
0.1
0
0
0.5
1
x:0.5152
1.5
2
2.5
Bild 10.13 Simulierte Sprungantwort und Schwingungsparameter eines Regelkreises mit
einem Zweipunktregler mit Hysterese xL = ± 0,1 und einer P-Tt-Strecke
10.3 Zweipunktregler mit Rückführung
Die Abschnitte 10.1 und 10.2 haben gezeigt, dass bei einer Regelung mittels Zweipunktregler der Regelverlauf maßgebend von den Eigenschaften der Strecke beeinflusst wird. So ist z. B. bei einer Strecke mit Totzeit und Verzögerung sowohl die
Schwingdauer als auch die Schwingamplitude vom Verhältnis Tt / T1 abhängig. Durch
Anwendung einer Rückführung können diese ständigen Pendelungen der Regelgröße
um den Sollwert nahezu beseitigt werden.
Ferner ist es möglich, durch geeignete Rückführglieder dem Zweipunktregler ein
Zeitverhalten aufzuzwingen, ähnlich dem der stetigen Regler. Man spricht dann von
einer stetigähnlichen Regelung.
Den Wirkungsplan eines solchen Regelkreises zeigt Bild 10.14.
w
+
e
−
−
z
Gr
xr
xe
N
+
yR
+ yS
KS , T1
x
+
2xL
Bild 10.14 Wirkungsplan eines Regelkreises, dessen Strecke von einem Zweipunktregler mit
Rückführung Gr geregelt wird
306
10 Unstetige Regelung
10.3.1 Zweipunktregler mit verzögerter Rückführung
Der in Bild 10.14 dargestellte Zweipunktregler mit Rückführglied stellt bereits einen
Regelkreis in sich dar. Bevor jedoch näher auf dessen Wirkungsweise eingegangen
wird, soll eine Beziehung bei rückgekoppelten stetigen Reglern in Erinnerung gerufen
werden. Schaltet man in den Rückführzweig eines idealen stetigen Verstärkers mit
dem Verstärkungsgrad V = ∞ ein Glied mit der Übertragungsfunktion Gr(s) (Bild
10.15), so ist die Übertragungsfunktion des rückgekoppelten Verstärkers
y (s)
V
1
.
GR (s) = R
=
=
e( s )
1 + V ⋅ G r ( s) Gr (s)
e
xe
+
−
xr
N
(10.15)
yR
Bild 10.15
Wirkungsplan eines Zweipunktreglers mit verzögerter Rückführung
K r , Tr
Gr
Besteht das Rückführglied aus einer Verzögerung 1. Ordnung, mit
GR (s) =
Kr
,
1 + sTr
(10.16)
so folgt für den rückgekoppelten Verstärker die Übertragungsfunktion
y (s)
1
(1 + sTr ),
GR ( s) = R
=
e( s )
Kr
d. h. ein PD-Verhalten.
Ein ähnliches Ergebnis erhält man, wenn der Zweipunktregler mit Hysterese ein P-T1Glied als Rückführung erhält (Bild 10.15). Das zeitliche Verhalten des rückgekoppelten Zweipunktreglers ist in Bild 10.16 dargestellt.
Ändert man die Eingangsgröße des rückgekoppelten Zweipunktreglers sprunghaft
e(t) = e0⋅σ(t), so ist zum Zeitpunkt t = 0 xe = e0, da xr zunächst Null ist. Am Ausgang
des Reglers und somit am Eingang des Rückführgliedes Gr liegt die Sprungfunktion
yR(t) = yR0⋅σ(t). Die Ausgangsgröße xr(t) des Rückführgliedes antwortet mit einem
verzögerten Anstieg
x r (t ) = y R0 ⋅ K r ⋅ (1 − e
−
t
Tr
),
(10.17)
wie in Bild 10.14 gezeigt. Infolge des Anstiegs der Rückführgröße verringert sich
xe (t ) = e0 − x r (t ) .
10.3 Zweipunktregler mit Rückführung
e
a)
e0
t
xr
2 xL
e0
b)
t
e−xr
e0
c)
2xL
te
yR
t
ta
d)
yR0
t
yR
e)
yR0
yP
t
307
Für xe <− xL0 schaltet der Zweipunktregler ab, die Rückführgröße xr nimmt dann
entsprechend der Entladekurve ab, bzw.
xe steigt nach der gleichen Funktion an,
bis bei xe > xL der Zweipunktregler erneut einschaltet. Betrachtet man anstelle
der Impulsfunktion yR(t) den Mittelwert
yR (t ) , so ist ersichtlich, das yR (t ) gegenüber dem eingeschwungenen Zustand
zunächst einen größeren Mittelwert
y Rmax (t ) annimmt (PD-Verhalten). Bei
genügend hoher Schaltfrequenz kann
man dieses Verhalten einem stetigen
gleichsetzen. Das zeitliche Verhalten des
Zweipunktreglers mit verzögerter Rückführung ist ganz analog dem des in Abschnitt 10.2 behandelten Regelkreises.
Nach Gl. (10.14) ergibt sich für
e = 1/2 yR0Kr die maximale Schaltfrequenz
y ⋅ Kr
f 0max = R0
8 ⋅ Tr ⋅ x L
(10.18)
und kann durch Verändern von Tr, variiert werden. Ändert man Kr, so ändert
sich auch das Verhältnis von Ein- zu
Ausschaltdauer.
Bild 10.16 Zweipunktregler mit verzögerter Rückführung: a) Sprung der Regeldifferenz;
b) Rückführgröße; c) xe = e – xr; d) Stellgröße des Reglers; e) Mittelwert der Stellgröße
Setzt man in Gl. (10.11) anstelle von xe den Wert yR0Kr und für w die Regeldifferenz
xd, so erhält man
 y K − e + xL 
1 + x L /( y R0 K r − e) 
t e = Tr ⋅ ln  R0 r
 = Tr ⋅ ln 
.
 y R0 K r − e − x L 
1 − x L /( y R0 K r − e) 
(10.19)
Aus Gl. (10.19) ist zu ersehen, dass te mit zunehmendem Kr abnimmt. Im Gegensatz
hierzu ist die Ausschaltzeit gemäß Gl. (10.12) unabhängig von Kr
308
10 Unstetige Regelung
 e + xL 
t a = Tr ⋅ ln 
.
 e − xL 
(10.20)
Bildet man aus den Gln. (10.19) und (10.20) das Verhältnis te / ta, so ist dieses unabhängig von Tr und wird mit zunehmendem Kr kleiner.
 y K − e + xL 
ln  R0 r

te
 y R0 K r − e − x L  .
=
ta
 e + xL 
ln 

 e − xL 
(10.21)
Aus Bild 10.16d) und e) folgt im Beharrungszustand
yR = yP = yR0 ⋅
te
1
= yR0 ⋅
.
t
te + ta
1+ a
te
(10.22)
Wie bereits anhand der Gl. (10.21) diskutiert, wird ta / te mit zunehmendem Kr größer
und nach Gl. (10.22) yp, bzw. der Proportionalbeiwert KP = yR / e, kleiner. Durch Tr
kann also die Schaltfrequenz und durch Kr sowohl die Schaltfrequenz als auch der PAnteil verändert werden.
Es soll der Zweipunktregler mit verzögerter Rückführung an einer Strecke 1. Ordnung
nach Bild 10.17 betrachtet werden. Die Übertragungsfunktion der Strecke lautet
GS ( s ) =
GS
,
1 + sT
wobei T = 2Tr und Kr = KS gewählt wurde.
z
w
e
−
xe
N
− K ,T
r
r
x
r
yR
+y
KS , T
S
x
Bild 10.17
Wirkungsplan eines Zweipunktreglers mit verzögerter
Rückführung an einer Strecke
1. Ordnung
Nimmt man den Regelkreis in Betrieb, so sind zunächst x und xr gleich Null und
xe = e = w, d. h. der Zweipunktregler schaltet ein. Damit liegt am Ausgang des Reglers und an den Eingängen von Strecke und Rückführung der Sprung yR(t) = yR0⋅σ(t).
Die Ausgangsgrößen der Strecke und des Rückführgliedes steigen verzögert an mit
den Zeitkonstanten T bzw. Tr. Infolge Tr < T steigt xr schneller an als x.
Wie der zeitliche Verlauf in Bild 10.18 zeigt, schaltet der Zweipunktregler für
10.3 Zweipunktregler mit Rückführung
x + xr > w + xL
309
bzw. xe = w − x − x r < − x L
ab, und xr sowie x fallen gemäß ihrer jeweiligen Abfallkurve, bis der Zweipunktregler
bei der nachfolgenden xe erneut einschaltet:
xe = w − x − x r > + x L
Der Vorgang wiederholt sich in der in Bild 10.18 dargestellten Weise. Wählt man die
Zeitkonstante Tr des Rückführgliedes klein gegenüber T der Strecke, so wird die
Schaltfrequenz fast ausschließlich durch Tr bestimmt.
w
2xL
x+xr
xr
x
t
yR
yR0
t
Bild 10.18 Verlauf der Regelgröße x und der Stellgröße yR des in Bild 10.17 gezeichneten
Regelkreises bei einem Sollwertsprung
Wie aus Bild 10.18 ersichtlich, ist die Schwingamplitude von x nun nicht mehr gleich
xL, sondern kleiner. Ferner tritt, wie bei einem linearen PD-Regler eine bleibende
Regeldifferenz e(∞) auf. Diese wird um so kleiner, je kleiner man Kr wählt. Für die
Konstruktion des in Bild 10.18 gezeigten Regelverlaufs wurden Tr und Kr so gewählt,
dass die charakteristischen Schwingungen noch sichtbar sind.
Bei günstiger Wahl von Tr und Kr können die Schwingamplitude und die bleibende
Regeldifferenz noch wesentlich verkleinert werden. Der zeitliche Verlauf der Regelgröße x sowie der Rückführgröße xr entsprechen dem bei einem Sollwertsprung w0.
Das Beispiel eines Zweipunktreglers mit verzögerter Rückführung zur Temperaturregelung
eines Durchlauferhitzers ist im OnlinePlus-Bereich des Verlags zum Download ausgestellt.
310
10 Unstetige Regelung
10.3.2 Zweipunktregler mit verzögert-nachgebender Rückführung
Schaltet man in den Rückführzweig eines Zweipunktreglers mit Hysterese eine verzögert-nachgebende Rückführung (Bild 10.19), so zeigt der Regler ein PID-ähnliches
Verhalten. Für einen linearen Verstärker wurde der Fall der verzögert-nachgebenden
Rückführung in Abschnitt 4.3.6 bereits behandelt. Die Sprungantwort des Rückführgliedes in Bild 10.19 setzt sich aus zwei e-Funktionen zusammen, so dass eine verzögert-nachgebende Rückführung auch durch zwei Verzögerungen 1. Ordnung mit unterschiedlichen Zeitkonstanten, wie in Bild 10.20 dargestellt, gebildet werden kann.
e
+
xe
−
xr
N
yR
e
+
xe
−
xr
Gr
+
x1
yR
G1
−
x2
Bild 10.19 Wirkungsplan eines
Zweipunktreglers mit verzögertnachgebender Rückführung
N
G2
Bild 10.20 Zweipunktregler mit verzögertnachgebender Rückführung, erzeugt durch
Parallelschaltung von zwei P-T1-Gliedern
Für die Ermittlung der Sprungantwort des Zweipunktreglers mit verzögertnachgebender Rückführung legen wir die Anordnung nach Bild 10.20 zugrunde.
Gibt man auf den Eingang des rückgekoppelten Zweipunktreglers nach Bild 10.20
eine Sprungfunktion e(t) = e0⋅σ (t), so ist zunächst xr gleich Null und der Zweipunktregler schaltet ein. Am Ausgang des Reglers sowie an den Eingängen von G1 und G2
liegt der Sprung yR0⋅σ(t). Die Ausgangsgrößen x1(t) und x2(t) steigen nach
e-Funktionen mit den Zeitkonstanten T1 und T2 an. Für
x 2 − x1 > e − x L bzw. xe = e − x 2 + x1 < − x L
fällt der Zweipunktregler ab. Bei abgeschaltetem Regler entladen sich x1 und x2, bis
bei
x2 − x1 < e − xL bzw. xe = e − x 2 + x1 > + x L
der Zweipunktregler wieder einschaltet.
Es ergibt sich der in Bild 10.21 gezeigte zeitliche Verlauf von yR(t). Nach der 1. Einschaltung (D-Anteil) ist die Pulsbreite zunächst klein und nimmt dann zu, bis zum
10.3 Zweipunktregler mit Rückführung
311
ständigen Einschalten. Bildet man den Mittelwert yR (t ) , so sieht man den PIDähnlichen Verlauf.
Die technische Realisierung erfolgt, indem in die Rückführung des Zweipunktreglers
ein verzögert-nachgebendes Netzwerk, wie in Bild 10.22 gezeigt, geschaltet wird. Der
Vorteil einer solchen Anordnung ist, dass wie bei einem linearen PID-Regler die bleibende Regeldifferenz e(∞) Null wird.
T2
x
x2
e + xL
e − xL
a)
2xL
x2 − x1
t
x1
T1
yR
yR0
b)
t
yR
yR0
yR0
c)
Bild 10.21 Zweipunktregler
mit verzögert-nachgebender
Rückführung
a) Rückführgrößen x1, x2
b) Stellgröße des Reglers
c) Mittelwert der Stellgröße
des Reglers
t
+
Verzögert-nachgebende
Rückführung
xr
−
OP
+
yR
Bild 10.22 Zweipunktregler
mit verzögert-nachgebendem
Rückführglied
312
10 Unstetige Regelung
10.4 Dreipunktregler
Für Stellglieder mit Motorantrieb sind Zweipunktregler ungeeignet, weil sie es nicht
gestatten, die Drehrichtung zu ändern. Diesen Mangel beseitigt der Dreipunktregler.
Ein weiterer Vorteil des Dreipunktreglers mit nachgeschaltetem Stellmotor besteht
darin, dass ein Beharrungszustand, ohne die beim Zweipunktregler stets vorhandenen
Dauerschwingungen, erreicht werden kann. Bild 10.23 zeigt die Kennlinie eines Dreipunktreglers mit Hysterese.
Im Gegensatz zum Zweipunktregler besitzt der Dreipunktregler einen oberen und
unteren Grenzwert. Wird die Regelgröße z. B. über ein Motorventil beeinflusst, wie
bei der Temperaturregelung des Durchlauferhitzers in Bild 10.24, so liegt der Sollwert in der Mitte zwischen dem oberen und unteren Grenzwert.
M
xa
2xL
xa0
xt
xe
w
−
+
RT
Bild 10.23 Kennlinie eines Dreipunktreglers
Bild 10.24 Temperaturregelung eines Durchlauferhitzers mittels Dreipunktregler mit Hysterese
Die Temperatur im Durchlauferhitzer wird mit einem Widerstandsthermometer RT
gemessen. Ist die Regelgröße gleich dem Sollwert, so ist die Brücke abgeglichen, das
gepolte Relais stromlos und der Motor steht. Steigt die Temperatur über den Sollwert,
so nimmt der Wert von RT zu und die Brücke hat die eingezeichnete Polarität. Das im
Brückenzweig liegende Relais wird so erregt, dass der Motor das Ventil schließt.
Sinkt die Temperatur unter den Sollwert, so wird RT kleiner und die Brückenspannung hat die entgegengesetzte Polarität. Infolgedessen wird das Relais entgegengesetzt magnetisiert, und der Motor öffnet das Ventil.
Vielfach wird anstelle eines Zweipunktreglers, zur Verminderung der Schwankungsbreite, ein Dreipunktregler verwendet. So zeigt Bild 10.25 einen elektrisch beheizten
Glühofen, dessen Heizleistung über zwei Heizwicklungen zugeführt wird. Beim Anfahren sind beide Heizwicklungen W1 und W2 eingeschaltet, wobei W1 z. B. 90 % und
W2 20 % der erforderlichen Heizleistung liefern. Wird der untere Grenzwert, der mit
10.4 Dreipunktregler
313
x
w
OG
Mp
R
w1
w2
Bild 10.25 Temperaturregelung in einem Glühofen mittels Dreipunktregler
dem Sollwert identisch ist, überschritten, so schaltet W2 ab, während W1 eingeschaltet
bleibt. Beim Erreichen des oberen Grenzwertes wird auch noch W1 abgeschaltet.
Normalerweise arbeitet dann der Dreipunktregler wie
110%
ein Zweipunktregler und schaltet nur W2 zu und ab.
90%
Dadurch wird die Schwankungsbreite innerhalb von
yR
maximal 20 % des Sollwertes liegen. Bild 10.26 zeigt
die zugehörige Kennlinie.
w oG
0
x
Bild 10.26 Kennlinie des Dreipunktreglers bei Temperaturregelung
gemäß Bild 10.25, oG = obere Grenzwert
10.4.1 Dreipunktregler mit Rückführung
e
+
xe
−
xr
N
Tr
xa
yR
Durch eine Rückführung kann auch dem
Dreipunktregler ein bestimmtes Zeitverhalten gegeben werden. Bild 10.27 zeigt den
Wirkungsplan eines Dreipunktreglers mit
verzögerter Rückführung und nachgeschaltetem I-Glied. Durch diese Anordnung erhält die Regeleinrichtung ein PIVerhalten.
Bild 10.27 Wirkungsplan eines Dreipunktreglers
mit verzögerter Rückführung und nachgeschaltem I-Glied
Gibt man auf den Eingang der Regeleinrichtung einen Sprung e(t) = e0⋅σ (t), so wird
der Dreipunktregler eingeschaltet, weil die Rückführgröße xr zunächst Null ist. Dies
314
10 Unstetige Regelung
hat zur Folge, dass am Eingang des I-Gliedes und am Eingang des Rückführgliedes
der Sprung xa0 liegt. Infolgedessen steigt yR linear mit der Zeit an und xr nach einer
e-Funktion mit der Zeitkonstanten Tr .Für
xe = e − x r < x t − 2x L , bzw. x r > e − x t + 2x L
schaltet der Dreipunktregler ab. Betrachtet man als Ausgangsgröße yR den Winkel,
um den eine Motorwelle sich gedreht hat, so behält yR nach Nullwerden von xa (Motorspannung), den Wert bei. Die Rückführgröße xr entlädt sich, bis bei
xe = e − x r > x t , bzw. x r < e − x t
der Dreipunktregler erneut einschaltet, und der Motor weiter läuft. Bild 10.28 zeigt
den Verlauf von xr, xa und yr.
e
e0
a)
t
xr
xt
2xL
b)
t
xe
e0
2xL
c)
2xL
xt
t
xa
d)
Bild 10.28 Dreipunktregler mit
verzögerter Rückführung und
nachgeschaltetem I-Glied;
a) Sprung der Regeldifferenz
b) zeitlicher Verlauf der Rückführgröße xr
c) Zeitlicher Verlauf von
xe = e0 − xr
d) Stellgröße des Reglers
e) Stellgröße der Regeleinrichtung
xa0
t
yR
e)
Tn
t
315
11 Digitale Regelung
Unter einer digitalen Regelung versteht man die Behandlung eines Regelkreises, in
dem eine analoge Regelstrecke von einem programmierbaren Prozessrechner, bestehend aus CPU, Speicher, Ein- und Ausgangsmodulen, Analog-Digital- und DigitalAnalog-Wandlern, geregelt wird. Solche Regelungen werden auch als DDC (DirectDigital-Control) bezeichnet.
Die Rechenprozesse und die Signalumwandlungen verlangsamen die Regelvorgänge,
was ein erheblicher Nachteil der digitalen Regelung ist. Dass sich die Regelungstechnik in diese Richtung entwickelt hat, ist den folgenden Vorteilen des digitalen Instrumentariums zu verschreiben:
•
Die als Regler programmierten Prozessrechner sind leistungsfähiger und preisgünstiger als analoge Regler.
•
Ein digitaler Regler kann verschiedene Regelgrößen nacheinander abfragen und
eine größere Anzahl Regelungen gleichzeitig ausführen.
•
Es wird ermöglicht, sowohl die klassischen analogen PID-Algorithmen zu digitalisieren, als auch neue „intelligente“ Regelverfahren, wie Strukturumschaltung,
adaptive Regelung, Fuzzy- und Neuroregelung, einzusetzen.
•
Das fein approximierte Modell der Regelstrecke kann in einem digitalen Regler
einfach nachgebildet werden, was zu neuen modellbasierten Regelverfahren führt.
•
Die Regelungs- und die Steuerungsalgorithmen einer Strecke lassen sich einheitlich programmieren und realisieren.
Doch der größte Vorteil besteht darin, dass die Methoden und Werkzeuge der Informationstechnologie im vollen Umfang für die Regelungszwecke anwendbar sind. Die
Kopplung und der Datenaustausch an übergeordnete Prozessleitsysteme wird vereinfacht. Der PC-Einsatz für Regelzwecke ist sowohl über Feldbusse für den Zugriff auf
Sensoren und Aktoren, als auch über Systembusse der Prozessleitebene wie allgemein
verbreitete Netze Ethernet und Internet möglich.
Und schließlich kann das Engineering eines Regelkreises, angefangen von Simulation,
über den Regelkreisentwurf und Inbetriebnahme bis hin zur Erstellung der Dokumentation, einheitlich von einer Software verwaltet werden.
11.1 Digitale Regeleinrichtungen
Die gesamte digitale Regelungstechnik ist heute einem schnellen Wandel unterworfen. Die auf dem Markt vorhandene Vielzahl von Messwerterfassungskarten, Umsetzern, Konfigurierungstools mit der zugehörigen Hardware veralten schnell. Sowohl
die Hard- als auch die Software sind stark geräteabhängig. Der innere Aufbau und der
Befehlsvorrat von Mikroprozessoren verschiedener Hersteller unterscheiden sich zum
Teil erheblich.
S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_11,
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2014
316
11 Digitale Regelung
Als digitale Regler kommen Mikrorechner, Mikrocontroller, PC, IPC, SPS, Soft-SPS, PLS
(Prozessleitsysteme) zum Einsatz; die Reglertypen sind unten in der Tabelle zusammengefasst.
Digitale Regler
Mikrorechner
Komponenten
Kopplung mit dem Prozess
Integrierte Schaltkreise
mit CPU, RAM/ROM
Einplatinenrechner Nur eine Platine mit
integrierten ProzessorA/D
CPU
E/A
D/A
bausteinen, mit externen A/D, D/A und
Taktgenerator
Mikrocontroller
Ein Chip mit eingebauten E/A, A/D, D/A, mit
E/A
CPU A/D
externem TaktgeneraD/A
tor
DDC-Regler
(Direct-DigitalControl)
Spezieller Mikrorechner , mit E/A, A/D,
D/A, fest oder frei
programmierbar:
a) Kopplung über PC
b) Peer-to-PeerKopplung
SPS-Regler
(Speicherprogrammierbare
Steuerungen)
Spezieller Mikrorechner mit E/A, A/D, D/A,
frei programmierbar
mit externem PC
PC
(Personal
Computer)
Universeller Mikrorechner mit Systemsoftware und Schnittstellen
Spezieller Mikrorechner mit Bus- und A/D-,
D/A-Karten, DAQ,
OPC-Server
IPC
(Industrie-PC)
Soft-SPS
(Slot-SPS)
Prozess
CPU E/A
Prozess
CPU
Bus 2 E/A
Prozess
CPU
Bus 2 E/A
Prozess
E/A
SPS
A/D Bus
CPU
D/A
Prozess
E/A
A/D
D/A
Prozess
CPU
Bus 1
PC
CPU
PC
CPU
Prozess
CPU E/A
a) PC
b)
Prozess
E/A
SPSA/D Bus
Karte
D/A
Prozess
IPC mit SPS-Software
PC
CPU
PLS
Mikrorechnersystem
(Prozessleitsystem) mit E/A, A/D, D/A,
PNK, BNK und BusKomponenten
BNK
E/A
A/D Bus
D/A
PNP
Bus PNK Bus
PNK
Prozess
Prozess
11.1 Digitale Regeleinrichtungen
317
Bei Prozessleitsystemen (PLS) handelt es sich um dezentrale Rechnersysteme, die die
Produktionsprozesse von mehreren Ebenen überwachen (Bild 11.1). Die PLSAufgaben sind Messwerterfassung (Sensorik), SCADA (Supervisory Control and
Data Acquisition), Antrieb von Stellgeräten (Aktorik), Regelung, Steuerung, Planung
usw. Die PLS-Komponenten sind:
BBK (Bedien- oder Beobachterkomponente), auch ABK (Anzeige-/ Bedienkomponente) genannt, die als eine Standard-Hardware (z. B. eine Workstation) aufgebaut ist.
Hier werden Daten zur Darstellung auf dem Bildschirm von einer groben Übersicht
bis zum einzelnen Regelkreis geeignet aufbereitet.
PNK (Prozessnahekomponente), die aus einer Zentraleinheit und Einschüben für die
Buskopplung, den E-/A-Baugruppen, sowie für die Ankopplung von untergeordneten
Systemen (SPS, DDC) besteht. Von BNK erhalten PNK die Sollwerte für die Regelungen.
Bussysteme für die Kommunikation, wie PROFIBUS-DP, PROFIBUS-PA, Ethernet
TCP/IP usw.
Scanner
Zum Zentralrechner
(Planung, Qualität)
Grafikdrucker
BNK
Werksnetz
TCP / IP
TCP / IP
SCADA-Station
OPC-Server
H1-BUS
SPS
........
........
........
View-/Backup
Station
MODBUS
DDC
.
.
3964R
Alarm-Station
SCADA-Station
Profibus DP
Profibus DP
PNK
EES
Controller
..
.
.
300
Alarme
Filter
Gemenge
SCADA-Station
2000 Variablen
Temperatur-,
Druck-,
Mengen-Messstellen
10 x ISM
420
E-Heizungs-,
Messstellen
80
ET 200
ET 200
59
Motorpot
Temperatur-,
Thyristoren
Druck-,
Mengen-Messstellen
ET 200
320
70
Ventile
Alarme
Prozessebene
Bild 11.1 Beispiel eines dezentralen Prozessleitsystems (PLS) mit PNK, BNK und Bussystemen ((mit freundlicher Genehmigung von SCHOTT GLAS, Mainz, 2002)
PLS mit herstellerunabhängigen Komponenten und mit einer offener BusKommunikation, die auf der Basis des Client-Server-Prinzip aufgebaut sind, nennt
man Offene PLS. Die Schnittstellen der offenen Kommunikation stellt OLE (Object
Linking and Embedding) zur Verfügung. Die PLS-Komponenten von verschiedenen
318
11 Digitale Regelung
Herstellern werden miteinander über den so genannten OPC-Server (OLE für Process
Control) verbunden.
In Bild 11.2 ist gezeigt, dass man die Kennwerte des Reglers in einem Fenster der
Bedienoberfläche des Prozessleitsystems (PLS) einstellen und das Regelkreisverhalten im Trendfenster beobachten kann, um optimale Regelgüte zu erreichen. Besonders
in der Inbetriebnahmephase oder im Notfall ist dies vom Vorteil.
Bild 11.2
Konfigurierungs- und Trendfenster des PLS SattLine (ABB Automation Products)
Ein wesentlicher Nachteil von PLS-Reglern ist die große Reaktionszeit. Ein D-Anteil
beschleunigt den Regelvorgang, kann jedoch zu drastischen Änderungen des Stellsignals und zur Instabilität führen, falls das Messsignal mit Störungen übertragen wird.
Die vorhandenen Algorithmen, z. B. Fuzzy-Regelung oder Autotuning, sind bei
schnellen oder komplizierten Regelstrecken oft uneffektiv. So wird die Regelung mit
PLS für Industriezwecke, d. h. für Strecken mit großen Zeitkonstanten, empfohlen.
Für Industrieanwendungen kommt die Programmierung von digitalen Reglern selten
vor. Die Regelalgorithmen werden von Herstellern meist vorgefertigt, so ist nur eine
Konfigurierung erforderlich. Dafür werden zuerst die Hardware-Adressen festgelegt,
dann die Messwerteingänge mit den dazugehörigen Messfühler-Kennlinien. Danach
fängt die Parametrierung des Reglers an, die in der Einstellung von Reglerkennwerten
und Proportionalbereichen, der Festlegung von Sollwerten, Zeiten usw. besteht. Es
werden die Betriebsarten des Reglers und die mögliche Strukturumschaltung definiert.
Eine einheitliche und herstellerunabhängige Konfigurierung von digitalen Reglern ist
durch die Norm IEC 61131-3 erleichtert. Diese Norm wurde von der International
Electrotechnical Commission festgelegt und hat seit 1994 den Status einer europäischen und deutschen Norm. Durch die Vereinheitlichung von Programmiersprachen
ist es damit möglich, die DDC- und SPS-Regler sowie die PLS verschiedener Hersteller für Regelungszwecke zu programmieren. Da die digitalen Regler in einem System
für Regelungs-, Steuerungs- und Prozessüberwachungsaufgaben integriert sind, wird
die Simulation und die Visualisierung von Regelvorgängen ermöglicht.
11.2 Abtastregelung
319
Normalerweise sind die Konfigurierungswerkzeuge mit selbsteinstellenden Regelalgorithmen ausgestattet (Autotuning), die allerdings meist nur für langsame Regelstrecken zu empfehlen sind.
•
Beispiel 11.1: Konfigurierung eines DDC-Reglers
Die Hardware-Komponenten werden vom Benutzer auf dem Bildschirm als Text direkt gewählt
und beschaltet. Vom Programm werden die Messbereiche, Kommunikations- und Visualisierungselemente angefragt, wonach der Regler mit Hilfe des Konfig-Wizards konfiguriert werden
kann. Dies erfolgt in klar verständlicher Weise, wie beispielsweise in Bild 11.3 für ein Thermoelement-Eingang gezeigt ist. Die Konfiguration wird in den DDC-Regler heruntergeladen
und während des Betriebs online angesteuert.
Bild 11.3 Beispiel einer Regler-Konfigurierung (mit freundlicher Genehmigung von Eurotherm Deutschland GmbH, 2003)
11.2 Abtastregelung
In einem digitalen Regelkreis wird eine kontinuierliche Regelstrecke von einer digitalen Regeleinrichtung geregelt. Dafür muss die dem Rechner zugeführte kontinuierlich
gemessene Regelgröße in digitaler Form vorliegen. Die Digitalisierung erfolgt mit
einem Analog/Digital-Wandler, der die Regelgröße nur in konstanten Zeitabständen,
Abtastzeit oder Abtastperiode TA genannt, abfragt. Einen digitalen Regelkreis kann
man sich gedanklich aus zwei Teilen bestehend vorstellen, wie in Bild 11.4 gezeigt,
320
11 Digitale Regelung
nämlich aus linearen zeitinvarianten Gliedern, kurz LZI, und einem diskret arbeitenden Takt- bzw. Impulsgeber.
+
x(kTA)
Taktgeber
−
Die Regelung von Regelkreisen, in denen
x(t) LZIwenigstens ein Signal nicht kontinuierlich,
Glieder
sondern zeitdiskret ist, nennt man Abtastregelung. Solche Regelkreise lassen sich
Bild 11.4 Konzeptueller Aufbau
nicht, wie die kontinuierlichen, mittels Difdigitaler Regelung
ferentialgleichungen im Zeitbereich bzw.
mittels Laplace-Transformation im Bildbereich beschreiben. Neben kontinuierlichen
Funktionen, z. B. x(t) treten auch Folgen von abgetasteten Signalen wie x(kTA) auf
und sollen mit anderen, als denen der kontinuierlichen Methoden behandelt werden.
Die Signale zwischen den Abtastpunkten
werden nicht berücksichtigt, was Fehler
verursachen kann. Bild 11.5 zeigt, dass
gleiche abgetastete Impulsfolgen aus zwei
verschiedenen Sprungantworten gebildet
werden können.
x(t)
x1(t)
x2(t)
x(kTA)
0
0
T
2T
kT
t
A
A
A
Die Untersuchungen von Abtastsystemen
wurden seit 1924 durchgeführt. Rerich und
Bild 11.5 Beispiel einer fehlerGrdina befassten sich mit der Abtastregehaft gewählten Abtastperiode
lung von hochtourigen Dampfmaschinen
und behandelten dabei die Dynamik mit Differentialgleichungen. Die ersten einheitlichen Beschreibungen von linearen Abtastsystemen findet man bei Oldenbourg, Sartorius, Zypkin (1948 - 1958).
11.2.1 Wirkungsweise von digitalen Regelkreisen
Wie an analoge werden auch an digitale Regler drei Grundaufgaben gestellt:
•
die Regelgröße messen und die Regeldifferenz bilden;
•
einen geeigneten Regelalgorithmus erzeugen;
•
eine beträchtliche Leistung an Stellglieder übertragen.
Im Gegensatz zu analogen sind bei digitalen Regeleinrichtungen die Regelalgorithmen
und die Verstärkungsfunktionen gerätetechnisch voneinander getrennt. Die mittels
Mikroprozessoren (CPU) berechneten Stellgrößen werden binär ausgegeben oder
durch Digital-Analog-Umsetzer (D/A) in Ströme (0 bis 20 mA) oder Spannungen (0
bis 10 V) umgesetzt.
Die Verstärkungsfunktion und die Anpassung an die Strecke übernehmen die nachgeschalteten Leistungsverstärker, Relais, Motoren usw.
11.2 Abtastregelung
321
In Bild 11.6 ist eine kontinuierliche Regelstrecke gezeigt, die mit digitalen Elementen, wie Mikrorechner, Analog-Digital-Wandler (A/D) und Digital-Analog-Wandler
(D/A) geregelt wird. Die Istwerte x(t), bei denen es sich um ganz verschiedenartige
physikalische Größen handeln kann, etwa Durchflüsse, Drücke, Temperaturen, Spannungen usw., werden durch die Messumformer auf ein Einheitssignal transformiert.
Die Wandlung oder die Abtastung der stetigen Regelgröße x(t) erfolgt meist in äquidistanten Zeitabständen (Abtastzeit TA) durch den vorgeschalteten A/D-Wandler. Aus
dem kontinuierlichen Signal x(t) entsteht die diskrete Folge x(kTA), die für die Abtastzeit TA konstant gehalten wird. Im Rechner wird aus dieser Istwertfolge x(kTA) und
der eingegebenen Führungsfolge w(kTA) die Regeldifferenzfolge e(kTA) gebildet.
Anhand eines im Rechner gespeicherten Programms, z. B. dem digitalisierten PIDRegelalgorithmus, wird dann die Stellgrößenfolge yR(kTA) berechnet und über den
D/A-Wandler als geglättetes Stellsignal y*R(kTA) ausgegeben.
z(t)
w(kTA)
+
e(kTA)
MikroRechner
−
y*R(kTA)
yR(kTA)
x(t)
y(t)
D
Regelstrecke
A
x(kTA)
xM(t)
A
Messumformer
D
Bild 11.6
Wirkungsplan eines Regelkreises mit digitalem Regler
Mit großer Geschwindigkeit und hoher Genauigkeit sollen die analogen Signale x(t)
von A/D-Wandler abgetastet und in eine zeitdiskrete Folge umgeformt werden. Die
Zahlenfolge wird in eine stufenförmige Funktion x(kTA), die so genannte Treppenkurve, umgewandelt. Funktionsmäßig besteht ein A/D-Wandler aus einer Abtastung
(Sample) und einer Speicherung (Hold). Ein Abtast-/Halteglied (S&H) mit der Abtastzeit TA ist in Bild 11.7 dargestellt.
x(kTA)
x(t)
x*(kTA)
Abtaster
t
Bild 11.7
TA
Halteglied
kTA
Tt
Umwandlung von analogen Signalen mit Abtast-/Halteglied-Schaltung
kTA
322
11 Digitale Regelung
Ein analoges Eingangssignal steht digitalisiert erst nach einer Wandelzeit bzw. Totzeit
Tt am Ausgang des Wandlers dem Regler zur Verfügung. Diese Totzeit beträgt
T
Tt = A ,
2
(11.1)
wie in Bild 11.4 durch einen Vergleich zwischen analogem Eingangssignal x(t) und
den aus der Treppenkurve x*(kTA) interpoliertem Ausgangssignal schematisch gezeigt
ist. Die mathematische Herleitung findet man im nachfolgenden Beispiel.
•
Beispiel 11.2
Die Treppenkurve am Ausgang eines Haltegliedes entsteht aus einer Folge von Rechteckimpulsen, wobei jeder einzelne Impuls als Überlagerung von zwei Einheits-Sprungfunktionen
σ (t ) − σ (t − TA ) ,
dargestellt werden kann (Bild 11.8). Die LaplaceTransformierten von Sprungfunktionen sind:
L [σ (t )] =
σ (t)
x*(kTA)
1
,
s
1
L [σ (t − TA )] =
1 − sTA
⋅e
.
s
0
t
TA
1
σ ( t−Ta )
Am Eingang des Haltegliedes wirkt eine δ - Funktion,
die im Bildbereich als
δ (t ) =
dσ (t )
dt

L [δ (t )] = s ⋅
1
=1
s
Bild 11.8 Zur Ermittlung der
Übertragungsfunktion eines
Haltegliedes
dargestellt wird. Daraus ergibt sich die Übertragungsfunktion des Haltegliedes zu
GH (s) =
L [σ (t ) − σ (t − TA )] 1 1 − sTA 1 − e − sTA
= − e
=
,
s
L [δ (t )]
s s
(11.2)
mit dem entsprechenden Frequenzgang
G H ( jω ) =
1 − e − jωTA
.
jω
Durch Ansätze
e − jωTA = cos ω TA − j sin ω TA und ω TA = 2 ⋅
ω TA
2
kann GH( jω) in folgende Form gebracht werden:
GH ( jω ) =
e
−j
ω TA
2
j
ω TA
−e
ω TA
j ⋅2⋅
2
(e
2
−j
ω TA
2
)
=
sin
ω TA
2
ω TA
2
⋅ TA ⋅ e
−j
ω TA
2
.
11.2 Abtastregelung
323
Bei tiefen Frequenzen ω TA << 1 kann das Halteglied wie folgt angenähert werden:
GH ( jω ) ≈ TA ⋅ e
−j
ω TA
2
,
was einem Totzeitglied mit der Totzeit (11.1) entspricht.
11.2.2 Rechenzeit
Die Rechenzeit TR, auch Rechentotzeit genannt, ist die Zeit, die der Regler benötigt,
um die Stellgröße yk aus einer Impulsfolge von Regeldifferenzen ek, ek-1, ek-2 ... zu berechnen.
In Bild 11.9 ist schematisch dargestellt, wie der Regelalgorithmus von der Beziehung
zwischen Rechenzeit TR und Abtastzeit TA abhängig ist, nämlich:
•
Im Fall TR < T bzw. TR → 0 (Rechenzeit TR ist klein) ist die aktuelle Stellgröße
vom aktuellen Impuls der Regeldifferenz abhängig, bzw. es gilt yk = f (ek ) .
•
Im Fall TR = T (Rechenzeit = Abtastzeit), ist die aktuelle Stellgröße vom vorherigen Impuls der Regeldifferenz abhängig, bzw. es gilt yk = f (ek −1)
Abtastzeit T
Abtastzeit T
Stellgröße
yk = f (ek −1 )
Messung von
Regeldifferenz
yk +1 = f (ek )
Rechenzeit TR
TR = T
Rechenzeit = Abtastzeit
ek
ek−1
tk−1
ek+1
tk
tk+1
Stellgröße
yk −1 = f (ek −1 )
Messung von
Regeldifferenz
TR < T
Rechenzeit klein
gegenüber Abtastzeit
Bild 11.9
TR
y k = f ( ek )
andere
Aufgaben
ek
ek−1
tk−1
yk +1 = f (ek +1 )
tk
Zusammenhang zwischen Stellgröße yk und Regeldifferenz ek
ek+1
tk+1
t
324
11 Digitale Regelung
11.2.3 Beschreibungsmethoden
Unten ist eine Übersicht der verschiedenen Beschreibungsmethoden von digitalen
Systemen gegeben, sie werden in nachfolgenden Abschnitten ausführlich behandelt.
a) Quasikontinuierliche Beschreibung
Ist die Abtastzeit TA viel kleiner als die Zeitkonstanten der Regelstrecke, kann die
Abtastung vernachlässigt und der Regelkreis als kontinuierlich behandelt werden. Die
von digitalen Elementen verursachte Verlangsamung des Regelvorgangs wird als ein
zusätzliches Glied mit der Totzeit nach (11.1) berücksichtigt. Die Annäherung gilt
jedoch nur, wenn die Abtastzeit TA kleiner als die Verzögerungszeitkonstante der
Regelstrecke Tg oder Tu ist, wie im Bild 11.10 für TA ≈ 0,5⋅Tu gezeigt ist. In der Praxis gilt dafür normalerweise TA ≤ 0,1⋅Tu.
x(t)
Tg
Bild 11.10 Zeitverhalten einer analogen P-TnRegelstrecke mit eingetragenen Abtastsignalen.
Die Zeitkonstanten sind:
TA
0
Tu Verzugszeit,
Tg Ausgleichszeit,
0
Tu
t
TA Abtastzeit.
Wie im vorherigen Abschnitten gezeigt wurde, allein der Einsatz eines A/D-Wandlers
bringt die Totzeit Tt in ein analoger Regelkreis. Dazu soll auch die Rechenzeit TR
beachtet werden. Dabei unterscheidet man folgende Fälle:
•
Ist die Rechenzeit klein gegenüber Abtastzeit, d. h. TR < TA, kann die Rechenzeit
vernachlässigt werden. In diesem Fall nur der A/D-Wandler verlangsamt die Regelung. Ein analoger Regelkreis mit der Übertragungsfunktion
G0 ( s) = GR ( s )GS ( s )
wird beim Übergang zu digitaler Regelung im Fall TR < TA mit einer zusätzlichen
Totzeit Tt nach Gl. (11.1) ergänzt:
G0 ( s) = GR ( s )GS ( s )e − sTt
•
Ist die Rechenzeit vergleichbar mit der Abtastzeit, d. h. TR = TA, wird die Rechenzeit im voller Größe bei der Bestimmung der Totzeit berücksichtigt, d. h.
G0 ( s) = GR ( s )GS ( s )e − sTt
•
mit Tt = 0,5 TA
mit Tt = TA + 0,5 TA= 1,5 TA
Ist die Rechenzeit TR größer Abtastzeit, d. h. TR > TA, wird sie beim Reglernwurf
als ein ganzzahliges Vielfaches der Abtastzeit TA angenommen, d. h.
11.2 Abtastregelung
TR = l ⋅ T
325
mit l = 0, 1, 2...
wobei der Wert l = 0 entspricht dem Fall TR < TA , bei l = 1 gilt der Fall TR = TA.
b) Diskretisierte Beschreibung im Zeitbereich
Ausschlaggebend für Abtastsysteme ist die Behandlung von abgetasteten Zahlenfolgen x(0), x(TA), x(2TA), ... , x(kTA) anstelle der kontinuierlichen Regelgröße x(t). Mit
einer ganzzahligen Variable k anstelle der analogen Zeitvariable t kann der Regelkreis
mit Abtastgliedern mit diskreten Signalen x0, x1, ... xk−1, xk, xk+1 beschrieben werden.
Die analogen Regelalgorithmen werden diskretisiert, indem die Integration durch
Summation und die Differentiation durch Bildung der Differenzquotienten für eine
Diskretisierungszeit
TA
ersetzt
wird,
z.
B.

N
x(t ) dt ≈ TA ⋅
 xk
und
k =0
dx(t ) x k +1 − x k
. Die Lösung der Differenzengleichungen erfolgt mittels Rekursio≈
dt
TA
nen oder mit homogenem und partikulärem Ansatz.
c) Beschreibung mittels z-Transformation im Bild- bzw. Frequenzbereich
Zunächst wird die Variable e(t) nach der Abtastung als Folge von Impulsfunktionen
0
 ∞
δ (t ) = 
für t ≠ 0
 δ (t )dt = 1
für t = 0
L[δ (t )] = 1
dargestellt und mit den diskreten Werten e(kTA) für k = 0, 1, 2... ∞ gewichtet (s. Bild
11.6). Danach wird das mit dem Summenzeichen zusammengefasste Signal
e * (t ) =
∞
 e(kTA ) δ (t − kTA ) .
k =0
nach Laplace transformiert:
e * ( s) = L [e * (t )] .
Da die Abbildung eines einzelnen Impulses δ(t−kTA) nach der Fourier-Transformation
gleich e − jωkTA ist, gilt für das ganze Spektrum e*( jω) im Frequenzbereich
e* ( jω ) =
∞
 e(kT ) e
A
− jω kTA
k =0
bzw. im Bildbereich unter Beachtung s = jω
e * ( s) =
∞
 e(kTA ) e −skTA .
k =0
(11.3)
326
11 Digitale Regelung
Die Transformation nach Gl. (11.3) kann als diskrete Laplace-Transformation bezeichnet werden. Ersetzt man nun e sTA durch eine neue Variable z, d. h.
e − sTA = z −1 ,
so folgt aus (11.3) die so genannte z-Transformation der digitalen Größe e(kTA)
e( z ) =
∞
 e(kTA ) z −k = Z [kTA ]
(11.4)
k =0
Durch z-Transformation von Impulsfolgen am Eingang xe(kTA) und am Ausgang
xa(kTA) eines digitalen Elements des Kreises
xe ( z ) = Z [ xe (kTA )]
xa ( z ) = Z [ xa (kTA )]
entstehen die z-Übertragungsfunktionen
x ( z)
G( z) = a
= Z [ g (kTA )] .
xe ( z )
(11.5)
wobei g(kTA) die Gewichtsfunktion ist. Sie wird aus der Übertragungsfunktion G(s)
durch Rücktransformation ermittelt L −1[G ( s )] = g (t ) und als Impulsfolge g(kTA) mit
der Abtastzeit TA dargestellt. Im Abschnitt 11.5 wird gezeigt, wie die kontinuierlichen
Untersuchungsmethoden für die digitalen Systeme mit Hilfe der z-Transformation
umformuliert werden.
Die Beschreibungsformen digitaler Regelkreise sind in Bild 11.11 zusammengefasst.
Analoger Regelkreis
y (s)
x(s)
w(s) e(s)
GR(s) R
GS(s)
+
− Regler
Strecke
Digitaler Regelkreis
w(s)
+
a)
wk
+
Bild 11.11 Darstellung von
digitalen Regelkreisen:
a) quasikontinuierliche
b) diskretisierte
c) z - transformierte
b)
e(s)
−
1, Tt
yR(s)
GR(s)
Regler
GS(s)
Strecke
Totzeitglied
xk
yRk
ek
x(s)
*
− Abtaster Halteglied Regler
**
Strecke
* yRk= f (ek , ek-1 , yRk-1)
** xk= f (xk-1, yRk , yRk-1)
w(z)
c)
+
e(z)
GR(z)
yR(z)
− Regler mit Abtaster
GH(z)
GS(z)
Halteglied Strecke
x(z)
11.3 Quasikontinuierliche Regelung
327
11.3 Quasikontinuierliche Regelung
11.3.1 Wahl der Abtastperiode
Wenn die Abtastzeit TA kleiner als die eigene Verzögerung der Regelstrecke ist, kann
sie nach der Gl. (11.1) wie eine Totzeit Tt = 0,5⋅TA berücksichtigt werden. Die Abtastzeit darf nicht zu groß gewählt werden, da der Regelkreis wegen großen Totzeiten
instabil werden kann. Andererseits kann sie nicht zu klein gewählt werden, da der
Regler überlastet wird und die Realisierung nur mit speziellen Typen von Mikroprozessoren möglich ist. Die Abtastrate ist außerdem durch die Nutzbandbreite begrenzt.
In der Praxis orientiert man sich bei der Wahl der Abtastrate auf die Kenngrößen der
Regelstrecke. In der nachstehenden Tabelle sind die Abtastzeiten TA in Abhängigkeit
von der Verzugszeit Tu, Ausgleichszeit Tg sowie den Zeitprozentwert T95 empfohlen.
T95 ist die aus der Sprungantwort abgelesene Zeit, bei der die Regelgröße 95% des
Beharrungszustandes x(∞) erreicht.
Experimentell ermittelter
Kennwert der Regelstrecke
Anzahl der Abtastungen
innerhalb der Zeitperiode
Abtastzeit Ta
Tu und Tg < 10 Tu
von 2 bis 5
von 0,2⋅Tu bis 0,5⋅Tu
T95
von 10 bis 20
von 0,05⋅T95 bis 0,1⋅T95
Tg
10 und mehr
kleiner als 0,1⋅Tg
Die Abtastzeit TA kann auch aus den berechneten bzw. simulierten Kenngrößen des
geschlossenen analogen Regelkreises abgeleitet werden. Normalerweise soll die Anzahl der Abtastungen innerhalb der Anregelzeit 10 bis 20 betragen. In der Praxis liegen die Abtastzeiten in Größenordnung von 1 bis 10 ms für Antriebstechnik und von 1
bis 20 s für Prozessautomatisierung.
11.3.2 Praktische Einstellregeln
Durch die von TA verursachte Vergrößerung der Gesamttotzeit wird die Phasenreserve des digitalen Regelkreises im Vergleich zu den analogen verringert, was zu Verringerung der Dämpfung und gar zu Instabilität führen kann.
•
Beispiel 11.3
Ein Regelkreis mit dem analogen PID-Regler hat die Phasenreserve ϕ Rd = 45° bei der Durchtrittsfrequenz ωd = 10 s−1. Es soll berechnet werden, wie sich die Phasenreserve ändert, wenn
der analoge Regler durch einen digitalen PID-Regler mit der gleichen Einstellung und mit der
Abtastzeit TA = 0,05 s ersetzt wird. Die Rechenzeit des Reglers ist kleiner als 0,05 s.
328
11 Digitale Regelung
Die Rechenzeit wird vernachlässigt; die Abtastung führt zu einer Totzeit Tt = 0,5⋅TA = 0,025 s
und einer Phasensenkung von
ϕ t(ω) = −ω⋅Tt,
die für ω d = 10s-1
ϕ t(ω d) = − ω d ⋅Tt = 0,25 Rad bzw. ϕ t(ω d) = − 14,3°
beträgt. Die Phasenreserve des digitalen Regelkreises ist damit
ϕ Rd digital = ϕ Rd + ϕ t(ω) = 45° − 14,3° = 30,7°.
Zum Entwurf eines quasikontinuierlichen Regelkreises werden die Gütekriterien und
Methoden der analogen Regelungstechnik herangezogen. In den im Abschnitt 8.2
vorgestellten praktischen Empfehlungen soll die Totzeit Tt = 0,5⋅TA berücksichtigt
werden, d. h. anstelle von Tu wird Tu + 0,5⋅TA eingesetzt. Auf diese Weise sind z. B.
die Einstellregeln für digitale Regelkreise nach Takahashi aus dem Ziegler-NicholsVerfahren für analoge Regelkreise ausgeführt, die allerdings nur für TR < TA gelten:
Kennwerte
P-Regler
Tg
K PR
K PS (Tu + TA )
PI-Regler
0,9 ⋅
Tg
K PS (Tu + 0,5TA )
Tn
-
3,33 ⋅ (Tu + 0,5TA )
Tv
-
-
PID-Regler (additive Form)
1,2 ⋅
2⋅
Tg
K PS (Tu + TA )
(Tu + 0,5TA ) 2
Tu + TA
0,5 ⋅ (Tu + TA )
In der nachstehenden Tabelle ist das Verhalten eines Regelkreises mit einer P-TnStrecke und dem digitalen PI-Regler, der nach verschiedenen Regeln eingestellt ist,
für verschiedene Abtastzeiten TA gezeigt.
Praktische Einstellregel
Abtastzeit TA
TA = 0,1 Tu Nach Chien, Hrones und Reswick
Die zufriedenstellende Dämpfung von
0,3 bis 0,4
TA = 0,3 Tu Nach Chien, Hrones und Reswick
Die Dämpfung verringert sich nur gering
Nach Chien, Hrones und Reswick
TA = Tu
Nach Takahashi
Nach Ziegler-Nichols
•
Gütekriterien beim Führungsverhalten
Eine Dauerschwingung entsteht (Stabilitätsgrenze)
Keine Verbesserung, eine Dauerschwingung entsteht (Stabilitätsgrenze)
Verbesserung der Dämpfung auf 0,3
Beispiel 11.4
Der asymptotische Verlauf des Bode-Diagramms eines aufgeschnittenen Regelkreises mit
einem analogen P-Regler ist im Bild 11.12 gegeben. Der Proportionalbeiwert des Reglers be−1
trägt KPR = 1,5. Die Phasenreserve ist ϕ Rd =45° bei Durchtrittsfrequenz von ω d = 0,25 s .
11.3 Quasikontinuierliche Regelung
20 dB
G0
−20 dB/Dek
dB
0 dB
329
0,1
ωd
ω / s-1
1,0
−40 dB/Dek
-20 dB
1
ω E1 =
T1
0°
ϕ(ω)
ω / s-1
-90°
-180°
Bild 11.12 BodeDiagramm des Regelkreises mit analogem
P-Regler und I-T1Strecke
ϕRd
-270°
Der analoge P-Regler soll durch den digitalen PD-Regler mit der Abtastzeit TA = 2,0 s ersetzt
werden. Gesucht ist die Reglereinstellung, bei der der Regelkreis mit digitalem Regler die gleiche Phasenreserve ϕ Rd =45° behält. Die Rechenzeit des Reglers wird vernachlässigt.
Die Zeitkonstante T1 der Strecke wird sofort durch die Vorhaltzeit des PD-Reglers kompen−1
siert, d. h. Tv = T1 = 1/ 0,25 s = 4 s. Als Hilfsmittel wird zunächst das Bode-Diagramm des
aufgeschnittenen Regelkreises mit analogem PD-Regler mit KPR = 1,5 ermittelt, das dann, wie
im Bild 11.13 gezeigt, mit dem Totzeitglied Tt = 0,5⋅TA = 1 s ergänzt wird, was dem digitalen
Regelkreis entspricht.
π
1
-1
-1
Tt
20dB
G0
=1s
Tt
= 3,14 s
dB
0dB
0,1
ωd
ω / s-1
1,0
ΔK = 9,5 dB
neue 0 dB-Achse
-20dB
ϕ(ω)
ω / s-1
0°
mit analogem PD-Regler
Bild 11.13 BodeDiagramm des Kreises mit analogem und
digitalem PD-Regler
-90°
ϕRd
-180°
57,3°
180°
mit digitalem PD-Regler
-270°
Um die gewünschte Phasenreserve ϕ Rd einzustellen, soll man die 0-dB-Achse nach unten um
ΔK ≈ 9,5 dB bzw. ΔK ≈ 3 verschieben. Damit erhält man für den Proportionalbeiwert des Reglers
KPR = 1,5⋅ΔK = 4,5.
330
11 Digitale Regelung
11.4 Beschreibung von Abtastsystemen im Zeitbereich
11.4.1 Differenzengleichungen
Gleichungen, die den Zusammenhang zwischen abgetasteten Folgen xe(kTA) der Eingangsgröße xe und abgetasteten Folgen xa(kTA) der Ausgangsgröße xa eines zeitdiskreten Systems beschreiben, nennt man inhomogene Differenzengleichungen. Im Folgenden werden die diskreten Eingangswerte xe(kTA+nTA) kurz mit xe,k+n bzw. uk+n
sowie die diskreten Werte xe(kTA+nTA) mit vk+n bezeichnet. Eine lineare inhomogene
Differenzengleichung n-ter Ordnung
an vk + n + an −1vk + n −1 + ... + a1vk +1 + a0vk = b0uk
(11.6)
hat Ähnlichkeit mit einer Differentialgleichung gleicher Ordnung:
an v ( n) (t ) + an −1v ( n −1) (t ) + ... + a1v(t ) + a0v(t ) = b0u (t ) .
11.4.2 Aufstellen der Differenzengleichungen
Eine Differenzengleichung kann aus einer Differentialgleichung erstellt, indem man
die Integration durch eine Summe

v(t ) = K I u (t )dt
k
vk = K I
 vk
i =1
und die Differentiation durch einen Differenzenquotienen ersetzt:
v(t ) = K D
•
du (t )
dt
u − uk −1
vk ( t ) = K D k
TA
Beispiel 11.5
Gegeben ist die Differentialgleichung T1v(t ) + v(t ) = K P u (t ) mit T1=1 s, KP= 2 und u0 = 1.
Gesucht ist die Differenzengleichung mit Abtastzeit TA= 0,25 s und die Lösung.
Nach der Approximierung
v −v
T1 k k −1 + vk = K Puk
TA
ergibt sich die Differenzengleichung zu
 T1 
 TA 
vk −1 + K P 
uk
vk = 
 T1 + TA 
 T1 + TA 
Die Lösung bei t = kTA ist vk = K P (1 − e
−
kTA
T1
bzw. vk = 0,8vk −1 + 0,4uk .
)u0 = 2(1 − e − 0, 25k ) .
11.4 Beschreibung von Abtastsystemen im Zeitbereich
331
11.4.3 Lösung der Differenzengleichungen mittels Rekursion
Die Lösung der Differenzengleichung ist die Folge
xa,0, xa,1, xa,2,
…,
xa,k,
…
Die Werte der Ausgangsgröße xa,k+n für k = 1, 2, ... können aus gegebenen Koeffizienten an, an-1, ..., a0, b0 und Anfangswerten xa,n bei k = 0 durch die Erhöhung von k
jeweils um Eins schrittweise berechnet werden. Die Gl. (11.6) wird dafür umgestellt:
xa,k + n =
1
[−a n −1 x a,k + n −1 − ... − a1 x a,k +1 − a 0 xa,k + b0 xe,k ] .
an
Werden die Anfangswerte der Differenzengleichung wie im analogen Fall zu Null
angenommen, d. h. xa,n = 0 für n = 0, 1, 2, ... und gilt für den Eingangssprung
xe, −1 = 0
xe,0 = xe,1 = xe,2 = ... = xe,k = xe0
so wird der erste Wert der Ausgangsgröße für k = 1 wie folgt berechnet:
xa,1+ n =
1
[−a n −1 x a,n − a n -2 xa,n −1 − ... − a1 x a,1 − a 0 xa,1 + b0 xe,1 ] .
an
Die Lösung mittels Rekursion ist nur numerisch möglich und lässt sich nicht für die
Regelkreisanalyse bzw. Stabilitätsbedingungen verallgemeinern.
X Aufgabe 11.1
Die Regelstrecke stellt ein P-Glied mit KPS = 8 dar und wird mit einem analogen I-Regler gere-1
gelt. Der Integrierbeiwert des Reglers ist KIR = 2 s . Der analoge Regler wird durch einen
digitalen Regler mit gleichem Integrierbeiwert ersetzt. Die Abtastzeit des digitalen Reglers
beträgt TA = 0,05s. Der Regelalgorithmus wird nach der Trapezregel digitalisiert. Vergleichen
Sie die Sprungantworten des geschlossenen Regelkreises mit analogem und digitalem Regler
nach einem Sprung der Führungsgröße von w0 =2.
11.4.4 Exakte Lösung der Differenzengleichungen
Ähnlich einer Differentialgleichung entsteht auch hier die Lösung der Gl. (11.6) aus
h
der Lösung x a, k der homogenen Differenzengleichung
a n xa,k + n + a n −1 x a,k + n −1 + ... + a1 x a,k +1 + a 0 x a,k = 0
(11.7)
und einer partikulären Lösung xa,part
k , d. h.
xa,k = xa,h k + xa,part
k .
Für die homogene Lösung wird Gl. (11.7) mit dem Ansatz
xa,h k = C ⋅ z k
(11.8)
332
11 Digitale Regelung
zu der so genannten charakteristischen Gleichung der Differenzengleichung gebracht:
a n C ⋅ z k + n + a n −1C ⋅ z k + n −1 + ... + a1C ⋅ z k +1 + a 0 C ⋅ z k = 0 .
Daraus folgt
C ⋅ z k [a n z n + a n −1 z n −1 + ... + a1 z 1 + a 0 z 0 ] = 0 ,
an z n + an −1z n −1 + ... + a1z1 + a0 z 0 = 0 .
(11.9)
Die charakteristische Gleichung (11.9) hat n Nullstellen z1, z2, ... , zn, die reell oder
konjugiert komplex sind. Die homogenen Lösung ergibt sich somit zu
xa,h k =
n
 Ci ⋅ zik ,
(11.10)
i =1
wobei die Koeffizienten Ci aus den Anfangsbedingungen folgen.
Bei der partikulären Lösung wird, entsprechend zu Differentialgleichungen, eine Eingangsfunktion, z. B. die Sprungfunktion xe, k = 1, in Gl. (11.6) eingesetzt.
•
Beispiel 11.6
Gegeben ist die Differentialgleichung eines geschlossenen Regelkreises
T1x ( s) + x(t ) = K P w(t )
mit T1=1 s und KP= 2. Gesucht ist die exakte Lösung der Differenzengleichung.
Die Gesamtlösung ergibt sich als Superposition der homogenen und partikulären Lösungen der
charakteristischen Gleichung
xk = e
•
T
− A
T1
xk −1 + K P (1 − e
T
− A
T1
) wk −1 bzw. xk = 0,7788 xk −1 + 0,4424 wk −1
Beispiel 11.7
Der analoge Regler des in Bild 11.14 gezeigten
Regelkreises wird durch einen digitalen
PI-Regler mit der Abtastzeit TA = 0,1 s ersetzt.
Es soll die Differenzengleichung erstellt und
die Lösung bei einem Eingangssprung w0 = 2
ermittelt werden.
Die Übertragungsfunktion des geschlossenen
Regelkreises mit dem analogen PI-Regler:
Gw (s) =
x( s )
β2
=
, (11.11)
w( s ) s 2 + 2α ⋅ s + β 2
w(t)
+
KPR, Tn
−
KPS, T1
1, T2
x(t)
Analoger Regelkreis
Bild 11.14 Wirkungsplan des Regelkreises mit dem analogen PIRegler. Die Kennwerte des Kreises
sind: KPS = 0,8;
T1 = 0,5;
T2 = 1 s;
KPR = 1,5;
Tn = 1 s.
11.4 Beschreibung von Abtastsystemen im Zeitbereich
333
K K
1
= 1 s −1 und β 2 = PR PS = 2,4 s − 2 .
2T1
Tn T1
(11.12)
mit α =
Die Differentialgleichung erhalten wir aus Gl. (11.11) nach der Laplace-Rücktransformation:
s 2 ⋅ x( s ) + 2α ⋅ s ⋅ x( s ) + β 2 ⋅ x( s ) = β 2 ⋅ w( s )


2
d x(t )
dt
2
+ 2α

dx(t )
dt

+ β 2 x(t ) = β 2 w(t ) .
(11.13)
Die Digitalisierung erfolgt mit rechter Intervallgrenze, d. h.
dx(t ) x k +1 − x k
≈
= Δx k
dt
TA
d 2 x(t )
dt
2
≈
Δx k +1 − Δx k
TA
=
1
TA
 x k + 2 − x k +1 x k +1 − x k

−
TA
TA


 .

Setzen wir die obigen Differenzen in Gl. (11.13), so entsteht die Differenzengleichung
x k + 2 + 2(αTA − 1) ⋅ x k +1 + (1 − 2αTA + β 2TA2 ) ⋅ x k = β 2TA2 ⋅ wk
bzw.
a 2 x k + 2 + a1 x k +1 + a 0 x k = b0 wk ,
(11.14)
mit
a2 = 1
a1 = 2(αTA − 1) = −1,8
a 0 = 1 − 2αTA + β 2TA2 = 0,824 und b0 = β 2TA2 = 0,024 .
Aus der Differenzengleichung (11.14) bilden wir nach (11.9) die charakteristische Gleichung
a 2 z 2 + a1 z 1 + a 0 z 0 = 0 ,
(11.15)
bzw. z 2 − 1,8 z + 0,824 = 0 mit zwei Polstellen:
z1 = 0,9 + 0,1183 j
z 2 = 0,9 − 01183 j .
Die homogene Lösung der Differenzengleichung für k = 0, 1, 2, ... ist nach (11.10)
x kh = C1 ⋅ z1k + C 2 ⋅ z 2k .
part
(11.16)
Die partikuläre Lösung x k
stellt für die Eingangssprungfunktion eine Konstante C0 dar und
wird durch Einsetzen in die Differenzengleichung (11.14) bestimmt:
a 2 C 0 + a1C 0 + a 0 C 0 = b0 wk
334
11 Digitale Regelung
bzw.
C0 = −
b0 wk
0,024 ⋅ 2
=
=2.
a 2 + a1 + a 0 1 − 1,8 + 0,824
Damit ist die Gesamtlösung für k = 0, 1, 2, ... unter Beachtung von (11.16)
x k = x kh + x kpart = C 0 + C1 ⋅ z1k + C 2 ⋅ z 2k .
Die Anfangswerte sind bei k = 0 gegeben:
x0 = 0
dx k
x − x0
≈ 1
= 0 bzw. x1 = 0.
dt k =0
TA
Setzen wir die Gesamtlösung xk in der Differenzengleichung (11.15) für k = 0 und k = 1 ein, so
ergeben sich zwei Gleichungen
 x 0 = 2 + C1 z 0 + C 2 z 0 = 0
C1 + C 2
1
2
bzw. 

1
1
 x1 = 2 + C1 z1 + C 2 z 2 = 0
C1 z1 + C 2 z 2
= −2
= −2,
die zu folgenden Werten führen:
C1 =
− 2z2 + 2
= −1 + 0,8453 j
z 2 − z1
und C 2 =
− 2 + 2 z1
= −1 − 0,8453 j .
z 2 − z1
Die Gesamtlösung
x k = 2 + (−1 + 0,8453 j ) ⋅ (0,9 + 0,1183 j ) k + (−1 − 0,8453 j ) ⋅ (0,9 − 0,1183 j ) k
ist im Bild 11.15 dargestellt.
MATLAB-Skript:
2.5
x(kT )
2
z1 = 0.9 + 0.1183i;
z2 = 0.9 – 0.1183i;
c1 =(–2 * z2 + 2) / (z2 –
z1);
w= 2
c2 =(–2 + 2* z1) / (z2 –
z1);
1.5
for k = 1:40
1
xk = 2 + c1 * (z1 ^ k) +
c 2* (z2 ^ k)
0.5
0
0
bar (k, xk, ’w’)
10
20
Bild 11.15 Sprungantwort des digitalen Kreises
30
k
40
hold on
end;
11.4 Beschreibung von Abtastsystemen im Zeitbereich
335
11.4.5 Digitalisierung analoger Regelalgorithmen
Heutzutage wird der Anwender von der Aufstellen der Differenzengleichungen der
Regelalgorithmen verschont, da mehrere Programme und Funktionsbausteine preiswert angeboten und leicht zu testen sind. So werden nachfolgend nur die Grundlagen
der Umsetzung von zeitkontinuierlichen PID-Regelalgorithmen ins Zeitdiskrete kurz
dargestellt.
Unter den vielen möglichen Regelalgorithmen werden gegenwärtig vorwiegend die
analogen PI- und PID-Regler digitalisiert. Der kontinuierliche PID-Regelalgorithmus

y R (t ) = K P e(t ) + K I e(t )d t + K D
yP ( t )
yI ( t )
de(t )
dt
yD ( t )
entspricht einer Summe von drei Anteilen (P-, I- und D-Anteil):
y R (t ) = y P (t ) + y I (t ) + y D (t ) .
Nach dem Abtastprinzip wird die Regelgröße x(t) in Zeitabständen TA entnommen
und durch eine Reihe von Zahlenwerten x0, x1,..., xk−1, xk dargestellt (Bild 11.16).
Die Stellgröße yR(kTA) zum Zeitpunkt t = kTA, kurz yRk, wird als Funktion von Eingängen e0, e1,..., ek−1, ek berechnet und ausgegeben. Sie setzt sich, wie bei analogen
Reglern, aus drei digitalisierten Anteilen zusammen:
y Rk = y Pk + y Ik + y Dk .
(11.17)
Für die Zeitspanne dt wird die Abtastzeit TA gesetzt. Für den Grenzübergang TA → dt
geht die Summe in das Integral über und die Ableitung wird zum Differenzenquotient:
k
y Rk = K P ⋅ ek + K I ⋅ TA
 ei + K D ⋅ TA (ek − ek −1 ) .
1
(11.18)
i =1
Hierin sind: ek = wk − xk die Regeldifferenz im k-ten Abtastschritt und yRk die im k-ten
Abtastschritt errechnete Stellgröße.
Der Regelalgorithmus nach Gl. (11.18) heißt Stellungsalgorithmus, da die Stellgröße
yRk für jeden Wert der Abtastzeit TA berechnet wird. Solche Algorithmen sind für die
x(t)
xk
x1
0
TA
x2
2TA
xek-1
xek
kTA
x1
t
0
TA
x2
2TA
xek-1
xek
kTA
Bild 11.16 Durch Abtastung entstehende Folge xk aus dem kontinuierlichen Signal x(t)
t
336
11 Digitale Regelung
Regelstrecken mit großen Zeitkonstanten und entsprechend großen Abtastzeiten geeignet, z. B. für Temperaturregelstrecken, bei denen TA 20 s und mehr betragen kann.
Bei der Regelung von Prozessen mit Abtastzeiten, die in der Größenordnung von einigen ms liegen, z. B. bei Drehzahlregelungen, wird vielfach anstelle des Stellungsalgorithmus der Geschwindigkeitsalgorithmus angewandt, der die aktuelle Stellgröße aus
dem Zuwachs ΔyRk = yRk − yRk-1 berechnet. Die Werte yRk und yRk-1 werden nach
Gl. (11.17) für den k- und (k−1)-ten Abtastschritt errechnet. Zur Berechnung der aktuellen Stellgröße nach dem Geschwindigkeitsalgorithmus soll nun ΔyRk berechnet und
zu dem im vorhergehenden Abtastschritt ermittelten yRk-1 addiert werden, d. h.
y Rk = y Rk −1 + Δy Rk .
Die Approximation der Integration und der Differentiation in der Gl. (11.18) kann
durch verschiedene Verfahren vorgenommen werden. Zur Ermittlung des I-Anteils yIk
der Stellgröße kann die Fläche unter der Treppenkurve, die das Integral von e(t) nach
darstellt, nach der Rechteck- und der Trapezregel, wie in Bild 11.17 gezeigt, angenähert werden.
Analog
e(t)
Rechteckregel
ElementarFläche
ek
ElementarFläche= ei-1TA
e0 e 1
0
t
e2
ek-1
e i-1
TA
dt
ek
kTA
TA
Analoger Algorithmus
Trapezregel
ek
ElementarFläche= 0,5(ei-1+ ei)TA
e0 e 1
e2
e i-1
ei e
k-1
TA
t
kTA
TA
Nach Rechteckregel
Nach Trapezregel
y Pk = K PR ⋅ ek
y Pk = K PR ⋅ ek
Die i-te Elementarfläche:
e i ⋅ TA
ei −1 + ei
⋅ TA
2
Das Integral
y Ik =
ek
t
P-Anteil:
y P (t ) = K PR e(t )
I-Anteil:
y I (t ) =
K PR
Tn
 e(t )dt
wird durch eine Summe
nachgebildet:
K PR k
ei TA =
Tn i =1

T k
= K PR A
ei
Tn i =1

Bild 11.17 Bildung der Summe aus der Folge e(t)
y Ik =
=
K PR k ei −1 + ei
TA =
2
Tn i =1

T k
1
K PR A
(ei −1 + ei )
2
Tn i =1

11.4 Beschreibung von Abtastsystemen im Zeitbereich
337
In nachfolgender Tabelle ist die Ermittlung der Differenz ΔyRk für den PI-Regelalgorithmus nach Rechteck- und Trapeznäherung gezeigt.
Rechteckregel
(Euler-Verfahren)
Trapezregel
(Tustin-Verfahren)
T k
y Rk = K PR ek + K PR A
ei
Tn i =1
y Rk = K PR e k +
T k −1
y Rk −1 = K PR e k −1 + K PR A
ei
Tn i =1
y Rk −1 = K PR e k −1 +


Δy Rk = K PR (ek − e k −1 ) +
T
+ K PR A
Tn

K PR TA k −1
(ei −1 + ei )
2 Tn i =1

Δy Rk = y Rk − y Rk −1
Δy Rk = K PR (ek − e k −1 ) +
k −1 
 k
 e −
ei 
i


i =1 
 i =1

K PR TA k
(ei −1 + ei )
2 Tn i =1

+
K PR TA k
(ei −1 + ei )
2 Tn i =1
−
K PR TA k −1
(ei −1 + ei )
2 Tn i =1


Unter Beachtung
k −1 
 k
 e −
ei  = e k
i


i =1 
 i =1

k


Δy Rk =
i =1
(ei −1 + ei ) −
k −1
 (ei−1 + ei ) = ek −1 + ek
i =1
ergeben sich die Formel zur Berechnung der aktuellen Stellgröße
nach dem Geschwindigkeitsalgorithmus y Rk = y Rk −1 + Δy Rk :
= K PR (ek − e k −1 ) +
Δy Rk =
K PR TA
ek
Tn
= K PR (e k − ek −1 ) +
K PR TA
(ek −1 + e k )
2Tn
Die Rechtecknäherung kann auf andere Art formuliert werden, nämlich mit dem Wert
der so genannten linken Intervallgrenze. Wie Bild 11.18 zeigt, richten sich damit die
abgetasteten Werte nicht nach der rechten ei, sondern nach der linken Seite ei−1 des
Rechtecks aus. Die Elementarfläche wird statt eiTA nun ei−1TA betragen. Wie auch
bei der rechten Intervallgrenze werden insgesamt k Elementarflächen addiert, allerdings muss k−1 statt k bzw. k−2 statt k−1 als obere Grenze bei den Summenzeichen in
obiger Tabelle eingesetzt werden. Damit erhält man den folgenden PI-Algorithmus
mit linker Intervallgrenze, der auch als Typ I genannt wird:
y Rk = y Rk −1 + Δy Rk = y Rk −1 + K PR (ek − e k −1 ) +
K PR TA
e k −1 .
Tn
338
e(t)
11 Digitale Regelung
Analoge
Regeldifferenz
Rechtecknäherung
mit linker Intervallgrenze
Rechtecknäherung
mit rechter Intervallgrenze
ek
ek
linke
Grenze
ei-1
dt
t
0
i-te ElementarFläche= eiTA
i-te ElementarFläche= ei-1TA
rechte
Grenze
TA
0
ei
t
i TA
kTA
0
TA
i TA
t
kTA
Bild 11.18 Rechtecknäherung mit linker und rechter Intervallgrenze
Der D-Anteil kann durch den Differenzenquotient mit der Zeitdifferenz TA
y D (t ) = K PR Tv
de(t )
dt

y Dk = K PR Tv
Δe k
TA
auch auf zwei Arten angenähert werden:
•
Mit der linken Intervallgrenze (so genannte Differenzbildung rückwärts, Typ I)
e − ek −1
y Dk = K PR Tv k
TA
•
Mit der rechten Intervallgrenze (Differenzbildung vorwärts bzw. Typ II)
e
− ek
.
y Dk = K PR Tv k +1
TA
Die Differenzbildung vorwärts wird selten benutzt, weil ein Wert ek+1 zum Zeitpunkt
t = kTA noch nicht bekannt ist und der D-Anteil yDk-1 nur verzögert um eine Abtastperiode zum Zeitpunkt t = (k−1)TA berechnet werden kann. Die Programmierung von
Regelalgorithmen ist im Anhang erläutert und steht im OnlinePlus-Bereich des Verlags zum Download zur Verfügung.
X Aufgabe 11.2
Gegeben ist der analoge I-Algorithmus y (t ) = K I
 e(t )dt mit K I = 2s
−1
und e(t ) = 2t 2 .
Der Eingangssignal e(t) ist bei t > 0,5 auf maximalen Wert e(t) = 0,5 begrenzt. Gesucht ist der
Ausgangssignal des mit der Abtastzeit TA = 0,1 s digitalisierten Algorithmus für 0 ≤ t < 1.
X Aufgabe 11.3
Gegeben ist die Differentialgleichung einer analogen PI-Regeleinrichtung mit Verzögerung TR:
TR y R (t ) + y R (t ) = K PR e(t ) +
K PR
Tn
 e(t ) dt .
Als Regler wird eine SPS mit der Abtastzeit TA verwendet. Gesucht ist der nach dem Typ I
digitalisierte Geschwindigkeitsalgorithmus.
11.4 Beschreibung von Abtastsystemen im Zeitbereich
339
X Aufgabe 11.4
Der PI-Regelalgorithmus mit den Kennwerten KPR = 1,5 und Tn = 2,0 s soll nach der Rechteckregel mit die Abtastzeit TA = 0,5 s digitalisiert werden. Wie groß wird die Stellgröße yR zum
Zeitpunkt t = 2,0 s nach einem Eingangssprung von e0 = 2 bei:
a) analogem Regler, b) digitalem Regler ?
In den zwei nachfolgenden Tabellen sind die Standard-Regelalgortithmen zusammengefasst. Die Tabelle 11.1 enthält die Übertragungsfunktionen und Differentialgleichungen der analogen Regelalgorithmen. Anhand dieser Tabelle wurden die Differenzengleichungen erstellt und mittels Rekursionen gelöst. Daraus entstanden die digitalisierten Regelalgorithmen, die in Tabelle 11.2 gegeben sind.
GR(s)
Regler
P
GR ( s ) = K P
I
K
GR ( s ) = I
s
Differentialgleichung
y (t ) = K p e(t )
Parameter
t

KI =
y (t ) = K I e(t )dt
0
D
GR ( s ) = sK D
PI
GR ( s ) =
K P (1 + sTn )
sTn
y (t ) = K D e(t )
K D = K P Tv
t

y (t ) = K P e(t ) + K I e(t )dt
GR ( s ) = K P + sK D
T1 y (t ) + y (t ) = K P e(t ) + K D e(t )
realer
PD
bzw.
PDT1
sK D
GR ( s ) = K P +
1 + sT1
T1 y + y (t ) = K P e(t ) + K D e + K pT1e
GR ( s ) = K P +
+
KI
+ sK D
s
KI =
0
idealer
PD
idealer
PID
KP
Tn
KP
Tn
K D = K P Tv
KI =
KP
Tn
K D = K P Tv

y (t ) = K P e + K I edt + K De
KI =
KP
Tn
K D = K P Tv
T1 y + y = ( K P + K IT1 )e
realer
PID
bzw.
PIDT1

+ K I edt +
GR ( s ) = K P +
+
KI
sK D
+
s 1 + sT1
+ ( K D + K PT1 )e
bzw.
T1y + y = K I e +
KI =
KP
Tn
K D = K P Tv
+ ( K P + K IT1 )e +
+ ( K D + K PT1 )e
Tabelle 11.1 Zusammenfassung der analogen Standard-Regelalgorithmen
340
Regler
11 Digitale Regelung
P
GR(s)
GR ( s ) = K P
I
GR ( s ) =
D
GR ( s ) = sK D
PI
GR ( s ) = K P +
idealer
PD
GR ( s ) = K P +
realer
PD
bzw.
PD-T1
Differenzengleichung
yk = K p ek
KI
s
+ sK D
GR ( s ) = K P +
+
sK D
1 + sT1
idealer
PID
realer
PID
bzw.
PIDT1
KI =
KD
(ek − ek −1 )
T
yk = yk −1 +
+ c1ek − c2ek −1
K D = K PTv
yk = c1ek − c2 ek −1
yk = d1 yk −1 +
+ c1ek − c2ek −1
c1 = K P
c2 = K P − K IT
K
c1 = K P + D
T
KD
c2 =
T
KD
;
c1 = K P +
T + T1
c2 = K P
d1 =
GR ( s ) = K P +
+
KI
+ sK D
s
GR ( s ) = K P +
+
KI
sK D
+
s 1 + sT1
KP
Tn
yk = yk −1 + K ITek −1
yk =
KI
s
Parameter
− c2ek −1 + c3ek − 2
yk = d1 yk −1 − d 2 yk − 2 +
+ c1ek + c2 ek −1 + c3ek − 2
c* =
c2
c1
c* =
c2
c1
T1
KD
+
;
T + T1 T + T1
T1
T + T1
c1 = K P +
yk = yk −1 + c1ek −
c
c* = 2
c1
KD
;
T
c2* =
c2
c1
2K D
− K IT ;
T
c
T
K
c3 = D = K P v ;
c3* = 3
T
T
c1
c2 = K P +
c1 =
K PT  T1 + T T1 + Tv 
1 +

+
T + T1 
T 
2Tn
c2 =
K PT  T
2(T1 + Tn ) 

−
− 1
T + T1  2Tn
T

K PT  T1 + Tv
T 

− 1 
T + T1  T
2Tn 
T
d1 = 1 + 1
T + T1
c3 =
d2 =
T1
T + T1
Tabelle 11.2 Zusammenfassung der digitalisierten Standard-Regelalgorithmen
Beim Erstellen von Tabellen 11.1 und 11.2 hat Dominik Herold, Student der Hochschule
Darmstadt, Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik, mitgewirkt (2008/09).
11.4 Beschreibung von Abtastsystemen im Zeitbereich
341
11.4.6 Stabilitätsbedingung für Abtastsysteme
Ein Abtastsystem ist dann stabil, wenn die Ausgangsgröße xa, k nach einem Eingangsprung zu einem Beharrungszustand übergeht. Mathematisch bedeutet es, dass die
Lösung (11.10) der homogenen Gl. (11.7) mit der Zeit t → ∞ bzw. k → ∞ verschwindet, d. h.
xa,h k
bei k →∞
=0.
Dies ist für wachsende k und wachsende z ik nur dann möglich, wenn alle Beträge der
komplexen Wurzeln der charakteristischen Gleichung (11.9) kleiner Eins sind.
Daraus folgt die Stabilitätsbedingung eines Abtastsystems:
Ein Abtastsystem ist dann stabil, wenn alle Wurzeln der charakteristischen Gleichung (11.9) zu der Differenzgleichung (11.6) des
geschlossenen Regelkreises vom Betrag kleiner Eins sind, d. h.
zi < 1







(11.19)
Für Differenzengleichungen 1. Ordnung
a
a1 z + a 0 = 0 bzw. z + 0 = 0
a1
gilt die Stabilitätsbedingung (11.19) bei Koeffizienten
a0
a1
< 1 bzw. − a1 < a 0 < a1 .
Für Differenzengleichungen 2. Ordnung
a2 z 2 + a1z + a0 z 0 = 0
mit dem Wert von a2 = 1, was bei
geschlossenen Regelkreisen häufig
der Fall ist, führt die Stabilitätsbedingung (11.19) zu
a0 < 1

(11.20)

− 1 − a 0 < a1 < 1 + a 0 .
Bild 11.19 zeigt das entsprechende
Stabilitätsgebiet in der Ebene (a0, a1)
der Koeffizienten der Differenzengleichung.
Die Stabilitätskriterien werden in
Abschnitt 11.5.5 behandelt.
a1
a0 = 1
1,0
−1,0
0
−1,0
a1 = 1 + a0
a0
1,0
a1 = −1− a0
Bild 11.19 Stabilitätsgebiet für digitale
Regelkreise 2. Ordnung mit a2 = 1
342
•
11 Digitale Regelung
Beispiel 11.8
Die Stabilität des in Beispiel 11.7 gegebenen Kreises mit charakteristischer Gl. (11.15)
z 2 + a1z1 + a0 z 0 = 0
soll für gegebene Kennwerte KPS = 0,8; T1 = 0,5 s und Tn = 1 s untersucht werden. Die Koeffizienten sind nach Gln. (11.12) und (11.14) gegeben:
a1 =
TA
−2
T1
a0 = 1 −
TA K PR K PS TA2
+
⋅
T1
Tn
T1
Bezeichnen wir
K K
TA
= b und PR PS = K 0 . Mit der vorgegebenen Abtastzeit TA = 0,1 s
T1
Tn
ergibt sich der kritische Wert von KPR (s. Bild 11.20) aus der Stabilitätsbedingung (11.20) zu
 1 − b + K 0 ⋅ b ⋅ TA < 1 
a0 < 1
K PR <
Tn
K PSTA
 K PRkr = 12,5
Ist dagegen KPR vorgegeben, z. B. KPR = 5 bzw. K0 = 4, wird die kritische Abtastzeit ermittelt:
 TA <
a0 < 1
1
K0

TA <
Tn
1s
=
K PR K PS 5 ⋅ 0,8
 TAkr = 0,25 s
a1 < 1 + a0  b − 2 < 1 + 1 − b + b 2 K 0T1  b 2 − b − 2 > 0
 TAkr = 2T1 .
Aus der letzten Bedingung folgt TAkr = 1,0 s. Die Bedingung a1 < −1− a0 liefert die Lösung
TA > 0. Normalerweise wird für die Abtastzeit der kleinste Wert gewählt; d. h. TA < 0,25 s.
2.5
1.4
KK =1,5
= 1,5
PR
x(kT)
1.2
K
x(kT)
PR
PR
= 13
2
1
1.5
0.8
1
0.6
0.5
0.4
0
0.2
0
0
10
20
30
40
50
k
60
-0.5
0
10
20
30
40
50
k
60
Bild 11.20 Sprungantworten des digitalen Regelkreises bestehend aus dem PI-Regler und einer
P-T2-Strecke bei einem Einheits-Eingangssprung der Führungsgröße
11.5 Beschreibung von digitalen Systemen im z-Bereich
343
11.5 Beschreibung von digitalen Systemen im z-Bereich
11.5.1 Die z-Transformation
In zeitkontinuierlichen Regelkreisen wirkt ein analoger Signal auf den Eingang eines
kontinuierlichen Elements. Die kontinuierliche Funktionen f(t) werden nach Laplace
transformiert.
∞
 f (t ) ⋅ e
f (s) =
− st
⋅ dt
(11.21)
−∞
In digitalen Regelkreisen wirkt eine Impulsfolge auf den Eingang eines kontinuierlichen Elements:
( f k ) = f 0 ⋅ δ (t ) + f1 ⋅ δ (t − T ) + f 2 ⋅ δ (t − 2T ) + ... =
∞
 fk ⋅ δ (t − kT )
k =0
Es entsteht eine zeitdiskrete und wertediskrete Signalfolge. Die Zeit ist durch die Abtastung t = kTA bzw. t = kT diskretisiert. Die Impulse δ(t−kT) sind zeitlich voneinander
um die Abtastzeit verschoben. Die Funktion f(t) wird durch die Folge fk bzw. die folgende Summe dargestellt:
∞
f (t ) = f ( kT ) =
 f k δ (t − kT )
k =0
Da die Laplace-Transformation eines einzelnen Impulses ist
δ(t−kT)
L[δ (t − kT )] = e − skT ,
c−−¦
wird die Funktion f(t) bzw. die Summe von Impulsen wie folgt Laplace-transformiert:
∞
 f k δ (t − kT )
∞
c−−¦
k =0
 fk e−kT ⋅s .
k =0
Für die zeitdiskrete Signalfolge kann die Laplace-Transformation mit dem Ansatz
z = e sT bzw. z −1 = e − sT
(11.22)
angewendet werden. Sie wird diskrete Laplace-Transformation oder z-Transformation
genannt und wird durch Z [z] oder symbolisch wie bei kontinuierlichen Systemen
bezeichnet:
t
c−−¦
kT
∞
f (t )
c−−¦
f (t ) =
 fk ⋅ e− skT
k =0
344
11 Digitale Regelung
Dasselbe gilt für die Rücktransformationen bzw. Z−1 [z]:
∞
f (kT )
¦−−c
f ( z) =
 fk z −k
k =0
Wie die Laplace-Transformation wird die z-Transformation durch Sätze und Rechenregeln definiert. Unten in der Tabelle sind nur einige wichtige Funktionen dargestellt.
Zeitfunktion
u(t)
Laplace-Transformierte
L[u(t)] = U(s)
Dirac-Impuls δ (t )
bei t = 0
0
Dirac-Impuls bei t = kT
δ (t − kT )
Rechteckimpuls a0δ (t )
a
der Höhe 0 bei t = 0
T
1
0
1
T
1
a1
T
0
2
u (t ) = 1 − e
t
T1
k
T
1
k
2
1
2
a
L[a1δ (t − kT )] = 1 e − skT
T
k
1
1
s
L[σ (t − kT )] =
1
2
k
L[t ] =
1
0 1234
−
z −k
L[σ (t )] =
0
Exponente
L[δ (t − kT )] = e − kT
a (1 − e − sT )
= 0
T
1
0
Anstiegfunktion u (t ) = t
1
L[σ (t ) − σ (t − T )] =
Rechteckimpuls
a1δ (t − kT )
a
der Höhe 1 bei t = kT
T
Einheitssprung σ (t ) = 1
bei t = T
k
a0
T
0
Einheitssprung σ (t ) = 1
bei t = 0
L[δ (t )] = 1
k
2
2
z-Transformierte
Z[u(k)] = Uz(z)
k
1
0 1234
k
a0
T
a1 − k
z
T
z
z −1
1 − sT
e
s
z
1
⋅ z −1 =
z −1
z −1
1
Tz
s2
( z − 1) 2
1
L[u (t )] =
s (1 + sT1 )
(1 − e
−
T
T1
)z
( z − 1)( z − e
−
T
T1
)
Im Anhang sind die Sätze der z-Transformation komplett aufgeführt sowie die Zeitfunktionen f(t), die Laplace-Transformierten f(s) und die z-Transformierten f(z) gegenübergestellt. Die z-Rücktransformation für die Funktionen, die in dieser Tabelle
nicht vorhanden sind, erfolgt, wie bei Laplace-Rücktransformation, mit Hilfe der Partialbruchzerlegung.
11.5 Beschreibung von digitalen Systemen im z-Bereich
345
Einige häufig auftretende Regeln für Funktion f(t) bzw.
Z [ f (t )] = Fz ( z )
sind unten aufgelistet:
•
•
Verschiebung im Zeitbereich:
xk −1
c−−¦
1
X z ( z ) bzw. z −1 X z ( z )
z
xk
c−−¦
X z ( z)
xk +1
c−−¦
zX z ( z ) bzw. z +1 X z ( z )
Differenzbildung im Zeitbereich f(t) − f(t−TA):
( f k ) − ( f k −1 )
•
c−−¦
 1
1 −  Fz ( z )
 z
Summation im Zeitbereich
( f 0 ), ( f 0 + f1 ), ( f 0 + f1 + f 2 ),...
•
c−−¦
z
Fz ( z )
z −1
Beispiel 11.9
Gegeben ist die z-Transformierte eines Ausgangssignals y(t):
a) Yz ( z ) =
3z
;
z −1
b) Yz ( z ) =
5z
z − 0,2
Gesucht ist die zugehörige Wertefolge (yk).
Zu a): Laut Korrespondenztabelle gilt für Eingangsprung σ(t) =1
z
1
Z  =
,
s
z
−
1
 
d. h. der gegebene Signal y(t) stellt einen Eingangsprung von der Höhe σ(t) =3. Daraus folgt für
die zeitdiskrete Wertefolge yk = 3.
Zu b): Laut Korrespondenztabelle gilt Z [e − at ] =
z
z − e − aT
.
Nach Anpassung an die gegebene Funktion
e − aT = p
 ln e − aT = ln p  − aT = ln p  a = − ln p
ergeben sich die z-Transformation
Z [e − at ] = Z [e − akT ] = Z [ p k ]
und die gesuchte Folge:
yk = 5 ⋅ (0,2) k .
T
346
11 Digitale Regelung
11.5.2 Die z-Übertragungsfunktionen
Das Konzept der Digitalisierung und die Transformationen für ein LZI-Glied sind in
Bild 11.21 schematisch dargestellt. Auf den Eingang des kontinuierlichen Gliedes
wirkt die Eingangssfolge
xe (kTA ) = 1 ,
die aus einem mit der Abtastzeit TA digitalisierten Eingangssprung entsteht. Analog
der Laplace-Transformation x(s) = L[x(t)] kann die z-Transformierte des Ausgangssignals xa(z) = Z[xa(kTA)] als Reaktion des Elements auf das Eingangssignal
xe(z) = L[xe(kTA)] mittels z-Übertragungsfunktion beschrieben werden:
xa ( z ) = G ( z ) ⋅ xe ( z )
(11.23)
Um die z-Übertragungsfunktion GS(z) aus der „analogen“ Übertragungsfunktion GS(s)
zu ermitteln, wird der Eingang als Folge von idealen Eingangsimpulsfunktion δ(t)
betrachtet. Die Reaktion des Gliedes auf ein Impuls δ (t) ist die Gewichtsfunktion g(t).
Durch die Folge der Gewichtsfunktionen g(kTA) wird das Ausgangssignal xa(kTA)
beschrieben und z-transformiert. Aus (11.23) folgt dann die z-Übertragungsfunktion.
xe(s) = L [xe(t)]
x (s)
G( s) = a
xe ( s )
xa(s) = L [xa(t)]
Laplace-Transformation
xe(t)
xa(t)
t
t
Differentialgleichung
Digitalisierung
xe(kTA)
kTA
Differenzengleichung
xa(kTA)
Bild 11.21 Schematische
Darstellung von Transformationen eines kontinuierlichen LZI-Gliedes in analogen und digitalen Regelkreisen
kTA
z -Transformation
xe(z) = Z [xe(kTA)]
x ( z)
G( z) = a
xe ( z )
xa(z) = Z [xa(kTA)]
Der Zusammenhang zwischen einer Differenzengleichung ( m ≤ n ; k = 0,1,2,... )
anvk − n + ... + a2vk − 2 + a1vk −1 + a0vk = bmuk − m + ... + b1uk −1 + b0uk
(11.24)
11.5 Beschreibung von digitalen Systemen im z-Bereich
347
und entsprechenden z-Übertragungsfunktionen kann hergeleitet, indem man die beiden Seiten der Gl. (11.24) unter Beachtung des Verschiebungssatzes z-transformiert:
vk
c−−¦
Vz (z )
uk
c−−¦
U z (z )
vk −1
c−−¦
z −1Vz ( z )
uk −1
c−−¦
z −1U z ( z )
vk − 2
c−−¦
z −2Vz ( z )
uk − 2
c−−¦
z −2U z ( z )
Es ergibt sich
an z − nV z ( z ) + ... + a1z −1V z ( z ) + a0Vz ( z ) = bm z − mU z ( z ) + ... + b1z −1U z ( z ) + b0U z ( z )
( an z − n + ... + a1 z −1 + a0 )V z ( z ) = (bm z − m + ... + b1 z −1 + b0 )U z ( z ) ,
was zur folgenden Übertragungsfunktion resultiert:
V ( z ) bm z − m + ... + b1z −1 + b0 Z ( z )
=
=
.
Gz ( z ) = z
U z ( z ) an z − n + ... + a1z −1 + a0 N ( z )
Nach der Multiplikation des Zählers und des Nenner mit zn wird daraus
V ( z ) b0 z n + b1z n −1 + ... + bm z n − m Z ( z )
= n
=
.
Gz ( z ) = z
U z (z)
N (z)
z + a1z n −1 + ... + a1z + a0
Ermittelt man die Polstellen zp1, zp2, ... zpn aus der charakteristischen Gleichung
Z(z) =0 und die Nullstellen z01, z02, ... zol aus der Gleichung Z(z) = 0, kann die Übertragungsfunktionen durch Linearfaktoren dargestellt werden:
Gz ( z ) =
•
Vz ( z )
( z − z01 )( z − z02 )...( z − z0l ) Z ( z )
= b0
=
mit l = n − m
U z ( z)
( z − z p1 )( z − z p 2 )...( z − z pn ) N ( z )
Beispiel 11.10
(wk) 4
(xk) 4
3
3
2
2
1
1
0
Lösung:
1
2
3
k
Gegeben: Die Wertefolgen
der Regelgröße (xk) und der
Führungsgröße (wk).
Gesucht: Die
gungsfunktion
0
1
2
3
k
Gz ( z ) =
z-Übertra-
X z ( z)
.
Wz ( z )
Wz ( z ) = 2 z 0 + 2 z −1 + 2 z −2 + 2 z −3
X z ( z ) = 4 z 0 + 3 z −1 + 2 z −2 + 2 z −3
Gz ( z ) =
X z ( z ) 4 + 3 z −1 + 2 z −2 + 2 z −3
=
Wz ( z ) 2 + 2 z −1 + 2 z − 2 + 2 z − 3
bzw. G z ( z ) =
4 z 3 + 3z 2 + 2 z + 2
2z3 + 2z 2 + 2z + 2
348
11 Digitale Regelung
11.5.3 Digitale Übertragungsfunktionen von einzelnen Elementen
In einem digitalen Regelkreis sind die kontinuierlichen Elemente mit den digitalen
Elementen verknüpft. Wie bei analogen Systemen ist die Darstellung von allen Elementen des Regelkreises mit z-Übertragungsfunktionen möglich, jedoch nachfolgend
werden die Übertragungsfunktionen von Reglern und Regelstrecken nach verschiedenen Ansätzen erstellt.
Zunächst wird angenommen, dass ein digitaler Regelkreis aus folgenden Elementen
besteht, wie in Bild 11.22 gezeigt ist: Regler, Strecke, A/D-Wandler (Abtaster) und
D/A-Wandler (Halter). Der digitale Regler wird gemeinsam mit dem Abtaster als rein
digitaler Element betrachtet. Die kontinuierliche Regelstrecke wird gemeinsam mit
dem Halteglied auch als digitaler Element betrachtet. Die z-Übertragungsfunktion
einer Reihenschaltung der analogen Regelstrecke mit dem digitalen Halteglied wird
GHS(z) bezeichnet und als z-Transformierte von GHS(s) ermittelt wird:
G HS ( z ) = Z [G HS ( s )] = Z [G H ( s ) GS ( s )] .
w(t)
e(t)
Abtaster
+
e(kTA)
Regelalgorithmus
(11.25)
yR(kTA)
Halteglied
Regelstrecke
x(t)
−
Laplace-Transformation
yR(s)
Bild 11.22 Wirkungsplan eines digitalen
Regelkreises im Zeitbereich und die
schematische Darstellung von Transformationen einer Verknüpfung:
G HS ( s ) = G H ( s ) GS ( s )
G HS ( z ) = G H ( z ) GS ( z )
x(s)
GH(s)
GS(s)
z-Transformation
yR(z)
x(z)
GHS(z)
a) Digitale Übertragungsfunktionen von digitalen Elementen (Reglern)
yk
ek
0 1 2
k
GR(z)
0 1 2
k
Bild 11.23 Darstellung eines digitalen Reglers
mit Wertefolgen und z-Übertragungsfunktion
Ein digitaler Regler hat am Eingang
und am Ausgang (Bild 11.23) die
zeitdiskreten Folgen der Regeldifferenz (ek) und der Stellgröße (yk), die
nach der z-Transformation zur Ez(z)
und Yz(z) umgewandelt werden, woraus die Übertragungsfunktion des
Reglers folgt:
Yz ( z ) = GR ( z ) E z ( z )
11.5 Beschreibung von digitalen Systemen im z-Bereich
349
Die z-Übertragungsfunktionen von Standard-Regelalgorithmen sind unten aufgeführt.
GR(z)
GR(s)
Regler
P
GR ( s ) = K P
I
GR ( s ) =
D
GR ( s ) = sK D
PI
GR ( s) = K P +
idealer
PD
GR ( s ) = K P +
+ sK D
Parameter
GR ( z ) = K p
KIT
z −1
KD z −1
⋅
GR ( z ) =
T
z
KI
s
GR ( z ) =
KI
s
c ( z − c* )
GR ( z ) = 1
z −1
c ( z − c* )
GR ( z ) = 1
z
KI =
KP
Tn
K D = K PTv
c1 = K P
c2 = K P − K IT
K
c1 = K P + D
T
KD
c2 =
T
c
c* = 2
c1
c
c* = 2
c1
KD
c
c* = 2
;
T + T1
c1
T1
KD
c2 = K P
+
;
T + T1 T + T1
c1 = K P +
realer
PD
bzw.
PD-T1
GR ( s ) = K P +
sK D
+
1 + sT1
d1 =
GR ( s ) = K P +
idealer
PID
realer
PID
bzw.
PIDT1
c ( z − c* )
GR ( z ) = 1
z − d1
K
+ I + sK D
s
GR ( s ) = K P +
+
KI
sK D
+
s 1 + sT1
T1
T + T1
c1 = K P +
KD
;
T
c2* =
c2
c1
c ( z 2 − c2* z + c3* )
2K D
GR ( z ) = 1
c2 = K P +
− K IT ;
z ( z − 1)
T
c
T
K
c3 = D = K P v ;
c3* = 3
T
T
c1
c1 =
K PT  T1 + T T1 + Tv 
1 +

+
2Tn
T + T1 
T 
c2 =
2(T1 + Tn ) 
K PT  T

−
− 1
T + T1  2Tn
T

c ( z 2 + c*2 z + c3* )
GR ( z ) = 1 2
K T  T + Tv
T
z − zd1 − d 2
− 1
c3 = P  1
T + T1  T
2Tn
d1 = 1 +
d2 =
T1
T + T1
T1
T + T1



350
11 Digitale Regelung
b) Digitale Übertragungsfunktionen von kontinuierlichen Elementen (Strecken)
Eine kontinuierliche Strecke GS(s) wird gemeinsam mit einem Halteglied GH(s) betrachtet. Setzt man die Übertragungsfunktion des Haltegliedes
GH ( s) =
1 − e − sTA
.
s
(11.26)
in die Gl. (11.25), so ergibt sich nach der z-Transformation
1 − e − sTA

 e − sTA

 G (s) 
G HS ( z ) = Z 
⋅ GS ( s ) = Z  S  − Z 
⋅ GS ( s ) .
s
 s 
 s



Aus dem Verschiebungssatz der z-Transformation (s. Anhang) folgt, dass eine Verschiebung um TA im Zeitbereich einer Multiplikation im z-Bereich entspricht, d. h.
 G (s) 
Z  S −Z
 s 
 e − sTA

 G ( s) 
⋅ GS ( s ) = (1 − z −1 ) ⋅ Z  S  .

 s 
 s

Daraus ergibt sich die z-Übertragungsfunktion GHS(z) der Strecke mit dem Halteglied:
G HS ( z ) =
•
z −1
 G (s) 
⋅Z  S .
z
 s 
(11.27)
Beispiel 11.11
Für eine P-T1-Strecke mit Halteglied
GS ( s ) =
K PS
1 + sT1
soll die z-Übertragungsfunktion ermittelt werden.
Mit Halteglied GH(s) wird die Strecke GS(s) im z-Bereich nach (11.27) wie folgt abgebildet
G HS ( z ) =
z −1
⋅Z
z
 K PS 

.
 s (1 + sT1 ) 
Gemäß der Beziehung 10 der Korrespondenztabelle für z-Transformation wird:
GHS ( z ) =
(1 − e − k1 ) ⋅ z
1 − e − k1
z −1
T
⋅ K PS ⋅
=
K
⋅
mit k1 = A
PS
−
k
−
k
T1
z
( z − 1)( z − e 1 )
z −e 1
−k
Mit Bezeichnungen sowie a1 = e 1 und b0 = 1 − a1 resultiert die gesuchte Übertragungs-
funktion der P-T1-Strecke mit dem Halteglied zu
G HS ( z ) = K PS
b0
.
z − a1
11.5 Beschreibung von digitalen Systemen im z-Bereich
351
11.5.4 Digitale Führungsübertragungsfunktionen
Für Grundschaltungen von Regelkreiselementen (Reihen-, Parallel-, Kreisschaltung)
gelten für z-Übertragungsfunktionen die gleichen Regeln wie im analogen Fall. Allerdings dürfen die Abtast- und Halteglieder im Kreis nicht beliebig verschoben werden,
wie es für Glieder eines analogen Kreises der Fall ist.
Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Regelkreises (Bild 11.22) mit dem
digitalen Regler GR(z) und der Reihenschaltung Halteglied/Regelstrecke GHS(z) lautet
G0 ( z ) = G R ( z )G HS ( z ) .
Daraus folgt die Führungsübertragungsfunktion im z-Bereich
Gw ( z) =
•
G0 ( z )
x( z )
.
=
w( z ) 1 + G0 ( z )
Beispiel 11.12
Es soll die Führungsübertragungsfunktion eines Regelkreises, bestehend aus einer P-T1-Strecke
GS ( s ) =
K PS
1 + sT1
und einem digitalen P-Regler mit der Abtastzeit TA ermittelt werden.
Die Übertragungsfunktion der P-T1-Regelstrecke mit Halteglied wurde bereits im Beispiel
11.11 im z-Bereich transformiert:
G HS ( z ) = K PS ⋅
1− e
z −e
T
− A
T1
T
− A
T1
.
Die z-Übertragungsfunktion des digitalen P-Reglers ist
G R ( z ) = K PR .
Damit ist z-Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises
G0 ( z ) = G R ( z )G HS ( z ) = K PR K PS ⋅
1− e
z−e
T
− A
T1
T
− A
T1
.
Daraus folgt die z-Übertragungsfunktion des geschlossenen Kreises
352
11 Digitale Regelung
Gw ( z) =
1− e
G0 ( z )
= K PR K PS
1 + G0 ( z )
z −e
T
− A
T1
T
− A
T1
+ K PR K PS (1 − e
T
− A
T1
,
)
die mit Bezeichnungen
K 0 = K PR K PS ; k1 = e
T
− A
T1
; a1 = e − k1 ; b0 = 1 − a1 und a 0 = b0 K 0 − a1
vereinfacht dargestellt werden kann:
Gw ( z) = K 0
b0
.
z − a0
Die mit MATLAB simulierte Sprungantwort mit Kennwerten KPS = 0,8; T1 = 0,5 s; KPR = 1,5
und TA = 0,1 s bei einem Einheitssprung der Führungsgröße ist in Bild 11.24 gezeigt.
MATLAB-Skript
0 .7
x (k T )
T1 = 0.5;
TA = 0.1;
KPS = 0.8;
KPR = 1.5;
a1 = exp (–TA/T1);
K0 = KPR * KPS;
b0 = 1– a1;
a0 = b0*K0 – a1;
num = [b0*K0];
0 .6
0 .5
0 .4
0 .3
0 .2
den = [1 −a0];
0 .1
0
0
2
4
6
8
10
12
14
dstep (num, den, ’k’);
k
Bild 11.24 Sprungantwort des digitalen Kreises bestehend
aus P-Regler mit P-T1-Strecke
11.5.5 Stabilitätskriterien für digitale Regelkreise
a) Stabilitätsbedingung im z-Bereich
Ein kontinuierlicher Regelkreis wird dann stabil, wenn alle Pole der Übertragungsfunktion in der linken Hälfte der s-Ebene liegen, d. h. wenn alle Pole einen negativen
Realteil haben.
Diese Stabilitätsbedingung ist allgemein und gilt auch für digitale Systeme. Da diese
durch die z-Übertragungsfunktionen beschrieben werden, soll die Lage der Pole im zBereich untersucht werden. Die komplexe s-Ebene (Bild 11.25) soll dafür in die kom-
11.5 Beschreibung von digitalen Systemen im z-Bereich
353
plexe z-Ebene abgebildet werden. Diese Abbildung kann aus Ansätzen für die Laplace-Transformation und z-Transformation für − ∞ < ω < + ∞ hergeleitet werden:
s = σ + jω
 z = e sTA
σ
Polstellen in s-Ebene
z
Abbildung in z-Ebene
jωTA
Imaginäre Achse
σ =0
Linke s-Halbebene
σ <0
z = eσTA e jωTA
Kreise mit dem Radius r = e
innerhalb des Einheitskreises
σ >0
z = eσTA e jωTA
σT
Kreise mit dem Radius r = e A > 1
außerhalb des Einheitskreises
Rechte s-Halbebene
z=e
Einheitskreis r = 1
jω
ω =+∞
σ<0
stabil
2π
TA
<1
Im
σ>0
instabil
r< 1
stabil
1,0
Stabilitätsgrenze bei σ = 0
ωA =
σTA
Stabilitätsgrenze bei r= 1
r
σ
0
−1,0
r> 1
instabil
0
1,0
Re
ω
s-Ebene
ω =−∞
z-Ebene
Bild 11.25 Zusammenhang zwischen s-Ebene und z-Ebene
Die Stabilitätsbedingung im z-Bereich lautet:
Ein digitaler Regelkreis wird dann stabil, wenn alle Pole der z-Übertragungsfunktion innerhalb des Einheitskreises der z-Ebene liegen, d. h.
wenn alle Pole einen Betrag kleiner Eins haben.





Allerdings ist die Abbildung der imaginären Achse der s-Ebene in einen Einheitskreis
der z-Ebene wegen des periodischen Charakters der Fourier-Transformation nur für
einen begrenzten Frequenzbereich von −
•
π
TA
<ω <
π
TA
eindeutig.
Beispiel 11.13
Es soll die Stabilität eines digitalen Regelkreises mit der folgenden Führungsübertragungsfunktion untersucht werden (s. Beispiel 11.12):
K PR K PS (1 − e
Gw ( z) =
z −e
T
− A
T1
T
− A
T1
)
+ K PR K PS (1 − e
T
− A
T1
=
)
Z ( z)
.
N ( z)
354
11 Digitale Regelung
Die charakteristische Gleichung N(z) = 0 hat einen reellen Pol
z1 = e
Bei
T
− A
T1
(1 + K PR K PS ) − K PR K PS bzw. z1 = a (1 + K PR K PS ) − K PR K PS .
z1 < 1 wird der Kreis stabil. Die Stabilitätsgrenze liegt bei
z1 = 1 bzw. bei
a (1 + K PR K PS ) − K PR K PS = 1
(11.28)
a (1 + K PR K PS ) − K PR K PS = −1 .
(11.29)
Da die Bedingung (11.31) entfällt, ergibt sich aus der Gl. (11.29) die Stabilitätsgrenze zu
TA
−
1 1+ a
, mit a = e T1 .
K PRkr =
⋅
K PS 1 − a
b) w-Transformation
Um die imaginäre Achse der s-Ebene für digitale Signale eindeutig abzubilden, wird
neben dem Ansatz (11.22) z = e jωTA (z-Transformation) ein weiterer Ansatz
z=
1+ w
1− w
(11.30)
eingeführt. Diese bilineare Transformation ist als w-Transformation bekannt. Das
Innere des Einheitskreises der z-Ebene wird damit in die linke Halbebene der wEbenen transformiert (Bild 11.26).
Im(z)
1,0
r< 1
stabil
r
−1,0
0
ω
Im(w)
ω
r> 1
instabil
Stabilitätsgrenze
bei r = 1
1,0
z-Ebene
⏐z ⏐ < 1
stabil
Re(z)
⏐z ⏐ > 1
instabil
Stabilitätsgrenze
bei ⏐z ⏐ = 1
0
Re(w)
w-Ebene
Bild 11.26 Zusammenhang zwischen z-Ebene und w-Ebene
Durch das Einsetzen von (11.30) in die Differenzengleichung (11.7) und Multiplikation mit (1 − w) n kann die charakteristische Gleichung (11.9)
P ( z ) = a n z n + a n −1 z n−1 + ... + a1 z 1 + a 0 z 0 = 0
11.5 Beschreibung von digitalen Systemen im z-Bereich
355
in eine neue Polynomgleichung transformiert werden:
P ( w) = An w n + An −1 w n−1 + ... + A1 w1 + A0 w 0 = 0 .
(11.31)
Unten sind die Koeffizienten Ai der Gl. (11.31) für Systeme mit n = 1, 2, 3 aufgelistet.
n
A0
A1
A2
A3
1
a0 + a1
− a0 + a1
-
-
2
a0 + a1+ a2
− 2a0 + 2a2
a0 − a1+ a2
-
3
a0 + a1+ a2 + a3 − 3 a0 − a1 + a2 + 3 a3
3a0 − a1 − a2 + 3a3
− a0 + a1 − a2 +
+a3
c) Hurwitz-Stabilitätskriterium
Durch die w-Transformation gelingt es, das Stabilitätskriterium nach Hurwitz, wie bei
analogen Systemen, anzuwenden:
Für Stabilität eines digitalen Regelkreises müssen alle Koeffizienten Ai der 
charakteristischen Gleichung P(w) = 0 (11.31) vorhanden und größer Null 

sein, d. h. Ai ≠ 0 und Ai > 0 für i = 1, 2, ..., n.

Beispielsweise kann man für das System 2. Ordnung
P ( z ) = a 2 z 2 + a1 z + a 0 = 0 bzw.
P ( w) = A2 w 2 + A1 w + A0 = 0
nach Hurwitz-Kriterium die Stabilitätsbedingungen (11.20) aus der obigen Tabelle für
a2 = 1 herleiten:
 A2 = a 0 − a1 + 1 > 0

 A1 = − 2a 0 + 2 > 0
A = a + a + 1 > 0
0
1
 0

 a1 < 1 + a 0

 a0 < 1
 a > −1 − a .
0
 1
d) Nyquist-Stabilitätskriterium
Wie im analogen Fall kann das Stabilitätskriterium nach Nyquist auch für digitale
Systeme durch die Winkeländerung des Zeigers [1+G0( jω)] im Bereich ω = 0 ... ∞
abhängig von der Polverteilung von G0(z) gezeigt werden. Im digitalen Fall wird jedoch der Frequenzbereich 0 ≤ ω ≤ ∞ durch einen Streifen 0 ≤ ω ≤ ωA ersetzt, wobei
ωA = 2π / TA ist. Die vereinfachte Fassung des Nyquist-Kriterium für den Fall, dass
die Übertragungsfunktion G0(z) keine Pole außerhalb des Einheitskreises der z-Ebene
besitzt, lautet:
356
11 Digitale Regelung
Der geschlossene digitale Regelkreis ist genau dann stabil, wenn der vom
kritischen Punkt (−1, j0) an die Ortskurve G0( jω) gezogene Fahrstrahl
beim Durchlaufen der Ortskurve im Bereich 0 ≤ ω ≤ ωA eine Winkeländerung von Δϕ = 0 beschreibt.





e) Wurzelortskurve
Das in Kapitel 7 für kontinuierliche Regelkreise beschriebene WOK-Verfahren in der
s-Ebene kann ebenso auf diskrete Regelkreise in der z-Ebene angewandt werden. Dafür soll die z-Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises G0(z) in Linearfaktoren zerlegt vorliegen:
G0 ( z ) = K
( z − z N1 ) ( z − z N 2 )...( z − z Nm )
.
( z − z P1 ) ( z − z P 2 )...( z − z Pn )
Darin sind z Ni (i = 1, 2, …, m) Nullstellen und z Pj ( j = 1, 2, …, n) Polstellen der
Übertragungsfunktion G0(z) in der z-Ebene. Die Stabilität wird wie im kontinuierlichen Fall untersucht. Ein mit MATLAB erzeugtes Beispiel ist im Bild 11.27 dargestellt.
MATLAB-Skript
B1 = 2;
B0 = − 1;
A2 = 1;
A1 = −0.67−0.82;
A0 = 0.67 * 0.82;
num =[B1 −B0 ];
den=[A2, A1, A0]
zgrid ('new');
rlocus(num, den)
Bild 11.27 WOK eines Regelkreises G0 ( z ) = K
b1 z − b0
mit P-Regler und P-T2( z − a1 )( z − a 2 )
Strecke mit K0 = 1,2; b1 = 1,67; b0 = 0,82; a1 = 0,67; a2 = 0,82. Mit dem Befehl k = locfind
(num, den) wird Kkr = 0,57 als Schnittpunkt der WOK mit dem Einheitskreis abgelesen.
357
12 Intelligente Regelung
Unter intelligenten Regelsystemen versteht man Systeme mit Elementen (z. B. Regler,
Messfühler), die zwecks optimaler Prozessführung mit eigenen mathematischen oder
logischen Algorithmen, d. h. mit eigenen CPU’s und Speichern, ausgestattet sind.
Solche Elemente reagieren flexibel auf mögliche Fehler und Parameteränderungen.
Nachfolgend werden die intelligenten Regelalgorithmen in zwei Gruppen eingeteilt:
•
modellbasierte Regelalgorithmen, die das mathematische Streckenmodell als Bestandteil des Reglers enthalten;
•
wissensbasierte Regelalgorithmen, die experimentell aus der Analogie mit biologischen Systemen oder menschlichem Verhalten gewonnen werden.
12.1 Modellbasierte Regelung
Mit einem Mikroprozessor, einem PC oder einer SPS als Regler ist man nicht mehr an
die klassischen PID-Algorithmen gebunden und kann die komplizierteren Regelalgorithmen entwickeln. In erster Linie versucht man das Modell der Regelstrecke in einem Regelalgorithmus zu berücksichtigen, um die Eigenschaften der Strecke noch vor
dem Eintreten eines Störsignals bzw. vor der Bildung der Stellgröße zu berücksichtigen. Voraussetzung sind, dass ein exaktes Modell der Strecke vorliegt und dass die
Antwortzeit des Reglers durch die Bearbeitung des Algorithmus nicht drastisch verzögert wird. Solche Verfahren, bei denen das Streckenmodell ein Bestandteil des Reglers ist, nennt man modellbasierte Verfahren.
12.1.1 Kompensationsregler
Das Konzept der Kompensationsregelung ist sehr einfach, nämlich die Übertragungsfunktion der Strecke GS(s) soll durch die des Reglers GR(s) so kompensiert werden,
dass daraus eine gewünschte Übertragungsfunktion GM(s) des geschlossenen Regelkreises entsteht. Der Kompensationsregler GR(s) besteht also aus zwei Teilen. Der
erste Teil beinhaltet die reziproke Übertragungsfunktion 1/GS(s), mit dem die Übertragungsfunktion der Strecke GS(s) kompensiert wird. Der zweite Teil wird anhand
der gewünschten Übertragungsfunktion GM(s) bestimmt:
Gw (s) =
G R ( s ) GS ( s )
= GM (s)
1 + G R ( s )GS ( s )
(12.1)
Aus Gl. (12.1) folgt die Übertragungsfunktion des Reglers (Bild 12.1):
GR ( s) =
GM (s)
1
.
⋅
1 − G M ( s ) GS ( s )
S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_12,
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2014
(12.2)
358
12 Intelligente Regelung
Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises hängt nicht mehr von der
Strecke ab:
G0 ( s ) = G R ( s )GS ( s ) =
GM ( s)
GM ( s)
1
.
⋅
⋅ GS ( s ) =
1 − G M ( s ) GS ( s )
1 − GM (s)
Regler
+
w
+
–
GM
+
Strecke
x
1
GS
GS
(12.3)
Bild 12.1 Wirkungsplan
des Regelkreises mit
Kompensationsregler
Der Kompensationsregler nach (12.2) ist nur für Führungsverhalten und nur für stabile Strecken mit Ausgleich und ohne Totzeit anwendbar. Bei der Wahl der gewünschten Übertragungsfunktion GM(s) soll berücksichtigt werden, dass das Nennerpolynom
der Gl. (12.3) keine Polstellen in der rechten s-Halbebene besitzen darf.
Das Kompensationsprinzip hat folgender Nachteil: die Zeitkontanten der industriellen
Regelstrecken führen bei der reziproken Übertragungsfunktion der Strecke zu mehreren differenzierenden Anteilen des Reglers. Die D-Anteile erschweren die Realisierung des modellbasierten Reglers und verschlechtern die Regelung.
•
Beispiel 12.1
Gegeben: a) Die Parameter der P-T2-Regelstrecke KPS = 5, T1 = 1,25 s, T2 = 0,2 s;
b) Die gewünschte Übertragungsfunktion des Regelkreises mit Tw = 0,02 s
GM ( s ) =
1
.
(1 + sTw ) 2
Gesucht: die Übertragungsfunktion des Kompensationsreglers.
Die Lösung erfolgt nach Gl. (12.2)
GR ( s) =
1
(1 + sT1 )(1 + sT2 )
(1 + sT1 )(1 + sT2 )
⋅
=
2
K PS
2 K PS ⋅ sTw (1 + 0,5 ⋅ sTw )
(1 + sTw ) − 1
GR ( s) =
T1
(1 + sT1 )(1 + sT2 )
.
⋅
2 K PSTw sT1 (1 + s ⋅ 0,5Tw )
bzw.
Dies entspricht der Übertragungsfunktion eines PID-T1-Reglers
GR ( s) = K PR
(1 + sTn )(1 + sTv )
sTn (1 + sTR )
mit Kennwerten Tn = T1 = 1,25 s,
TR = 0,5⋅Tw = 0,01 s
Tv = T2 = 0,2 s,
T1
K PR =
= 6,25 .
2 K PSTw
12.1 Modellbasierte Regelung
359
12.1.2 Smith-Prädiktor
Für eine industrielle Regelstrecke mit Totzeit ist das Kompensationsprinzip nicht anwendbar, weil die reziproke Übertragungsfunktion der Regelstrecke nach Gl. (12.2)
mit der positiven Potenz vorkommt und unendlich viele Nullstellen besitzt.
GS ( s ) = e − sTt
1
= e sTt
GS ( s )

Um das Prinzip des Kompensationsreglers doch auch auf Strecken mit Totzeit zu erweitern, wird die Regelstrecke als ein Totzeitglied und eine Teilstrecke ohne Totzeit
GS(s) dargestellt (Bild 12.2a). Die Übertragungsfunktion des Regelkreises ist:
Gw (s) =
G R ( s ) GS ( s) e − sTt
.
1 + G R ( s ) GS ( s ) e − sTt
(12.4)
Durch die Verschiebung der Verzweigungsstelle der Rückführung (Bild 12.2b) wird
die Wirkung des Totzeitgliedes aufgehoben, so dass der Entwurf des Kompensationsreglers nach Gl. (12.2) möglich wird. So ein Regler heißt nach den Namen des Entwicklers (Berkley-University, 1957) Smith-Prädiktor. Es wird dabei angenommen,
dass der als KPr bezeichnete Reglerteil das Verhalten des Regelkreises „voraussehen“
kann. Dieser Reglerteil KPr wird wie ein Kompensationsregler mit Hilfe des gewünschten Verhaltens GM(s) nach dem vorherigen Abschnitt konfiguriert. Allerdings
sollen die Übertragungsfunktionen des ursprünglichen Regelkreises (12.4) und des
*
umformten Regelkreises Gw* ( s ) gleich bleiben bzw. G w
( s ) = G w ( s ) , wobei:
*
Gw
(s) =
K Pr ( s) GS ( s) − sTt
e
1 + K Pr ( s ) GS ( s )
(12.5)
Daraus folgt die Übertragungsfunktion des Reglers:
GR (s) =
K Pr ( s)
(12.6)
1 + K Pr ( s ) GS ( s ) (1 − e − sTt )
Die Ordnung des Nennerpolynoms in der Gl (12.6) ist größer als die des Zählers, was
die Realisierung des Smith-Prädiktors für Strecken mit Totzeit ermöglicht.
Der Wirkungsplan des Smith-Prädiktors nach Gl. (12.6) ist in Bild 12.3 dargestellt.
Strecke
Regler
w
GS
GR
–
-sTt
x
w
GS
KPr
e
-sTt
–
a)
Bild 12.2
e
b)
Regelkreis mit Totzeitglied (a) und die Umformung des Wirkungsplans (b)
x
360
12 Intelligente Regelung
Strecke
Regler
w
+
KPr
–
–
GS
•
-sTt
x
+
GS
Bild 12.3
e
-sTt
– e
Wirkungsplan eines Regelkreises mit Smith-Prädiktor für Strecken mit Totzeit
Beispiel 12.2
Bild 12.4 zeigt eine P-T2-Regelstrecke mit der Totzeit und den Smith-Prädiktor. KPr(s) ist ein
PI-Regler. Das Totzeitglied e
Bild 12.4
− sTt
entspricht dem Block Transport Delay mit Tt = 5 s.
Smith-Prädiktor mit MATLAB/Simulink
Der Führungssprung w0 = 1
wird zum Zeitpunkt t = 5 s vorgegeben. Die Sprungantwort
(Bild 12.5) hat die Überschwingweite von 5% und die
Ausregelzeit von Taus = 15 s,
was für die Regelstrecke mit
T1 = 2 s, T2 = 1 s, Tt = 5 s als
optimal gilt.
Bild 12.5
Sprungantwort des Regelkreises mit dem Smith-Prädiktor
12.1 Modellbasierte Regelung
361
X Aufgabe 12.1
Die in Bild 12.4 gegebene Regelstrecke bestehend aus einem P-T2-Glied KPS = 0,8, T1 = 2 s,
T2 = 1 s, und einem Totzeitglied Tt = 5 s wird mit einem klassischen PI-Regler (kein SmithPrädiktor) geregelt. Es soll die Sprungantwort des Regelkreises ermittelt und mit der Sprungantwort des Bildes 12.5 verglichen werden.
12.1.3 PFC (Predictive Function Control)
Die Idee der prädiktiven PFC-Regelung wurde in den 70er Jahren von Jacques Richalet für P-Strecken 1. Ordnung mit Verzögerung vorgeschlagen und in [103] weiter
entwickelt. Die aktuelle Sprungantwort der Regelstrecke x(t) wird an die Sprungantwort eines vorher gegebenen dynamischen Modells xM(t)
TM
dxM (t )
+ xM (t ) = K PM yˆ
dt
(12.7)
angepasst. Dafür wird zuerst die Gl. (12.7) bei dem vorgegebenen Anfangspunkt
xM(0) gelöst:
xM (t ) = xM (0)e
−
t
TM
+ K PM (1 − e
−
t
TM
) yˆ
Diese Lösung gilt für die gesamte Ausregelzeit Taus als gewünschte Sprungantwort;
die in n Zeitabschnitten (Prädiktionshorizonte) der Länge Th aufgeteilt wird. Daraus
wird die rekursive Formel zur Berechnung des Modellausgangs hergeleitet
xM k + h = α ⋅ xM k + (1 − α ) ⋅ K PM ⋅ yk ,
wobei α = e
x(t)
xMk+h
xMk
T
− h
TM
ist, wie im Bild 12.6 dargestellt ist.
Der PFC-Regler berechnet die Stellgröße yk
zum Beginn jedes Prädiktionshorizonts k so,
dass die aktuelle Sprungantwort xkan die gewünschte Sprungantwort xref (Referenztrajektorie) angepasst wird:
w
xM
x
x ref = x k + h = (1 − λ )ek + x k ,
xk
tk+h
tk
0
(12.8)
Tλ
t
Th
wobei λ = e
−
TȜ
Taus
ist.
Somit wird die Abweichung ek − eMk zwischen
Regeldifferenzen minimiert:
ek = w − xk
Bild 12.6 Aktuelle Sprungantwort x
und gewünschte Sprungantwort xM
eMk = w − xMk
362
12 Intelligente Regelung
In anderen Worten, zum Abschluss jedes vorherigen Prädiktionshorizonts soll die aus
der Gl. (12.8) ausgerechnete Regelgröße xMk mit dem aktuellen Istwert xk verglichen
werden. Daraus wird die neue Stellgröße yk für den nächsten Prädiktionshorizont berechnet.
Der Vorteil dieses Verfahrens besteht also darin, dass die möglichen Abweichungen
der Modellparameter TM und KPM von den reellen Parametern am Ende jedes Prädiktionshorizonts erkannt und durch eine geänderte Stellgröße ausgeglichen werden.
Jedoch ist der Zusammenhang zwischen Zeitkonstanten TAus, Th, TM und Tλ undurchsichtig, so dass die Wahl des Parameters Tλ dem Entwickler überlassen wird. Davon
hängt die Wahl des Parameters λ
λ=
T
− Ȝ
Th
e
ab und folglich die Stellgröße yk, die unten ohne Herleitung gegeben ist:
yk =
1
K PM
1− λ


 xMk + 1 − α ( w − xk )
(12.9)
Für die optimalen Verhältnisse wird es in der Literatur empfohlen:
1
1
TȜ = Th oder TȜ = Th
3
5
12.1.4 SPFC (Simplified Predictive Function Control)
Nimmt man abweichend vom in [103] beschriebenen PFC-Verfahren den Grenzfall
TȜ = Th ,
so wird
λ =α
und die Gl. (12.9) vereinfacht sich zum folgenden Algorithmus, der nachfolgend
SPFC-Algorithmus (simplified PFC) genannt wird:
yk =
1
[xMk + ( w − xk )] = 1 [w − ( xk − xMk )]
K PM
K PM
(12.10)
Zwar verliert der SPFC-Regler nach der Gl. (12.10) gegenüber dem PFC-Regler nach
der Gl. (12.9) an Regelgüte, ist die Realisierung des SPFC-Regelalgorithmus einfacher, wie im Bild 12.7 gezeigt ist. Die Übertragungsfunktion des Regelkreises ist
Gw (s) =
G0 ( s )
x( s )
,
= Gv ( s) ⋅
w( s )
1 + G0 ( s )
wobei sind:
G0 ( s) = GR ( s )GS ( s ) und Gv ( s ) = 1 + GM ( s )
(12.11)
12.1 Modellbasierte Regelung
ek
w
+
363
KPS, T1
KPR
xk
yk
−
+
KPM, TM
xMk
Bild 12.7
−
Wirkungsplan der vereinfachten PFC-Regelung bei Tλ = Th
Das im Bild 12.7 gezeigte SPFC-Verfahren stellt die Regelung im geschlossenen Regelkreis mit einem Vorfilter Gv(s) dar (Bild 12.8). Für ein gewünschtes Verhalten
Gw(s) wird die Übertragungsfunktion Gv(s) des Vorfilters aus Gl. (12.11) bestimmt:
Gv ( s) = G w (s) ⋅
1 + G0 (s)
G0 (s)
KPM, TM
KPS, T1
KPR
y
w
+
+
x
−
Vorfilter Gv(s)
Bild 12.8
Vereinfachtes PFC-Verfahren als Regelung mit einem Vorfilter Gv(s)
y Beispiel 12.3
Ein SPFC-Regelkreis mit einem P-T1-Modell mit K PM = 1 und TM = 10 s ist im Bild 12.9 dargestellt. Zum Vergleich ist die Sprungantwort eines Regelkreises mit dem PI-Regler gezeigt.
1.4
1.5
mit PI-Regler (K
PR
1.2
=0,55; T =35 s)
n
90 s+1
W =1
Kps =1.5;Ts =90 s
x(t)
1
mit SPFC-Regler
0.8
0.6
1/1.5
Gain
Bild 12.9
1
10 s+1
KpM=1;TpM =10 s
0.4
0.2
0
0
100
200
300
Regelkreis und Sprungantwort nach dem vereinfachten PFC-Verfahren
400
364
12 Intelligente Regelung
12.1.5 ASA-Control (Regelung nach dem Antisystem-Approach)
Nach dem Antisystem-Approach [142] wird anstelle des konventionellen Reglers eine
dynamische Schaltung aus einer gewünschten Übertragungsfunktion des aufgeschnitten Regelkreises G0M(s) und der Übertragungsfunktion der Strecke GS(s) eingesetzt,
woraus die Stellgröße y(s) für den Regelkreis berechnet wird. Die im Abschnitten
12.1.1 und 12.1.2 erwähnten Nachteile der Kompensationsregelung werden somit entfallen: die reziproken Übertragungsfunktionen der Regelstrecke sind nicht mehr nötig,
die Regler hat keine D-Anteilen bzw. die Regelung ist realisierbar und störungsfrei.
Aus diesem etwas kompliziert klingengen Konzept entsteht jedoch ein einfacher Regelkreis mit dem ASA-Regler GR(s), wie im Bild 12.10 gezeigt ist:
GR ( s ) =
1
⋅ GM0 ( s )
1 + GS ( s )
Strecke
ASA-Regler GR (s)
w
e
+
−
+
GM0 (s)
GS (s)
−
x
+ +
GS (s)
Bild 12.10 Modellbasierter ASA-Regler ohne reziprocken Strecken bzw. ohne D-Anteilen
y Beispiel 12.4
Das gewünschte Verhalten GM(s) des geschlossenen Regelkreises ist gegeben. Daraus werden
die Übertragungsfunktionen G0M(s) und folglich GR(s) berechnet (Bild 12.11):
GM ( s ) =
G0M ( s)
1
=
1 + G0M ( s ) 1 + 2 s

G0M ( s ) =
0. 5
s
Der ASA-Regler regelt zwei Mal schneller als PID-Regler mit KPR = 200: Tn = 50 s; Tv = 10 s.
Bild 12.11 Beispiel eines Regelkreises nach dem ASA-Konzept
12.1 Modellbasierte Regelung
365
12.1.6 AFIC (Adaptive Filter for Identification and Control)
Eine unbekannte Regelstrecke wird zuerst mit einem Filter nach dem LMSAlgorithmus (Least Mean Squares) identifiziert und dann mit einem PID-Regler geregelt. Das Verfahren gilt für P-Strecken mit Verzögerung und mit der Totzeit.
Wie im Bild 12.12 gezeigt ist, wird die Differenz zwischen der Sprungantwort der
unbekannten Strecke x(t) und dem Ausgang des Filters xF(t) nach einem Eingangssprung von der Höhe ŷ gebildet und mit Hilfe der Filter-Faktoren K0, K1 und K2
minimiert. Die reelle Regelstrecke wird durch ein Filter mit diesen Faktoren abgebildet, wie im Bild 12.13 gezeigt ist.
Bild 12.12 Identifizierung einer unbekannten Strecke (Unknown plant) mit dem LMSAlgorithmus. Hier sind die Faktoren: K0 = 1,31; K1 = 1.125; K3 = 0.5627.
Bild 12.13 Filter mit Faktoren K0 = 1,5; K1 = 1,2; K2 = 1,8. und die Sprungantwort xF(t) nach
dem Eingangssprung y = 1. Die Abtastzeit (Transport Delay) des Filters T = 2 s.
366
12 Intelligente Regelung
Der adaptive Regler besteht aus einem PID-Algorithmus und einem Filter des Bildes
12.13 als Strecke, die einen Regelkreis bilden (Bild 12.14). Der PID-Regler wird anhand einer Simulation optimal eingestellt, wonach seine Kennwerte dem reellen PIDRegler, der an eine reelle Regelstrecke angekoppelt ist, übergeben werden.
Bild 12.14 MATLAB/Simulink-Algorithmus eines adaptiven Reglers, bestehend aus dem PIDBlock (Simulink Library/Simulink Extras / Additional linear) und einem adaptiven Filter
Der Funktionsbaustein PID hat die folgende Übertragungsfunktion:
1
GR ( s) = K PR + K I ⋅ + K D ⋅ s
s
(12.12)
Der Filter wird folgendermaßen durch ein P-Tt-Glied
GS ( s) =
K PS − sTt
e
1 + sT1
(12.13)
angenähert, wobei seine Parameter KPS, T1 und Tt aus Filter-Parameter K0, K1 und K2
bestimmt werden, was im Bild 12.15 erläutert ist.
Tt =
T
2
(12.14)
K1
T
T ( K1 + K 2 )
bzw. T1 =
=
K1 + K 2 T1
K1
K PS =
K 0 + K1 + K 2
yˆ
Bild 12.15 Approximierung der Streckenparameter durch Filter-Faktoren
(12.15)
(12.16)
12.1 Modellbasierte Regelung
367
y Beispiel 12.5
Gesucht ist die optimale Einstellung des adaptiven PI-Reglers mit einer P-Tt-Strecke, die mit
dem LMS-Algorithmus nach dem Bild 12.12 mit folgenden Filter-Faktoren identifiziert ist:
K0 = 1,31
K1 = 1.125
K3 = 0.5627
Die Übertragungsfunktion der Regelstrecke nach Gl. (12.13) wird unter Annäherung
K PS
1
1
wie folgt vereinfacht: GS ( s) =
. Die Übertragungsfunktion
⋅
e − sTt ≈
1 + sT1 1 + sTt
1 + sTt
des aufgeschnitten Kreises nach der Kompensation Tn = T1 führt zu G 0 ( s ) =
woraus der Regler nach dem Betragsoptimum eingestellt wird: K PR =
K PR K PS
,
sTn (1 + sTt )
Tn
.
2 ⋅ K PS ⋅ Tt
Die Sprungantwort der reellen Strecke mit dem PI-Regler ist im Bild 12.16 gegeben. Die Einstellung des PI-Regler ist nach Filter-Faktoren, wie unten erklärt, berechnet.
Unter Beachtung Gln. (12.14) bis (12.16)
wird KPR durch die Filter-Faktoren ausgedrückt:
K PR =
K1 + K 2
yˆ
K1( K 0 + K1 + K 2 )
Aus Gl. (12.12) ergeben sich
KD = 0
und
KI =
K PR
1
yˆ
=
Tn
K 0 + K1 + K 2
Bild 12.16 Sprungantwort des Regelkreises mit dem adaptiven PI-Regler.
12.1.7 Dead-Beat-Regler (Regler mit endlicher Einstellzeit)
Das Konzept der Kompensationsregelung ist auch für die digitale Regelung vorstellbar. Ersetzt man die Übertragungsfunktionen der Gl. (12.2) durch die digitalisierten
Abbildungen, so folgt
y ( z)
GM ( z)
x ( z)
1
.
GR ( z ) = R
=
⋅
= M
e( z )
1 − G M ( z ) GS ( z ) GS ( z )
Mit xM(z) ist hierin die gewünschte Sprungantwort des Kreises bezeichnet. Ist diese
vorgeschrieben und die Übertragungsfunktion GS(z) der Strecke vorhanden, kann die
Übertragungsfunktion GR(z) des Reglers ermittelt werden. Man kann das gewünschte
Zeitverhalten xM(t) anders als vorher formulieren, dass die Regelgröße in möglichst
kurzer Zeit ihren durch die Führungsgröße w(t) vorgegebenen Wert annimmt. Dafür
368
12 Intelligente Regelung
soll der Regler in der Lage sein, die Stellgröße auf einen möglichst großen Wert zu
verstellen, d. h. von yRmax auf yRmin und umgekehrt, um die entsprechend schnelle
Änderung der Regelgröße zu erreichen. Wegen der Anschläge des Stellgliedes beim
Umschalten benutzte man dafür die Bezeichnung bang-bang-Regelung. Da dabei der
Übergang der Regelgröße von einem zu dem anderen Sollwert ohne Überschwingen
erfolgt, ist dieses Verfahren als Dead-Beat-Regelung (engl. aperiodisch) bekannt.
Die regelungstechnische Aufgabenstellung unterscheidet sich von bisher behandelten
und wird Regelung auf endliche Einstellzeit genannt. Es gibt mehrere Möglichkeiten,
die genaue Lösung zu bestimmen. Eine davon besteht darin, dass die Stellgröße yR(t)
und die Regeldifferenz e(t) = w(t) – xM(t) als z-Transformierte der Impulsfolgen dargestellt werden, die von der sprungförmigen (auch z-transformierten) Führungsgröße
z
w( z ) =
w0 im Kreis verursacht sind. Für eine I-T1-Strecke mit
z −1
GS ( s ) =
K PS
sTI (1 + sT1 )
führt dies beispielsweise zu
e( z ) = w0 + d1 z −1
y R ( z ) = c0 + c1 z −1 ,
woraus der Regelalgorithmus mit Koeffizienten c0, c1 und d0 ermittelt wird:
c
z+ 1
c0
y ( z ) c0
GR ( z ) = R
=
⋅
d
e( z )
w0
z+ 1
w0
Für die gegebenen Kennwerte KPS = 0,5, T1 = 1 s, TI = 4 s, TA = 1 s ergibt sich GR(z)
G R ( z ) = 12,656
z − 0,368
,
z + 0,418
woraus die Stellgröße als Folge von zwei Impulsen berechnet wird:
y R (0) = 12,656 ⋅ w0
y R (TA ) = −4,656 ⋅ w0
y R (kTA ) = 0 für k ≥ 2.
Ein anderer Lösungsweg geht über die Theorie der zeitoptimalen Steuerung. Feldbaum (1972) hat nach dem Pontrjaginschen Maximumprinzip ein Satz formuliert, der
den Verlauf der Stellgröße bei der Regelung auf endliche Einstellzeit als eine stückweise konstante Funktion definiert, die aus höchstens n Konstanzintervallen besteht,
d. h. die Umschaltung der Stellgröße wird in höchstens n − 1 Punkten festgelegt, wobei n die Ordnung des Systems ist. Für n = 2 genügt also eine Umschaltung.
12.1 Modellbasierte Regelung
•
369
Beispiel 12.6
−2
Der Ausgang eines Doppel-I-Gliedes (Bild 12.17) KIS1KIS2 = 4 s soll aus einem Anfangszustand x(0) = 0 in ein Endzustand x(TAus) = w0 = 2 innerhalb der vorgeschriebenen Zeit
TAus = 0,8 s umgestellt werden.
Bild 12.17 Bildung des Stellsignals eines Systems 2. Ordnung
Nehmen wir an, dass die Stellreserve yRmin = − yRmax beträgt., d. h. nach dem Umschalten wird
die Regelgröße symmetrisch verlaufen. Für n = 2 ist eine Umschaltung möglich. Den Umschaltpunkt legen wir in der Mitte des vorgeschriebenen Zeitintervalls fest (Bild 12.18).
Bild 12.18
Verlauf der Stellgröße mit
Stellreserve:
yRmax = + 3,125
yRmin = − 3,125
Nun kann die Stellgröße ermittelt werden. Dafür brauchen wir die Sprungantwort:



x(t ) = K IS2 K IS1 y (t ) dt = K IS2 K IS1 y (t ) t dt = K IS1 K IS2 ⋅
t2
⋅ y (t ) .
2
Für den Umschaltpunk t = 0,5 TAus = 0,4 s folgt daraus
2
w
T
 1
T

x Aus  = K IS1K IS2  Aus  y max = 0
2
 2  2
 2 

y max = 3,125 .
370
12 Intelligente Regelung
Die nach dem Bild 12.18 simulierte Sprungantwort ist in Bild 12.19 zu sehen. Die Konfigurierung des Stellsignals in MATLAB/Simulink erfolgt, wie im Bild 12.18 gezeigt, als Überlagerung von drei step-Funktionen mit folgenden Parametern:
Parameter
Step time
Initial value
Final value
Sample time
w01
0
0
3.125
0
w02
0.4
0
6.25
0
w03
0.8
0
3.125
0
Bild 12.19 Verlauf der Regelgröße bei der Regelung auf endliche Einstellzeit eines DoppelI-Gliedes mit TAus = 0,8 s und
w0 = 2
Die Anwendung der rechnerisch ermittelten Algorithmen ist wegen der Stellgrößenbegrenzung
und den Ungenauigkeiten des Streckenmodells in der Praxis erschwert. So wendet man sich an
die quasioptimalen Verfahren, die auf angenäherten Streckenmodellen und vereinfachten Rechenalgorithmen basieren.
Wie das Beispiel in Bild 12.20 zeigt, wird die Stellgröße auf den maximal möglichen Wert gesetzt und nach dem Erreichen des Sollwerts nach unten korrigiert.
Bild 12.20 Quasioptimale Einstellung auf endliche Antwortzeit für eine P-T1-Strecke.
Die Faustformel
y
− y R0
y RA = y R0 + Rmax
1 + xm
gilt auch für die schwingungsfähigen Strecken. Hierin ist xm die
zugelassene Regeldifferenz bzw.
Überschwingweite.
12.2 Fuzzy-Regler
371
12.2 Fuzzy-Regler
Die Fuzzy-Logik formuliert die eindeutigen Messgrößen, wie Temperatur und Druck,
im Gegensatz zu numerischen Variablen nicht in Zahlen, sondern in umgangssprachlichen Begriffen, so genannten linguistischen Variablen, wie „groß“ oder „klein“, und
verhilft komplexen Systemen zu einer übersichtlichen Darstellung ohne mathematischer Beschreibung. Die unscharfe Logik (engl. fuzzy bedeutet unbestimmt oder verwischt) wurde 1965 von Zadeh vorgeschlagen, von Kosko weiter entwickelt, von
Mamdani und Sugeno an Fuzzy-Controller angepasst. Die regelungstechnischen Anwendungen findet man bei Frank, Kahlert, Kindl, Tilli.
Die Fuzzy-Regler sind robust, d. h. sie behalten das stabile Verhalten, auch wenn die
Parameter der Regelstrecke nicht konstant sind. Der Zeitaufwand und die Kosten für
die Entwicklung von Fuzzy-Reglern sind niedriger als die von den „klassischen“ Reglern. So werden Fuzzy-Regler meist bei Strecken, von denen man ein robustes Verhalten erwartet, z. B. bei Kraftfahrzeugen, Haushalts- und Medizingeräten eingesetzt.
12.2.1 Funktionsweise und Aufbau eines Fuzzy-Reglers
Die linguistischen Variablen werden mit Zugehörigkeitsfunktionen in Untermengen
eingeteilt, die für eine Variable, z. B. Temperatur, „hoch“, „mittel“ oder „niedrig“
heißen könnten. Solche Einteilung wird als Fuzzifizierung bezeichnet. Danach werden
die linguistischen Terme mit logischen Operatoren verknüpft und mit Regeln beschrieben. Daraus entsteht die so genannte Regelbasis, die die Variablen und die Regel verknüpft (Inferenz). Abschließend werden aus unscharfen Variablen die exakten
Stellgrößen gebildet. Diese Operation nennt man Defuzzifizierung.
Die Bausteine eines Fuzzy-Reglers nach Mamdani sind in Bild 12.21 gezeigt. Der aktuelle Wert eakt der Regeldifferenz wird am Eingang des Fuzzy-Reglers zunächst „verunschärft“. Der Regler wertet alle Regeln der Regelbasis für jeden linguistischen
Wert der Regeldifferenz aus, d. h. bestimmt den Erfüllungsgrad jeder Regel. Mit Hilfe
der logischen Operationen ermittelt danach der Regler die Fuzzy-Menge der Stellgrößen für jede Regel und bestimmt daraus einen resultierenden unscharfen Wert der
Stellgröße. Abschließend ist aus der unscharfen Stellgröße ein scharfer Wert der
Stellgröße yakt zu bilden, mit dem eine Stelleinrichtung angesteuert werden kann.
If ... then
w(t)
μ
e
+
Fuzzifizierung
−
Regelbasis
e
Inferenz
μ
x(t)
y(t)
y Defuzzi-
Regel-
fizierung
strecke
Bild 12.21 Wirkungsplan eines Regelkreises mit Fuzzy-Regler
372
12 Intelligente Regelung
12.2.2 Fuzzy-Mengen und Zugehörigkeitsfunktionen
Eine „scharfe“ Menge A von Elementen Xi kann man durch eine Zugehörigkeitsfunktion μA(Xi), die nur zwei Werte 0 und 1 annimmt, charakterisieren. Diese Funktion
wird auch als Wahrheitsgehalt einer Aussage bezeichnet, z. B.
•
Ist μA(Xi) =1, so ist die Aussage „Größe Xi gehört zu Menge A“ wahr.
•
Ist μA(Xi) = 0, so ist die Aussage „Größe Xi gehört zu Menge A“ falsch, d. h. die
Größe Xi gehört nicht zu Menge A.
Bei der Fuzzy-Logik sind im Gegensatz zur binären Logik fließende Übergänge zwischen Mengen möglich. Beispielsweise gibt der Zugehörigkeitsgrad μA(Xi) = 0,7 an,
in welchen Maß die Größe Xi zu Menge A gehört. Ändert sich die Zugehörigkeitsfunktion zwischen 0 und 1, d. h. 0 < μA(Xi) < 1, so entsteht eine unscharfe Menge.
Fuzzifizierung
Unter Fuzzifizierung versteht man die Übersetzung der in Zahlenwerte angegebener
Information in Wertigkeiten sprachlicher Aussagen. Dies erfolgt mit Zugehörigkeitsfunktionen, die für jede sprachliche Aussage definiert werden. Da die linguistischen
Werte nicht so exakt wie Zahlenwerte sind, werden sie mit Fuzzy-Sets spezifiziert.
Als Standardformen für die Fuzzy-Sets verwendet man Trapez, Dreieck, Gaußsche
Funktion, Singletons usw.
Ein Beispiel von Fuzzy-Sets
der linguistischen Variable e
μ
Negativ
Null
Positiv
(Regeldifferenz)
ist in Bild
1,0
12.22 gezeigt. Für eakt = − 4
0,8
0,6
sind:
0,4
μ Negativ (− 4) = 0,8
0,2
μ Null (− 4) = 0,2
0,0
e/V
-8 -6 -4 -2 0 2 4 6 8
μ Positiv(− 4) = 0.
eakt
Bild 12.22 Fuzzy-Sets der Eingangsgröße e
μ
1,0
0,8
0,6
0,4
0,2
0,0
close
open
2
4
6
8
Bild 12.23 Fuzzy-Sets der Ausgangsgröße y
y / mm
Man unterscheidet zwischen
Fuzzy-Sets für Eingangs- und
Ausgangsgrößen. Beispielsweise ist in Bild 12.23 die Fuzzifizierung der Ausgangsgröße y
(Ventilhub) mit Singletons bei
der Füllstandsregelung mit einem Ventil mit zwei Zuständen
dargestellt.
12.2 Fuzzy-Regler
373
Verknüpfung von Fuzzy-Mengen
Die Fuzzy-Mengen werden anhand von Zugehörigkeitsfunktionen dargestellt. Es ist
jedoch üblich, die Fuzzy-Mengen durch die Zugehörigkeitsfunktionen zu ersetzen, um
die Herleitung von Fuzzy-Logik zu vereinfachen. So werden im Folgenden diese beiden Begriffe gleichgesetzt.
Die Fuzzy-Mengen lassen sich wie die klassischen „scharfen“ Mengen miteinander
mit logischen Operationen verknüpfen:
Eine Schnittmenge μ S zweier Fuzzy-Mengen μ1 und μ2 wird mit der logischen
Verknüpfung UND gebildet und als t-Norm oder (μ1 UND μ2) bezeichnet. Da
man eine Schnittmenge durch den Minimum-Operator bildet, wird der kleinste
von den beiden Werten μ1 und μ2 gewählt, und als μ S = MIN (μ1, μ2) bezeichnet,
wie in Bild 12.24 gezeigt ist.
•
μ
μ1
1,0
μ
μ2
1,0
0,8
0,6
0,4
0,2
0,0
0
5
10
eakt
15
20
0,8
0,6
0,4
0,2
0,0
e/V
μS = MIN (μ1 , μ2 )
0
5
10
eakt
15
20
e/V
Bild 12.24 Die Zugehörigkeitsfunktionen μ1 und μ2 (links) und die t-Norm (rechts)
Eine Vereinigungsmenge μV wird mit der logischen Verknüpfung ODER gebildet
und als t-CoNorm bzw. als (μ1 ODER μ2) genannt. Da die Vereinigungsmenge
durch den Maximum-Operator gebildet wird, gilt es μ S = MAX (μ1, μ2), d. h. es
wird die größte von den beiden Funktionswerten μ1 und μ2 gewählt (Bild 12.25).
•
μ
μ1
1,0
μ
μ2
1,0
0,8
0,6
0,4
0,2
0,0
0
5
10
eakt
15
20
e/V
0,8
0,6
0,4
0,2
0,0
μS = MAX (μ1 , μ2 )
0
5
10
eakt
15
20
e/V
Bild 12.25 Die Zugehörigkeitsfunktionen μ1 und μ2 (links) und die t-CoNorm (rechts)
•
Das Komplement μK der Fuzzy-Menge μ wird mit dem logischen Operator NOT
gebildet, d. h. μK = NOT (μ) = 1 − μ.
374
12 Intelligente Regelung
12.2.3 Regelbasis und Inferenz
Regelbasis
Die Fuzzy-Sets der Ein- und Ausgangsgrößen eines Fuzzy-Reglers sollen miteinander
durch gewisse Regeln verbunden werden. Jede Regel besteht aus einem WENN-Teil
(Prämisse bzw. Bedingung) und einem DANN-Teil (Konklusion bzw. Schlussfolgerung). Im Allgemeinen besteht die Prämisse aus zwei linguistischen Eingangswerten,
dessen gemeinsamer Erfüllungsgrad mathematisch bestimmt wird. Die gebräuchlichsten Operatoren sind die UND-Verknüpfung und die ODER-Verknüpfung. Die Regelbasis ist die Gesamtheit aller Regeln.
• Beispiel 12.7
Die Regelbasis einer Füllstandsregelung mit einer Eingangsgröße e = w – x (Regeldifferenz)
und zwei Ausgangsgrößen (Ventil_füllen und Ventil_leeren) sieht wie folgt aus:
REGEL:
1
2
3
WENN
Regeldifferenz
positiv
negativ
Null
DANN
Ventil_leeren
open
close
close
UND
Ventil_füllen
close
open
close
Inferenz: Erfüllungsgrad jeder Regel
Ziel der Inferenz ist die Auswertung der Regelbasis. Durch eine Zusammenfassung
der Teilentscheidungen der einzelnen Regeln mit Operatoren wird eine Schlussfolgerung gezogen, die einer bestimmten Ausgangsvariablen zugewiesen wird.
Regeln, deren DANN-Teil nicht Null ist, heißen aktive Regeln. Falls mehrere Regeln
aktiv sind, muss man die Erfüllungsgrad G jeder Regel überprüfen. Der Erfüllungsgrad ist der kleinste der Zugehörigkeitsgrade der linguistischen Terme (MinimumOperator bzw. UND-Verknüpfung). Der Erfüllungsgrad der Konklusion kann maximal nur so groß werden, wie der einer Prämisse.
Den Erfüllungsgrad einer Prämisse kann man z. B. mit den UND Operatoren berechnen. In der Regelbasis werden alle Regeln aufgestellt, die einen sinnvollen Zusammenhang von Eingangs- und Ausgangsvariablen darstellen. Die Gliederung der Regelbasis kann tabellarisch oder bei zwei linguistischen Eingangsvariablen auch in
Matrixform erfolgen. Am Ausgang der Regelbasis erhält man eine Anzahl von Regeln, die bei einem gegebenen Eingangswert unterschiedlich erfüllt sein können. Die
Zusammenfassung der verschiedenen Regeln und ihrer Ausgangsmenge zu einer unscharfen Vereinigungsmenge (ODER- Verknüpfung) nennt man Akkumulation.
•
Beispiel 12.8
Ein Fuzzy-Regler hat zwei Eingangsgrößen e1, e2 und eine Ausgangsgröße y. Die Fuzzy-Sets
für Ein- und Ausgangsgrößen sind gegeben (Bild 12.26). Der Erfüllungsgrad jeder der nachfolgenden Regeln soll für e1akt = −4 und e2akt = −2 bestimmt werden.
12.2 Fuzzy-Regler
•
Regel 1:
Regel 2:
375
WENN e1 Negativ
WENN e1 Null
•
UND
UND
e2 Null,
e2 Null,
DANN y ist Klein.
DANN y ist Mittel.
WENN-Teil
DANN-Teil
Regel 1:
μ1
Negativ
1,0
0,0
-8
-4
μ2
μ 1= 0,8
0
e1akt
4
1,0
8
e1
0,0
Null G = MIN (μ ,μ )
1
1 2
= 0,6
μ2= 0,6
-8
-4
0
4
e2akt
8
e2
μy
Klein
Mittel
Groß
1,0
0,0
0
2
4
6
8
y /V
Regel 2:
μ1
μ12
Null
1,0
μ2= 0,6
μ 2= 0,2
0,0
-8
-4
0
4
8
e1
e1akt
0,0
μy
Null
1,0
-8
-4
G2= MIN (μ1,μ 2)
= 0,2
0
4
e2akt
8
e2
Klein
Mittel Groß
1,0
0,0
0
2
4
6
8
y /V
Bild 12.26 Ermittlung von Erfüllungsgraden der Fuzzy-Regeln des Beispiels 12.7
Für die gegebenen aktuellen Werte der Eingangsgröße sind die Zugehörigkeitsfunktionen aus
der ersten Regel:
μ1 = 0,8
μ2 = 0,6.
Daraus ergibt sich der Erfüllungsgrad der Regel 1:
G1 = MIN (μ1, μ2) = MIN (0,8 0,6) = 0,6.
Analog wird der Erfüllungsgrad der Regel 2 bestimmt:
G2 = MIN (μ1, μ2) = MIN (0,2 0,6) = 0,2.
12.2.4 Defuzzifizierung
Das Ergebnis der Fuzzy-Inferenz ist eine unscharfe Menge, wie der DANN-Teil in
Bild 12.26 zeigt. Daraus soll nun wieder eine exakte (scharfe) Stellgröße gebildet
werden. Für die Umwandlung können verschiedene Methoden angewendet werden,
z. B. Maximum- oder Schwerpunktmethode.
Nach der Schwerpunktmethode CoG (Center of Gravity) werden die Ausgangsterme
gemeinsam als eine Fläche interpretiert und die Abszissen der Flächenschwerpunkte
y1, y2, ... bestimmt. Da alle Regeln zugleich mit dem Erfüllungsgrad G1, G2, ... gelten
sollen, wird die resultierende Fuzzy-Menge μres als ODER-Verknüpfung (MaximumOperator) der Ausgangstermen für jede Regel ermittelt. Der Flächenschwerpunkt yakt
bildet einen festen Wert für die Stellgröße y:
376
12 Intelligente Regelung
n
 Gi ⋅ y i
y akt = i =1
.
n
(12.17)
 Gi
i =1
Gl. (12.17) gibt allerdings den angenäherten Wert des Schwerpunktes an, was für die
praktischen Anwendungen genügt.
•
Beispiel 12.9
μ
a)
Klein
Mittel
Groß
1,0
G1 = 0,6
G2 = 0,2
0,8
0,6
0,4
0,2
0,0
0
2
4
6
8
y/V
μ res
b)
1,0
μ res = MAX (μ Klein , μ Mittel )
0,8
0,6
0,4
0,2
0,0
0
2
4
6
8
y/V
yμ2
yμ1
Die Fuzzy-Inferenz nach dem
DANN-Teil des Beispiels 12.8
ist in Bild 12.27a gezeigt. Die
resultierende Menge μres wird
nach dem Maximum-Operator
gebildet und stellt sich somit
die Einhüllende der Funktionen
μ Klein und μ Mittel dar (Bild
12.27b). Die Erfüllungsgrade
G1 und G2 werden vom Beispiel 12.8 übernommen: Die
Schwerpunktabszissen
von
Termen Klein, Mittel, Groß
werden aus dem Bild 12.26 bestimmt:
y1 = y Klein = 2,5 V
y2 = y Mittel = 5,0 V
y3 = y Groß = 7,5 V.
yakt
Bild 12.27 Defuzzifizierung der Stellgröße y
Der Flächenschwerpunkt wird nach Gl. (12.17) berechnet:
y akt =
G1 ⋅ y μ1 + G 2 ⋅ y μ 2 0,6 ⋅ 2,5V + 0,2 ⋅ 5V
=
= 3,125V .
G1 + G 2
0,6 + 0,2
(12.18)
Wiederholt man die Berechnung der Stellgröße yakt nach Gl. (12.18) für verschiedene Werte
von Eingangsgröße yakt, so kann die statische Ausgang-/ Eingang-Kennlinie bestimmt werden.
Im Anhang (siehe OnlinePlus-Bereich des Verlags) ist gezeigt, wie man einen Fuzzy-Regler mit
der Fuzzy Logic Toolbox von MATLAB entwerfen kann.
12.3 Neuro-Regelung
377
12.3 Neuro-Regelung
Der Begriff des künstlichen Neurons wurde erstmals von den Neurophysiologen W.S.
McCulloch und dem 18-jährigen Mathematiker W. Pitts (1943) eingeführt. Das erste
künstliche Neuron war nicht lernfähig und wurde als ein logisches Schwellenwertelement mit mehreren Eingängen und einem Ausgang, das nur zwei Zustände annehmen kann, aufgebaut. Grundlage des Lernverfahrens kam erst 1949 nach einer Hypothese des Psychologen Donald Hebb, die besagt, dass das Lernen im Gehirn durch
Änderung der Synapsenstärken erfolgt. Das Aufkommen der Rechnertechnik hat die
Möglichkeit eröffnet, die einzelnen Neuronen in ein künstlichen neuronalen Netz
(KNN) zu verbinden und mit veränderlichen Parametern zu simulieren.
Die Lernfähigkeit eines Netzes besteht darin, die eigenen Gewichtungen so einzustellen, dass der Fehler zwischen Ist- und Sollwert des Netzausgangs für eine bestimmte
Klasse der Eingänge möglichst minimal wird.
Der Einsatz von künstlichen neuronalen Netzen für die Automatisierungstechnik hat
bereits seit Mitte der sechziger Jahre begonnen. In den achtziger Jahren nahm die Zahl
der Anwendungen stark zu. Hieraus entstanden neue Identifikationsmethoden und
neue Regelungskonzepte mit Emulator- und Actor-Netzen.
Da fast alle der mehr als 20 bekannten Netzmodelle für spezielle Anwendungen wie
Klassifikation, Bildverarbeitung, Muster- und Spracherkennung entwickelt worden
sind, haben sich nur einige für die Automatisierungstechnik herauskristallisiert, wie
Perceptronen und CMAC-Netze, Hopfield-Netze, Kosko’s BAM und Cooper’s RCE.
Heute versteht man unter KNN adaptive Algorithmen, die in erster Linie für Identifikation, Klassifikation, Bild- und Sprachverarbeitung geeignet sind und als SoftwareProdukte, wie NeuroCheck, NeuroModel, NeuroSolutions, um nur einige zu nennen,
angeboten werden.
12.3.1 Grundmodell eines künstlichen Neurons
Das einfachste künstliche Neuron hat zwei Eingänge und einen Ausgang, der nur zwei
Zustände, z. B. (−1, +1) oder (0, 1) annehmen kann (Bild 12.28). Der aktuelle Ausgang y des Neurons wird in zwei Schritten bestimmt. Im ersten Schritt wird der Aktivierungswert α mit den gegebenen Eingängen x1, x2 und Schwellenwert θ berechnet:
α = W1 x1 + W2 x 2 − θ
(12.19)
Im zweiten Schritt wird der Ausgangswert y mit Hilfe einer Aktivierungs- bzw. Transferfunktion y = f (α) berechnet. Als f (α) kommen eine Reihe mathematischer Funktionen in Frage. Im vorliegenden Beispiel wird eine binäre Aktivierungsfunktion mit
y = +1 für α > 0 und y = −1 für α < 0 betrachtet. Jeder Kombination von Eingangswerten entspricht ein bestimmtes Kriterium. Ein Kriterium kann z. B. sein, ob sich der
Eingangspunkt oberhalb (Klasse A) oder unterhalb (Klasse B) einer Grenzgerade befindet, wobei der Sollwert des Neuronenausgangs für Eingangswerte aus der Klasse A
d = +1 und für Klasse B d = −1 ist.
378
12 Intelligente Regelung
x2
4
Schwellenwert
(Bias)
Gewichte
W1
x1
θ
α
+
W2
x2
+
nz
Gre
Klasse B
2
0
Transferfunktion
−
Klasse A
2
y
Aktivierung
−1
x1
6
Sollwert
f(α)
+1
4
e
α
−
Netz- +
ausgang
d
E
Fehler
Bild 12.28 Struktur eines KNN mit binärem Ausgang
Nehmen wir an, dass die zu erkennenden Klassen durch eine Gerade getrennt sind:
x2 = a⋅x1 + b,
z. B. mit a = 0,5 und b = 1.
Für das Neuron wird die Grenze zwischen Musterklassen durch die Gleichung α = 0
abgebildet, d. h. α = W1x1+ W2x2 − θ = 0 bzw.
W
θ
.
x 2 = − 1 x1 +
W2
W2
(12.20)
Aus dem Koeffizientenvergleich mit der Gerade x2 = a⋅x1 + b folgt:
θ
W2
=b
−
W1
=a
W2
Bei θ = 2 wird die Grenze korrekt mit den folgenden Gewichten abgebildet:
θ
2
=2
b 1
W1 = − a ⋅ W2 = −0,5 ⋅ 2 = −1
W2 =
=
Die Musterklasse A ist damit durch die Aktivierung α > 0 und den Ausgang y = +1
gekennzeichnet. Für die Klasse B ergibt sich α < 0 und damit y = −1.
Da dem KNN keine Gewichte vorgegeben werden, ist es die Aufgabe des Lernvorgangs, sie so lange zu verändern, bis die Grenzgerade korrekt abgebildet wird. Als
Fehlermaß gilt dabei die Differenz E zwischen dem Ist-Ausgang y und dem SollAusgang d. Der Lernalgorithmus besteht in Änderung von Gewichten, z. B.:
W1 (neu) = W1 + η⋅(d − y)⋅x1
W2 (neu) = W2 + η⋅(d − y)⋅x2.
(12.21)
(12.22)
Die Iterationsschrittweite (Lernschrittweite) η bestimmt die Konvergenzgeschwindigkeit. Normalerweise gilt: 0 < η < 1. Meist wird das Fehlermaß jedoch nicht nach je-
12.3 Neuro-Regelung
379
dem Eingangspaar berechnet, sondern über alle Ein/-Ausgangs-Paare aufsummiert,
um den Gesamtfehler E zu minimieren.
•
Beispiel 12.10
Gegeben ist ein trainiertes KNN mit der
in Bild 12.28 gezeigten Struktur. Die
Kennwerte sind:
jω = x 2
sP1
6
sP5
4
sP3
2
−6
−4
−2
2
0
4
6
σ = x1
sP4
x1 = σ
−2
x2 = jω.
−4
sP2
W1 = 1
W2 = 0,5
θ = 1.
Das KNN wurde trainiert, die Stabilität
eines Kreises in der s-Ebene zu erkennen (Bild 12.29). Dafür sind die
folgenden Eingänge dem KNN gesetzt:
sP6
−6
Bild 12.29 Die Pol-/Nullstelen-Verteilung
Die stabilen Zustände sind durch einen
Parameter d = − 1 und die instabilen
durch d = +1 gekennzeichnet.
Es soll das KNN getestet werden.
Zunächst überprüfen wir nacheinander die Eingänge nach dem Bild 12.29. Für die Polstelle sP1
ist die Aktivierung nach Gl. (12.19)
α = x1 +0,5 ⋅ x 2 −θ = (−6) + 0,5 ⋅ 5 − 1 = −4,5 .
Für α < 0 folgt aus der Transferfunktion y = −1. Da auch d = −1 gilt, ist die Erkennung korrekt.
Auch für Polstelle sP3 gibt das KNN die korrekte Antwort:
α = x1 +0,5 ⋅ x 2 −θ = (−3) + 0,5 ⋅ 3 − 1 = −2,5 < 0

y = −1
⇐
d = −1 .

y = −1
⇐
d = +1 .
Bei der Erkennung der Polstelle sP6 tritt jedoch der Fehler auf:
α = x1 +0,5 ⋅ x 2 −θ = 3 + 0,5 ⋅ (−4,5) − 1 = −0,25 < 0
Statt alle Eingangswerte nacheinander zu prüfen, kann man die KNN-Gewichte in die Grenzgerade nach Gl. (12.20) umwandeln und in das Diagramm des Bildes 12.29 eintragen:
W
1
1
θ
bzw. x 2 = −2 x1 + 2 .
x 2 = ax1 + b = − 1 x1 +
=−
x1 +
W2
W2
0,5
0,5
Daraus erkennt man sofort, dass das KNN die Grenze falsch gelegt hat und soll weiter trainiert
werden. In nächsten Abschnitten wird gezeigt, wie eine komplexe Grenze abgebildet wird.
12.3.2 Mehrschicht-KNN und Backpropagation
Die Einteilung der Eingangsvektoren kann von einzelnen Neuronen dann durchgeführt werden, wenn die Grenze zwischen den beiden Klassen eine Gerade ist, wie
es bei den logischen Verknüpfungen UND und ODER der Fall ist. Sind für die Klas-
380
12 Intelligente Regelung
senbeschreibung mehrere Geraden bzw. mehrere logische Funktionen nötig wie z. B.
bei der logischen XOR-Verknüpfung, wird für jede Grenzgerade ein Neuron eingesetzt. Damit entstehen die Mehrschicht-Netze, die aus Ein-, Ausgangs- und verdeckten
Neuronen bestehen (Bild 12.30).
Der Lernvorgang läuft nach
Gln. (12.21), (12.22) ab, d. h.
zuerst werden die Ausgänge
einzelner Schichten nacheinander, von Ein- bis zur Ausgangsschicht, berechnet. Dann werden die Ausgangswerte
y1, y2, ... , ym
und die Sollwerte
d1, d2, ... , dm
miteinander verglichen.
x1
x1´
x1´´
x2
y1
x3
ym
x4
xn´´
xn´
xn
Ausgangsschicht
2. verdeckte Schicht
1. verdeckte Schicht
Eingangsschicht
Bild 12.30 Mehrschicht-KNN mit 2 verdeckten Schichten
Entsteht dabei ein Fehler Ej = dj – yj bzw. der Gesamtfehler E = E12 + E 22 + ... ,
werden die Gewichte schrittweise korrigiert. Das Verfahren heißt Backpropagation,
da der Fehler rückwärts übertragen wird.
X Aufgabe 12.2
Ein Mehrschicht-KNN mit binären Eingängen x1 und x2 ist im Bild 12.31 gezeigt. Das Ausgangsneuron y hat binäre Transferfunktion. Der Ausgang des verdeckten Neurons V wird mit
einer Sigmoid-Transferfunktion v =
1
1 + e −α
ermittelt und gibt die Werte 0 < v <1 aus. Wel-
che logische Funktion simuliert das KNN?
θv = 2,2
x1
− 6,4
+
+
x2
− 6,4
αv
+
θy = 6,3
− 4,2
1
v
+
+
− 9,4
0
+
+
− 4,2
•
αy
1
y
0
Bild 12.31 Trainiertes
KNN mit einem verdeckten Neuron
Beispiel 12.11
Gegeben ist das in Bild 12.32 gezeigte Zweischicht-Netz mit Gewichten W1 = −5; W2 = 1,5;
Schwellenwerten θ1 = − 0,25; θ2 = 1,12 und mit exponentiellen Sigmoid-Transferfunktionen
v = f (α ) =
1
1+ e
−α
und
y = f (β ) =
Jede Schicht besteht aus nur einem Neuron
1
1 + e −β
.
12.3 Neuro-Regelung
381
Die Ein-/Ausgänge des ersten Neurons sind x und v, die Ein- / Ausgänge des zweiten Neurons
sind v und y. Das KNN
θ1
wird mit einer einfachen
θ2
Datei, die nur zwei Sätze
β
−
−
α
v
y
x
W1
W2
enthält, trainiert:
f(α)
f(β)
+
+
1) für x = 0 ist d = 0,5
2) für x = 1 ist d = 0,3.
Bild 12.32 KNN mit zwei Schichten zu Beispiel 12.11
Zuerst wird die Aktivierung und der Ausgang des verdeckten Neurons für x = 0 berechnet:
α = W1⋅x + θ 1 = −5⋅0 −(− 0,25) = 0,25
v=
1
1+ e
−α
=
1
1 + e −0, 25
= 0,5622 ,
dann die Aktivierung des zweiten Neurons und der Netzausgang:
β = W2⋅v + θ 2 = 1,5⋅0,5622 −1,12 = − 0,2767
y=
1
1+ e
−β
=
1
1+ e
0, 2767
= 0,4313 .
Da für den 1. Satz d = 0,5 gilt, entsteht ein Fehler am Netzausgang:
E1 = d – y = 0,5 – 0,4313 = 0,0687.
Für den 2. Satz x = 1 wird die Berechnung wiederholt. In diesem Fall ergebt sich:
v = 0,0086
y = 0,2484
E2 = d – y = 0,3 – 0,2484 = 0,0516.
Mit der Berechnung der quadratische Gesamtfehler
E = E12 + E22 = 0,0074
beginnt die Fehlerkorrektur bzw. Backpropagation. Der Fehler E wird für das verdeckte Neuron
umgerechnet, z. B.
Ev = E / W2= 0,0074 / 1,5 = 0,0049
und zwischen den beiden Schichten verteilt. Die Gewichte werden z. B. wie folgt korrigiert:
ΔW2 = η⋅E⋅(E1⋅v1+ E2⋅v2) = η⋅0,0074⋅(0,0687⋅0,5622 + 0,0516⋅0,0086)
ΔW1 = η⋅Ev⋅(E1⋅x1+ E2⋅x2) = η⋅0,0049⋅(0,0687⋅0 + 0,0516⋅1)
Beträgt z. B. die Lernschrittweite η = 500, so ergeben sich die folgenden Gewichte nach dem
ersten Lernschritt:
W2(neu) = W2 + ΔW2 = 1,5 + 0.1444 = 1,6444
W1(neu) = W1 + ΔW1 = −5 + 0,1271 = −4,8729
Die Lernschritte werden solange wiederholt, bis der Fehler E seinen minimalen Wert erreicht:
2. Schritt:
E = 0,0050
3. Schritt:
E = 0,0041
4. Schritt
E = 0,0036
5. Schritt:
E = 0,0033 usw.,
Im vorliegenden Beispiel konvergieren die Gewichte zu W1= − 2 und W2 = 2.
382
12 Intelligente Regelung
• Beispiel 12.12
Ein Einzelschicht-KNN mit zwei Eingängen und einem binären Ausgang (0, 1) soll für die Erkennung der logischen Funktion ODER mit Neural Network Toolbox trainiert werden. Die
Struktur das aus MATLAB/Simulink-Elementen aufgebauten KNN ist in Bild 12.33 dargestellt.
Bild 12.33
Struktur des KNN mit
MATLAB/Simulink
(Neural Network Toolbox)
Die Anfangswerte von Eingängen sind: x1 = 1 und x2 = 0. Nach 5 s wird x2 sprungförmig von 0
auf 1 geändert. Die Eingabe erfolgt mit Anweisungen im MATLAB-Command-Fenster:
» W [ 2,−2];
% Eingabe von Gewichten
» b = −0.25
% Eingabe des Schwellenwertes
» P = [ 0, 0, 1, 1; 0, 1, 0, 1];
% Eingabe von Eingangsmustern
» T = [ 0, 1, 1, 1];
% Sollwerte nach ODER-Funktion
» plot (y)
% Simulation/Start
» plotpv (P, T);
» plotpc (W, b).
Die mit den letzten zwei Befehlen geöffneten Grafik-Fenster zeigen die Netzzustände:
•
bei x1 = 1 und x2 = 0 wird y = 1;
•
bei x1 = 1 und x2 = 1 wird y = 0.
Aus dem Vergleich mit dem Bild 12.34a erkennt man, dass das KNN die Grenze falsch gelegt
hat und der Lernvorgang gestartet werden soll. Dies erfolgt mit Anweisung
» [ W, b, epochs, errors] = trainp (W, b, P, T, −1);
% Lernen mit Lerndatei (P, T).
Nach 5 Epochen findet das Netz die korrekte Lage der Grenze (Bild 12.34b). Der Verlauf des
Fehlers wird mit der folgenden Anweisung ausgegeben: » plotter (errors)
a)
b)
Bild 12.34 Lernvorgang: a) Beginn mit W =[ 2, −2], b = −0,25; b) Ende nach 5 Schritten
12.3 Neuro-Regelung
383
12.3.3 Regelkreisstrukturen mit KNN
Mit KNN als Regler sind neue Regelkreisstrukturen vorstellbar:
•
mit einem Netz als Regler
•
mit zwei Netzen: als Regler und als Beobachter
•
mit einem Regler und einem Netz als Beobachter
Die KNN-Eingänge sind die Zustandsgrößen des Regelkreises, die Ausgänge sind je
nach KNN-Funktion entweder Stellgrößen oder Kennwerte des Reglers. Für den
Lernalgorithmus wird im Regelkreis eine zusätzliche „Lern-Rückführung“ eingebaut,
die jedoch zeitlich von der „normalen“ Kreis-Rückführung getrennt wirkt.
Ein-Netz-Verfahren
Bei der neuronalen Zustandsregelung (Bild 12.35) erhält das KNN an seinem Eingang
die Regeldifferenz e(t) und ihre Ableitungen, sowie die Vektoren der Stell- und Regelgrößen y(t) und x(t).
w
y
+ -e
Regelstrecke
A-Netz
wij
gewünschter
Ausgang
x - + d
Bild 12.35
Zustandsregelung
(Ein-Netz-Verfahren)
Δ
Regelkreis
überwachtes Lernen
Da der Ausgang des KNN unmittelbar die Stellgröße y(t) ist, wird das Netz in diesem
Fall als Aktionsnetz, kurz A-Netz, bezeichnet. Analog dem Kompensationsregler, wird
das A-Netz trainiert, eine inverse Übertragungsfunktion der Regelstrecke 1/GS(s)
nachzubilden, d. h. die eigenen Gewichte Wji so einzustellen, dass die Differenz zwischen dem Ausgang d (Sollwert) der reziproken Übertragungsfunktion und dem aktuellen Netzausgang y minimal wird.
• Beispiel 12.13
Die Regelgröße x(t) ist der Drehwinkel der Rotorachse eines Servomotors (Bild 12.36). Die
Regelung erfolgt ohne Überschwingung.
w +
e
-
Fuzzifizierung
Regelkreis
FAM-Netz
Defuzzifizierung
überwachtes Lernen
y
1, T 1
KI
+ xsoll
-
x
Bild 12.36 Positionsregelung mit Ein-NetzStruktur (NeuroZustandsregelung)
384
12 Intelligente Regelung
Zwei-Netze-Verfahren
w+
y
-e
x
Regelstrecke
A-Netz
wij
E-Netz
+
Δ
Regelkreis
unüberwachtes Lernen
Bild 12.37 Neuronale prädiktive Regelung (ZweiNetze-Struktur)
•
Beispiel 12.14
ϕ
y
0
x
L
Das in Bild 12.37 gezeigte Verfahren ist mit zwei Netzen realisiert. Zunächst wird das Emulatornetz, kurz E-Netz, mit den
Ein- und Ausgängen der Regelstrecke trainiert. Danach wird
das A-Netz trainiert, wie in obigem Fall der neuronalen Zustandsregelung, jedoch wird hier
über das E-Netz gelernt.
Im Vergleich zur klassischen
Regelung übernimmt das E-Netz
die Rolle eines Beobachters und
das A-Netz die eines Reglers.
Die Strecke ist ein Wagen mit dem Pendel,
der im stabilisierten Zustand in der Mitte der
Laufbahn gehalten werden soll (Bild 12.38).
Die Zustandsgrößen sind:
- der Winkel des Pendels ϕ (t)
- die Lage des Wagens x(t)
- die Ableitung dϕ (t)/ dt
- die Ableitungen dx(t)/dt.
Bild 12.38 Regelstrecke: das inverse Pendel
Lernen
E-Netz
d
S
Stellgröße
Pendel
FUZZIFIZIERUNG
Lernen
A-Netz
Zustandsgröße
Bild 12.39 Stabilisierung des Pendels
mit Zwei-Netze-Struktur
Die Stellgröße y(t) ist die Kraft, die schlagartig auf den Wagen wirkt (z. B. y = ±10 N).
Bei der neuronalen prädiktiven Regelung
(Bild 12.39) wird keine Untersuchung der
Systemdynamik durchgeführt, sondern experimentell die Lerndaten gewonnen. Die Gewichtsänderung findet in einem Bereich von
162 binären Eingangssignalen (6 Bereiche
für die Zustandsgröße ϕ (t) und 3 Bereiche
für anderen Zustandsvariablen) statt. Erhöht
man die Anzahl von Eingängen, so wird die
Trainingszeit verlängert. Ansonsten geht die
Qualität der Regelung verloren.
Die gewünschten Ausgänge für das E-Netz sind in Bild 12.39 mit S bezeichnet. Sie werden aus
Versuchen mit dem Regelkreis gewonnen. Der Ausgang des E-Netzes d wird zum Lernen des
A-Netzes als gewünschter Ausgang (Sollwert) verwendet. Für eine Stellgröße, die zum stabilen
Zustand führt, wird d = 0, ansonsten wird d = −1 gesetzt.
12.3 Neuro-Regelung
385
Regler-Netz-Verfahren
w+
e
-
Regler
y
x
Regelstrecke
KPR , Tv
E-Netz
+
Δ
Regelkreis
unüberwachtes Lernen
Eine Regler-Netz-Struktur
ist im Bild 12.40 gezeigt.
Die Gewichte Wji sind die
Kennwerte des Reglers KPR,
Tn oder Tv, die für verschiedene Arbeitspunkte des Regelkreises durch das KNN
optimal eingestellt werden.
Eine weitere Modifikation
dieses Verfahrens besteht
darin, dass der Regler durch
ein A-Netz ersetzt wird.
Bild 12.40 Regler-Netz-Struktur
Duale bzw. hybride Regelkreise
So nennt man Regelkreise, die aus konventionellen regelungstechnischen Gliedern mit
konstanten Parametern, so genannten LZI-Gliedern (lineare zeitinvariante Glieder,
siehe z. B. Abschnitt 11.1) und aus wissensbasierten KNN-Elementen, die sich mit
keinen mathematischen Verfahren beschreiben lassen, gebildet werden [147].
Es gibt folgende Verfahren zur Behandlung von dualen Regelkreisen:
a) Kooperative Behandlung, wenn KNN offline betrieben wird, d. h. zuerst Lernen,
dann Regeln, wie es in obigen Strukturen mit KNN der Fall ist.
b) Hybride Behandlung, wenn KNN online als Regler gilt. Dies kann, wie das nachfolgende Beispiel zeigt, nur unter bestimmten Vereinfachungen erfolgen.
•
Beispiel 12.15
Eine I-T2-Strecke soll mit einem P-Regler möglichst schnell und ohne Überschwingung geregelt werden. Die Parameter sind gegeben: KPS = 1,6 , T1 = 0,1 s, T2 = 0,5 s, KIS = 0,2 s−1.
Den Entwurf des Regelkreises beginnen wir mit konventionellen Methoden und ermitteln zuerst
den Proportionalbeiwert KPR des P-Reglers nach dem Betragsoptimum. Aus der Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises:
G0 ( s ) =
K PR K PS K IS
s (1 + sT1 )(1 + sT2 )
mit der Ersatzzeitkonstante TE = T1 + T2 = 0,6 s ergibt sich die optimale Reglereinstellung:
G0 ( s ) =
K PR K PS K IS
s (1 + sTE )
 K PR =
1
1
=
= 2,6
2 K PS K ISTE 2 ⋅ 1,6 ⋅ 0,2 s −1 ⋅ 0,6 s
Dann ergänzen wir den Regelkreis mit Neuro-Fuzzy-Elementen, wie in Bild 12.41 gezeigt ist.
Die Fuzzifizierung erfolgt mit Hilfe von drei Parallelzweigen. Die Inferenz ist durch die KNN-
386
12 Intelligente Regelung
Algorithmen mit der anschließenden Addition ersetzt worden. In jedem Zweig sind P-Glieder
vorhanden, die aus den oben berechneten optimalen Wert KPR = K = 2,6 ermittelt werden, z. B.
für den mittleren Zweig 0,5K = 1,3.
Bild 12.41 Wirkungsplan des Regelkreises mit Neuro-Fuzzy-Regler in MATLAB/Simulink
Mit Fuzzy- und Neuro-Elementen
kann die Kennlinie des Reglers an
die Strecke besser angepasst werden. Zu diesem Zweck ist im mittleren Zweig das lineare Neuron
Pure linear mit kleinerer Steigung
der Kennlinie als die bei den beiden Tan sigmoid Neuronen eingestellt. Die Saturation-Neuronen
mit Gewichten W_sn = −W_pn bilden die benötigten Sättigungsabschnitte des Fuzzy-Sets. Die Gewichte W und Bias (Schwellenwert) b und − b richten sich nach
dem optimalen KPR-Wert:
W = 3 KPR und b = 0,5 KPR.
Bild 12.42 Sprungantworten zum Bild 12.38
Bild 12.42 zeigt die Sprungantworten von Kreisen mit und ohne KNN auf einen Führungssprung von w0 = 0,5. Der KNN-Regler reagiert fast doppelt so schnell wie der P-Regler und hat
dabei keine Überschwingung. Allerdings ist die Sprungantwort des KNN-Reglers von der Höhe
des Eingangssprungs abhängig, da es sich um einen streng nichtlinearen Regler handelt.
387
13 Zustandsregelung
13.1 Zustandsebene
Für die Zustandregelung ist bei Master-Studiengängen mit dem Schwerpunkt Automatisierungstechnik üblicherweise eine semesterlange Lehrveranstaltung vorgesehen. Dieses Thema in einem Abschnitt zu beschreiben ist unrealistisch, so dass
nachfolgend nur deren Grundlagen kurz erläutert werden, um die praktische Anwendungen oder den Einstieg in die weiterführende Literatur, z. B. [23], [24], [31],
[83], [114] und [148], zu erleichtern.
Die Methoden der Zustandsregelung sind besonders effektiv für nichtlineare Strecken und Mehrgrößenstrecken. Wir beginnen jedoch die Einführung in die Zustandsregelung von einem linearen Beispiel, um zu zeigen, dass die Zustandsregelung auch ohne spezielle Kenntnisse für einfache Regelstrecken erfolgen kann.
y Beispiel 13.1
Gegeben ist eine Strecke (Bild 13.1), die aus zwei I-Gliedern mit KIS1 = KIS2 = 1 s-1 besteht.
Die Strecke hat messbare Zustandsvariablen x und x1.
KIS1
u
k
+
−
+
x1
KIS2
x
k1
+
k2
Bild 13.1 Regelung eines Doppel-I-Gliedes mit Zustandsrückführungen
Nach einem Einheitssprung der Stellgröße u(t) soll die Regelgröße von x(0) = 0 zu einem gegebenen Endwert, z. B. x(∞) = 1 gebracht werden, und zwar so, dass sich der Dämpfungsgrad
zwischen ϑ = 0,3 und ϑ = 0,4 befindet. Die dafür benötigten Polstellen p1 und p2 des geschlossenen Kreises sind unten gegeben:
p1,2 = −1 ± 2 j
Die Aufgabe besteht in einer geeigneten Wahl der Proportionalbeiwerten k1 und k2. Solche Verfahren, bei denen die Pole an gewünschte Stellen platziert werden, nennt man Polzuweisung
oder Pole Placing.
Bestimmen wir zuerst die Übertragungsfunktion des ersten, inneren Kreises
1
1
1
1
1 / k1
s
, wobei Tw = ist.
Gw1 ( s ) =
=
=
=
1
k
s
+
k
1
+
sT


1
1
1
w
1 + ⋅ k1
k1 1 + s 
s
k1 

S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_13,
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2014
388
13 Zustandsregelung
Dann wird die Übertragungsfunktion des zweiten, äußeren Kreises bestimmt:
1
1
1
⋅
(
1
k
s
+
sTw )
1
1
s
Gw ( s ) =
=
= 2
1
1
1
1 + Gw1 ( s ) ⋅ ⋅ k1 1 + ⋅
⋅ k1 s + k1s + k 2
s
k1 s(1 + sTw )
Gw1 ( s ) ⋅
Laut Aufgabenstellung ist die gewünschte Übertragungsfunktion GM(s) mit den gegebenen Polstellen wie folgt gegeben:
GM ( s ) =
1
1
1
= 2
= 2
( s − p1 )(s − p2 ) s − s( p1 + p2 ) + p1 p2 s + 2s + 5
Aus der Bedingung Gw ( s ) = GM (s ) folgt die Lösung:
s 2 + k1s + k 2 = s 2 + 2s + 52
 k1 = 2

k 2 = 5

Um den Beharrungswert x(∞) nach dem Einheitssprung u0 = 1
x (∞) = lim k ⋅ Gw ( s ) ⋅ u0 = lim
s →0
s →0
k
2
s + 2s + 5
⋅ u0 =
k
5
an den gegebenen Wert x(∞) = 1 anzupassen, wird k = 5 eingestellt.
13.1.1 Zustandsebene eines linearen Systems
Die vorherige Aufgabe wurde nicht wie gewöhnlich formuliert und gelöst. Die
Stellgröße wurde nicht wie üblich mit y, sondern mit u bezeichnet. Anstelle eines
Reglers wurden zwei Rückführungen k1 und k2 eingesetzt. Es fehlt die Führungsgröße, sie ist in der Aufgabenstellung als die Bedingung x(∞) = 1 enthalten.
Zwar wurde die Aufgabe mit gewöhnlichen Methoden gelöst, ist die Lösung nur für
einfache Strecken mit zwei-drei Zustandsvariablen möglich. Um das Verfahren zu
verallgemeinern, soll der Wirkungsplan der Strecke anders als bisher dargestellt
werden. Man sagt, die Strecke soll im Zustandsraum beschrieben werden.
Betrachten wir als Beispiel eine lineare Differentialgleichung 2. Ordnung:
d 2 x(t )
dt
2
+ a1
dx(t )
+ a0 x(t ) = k ⋅ u (t ) bzw. x + a1x + a0 x = k ⋅ u
dt
Für die freie, ungezwungene Bewegung des Systems bei u = 0 gilt:
x + a1x + a0 x = 0
Fügen wir neue Variablen ein, nämlich:
x1 = x
x2 = x
(13.1)
13.1 Zustandsebene
389
Unter Beachtung x = x1 und x = x2 sowie x = x2 , wird die letzte Differentialgleichung der freien Bewegung des Systems umgeschrieben:
 x2 + a1 x2 + a0 x1 = 0

 x1 = x2
 x2 = −a1 x2 − a0 x1

 x1 = x2
bzw.
Der Vorteil dieser Darstellung besteht einerseits darin, dass die DGL 2. Ordnung durch die DGL 1. Ordnung ersetzt wurde; andererseits folgen daraus die
Gleichungen x2 = f (x1) von Trajektorien in der Zustandsebene. Um die Trajektorien zu bilden, dividieren wir die obere Differentialgleichung durch die untere
 dx2
 dt = − a1x2 − a0 x1
 dx
 1 = x2
 dt
•
x2 = x
dx2
dt = − a1x2 − a0 x1
dx1
x2
x2
dt

und eliminieren wir daraus die Zeit:
t=0
dx2
x
= −a1 − a0 1
dx1
x2
0
x1 = x
Bild 13.2 Zustandsebene
(13.2)
Aus der letzten DGL kann man unter bestimmten Bedingungen die Trajektorien (Isoklinen) bestimmen, wobei
jedem Zeitpunkt t ein Punkt der Zustandebene (x1, x2)
entspricht (Bild 13.2). Die Zusammensetzung von allen
Punkten, von t = 0 bis zum Endwert bei t = ∞, stellt grafisch die freie Bewegung des Systems dar.
Erreicht die Zustandskurve bei t = ∞ den Wert x2 = 0 (Bild 13.3), wird das geschlosx
sene System stabil. In der Gl. (13.2) handelt es sich dabei um eine Singularität 1 .
0
•
x2 = x
x2 = x
Ruhezustand im
Koordunatenanfang
0
Ruhelage auf
der x - Achse
0
x1 = x
x1 = x
Bild 13.3 Beharrungszustände von stabilen Systemen: links (x1=0); rechts (−a0=0)
390
13 Zustandsregelung
Es gilt dabei x1 = 0 bzw. x1 = const, wie es aus der Gleichung x1 = x2 folgt. Gleichzeitig ergibt sich aus der Gleichung x2 = −a1 x2 − a0 x1 die folgende Bedingung für
Ruhelage:
x2 = −0 − a0 x1 = 0
− a0 x1 = 0
13.1.2 Stabilitätsuntersuchung in der Zustandsebene
Betrachten wir die Gleichung der Zustandskurve
dx2
x
= −a1 − a0 1
dx1
x2
und nehmen wir an, dass x2 und x1 miteinander linear verbunden sind:
x2 = K ⋅ x1
Dies entspricht einer Geraden mit der Steigung
dx2
=K.
dx1
Die Zustandsgleichung wird damit zu einer quadratischen Gleichung umgewandelt
und gelöst:
dx2
x
= K = −a1 − a0 1
dx1
x2
K 2 + a1K + a0 = 0


K 2 = −a1K − a0
a12 − 4a0
a
K1, 2 = − 1 ±
2
4
Abhängig vom Vorzeichen des Terms a12 − 4a0 entstehen unterschiedliche Zustandskurven. Die typischen Zustandskurven und die Sprungantworten sind in der
Tabelle 13.1 gezeigt. In der Tabelle 13.2 sind gesondert die Trajektorien einer
DGL 2. Ordnung bei a1 = 0 oder a0 = 0 zusammengefasst:
x + a1x = k ⋅ u
Insgesamt sind folgende drei Fälle möglich:
•
Fall 1:
a12 < 4a0
imaginäre Polstellen
•
Fall 2:
a12 > 4a0
komplexe Polstellen (die weiteren Optionen sind
in der Tabelle 13.3 zusammengefasst)
•
Fal 3
a12 = 4a0
reelle Polstellen
13.1 Zustandsebene
391
Verlauf der Zustandskurven bei Bedingungen a12 > 4a0
Tabelle 13.1
I
II
a1 > 0
a0 > 0
a1 < 0
III
a0 > 0
x2
a1 > 0
a0 = 0
x2
x1
0
x1
Knotenpunkt instabil
x1
a0 < 0
x2
0
0
Knotenpunkt stabil
a1 > 0
x2
x1
0
IV
x1
Wirbelpunkt
Sattelpunkt
x1
t
x1
x1
t
t
t
Zustandskurven bei a0 = 0 oder a1 = 0
Tabelle 13.2
a0 = 0
a1 = 0
dx2
= −a1
dx1
x2 = −a1x + C
x2 dx2 = −a0 x1dx1
x22
x2
+ 1 =1
a0C C
I
II
III
IV
a1 > 0
a1 < 0
a0 > 0
a0 < 0
x2
x2
x1
x1
stabil
instabil
x2
x2
0
x1
Wirbelpunkt
0
x1
Asymptotisch instabil
392
13 Zustandsregelung
Knotenpunkte bei der Bedingung a12 > 4a0
Tabelle 13.3
I
II
III
IV
a1 > 0
a0 > 0
a1 < 0
a0 > 0
a1 > 0
a0 < 0
K1 < 0
K2 < 0
K1 > 0
K2 > 0
K1 > 0
K2 < 0
x2
a0 < 0
K1 = − K2
x2
x2
x1
a1 = 0
V
a1 < 0
a0 < 0
K1 < 0
K2 > 0
x2
x2
x1
0
x1
0
stabil
x1
0
instabil
instabil
0
x1
instabil
0
instabil
y Beispiel 13.2
Betrachten wir das in Bild 13.4 dargestellte System zunächst unter der Annahme, dass sämtliche Glieder linear sind, so erhält man folgende Differentialgleichung
mxa (t ) + bx a (t ) + cx a (t ) = Ax e (t ) .
xe
(13.3)
Hat die Feder keine lineare, sondern z. B. eine quadratische Charakteristik
A
F f = c ⋅ x a2 ,
m
so nimmt die Differentialgleichung folgende Form an
xa
C
b
mxa (t ) + bx a (t ) + cx a2 (t ) = Axe (t )
(13.4)
Es handelt sich hierbei um eine DGL 2. Ordnung, aber
vom 2. Grade. Im Gegensatz zu den linearen DGL, in
denen
xa , xa , xa , ...
Bild 13.4 System 2. Ordnung:
A Membranfläche,
b Dämpfungskonstante,
c Federkonstante,
m Masse der bewegten Teile.
nur in der ersten Potenz vorkommen, tritt in Gl. (13.4)
xa in der zweiten Potenz auf. Generell kann man eine
DGL n. Ordnung in ein System von n DGL 1. Ordnung
umformen.
Auf Gl. (8.64) angewandt, erhalten wir durch Einführen der Zustandsvariablen
xa (t ) = x1 (t ) und x a (t ) = x1 (t ) = x 2 (t )
13.1 Zustandsebene
393
die so genannten Zustandsdifferentialgleichungen
x1 (t ) = x 2 (t )
x 2 (t ) = −
(13.5)
c 2
b
A
⋅ x1 (t ) − x 2 (t ) + ⋅ xe (t ) .
m
m
m
(13.6)
Die Lösungen der beiden DGL x1(t) und x2(t) stellen für jeden Zeitpunkt den Zustand des Systems dar. Tragen wir für t = 0 ... ∞ die Punkte x1(t) und x2(t) in einem kartesischen Koordinatensystem auf, so erhalten wir die Zustandskurve oder Trajektorie des Systems. Bild 13.5 zeigt
die Trajektorienschar, die für xe(t) = xe0(t) = konst. durch Veränderung der Anfangsbedingungen x1(0), x2(0) entstehen.
Für xe(t) = xe0(t) = konst. kann durch Division der Gl. (13.6) durch Gl. (13.5) die unabhängige
Variable t eliminiert werden, und man erhält statt der beiden DGL (13.5) und (13.6) eine einzige Differentialgleichung 1. Ordnung
dx 2
c
=− ⋅
dx1
m
x12 b A xe0
.
− + ⋅
x2 m m x2
(13.7)
x2
8
7
6
5
4
3
2
-9 -8 -7 -6 -5 -4 -3 -2 -1
-1
-2
1 2
3 4
5 6
7
8
x1
-3
-4
-5
-6
-7
-8
-9
-10
dx2
=0
dx1
-11
-12
-13
Bild 13.5
Verlauf der Trajektorien des
durch die Zustandsdifferentialgleichungen (13.5) und
(13.6) gegebenen Systems
394
13 Zustandsregelung
Die Isoklinen dx2/dx1= K = konst. lassen sich aus Gl. (13.7) in einfacher Weise ermitteln und
ergeben die Parabeln
x2 =
1
[ A ⋅ x e0 − c ⋅ x12 ].
Km + b
(13.8)
Speziell für dx2/dx1= K = konst.= ∞ folgt x2 = 0, d. h. die Trajektorien schneiden die x1-Achse
senkrecht. Ferner liegen die relativen Maxima und Minima der Trajektorien (für K = 0) auf der
Parabel
1
x 2 = [ A ⋅ x e0 − c ⋅ x12 ].
b
(13.9)
Nimmt das System für t → ∞ eine Ruhelage ein, so müssen die zeitlichen Änderungen x1 = 0
und x 2 = 0 sein. Damit erhalten wir aus den Gln. (13.5) und (13.6)
x1 (∞) = ±
A
⋅ x e0 .
c
(13.10)
Es handelt sich um zwei Knotenpunkte, von denen der mit dem positiven Vorzeichen ein stabiler und der mit dem negativen ein instabiler Knotenpunkt ist. Für
x e0 ⋅ A
= 2;
c
b
= 2s ;
c
m
= 1s2
c
zeigt Bild 13.5 den Verlauf der Zustandskurven. Das schraffierte Gebiet ist der Einzugsbereich
der asymptotischen Stabilität für den Knotenpunkt
x1 = +
A
⋅ xe0 .
c
13.1.3 Zustandsrückführung eines nichtlinearen Systems
Entsprechend im Linearen sucht man auch bei nichtlinearen Systemen allgemeine Stabilitätskriterien ohne die Zustandsdifferentialgleichungen (13.5) und (13.6) lösen zu
müssen. Zeigen wir nun an einem Beispiel, wie man mit Hilfe der Zustandsebene einen Kreis mit einem Zweipunktregler entwerfen kann.
y Beispiel 13.3
Gegeben ist ein Doppel-I-Glied, das mit einem Zweipunktregler geregelt wird (Bild 13.6). Das
Stellsignal u wird zwischen zwei Werten umgeschaltet: u = +1 and u = −1.
Die Differentialgleichung der Strecke mit dem Integrierbeiwert KI ist gegeben:
x = K I ⋅ u
Es werden neue Variablen (13.1) eingefügt und ein Gleichungssystem gebildet:
 x 2 = K I ⋅ u

 x1 = x2
Weiterhin wird die obere Gleichung durch die untere dividiert:
dx2
dt = K I ⋅ u
dx1
x2
dt
13.1 Zustandsebene
395
u=±1
KIS1
u
w
+
•
x2 = x
KIS2
x1 = x
−
+
k2
+
Bild 13.6 Stabilisierende Rückführung des Kreises mit dem Doppel-I-Glied
Es ergibt sich eine DGL 1. Ordnung mit folgender Lösung:
dx2 K I ⋅ u
=
dx1
x2

x2 ⋅ dx2 = K I ⋅ u ⋅ dx1
x22
= K I ⋅ u ⋅ x1 + C
2

Die Lösung stellt sich in der Zustandsebene eine quadratische Parabel dar:
x22 = 2 K I ⋅ u ⋅ x1 + C
Nehmen wir an, dass KI = 1 ist. Die entstehenden Parabelscharen bei zwei Stellwerten u = ± 1
sind unten in der Tabelle gezeigt.
u = +1
u = −1
x22 = 2 x1 + C
x22 = −2 x1 + C
x2
x2
C=0
0
C=0
x1
0
x1
Der Zweipunktregler schaltet ein und ab, wenn die Regeldifferenz
e=w−x
den Wert e = 0 erreicht. Nehmen wir zur Vereinfachung an, dass w = 0 ist. In diesem Fall wird
e= −x=0
bzw. die Zustandsvariable
− x1 = 0.
Somit liegt die Schaltlinie direkt auf der Ordinatenachse x1 = 0, wie in Bild 13.7 links gezeigt
ist. Daraus ist ersichtlich, dass ein Grenzzyklus bzw. eine Dauerschwingung mit konstanter
Amplitude entsteht. Die Trajektorien nähern sich nicht dem Ursprung, sondern durchlaufen eine
geschlossene Kurve.
396
13 Zustandsregelung
Aus der Betrachtung der beiden Parabelscharen stellt man fest, dass eine nach links geneigte
Schaltlinie, wie im Bild 13.7 rechts gezeigt ist, den Grenzzyklus in eine Spirale umwandelt.
Nach jeder Umschaltung wird die Amplitude kleiner, so dass die Trajektorie nach endlich vielen Umschaltungen den Koordinatenanfang bzw. die Ruhelage erreichen wird.
x2
x2
α
x1
Schaltlinie
x1 = 0
x1
Schaltlinie
x2 = −k1x1
Bild 13.7 Zustandskurven des Regelkreises und Schaltlinien des Zweipunktreglers
Die Schaltlinie
x2 = − k 1 x1
mit der Steigung k1 kann in Regelkreis eingebaut werden, indem man die negative Rückführung
des Kreises mit einer zusätzlichen Rückführung, wie im Bild 13.6 gezeigt, erweitert.
Die Schaltlinie
x2 = − k 1 x 1
wird mit dem Koeffizient k1 > 0 erzeugt:
x2 + kx1 = 0
1
x2 + x1 = 0
k1
,
k2
k 2 x2 + x1 = 0
In Wirklichkeit erreicht jedoch die Spirale nicht den Ursprung, sondern endet auf der Schaltgeraden. Danach rutscht der Arbeitspunkt geradlinig zum Ursprung entlang der Schaltlinie. Es
wird empfohlen, die Steigung der Schaltgeraden k1 = tan α möglichst groß oder möglichst klein
zu wählen. Bei großen k1 hat der Rückführkoeffizient k2 einen kleinen Wert, und folglich wird
die Zeitkonstante klein. Aber mit dem Winkel α ≈ 90° steht die Schaltgerade fast senkrecht,
und die Schwingungen werden erst nach mehreren Umschaltungen abklingen. Bei kleinen k1
dagegen hat die Schaltgerade sehr starke Neigung, große Schwingungsperiode, aber wenige
Schnitte mit der Schaltgeraden.
Im Bild 13.8 ist der oben behandelte Regelkreis mit k2 = 0,045 bzw. k1 = 22,2 und α ≈ 88° simuliert (große Steigung der Schaltgeraden). Nach 9 Umschaltungen landet die Spirale auf den
Schaltgeraden und rutscht in Ursprung.
13.2 Zustandsraum
397
Bild 13.8 Simulation eines nichtlinearen Regelkreises mit Zustandsrückführung
13.2 Zustandsraum
Die grafische Darstellung der Zustandsebene lässt viele Aufgaben effektiv lösen, ist
jedoch für Systeme mit mehr als zwei Variablen ungeeignet. Für solche Fälle sollen
Matrizen und Vektoren als Beschreibungsfunktionen einbezogen werden.
Der Wirkungsplan einer solchen Mehrgrößenstrecke ist im Bild 13.9 gezeigt. Die
Zustandsgleichungen der Mehrgrößenstrecke lauten:
x = A x + B u
Zustandsgleichung (state equation)
y=C x
Beobachtungsgleichung ( observation equation)
Die in diesen Gleichungen vorkommenden Signale und Matrizen sind:
x Zustandsvektor bzw. Regelgröße [1 × n]
u Stellgrößenvektor bzw. Eingang [1 × p]
y Regelgrößenvektor bzw. Ausgang [1 × q]
A Systemmatrix bzw. Dynamikmatrix [n × n]
B Steuermatrix bzw. Eingangsmatrix [p × n]
C Beobachtungsmatrix bzw. Ausgangsmatrix [n × q]
.
x
u
B
+


y
x
C
A
Bild 13.9 Wirkungsplan einer Strecke mit Zustandsvariablen
398
13 Zustandsregelung
y Beispiel 13.4
Ein System hat n Zustände, p Eingänge, q Ausgänge. Die Struktur bzw. die Dimension der Systemgleichungen ist unten veranschaulicht.
p=2
A=[n x n]
x
=
B=[p x n]
u=[1 x p]
x
=
D=[q x p]
u=[1 x p]
+
x
n=3
x=[1 x n]
.
x=[1 x n ]
q=2
x
C=[n x q]
+
x=[1 x n]
y=[1 x q ]
Selbstverständlich entsteht sofort die Frage: Wie kann man die gewöhnlichen Übertragungsfunktionen in die Zustandsgleichungen umwandeln und umgekehrt? Die
analytische Umwandlung für Systeme 2. Ordnung ist einfach.
Für Systeme mit mehreren Variablen stellt der Control System Toolbox vom MATLAB die Konvertierungsbefehle zur Verfügung, wie unten in Tabelle gegeben.
Umwandlung
Bezeichnung
des Befehls
MATLABBefehl
Anwendung
Übertragungsfunktion
in Zustandsgleichung
transfer function
to state space
tf2ss
[A, B, C, D] = tf2ss (num, den)
Zustandsgleichung in
Übertragungsfunktion
state space to
transfer function
ss2tf
[num, den] = ss2tf (A, B, C, D)
Beachten wir, dass auch die Matrix D in der Tabelle vorkommt, die in diesem Abschnitt nicht betrachtet wird. Die Durchgangsmatrix D führt das Stellsignal u vorwärts
auf das Ausgangsignal und wird mit y addiert. Man soll auch die Bezeichnungen beachten: die Stellgröße bei Zustandsgleichungen wird als u, wie es in der Literatur über
Zustandsregelung üblich ist, bezeichnet. Bei Übertragungsfunktionen wird aber für
die Stellgröße die Bezeichnung y, wie überall in diesem Buch, behalten.
y Beispiel 13.5
Gegeben ist ein System 2. Ordnung mit der Übertragungsfunktion
G(s) =
k
2
a2 s + a1s + a0
bzw. mit der Differentialgleichungen
a2 x + a1 x + a0 x = k ⋅ u
13.2 Zustandsraum
399
Es werden neue Variablen eingefügt
a
k
a

u
 x 2 = − 1 x2 − 0 x1 +
a
a
a

2
2
2
 x1 = x2
und mit folgenden Bezeichnungen
−
a1
= A1
a2
−
a0
= A1
a2
k
=B
a2
in Vektor-Matrizen-Form umgeschrieben:
 x2   A1
  = 
 x1   1
 x1 
B  
 ⋅  x2 
0   
u
A2
0

 x 
x =  2 
 x1 
A
A =  1
1
A2 

0 
 B
B =  
0
y Beispiel 13.6
Es sollen die Zustandsgleichungen bzw. die Matrizen A, B, C und D für gegebene Übertra10
gungsfunktion G ( s ) = 2
bestimmt werden.
s + 5s + 6
Das MATLAB-Skript sieht wie folgt aus:
num = [10];
den = [ 1
5
% Eingabe des Zählerpolynoms
6 ];
% Eingabe des Nennerpolynoms
[A, B, C, D] = tf2ss (num, den)
% Konvertierung
Ausgabe:
− 5
A = 
 1
− 6

0 
1
B =  
0
C = (0 10)
D=0
Das entsprechende System der Differentialgleichungen ist:
 x1 = −5 x1 − 6 x2 + u

 x 2 = x1 + 0 ⋅ x2 + 0 ⋅ u
 y = 0 ⋅ x + 10 x + 0 ⋅ u
1
2

y Beispiel 13.7
Gegeben ist das System der Zustandsgleichungen, dass in die Übertragungsfunktion bzw. Differentialgleichung konvertiert werden soll:
 x1 = 10 x1 + 5 x2 + 4u

 x 2 = 15 x1 + 3x2 + 5u
 y = x + x + 0⋅u
1
2

Das MATLAB-Skript:
bzw.
10
A = 
15
5

3 
 4
B =  
 5
C = (1 1)
D=0
400
13 Zustandsregelung
A = [10, 5; 15, 3];
% Eingabe der Systemmatrix A
B = [4; 5];
% Eingabe der Steuermatrix B
C = [1, 1];
% Eingabe der Ausgangsmatrix C
D = 0;
% Eingabe der Durchgangsmatrix D
[num, den] = ss2tf (A, B, C, D)
% Konvertierung
Ausgabe:
num = [ 0
9
23 ];
den = [ 1
−13
−45 ];
% Zählerpolynom
% Nennerpolynoms
Die gesuchte Übertragungsfunktion und DGL des Systems mit der Eingangsgröße y(t) und der
Ausgangsgröße x(t) sind somit:
9 s + 23
G ( s) = 2
s − 13s − 45

x(t ) − 13x (t ) − 45 x(t ) = 9 y (t ) + 23 y (t )
Man stellt sofort fest, dass die gegebene Strecke instabil ist, da die Koeffizienten des Polynoms
2. Ordnung negativ sind. Die Stabilitätsprüfung kann auch für Zustandsgleichungen einfach
vorgenommen werden, indem man die Polstellen mit dem Befehl P = eig(A) bestimmt.
13.3 Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit
Die Besonderheit von Mehrgrößensystemen besteht darin, dass sich die Strecke
nicht unbedingt beobachten und steuern lässt, wie es bereits im Abschnitt 8.7.5 kurz
angesprochen wurde. Dies betrifft Systeme, die sowohl mittels Übertragungsfunktionen, als auch mittels Zustandsgleichungen beschrieben sind.
Ein Regelkreis ist steuerbar, wenn die Regelgröße von einem beliebigen Anfangszustand in einen gewünschten Endzustand mittels geeigneten Stellgrößen überführt
werden kann. In der Literatur wird zwischen Steuerbarkeit und vollständiger Steuerbarkeit unterschieden, sowie der Begriff der Erreichbarkeit eingeführt.
Die Beobachtbarkeit betrifft die Messbarkeit der Regelstrecke. Wenn nicht alle Zustandsvariablen messtechnisch zu erfassen sind, soll die für die Regelung erforderliche Information aus dem Ausgangsvektor y gewonnen werden. Dafür wird die Regelung über eine bestimmte Zeit beobachtet, um daraus abschließend die Zustandsvariablen zu rekonstruieren.
Laut Kalman wird ein System mit der Dynamikmatrix A dann vollständig steuerbar,
wenn eine speziell dafür gebildete Matrix SS, genannt Steuerbarkeitsmatrix
SS = ( B
AB
A2 B ... An − 1 B),
den Rang n hat, wobei n die Dimension der Systemmatrix A [n × n] ist. Mathematisch heißt es: Ein System ist vollständig steuerbar, wenn es gilt
rang SS = n .
Ähnlich wird die Beobachtbarkeit formuliert, nämlich: Ein System mit der Systemmatrix A ist dann beobachtbar, wenn eine speziell dafür gebildete Beobachtbarkeitsmatrix SB
13.3 Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit
SB = ( C CA
401
CA2 ... CAn − 1) T
den gleichen Rang hat, wie die Dimension der Dynamikmatrix A bzw. wenn es gilt:
rang S B = n
Die Herleitung von Matrizen SS und SB wird hier nicht diskutiert. Merken wir nur,
dass die Matrix SB oben transponiert dargestellt wurde, was durch das Zeichen T
angedeutet ist.
y Beispiel 13.8
Gegeben ist das System 2. Ordnung:
 x1 = 2 x1 + 0 ⋅ x2 + 0 ⋅ u

 x 2 = 3x1 − 4 x2 + 3,5u
 y = x + 0⋅ x
1
2

bzw.
0
− 2

A = 
 3 − 4
 0 
B =  
 3,5 
Zuerst wird der Rang des Systems bestimmt:
A = [ −2, 0; 3, −4];
% Eingabe der Systemmatrix
B = [ 0; 3.5];
% Eingabe der Steuermatrix
C = [ 1, 0];
% Eingabe der Ausgangsmatrix
length(A)
% die Dimension der Matrix A bestimmen
Es wird ausgegeben:
length(A) = 2
Dann werden die Steuerbarkeit (Controlability) geprüft:
Co = ctrb (A, B)
% Controllability matrix Co
Es ergibt sich:
0
 0
 und rank(Co) = 1
Co = 
3
,
5
−
14


Dann wird die Beobachtbarkeit (Observability) geprüft:
Ob = obsv (A, C)
% Observability matrix Ob
Es ergibt sich:
1
 0
 und rank(Ob) = 1
Ob = 
3
−
4 

Fazit: das System ist nicht beobachtbar
rank(Ob) ≠ length(A),
und nicht steuerbar
rank(Co) ≠ length(A).
C = (1 0 )
402
13 Zustandsregelung
Das kann man folgendermaßen erklären: Da die Variable x1 sich weder vom Stellsignal u, noch
von der Variable x2 beeinflussen lässt, ist das System nicht steuerbar. Auch ist das System nicht
beobachtbar, weil die Information über die Variable x2 im Ausgangsvektor
y = x1 + 0 ⋅ x2
fehlt. Nehmen wir an, dass der Ausgangsvektor anders gegeben wird, nämlich:
y = 0 ⋅ x1 + x2
In diesem Fall wird C = [ 0, 1 ], und das System wird beobachtbar:
rank(Ob) = 2.
Die fehlende Information über x1 kann aus der erfassbaren Variable x2 rekonstruiert werden.
13.4 Entwurf von Regelkreisen mittels Polzuweisung
13.4.1 Zustandrückführung
Betrachten wir nun die Aufgabe der Polzuweisung für ein System, das mit Zustandsgleichungen gegeben ist:
 x = A x + B u

y = C x
(13.11)
Gesucht ist die Zustandsrückführung K bzw. die Matrix der Dimension [n × 1], bei
der die gewünschte Polstellen erreicht werden.
Im Bild 13.10 ist der Wirkungsplan eines Systems mit
u = −K x
(13.12)
dargestellt.
.
x
u
B
+
−
+


y
x
C
Der
gewünschte
Polstellenvektor ist:
A
 p1 
 
P =  ... 
p 
 n
K
Bild 13.10
Wirkungsplan eines Systems mit Zustandsrückführung K
Unter Beachtung der Rückführung transformiert sich die Zustandsgleichung zu
x = ( A − BK ) x
(13.13)
und die Lösung ergibt sich aus der charakteristischen Gleichung:
det(s I − ( A − BK )) = s I − ( A − BK ) = 0
13.4 Entwurf von Regelkreisen mittels Polzuweisung
403
y Beispiel 13.9
Für das gegebene System
 x1 = x1 + x2 + 2u

 x 2 = 5 x1 − 6 x2 + 5,5u
 y = 0⋅ x + x
1
2

bzw.
1
1

A = 
5 − 6
 2 
B =  
 5,5 
C = (0 1)
mit gewünschten Polstellen
 p1 = −2 + j

 p 2 = −2 − j
bzw.
p 
P =  1 
 p2 
soll die Matrix der Rückführkoeffizienten K = (k1 k 2 ) bestimmt werden.
Mit MATLAB erfolgt die Lösung einfach durch die Eingabe des Befehls place:
A = [ 1, 1; 5, −6];
% Eingabe der Systemmatrix
B = [ 2; 5.5];
% Eingabe der Steuermatrix
C = [ 0, 1];
% Eingabe der Ausgangsmatrix
p1 = −2 + j; p2 = conj(p1); % Eingabe von gewünschten Polstellen
P = [p1; p2]
% Eingabe des Pollstellenvektors
length(A);
% Dimension der Systemmatrix A: length(A) = 2
% controlability matrix Co (Steuerbarkeitsmatrix),
Co = ctrb (A, B)
Ausgabe: Co = [ 2, 7.5; 5.5, −23 ];
rank(Co)
% Steuerbarkeitsprüfung
Ausgabe: rank (Co) = 2 bzw. das System ist steuerbar
rank(Co) = length(A)
% observability matrix Ob (Beobachtbarkeitsmatrix)
Ob = obsv (A, C)
Ausgabe: Ob = [ 0, 1; 5, −6 ];
rank(Ob)
% Beobachtbarkeitsprüfung
Ausgabe: rank (Ob) = 2 bzw. das System ist beobachtbar, rank(Ob) = length(A)
K = place(A, B, P)
% Berechnung von k1, k2 nach Pole Placing-Methode
Ausgabe: K = [ 1.0602 −0.5673 ];
P = eig(A − B*K)
% Lösungskontrolle. Ausgabe: p1 = −2 + j; p2 = −2 − j
Das MATLAB /Simulink-Modell mit der oben bestimmten Zustandsrückführung ist im Bild
13.11 gezeigt. Im Bild 13.12 sind die Sprungantworten vor und nach der Polzuweisung gegeben.
Bild 13.11 MATLAB/Simulink-Modell der Zustandsregelung einer instabilen Strecke
404
13 Zustandsregelung
Bild 13.12
Die Sprungantworten der Strecke: links - ohne Zustandsrückführung, rechts - mit
Zustandsrückführung K = (1,0602 −0,5673)
13.4.2 Vorfilter
Haben die Regelstrecke und die Zustandrückführung keinen I-Anteil, wie es im vorherigen Beispiel der Fall war, kann die bleibende Regeldifferenz nicht abgebaut werden,
es soll dafür entweder einen Vorfilter (scaling factor) eingeführt oder einen Regelkreis mit dem PI-Regler gebildet werden.
Der Vorfilter (auch Nbar genannt) wird vor dem Eingangssignal u, wie im Bild 13.13
gezeigt, eingefügt.
w
.
u
N
+
x
B
+
−
+


y
x
C
A
K
Bild 13.13 Ein System mit der Zustandsrückführung K und mit dem Vorfilter N
Aus der Gl. (13.12) und (13.13) werden nun
u = −K x + N w
(13.14)
x = ( A − BK ) x + BN w .
(13.15)
Nach der Laplace-Transformation der Gl. (13.15) ergibt sich
s ⋅ x ( s ) − ( A − BK ) x ( s ) = BNw ( s )
bzw. unter Beachtung y = C x aus Gl. (13.11):
y = C ⋅ [ sI − ( A − BK )]−1 BNw
13.4 Entwurf von Regelkreisen mittels Polzuweisung
405
Für Beharrungszustand gilt bekanntlich
y (∞) = lim s ⋅ y ( s ) bzw. y (∞) = C [−( A − BK )]−1 BN
s →0
(13.16)
Der Vorfilter soll die bleibende Regeldifferenz eliminieren:
e ( ∞ ) = w − y (∞ ) = 0
(13.17)
Setzten wir die Gl. (13.16) in (13.17), so ergibt sich nach Vereinfachungen:
N = −(C ( A − BK ) −1 B ) −1
(13.18)
y Beispiel 13.10
Gesucht ist die Zustandrückführung K und der Vorfilter N für das gegebene System A, B, C, D
mit gewünschten Polstellen p1,2= −20 ± 20i, p3= −100.
Die Lösung erfolgt mit dem unten gezeigten MATLAB-Skript :
A = [ 0 1 0; 980 0 −2.8 ; 0 0 −100];
B = [ 0; 0; 100]; C = [ 1 0 0]; D= [0];
x0 = [0.005 0 0];
p1 = −20+20i;
p2 = −20-20i;
p3 = −100;
K = place(A, B, [p1 p2 p3]);
N = ((−C*(A−B*K)^( −1))*B)^( −1);
t = 0:0.01:2;
w = 0.001*ones(size(t));
u = N*w;
sys_cl = ss(A−B*K, B, C, 0);
[y, t, x] = lsim (sys_cl, u, t);
plot (t, y)
% Eingabe der Systemmatrix
% Steuer- und Beobachtungsmatrizen
% Anfangsbedingungen
% Eingabe gewünschten Polstellen
% Zustandsrückführung
% Vorfilter
% Zeitfenster
% Eingangssprung
% Eingangsgröße nach dem Vorfilter
% Das geschlossene System mit K
% Simulation
% Grafische Ausgabe der Sprungantwort
13.4.3 Ausgangsrückführung
Ist keinen Zugriff auf den Zustandsvektor x möglich, kann zwecks Stabilisierung des
Systems die Ausgangsgröße über Vektor Ky zurückgeführt werden, wie im Bild 13.14
gezeigt ist. Die Gln. (13.12) und (13.13) werden dabei wie folgt umgewandelt:
u = − K yC ⋅ x
(13.19)
x = ( A − BK y C ) ⋅ x
(13.20)
Aus dem Vergleicht Gln. (13.19) und (13.20) mit Gln. (13.12) und (13.13) stellt man
den folgenden Zusammenhang zwischen Ausgangs- und Zustandsrückführung fest:
K yC = K
(13.21)
Daraus kommt man zur Idee, die Ausgangsrückführung Ky so zu bestimmen, dass die
gleiche Wirkung erzielt wird, wie bei der Zustandsrückführung K.
406
13 Zustandsregelung
.
x
u
B
+
−
+


y
x
C
A
Ky
Bild 13.14 Ausgangsrückführung Ky
Da sich der gesuchte Vektor (oder Matrix) Ky direkt aus der Gl. (13.21) nicht bestimmen lässt, wird ein Näherungs-Verfahren [83] angewendet. Es wird angenommen,
dass die Zustandsrückführung K zwar nicht angewendet, aber ermittelt werden kann,
und zwar ausgegangen aus den gewünschten Eigenwerten des geschlossenen Systems
eig(A − BK). Aus diesen Eigenwerten bildet man eine Matrix V, mit der beide Seiten
der Gl. (13.21) wie folgt multipliziert werden:
K y C ⋅V = K ⋅V
(13.22)
Aus Gl. (13.22) wird ein Norm-Funktional J erstellt
J = ( K yC − K ) ⋅V
und noch mal mit einer beliebig gewählten Gewichtsmatrix G multipliziert:
J = ( K y C − K ) ⋅VG
(13.23)
Wird nun das Funktional J minimiert, so werden die Eigenwerte des Systems mit der
Ausgangsrückführung Ky nahe zu Eigenwerten des Systems mit der Zustandsrückführung K gebracht. Die optimale Lösung resultiert zur folgenden Bedingung:
K y = KVG (CVG )′((CVG )(CVG )′) −1
(13.24)
Die Gewichtsmatrix G wird wie Diagonalmatrix mit Elementen gij gebildet. Mittels
Gewichte gij kann die Näherung an einzelne Eigenwerte pij gezielt präzisieren. Nimmt
man
G = V −1 ,
wird die Gl. (13.24) wie folgt vereinfacht:
K y = KC ′(CC ′) −1
(13.25)
Wenn nur wenige Ausgänge messbar sind, reduziert sich der Vektor Ky bzw. reduziert
sich die Anzahl der Freiheitsgrade für die Polzuweisung. so dass die gewünschte Polverteilung kaum erreichbar ist. Das nachfolgende Beispiel zeigt, dass man drei Polstellen mit Hilfe nur einem Freiheitsgrad nie an gewünschte Stellen verteilen kann.
13.4 Entwurf von Regelkreisen mittels Polzuweisung
407
y Beispiel 13.11
Gesucht ist die Ausgangsrückführung Ky und der Vorfilter N für das gegebene System A, B, C,
D mit gewünschten Polstellen p1. = p2.= p3.= − 2.
Die Lösung erfolgt mit dem unten gezeigten MATLAB-Skript :
A = [ 0 −1 0; 1 −2 −2 ;0 0 −1];
% Eingabe der Systemmatrix
B = [ 0; 0; 10]; C = [ 1 0 0]; D= [0];
% Steuer- und Beobachtungsmatrizen
P = [− 2 − 2 − 2];
% Eingabe der gewünschten Polstellen
K = acker(A, B, P)
% Zustandsrückführung nach Ackermann
rank(obsv(A,C))
% Beobachtbarkeitsprüfung
[V, q] = eig(A-B*K);
% Bildung der quadratischen Matrix V
% aus Eigenwerten des Systems mit K
g = 1;
% Eingabe des Diagonalelements von G
G = diag([g g g]);
% Bildung der Gewichtsmatrix
KVG = K*V*G; CVG =C*V*G;
% Berechnung von KVG und CVG
Ky = KVG*CVG'*inv(CVG*CVG')
% Berechnung Ky aus K
A_cl = A−B*Ky*C;
% Systemmatrix des Systems mit Ky
eig(A_cl)
% Eigenwerte des geschlossenen Systems
N = ((−C*A_cl^(−1))*B)^( −1)
% Vorfilter des Systems mit Ky
t = 0:0.01:10;
% Zeitfenster der Sprungantwort
x0 = [0.005 0 0];
% Anfangsbedingungen
w = N*ones(size(t));
% Eingangsprung
sys_cl = ss(A_cl, B, C, 0);
% Das geschlossene System mit Ky und N
[y, t, x] = lsim(sys_cl, w, t);
% Simulation
plot(t, y)
% Grafische Ausgabe der Sprungantwort
Die Ergebnisse: Die berechnete Zustandrückführung K = [ 0.2000 −0.1500
0.3000].
Die Ausgangsrückführung Ky = 0.05.
Der Proportionalbeiwert des Vorfilters N = 0.1.
Die Eigenwerte des ursprünglichen Systems A sind: p1. = p2.= p3.= − 1.
Die Eigenwerte des geschlossenen Systems mit der Ausgangsrückführung:
p1 = −0.5000 + 0.8660i
p2 = −0.5000 − 0.8660i
p3 = −2.0000
Man merkt, dass nur ein Pol p3 an die gewünschte Stelle verschoben wurde. Weitere Versuche,
z. B. mit Gewichten g = 10 oder g = 100, können die Lage der Polstellen nicht ändern. Das liegt
daran, dass es mit nur einem Wert von Ky unmöglich ist, drei Polstellen richtig zuordnen, wie
im Bild 13.15 erläutert ist. Somit verliert der Entwurf nach Polzuweisung im Fall einer Ausgangsrückführung ihren Sinn. Im Bild 13.16 sind Sprungantworten bei den berechneten und
nachgestellten Ausgangsrückführungen gezeigt: nach Polzuweisung mit Ky = 0.05 und nach einem Gütekriterium (keine Überschwingung) mit Ky = 0.01.
408
13 Zustandsregelung
N* u
1
s
B* u
C* u
y
w=1 bei t =0
Ausgang
t
Clock
To Workspace 1
A* u
Ky* u
Bild 13.15
Regelkreis mit der Ausgangsrückführung und die Dimensionen von Parametern
Bei Ky = 0.05 sind:
1.4
N = 0.1
Ky=0.05
1.2
p1= −0.5000 + 0.8660i
1
p2 = −0.5000 − 0.8660i
Ky=0.01
0.8
p3 = −2.0000
Bei Ky = 0.01 sind:
0.6
N = 0.06
0.4
p1= −0.7076 + 0.5065i
0.2
p2 = −0.7076 − 0.5065i
0
0
Bild 13.16
2
4
6
8
10
p3 = −1.5848
Sprungantworten des Systems mit Ausgangsrückführung
13.4.4 Störgrößenaufschaltung
Bislang wurden die Regelstrecken ohne Störgrößen betrachtet. Wirkt jedoch eine
messbare Störgröße d, kann sie durch die Aufschaltung auf Eingang u mittels Vektors
Kd kompensiert werden (Bild 13.17).
Unter Beachtung des geänderten Eingangsvektors
u = −K ⋅ x − Kd ⋅ d
sieht die Systemgleichung
x = A ⋅ x + B ⋅ u + E ⋅ d
13.4 Entwurf von Regelkreisen mittels Polzuweisung
409
d
Kd
−
w
E
+
u
N
B
+
+
−
.
x
+


y
x
C
A
K
Bild 13.17
Regelkreis mit Störgrößenaufschaltung Kd, Zustandsrückführung K, Vorfilter N
wie folgt aus:
x = A ⋅ x + B ⋅ (− Kx − K d d ) + E ⋅ d
(13.26)
Aus Gl. (13.26) ergibt sich
x = ( A − BK ) x + ( E − BK d )d
Um die Störgröße zu kompensieren, soll die Bedingung
E − BK d = 0 bzw. BK d = E
(13.27)
erfüllt werden. Die Lösung der Gl. (13.27) gibt den gesuchten Vektor Kd aus:
K d = ( B' B ) −1 B' E
y Beispiel 13.12
Gesucht sind die Zustandsführung K und die Störgrößenaufschaltung Kd für das gegebene System A, B, C, D mit gewünschten Polstellen. Die Lösung mit dem MATLAB-Skript:
A=[0 1
0; 980 0 -2.8 ; 0 0 −100];
B = [ 0; 0; 100]; C = [ 1
% Eingabe der Systemgleichungen
0 0]; D= [0];
E=[0; 0; 10];
p1 = −20+20i;
% Die gegebene Störmatrix
p2 = −20−20i; p3 = −100;
% Die gewünschten Polstellen
K = place(A, B, [p1 p2 p3])
% Zustandsrückführung K
Kd=((B'*B)^(-1))*B'*E
% Störgrößenaufschaltung: Kd
A_cl = A−B*K;
% Systemmatrix des Regelkreises
Die Ergebnisse: K= [−775.7143 −20.6429
0.4000] und Kd = 0.1
410
13 Zustandsregelung
13.4.5 Beobachterentwurf
Wenn die Regelgröße x nicht messbar ist, kann die Regelung mit Hilfe der zurückgeführten Ausgangsgröße y erfolgen. Eine andere Lösung, die als Beobachter bzw.
Observer bekannt ist, wurde 1964 vom Lueneberger vorgeschlagen.
Nach dem Beobachter-Prinzip wird nicht die messbare Ausgangsgröße zurückgeführt, sondern die Differenz (y – yM) zwischen der System-Ausgangsgröße y und der
Modell-Ausgangsgröße yM, wie im Bild 13.18 erläutert ist.
y
x
C
S
u
yM
xM
SM
CM
−
+
y − yM
L
Bild 13.18
Vereinfachtes Beobachter-Prinzip
Das Model SM wird genau so gebaut, wie das System S. Die Berechnung der Rückführmatrix L erfolgt genau so, wie die Berechnung der Zustandsrückführung-Matrix
K, jedoch anstelle Vektors x des Systems wird der Vektor xM des Modells betrachtet.
Auch die Rückführung L wird nicht zum Eingang des Blockes B geleitet, sondern zum
dessen Ausgang, wie im Bild 13.19 gezeigt ist.
.
x
B
+
+


x
y
C
A
System S
y
u
.
xM
B
+
+
+
Modell SM


A
xM
+
yM
C
−
xM
+
y − yM
L
Bild 13.19
Wirkungsplan des Systems S mit dem Beobachter SM
13.4 Entwurf von Regelkreisen mittels Polzuweisung
411
Das System S und das Modell SM sind mit folgenden Zustandsgleichungen gegeben:
 x = A x + B u
(System S)

y = C x
 x M = A x M + B u + L ( y − y M )
(Modell SM)

 y = C xM
Daraus folgt die Differentialgleichung des Beobachters:
x − x M = A ( x − xM ) − L (Cx − Cx M )
bzw.
x − x M = ( A − LC ) ( x − x M ) .
Bezeichnet man die Differenz zwischen Zustandsvariablen des Systems x und des
Modells xM als Fehler e des Beobachters
e = x − xM ,
so folgen daraus
e = x − x M
e = ( A − LC ) e.
Die letzte Gleichung, betrachtet gemeinsam mit der Zustandsgleichung des Systems
x = A x + B u
und der Rückführmatrix
r = Le ,
führt letztendlich zur Gleichung
x = ( A − LC ) x .
Diese Gleichung hat für Beobachter gleiche Bedeutung, wie die Gleichung
x = ( A − BK ) x
im vorherigen Fall für die messbare Regelgröße x. Die gewünschten Polstellen lassen
sich in beiden Fällen mit dem MATLAB-Befehl für Eigenwerte überprüfen:
P = eig(A − BK)
(im vorherigen Fall)
P = eig(A − LC)
(im Fall des Beobachters)
Die Rückführmatrix L wird mit MATLAB einfach durch die Eingabe des placeBefehls oder Ackermann’s-Befehls
L = acker(A’, C’, P)
berechnet. Die somit erhaltene Matrix L soll für die weiteren Berechnungen, z. B.
für die Bestimmung der Dynamikmatrix AM des Modells nach der Formel
AM = A − LC
transponiert werden. Der entsprechende MATLAB-Befehl lautet:
AM = A − L’*C
412
13 Zustandsregelung
y Beispiel 13.13
Gegeben sind die Zustandsgleichungen eines Systems mit messbaren Ausgangsgrößen:
 x = A x + B u

y = C x
mit
1
2

A = 
 5 − 5
 2 
B =  
 5,5 
C = (0 1)
Die Regelung soll mit gewünschten Polstellen erfolgen:
 p1 = −2 + j

 p 2 = −2 − j
bzw.
p 
P =  1 
 p2 
Es sollen die Rückfuhrkoeffizienten L1 und L2 des Beobachters bestimmt werden.
Prüfen wir zuerst, ob die Strecke ohne Zustandsrückführung stabil ist. Mit dem Befehl eig(A)
erhalten wir die Polstellen des Systems A aus der charakteristischen Gleichung det(A) = 0:
s1 = + 2,6533

 s2 = −5,6533
Die Strecke ist instabil und soll mit Zustandrückführungen stabilisiert werden. Zeigen wir zuerst die analytische Lösung.
1 − L1 
1   L1 
2
2
 −   (0 1) = 

AM = A − LC = 
 5 − 5   L2 
 5 − 5 − L2 
1 − L1   s − 2
 s 0  2
=
 − 
s I − AM = 
−
− L2   − 5
0
s
5
5

 
L1 − 1 

s + 5 + L2 
det( s I − AM ) = ( s − 2)( s + 5 + L2 ) − (−5)( L1 − 1) = s 2 + (3 − L2 ) s + (5 L1 − 2 L2 − 15)
Die charakteristische Gleichung des Modells det(s I − AM ) = 0
s 2 + (3 − L2 ) s + (5 L1 − 2 L2 − 15) = 0
und des gewünschten Systems
( s − p1 )(s − p2 ) = ( s + 2 − j )(s + 2 + j ) = s 2 + 4s + 5 = 0
werden gleich gesetzt, woraus die Lösung ergibt:
 3 − L2 = 4

5 L1 − 2 L2 − 15 = 5

 L2 = 1

 L1 = 4,4
Wiederholen wir die Lösung mit MATLAB-Skript und mit MATLAB / Simulink (Bild 13.20):
A = [ 2, 1; 5, −5];
B = [ 2; 5,5]; C = [ 1, 0];
p1 = −2 +i; p2 = conj(p1);
P = [p1; p2]
Lob = acker(A', C', P);
L = Lob'
AM = A −L * C
subplot(311); plot(t, x);
% Eingabe der Systemmatrix
% Eingabe der Steuer- und Ausgangsmatrix
% Eingabe der gewünschten Polstellen
% Der gewünschte Eigenvektor
% Rückführmatrix nach Ackermann’s Formel
% Rückführmatrix des Beobachters: L = [4,4 1]
% Matrix des Modells AM: AM = [2 −3,4; 5, −6]
% Grafische Ausgabe: Regelgröße x(t)
13.5 Optimale Zustandsregelung nach LQ-Kriterien
% Sprungantwort des Modells xM(t)
% Grafische Ausgabe: Fehler xe = x − xM
subplot(312); plot(t, xM);
subplot(313); plot(t, xe);
1
s
B* u
C* u
Integrator
M atrix
G ain1
413
A* u
y
S ystem
M atrix
G ain2
t
C lo ck
T o W orksp ace
Wo =1
L* u
1
s
B* u
Integrator1
M atrix
G ain5
C* u
M atrix
G ain6
A* u
xM
M odell
Bild 13.20 MATLAB/ Simulink-Modell des Beobachters
13.5 Optimale Zustandsregelung nach LQ-Kriterien
Die Intergralkriterien, die bereits im Abschnitt 8.3 vorgestellt wurden, finden ihren
Einsatz auch bei den in diesem Abschnitt beschriebenen Regelkreisen. Es wird dabei
das lineare quadratische Integralkriterium (LQ) benutz, in dem die Zustandsgröße y,
aber auch der Eingangssignal u, berücksichtigt werden:
∞
J = J0 +
∞
 y (t )dt +  u (t ) dt
2
0
2
0
Bei Systemen mit Zustandsgleichungen kommt anstelle y der Zustandsvektor x mit
einer Gewichtsmatrix Q und der Eingangsvektor u mit einer Gewichtsmatrix R vor:
∞

∞

J = J 0 + x′Qx ⋅ dt + u′Ru ⋅ dt
0
(13.28)
0
Ohne Herleitung wird sofort vorgemerkt, dass die Matrizen Q und R die bestimmen
Bedingungen erfüllen sollen, nämlich:
y Q ist positiv semidefinite symmetrische Matrix, deren Eigenwerte λk ≥ 0.
y R ist positiv definite symmetrische Matrix, deren Eigenwerte λk > 0.
414
13 Zustandsregelung
y Beispiel 13.14
Die Matrix [10 11 12; 1 2 3; 4 5 6] hat Eigenwerte λ1 = 16,9373; λ2 = 1,0627; λ3 = 0 und
ist somit positiv semidefinit.
Die Matrix [2 0 0; 0 0 2; 0 0 1] hat Eigenwerte λ1 = 1; λ2 = 2; λ3 = 2 und ist somit positiv
definit.
13.5.1 Optimale Zustandsrückführung
Die Aufgabe der optimalen Regelung besteht darin, eine Steuerung u*(t) so zu finden,
dass das Kriterium J minimal wird. Zur Lösung dieser Aufgabe wird es zuerst angenommen, dass die Strecke bzw. das System A stabil ist; der Anfangswert des Intergralkriteriums J0 = 0 ist und dass u(t) = 0 ist. In diesem Fall gilt:
∞
J=
 x0′ ⋅xe′
∞
A't
⋅Q ⋅e
At
x0 ⋅ dt =
x
0
 x0′ ⋅ e
∞
A't
Qe
At
P
0

⋅ x0 ⋅ dt = x0′ e A't Qe At dt ⋅ x0
0
P
bzw.
J = x0′ Px0
(13.29)
unter Beachtung
∞

P = e A't Qe At dt .
(13.30)
0
Die nachfolgende schrittweise Bearbeitung der Gl. (13.30)
∞

P = e A't Qe At dt = e A't QA−1e At
∞
0
0
P = −QA
∞

− A' e A't QA−1e At d
0
−1
∞

− A' e A't Qe At dt ⋅ A −1
0
P
P = −QA−1 − A' PA−1
führt zur Gleichung
A' P + PA = −Q ,
(13.31)
die als Ljapunow’s-Gleichung genannt wird.
Ist ein geschlossenes System H = A − BK mit Zustandsrückführung K, mit dem
Eingang u = − K x und mit folgenden Systemgleichungen gegeben
13.5 Optimale Zustandsregelung nach LQ-Kriterien
415
x = A x + B u
y =C x,
so wird die Ljapunow’s Gleichung wie folgt aussehen:
~
H' P + PH = −Q ,
~
wobei Q = KRK ist. Daraus wurde folgende Gleichung hergeleitet
A'P + PA − PBR −1B'P + Q = 0 ,
die als Riccati-Gleichung bekannt ist.
Die optimale Regelung wird erreicht, wenn die Lösung der Riccati-Gleichung,
nämlich die Matrix P, in die Gleichung
K = R −1B′P
eingesetzt wird. Das ist die gesuchte Zustrandrückführung, die zum minimalen Wert
des LQ-Kriterums führt.
y Beispiel 13.15
Gegeben ist das System
 0 1

A = 
 0 0
0
B =  
1
C = (1 0 )
D =0.
Gesucht ist die Zustandsführung K, bei der das LQ-Kriterium mit gegebenen Gewichtsmatrizen
 2 1  und R = 1

Q = 
1 2
minimal wird.
Die Lösung mit MATLAB-Skript:
A = [0 1; 0 0];
% Eingabe der Systemgleichungen
B = [0; 1]; C = [1 0]; D = 0;
x0 = [1; 0];
% Anfangsbedingung
System = ss(A,B,C,D);
% Systemgleichungen ohne Zustandsrückführung
rank(ctrb(System))
% Prüfung der Beobachtbarkeit
Q = [2 1; 1 2];
% Eingabe der Gewichtsmatrix Q (positv semidefinit)
R = 1;
% Eingabe der Gewichtsmatrix R (positiv definit)
[K, P, E] = lqr(A, B, Q, R);
% Minimierung des LQ-Kriteriums
H = A−B*K;
cl = ss(H, B, C, D);
% Das geschlossene System mit der Zustandrückführung
J = x0'*P*x0
% LQ-Kriterium
initial(cl, x0)
% Grafische Ausgabe der Sprungantwort
416
13 Zustandsregelung
Die Ergebnisse: K = [1.4142
2.1974]
J = 7.1333
P = [2.1075 1.4142; 1.4142 2.1974]
Die Eigenwerte des geschlossenen Systems: E = −1.0987 ± 0.4551i
13.5.2 Entwurf eines optimalen Beobachters
Die Berechnung der Rückführmatrix L eines LQ-optimalen Beobachters erfolgt genau so, wie die Berechnung der optimalen Zustandsrückführung K:
[K, P, E] = lqr(A, B, Q, R);
Jedoch anstelle Matrix A kommt die Matrix A' und anstelle Matrix B die Matrix C'
zum Einsatz, d. h.
[K, P, E] = lqr(A', C', Q, R);
L = K'
y Beispiel 13.16
Gegeben ist das System
1
2
 0


A = − 2 − 3 0 
 − 2 0 − 1


2 1


B =  0 2
1 3


 1 2 − 1

C = 
2 −1 3 
D =0.
Gesucht ist die Zustandsführung K, bei der das LQ-Kriterium mit gegebenen Gewichtsmatrizen
 2 0 0


Q =  0 2 0
 0 0 2


 0 .1 0 

R = 
 0 0.1
minimal wird.
Die Lösung mit MATLAB-Skript:
A = [0 −1 2; −2 −5 0; −6
0 −1]; % Eingabe der Systemgleichungen
B = [3 1; 0 2; 4 3]; C = [1 1 −1; 2 −1 2]; D = 0;
System = ss(A,B,C,D);
% Systemgleichungen
rank(ctrb(System))
% Prüfung der Beobachtbarkeit
Q = [2 0 0; 0 2 0; 0 0 1];
% Eingabe der Gewichtsmatrix Q (positiv semidefn.)
R = [0.1 0; 0 0.1];
% Eingabe der Gewichtsmatrix R (positiv definit)
[K, P, E] = lqr(A', C', Q, R);
% Minimierung des LQ-Kriteriums
L = K'
% Umrechnung L aus K (Transponieren)
 3.2442

Das Ergebnis: L =  0.1207
 − 3.7540

2.1145 

− 0.5387 
2.7161 
417
14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink
Generell ist zwischen einer offline- und online-Simulation zu unterscheiden, obwohl
sich die Grenze immer mehr verwischt. Dabei ist Folgendes zu beachten:
•
Die offline-Simulation wird mit reellen Zeitkonstanten des Regelkreises parametriert, der Verlauf der Simulation wird im PC beschleunigt oder verlangsamt.
•
Die online-Simulation, auch Echtzeit- oder HIL-Simulation (Hardware-in-theLoop) genannt, ist eine 1:1-Abbildung des untersuchten Regelverhaltens. Wie die
Bezeichnung HIL besagt, muss dafür eine physikalische Anlage oder deren Hardware-Modell mit der gerätetechnischen Anbindung an PC vorhanden sein.
Als Simulationswerkzeug für das Buch wurde MATLAB (Vertreiber MathWorks
GmbH Deutschland) gewählt. Dies von der Industrie und Forschung anerkannte Programm wurde 1970 an den Universitäten von New Mexico und Stanford entwickelt.
Die Software besteht aus einem Basismodul und etlichen Toolboxen für regelungstechnische Anwendungen, wie Control System, Optimization, Signal Processing, Fuzzy Logic, Neural Network.
MATLAB verfügt über eine interaktive Benutzeroberfläche und einen Interpreter, so
dass die textuellen Befehle direkt ausgeführt und die Quellcode-Dateien abgearbeitet
werden können. Aus MATLAB können andere C-Programme aufgerufen werden. Das
Regelkreisverhalten kann offline und online mit Programm-Tools wie Matlab, Simulink und Stateflow analysiert, eingestellt und visualisiert werden.
In diesem Abschnitt wird auf die Grundbefehle des Basismoduls und die Menüs des
MATLAB/Simulink-Programms sowie auf die Befehle der Control System Toolbox
eingegangen. In den nachfolgenden Abschnitten werden auch Fuzzy Logic Toolbox
und Neural Network Toolbox behandelt.
14.1 Grundlagen der MATLAB-Programmierung
Wie die Abkürzung MATLAB (Matrix Laboratory) besagt, ist das Basismodul für die
Operationen mit (m, n) - Matrizen wie Multiplikation oder Eigenwertberechnung geeignet. Da die skalaren Matrizen der Dimension (1, 1) sind, umfasst das Basismodul
alle elementaren mathematischen und logischen Funktionen. Nach dem Aufruf des
Programms öffnet sich das Fenster des Basismoduls (Workspace) und wartet auf eine
Eingabe mit einem Prompt ». In diesem MATLAB-Command Fenster wird der Programmtext eingetragen oder die Funktionen aufgerufen. Alle vorher ausgeführten
Anweisungen werden in einer Liste gespeichert und können von der CommandHistory in das MATLAB-Command Fenster kopiert werden.
Die Blockset-Erweiterung von MATLAB ist die Toolbox MATLAB/Simulink, die
über eine graphische Oberfläche zur Eingabe von Wirkungsplänen und zur Ausgabe
von Simulationsergebnissen verfügt. Die Ergebnisse können durch einen Oszilloskop-
S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_14,
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2014
418
14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink
Block in das Basismodul übertragen und dort weiter bearbeitet werden. Die Toolboxen oder die Hilfe dazu kann man durch die Eingabe im Workspace aufrufen, z. B.
» simulink oder » help fuzzy
Variablen und Datentyp
Die Variablen sind Zeilenvektoren (1, n), Spaltenvektoren (m, 1) und Matrizen (m, n).
Matrizen werden durch eckige Klammern umrahmt dargestellt, die Spalten werden
dabei durch ein Komma, ein Leerraum oder einen Zeilenvorschub voneinander getrennt, z. B. für eine Matrix mit m = 2 und n = 3
G=
a11
a12
a13
a 21
a 22
a 23
gilt:
» G = [ a11, a12, a13; a21, a22, a23];
oder
»G=[
a11
a12
a13
a21
a22
a23 ] ;
Wie bei den Feldern üblich, kann auf die Elemente einer Matrix durch Indizes zugegriffen werden. Durch Eingabe G(1, 2) wird z. B. das Element a12 aufgerufen.
Die Variablen dürfen aus 31 Zeichen bestehen, das erste muss eine Buchstabe sein. Es
wird zwischen Groß- und Kleinbuchstaben unterschieden, was mit
» casesen off
oder » casesen on
unterdrückt oder aktiviert werden kann. Nach jedem Befehl werden die Ergebnisse
ausgegeben, es sei denn, sie sind mit einem Semikolon abgeschlossen, z. B.
» y = 5 * sin (4 * pi * t);
Die Konstante pi ist vordefiniert. Auch imaginäre Zahlen sind durch Variablen i oder
j vordefiniert, was die Operationen mit komplexen Zahlen durchführen lässt, z. B. die
Summe von zwei komplexen Zahlen s1 = a1 + jb1 und s2 = a2 + jb2:
» s1 = a1 + i * b1; s2 = a2 + i * b2; s3 = s1 + s2;
Von den vordefinierten Variablen soll noch eps erwähnt werden. Sie besitzt einen
Wert von 2.2204e - 016, ist damit sehr klein und wird benutzt, um die nicht zugelassenen Operationen wie Dividing by zero zu vermeiden.
Standardmäßig sind alle Variablen vom Datentyp Double Real mit 64 Bit (Fließkommazahlen mit doppelter Genauigkeit). Ohne Formatierung werden die Zahlen normalerweise mit 4 Nachkommastellen ausgegeben, es sei denn, dass der auszugebende
Wert zu klein ist. In diesem Fall wird automatisch auf die Ausgabe mit Exponent umgeschaltet. Die Ausgabe von Zahlen kann man auch mit dem Befehl format ansteuern:
» format long e; omega
wird die Variable omega in Exponentenform und mit dem Befehl
» format long; phase
die Variable phase mit 14 Nachkommastellen ausgegeben.
14.1 Grundlagen der MATLAB-Programmierung
419
Befehle und Funktionen
Die mathematischen Ausdrücke werden in Ausgabevariablen gespeichert, z. B.:
» a = 2.4;
» b = a + 1.2
oder mit der vordefinierten Variable ans, wie answer, ausgegeben, z. B.
»a
ans =
2.4
In einer Zeile können mehrere Befehle eingegeben werden. Der Übertrag eines Ausdrucks in die nächste Zeile erfolgt durch Eingabe von drei oder mehreren Punkten:
» Re = −D * cos (alfa); Im = omega * (1−…
D) * 0.4;
Für nachfolgende Beispiele mit Matrizen-Operationen sollen zuerst m = 2 und n = 3,
sowie die Matrizen G =[1, 2, 3; 4, 5, 6] und Q = [1, 2; 3, 4] eingegeben werden.
Matrixfunktion
MATLAB-Befehl
Dimension
» size (G)
Rang
» rank (G)
Ausgabe
» ans =
2 3
» ans =
2
» ans =
Diagonale
» diag (G)
1
5
Determinante
Inverse Matrix
» det (Q)
» inv (Q)
» ans =
−2
−2.0000
1.0000
1.5000 −0.5000
» ans =
Transponierte Matrix
» G’
Einheitsmatrix der Dimen» eye (Q)
sion (m, m) bzw. size(Q)
» rand (m, n)
4
2
5
3
6
1
0
0
1
1
1
1
1
1
1
0
0
0
0
0
0
» ans =
Spezielle (m, n)-Matrix,
» ones (m, n)
die nur Einsen enthält
Spezielle (m, n)-Matrix,
» zeros (m, n)
die nur Nullen enthält
Zufallsmatrix (m, n)
1
0.8310
0.0535
0.6711
0.0346
0.5297
0.0077
420
14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink
In einer Zeile können mehrere Befehle eingegeben werden. Der Übertrag eines Ausdrucks in die nächste Zeile erfolgt durch Eingabe von drei oder mehreren Punkten:
» Re = −D * cos (alfa); Im = omega * (1−…
D) * 0.4;
Eine Übersicht der im Programm vorhandenen Variablen wird mit dem folgenden
Befehl in Form einer Liste erstellt:
» who
Wie es bei höheren Programmiersprachen üblich ist, bietet MATLAB die Steuerkonstrukte wie bedingte Anweisungen (if... else if…else), Auswahlanweisungen
(switch...case), bedingte Schleifen (while...end) und Zählschleifen (for...end) an, z. B.:
» for i = 1 : 60
xk = 2 + c1 * (z1 ^ k) + c2 * (z2 ^ k)
bar (k, xk, ’w’)
hold on
end
Neben arithmetischen Operationen gibt es Vergleichsoperationen wie < (d. h. kleiner
als) und logische Operationen &, ~, | (UND, ODER, NOT). Mit diesen Befehlen werden z. B. die Elemente von Matrizen G1 und G2 wie folgt gebildet:
» A = [ 2, 5; 0, 4 ];
% Eingabe: Matrix A
» B = [ 0, 3; 0, 1 ];
% Eingabe: Matrix B
» G1 = A & B
% Ausgabe: G1 = [ 0, 1; 0, 1 ]
» G2 = A | B
% Ausgabe: G2 = [ 1 1; 0 1 ]
Die Zeilen mit % sind Kommentarzeilen.
Erstellen von Programmen und Funktionen
Mit MATLAB kann man einzelne Befehle im interaktiven Modus benutzen oder eine
Befehlsfolge wie ein Programm (Matlab-Skript) zusammenfassen. Das Programm
kann mit dem MATLAB- oder einem beliebig anderen Texteditor geschrieben und in
einer m-Datei, mat-Datei oder ASCII-Datei abgespeichert werden.
Die Datei mit der Erweiterung *.m kann mit dem Menü-Befehl File/New erstellt und
abgespeichert werden, z. B. aufgabe.m. Diese Datei wird dann mit dem DOS-Befehl
» aufgabe
% Aufruf von m-Datei
wieder geladen oder mit Menü-Anweisung File/Open geöffnet. Einige nützliche Befehle für die Dateienverwaltung sind unten zusammengefasst.
MATLAB-Befehl
Wirkung des Befehls
» fprint (id, ‘info’, X)
Ausgabe der Variable X aus der ASCII-Datei mit dem
Identifikator id in eine Textdatei
» id = fopen (aufgabe.dat,’w’)
Datei aufgabe.dat öffnen
» fclose (id)
ASCII-Datei mit dem Identifikator id schließen
14.2 Grafik mit MATLAB
421
14.2 Grafik mit MATLAB
Ein leeres Grafik-Fenster wird in MATLAB figure genannt. Ein Grafik-Fenster kann
in mehrere Unterfenster, subplot, unterteilt werden. Die Parameter von figure sind
Nummer, die Parameter von subplot sind die Koordinaten zeile, spalte, zähler.
Grundbefehle der Grafik-Operationen
Befehl
Wirkung des Befehls
» figure [(h)];
Ein neues Fenster unter der laufenden Nummer h (handle) öffnen bzw. ein vorhandenes
Fenster Nr. h aufrufen
» plot (y);
Die Grafik der Variable y erstellen
» box on
Das Ausgabefenster wird in zwei Teilfenster
unterteilt. Position des aufgerufenen Fensters
ist: 2. Zeile, 1. Spalte, Zähler = 2
Aktuelle Nummer eines Grafik-Fensters (get
handle to current figure) anzeigen
Eine Box für Text-Kommentar mittels s
(String) auf der p Position erzeugen. Es gilt
für die Position: 1 oder 2 - rechte oder linke
obere Ecke; 3 oder 4 - untere Ecke usw.
Die Rahmen eines Diagramms erstellen
» box off
Die Rahmen eines Diagramms löschen
» subplot (212);
» gcf
» legend (s, p)
Einstellen von Bereichen der Koordinaten» axis [(−5 2 –4 4)];
» titel (’Bode-Diagramm’);
» text (−2, 1, ’s1’);
achsen (xmin, xmax, ymin, ymax).
Hier ist: −5 < x < 2 und −4 < y < 4
Überschrift der Grafik
Beschriftung in einer Grafik: den Text s1
unter x = −2 und y = 1 positionieren
» ylabel (’Im’);
Beschriftung der Achsen. Hier ist Re für die
x-Achse und Im für die y-Achse
» grid
Gitternetz anzeigen
» hold on
Eine neue Grafik zu einer vorhandenen Grafik hinzufügen (Überlappung)
» hold off
hold on-Betrieb abschalten
» clf
Aktuelle Fenster löschen (cleare current
figure), früher » clg
» delete (figure(2));
Fenster Nr. 2 löschen
» close (3); oder » close all;
Fenster Nr. 3 oder alle Fenster schließen
» xlabel (’Re’);
422
14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink
Die Skalierung kann mit semilogx und semilogy im logarithmischen Maßstab der xund y-Achse sowie die Ausgabe in Polarkoordinaten mit polar(Winkel, Radien, Optionsparameter) erfolgen. Mit loglog werden die beiden x- und y-Achsen logarithmisch
skaliert. Für die graphische Darstellung zweidimensionaler Daten gibt es folgende
Möglichkeiten: Balkendiagramm bar (x, y), Liniendiagramm stem (x, y, format),
Treppenkurve stairs (x, y), Histogramm hist (x, y), Fehlerintervall errorbar (x, y, l, u ).
Speichern und Drucken eines Grafik-Fensters
Zum Drucken und zur Speicherung von figures ist der print-Befehl mit Syntax
» print [ -ddevice] [ -options ] <filename>
geeignet. Nur einige Optionen dieses Befehls sind in nachfolgender Tabelle erwähnt.
Befehl
» print -f1;
» print -f1 -dmeta ’grafik_1’;
» print -f1 -dmeta -append ’bild’;
» print -f1 -depsc ’grafik_1’;
Wirkung des Befehls
Figure 1 auf dem Standarddrucker ausgeben
Figure 1 in Metafile-Format als Datei
grafik_1.emf speichern
Figure 1 in die Datei bild.emf senden, nicht
überschreiben
Figure 1 in Color PostScript als Datei
grafik_1.eps speichern
Grundformen des plot-Befehls
Es gibt mehrere Optionen des plot-Befehls, einige davon sind unten aufgeführt.
•
Mit dem Befehl plot(Y), wobei Y eine (m, n)-Matrix ist, werden die n Spalten als
Vektoren betrachtet und die m Vektoren hintereinander dargestellt.
•
Sind x und y zwei Vektoren gleicher Art, z. B. zwei Spaltenvektoren (n, 1) mit
Elementen x1, x2, ... xn und y1, y2, ... yn, so werden mit dem Befehl plot(x, y) die
Punkte mit Koordinaten (xk, yk) durch Linien verbunden.
•
In der Grundform plot(t, y) wird die Variable y(t), z. B. y = sin(2πt), grafisch dargestellt.
•
Mit dem Befehl plot(t, y1, t, y2) kann man zwei Signale y1(t) und y2(t) in einem
Bild darstellen, allerdings sollen die Farbe, Art der Linien oder die Markierung
der Punkte zusätzlich gewählt werden.
•
Der Befehl plot([y1’, y2’], t) erstellt eine Grafik, die die Ausgabe des Befehls
plot(t, [y1’, y2’]) um 90° gedreht darstellt (gilt nur ab Version 5).
•
Ist Z eine Matrix mit komplexen Elementen, so wird mit dem Befehl plot(Z) der
Imaginärteil abhängig vom Realteil in der komplexen Ebene abgebildet, z. B.
» a1 = 1;
b1 = 2;
» Z = [a1
i * b1];
» plot (Z)
Nachfolgend werden die Grundformen von plot anhand von Beispielen erläutert.
14.2 Grafik mit MATLAB
423
Darstellung eines Vektors
Im Fall y = [a11] wird mit plot(y , ’ *’) ein Punkt * unter x = 1 und y = a11 positioniert. Im Fall n = 2 (zwei Spalten) wird der Vektor y = [a11, a12] wie in Bild 14.1
gezeigt abgebildet.
4
3.5
3
» % Befehle
2.5
» y = [0 4] ;
2
» plot (y)
1.5
1
0.5
0
1
1.2
1.4
1.6
1.8
2
Bild 14.1 Vektor y = [a11, a12] mit zwei Spalten
Farbzeichen und Linientypen
Für Variablen x, y können mit dem plot - Befehl die Farbe, der Linientyp und die Markierung der Punkte eingestellt werden.
Farbzeichen
= blue
’m’ = magenta
= cyan
’r’
= red
= green
’w’ = white
= black
’y’ = yellow
’b’
’c’
’g’
’k’
’-’
’--’
’:’
’-.’
Linientypen
= solid
= dashed
= dotted
= dash-dot
Punkten-Markierung
’+’
’-’
’--’
’*’
Bild 14.2 zeigt die Ausgabe eines Programms, das die Punkte mit den Koordinaten
(x1, y1), (x2, y2) und (x3, y3) durch Geraden mit Farbe black verbindet.
2
1.8
1.6
1.4
» % Befehle
1.2
1
» x = [0 1 4] ;
0.8
» y = [0 1 2] ;
0.6
» plot (x, y‚ ‘ k ‘)
0.4
0.2
0
0
0.5
Bild 14.2
1
1.5
2
2.5
3
3.5
4
Verbindung von 3 Spalten bzw. Punkten (0, 0), (1,1) und (4,2)
424
14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink
Darstellung eines Signals im Zeitbereich
Die Eingabe einer Zeitspanne erfolgt durch die Anweisung
» t = 0:delta:max,
wobei delta für die Schrittweite und max für die rechte Grenze des Zeitrasters steht. In
Bild 14.3 ist die Ausgabe eines Programms gezeigt, das erst im Zeitraster 0 < t < 1 ein
harmonisches Signal y(t) erzeugt und dann zu einer horizontalen Linie übergeht.
5
4
3
» % Matlab-Programm
2
» t = 0:0.01:1;
1
» y1 = 5*sin(4*pi*t);
0
» plot (t, y1);
-1
» hold on;
-2
» x = [0 0] ;
-3
» plot (x, ‘k‘);
-4
-5
0
0.5
Bild 14.3
1
1.5
2
Verknüpfung von zwei Signalen
Pol-Nullstellen-Darstellung
Für die Ausgabe einer Matrix G mit komplexen Elementen ist die explizite Form des
plot-Befehls geeignet, z. B. mit Farbe- (black) und Punkten- (o) Markierung:
» plot (real(G), imag(G), ‘ko’);
Bild 14.4 zeigt die grafische Darstellung von Pol- und Nullstellen eines
Regelkreises mit der Übertragungsfunktion
1
0.8
0.6
0.4
0.2
G(s) =
0
-0.2
-0.4
-0.6
-0.8
-1
-0.6
-0.5
Bild 14.4
-0.4
-0.3
-0.2
Z ( s)
.
N (s)
Unten
ist
das
entsprechende
MATLAB-Programm gegeben. Die
Bereiche der x, y - Achsen werden
vom Programm automatisch eingestellt.
Pol-Nullstellenverteilung
» N = [ −0.5 +0.5*i, −0.5 −0.5*i, −0.2+i, −0.2−i, −0.4];
» Z = [ −0.6, −0.3];
» plot (real (Z), imag (Z),' wo', real (N) , imag (N), ‘ k * ' )
14.2 Grafik mit MATLAB
425
Manuelle Bereichseinstellung
Mit Hilfe der Funktion A = axis, die mit vier Parametern [xmin, xmax, ymin, ymax] definiert wird, können die Bereiche manuell eingestellt werden. Um z. B. nur die Grenzen
xmin und ymax gegenüber der automatischen Bereichseinstellung zu ändern, könnte der
Aufruf der Funktion wie folgt aussehen:
» axis ( [ −6, A(2), A(3), 5 ] );
3D-Darstellung
Erweitert man den plot-Befehl zu
» plot3 ( x, y, z, ‘k * ’ );
so wird die Grafik dreidimensional mit schwarzen Punkten * ausgegeben. Ein Beispiel
der nichtlinearen statischen Kennlinie, die für 50 Punkte berechnet wird,
» x=(0:50) / 10;
» plot3 ( ( 1-x ), ( 3*x ), ( 1-0.5*x ).*( 1-0.5*x ),' k- ' )
ist in Bild 14.5 gezeigt.
Mit dem Befehl
» [ X, Y ] = meshgrid (x, y);
wird aus Variablen x und y
eine Matrix berechnet, deren
Zeilen und Spalten die Vektoren x, y sind.
Eine Funktion, z. B.
W = (Y – 1).* (X – 1) + Y.* X;
kann mit folgenden Grafikfunktionen als Maschenund Kachelplots dargestellt
werden:
Bild 14.5
3D-Grafik mit dem plot3-Befehl
» contour (X, Y, W, N);
2D-Darstellung mit N Konturlinien
» contour3 (X, Y, W);
3D-Höhenlinienplot (perspektivisch)
» mesh ( X, Y, W );
3D-Gitterdarstellung
» surf ( X, Y, W );
3D-Flächen (Kachelplot)
Editieren von Grafiken
Die Grafiken in Plotfenster (Figure) lassen sich mit dem MATLAB-Editor getrennt
als fig-Datei abspeichern, perspektivisch manipulieren (View/Camera Toolbar) und
für das Erstellen der Dokumentation nachbearbeiten (Tools/EditPlot oder Insert usw.).
Beim Drucken ist File/Preferences/Figure Copy Template/Copy Options zu beachten.
426
14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink
14.3 Control System Toolbox
Diese Toolbox ist ein Zusatz zu MATLAB für regelungstechnische Aufgaben. Die
Ermittlung von Kennlinien erfolgt mit dem Control System Toolbox einfach durch
Aufruf von Funktionen, die wahlweise unten gezeigt sind.
Control System Toolbox Funktion
Wirkung
» step
Sprungantwort
» dstep
» roots
Sprungantwort eines digitalen Kreises
Gewichtsfunktion
Ortskurve
Bode-Diagramm
Wurzeln der charakteristischen Gleichung
» pzmap
Pol-/Nullstellenverteilung in der s-Ebene
» rlocus
Wurzelortskurve
» impuls
» nyquist
» bode
Dem Benutzer wird es lediglich überlassen, die Übertragungsfunktion des zu untersuchenden Regelkreises
G(s) =
Z ( s)
N (s)
in eine entsprechende Form zu bringen. Grundsätzlich gibt es dafür drei Möglichkeiten, die nachfolgend anhand von Beispielen erläutert werden:
s m + bm−1s m −1 + ... + b2 s 2 + b1s + b0
s n + a n −1 s n−1 + ... + a 2 s 2 + a1 s + a 0
•
Polynomform
G(s) =
•
Pol/Nullstellen-Darstellung
G(s) = K 0
•
Linearfaktoren-Form
G(s) = K
( s − s N1 )( s − s N2 )...( s − s Nm )
( s − s P1 )( s − s P2 ) ... ( s − s Pn )
(1 + sT N1 )(1 + sT N2 )...(1 + sTNm )
.
(1 + sTP1 )(1 + sTP2 )...(1 + sTPn )
Polynomform
Hierfür werden Zähler und Nenner der Übertragungsfunktion als Polynome dargestellt, z. B.
G(s) =
2s 2 + s + 1
Z ( s)
=
,
N (s) s 3 + 7 s 2 + 9s + 1
die dann im MATLAB als Vektoren eingegeben werden:
» num = [ 2 1 1 ];
» den = [ 1 7 9 1 ];
14.3 Control System Toolbox
427
Für ein P-T2-Glied
G(s) =
1
2
s + 2α ⋅ s + β
mit D =
2
α
β
ist eine spezielle MATLAB-Funktion ord2(β , D) vorhanden. Sind z. B. β = 2,0 s−1
und D = 0,5, so wird die Übertragungsfunktion wie folgt eingegeben:
» [num, den] = ord2 (2.0, 0.5);
Ein Totzeitglied Tt wird mit einer Pade-Funktion n-ter Ordnung approximiert:
G ( s ) = e − sTt = 1 − sTt +
1
1
( sTt ) 2 − ( sTt ) 3 + ... .
2!
3!
Die MATLAB-Funktion pade (Tt, n) ist z. B. für die Totzeit Tt = 0,5 s und n = 1:
» [num, n] = pade (0.5, 1);
Die Beispiele von MATLAB-Funktionen für die Polynomform sind unten gegeben.
Control System Toolbox Funktion
Wirkung
» bode (num, den)
Erstellen des Bode-Diagramms
» dcgain (num,den)
Berechnung der Kreisverstärkung K0 bzw. G(0)
» printsys (num, den)
Bildschirmausgabe der Übertragungsfunktion
» step (num, den)
Ermittlung der Sprungantwort
Pol-Nullstellen-Darstellung
Eine durch Pol- und Nullstellen vorgegebene Übertragungsfunktion
G(s) = K 0
( s − s N1 )( s − s N2 )...( s − s Nm )
( s − s P1 )( s − s P2 ) ... ( s − s Pn )
wird mit der Funktion zp2tf in eine Polynomform transferiert:
» z = [ sN1
sN2 … sNm ];
» p = [ sP1
sP2 … sPn ];
» k = Ko;
» [ num, den ] = zp2tf ( z, p, k );
Normalform mittels Linearfaktoren
Liegt die Übertragungsfunktion zerlegt in Linearfaktoren vor:
G(s) = K
(1 + sT N1 )(1 + sTN2 )...(1 + sTNm )
,
(1 + sTP1 )(1 + sTP2 ) ... (1 + sTPn )
so sollte sie entweder in Polynomform oder Pol-/Nullstellen-Darstellung umgewandelt
werden. Im letzten Fall werden die Pol- und Nullstellen ermittelt:
428
14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink
z1 = −
1
z2 = −
TN1
p1 = −
1
TP1
p2 = −
1
TN2
…
1
…,
TP2
die dann mittels der Funktion zp2tf in die Polynomform transferiert werden:
» z = [ z1
z2 … ];
» p = [ p1 p2 … ];
» k = K * (TN1 * TN2 *... ) / (TP1 * TP2 *... );
» [ num, den ] = zp2tf ( z, p, k );
•
Beispiel 14.1
Es soll die Sprungantwort eines P-T1-Gliedes
GS ( s) =
K PS
K PS
k
bzw. GS ( s ) =
=
1 + sT1
T1 ( s + s P1 ) s + s P1
mit Kennwerten KPS = 2 und T1 = 0,5 s simuliert werden. Das MATLAB-Programm lautet:
» z = [ ];
% keine Nullstellen
» p = [ −2 ];
% Polstelle bei −1/T1
» k = 4;
% Proportionalbeiwert k = KPS/T1
» [ num, den ] = zp2tf ( z, p, k );
» step (num, den);
Alternativ dazu kann man die Übertragungsfunktion in Polynomform darstellen
GS ( s ) =
0 ⋅ s + K PS
0⋅s + 2
.
=
1 + sT1
0,5 ⋅ s + 1
Dann sieht das MATLAB-Programm wie folgt aus:
» num = [ 0
2 ];
» den = [ 0,5 1 ];
» step (num, den)
X Aufgabe 14.1
Gegeben ist die Übertragungsfunktion des geschlossenen Kreises
G(s) =
K0
,
( s − s P1 )( s − s P2 )
mit K0 =0,041, sp1 = −0,29, sp2 = −0,11. Die Sprungantwort des Kreises soll simuliert werden.
X Aufgabe 14.2
Die Übertragungsfunktion des geschlossenen Regelkreises
G(s) =
K0
s 2T22
+ sT1 + 1
mit K 0 = 0,4 , T22 = 0,1 s 2 und T1 = 0,6 s ist gegeben. Gesucht ist die Sprungantwort.
14.4 Bode-Diagramm mit MATLAB
429
14.4 Bode-Diagramm mit MATLAB
Das Bode-Diagramm kann mit dem MATLAB-Basismodul programmiert oder mit
dem Control System Toolbox aufgerufen werden.
Programmieren mit Basismodul
Das nachstehende Programm enthält MATLAB-Befehle zur grafischen Darstellung
−2
4
des Bode-Diagramms eines P-T1-Gliedes im Frequenzbereich 10 s−1 bis 10 s−1:
G ( jω ) =
K
,
1 + j ωT
mit K = 10 und T = 1 s. Der Amplituden- und Phasengang werden nach
G ( jω ) =
K
1 + (ωT ) 2
ϕ (ω ) = − arctan ωT
berechnet und im logarithmischen Maßstab in zwei Fenster ausgegeben.
Programmtext
» title (’Bode-Diagramm eines P-T1-Gliedes’);
» K = 10;
Kommentar
% Überschrift der Grafik
% Eingabe von Parametern
» T = 1;
» w = logspace(−2,4);
% Eingabe des Frequenzbereiches ω
−2 −1
4 −1
von 10 s bis 10 s .
» om = w*T;
% Argument ωT
» absG1 = 20*log10(K);
% Berechnung des Amplitudengangs
% und Umrechnung mittels
% 10er Logarithmen in Dezibel
» absG2 = −10*log10(1+om.*om);
» absG = absG1 + absG2;
» subplot(211);
% Das erste von zwei Fenstern öffnen
» semilogx(om, absG);
% Ausgabe des Amplitudengangs
% im halblogarithmischen Maßstab
» grid;
% Gitternetz anzeigen
» subplot(212);
% Das zweite Fenster öffnen
» phi = −atan(om);
% Berechnung des Phasengangs
» semilogx(om, phi*180/3.14);
% Ausgabe des Phasengangs
% im halblogarithmischen Maßstab
% in Grad
» grid;
% Gitternetz anzeigen
430
14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink
• Beispiel 14.2
Das Bode-Diagramms eines Totzeitgliedes
G ( s ) = e − sTt
mit Tt = 0,5 s soll im Frequenzbereich 0,01 s−1 < ω < 1 s−1 mit MATLAB ermittelt werden.
Die Berechnung erfolgt nach folgenden Formeln:
G ( jω ) = 1
ϕ (ω ) = −ωTt
Programmtext
» title (’Bode-Diagramm eines Tt-Gliedes’);
» K = 1;
Kommentar
% Titel
% Eingabe von Parametern
» Tt = 0.5;
» w = logspace (−2, 0);
% Eingabe des Frequenzbereiches ω
% von 10
−2 −1
s
0 −1
bis 10 s
» om = w * Tt;
% Argument ω Tt
» absG = 20 * log10 (K);
% Berechnung des Amplitudenganges
% und Umrechnung mittels
% 10er Logarithmen in Dezibel
» subplot (211);
% Das erste von zwei Fenstern öffnen
» semilogx (om, absG);
% Ausgabe des Amplitudenganges
% im halblogarithmischen Maßstab
» grid;
% Gitternetz anzeigen
» subplot (212);
% Das zweite von zwei Fenstern öffnen
» phi = −om;
% Berechnung des Phasenganges
% ϕ = −ω Tt
» semilogx (om, phi * 180 / 3.14);
% Ausgabe des Phasenganges im
% im halblogarithmischen Maßstab
% in Grad
» grid;
% Gitternetz anzeigen
X Aufgabe 14.3
Für eine PID-Regeleinrichtung


1
GR ( s) = K PR 1 +
+ sTv  mit K PR = 20 ; Tn = 10 s ; Tv = 2 s .

 sTn
soll das Bode-Diagramm mit MATLAB erstellt und mit dem Beispiel 5.3 verglichen werden.
14.4 Bode-Diagramm mit MATLAB
431
Bode-Diagramm mit Control System Toolbox
Unter Control System Toolbox wird das Bode-Diagramm durch Aufruf der Funktion
» bode (num, den)
berechnet und graphisch ausgegeben. Hierfür gelten alle im Abschnitt 14.3 angesprochenen Eingabeformen.
• Beispiel 14.3
Für zwei in Reihe geschalteten Glieder mit den Übertragungsfunktionen
G1 ( s ) =
G2 (s) =
K P1
s 2T22
+ sT1 + 1
K P2
1 + sT3
K P1 = 8
T1 = 7 s
K P2 = 4
T3 = 0,5 s
T22 = 10 s 2
soll mit MATLAB das Bode-Diagramm ermittelt werden.
Die Übertragungsfunktion der Regelstrecke wird in Polynomform dargestellt
GS ( s ) =
K P1
s 2T22
K P2
K P1 K P2
=
,
3
2
2
2
+ sT1 + 1 1 + sT3 s T2 T3 + s (T2 + T1T3 ) + s (T1 + T3 ) + 1
⋅
mit MATLAB-Anweisungen programmiert und ausgegeben (Bild 14.6).
Bild 14.6
Bode-Diagramm mit Control System Tollbox zum Beispiel 14.3
432
14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink
T1 = 7;
T22 = 10; T3 = 0.5;
% MATLAB-Skript zum Beispiel 14.3
KP1 = 8; KP2 = 4;
% Eingabe von Parametern
b0 = KP1 * KP2;
% Koeffizienten des Zählerpolynoms
a3 = T22 * T3;
% Koeffizienten des Nennerpolynoms
a2 = T22 + T1 * T3;
a1 = T1 + T3;
a0 = 1;
num = [b0];
% Zählerpolynom
den = [a3, a2, a1, a0];
% Nennerpolynom
bode (num, den, ’k’);
% Ausgabe, Farbe schwarz
grid;
% Gitternetz einschalten
Die Asymptoten, die Eckfrequenzen ω E1, ω E2, ω E3 sowie die Durchtrittsfrequenz ω d für
|GS(jω d)| = 1 und die kritische Frequenz ω kr für ϕ (ω kr) = − 180° kann man mit dem
MATLAB-Editor manuell eintragen. Die Auswertung des Bildes 14.6 zeigt, dass die Werte
−1
ω E1 = 0,2 s
,
−1
ω E2 = 0,5 s ,
−1
ω E3 = 0,2 s ,
−1
ω d = 1,5 s ,
−1
ω kr = 1,2 s
mit den entsprechenden Ergebnissen des Beispiels 5.2 übereinstimmen.
14.5 WOK mit MATLAB
Die Ermittlung einer WOK mit Control System Tollbox erfolgt mit der Anweisung
» rlocus (num, den);
Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises
G 0 ( s ) = G R ( s ) ⋅ GS ( s ) =
Z (s)
N ( s)
soll als Funktion des Parameters K0 in einer der in Abschnitt 12.2.3 beschriebenen
Eingabeformen dargestellt werden, z. B. in Pol-/Nullstellen-Form
G(s) = K 0
s m + bm−1 s m −1 + ... + b2 s 2 + b1 s + b0
s n + a n −1 s n −1 + ... + a 2 s 2 + a1s + a 0
.
Mit der folgenden Anweisung kann man die K0-Werte und die entsprechenden Polstellen mit 4 Nachkommastellen in den gewünschten Punkten der WOK per Mausklick anzeigen lassen (allerdings sollte die WOK vorher mit der Anweisung hold on
gesichert sein):
» [k, p] = rlocfind (num,den)
Weiterhin gibt es eine Anweisung zum Einschalten eines Gitternetzes in der s-Ebene
für kontinuierliche und in der z-Ebene für digitale Regelkreise:
» sgrid (’new’); und » zgrid(’new’) ;
Mit der Option new wird die alte WOK automatisch gelöscht.
14.5 WOK mit MATLAB
•
433
Beispiel 14.4
Die WOK für das in Beispiel 7.2 gegebene System 3. Ordnung
G0 ( s ) =
K0
;
(1 + sT1 )(1 + sT2 )(1 + sT3 )
T1 = 1 s ;
T2 = 2 s ;
T3 = 0,5 s ;
soll mit Control System Toolbox ermittelt werden. Das MATLAB-Skript ist unten gegeben, die
entsprechende WOK ist im Bild 14.7 gezeigt.
T1 = 1; T2 = 2; T3 = 0.5;
% Parametereingabe
a3 = T1 * T2 * T3;
% Berechnung von Polynom-Koeffizienten
a2 = T1 * T2 + T2 * T3 + T1 * T3;
a1 = T1 + T2 + T3;
a0 = 1;
K0 = 1;
num = [ 0
% Parametereingabe
0
0
K0];
% Eingabe des Zählerpolynoms
den = [ a3 a2 a1 a0];
% Eingabe des Nennerpolynoms
rlocus ( num, den, ’k’ );
% Aufruf der WOK, Farbe schwarz
hold on;
% Ausgabe halten
sgrid;
% Gitternetz einschalten
xlabel ( ' Reelle Achse' );
% Beschriftung der x-Achse
ylabel ( ' Imaginäre Achse' );
% Beschriftung der y-Achse
title ( ' Beispiel: Wurzelortskurve' );
% Beschriftung des Bildes
Bild 14.7
WOK eines Kreises bestehend aus drei P-T1-Gliedern
434
14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink
Kombiniert man die Anweisung rlocfind (num, den) mit den anderen im Abschnitt
12.2.3 eingeführten Toolbox-Anweisungen wie step (num, den); bode (num, den);
roots; usw. so kann der Entwurf eines Regelkreises mit dem WOK-Verfahren komplett am PC-Bildschirm durchgeführt werden.
• Beispiel 14.5
Gegeben ist eine Strecke mit Verzögerung 4. Ordnung, die mit dem PID-Regler geregelt wird:
G0 ( s ) =
K PR (1 + sTn )(1 + sTv )
K PS
⋅
,
sTn
(1 + sT1 )(1 + sT2 )(T32 s 2 + T4 s + 1)
2
KPS = 2; T1 = 0,5 s; T2 = 0,1 s; T3 = 0,1 s 2; T4 = 0,6 s.
Der Regler soll so eingestellt werden, dass die maximale Überschwingweite xm ≤ 10% beim Führungsverhalten wird. Ohne Herleitung ist in Bild 14.8 das gewünschte Gebiet der s-Ebene gezeigt, in dem die
WOK positioniert werden soll. Das Gebiet ist durch
das so genannte dominierende Polpaar abgegrenzt, die
im vorliegenden Fall wie folgt gegeben ist:
P1
D
0
α
σ
β 1 − D2
P2
.
1− D 2
Bild 14.8
Zunächst versuchen wir den Regler vollzukompensieren, d. h.
Tn = T1 = 0,5 s
ϕD
zulässiger
Polbereich
P1, 2 = −α ± jβ 1 − D 2 = −2,156 ± j 2,202
tan ϕ D =
jω
s-Ebene
Dominierendes Polpaar
Tv = T2 = 0,1 s.
Damit liegt die Übertragungsfunktion in Polynomform vor:
G0 ( s ) = K
1
s 3T32
2
+ s T4 + s
, mit K =
K PR K PS
.
Tn
Um die WOK mit MATLAB zu ermitteln, wird K = 1 angenommen. Nachfolgend ist das Skript
mit diesem Wert und dem dominierenden Polpaar gezeigt.
num = [ 0
0
0 K ];
den = [T32 T4 1
% Eingabe: Zählerpolynom
0 ];
% Eingabe: Nennerpolynom
rlocus (num, den, ’k’);
% WOK-Ausgabe; Linienfarbe schwarz
hold on; sgrid;
% Grafik halten, Gitternetz einschalten
pol = [ −2.156+2.202i
−2.156−2.202i ];
% Eingabe: Dominantes Polpaar
plot (real (pol), imag (pol), 'k+');
% Dom. Polpaar in Grafik eintragen
plot ([ –2.156 –4.085 ], [ 2.202 4], ‘k‘);
% Das gewünschte Gebiet anzeigen
plot ([ –2.156 –4.085 ], [–2.202 -4], ‘k‘);
Die Bildschirmausgabe ist in Bild 14.9 gezeigt. Man stellt fest, dass der vollkompensierte Regler nicht in der Lage ist, das gewünschte Verhalten auch bei beliebigem KPR zu erreichen, da
die WOK außerhalb des gewünschten Gebietes bzw. des dominieren den Polpaares P1,2 liegt.
Um die WOK in das gewünschte Gebiet zu positionieren, kann man anders kompensieren, z. B.
14.5 WOK mit MATLAB
Bild 14.9
435
WOK des Regelkreises mit dem vollkompensierten Regler
mit Tn = T4 = 0,6 s und Tv = T2 = 0,5 s, oder man kann das Kreisverhalten mit dem vollkompensierten Regler korrigieren, z. B. durch die Einführung einer Nullstelle sN1 = –0,67 und einer
Polstelle sP4 = –6. Damit wird die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises zu
G0 ( s ) = K
mit TN = −
1 + sTN
( s 3T32
1
s N1
2
+ s T4 + s )(1 + sTR )
= 1,5 s , TR = −
= K0
s − s N1
,
s ( s − s P2 )( s − s P3 )( s − s P4 )
T
= 0,17 s und K 0 = K ⋅ N .
sP4
TR
1
Der weitere Entwurfsvorgang wird von K0 = 1 angefangen und interaktiv durchgeführt:
» roots (den)
ans =
% Eingabe: Polstellen s1, s2, s3 ermitteln
% Bildschirmausgabe
0
% Polstelle s1
−3.0000 + 1.0000 i
% Polstelle s2
−3.0000 − 1.0000 i
% Polstelle s3
» k = 1;
% Eingabe: Koeffizient Ko=1
z = [ − 0.67];
% Eingabe: Nullstellen z und Polstellen p
p = [−3.0000 + 1.0000 i −3.0000 + 1.0000 i − 6
0];
[num1, den1] = zp2tf (z, p, k);
% Zero-Pol to Polynomform umwandeln
rlocus (num1, den1, ’k’);
% WOK-Ausgabe; Linienfarbe schwarz
hold on;
% Grafik halten,
sgrid;
% Gitternetz einschalten
436
14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink
usw. bis zur Beschriftung-Anweisungen:
xlabel(' Reelle Achse');
ylabel(' Imaginäre Achse');
title ('Wurzelortskurve nach Korrektur');
Das zufriedenstellende Ergebnis ist in Bild 14.10 gezeigt. Der Koeffizient K0 wird für einen
Punkt der WOK innerhalb des gewünschten Gebietes mit der folgenden Anweisung abgelesen:
[k, p] = rlocfind (num1, den1)
% WOK Punkte per Mausklick abfragen
k=
% Bildschirmausgabe
25.9443
Bild 14.10 WOK nach Einführung einer Nullstelle sN1 = –0,67 und einer Polstelle sP4 = –6
Zum Testen der Entwurfsergebnisse im Zeitbereich kann die Sprungantwort simuliert werden:
» k = 25.9443;
% Eingabe: Koeffizient Ko
z = [ − 0.67];
% Eingabe: Nullstellen z und Polstellen p
p = [−3.0000 + 1.0000 i −3.0000 + 1.0000 i − 6
0];
[num1,den1] = zp2tf (z, p, k);
% Zero-Pol to Polynomform umwandeln
den2 = num1+den1;
%Nenner der Übertragunsgfunktion Gw(s)
step(num1, den2, ’k’)
% Sprungantwort: Linienfarbe schwarz
Bild 14.11 zeigt die simulierte Sprungantwort für das Führungsverhalten.
14.5 WOK mit MATLAB
437
Bild 14.11 Sprungantwort des
geschlossenen Regelkreises,
eingestellt nach Bild 14.10
Wird der analoge Regler durch einen gleichwertigen digitalen ersetzt, wird das vorherige Programm wie folgt fortgesetzt, die Sprungantwort ist im Bild 14.12 gezeigt:
» TA = 0.5;
% Eingabe: Abtastschritt
[dnum, dden] = c2dm (num1, den2, TA, ’zoh’);
% Digitalisieren mit linker Intervallgrenze
dstep (dnum, dden, ’k’);
% Sprungantwort: Linienfarbe schwarz
Bild 14.12 Sprungantwort des
digitalen Regelkreises, digitalisiert mit der linken Intervallgrenze
Im Bild 14.12 wurde die Abtastzeit TA unangemessen groß gewählt, um das Diagramm anschaulicher zu machen.
Für die Digitalisierung mit rechter Intervallgrenze wird in der Anweisung anstelle des Parameters ’zoh’ (zero-order hold) der Parameter ’foh’ (first-order hold) eingesetzt.
438
14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink
14.6 Einführung in MATLAB / Simulink
MATLAB/Simulink ist eine Ergänzung zum Basismodul, das vollständig in
MATLAB integriert ist, jedoch eine eigene Entwicklungsumgebung hat. Man kann
damit sowohl eigene C-Programme einbinden, als auch die erstellten CQuellprogramme generieren und weiter mit dem Real-Time Workshop in Echtzeitanwendungen importieren. Mit MATLAB/Simulink kann man:
•
die Regelkreise nach den Wirkungsplänen sofort in ein Programm umwandeln
•
einzelne Blöcke durch einen Doppelklick auf das Blocksymbol konfigurieren
•
mit der Menü-Anweisung Simulation/Parameters die Schrittweite und die Dauer
der Simulation einstellen
•
mit der Menü-Anweisung Simulation/Starten die Simulation ausführen und in
einem Scope- oder Figure-Fenster ausgeben.
Ein einfaches Modell und die Bibliotheken
Das Fenster der Bibliotheken wird durch die Eingabe simulink im MATLABKommandofenster aufgerufen oder über das Fenster Launch Pad eröffnet. Über das
Menü File/New ruft man das neue Fenster für den Modellaufbau auf. Die Eingabe der
Modellstruktur und die Parametrierung von Blöcken erfolgt in diesem Fenster.
Das verfasste Modell kann durch ein MATLAB/Simulink-Menü gestartet werden.
Vorher sollten die Parameter der Simulation in einem Dialogfenster Simulation Parameters: untitled eingestellt werden. Dies wird durch die Menü-Anweisung Simulation/Parameters geöffnet. Danach wird die Start- und Stopzeit, der Typ des Integrationsschrittes (Variable step oder Fixed step) und des Integrationsverfahrens (solver
option) eingegeben. Ein Beispiel des Modells ist in Bild 14.13 gezeigt.
Bild 14.13 Simulierter
Regelkreis mit ScopeAusgabe
Eine Simulation kann man auch aus dem MATLAB-Command-Fenster bzw. aus
einem MATLAB-Programm mit dem plot-Befehl aufrufen. Dafür sollten die Simulationsergebnisse in Form eines Zeitvektors t, einer Zustandsmatrix x und einer Ausgangsmatrix y gebildet werden, wie beispielsweise in Bild 14.14 gezeigt ist. Man
kann einen MATLAB/Simulink-Block über die Menü-Anweisung Edit/Edit-Mask
oder Options/Mask in einen neuen selbstgenannten Block umwandeln.
Ein Simulink-Modell, das aus mehreren Blöcken besteht, lässt sich in einen neuen
benutzerdefinierten Block (Untersystem) einbinden. Dies erfolgt über die Anweisung
Edit/Create-Subsystem oder Options/Group. Nach Anklicken der Menü-Zeile LookUnder-Mask wird der Inhalt des komprimierten Modells in einem Fenster angezeigt.
14.6 Einführung in MATLAB / Simulink
439
Bild 14.14 MATLAB/Simulink-Modell mit Parameterübergabe zum MATLAB-Basismodul
Liegt das exakte Modell der Regelstrecke vor, kann der Wirkungsplan mit dem
MATLAB/Simulink abgebildet, konfiguriert und sofort getestet werden, was für komplizierte Regelkreise besonders wichtig ist. Nachfolgend wird gezeigt, wie man verschiedene Reglerarten mit MATLAB/Simulink abbilden und behandeln kann.
Digitale Regelung mit MATLAB/Simulink
Ein Regelkreis mit einem digitalen Regler und kontinuierlich arbeitender Strecke
kann einfach mit Hilfe von z- und s-Transferfunktionen aus den Bibliotheken Continuous und Discrete, die man in Library Browser findet, simuliert werden.
Im Wirkungsplan des Bildes 14.15 ist ein digitaler P-Regler mit Verzögerung T1 als
z-Übertragungsfunktion
GR ( z ) =
K PR (1 − a1 )
z − a1
simuliert. Der Baustein Discrete Transfer Fon berücksichtigt die dem Regler zugehörigen Abtaster und Halteglied. Ein externes Halteglied ist am Eingang des Stellglieds
bzw. der Regelstrecke vorgesehen. Die Stellgröße y(kT) wird aus dem MATLABCommand-Fenster als Treppenkurve mit dem Befehl stairs(t, y, ’k’) ausgegeben.
Bild 14.15 Simulationsmodell eines digitalen Regelkreises
440
14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink
Die analoge Strecke 2. Ordnung mit Verzögerung ist mit gewöhnlichen Blöcken der
Bibliothek Continuous im Kreis abgebildet.
Die entsprechenden Sprungantworten sind in Bild 14.16 gezeigt. Die simulierte Regelgröße stellt, wie auch zu erwarten ist, ein analoges Signal dar. Sie wird auch aus
dem MATLAB-Command-Fenster mittels Anweisung plot(t, x, ’k’) aufgerufen.
a) Stellgröße y(kT)
b) Regelgröße x(t)
Bild 14.16 Sprungantworten des digitalen Regelkreises
Für die Aufnahme von simulierten Signalen bietet SIMULINK mehrere Möglichkeiten, wie Scope, numerische Displays, Ports usw. an. Entscheidet man sich für die
Parameterübergabe, wie in Bild 14.15 mittels To Workspace, sollten die Formate der
zu übergebenden Vektoren bzw. Dimensionen gleich sein, ggf. sollt man die Datenformate von Structure auf Array umstellen. Es reicht dafür, das Symbol des Blocks To
Workspace und dann Save Format zu aktivieren. Die Signalquelle, z. B. step sollte
genauso auf 1D-Format unter Interpret vector parameters as 1D umgestellt werden.
441
15 Lösungen der Übungsaufgaben
Aufgabe 2.1
u
Aus der Übertragungsfunktion ergibt sich unter Beachtung von ue ( s) = e 0 :
s
ua ( s ) =
ue0
1
,
⋅
T1T2  2
T +T +T
1 

s  s + s 1 2 3 +
T1T2
T1T2 

mit
T1 = R1C1 = 1 s ,
T2 = R2C2 = 1 s
T3 = R1C2 = 0,5 s .
Gemäß Korrespondenztabelle setzen wir
β2 =
α=
1
= 1 s-2
T1T2
T1 + T2 + T3
= 1,25 s -1 .
2T1T2
-1
-1
Die Pole errechnen sich zu s1 = − 0,5 s und s2 = − 2 s . Damit wird
ua ( s ) = ue0 β 2
1
.
s ( s − s1 )( s − s2 )
Die Rücktransformation in den Zeitbereich
liefert die gesuchte Sprungantwort
 4 − 0,5 t 1 − 2 t 
s + e
s u . u
ua ( t ) =  1 − e
a
 3
 e0
3
ue0


1,0
0,8
0,6
0,4
0,2
0
0
2
4
6
8
t /s
10
Bild A.1 Sprungantwort zu Aufgabe 2.1 (P-T2-Glied)
S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_15,
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2014
442
15 Lösungen der Übungsaufgaben
Aufgabe 2.2
a) Aus der Übertragungsfunktion
G(s) =
ua ( s )
sT1
1
=
−
ue ( s ) 1 + sT1 1 + sT2
u
folgt mit ue ( s) = e 0
s
ua ( s) = ue0


1


T2
 1 −
.


1


1
 s + T s  s +  
1

 T2  
Die Zeitkonstanten sind:
T1 =
L
= 10 −3 s ,
R1
T2 = R2 C = 0,02 s .
Durch Rücktransformation in den Zeitbereich folgt
u a (t ) = (e
−
t
T1
−1+ e
−
t
T2
) ⋅ u e0 .
b) Die Werte von ua(t) für t = 0 und t = ∞ sind: ua(0) = + ue0 und ua(∞) = − ue0 .
ua
ue0 1,0
0
20
40
60
80
100
t /ms
−1,0
Aufgabe 2.3
Mit α = −ϕ folgt aus Gl. (2.34)
uˆa =
uˆe
1 + (ω T1 ) 2
⋅ sin (ω t ) .
Aufgabe 2.4
Nach einem Eingangssprung
xe (t ) = xe0 ⋅ σ (t )
c−−¦
1
xe ( s ) = ⋅ xe0
s
folgt die Laplace-Transformierte Ausgangsgröße
Bild A.2 Sprungantwort zu Aufgabe 2.2 (Allpaß 1. Ordnung)
15 Lösungen der Übungsaufgaben
xa ( s ) = G ( s ) ⋅
443
xe0
1 + sTv
= KP
xe0 .
s
s (1 + sT1 )
Nach dem Grenzwertsatz ist
lim xa (t ) = lim s ⋅ xa ( s ) = lim G ( s) ⋅ xe0 = K P
t →0
s→∞
s→∞
Tv
xe0
T1
und
lim xa (t ) = lim s ⋅ xa ( s ) = lim G ( s ) ⋅ xe0 = K P xe0 .
t →∞
s→0
s→0
Vergleicht man die Sprungantwort mit dem Verlauf der Ortskurve, so sieht man: Das System
verhält sich im Zeitbereich für t = 0 wie im Frequenzbereich für ω = ∞, bzw. für t = ∞ wie im
Frequenzbereich für ω = 0.
G ( jω)
ω =0
= KP
G ( jω)
ω =∞
= KP
Tv
.
T1
Aufgabe 3.1
Aus Gl. (3.16) folgt die Übertragungsfunktion
GS ( s ) =
x( s )
K
= PS
y ( s ) 1 + sT1
bzw. der Frequenzgang
GS ( jω ) =
K PS
x ( jω )
.
=
y ( jω ) 1 + jω T1
Daraus ergeben sich:
Re (GS ) =
Im
KPS
2
2
0
-2
-4
4
Re
0
ωE
15
-6
10
2
4
8
6
ω
/s
−1
K PS
1 + (ω T1 ) 2
Im (GS ) = −
K PS ω T1
1 + (ω T1 ) 2
Bild A.3 Ortskurvenverlauf des
P-T1-Gliedes zu Aufgabe 3.1 mit
KPS = 10, T1 = 0,1 s und
−1
ω E = 1/T1 = 10 s
Aufgabe 3.2
Aus Gl. (3.16) folgt die Übertragungsfunktion GS ( s ) =
K PS =
8
GS (jω)
40
30
20
6
L
K1
cnNRb
; T1 = .
=
R R Rm ( Ra + Rb )
R
K PS
mit
1 + sT1
444
15 Lösungen der Übungsaufgaben
Durch die Substitution (Ra + sLa) anstelle von Ra wird die Ankerinduktivität berücksichtigt, und
wir erhalten:
K PS* =
Mit T2 =
cnNRb
1
= K PS
.
La
R Rm ( Ra + Rb + sLa )
1+ s
Ra + Rb
La
ergibt sich die Übertragungsfunktion der Strecke bei Berücksichtigung von
Ra + Rb
La zu einem P-T2-Glied:
GS* ( s ) =
K PS
.
(1 + sT1 )(1 + sT2 )
Aufgabe 3.3
a) Aus Bild 3.19 folgt
GS ( s) =
n( s )
R
=−
⋅
M L (s)
2π ⋅ (cΦ 0 ) 2 s 2T
1
1 + sT1
.
JR
JR
+s
+1
(cΦ 0 ) 2
(cΦ 0 ) 2
Mit den Abkürzungen
K PS =
1
R
= 0,00877
2
2π (cΦ 0 )
Ws 2
T1 =
L
= 0,2 s
R
T2 =
JR
= 0,05 s
(cΦ 0 ) 2
ergibt sich die Übertragungsfunktion zu
GS ( s ) = −
K PS (1 + sT1 )
.
s 2 T1T2 + sT2 + 1
Das negative Vorzeichen ist durch die Abnahme der Drehzahl bei zunehmender Belastung
bedingt.
b) Mit M L ( s ) =
β2 =
folgt
1
⋅ M L0 und
s
1
1
= 102 s - 2 ; α =
= 2,5 s -1 ; ω = β 2 − α 2 = 9,68 s -1
2T1
T1T2
15 Lösungen der Übungsaufgaben
n( s ) = GS ( s) ⋅ M L ( s ) = − K PS β 2
445
1 + sT1
M L0 .
s ( s + s ⋅ 2α + β 2 )
2
Mittels der Beziehungen 13 und 11 der Korrespondenztabelle ergibt die Rücktransformation in
den Zeitbereich

n(t ) = − K PS 1 − e − α t



1 − α ⋅ T2
 cos ω t −
sin ω t  M L0 .
ω T2


c) Das negative Vorzeichen soll bei der Ortskurvendarstellung unberücksichtigt bleiben. Es
bedeutet, dass jeder Punkt der Ortskurve zusätzlich um 180° gedreht wird.
GS ( jω ) =
K PS (1 + jω T1 )
Im
1
1 − ω 2T1T2 + jω T2
2
mit der Zerlegung
Re (GS ) = K PS
1
2
(1 − ω T1T2 ) 2 + (ω T2 ) 2
6
5
7
8
4
ω=∞
8,66 Re
ω=0
1
2
3
4
9
-1
9,5
16
Im (GS ) = K PS
ω T1 (1 − ω 2T1T2 ) − ω T2
.
(1 − ω 2T1T2 ) 2 + (ω T2 ) 2
-2
10
14
13
-3
11
12
ω /s
−1
Bild A.4 Ortskurvenverlauf zu
Aufgabe 3.3 (PD-T2-Glied mit
KPS = 1)
Aufgabe 3.4
Der Frequenzgang folgt aus Gl. (3.78) zu
GS ( jω ) =
1
1 − (ω T2 ) 2 + jω T1
mit der Zerlegung:
Re (GS ) =
Im (GS ) =
Im
ω=0
ω=∞
1,0
Re
20
1 − (ω T2 )
[1 − (ω T2 ) 2 ]2 + (ω T1 ) 2
2
− ω T1
[1 − (ω T2 ) 2 ]2 + (ω T1 ) 2
2
15
4
12
-1,0
6
10
9
8
ω /s −1
Bild A.5 Ortskurvenverlauf zu
Aufgabe 3.4 (P-T2-Glied mit
KPS = 1)
Mit den Abkürzungen
446
15 Lösungen der Übungsaufgaben
β=
1
;
T2
α=
T1
;
2T22
D=
α T1
=
β 2T2
folgt
β2
GS ( jω ) =
( β 2 − ω 2 ) 2 + (2αω ) 2
∂ GS ( jω )
− 4ω ( β 2 − ω 2 ) + 8α 2ω
= β2
= 0.
3
∂ω
2 [( β 2 − ω 2 ) 2 + (2αω ) 2 ] 2
Daraus folgt
ω 2 − β 2= −2α 2 bzw. ω = ωr = β 1 − 2 D 2
und
GS ( jωr ) = GS ( jω ) MAX =
1
2D 1 − D 2
q.e.d.
1
Im
Aufgabe 3.5
Re
Der Frequenzgang zu Gl. (3.85) lautet
GS ( jω ) =
-1
KI
jω
-1
Der Betrag
GS ( jω ) =
ω=∞ 1
KI
ω
wird gleich Eins für ω = KI .
ω = KI
-2
ω=
-3
ω=
2
ω /s−1
KI
2
KI
3
Bild A.6 Ortskurvenverlauf zu
−1
Aufgabe 3.5 (I-Glied KI = 1 s )
Aufgabe 3.6
Für den Zusammenhang von Strom und Spannung an einem Kondensator gilt im Zeit- und im
Bildbereich i(t ) = C
i(t)
u(t)
du (t )
dt
c−−¦
i( s) = C [ s ⋅ u ( s ) − u (0)]
i(s)
C
bzw. nach Integration
u(s)
1
sC
Bild A.7 Strom und Spannung an
einer Kapazität im Zeitbereich (links)
und im Bildbereich (rechts)
15 Lösungen der Übungsaufgaben
t

t
i (τ ) dτ = C
0
t


0
447
du (τ )
dτ
dτ
i (τ ) dτ = C [u (t ) − u (0)]
u (t ) =

0
1
C
t
 i(τ ) dτ + u(0) .
0
Für Anfangswert u(0) = 0 erhalten wir
1
u (t ) =
C
t
 i(τ ) dτ
c−−¦
u(s) =
0
1
i(s) .
sC
Aufgabe 3.7
a) Anhand von Bild 3.31 folgt sofort
Fb (t ) = K [vs (t ) − v a (t )] .
b) Die vom Linearmotor erzeugte Kraft dient der Beschleunigung der Masse m
m
dv a (t )
= K [v s (t ) − v a (t )]
dt

m dv a (t )
+ v a (t ) = vs (t ) 
K
dt
,

m
dv a (t )
+ K v a (t ) = K vs (t )
dt
T1
dv a (t )
+ v a (t ) = vs (t ) .
dt
T1
c) Die Übertragungsfunktion folgt durch Laplace-Transformation
GS1 ( s ) =
va (s)
1
.
=
vs ( s ) 1 + sT1
d) Der Zusammenhang zwischen Weg x und Geschwindigkeit va ist
v a (t ) =
dx(t )
dt
c−−¦
v a ( s ) = s ⋅ x( s )
Damit erhält man
GS ( s) =
x( s)
= GS1 ( s ) ⋅ GS2 ( s ) .
vs ( s )
GS ( s) =
x( s)
1
=
vs ( s) s (1 + sT1 )

GS2 ( s) =
x( s ) 1
= .
v a (s) s
448
15 Lösungen der Übungsaufgaben
v
e) Mit v s ( s ) = s0
s
x /m
3
folgt
v
1
x( s ) = GS ( s ) ⋅ s0 =
v s0 .
2
s
s (1 + sT1 )
Die Rücktransformation
in den Zeitbereich entspricht
der Gl. (3.100)
x(t ) = v s 0 [t − T1 (1 − e
2
T1
1
−
t
T1
0
)] .
0
1
2
3
t 4
T1
Bild A.8 Sprungantwort zu Aufgabe 3.7 (I-T1-Glied für vs0 = 1 m/s)
Aufgabe 4.1
a) Aus Bild 4.17 ergibt sich die Führungsübertragungsfunktion
K PR K IS
x( s )
=
w( s ) s + K PR K IS
Gw (s) =
Für
w
w( s ) = 0
s
folgt
x( s ) =
K PR K IS
w0
s ( s + K PR K IS )
Nach dem Grenzwertsatz gilt
lim x(t ) = lim s ⋅ x( s) = w0 ,
t →∞
s→0
d. h. die bleibende Regeldifferenz verschwindet.
e(∞) = w0 − x(∞) = 0 .
b) Entsprechend folgt aus Bild 4.17 die Störübertragungsfunktion
Gz ( s) =
K IS
x( s )
.
=
z ( s) s + K PR K IS
Mit
z
z (s) = 0
s
wird
15 Lösungen der Übungsaufgaben
x( s ) =
449
K IS
z0
s ( s + K PR K IS )
und nach dem Grenzwertsatz
lim x(t ) = lim s ⋅ x( s) =
t →∞
s→0
z0
.
K PR
In diesem Fall ist
e( ∞ ) = x ( ∞ ) =
z0
,
K PR
da in der Störübertragungsfunktion x nicht den Absolutwert, sondern nur die Änderung infolge
z darstellt.
c) Bei einem Führungssprung wird der vorgegebene Wert von der Regelgröße asymptotisch
erreicht, d. h. die bleibende Regeldifferenz wird Null. Dagegen wird der Einfluss eines Störsprungs mit zunehmendem KPR verringert aber nicht beseitigt.
Aufgabe 4.2
Die Störübertragungsfunktion lautet
sK IS
x( s )
=
.
2
z ( s ) s + K IR K IS
Gz (s) =
Für
z (t ) = z 0 ⋅ σ (t )
c−−¦
z
z(s) = 0
s
ist
x( s ) =
K IS
2
s + K IR K IS
z0
und nach Rücktransformation folgt als Sprungantwort
x(t ) = z 0
K IS
⋅ sin( K IR K IS ⋅ t ) ,
K IR
eine Dauerschwingung mit der Amplitude
z0
K IS
K IR
um den Nullpunkt. D. h. die mittlere Regeldifferenz wird zu
e (∞ ) = 0 .
450
15 Lösungen der Übungsaufgaben
Aufgabe 4.3
R
R
R1
−
+
R1
C
e
R2
−
+
yR
R
Bild A.9 PI-Regler mittels
Operationsverstärker zu
Aufgabe 4.3
−
+
Aus dem Schaltbild folgt die Übertragungsfunktion
y ( s ) R2 
1 
GR (s ) = R
=
1 +
,
e( s )
R1 
sCR 
R2
und Tn = CR .
R1
worin K PR =
Aufgabe 4.4
Für Tn = T1 erhält man aus Gl. (4.71)
Gz ( s) =
sK PS
 2
1 + K PR K PS K PR K PS 
+

T 1 s + s
T1

T12

.
Daraus folgt mit
β2 =
D=
K PR K PS
T12
; α=
1 + K PR K PS
2T1
α 1 + K PR K PS
=
β 2 K PR K PS
1
3


−
−
∂D
1
1
= ( K PR K PS ) 2 K PS − (1 + K PR K PS ) ( K PR K PS ) 2 K PS  = 0

∂K PR 2 
2


2 K PR K PS − 1 − K PR K PS = 0
K PR =
1
.
K PS
Die minimale Dämpfung beträgt
D =1.
15 Lösungen der Übungsaufgaben
451
Aufgabe 4.5
Der Frequenzgang des PD-T2-Reglers lautet
GR ( jω ) =
y R ( jω )
1 + jω Tv
= K PR
.
e( j ω )
1 − (ω T2 ) 2 + jω T1
Zur Kurvendiskussion wird GR(jω) in Real- und Imaginärteil zerlegt
Re (GR ) = K PR
1 − (ω T2 ) 2 + ω 2T1Tv
[(1 − (ω T2 ) 2 ]2 + (ω T1 ) 2
Im (GR ) = K PR
ω Tv [1 − (ω T2 ) 2 ] − ω T1
.
[(1 − (ω T2 ) 2 ]2 + (ω T1 ) 2
0,6
0,4
Im
10
0,2
0,8
0
-10
∞
10
20
30
3
2
40
- 10
Re
50
1,0
Bild A.10 Ortskurvenverlauf
zu Aufgabe 4.5 (PD-T2-Glied)
3
- 20
1,2
2,0
ω /s −1
1,4
- 30
Aufgabe 4.6
Die Führungsübertragungsfunktion des Regelkreises ergibt sich zu
Gw (s) =
K PR K IS (1 + sTv )
x( s )
=
w( s ) K PR K IS + s (1 + K PR K ISTv )
bzw. mit der Abkürzung
α=
K PR K IS
1 + K PR K ISTv
Gw (s) =
α Tv < 1
1 + sTv
x( s )
=α
w( s )
s +α
Für w(t ) = w0 ⋅ σ (t )
c−−¦
wird
x( s ) = α

1 + sTv
w0 .
s(s + α )
w( s ) =
w0
s
452
15 Lösungen der Übungsaufgaben
Nach Rücktransformation in den Zeitbereich folgt
x(t ) = [1 − (1 − αTv )e −α t ] w0 .
x
1
α
w0
Bild A.11 Führungssprungantwort
zu Aufgabe 4.6
w0αTv
0
0
t
Aufgabe 6.1
a) Die charakteristische Gleichung ergibt sich aus 1 + G R ( s )GS ( s ) = 0 zu
1 + K PR K PS
1
(1 + sT1 ) 3
=0
bzw. s 3 ⋅ T13 + s 2 ⋅ 3T12 + s ⋅ 3T1 + 1 + K PR K PS = 0 .
,
,
a3
a1
a2
a0
Nach Hurwitz ist ein System 3. Ordnung instabil für
a1a 2 − a3 a 0 = 9T13 − (1 + K PR K PS )T13 < 0
bzw. K PR >
8
.
K PS
b) Für K PR = K PRkr =
x( s ) =
w
8
und w( s ) = 0 ist
s
K PS
8
3
s [(1 + sT1 ) + 8]
⋅ w0 =
Mittels Grenzwertsatz folgt daraus
lim x(t ) = lim s ⋅ x( s) =
t→ ∞
s→ 0
8
w0
9
bzw. die bleibende Regeldifferenz
w
e(∞) = w0 − x(∞) = 0 .
9
8
T13
⋅
1

3 
3
s  s +  s 2 +
T1 
T12





⋅ w0 .
15 Lösungen der Übungsaufgaben
453
c) Aus Gl. (6.12) bzw. Gl. (6.13) folgt für α = 0
a0
=
a2
ω = ω kr =
a1
3
.
=
a3
T1
Aufgabe 6.2
a) Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises lautet
G0 ( s) = G R ( s) ⋅ GS ( s ) = K PR K PS
1 + sTn
sTn ( s 2T22
+ sT1 + 1)
mit der Polverteilung
s 2 = 0,1 s −1 ;
s1 = 0 ;
s3 = 0,05 s −1 .
Es ist also ni = 1 und nr = 0.
Nach dem Nyquist-Kriterium (Bedingung 6.43) muss bei Stabilität die Winkeländerung
Δϕ = (2n r + ni ) ⋅
π
2
=+
π
2
betragen.
Wir diskutieren zunächst den Ortskurvenverlauf von
G0 ( jω ) =
K PR K PS
1 + jω Tn
⋅
ω Tn
− ω T1 + j [1 − (ω T2 ) 2 ]
mit der Zerlegung
Re (G0 ) =
K PR K PS
T [(1 − (ω T2 ) 2 ] − T1
⋅ n 2
Tn
(ω T1 ) + [(1 − (ω T2 ) 2 ]2
Im (G0 ) =
K PR K PS − ω 2TnT1 − 1 + (ω T2 ) 2
⋅
.
ω Tn
(ω T1 ) 2 + [(1 − (ω T2 ) 2 ]2
Im
10
Δϕ
-30
-20
-10
Asymptote
G0(jω)
ω
Re
-1
10
-10
-20
-30
Bild A.12 Stabilitätsbetrachtung
nach Nyquist: P-T2-Strecke und
PI-Regler (instabil)
454
15 Lösungen der Übungsaufgaben
Wie der Ortskurvenverlauf zeigt, beträgt die Winkeländerung des Fahrstrahls [1 + G0(jω)]
3
2
Δϕ = − π ,
d. h. der Regelkreis ist instabil.
b) An der Stabilitätsgrenze muss die Ortskurve G0(jω) durch den kritischen Punkt Pkr = −1
gehen, d. h. für
Im [G0 ( jω
kr )] = 0
Re [G0 ( jω
kr )] =
muss
−1
sein. Daraus folgt
 T2

− K PR K PS  2 − 1 = −1
 Tn T1 
K PR K PS
T2
Tn = 2 ⋅
= 5, 5 s .
T1 1 + K PR K PS
c) Durch die Hinzunahme des D-Anteils wird die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen
Kreises
G0 ( s ) = K PR K PS ⋅
s 2Tn Tv + sTn + 1
sTn ( s 2T22 + sT1 + 1)]
.
Die Polverteilung ändert sich gegenüber a) nicht, und die Forderung
!
Δϕ =+
π
2
bleibt bestehen.
Die Zerlegung des Frequenzganges G0(jω) in Real- und Imaginärteil liefert:
Re (G0 ) =
K PR K PS Tn [(1 − (ω T2 ) 2 ] − T1 (1 − ω 2TnTv )
⋅
Tn
(ω T1 ) 2 + [(1 − (ω T2 ) 2 ]2
Im (G0 ) = −
K PR K PS ω 2TnT1 + (1 − ω 2TnTv )[1 − (ω T2 ) 2 ]
⋅
.
ω Tn
(ω T1 ) 2 + [1 − (ω T2 ) 2 ]2
(A.1)
(A.2)
An der Stabilitätsgrenze muss für
Im [G0 (ω
kr )] = 0
(A.3)
Re [G0 (ω
kr )] = −1
(A.4)
sein. Die erste Bedingung (A.3) liefert mit Gl. (A.2)
15 Lösungen der Übungsaufgaben
455
2
ωkr
TnT1
.
1 − (ωkrT2 ) 2
(A.5)
2
(1 − ωkr
TnTv ) = −
Gl. (A.5) in Gl. (A.1) unter Berücksichtigung der Bedingung (A.4), eingesetzt, ergibt
Re [G0 (ω
kr )] =
K PR K PS
= −1
1 − (ω krT2 ) 2
bzw.
2
ω kr
=
1 + K PR K PS
T22
= 0,03 s -2 .
2
Mit ω kr
in Gl. (A.5) eingesetzt, folgt
Tv =
2
 ωkr

1
TnT1
⋅
+
1

 = 2, 3 s .
2
ωkr
Tn 1 − (ωkrT2 ) 2 
Für Tv > 2, 3 s wird die Ortskurve in der in Bild A.13 gezeigten Weise verformt. Die resultierende Winkeländerung ist dann, wie bei Stabilität gefordert, Δϕ = +
Im
-20
-10
G0(jω)
Asymptote
2
.
10
-1
-30
π
ω
Re
Δϕ
10
-10
Bild A.13 Stabilitätsbetrachtung
nach Nyquist: P-T2-Strecke und
PID-Regler (stabil)
-20
-30
Aufgabe 8.1
Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises lautet:
G0 ( s ) =
K PR K PS (1 + sTn )
.
sTn (1 + sT1 )(1 + sT2 )(1 + sT3 )
Zunächst wird die größte Zeitkonstante der Regelstrecke mit der Zeitkonstante des Reglers
kompensiert, d. h.
Tn = Tgrößte= T1 = 8,5 s.
456
15 Lösungen der Übungaufgaben
Da T2 ≥ 5⋅T3 gilt, werden die beiden restlichen Zeitkonstanten durch eine Zeitkonstante TE
ersetzt:
TE = T2 + T3 = 7,7 s.
Damit entspricht die Übertragungsfunktion des offenen Kreises dem Grundtyp A. Nach dem
Betragsoptimum für Grundtyp A folgt:
G0 ( s ) =
K PR ⋅ K PSy
sTn ⋅ (1 + sTE )
 K PR =
Tn
2 ⋅ K PSy ⋅ TE
= 6,9 .
Aufgabe 8.2
Für die gegebenen Werte Tv = T1 und TR = 0 ergibt sich die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises zu
G0 ( s ) = K 0
1 + sT1
,
1 − sT1
worin K0 = KPR KPS ist. Es gilt nr = 1 und ni = 0. Um das Bode-Diagramm zu ermitteln, wird
KPR = 1 bzw. 20 lgK0 = −12 dB angenommen. Die Null- und Polstelle haben gleiche Realteile,
jedoch mit unterschiedlichen Vorzeichen. Dadurch kompensieren sich die positive und negative
Steigungen des Amplitudengangs gegenseitig im Bode-Diagramm (Bild A.14).
⏐G⏐dB
0 dB
10−2
20 lgK0
ΔdB
− 90°
ω
+20 dB/Dek
1/T1
90°
0°
100
−20 dB/Dek
− 20 dB
ϕ(ω)
10−1
10−2
1
S0 = +
2
− 180°
10−1
ϕ1(ω)
100
ω
ϕ(ω)=ϕ1(ω)+ϕ2(ω)
Bild A.14 Bode-Diagramm
des offenen Kreises
G0 ( s) = K 0
1 + sT1
1 − sT1
ϕ2(ω)
Die Stabilitätsbedingung nach dem vollständigen Nyquist-Kriterium (6.61) (im vorliegendem
Fall υp − υn = 0,5) wird erst dann erfüllt, wenn die 0-dB-Linie um
ΔdB = 12 dB bzw. Δ K = 4
nach unten verschoben wird, weil dann der einzige halbe positive Schnittpunkt (S0 = + 1/2) in
Betracht kommt. Der geschlossene Kreis wird bei KPR > Δ K bzw. KPR > 4 stabil.
Aufgabe 9.1
Für xt = 0 ist der Regelkreis linear. Die charakteristische Gleichung folgt aus
1
+ 1 = 0 bzw.
G R ( s )GS ( s )
15 Lösungen der Übungsaufgaben
457
s 3 TI T22 + s 2 TI T1 + sTI + K S = 0 .
,
, ,
a3
a2
a1
a0
Nach Hurwitz muss bei Stabilität
a1a 2 − a 0 a 3 = TI2T1 − K STIT22 > 0
bzw.
T2
TI > K S 2 = 0,4 s
T1
sein. Demzufolge ist im Fall a) (TI < 0,4 s) das System instabil und im Fall b) (TI > 0,4 s) stabil.
Aufgabe 11.1
Der Wirkungsplan des analogen Regelkreises ist im Bild A.15 gezeigt. Der geschlossene Kreis
hat den P-T1-Verhalten
G0 ( s )
Gw (s) =
=
1 + G0 ( s)
K IR K PS
K IR K PS
1
s
=
=
K IR K PS s + K IR K PS
1
s
1+
1+
K IR K PS
s
mit der Zeitkonstante
Tw =
1
1
=
= 0,0625 s
−
K IR K PS 2 s 1 ⋅ 8
und dem Proportionalbeiwert KPw = 1. Beim Eingangsprung w0 =2 erreicht die Regelgröße den
Beharrungszustand x(∞) = KPw ⋅w0 = 2, wie die Kurve in Bild A.16 zeigt.
Wird der analoge Regler durch einen digitalen I-Regler ersetzt, kommen die Differenzengleichungen in Betracht:
•
Regler:
e + e k −1
y k = y k −1 + K IR ⋅ TA ⋅ k
2
•
Additionsstelle: e k = wk − x k
•
Regelstrecke:
x k = K PS ⋅ y k
Ersetzt man yk−1 und yk durch xk−1 und xk
x
y k −1 = k −1 ,
K PS
yk =
KIR
w
+
e
y
KPS
x
−
Bild A.15 Wirkungsplan des analogen
Regelkreises
xk
,
K PS
so ergibt sich die Gleichung des geschlossenen Regelkreises zu
xk
x
e + e k −1 x k −1
w − x k + wk −1 − x k −1
.
= k −1 + K IR ⋅ TA ⋅ k
=
+ K IR ⋅ TA ⋅ k
K PS K PS
K PS
2
2
458
15 Lösungen der Übungaufgaben
Unter Beachtung wk−1 = wk für den Eingangssprung findet man schließlich die rekursive Formel für die abgetastete Regelgröße:
xk =
1 − 0,5 ⋅ K IR ⋅ K PS ⋅ TA
2 ⋅ K IR ⋅ K PS ⋅ TA
⋅ x k −1 +
⋅ wk −1
1 + 0,5 ⋅ K IR ⋅ K PS ⋅ TA
1 + 0,5 ⋅ K IR ⋅ K PS ⋅ TA
Daraus folgt für die Kennwerte des Regelkreises:
xk =
1 − 0,5 ⋅ 2 s −1 ⋅ 8 ⋅ 0,05 s
1 + 0,5 ⋅ 2 s −1 ⋅ 8 ⋅ 0,05 s
⋅ x k −1 +
2 ⋅ 2 s −1 ⋅ 8 ⋅ 0,05 s
1 + 0,5 ⋅ 2 s −1 ⋅ 8 ⋅ 0,05 s
⋅ wk −1
bzw.
x k = 0,43 ⋅ x k −1 + 0,57 ⋅ wk −1
Die Sprungantwort wird berechnet, angefangen von x0 = 0 und w0 = 2. Daraus ergibt sich
das P-T1-Verhalten (Bild A.16):
x1 = 0,43 ⋅ 0,00 + 0,57 ⋅ 2 = 1,14
x 2 = 0,43 ⋅1,14 + 0,57 ⋅ 2 = 1,63
x(t)
2,0
1,0
x 3 = 0,43 ⋅1,63 + 0,57 ⋅ 2 = 1,84
x 4 = 0,43 ⋅1,84 + 0,57 ⋅ 2 = 1,93
0
2TA
x 5 = 0,43 ⋅1,93 + 0,57 ⋅ 2 = 1,97
x 6 = 0,43 ⋅1,99 + 0,57 ⋅ 2 = 1,99
4TA
6TA
t/s
Bild A.16 Sprungantworten zu
Aufgabe 11.1
Aufgabe 11.2
Der gegebene analoge I-Algorithmus wird zuerst differenziert
y (t ) = K I e(t )
und nach der Rechteckregel mit t = kTA unter folgendem Ansatz digitalisiert (Bild A.17):
y − yk −1
y (t ) ≈ k
TA
0.7
0.6
e
k
yk = yk −1 + K I TAek −1 ,
0.5
wonach die (yk)-Folge aus der gegebenen
0.4
y
(ek)-Folge ek = 2(kTA ) 2 berechnet wird.
k
0.3
0.2
0.1
0
0
e(t ) ≈ ek −1
0.2
0.4
0.6
0.8
1
Bild A.17 Ein- und Ausgangsfunktionen des
analogen und digitalisierten I-Algorithmus
Um das Ergebnis zu prüfen, kann man die
gegebene Eingangsfunktion als Step-Block
e = 4 mit dem nachgeschalteten Doppel-IGlied mit MATLAB/Simulink simulieren,
wie in Bild A.18 gezeigt ist. Die Begrenzung e(t) = 0,5 ist mit dem Block Saturation und die Abtastung mit Zero-Order-Hold
Blöcken berücksichtigt.
15 Lösungen der Übungsaufgaben
459
To Workspace
Sample time 0.1
e(t)
yk
Integrator 1
1
s
Zero -Order 1
sample time 0.5
Saturation
von 0 bis 0.5
1
s
Step e =4
Integrator 2
1
s
2
Ki=2
Integrator
Zero -Order
sample time 0.5
k
Clock
Zero -Order 2
sample time 0.5
To Workspace
sample time 0.1
Bild A.18 Simulation eines digitalisierten I-Reglers mit dem Eingangssignal e(t) = 2 t2. Die
Treppenfunktion (yk) = f(ek), erstellt mit dem MATLAB-Befehl stairs (k, yk), ist im Bild A.17
gezeigt. Für die kontinuierliche Funktion y(t) = f{e(t)} gilt der MATLAB-Befehl plot(k, yk).
Aufgabe 11.3
Die Differenzengleichung wird aus der Differentialgleichung nach dem Typ I für zwei Abtastschritte i = k und i = k − 1 abgeleitet:
TR
T k
y Rk − y Rk −1
+ y Rk = K PR e k + K PR A
ei
Tn i =1
TA
TR
T k −1
y Rk −1 − y Rk − 2
+ y Rk −1 = K PR ek −1 + K PR A
ei .
Tn i =1
TA


Daraus bilden wir den Zuwachs der Stellgröße beim Schritt k
Δy Rk = y Rk − y Rk −1
bzw.
 y − y Rk −1   y Rk −1 − y Rk − 2
 − 
TR  Rk
TA
TA

 
T
= K PR (ek − e k −1 ) + K PR A
Tn

  + Δy Rk =
 
k −1 
 k
 e −
ei .
i


i =1 
 i =1


Unter Beachtung
k

i =1
ei −
k −1
 ei = e k
i =1
und mit Bezeichnungen
Δy Rk −1 = y Rk −1 − y Rk − 2 und
Δe k = ek − e k −1
ergibt sich die Lösung aus der letzten Gleichung zu
460
15 Lösungen der Übungaufgaben
TR
(Δy Rk − Δy Rk −1 ) + Δy Rk = K PR Δek + K PR
TA
TA
ek .
Tn
Aufgabe 11.4
a) Nach analogem PI-Regelalgorithmus

1
y R (t ) = K PR e(t ) +
Tn


 e(t )dt 
erreicht die Stellgröße den Wert
yR = 6
zum Zeitpunkt t = 2,0 sec, wie aus der Sprungantwort für den Eingangssprung e0 = 2 ersichtlich (Bild A.19).
yR(t)
5
KPR⋅e0
4
Bild A.19
Sprungantwort des analogen PI-Reglers
3
2
KPR⋅e0
1
0
Tn
t /s
0,5 1,0 1,5
b) Der digitalisierte PI-Regelalgorithmus lautet:
y Rk = y Rk -1 + K PR (ek − ek −1 ) +
K PR TA
ek −1
Tn

 T
y Rk = y Rk -1 + K PR ek − 1 − A
Tn




ek −1  .


bzw.
Vor dem Eingangssprung ist k = 0 und ek-1 = 0, yk-1 = 0. Nach dem Sprung sind die abgetasteten Werte e0 = e1 =.. . = e4 = 2. Damit ergibt sich für die Stellgröße (Bild A.20):
yR0 = 0,00 + 1,5⋅(2 − 0,75⋅0) = 3,0
yR1 = 3,00 + 1,5⋅(2 − 0,75⋅2) = 3,75
yRk 6
5
yR4
4
3
2
1
0
yR0
yR1
TA
yR2
yR2 = 3,75 + 0,75 = 4,50
yR3
yR3 = 4,50 + 0,75 = 5,25
yR4 = 5,25 + 0,75 = 6,00
4TA
t /s
Bild A.20 Sprungantwort des digitalen PIReglers mit TA= 0,5 s
15 Lösungen der Übungsaufgaben
461
Aufgabe 12.1
Das MATLAB/Simulink-Programm des Regelkreises mit dem PI-Regler ist in Bild A.21 gezeigt. Der Regler hat gleiche Einstellung wie der Smith-Prädiktor in Bild 12.4.
Bild A.21 MATLAB/Simulink-Programm des Regelkreises mit dem „klassischen“ PI-Regler
Mit dem Befehl
plot (t, y)
wird die Sprungantwort ausgegeben, die in Bild A.22 dargestellt ist. Der Sprung der Führungsgröße w0 = 1 erfolgt zum
Zeitpunkt t = 5 s.
Aus dem Bild A.22 folgt, dass
der Regelkreis mit dem PIRegler instabil ist.
Bild A.22 Sprungantwort des Kreises mit PI-Regler zu Aufgabe 12.6
Aufgabe 12.2
Es werden alle vier Eingangswerte (0, 0), (0, 1), (1, 0) und (1, 1) nacheinander dem KNN vorgegeben.
Die Netzantwort y = 1 wird zur Klasse A und y = 0 zur Klasse B zugeordnet.
Die Lösung ist im Bild A.23 gezeigt. Daraus erkennt man sofort, dass das KNN die logische
Funktion XOR gelernt hat. Charakteristisch für die Mehrschicht-KNN ist die Klassifizierung
mit Hilfe von mehreren Geraden.
Das entsprechende MATLAB-Programm ist unten gezeigt.
x1 = 1; x2 = 1;
% Eingabe für Punkt (1, 1)
Av = − 6.4 * x1 − 6.4 * x2 + 2.2;
% Aktivierung des verdeckten Neurons
v = 1 / (1 + exp (− Av) );
% Ausgang des verdeckten Neurons
462
15 Lösungen der Übungaufgaben
Ay = −4.2 * x1 −4.2 * x2 − 9.4 * v + 6.3;
if Ay > 0
% Aktivierung des Ausgangsneurons
% Transferfunktion
y = 1;
% Klasse A
plot (x1, x2, ‘x’);
% Graphische Darstellung mit „x“-Zeichen
elseif Ay < 0
y = 0;
plot (x1, x2,’o’);
end
hold on
% Klasse B
% Graphische Darstellung mit “o”-Zeichen
% Ende der if-Blocks
% Die Grafik im Fenster halten
Bild A.23 Klasseneinteilung des trainierten KNN
Aufgabe 14.1
Die Sprungantwort (Bild A.24) des Regelkreises mit Übertragungsfunktion
G(s) =
K0
,
( s − s P1 )( s − s P2 )
mit
K0 = 0,041
sp1 = − 0,29
sp2 = − 0,11
ist nach dem folgenden Programm simuliert:
» z = [ ];
» p = [ − 0.29 −0.11 ];
Bild A.24 Sprungantwort eines P-T2-Gliedes
mit sp1 = − 0,29 und sp2 = − 0,11
» k = 0.041;
» [ num, den ] = zp2tf ( z, p, k ) ;
» step ( num, den, ’k’ )
15 Lösungen der Übungsaufgaben
463
Aufgabe 14.2
Nach MATLAB-Anweisungen
» pol = [ 0.1
0.6 1];
» roots(pol)
werden die Polstellen des Nennpolynoms ermittelt
ans =
−3.0000 +1.0000i
−3.0000 −1.0000i
und in das folgende Programm eingesetzt.
» z = [ ];
» p = [−3.0000+1.0000i
−3.0000 −1.0000i ];
» k = 0.4;
» [ num, den ] = zp2tf ( z, p, k) ;
» step( num, den )
Aufgabe 14.3
Zunächst wird die Übertragungsfunktion des PID-Reglers GR(s), wie in Beispiel 5.3. gezeigt, in
zwei PD-Glieder G1(s), G2(s) und ein I-Glied G3(s) zerlegt:
G R ( s ) = G1 ( s ) ⋅ G 2 ( s ) ⋅ G3 ( s ) = K PR
(1 + sTn′ )(1 + sTv′ )
.
sTn
Die Zeitkonstanten sind:
Tn′ = 7,24 s ; Tv′ = 2,76 s , Tn = Tn′ + Tv′ = 10 s .
Die Berechnung des Amplituden- und Phasenganges erfolgt nach folgenden Formeln:
absG1 = 20 lg G1 ( jω ) = 20 lg K PR + 10 lg [1 + (ωTn′ ) 2 ]
ϕ1 = arctan ωTn′
absG 2 = 20 lg G2 ( jω ) = 10 lg[1 + (ωTv′ ) 2 ]
ϕ 2 = arctan ωTv′
absG3 = 20 lg G3 ( jω ) = −20 lg(ωTn )
ϕ 3 = −π / 2 .
Der Verlauf des ermittelten Bode-Diagramms ist im Bild A.25 gezeigt. Die mit MATLABEditor manuell eingetragenen Asymptoten lassen die Ergebnisse auswerten. Der ω -Bereich von
10
−2 −1
s
bis 10
−1 −1
s
ist durch Eckfrequenzen ω E1 und ω E2 (Variablen omn, omv) unterteilt:
ω E1 = 1/ T’n = 0,138 s−1
ω E2 = 1/ T’v = 0,362 s−1.
−1
Der Amplitudengang des I-Gliedes soll die ω -Achse für KI0 = KPR/Tn = 2 s schneiden. Der
KPR-Wert kann aus 20⋅lg (KPR) = 26 dB ermittelt werden. Für ϕ (ω 0 ) = 0° wird
ω0 =
1
Tn Tv
= 0,223 s -1 und G R ( jω 0 ) = K PR .
464
15 Lösungen der Übungaufgaben
Das MATLAB-Programm ist unten gezeigt.
K = 20;
% Eingabe von Parametern
Tn = 7.24;
Tv = 2.76;
w = logspace(−2,1);
% ω-Bereich 10
omn = w*Tn;
% ω Tn
omv = w*Tv;
% ω Tv
omnv = w*(Tn+Tv);
% ω (Tn + Tv)
−2 −1
s
1 −1
bis 10 s
absG1 = 20*log10(K)+10*log10(1+omn.*omn) ; % Berechnung des Amplitudengangs
absG2 = 10*log10(1+omv.*omv);
absG3 = -10*log10(omnv.*omnv);
absG = absG1 + absG2+absG3;
subplot(211);
% Das erste Fenster öffnen
semilogx(w, absG); grid;
% Ausgabe des Amplitudengangs
subplot(212);
% Das zweite Fenster öffnen
phi1= atan(omn);
% Berechnung des Phasengangs
phi2=atan(omv);
phi3=-pi/2;
phi = phi1+phi2+phi3;
semilogx(w, phi*180/pi); grid;
ω E1
% Der Phasengang (in Grad)
K Io
ω0
ω E2
Bild A.25 Bode-Diagramm eines PID-Gliedes mit K PR = 20 ; Tn′ = 7, 24 s ; Tv′ = 2,76 s
Tabellen
465
Anhang
Rechenregeln der Laplace-Transformation
Satz
Rechenregel
∞
Definition der
LaplaceTransformation

L [ x(t )] = x( s ) = x(t ) ⋅ e − s t ⋅ dt
0
Linearitätssatz
L [a ⋅ x1 (t ) + b ⋅ x2 (t )] = a ⋅ L [ x1 (t )] + b ⋅ L [ x2 (t )]
Dämpfungssatz
L [e − a t ⋅ x(t )] = x( s + a) mit x(s) = L [ x(t )]
Differentiationssatz
 d n x(t ) 
L
=
n 
 dt 
= s n ⋅ L [ x(t )] − s n −1 ⋅ x(0) − s n − 2 ⋅ x (0) − ... − s ⋅ x ( n − 2) (0) − x ( n −1) (0)
t

1
L  x(τ ) ⋅ dτ  = ⋅ L [ x(t )]

 s
0


Integrationssatz
L [ x(t − τ )] = e − sτ ⋅ L [ x(t )] für τ ≥ 0
Verschiebungssatz
lim x(t ) = lim s ⋅ x( s)
Anfangswertsatz
t →0
s→∞
lim x(t ) = lim s ⋅ x( s)
Endwertsatz
t →∞
s→0
t
Faltungssatz
t


L [ x1(t )] ⋅ L [ x2 (t )] = x1 (τ ) ⋅ x2 (t − τ ) ⋅ dτ = x1 (t − τ ) ⋅ x2τ ⋅ dτ
0
Residuensatz für
eine n-fache
Polstelle in s = a
[
]
0
[
1
d n −1
Res G ( s ) e st s = a =
lim
( s − a ) n ⋅ G ( s) e st
(n − 1)! s → a ds n −1
S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1,
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2014
]
466
Anhang
Korrespondenztabelle
Nr.
f(s)
1
1
f(t)
(für t < 0 ist f (t) = 0)
∞ für t = 0
δ (t ) = 
0 für t ≠ 0
1
s
1
2
3
1
t n−1
(n − 1)!
sn
1
s +α
4
e−α t
1
1
s (s + α )
5
α
s
6
−
t
cos ω t
2
s +ω2
ω
7
(1 − e α )
sin ω t
s2 + ω 2
8
1
( s + α )(s + β )
e− β t − e−α t
α −β
9
1
für n > 0
(s + α )n
t n −1
⋅ e−α t
(n − 1)!
10
1
s (s + α )n
n −1
1  
(α t)v  − α t 
⋅e 
1 −
n
α   v = 0 v ! 

11

(
1
⋅ e s1 t − e s2 t
2w
1
s 2 + s ⋅ 2α + β 2
1
ω
s 2 + s ⋅ 2α + β 2
β
1
2
2
s ( s + s 2α + β )
( D < 1)
)
α


e −αt ⋅  cos ω t − ⋅ sin ω t 
ω


1
13
(
2
α
>1
β
D=
⋅ e − α t ⋅ sin ω t
1
⋅ s1e s1 t − s2 e s 2 t
2w
s
12
)
s
s


⋅ 1 + 2 ⋅ e s1 t − 1 ⋅ e s2 t 
2
w
2
w


D=
α
>1
β
( D < 1)
D=
α
>1
β
1 
α

⋅ 1 − (cos ω t + ⋅ sin ω t ) ⋅ e −αt  ( D < 1 )
ω
β 2 

In den Beziehungen 11, 12 und 13 ist: w = α 2 − β 2 ; ω = β 2 − α 2 ; s 1, 2 = − α ± w = − α ± j ω
Tabellen
467
Sätze der Laplace- und z-Transformation
Sätze
Kontinuierliche Systeme
Abtastung
∞
Faltung

y (t ) = x(τ ) g (t − τ ) dτ
y (nT ) =
z-Transformation
Laplace-Transformation
Transformation
f (s) =

f (t ) e − st dt = L [ f (t )]
∞
f ( z) =
Linearität
1
2πj
f (t ) =
 f ( s) e
st
ds
f (kT ) =
 f ( z) z
1
2πj
k-1
dz
= L-1 [ f ( s )]
= Z -1 [ f ( z )]
L [c1 f1 (t ) + c2 f 2 (t )]
Z [c1 f1( kT ) + c2 f 2 (kT )]
= c1 ⋅ f1 ( s ) + c2 ⋅ f 2 ( s )
= c1 ⋅ f1 ( z ) + c2 ⋅ f 2 ( z )
L [ f (t − a)] = f ( s ) ⋅ e − as
Verschiebungssätze
 f (kT ) ⋅ z −k = Z [ x(kT )]
k =0
0
Inverse
Transformation
 x(kT ) ⋅ g[(n − k )T ]
k =0
0
∞
∞
L [ x(t + a)]
Z [ f (kT − nT )] = f(z) ⋅ z − n
Z [ x(kT + nT )]
n −1
a
= [ f ( s) −

f (t ) e − st dt ] e as
= [ f ( z) −
 f (qT ) z −q ]z n
q=0
0
Dämpfungssatz
L [ f (t ) ⋅ e − st ] = f ( s + a )
Z [ f (kT ) ⋅ e − akT ] = f ( z ⋅ e aT )
Anfangswertsatz
f (+0) = lim s ⋅ f(s)
f (0) = lim f(z)
Wenn lim f (t ) existiert, dann ist
Wenn lim f (kT ) existiert, dann ist
Endwertsatz
s→∞
t →∞
lim f (t ) = lim s ⋅ f(s)
t →∞
s→0
∞
Stabilität

g (t ) dt < ∞
0
Alle Pole von G(s) in der linken
s-Halbebene
z →∞
k →∞
z −1
f ( z)
z →1 z
lim f (kT ) = lim
k →∞
∞

g (kT ) < ∞
k =0
Alle Pole von G(z) im Inneren des
Einheitskreises der z-Ebene
468
Anhang
Tabelle der Laplace- und z-Transformation
Für t < 0 ist f(t) = 0
Nr.
Funktion im
Zeitbereich
f (t)
Laplace-Transformierte
im Bildbereich
f (s)
1
1
1
s
z
z −1
t
1
Tz
2
s2
( z − 1) 2
3
t2
2
T 2 z ( z + 1)
s3
( z − 1) 3
4
t3
6
T 3 z ( z 2 + 4 z + 1)
s4
( z − 1) 4
n!
tn
5
s
n+ 1
Diskrete Laplace-Transformierte
nach z-Transformation
f (z)
∂n 
z

n
s1→ 0 ∂ s  z − e s1T
1
lim
− zT ⋅

 bzw.

∂
{Z [(kT ) n −1 ]}
∂z
z
6
e − at
1
s+a
z − e − aT
t ⋅ e − at
1
7
e − aT ⋅ Tz
( s + a) 2
( z − e − aT ) 2
t 2 ⋅ e − at
2
8
e − aT ⋅ ( z + e − aT ) T 2 z
( s + a) 3
( z − e − aT ) 3
n!
∂n 
z

∂ s1n  z − e s1T
9
10
n
t ⋅e
s1t
1 − e − at
( s − s1 ) n + 1
a
s ( s + a)



(1 − e − aT ) z
( z − 1)( z − e − aT )
Tabellen
469
Fortsetzung Tabelle der Laplace- und z-Transformation
Funktion im
Zeitbereich
f (t)
LaplaceTransformierte
im Bildbereich f (s)
11
at − 1 + e − at
a2
(aT − 1 + e − aT ) z 2 + (1 − aTe − aT − e − aT ) z
s 2 ( s + a)
( z − 1) 2 ( z − e − aT )
12
e − at − e − bt
b−a
( s + a )( s + b)
(e − aT − e − bT ) z
Nr.
Diskrete Laplace-Transformierte
nach z-Transformation
f (z)
( z − e − aT )( z − e − bT )
z
( a − b) +
+ be − at −
13
− ae − bt
ab(a − b)
s ( s + a)( s + b)
( z − 1)( z − e
− aT
)( z − e −bT )
⋅
⋅ {(a − b − ae −bT + be − aT ) z +
+ [(a − b)e −( a +b)T − ae − aT +
+ be −bT ]}
ab(a − b) ⋅ t +
14
+ (b 2 − a 2 ) −
− b 2 e − at +
ab(a − b)Tz
a 2 b 2 ( a − b)
s 2 ( s + a )(s + b)
+ a 2 e − bt
15
sin ω t
16
cos ω t
17
e − at sin ω t
18
e − at cos ω t
e
−
b2 z
z − e − aT
ω
2
s +ω
s +ω
z − e −bT
z − 2 z ⋅ cos ωT + 1
z ( z − cos ωT )
2
2
( s + a) + ω
2
z − 2 z ⋅ cos ωT + 1
z ⋅ e − aT ⋅ sin ωT
2
( s + a) + ω
z 2 − 2 z ⋅ e − aT ⋅ cos ωT + e − 2aT
z 2 − z ⋅ e − aT ⋅ cos ωT
s+a
⋅ cos(ω k T ) = (−e
a2z
2
ω
2
+
(b 2 − a 2 ) z
−
z −1
z ⋅ sin ωT
2
s
2
Spezialfall: ωT = π
− akT
( z − 1) 2
+
2
z 2 − 2 z ⋅ e − aT ⋅ cos ωT + e − 2aT
z
− aT k
)
z + e − aT
470
Anhang
Tabelle der wichtigsten Regelkreisglieder
Regelkreisglied
Differentialgleichung
Übertragungsfunktion
x (s)
G( s) = a
xe ( s)
Sprungantwort
xa
xa (t ) = K P xe (t )
P
GS ( s ) = K P
KP xe0
t
xa
P-T1
KP
1 + sT1
T1 x a (t ) + xa (t ) = K P xe (t )
T1
0,63 xa(∞)
KP xe0
t
T1T2 xa (t ) + (T1 + T2 ) x a (t )
KP
(1 + sT1 )(1 + sT2 )
+ xa (t ) = K P xe (t )
aperiodischer Verlauf bei D ≥ 1
mit D =
P-T2
1
β
2
xa (t ) +
2D
β
α
β
gedämpft schwingend
bei 0 < D < 1
xa (t ) = K I
s 2T22
=
Tu
xa
t
xm
+ sT1 + 1
KP xe0
KPβ 2
s 2 + s ⋅ 2α + β 2
KI
s
 xe (t ) dt
Tg
KP xe0
KP
e − sTu
1 + sTg
KP
x a (t ) + xa (t )
= K P x e (t )
I
≈
xa
t
xa
KI xe0
xe0
1/KI
I-T1
T1 x a (t ) + xa (t ) = K I
 xe (t ) dt
KI
s (1 + sT1 )
1
t
xa
KI xe0
T1
1
t
Tabellen
471
Ortskurve
Bode-Diagramm
Pol-NullStellenVerteilung
jω
⏐G⏐dB
Im
20 lgKP
KP
Re
Im
ω=0
KP
ω=∞
Re
ω
ωE = 1/T1
ϕ(ω)
⏐G⏐dB
s - Ebene
ω
σ
Beispiel
R1
xe
ϕ(ω)
jω
ω
20 lgKP
1/T1 -20 dB/Dek
σ
s1
xe
1
T1
D=0
0<D <1
D>1
⏐G⏐dB
20 lg KP
xa
T1= RC
ω
R1
σ
s2 s1
R2
xe C 1
C2
xa
ω=0
KP
- 40 dB/Dek
Re
1/T2
C
R
jω
∞
xa
0°
0°
-90°
Im
R2
ϕ (ω )
ω
0°
-90°
jω
ω
D=0
0<D<1
R
L
s1
D >1
σ
-180°
xe
xa
C
s2
⏐G⏐dB
Im ω = ∞
Re
-1 ω = KI
ω= ∞
ω =1/T1
Re
KI T1
ω=0
- 20 dB/Dek
0°
-90°
ω=0
Im
ϕ(ω)
-20 dB/Dek
0 dB
KI
-90°
-180°
s1
xe = n
σ
a = 1/ KI
⏐G⏐dB
ϕ( ω )
xa
jω
ω
KI
jω
ω
-40 dB/Dek
1/T1
s1
1
T1
s2
xe
σ
xa
472
Anhang
Fortsetzung Tabelle der wichtigsten Regelkreisglieder
Regelkreisglied
Differentialgleichung
Übertragungsfunktion
xa (t ) = K D x e (t )
s ⋅ KD
Sprungantwort
xa
D
1
ε
ε→0
t
xa
D-T1
s ⋅ KD
1 + sT1
T1 x a (t ) + x a (t ) = K D x e (t )
KD
x
T1 e0
T1
PI
PI-T1
xa (t ) =

1
= K P  x e (t ) +
T
n


 xe (t ) dt 
T1 x a (t ) + xa (t ) =

1
= K P  x e (t ) +
T
n



x e (t ) dt 


1 

K P 1 +
sTn 

t
xa
bzw.
KP xe0
1 + sTn
KP
sTn
KP xe0
K P (1 + sTn )
sTn (1 + sT1 )
Tn
xa
t
T1
KP xe0
KP xe0
Tn
t
xa
PD
xa (t ) = K P [xe (t ) + Tv x e (t )]
K P (1 + sTv )
KP xe0
t
xa
PD-T1
mit
Tv > T1
T1 x a (t ) + x a (t ) =
= K P [x e (t ) + Tv x e (t )]
1 + sTv
KP
1 + sT1
T
KP Tv xe0
1
T1
KP xe0
t
Tabellen
473
Ortskurve
Bode-Diagramm
1
KD
⏐G⏐dB
Im ω → ∞
ϕ(ω)
Re
ω=0
90°
0°
1/T1
0
ω
∞
Re
KD/T1
Im
Re
ω
KP
ω=0
Im
ϕ(ω)
⏐G⏐dB
ω
Im
KP
ω→∞
ω
ω=0
Re
ω
Im
0
1/T1
ω
∞
KPTV/T1
20 lgKP
1/Tn
σ
sN1
ω
T1= RC
1/T1
sN1
−20dB/Dek
ω
1/T1
1/Tv
90°
0°
σ
xa
+
xe
s1
s2
σ
jω
sN1
ω
σ
-
+
ω
ω
s1
1/Tv
xa
xa
TG
-
C
jω
1/T1
sN1
-
Rp
xe = α
1/Tv
+20dB/Dek
1/Tv 1/T1
R
C
+
20lgKP
M
1/Tn
+20 dB/Dek
ϕ(ω)
s1
xe=F
jω
20 lgKP
1/Tn
xa
1/Tn
20 lgKP
90°
0°
R
xe
sN1
1/T1
−20dB/Dek
⏐G⏐dB
ϕ(ω)
C
jω
dB
-20 Dek
⏐G⏐dB
KP
σ
s1
0°
-90°
0°
-90°
xe C
jω
+ 20 dB/Dek
ϕ(ω)
Re ⏐G⏐dB
T
KP (1− 1 )
Tn
ϕ(ω)
∞
sN1
ω
1/T1
90°
0°
ω=∞
i = xa
ω
1
KD
Beispiel
jω
ω
+ 20 dB/Dek
⏐G⏐dB
Im
Pol-NullStellenVerteilung
σ
xe
R1
R2
T1 = (R1⏐⏐R2)⋅C
xa
474
Anhang
Fortsetzung Tabelle der wichtigsten Regelkreisglieder
Glied
Differentialgleichung
Übertragungsfunktion
Sprungantwort
xa T
1
PP-T1 T x (t ) + x (t ) =
1 a
a
KP
= K P [x e (t ) + Tv x e (t )]
mit
Tv < T1
1 + sTv
1 + sT1
KP xe0
Tv
KP T xe0
1
t
Additive Form:


1
+ sTv 
K P 1 +
sTn


x a (t ) = K P x e (t ) +
PID
+ KP
1
Tn
xa
KP xe0
 xe (t ) dt
KP xe0
Multiplikative Form:
+ K P Tv x e (t )
K P′
Tn
(1 + sTn′ )(1 + sTv′ )
sTn′
t
Additive Form:
T1 x a (t ) + x a (t ) =
= K P x e (t )
1
+ KP
x e (t ) dt
Tn
+ K P Tv x e (t )
KP
s 2Tn Tv + sTn + 1
sTn (1 + sT1 )

PID-T1
xa
1
mit
 T′
K P = K P′ 1 + v
 Tn′
Tn = Tn′ + Tv′
T ′T ′
Tv = n v
Tn′ + Tv′
Tt



xa (t ) = x e (t − Tt )
T
KP T v xe0
KP xe0
KP xe0
t
T1
Tn
Multiplikative Form:
K P′
(1 + sTn′ )(1 + sTv′ )
sTn′ (1 + sT1 )
G(s) = e
− sTt
xa
xe0
Tt
t
Tabellen
475
Ortskurve
Bode-Diagramm
⏐G⏐dB
Im
∞
ω
0
1/T1
ϕ(ω)
⏐G⏐dB
KP
ω
-20dB/Dek
1/Tv
90°
0°
-90°
KPTv/T1
ω
Re
KP(1-T1/Tn)
Im
ω
Re
σ
-20dB/Dek
+20
ω
1/Tn
1/Tv 1/T1
ω
⏐G⏐dB
ω
0°
-90°
-180°
jω
ω
90°
0°
-90°
ϕ(ω)
C
1/Tt π/Tt
-57,3°
1
T1
s2
jω
1
Tv′ σ
1
Tn′
jω
s1
sN1
σ
sn
sNn
−
xe
+
xa
...
...
...... x
xa
.. e
l
... ... ....
........ .... ....
v
Tt = l / v
......
ω=0
1
Tv′
xa
..
1
ϕ(ω)
R2
xe
1
Tn′
20 lgKP
KP
σ
s1
sN1 1
+20
ω
1/Tn
ϕ(ω)
⏐G⏐dB
R1
T1
20 lgKP
Re
Im
ω
1/T1 1/Tv
0°
-90°
KP
Im
1 jω
Tv
-20dB/Dek
20lgKP
KPTV/T1
Beispiel
Pol-Nullstellen
476
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[148] Zacher, S. (Hrsg): Automatisierungstechnik kompakt, Verlag Vieweg, Braunschweig /
Wiesbaden, 2000
[149] Zacher, S.: SPS-Programmierung mit Funktionsbausteinsprache, VDE-Verlag, Berlin /
Offenbach, 2000
[150] Zakharian, S.; Ladewig-Riebler, P.; Thoer, S.: Neuronale Netze für Ingenieure, Arbeitsbuch für regelungstechnische Anwendungen, Verlag Vieweg, Wiesbaden, 1998
[151] Zastrow, F.; Werner, J.-H.: Messen, Steuern und Regeln mit dem Personal Computer,
expert-Verlag, 1994
[152] Zimmermann, H.-J.; von Altrock, C.: Fuzzy-Logic, Verlag R. Oldenbourg, München, Band
II, 2002
483
English-German Symbols Directory
A
area, cross-section, crosssectional area, magnitude
Fläche, Querschnitt, Amplitude
AR
gain margin
Betragsreserve (Amplitudenreserve)
a0, a1...
coefficients of differential
equations and transfer
functions (for output)
damping factor
Koeffizienten von Differentialgleichungen und Übertragungsfunktionen
(bezogen auf Ausgangsgröße)
Dämpfungskonstante
b0, b1...
coefficients of differential
equations and transfer
functions (for input)
Koeffizienten von Differentialgleichungen und Übertragungsfunktionen
(bezogen auf Eingangsgröße)
C
capacitor, concentration
Kapazität, Kondensator, Konzentration
C0
binding factor, coefficient,
integration constant
Koppelfaktor, Koeffizient,
Integrationskonstante
c
spring constant,
specific heat
damping, determinant
Federkonstante, spezifische Wärme
b
D
d
Dämpfungsgrad, Determinante
e
thickness, reference output
of neuron
output error of an artificial
neural network
error, control deviation
Fehler eines künstlichen neuronalen
Netzes
Regeldifferenz
e(∞)
retained error
bleibende Regeldifferenz e(t) bei t → ∞
F
force
Kraft
f
function, frequency
Funktion, Frequenz
G
compliance degree of a
fuzzy-rule, also matrix
Erfüllungsgrad einer Fuzzy-Regel,
auch Matrix
G(jω)
|G(jω)|
frequency response and its
absolute value
Frequenzgang und dessen Betrag
|G(jω)|dB
amplitude response of
bode-plot in decibel
Amplitudengang im Bode-Diagramm
in Dezibel: |G(jω)|dB = 20⋅log|G(jω)|
G(s)
transfer function
Übertragungsfunktion
E
Dicke, Sollwert eines Neuronausgangs
484
English-German Symbols Directory
G(z)
z-transfer function
z-Übertragungsfunktion
Ggesch(s)
closed-loop transfer
function
Übertragungsfunktion des geschlossenen
Kreises
GH(s)
transfer function of hold
Übertragungsfunktion des Haltegliedes
GHS(z)
z-transfer function of
a plant with the hold
z-Übertragungsfunktion einer Strecke
mit dem Halteglied
G0(s)
open loop transfer function
Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises
GM(s)
desired closed-loop
transfer function
Übertragungsfunktion des gewünschten
Regelverhaltens
GR(s)
controller’s transfer
function
Übertragungsfunktion der Regeleinrichtung
GS(s)
plant’s transfer function
Übertragungsfunktion der Regelstrecke
Gvorw(s)
feed-forward transfer
function
Übertragungsfunktion des Vorwärtszweigs
Gw(s)
closed-loop transfer function by reference step
Führungsübertragungsfunktion
Gz(s)
closed-loop transfer function by disturbance step
impuls response,
gravitational constant
Störübertragungsfunktion
H
height, level,
magnetizing force
Höhe, Füllstandshöhe,
magnetische Feldstärke
h
Abstand, Höhe (Abweichung vom
Arbeitspunkt), Übergangsfunktion
I
distance, height (deviation
from operating point),
transient response
unit matrix
Einheitsmatrix
i
electric current
Strom
ia
armature current
Ankerstrom
ie
field current
Erregerstrom
J
inertial torque
Massenträgheitsmoment
j
imaginary unit
imaginäre Einheit j = − 1
g
Gewichtsfunktion, Erdbeschleunigung
English-German Symbols Directory
485
K
gain, coefficient, factor,
constant
Übertragungsbeiwerte, Koeffizienten,
Konstante
KD
differentiation transfer
factor
Differenzierbeiwert
KI
integration transfer factor
Integrierbeiwert
Kkr
critical gain
kritischer Proportionalbeiwert
K0
gain of the open loop
Kreisverstärkung
KP
gain
Proportionalbeiwert
KPR
controller gain
Proportionalbeiwert des Reglers
KPr
gain of smith-predictor
Proportionalbeiwert des SmithPrädiktors
KPS
plant’s gain, transfer factor
Proportionalbeiwert der Strecke
KPw
gain of the closed loop by
reference response
Proportionalbeiwert des geschlossenen
Kreises (Führungsverhalten)
KPSy
transfer factor of the plant
(gain) by input step
Proportionalbeiwert der Strecke beim
Stellverhalten
KPSz
transfer factor of the plant
(gain) by disturbance step
Proportionalbeiwert der Strecke beim
Störverhalten
KS
transfer factor (gain) of the
plant
Übertragungsbeiwert der Strecke
k
heat transmission
coefficient, also constant
power, performance,
inductivity, also lenght
Wärmedurchgangszahl, Konstante
L[...]
Laplace-transform of [...]
Laplace-Transformierte von [...]
l
length
Länge
M
mass, weight, also torque
Masse, Moment
m
order of numerator’s
polynomial, also mass
Ordnung des Zählerpolynoms der
Übertragungsfunktion, Masse
N
number of turns of
a winding
Windungszahl einer Wicklung
N(s)
denominator’s polynomial
Nennerpolynom
N ( xˆe )
discribing function
Beschreibungsfunktion
L
Leistung, Induktivität, Länge
486
English-German Symbols Directory
n
revolutions per minute
(RPM), also number of
halfwaves, degree of
transfer function
Drehzahl, Anzahl von Halbwellen,
Ordnung der Übertragungsfunktion
ni
number of zero-poles
Anzahl der Pole auf der imaginären
Achse
nl
number of negativ poles
Anzahl der Pole in der linken s-Ebene
nr
P
number of positiv poles
Anzahl der Pole in der rechten s-Ebene
power, pressure
Leistung, Druck
P(w)
w-characteristic polynomial (in w-domain)
Polynom der charakteristischen
Gleichung im w-Bereich
P(z)
z-characteristic polynomial
(in z-domain)
Polynom der charakteristischen
Gleichung im z-Bereich
Pe
electrical heating power
elektrische Heizleistung
p
pressure, also pole
Druck, Polstelle
Q
heat quantity, flow intencity, performance index
Wärmemenge, Durchflußmenge,
Güteindex
Qabs
integral of absolute error
Betrag der linearen Regelfläche
QITAE
intergral of time multiplied
by absolute error
zeitgewichtete Betragsfläche
Qlin
integral of error
lineare Regelfläche
Qsqr
q
R
intergral of quadratic error
quadratische Regelfläche
flow
resistor, also gas constant
RF
r
static error ratio
Durchfluss
elektrischer bzw. magnetischer
Widerstand, Gaskonstante
statischer Regelfaktor
radius
Radius
S0, S1...
intersection points of
Nyquist- or Bode plot
Schnittpunkte der Ortskurve bzw.
des Bode-Diagramms
s
complex variable
komplexe Variable s = σ+jω
sN
zero
Nullstelle
sP
T
pole
Polstelle
time constant, period
(lenght, duration)
Zeitkonstante, Periodendauer
English-German Symbols Directory
487
TA
sample data period,
scan period
Abtastzeit
Tan , Taus
rise time, settling time
Anregelzeit, Ausregelzeit
TE
equivalent time constant
Ersatzzeitkonstante
Te
period duration of
oscillations
Schwingungsperiode
Tg
time delay of the plant
Ausgleichszeit
TI
integration time constant
Integrierzeit
Tn
reset time
Nachstellzeit
TR
time delay of controller
Verzögerungszeitkonstante des Reglers
Tt
dead (delay) time
Totzeit
Tu
dead time of the plant
Verzugszeit
Tv
t
derivative time, rate time
time
Vorhaltzeit
Zeit
ta
time when off
Ausschaltzeit
te
time when on
Einschaltzeit
tw
turning point’s coordinate
Koordinate des Wendepunktes
t10, t50…
time percentage points of
steady output’s state value
(10%, 50% …)
Zeitpunkte für die Regelgröße von
10%, 50% ... stationäres Wertes
U
voltage
Spannung
u
voltage deviation from
operating point
uD
amplifier differential input
mode
valve, volume, also gain
zeitlich veränderliche Spannung (Abweichung vom Arbeitspunkt)
Differenzspannung des Operationsverstärkers
V
Ventil, Volumen, Verstärkungsgrad
V(s)
MIMO transfer function
in V-canonical form
Übertragungsfunktion einer Mehrgrößenstrecke in V-kanonischer Struktur
v
velocity, also output of
hidden neuron
Geschwindigkeit, Ausgang verdecktes
Neurons
W
weight of neuron
Gewicht eines Neurons
488
English-German Symbols Directory
w
reference signal, set-point,
bilinear transform operator
Führungsgröße, Sollwert, Operator der
bilinearen Transformation
w0
reference step value
Höhe des Sollwertsprungs
X
controlled variable, plant
output, also distance
Regelgröße, Weg
Xh
controller ranges
Regelbereich
x
Regelgröße (Abweichung vom
Arbeitspunkt), Weg
x(t)
controlled variable (deviation from operating point),
distance
step response
Sprungantwort
x(∞)
steady state value
Beharrungswert bei t → ∞
xa
output
Ausgangsgröße (allgemein)
x̂ a
output magnitude
Amplitude der Ausgangsgröße
xB
saturation margin (zone)
Sättigungszone
xE
final value
Endwert
xe
input
Eingangsgröße (allgemein)
xe0
input step
Eingangssprung
x̂ e
input magnitude
Amplitude der Eingangsgröße
2xL
hysteresis (width)
Hysteresebreite
xMA
average deviation
Mittelwertabweichung
xm
overshoot (peak)
Überschwingweite
2x0
oscillation margin (width)
Schwankungsbreite
xr
feedback (signal)
Rückführgröße
xs
set-point
Sollwert
xt
dead zone
tote Zone
x50
time-percentage characteristic
actuating ranges
Zeit-Prozentkennwert
Yh
Y0
actuating signal in
operating point
Stellbereich
Stellgröße im Arbeitspunkt
English-German Symbols Directory
489
y
actuating signal
Stellgröße
yR
controller output,
also average (value)
Stellgröße am Ausgang der Regeleinrichtung, Mittelwert
yR (t )
average of pulse
Mittelwert der Impulsfunktion yR(t)
Z
disturbance, impedance
Störgröße, auch Impedanz
Z0
Störgröße im Arbeitspunkt
Z [...]
disturbance in operating
point
z-transform of [...]
Laplace-Transformierte von [...]
Z(s)
numerator polynomial
Zählerpolynom
z
disturbance, complex operator of z-transform, zero
using MATLAB
disturbance step value
Störgröße, komplexe Variable bei
z-Transformation, Nullstelle bei
MATLAB-Anwendungen
Höhe des Störsprungs
z0
Greek characters
α
ring out factor, activity,
scaling factor, angle
Abklingkonstante, Aktivierung, Skalierungsfaktor, Winkel
β
characteristic angular frequency, frequency of undamped system, also time
scaling, neuron activity
Kennkreisfrequenz, Kreisfrequenz des
ungedämpften Systems, Zeitskalierungsfaktor, auch Aktivierung eines Neurons
γ
specific weight
spezifisches Gewicht
Δ
deviation
Kennzeichnung von Größenänderung
δ
pulse, impulse response
Impulsfunktion
η
toughness of gas,
also learning factor
Zähigkeit von Gasen,
auch Lernschrittkonstante
ϑ
temperature
Temperatur
λ
roots of homogenious
differential equation
Wurzel der homogenen Differentialgleichung, Wärmeleitfähigkeit
μ (...)
ρ
membership function
Zugehörigkeitsfunktion
density
Dichte
σ
unit step
Einheitssprung
τ
time
Zeit
490
English-German Symbols Directory
υ
number of intersections
of Nyquist- or Bode-plot
Anzahl der Schnittpunkte der Ortskurve
bzw. des Phasengangs
ĭ
heat flow, flow,
also field current
Wärmestrom, Fluss,
auch Erregerfluss
ϕ
angle, phase shift
Winkel, Phasenverschiebungswinkel
ϕ Rd
phase margin
Phasenreserve
ϕ (ω)
phase response
Phasengang
ω
angular frequency
Kreisfrequenz, Winkelgeschwindigkeit
ωd
crossover (angular)
frequency
Durchtritts(kreis)frequenz
ωE
break angular frequency
Eck(kreis)frequenz
ωe
mode angular frequency
Eigenkreisfrequenz
ω kr
critical angular frequency
kritische Kreisfrequenz
Subindexes
A
armature-
Anker-
a
outflow-, propagation-
Abfluss- , Ausbreitung-
akt
current value
aktueller Wert
C
spring- , capacitor-
Feder- , Kondensator-
D
damper-, differentiating-
Dämpfer- , Differenzier-
G
weight-
Gewicht-
HT
higher-lower
Höher-Tiefer
M
motor-, torque-
Motor- , Moment-
loop-performance „with
controller“ / „without controller“
„mit Regler“/ „ohne Regler“-Verhalten
n, p
negative, positive
negativ, positiv
0
initial point, operating
point, open loop, no load
Anfangspunkt- , Arbeitspunkt- , aufgeschnittener (offener) Kreis, Leerelauf
TG
tachogenerator-
Tachogenerator-
W
water-
Wasser-
m.R. / o.R.
491
Fachwörter Deutsch-Englisch
A
Abfluss
outflow
Abgas
waste gas
Abgeleitete Funktionsbausteine
derived functionsbloks
Abklingkonstante
ring out (fade out) factor
Abkühlung
cooling, refrigeration
Abkühlungskurve
cooling curve
Ableitung (Zeitableitung)
derivative (time derivative)
abschalten
cut off, disable, deactivate, switch off
Abschaltkurve
power down curve
Abstand
distance
Abtast- und Halteglied
sample & hold
Abtastfrequenz
sampling rate, sampling frequency
Abtastzeit
sampled-data period (time), scan period
Abweichung
deviation
A/D-Wandler
A-to-D converter, analog/digital converter
aktueller Wert
current value
Allpass
all-pass
Amplitude
magnitude, amplitude
Amplitudengang
magnitude plot, amplitude response
Amplitudenreserve
gain margin
Anfangsbedingung
initial condition
Ankerstrom
armature current
A-Netz
action-network
Anregelzeit
rise time
Antenne
antenna
Anti-Windup-Maßnahme
anti-windup arrangement
Antrieb
drive
Anzahl
number
aperiodisch
aperiodic
Arbeitspunkt
operating point
aufgeschnittener Regelkreis
open (control) loop
Auflösung (digital)
resolution (digital)
492
Fachwörter Deutsch-Englisch
equalization, compensation
Ausgleich
Ausgleichszeit
equalizing (compensating) time
Ausregelzeit
settling time
ausschalten
turn off, disconnect, switch off
B
Begrenzung
limitation, restriction
Beharrungswert
steady-state value
Beharrungszustand (Ruhelage)
equilibrium state
Beiwert
coefficient
Beschreibungsfunktion
describing function
Betrag
absolute value
Betragsoptimum
optimum magnitude
Beobachter
observer
Bildbereich
complex variable domain
bleibende Regeldifferenz
retained error, steady state error
Bode-Diagramm
bode-plot
Brückenschaltung
bridge circuit
C
CAE
Computer-Aided-Engineering
charakteristische Gleichung
characteristic equation
charakteristisches Polynom
characteristic polynomial
D
Dämpfung
damping
Dämpfungsgrad
damping factor
D-Anteil
derivative term
D/A-Wandler
D-to-A converter, digital/analog converter
Datenaustausch
data interchange
Dauerschwingung
undamped oscillation
Defuzzifizierung
defuzzification
Dekade
decade
Determinante
determinant
Dezibel
decibel
Dicke
thickness
Fachwörter Deutsch-Englisch
493
Differentialgleichung
differential equation
Differenzierungsbeiwert
differentiation coefficient
Drehmoment
torque
Drehzahl
revolutions per minute, RPM
Drehzahlregelung
revolution (speed) control
Dreieck-Zugehörigkeitsfunktion
triangle membership function
Dreipunktregler
three-step controller
Drossel (induktiv.)
inductor
Drosselklappe
choke flap
Druck
pressure
Dynamik
dynamic
Durchfluss
flow
Durchflußmenge
flow intencity
Durchmesser
diameter
Durchtrittsfrequenz
crossover frequency
Düse
nozzle
E
Eckfrequenz
corner frequency
Eigenfrequenz
oscillation frequency
Eigenvorgang
mode
Eingangsfunktion
input function, immitanz
Eingangsgröße
input (quantity immitanz) variable
Einheitsimpuls
unit discrete pulse
Einheitskreis
unit circle
Einheitsmatrix
unit matrix
Einheitssprung
unit step
Einschwingvorgang
building-up transient
Einstellung
tuning
elektronischer Verstärker
electronics amplifier
Empfindlichkeit
sensivity
Endwert
final value
E-Netz
emulator network
Entkopplungsmatrix
decoupling matrix
Entwurf
design
Erdbeschleunigung
gravitational constant, acceleration of
gravity,
494
Fachwörter Deutsch-Englisch
compliance (degree)
Erfüllungsgrad
Erfüllungsgrad von Fuzzy-Regeln
compliance degree of fuzzy-rules
Erregerkreis
field (energizing) circuit
Erregerstrom
field current
Ersatzzeitkonstante
equivalent time constant
Erwärmungskurve
heating curve
F
Faltungssatz
convolution theorem
Farbstoff
colorant
Feder
spring
Federkonstante
spring constant
Federkraft
spring-damping system
Feder-Dämpfer-System
spring force
Fehler
error
Fehlerdiagnose
fault diagnosis
Fehlerkorrektur
error correction
Festwertregelung
set-value control, fixed command control
Fläche
area
Flüssigkeit
liquid
Folge
sequence, progression
Folgeregler
follow-up (tracking, servo) controller
Fourier-Transformation
Fourier transform
Frequenz
frequency
Frequenzbereich
frequency domain
Frequenzgang
frequency response
Frequenzkennlinie
frequency characteristic
Funktionsbausteinsprache (FBS)
functions block diagram (FBD)
Funktionsbausteine
elementary functions blocks
Führungsgröße
reference signal (value), set-point
Führungsregler
master controller
Führungsübertragungsfunktion
reference transfer function
Führungsverhalten
reference performance, common response
Füllstandshöhe
filling level
Funktion
function
Fuzzy-Regel
fuzzy rule
Fachwörter Deutsch-Englisch
495
G
Gegenkopplung
negative feedback
Generator
generator
Storm-
electric generator
Wechselstrom-
as generator
Gleichstrom-
dc generator
Geschwindigkeitsalgorithmus
rate (velocity) algorithm
Gewicht
weight
Gewichtsfunktion
impulse response
Gewichtskoeffizient
weight factor
Gleichgewicht
equilibrium
Gleichstrom
dc (direct current)
Grenze
limit, bound
Grenzfall
borderline case, worst case
Grundlast
base load
Grundstrukturen
framework, basic structure
Güte
Q-factor, quality
Güteindex
performance index
Gütekriterium
control criterion
H
Halbwelle
halfwave
Halteglied
hold
Handregelung
manual control
Hauptregelkreis
main control loop
Heizleistung
heatpower
Hilfsregelgröße
objective (secondary) controlled variable
HIL-Simulation
hardware-in-the loop simulation
Hintereinander
in-line
Hintereinanderschaltung
series connection
Höhe
height
Höher-Tiefer Taster
high-low pushbutton
Hurwitz-Stabilitätskriterium
Hurwitz stability criterion
hydraulischer Regler
hydraulic controller
496
Fachwörter Deutsch-Englisch
I
I-Glied
I-type system
imaginäre Einheit
imaginary unit
Impuls
pulse
Inferenz
inference
Integralkriterien
integrated criterion
Integrationskonstante
integration constant
Integrator
integrator
I-Regler
integral controller
ITAE
integral of time multiplied absolute value
of error
K
kanonische Form
canonical form
Kapazität
capacitor
Kaskadenregelung
cascade (sequence) control
Kenngröße
characteristic
Kennkreisfrequenz
characteristic (identifications) angular frequency
Kennlinie
characteristic, diagram, graph
statische
static response
der Regelstrecke
characteristic curve of the plant
des Reglers
characteristic curve of the controller
Kennwert
characteristic (quantity), parameter
Knickfrequenz
break point frequency
Kompensation
compensation, pole-zero cancellation
vollständige
complete compensation
phasenanhebende
lead compensation
phasenabsenkende
lag compensation
komplexer Regelfaktor
complex error ratio
Kondensator
capacitor
Konfigurierung
configuration
Konzentration
concentration
Koppelstrecke
coupling block
Koppelfaktor
coupling factor
Fachwörter Deutsch-Englisch
497
Korrekturglied
compensator
Korrespondenztabelle
correspondence table
Kraft
force
Kreisfrequenz
angular frequency
Kreisverstärkung
(closed) loop gain
kritisch
critical
Künstliche Neuronale Netze (KNN)
artificial neural networks (ANN)
L
Lageregelung
position control
Laplace-Operator
laplacian
Last
load
Lastmoment
load torque
Leistung
power, performance
Leistungsverstärker
power amplifier
Lernschrittweite
learning constant
Linearisierung
linearization
graphische-
graphical
analytical
analytischeLinearität
linearity
linguistische Variable
linguistic variable
LSB
least significant bit
LZI-Glied
linear-timeinvariant block (LTI)
M
Magnetschwebekörper
body floating in magnet field
Masse
mass, weight
Massendurchfluss
mass flow
Massenträgheitsmoment
inertial torque, moment of inertia
maximale Überschwingweite
maximum overshoot
Mehrgrößenregelung
multivariate control
Menge
sets
scharfe
unscharfe
sharp
fuzzy
Messfühler
sensor, measuring set, measuring device
minimalphasiges System
minimumphase system
498
Fachwörter Deutsch-Englisch
Mischbehälter
mixture container
Mitkopplung
positive feedback
Mittelwert
average (value)
Motor
engine
N
Nachstellzeit
reset time
Näherung
approximation
Nebenprodukt
byproduct
Nennlast
nominal load
Netz
network
Netzanschluss
power connection
Nichtlinearität
nonlinearity
Nivea
level
Normalform
(controllable, normalized) standard form
Normiert
normalized
Notausschalter
emergency switch
Nullstelle
zero
Nyquist-Stabilitätskriterium
Nyquist stability criterion
O
obere Grenze
upper limit
obere Kante
top edge
oberer Speicherbereich
high memory
Oberfläche
surface
Ofen
stove
ohmischer Widerstand
ohmic resistor
Ohmsches Gesetz
Ohm’s low
Ölkühlung
oil cooling
Ordnung
order
OPC-Server
open process control server
Operationsverstärker
op amp (operational amplifier)
Optimierung
optimization
Ortskurve
locus, Nyquist-plot, Nyquist-contour
Fachwörter Deutsch-Englisch
499
P
Parallelschaltung
parallel connection
Partialbruchzerlegung
partial fraction expansion
Pendel
pendulum
Periodendauer
period duration, period length
P-Glied
type 0 system
phasenabsenkendes Korrekturglied
lag compensator
phasenanhebendes Korrekturglied
lead compensator
Phasengang
phase response, (Bode) phase plot
Phasenreserve
phase margin
Phasenverschiebung
phase shift, phase deviation
Phasenwinkel
phase angle
PD-Regler
PD controller (proportional-plus-derivativ)
PID-Regler
PID controller (proportional-plus-integralplus-derivative controller)
PI-Verhalten
proportional-plus-integral performance
P-kanonische Struktur
P-canonical form
pneumatisch gesteuert
pressure operated
pneumatischer Regler
pneumatic controller
Polpaar konjugiert
conjugate pole paar
Polstelle
pole
Polstellenverteilung
pole points distribution, partitioning
Polynom
polynomial
Positionsregelung
position control
P-Regler
proportional controller
Produktionssystem
manufacturing system
Proportionalbeiwert
gain
Q
quer
cross
Querschnitt
cross-section
Quecksilber
mercury
Quecksilbersäule
mercury column
Quadrat
square
Quadratfunktion
quadratic function
500
Fachwörter Deutsch-Englisch
Qualität
quality
Quelldatei
source file
R
Rampenfunktion
ramp function, speed-of-response
Raumtemperatur
environmental temperature
Rauschen
noise
Reaktionskessel
reactive boiler
Reaktor
reactor
Rechteckregel
rectangle rule
Rechteck-Zugehörigkeitsfunktion
rectangle membership function
Regelabweichung
control deviation
Regelalgorithmus, digitaler
control algorithm, digital
Regelbarkeit
settability
Regelbasis
rule base
Regeldifferenz
error
Regeldifferenz, bleibende
(permanent) retained error
Regeleinrichtung
controller
Reglereinstellung
tuning (of controller)
Regelfaktor
error ratio
komplexer
complex error ratio
reeller / statischer
real /static error ratio
Regelfläche
performance index, (control area)
Regelgröße
controlled variable, also plant output
Regelkreis, digitaler
closed loop, digital
Regelstrecke
plant
Regelstrecke, instabile
plant, unstable
Regelung
feedback control, process control
Regelung, neuronale
neural control
Regelung, quasikontinuierliche
quasi continuous control
Regelverhalten
loop performance
Regler
controller
Reihenschaltung
series connection
Relais
relay
Resonanz
resonance
Rückführung
feedback
Fachwörter Deutsch-Englisch
501
S
Sättigung
saturation
Satz
theorem
Schaltdifferenz
hysteresis
Schalter
switch
Scheibe
disk
Schnittfrequenz
crossover frequency
Schwebekörper
floating field
Schwellenwert
threshold value
Schwingungsversuch
oscillating experiment, try
Sicherheit
safety, security
Skalierung
scaling
Spannung
voltage
spezifisches Gewicht
specific weight
spezifische Wärme
specific heat
Sprungantwort, - funktion
step response, step function
Stabilität
stability
Stabilitätsgebiet
stability domain
Stabilitätsgrenze
stability bound
Stabilitätskriterium
stability criterion
Standardfunktion
standard function
stationäres Verhalten
steady-state response
statische Kennlinie
static diagam, input-output description
Stellglied
actuator, final control element
Stellgröße
actuating signal (variable), also plant input
Stellungsalgorithmus
stand (position) algorithm
Stellverhalten
actuator-input behaviour
Steuerbarkeit
controllability
Steuerung
open loop control, feedforward control
Störgröße
disturbance
Störgrößenaufschaltung
disturbance attenuation
Störgrößenvorregelung
disturbance feed-forward rejection
Störübertragungsfunktion
disturbance transfer function
Störverhalten
disturbance response (performance)
Strom
electric current
Symmetrisches Optimum
symmetric optimum
502
Fachwörter Deutsch-Englisch
T
Taktgeber
timing generator
Taster
pushbutton
Temperaturregelung
temperature control
Thermoelement
thermocouple
Tiefpassfilter
lowpass filter
Toleranzbereich
tolerance range
Totzeit
dead time, time delay, latency
Trägheitsmoment
inertial torque
Trapezregel
trapezium rule
Treppenkurve
staircase curve, step curve
U
Übergangsfunktion
transient response
Überlagerungsprinzip
superposition principle
Überlauf
overflow
Überschwingung
overshoot
Überschwingweite
overshoot width, peak
Übersetzungswerte
translation, turns ratio
Übertragungsfunktion
transfer function
gewünschte-
desired transfer function
des Korrekturgliedes
correcting term transfer function
Umrichter
converter
unstetige Regelung
discontinuity control
V
Variable
linguistische
variable
linguistic variable
Ventil
valve
Vermaschte Regelung
mesh control
Vereinfachung
simplification, aggregation
Vergleichsstelle
comparison block
Verhalten
performance, response, behaviour
Verstärker
amplifier
Verstärkungsfaktor des offenen Kreises
open loop gain
Fachwörter Deutsch-Englisch
503
verdeckte Neuronen
hidden neurons
Verzögerung
delay
Verzugszeit
delay time
V-kanonische Struktur
V-canonical form
Vorhaltzeit
rate time, derivative time
Vorwärtszweig
feed-forward path
Vorzeichenumkehr
sign inversion
W
Waage
balance
Wandler
converter, transducer
Wahrscheinlichkeit
probability
Wärmeaustauscher
heat exchanger
Wärmedurchgangszahl
heat transmission coefficient
Wärmemenge
heat quantity
Wärme, spezifische
specific heat
Welle (mech)
shaft
Welle (Schwingung)
wave
Wendepunkt
inflection point, turning point
Wendetangente
inflection point tangent
Werkstück
workpiece
Werkzeugmaschine
machine tool
Wert
value
Wicklung
winding
Widerstand (elektr.)
ohmic resistor
Windungszahl
number of turns
Winkel
angle
Winkeländerung
angle alteration, modification
Winkelgeschwindigkeitsregelung
angular velocity control
Winkelregelung
angle control
Wirkungsplan
block-diagram
Umformung
transformation of block diagram
Vereinfachung
simplification, aggregation
Wirkungsweg
action path
offener
open
geschlossener
closed
Wurzelortskurve
root locus
504
Fachwörter Deutsch-Englisch
Z
Zähigkeit
toughness
Zähler / Nenner
numerator / denumerator
Zählerpolynom
numerator polynomial
z-Bereich
z-domain
z-Ebene
z-plane
Zeiger
pointer
Zeitbereich
time domain
Zeitkonstante
time constant
Zeit-Prozentkennwert
time-percentage characteristic
Zeitverhalten
time-response
Zentrifugalregulator
centrifugal controller
z-Übertragungsfunktion
z-transfer function
Zugehörigkeitsfunktion
membership function, fuzzy sets
Zustand
state
Zustandsraum
state space
Zustandsregelung
state space control
Zustandsrückführung
state feedback
Zustandsvariable
state space variable
Zweipunktregler
two-point controller
Zweitanksystem
two tank system
Zykluszeit
cycle time
505
Sachwortverzeichnis
A
Abklingkonstante 65, 66
Abkühlungskurve 297, 298
Abschaltkurve 302
Abtaster 321, 326, 348, 439
Abtast-/Halteglied 321
Abtastperiode 319, 320, 327, 338
Abtastregelung 319 f.
Abtastsystem 320, 325, 330 f, 341
Abtastung 321, 324 f., 335, 343
Abtastzeit 319 f., 437
Abweichung 4, 8, 16, 44 f., 148, 223, 253,
271, 297 f., 362
Ackermann 407, 411, 412
Adaptive Filter 365
Adaptive Regelung 315
Additionsschaltung 103
Additionsstelle 5, 43, 457
Additionstheorem 32, 78
A/D 316, 321, 324, 348
AFIC 365
Aktivierung 378, 379, 381, 461, 462
Aktivierungsfunktion 377
Aktivierungswert 377
Algorithmus 336, 338, 362, 365, 366, 458
Allpaßglied 29
Amplitude 30 f., 81, 167, 193, 233, 275,
276, 288, 292, 297, 300, 395, 396, 449
Amplitudenabsenkung 185
Amplitudenänderung 162
Amplitudengang 143 ff.
Amplitudenlineal 156, 193
Amplitudenreserve 221
Amplitudenverhältnis 143, 144, 148
Amplitudenverteilung 21
Amplitudenwert 151
Analog-Digital Wandler 321
A-Netz 383, 384, 385
Anfangsbedingung 22, 25, 29, 30, 55, 84,
332, 393, 405, 407, 415
Anfangspunkt 240, 361
Anfangstemperatur 53, 297
Anfangswertsatz 465, 467
Ankerinduktivität 70, 76, 86, 444
Ankerspannung 12, 76
Ankerstrom 12, 57, 60, 76, 87
Ankerwiderstand 70, 76, 86
Anregelzeit 223, 327
Ansprechempfindlichkeit 271 f., 282 f.
Anstiegsfunktion 19, 20
Anstiegswinkel 214, 218
Antisystem-Approach 364
Antriebsdrehzahl 57
Anzeige-/Bedienkomponente (ABK) 317
Aperiodischer Fall 66, 67
Arbeitsbewegung 295, 298
Arbeitspunkt 16, 44 f., 253 f., 385, 396
ASA-Control 364
ASA-Regelung 364
ASA-Regler 364
Ast 203, 208 ff.
Asymptote 41, 89, 139 f., 214, 218, 249 f.,
432, 453, 455, 463,
Ausbreitungsgeschwindigkeit 92, 95
Ausgangsgröße 5, 15 ff.
Ausgangsrückführung 405, 406, 407, 408
Ausgangssignal 5, 15, 19, 20 f., 43, 92 f.,
127, 129, 258, 322, 338, 345, 346, 458
Ausgangsspannung 11 f., 27 f., 102, 104
Ausgangswiderstand 101, 103
Ausgleich 15, 52, 83, 358,
Ausgleichszeit 64, 72, 225, 296, 324, 327,
Ausregelzeit 221, 223, 232, 360, 361
Ausschaltzeit 301, 303, 307
Austrittwiderstand 9
Austrittswinkel 214, 218
Automatisierungspyramide 2
Autotuning 318, 319
B
Backpropagation 379, 380, 381
Bedien-/Beobachterkomponente 317
Begrenzung 271, 272, 273, 458
Begrenzungsgröße 258
Begrenzungsregelkreise 258
Begrenzungsregelung 255, 258, 259
Begrenzungsregler 258, 259
Beharrungszustand 15, 16, 47, 52, 64, 80,
100, 134, 167, 222, 223, 308, 312, 327,
341, 389, 405, 457
506
Beharrungszustandwert 40
Beiwerte 16, 18, 51, 52,
Beobachtbarkeit 400, 401, 415, 416
Beobachtbarkeitsmatrix 400, 403
Beobachter 383, 384, 410 ff.
Beobachterentwurf 410
Beobachterkomponente 317
Beschreibungsfunktion 275 ff.
Betragsanpassung 230
Betragsoptimum 240 f., 246, 266, 367,
385, 456
Betragsregelfläche 233, 234
Betriebsleitebene 2
Bildbereich 26, 27, 40, 42, 70, 94, 110,
133, 234, 235, 320, 322, 325, 446
Bilineare Transformation 354
Bimetallregler 100, 272
Bio-Kybernetik 3
Bleibende Regeldifferenz 47, 48, 109 f.,
174, 221 f., 272, 273, 309 f., 311, 405,
448, 449, 450
Blocksymbol 5, 15, 438,
BNK 316, 317
Bode-Diagramm 41 f., 136, 143 ff., 185 f.,
244, 247 f., 328 f., 421 f., 456, 463 f.
Brückenschaltung 29
Bus 316
Buskommunikation 317
Bus-Konzept 270
Buskopplung 317
Bussysteme 317
Bustechnologie 1
C
Charakteristische Gleichung 169 f., 178,
209, 273, 288, 332, 333, 354, 412, 452,
456,
Client-Server-Prinzip 317
Computational Intelligenz 3
Cosinusfunktion 32, 78
CPU 315, 316, 357
D
Dämpfung 10, 65, 67, 75 f., 109 ff., 167,
173, 191, 221, 223, 232 f., 271, 327,
328, 450
Dämpfungseinrichtung 17, 69
Dämpfungsbeiwert 82
Sachwortverzeichnis
Dämpfungsglied 82
Dämpfungsgrad 273, 387
Dämpfungskonstante 29, 70, 392
Dämpfungssatz 465, 467
D/A 316, 320, 321, 348
D-Anteil 127, 133, 134, 172 f., 185, 222,
300, 318, 335, 338, 364, 454
D-Verhalten 125, 250
DAQ 316
Data Mining 3
Datenaustausch 315
Dauerschwingung 66, 67, 106, 118, 125,
169, 170, 173, 224, 225, 231, 232, 288,
291 f., 312, 328, 395, 449
DDC 315, 316, 317, 318, 319
Dead-Beat-Regelung 368
Defuzzifizierung 371, 375, 376, 383
D-Einfluss 125
Dekade 41, 143, 155, 156
Delay Line 95
Dezibel 41, 143, 156, 429, 430
δ-Funktion 20
D-Glied 125, 126, 127, 146
Diagonalregler 267
Differentialgleichung 16 f., 42 f., 167 f.,
221, 234, 248, 274, 320, 330 f., 346,
388 f., 459
Differentiation 58, 63, 69, 80, 82, 126,
127, 325, 330, 336
Differentiationsregel 27
Differentiationssatz 55, 62, 70, 77, 168,
465
Differenzbildung 11, 103, 338, 345
Differenzengleichung 325 f., 457, 459
Differenzenquotient 335, 338
Differenzierbeiwert 125, 127,
Differenzierglied 164
Differenzierzeit 146
Differenzschaltung 103
Digital-Analog-Wandler 315, 321
Digitale Regelung 315 f.,, 439
Digitale Regler 316, 320, 348
Digitaler Regelkreis 326, 348, 353
Digitalisierung 319, 333, 335, 346, 437
Diskretisierungszeit 325
Doppel-I-Glied 369, 370, 387, 394, 395
Doppelpol 183, 187, 190, 191, 195, 207 f.
Drehzahl 1, 2, 5, 11, 12, 51, 59, 76, 85,
86, 87, 444
Drehzahlregelkreis 164, 166
Sachwortverzeichnis
Drehzahlregelstrecke 75
Drehzahlregelung 1, 11, 336
Drehzahlregler 11, 12, 165
Dreipunktregler 272, 285 f., 312 f.
Drossel 68, 69
Drosselbohrung 68
Drosselklappe 10
Drosselquerschnitt 68
Drosselventil 17
Drosselwiderstand 9
Druckregelstrecke 95, 289
Druckregelung 9, 288
Durchlauferhitzer 309, 312
Durchtrittsfrequenz 189 f., 240 f., 327,
328, 432
Düse-Prallplatte-System 9, 107
D-Verhalten 125, 250
Dynamikmatrix 397, 400, 401, 411
Dynamisches Verhalten 15, 253
E
Eckfrequenz 39, 40, 148, 149, 151, 154,
156, 157, 158, 160, 162, 192, 195, 243,
249, 250, 432, 463
e-Funktion 23, 296, 297, 302, 310, 314
Eigenkreisfrequenz 78, 117
Eingangsamplitude 291
Eingangsfunktion 19, 21, 30, 33, 92, 224,
332
Eingangsimpulsfunktion 346
Eingangsgröße 5, 15, 17 ff.
Eingangssignal 5, 20, 21, 33, 43, 92, 224,
279, 322, 338, 346, 384, 404, 413, 458,
459
Eingangssprung 19, 22, 28, 40, 52, 53, 85,
93, 113, 119, 126, 128, 130, 133, 331,
332, 339, 342, 346, 365, 386, 405, 442,
458, 460
Eingangssprungfunktion 333
Eingangswiderstand 103
Einheitskreis 95, 192, 353, 354, 355, 356
Einheitssprung 19, 20, 30, 344, 352, 387,
388
Einplatinenrechner 316
Einschaltvorgang 27
Einschaltzeit 303
Einschwingvorgang 32, 3, 167
Einstellregeln 224 ff., 327, 328
Eintrittswinkel 214, 215
507
Einzelfrequenzgang 153
Elektronische Regler 101
Elektropneumatischer Wandler 17
Elementarfläche 336, 337
Endliche Einstellzeit 367, 368, 370
Endwertsatz 465, 467
E-Netz 384, 385
Entkopplung 268
Entkopplungsbedingung 269
Entkopplungsblöcke 14
Entkopplungsfilter 270
Entkopplungsglied 267, 268, 270
Entkopplungsregelung 266, 267
Erfüllungsgrad 371, 374, 375, 376
Erregerfluss 86
Erregerkreis 57, 58, 59
Erregerspannung 57
Erregerstrom 60, 271
Erregerwicklung 57, 272
Erwärmungskurve 298
Erwärmungsvorgang 56
Ethernet 315, 317
Euler-Verfahren 337
F
Faltungssatz 465
Feder-Masse-Dämpfer System 28, 264
Feldbus 315
Feldebene 2
Festwertregelung 13
Festwert-Verhältnisregelung 12
Filter 14, 317, 365, 366
Filter-Faktoren 366, 367
Filtermembran 14
Filterwirkung 276
Flüssigkeitsstandregelstrecke 90, 91
Flüssigkeitsstandregelung 99
Folge 320 f. 335, 336, 343 f.
Folgeregelkreis 14
Folgeregler 14, 256, 257
Föttinger-Kupplung 82
Fourier-Transformation 325, 353
Fourier-Zerlegung 276
Freistrahldüse 9
Fremderregung 11, 75
Frequenz 21, 32 ff.
Frequenzgang 26, 34 ff.
Frequenzbereich 34 ff.
Frequenzkennlinienverfahren 143 ff.
508
Sachwortverzeichnis
Führungsgröße 7, 13, 48, 99, 104, 105,
114, 115, 125, 256, 331, 342, 347, 352,
367, 368, 388, 461
Führungsregler 14, 256, 257
Führungsübertragungsfunktion 104, 105,
108, 111, 114, 117, 121, 124, 132, 141,
240, 351, 353, 448, 451
Führungsverhalten 47, 48, 104 ff., 221 ff.,
328, 358, 434, 436
Füllstands-Regelstrecke 84
Funktionsbaustein 335, 366
Fuzzifizierung 371, 372, 383, 385
Fuzzy-Logik 3, 371 f.
Fuzzy-Menge 371, 372, 373, 375
Fuzzy-Regelung 315, 318
Fuzzy-Regler 371, 373, 374, 375, 386
Heizleistung 53, 54, 312
Hilfsenergie 99
Hilfsregelgröße 252, 254, 255, 256, 259
Hilfsregelgrößenaufschaltung 255
Hilfsregler 13, 14, 256
HIL-Simulation 417
Hintereinanderschaltung 53, 59, 70, 71,
143
Höher-Tiefer-Taster 10
Hurwitz-Determinante 170, 173
Hurwitz-Stabilitätskriterium 212, 273, 355
Hydraulische Regeleinrichtung 114
Hysterese 271, 272, 282, 285, 286, 295,
299, 302 f.
Hysteresebreite 303
Hysteresekennlinie 282, 283
G
I
Gaußsche Zahlenebene 38
Gegenkopplung 44, 107
Generator 57, 59, 60
Genetische Algorithmen 3
Gesamtfrequenzgang 143 ff.
Geschwindigkeitsalgorithmus 336 f.
Gewichtsfunktion 20, 326, 346, 426
Gewichtsmatrix 406, 407, 413, 415, 416
Gleichspannungsverstärker 101
Gleichstromantrieb 11, 12
Gleichstromgenerator 57, 59, 70
Gleichstrommotor 11, 75, 77, 81, 86, 164,
165
Grenzfall 66, 67, 150, 246, 362
Grenzgerade 377, 378, 379, 380
Grenzwert 258 f., 272, 297, 298, 312, 313
Grenzwertsatz 40, 110 f., 121, 125, 133,
134, 141, 234, 443, 448, 449, 452
Grenzzyklus 395, 396
Grundschwingung 275 ff.
Güteindex 233
Gütekriterium 233, 407
Güteparameter 221, 241
I-Algorithmus 338
I-Regelalgorithmus 458
I-Anteil 120, 141, 142, 158, 162, 185,
221, 222, 231, 241, 336, 404
I-Einfluss 116
I-Glied 88, 144, 145, 148, 156, 157, 169,
222, 242, 250, 252, 313, 314, 369, 370,
387, 394, 395, 446, 463
I-Regeleinrichtung 106, 112, 113, 114,
116, 118, 123, 125
I-Regler 113, 117, 118, 122, 124, 331,
457, 458, 459
I-Strecke 52, 83 f., 106, 112, 117, 118,
124, 125, 135, 198
Identifikation 21, 64, 224, 228, 230, 377
Identifikationsmethoden 377
Identifizierung 365
IEC 61131 318
Image-Prozessing 3
Impedanzwandler 103, 137
Impulsantwort 20
Impulsfolge 320, 323, 326, 343, 368
Impulsfunktion 20, 21, 224, 307, 325
Impulsgeber 320
Impulsgenerator 20
Industrie-PC 316
Induktivität 22, 27, 30, 57
Inferenz 371, 374, 375, 375, 385
Infinitesimalrechnung 24
Instabilität 2, 8, 106, 109, 122, 167 f.,
181, 182, 195, 221, 251 f., 318, 327
H
Halteglied 321 f., 348 f., 439
Handregelung 4
Handy 10
Hardware 315, 317, 318, 319, 417
Hauptregler 13, 14, 255 f.
Sachwortverzeichnis
Integralkriterien 233 ff.
Integration 22, 24, 84, 164, 282, 325, 330,
336, 446
Integrationsbereich 282
Integrationsgrenze 94
Integrationskonstante 22, 84
Integrationssatz 465
Integrationsschritt 438
Intergrationsverfahren 438
Integrierbeiwert 84, 86, 88, 225, 331, 394
Integrierzeit 144
Inverse Ortskurve 195, 198, 200, 276, 288
Inverse Transformation 467
Invertierende Schaltung 102, 103
Impedanzwandler 103, 137
IPC 316
Isokline 389, 394
Istdrehzahl 11
Istwert 3, 4, 7, 8, 45, 259, 321, 362
Istwertfolge 321
ITAE-Kriterium 233
K
Kalman 400
Kaskadenregelung 13, 14, 255, 256, 257
Kenngrößen 51, 64, 123, 167, 173, 192,
224, 240, 327
Kennlinie 16, 45, 46, 47, 50, 92, 107, 249,
271 ff., 318, 376, 386, 425, 426
Kennlinienfeld 46, 48, 50, 253
Kennwerte 15, 51, 72, 73, 230, 231, 232,
242, 257, 318, 328, 332, 339, 342, 352,
358, 366, 368, 379, 383, 385, 428, 458
Kettenschaltung 28, 60
KNN 377 ff.
Knottenpunkt 391, 392
Kompensation 102, 191, 251 f., 367
Kompensationsbedingung 260
Kompensationsregler 357, 358, 359, 383
Kondensator 11, 18, 86, 127, 446
Kondensatormotor 289
Konfigurierung 318, 319, 370
Konfigurierungsfenster 318
Konfigurierungstool 315
Konfigurierungswerkzeug 319
Kontaktthermometer 295, 296
Koppelstrecke 263
Koppelfaktor 267
509
Korrespondenztabelle 26, 30, 56, 58, 62,
78, 117, 118, 123, 345, 350, 441, 445
LQ-Kriterium 413, 415, 416
Kreisfrequenz 21, 32, 33 ff., 118,
Kritischer Punkt 179 f.
Künstliche neuronale Netze 3, 377
Kybernetik 3
L
Ladebrücke 252
Laplace-Transformation 25, 27, 29, 55,
58, 62, 69, 70, 83, 85, 94, 110, 119,
125, 128, 136, 169, 234, 263, 264, 320,
326, 343, 344, 346, 348, 353, 404, 447,
465, 467
− diskrete 326, 343, 468
Lastmoment 11, 76
Lastwiderstand 101
Least Mean Squares 365
Leistungsverstärker 7, 254, 320
Lernalgorithmus 378, 383
Lernschrittweite 378, 381
Linearfaktor 116, 121, 122, 132, 136, 140,
141, 162, 163, 175, 176, 201, 202, 347,
356, 426, 427
Linearisierung 48 f., 274
Linearität 467
Linearitätssatz 465
Linearmotor 92, 447
Linearverstärker 101
Linguistische Variable 371
Linienbild 37
Liniendarstellung 34
Ljapunow’s Gleichung 415
LMS-Algorithmus 365, 367 f.
Lueneberger 410
Luftdruckregelung 10
LZI-Glied 320, 346, 385
M
Magnetisierungskurve 57
Magnetschwebekörper 252, 253, 254
Massenträgheitsmoment 87
MATLAB 164, 166, 203, 204, 211, 213,
220, 231, 272, 273, 299, 334, 352, 356,
360, 366, 370, 376, 382, 386, 398, 399,
403, 405, 407, 409, 411, 412, 413, 415,
416, 417 ff.
510
Mehrgrößenregelung 14, 262 ff.
Membranteller 9, 17, 68
Membranventil 68, 70
Messblende 13
Messfühler 2, 4, 6, 7, 8, 96, 99, 271, 273,
288, 290, 292, 318, 357
Messumformer 5, 6, 288, 321
Mikrocontroller 316
Mikroprozessor 2, 315, 320, 327, 357
Mikrorechner 316, 321
Mischbehälter 96, 192, 262
Mitkopplung 44, 252
Mittelwertabweichung 297, 298
Mobiltelefon 10
Molekularfilter 14
Monotone Instabilität 167
Motorspannung 289
N
Nachstellzeit 118, 172, 195, 229
Negativ-inverse Ortskurve 195, 198, 200
Neurodynamik 3
Neuroregelung 315
Nichtinvertierende Schaltung 103
Nichtlineare Glieder 271 ff.
Nichtlinearität 45, 195, 272 f., 287 f.
Norm IEC 318
Normalform 16, 28, 97, 427
Nullstellen 26, 136, 175 f., 201 f., 213 f.,
332, 347, 356 f., 424 f.
Nullstellenkonfiguration 213
Nullstellenpaar 177, 214, 215
Nullstellenverteilung 175 f,, 203, 216, 426
Nyquist-Kriterium 174 ff., 243, 250, 355,
453, 456
O
ODER 373, 374, 375
OLE 317, 318
OPC-Server 316, 317, 318
Operationsverstärker 2, 11, 101 ff.
− Ersatzschaltbild 101
Optimierung 221, 234, 240, 243
Optimierungsproblem 33
Optimierungsverfahren 255
Ortskurve 36 ff., 248 f.
Ortskurvendarstellung 41, 143, 185, 445
Sachwortverzeichnis
Ortskurvenverlauf 64, 75, 91, 119, 131,
140, 180 f., 443 f.
Oszillatorische Instabilität 167
Overrideregelung 255, 258, 259
P
Pade-Funktion 427
P-Anteil 120 f., 231, 335, 336
Parallelschaltung 43, 310
Parasitische Zeitkonstante 129, 138
Partialbruchzerlegung 26, 62, 344
PC 51, 315, 316, 357, 417
PC-Bildschirm 434
PC-Simulation 231
PD-Glied 150, 151, 153, 154, 463
PD-Regeleinrichtung 127, 128, 131 f.
PD-Regler 129, 135, 228, 309, 329
PD-Verhalten 306, 307
Pendel 252, 384
− invertiertes 252, 253, 254
PFC-Regler 361
PFC-Verfahren 362
P-Glied 144, 147, 195, 222, 247, 331,
386
Phasengang 148 ff., 225, 243 f., 429 f.,
463, 464
Phasenlineal 156, 193
Phasenrand 191 f., 243
Phasenreserve 192, 196, 221, 245, 246,
327, 328, 329
Phasenverschiebung 39, 144, 176, 191,
250, 285
Phasenverschiebungswinkel 32, 33
Phasenwinkel 33, 34, 37, 39, 41, 143,
145, 147, 158, 159, 160, 161, 176, 177,
182, 191, 195, 242, 248, 276
PI-Algorithmus 337
PID-Algorithmus 366
PID-Glied 153, 163, 464
PID-Regelalgorithmus 321, 335
PID-Regeleinrichtung 135 f., 161, 168,
169, 430
PID-Regler 137 ff.., 311, 327 f., 364, 365,
366, 434, 455, 463,
PID-Stellungsalgorithmus 338
PID-Verhalten 125
PI-Glied 148, 150, 195
PI-Regelalgorithmus 337, 339, 460
Sachwortverzeichnis
PI-Regeleinrichtung 118 ff., 119, 120,
122, 124, 172, 192, 338
PI-Regler 119, 124, 135, 203, 224 f., 273,
328, 332, 342, 360 f., 404, 450, 453,
460, 461
P-kanonische Form 263, 265, 266, 268,
269
Pneumatische Regeleinrichtung 9, 107
PNK 316, 317
Poiseull'sches Gesetz 68
Pol 30, 31, 65, 66, 123, 132, 142, 175 ff.,
246, 352, 353, 355, 387, 441
Pole Placing 387, 403
Pol-Nullstellen-Darstellung 424, 427
Pol-Nullstellenverteilung 175 ff.
Polpaar 169, 213, 214, 434
Polstelle 26, 66, 77, 136, 177, 178, 188,
201, 213 f., 245 f., 272, 333, 347, 353,
356 f., 379, 387, 388, 390, 400 ff.
Polstellenvektor 402
Polverteilung 65, 132, 169, 175, 201, 246,
355, 406, 453, 454
Polzuweisung 387, 402 f.
Polynomform 163, 426 ff.
Positionsregelung 7, 383
positiv definierte Matrix 413
positiv semidefinierte Matrix 413
Prädiktionshorizont 361
Prädiktive PFC-Regelung 361
P-Regeleinrichtung 106 ff., 174
P-Regler 106 ff., 198 f., 224 f, 261, 328,
329, 351, 352, 356, 385, 386, 439
Produktionssystem 2
PROFIBUS 317
Programm 231, 319, 321, 335, 417, 420,
423 ff., 461 f.
Programmiersprache 318, 420
Programmierung 318, 417
Proportionalbeiwert 46 f., 106, 118, 127,
193, 195, 226, 228, 229, 250, 251, 252,
308, 328, 329, 385, 387, 407, 428, 457
Prozessleitebene 2, 315
Prozessleitsystem 315, 316, 317, 318
Prozessrechner 1, 315
P-Strecke 52 ff., 134, 135, 141, 167, 197,
198, 221, 229, 296 f., 302 f., 361, 365
P-T1-Strecke 55, 56, 70, 71, 86, 95, 108,
114, 120, 124, 132, 160, 252, 297, 298,
350 f., 370
511
P-T2-Strecke 59, 62 f., 110, 131, 132,
140, 172, 174, 198, 199, 235, 257, 342,
453, 455
Q
Quasioptimale Verfahren 370
Querwiderstand 61
R
RAM 316
Rampenfunktion 20, 224, 259
Rang 400, 401, 419
Raumtemperaturregelung 3, 4, 9
RCL-Brückenschaltung 29
RCL-Vierpol 262
Reaktionskessel 13, 14
Rechentotzeit 323
Rechteckregel 336, 337, 339, 458
Referenztrajektorie 361
Regelalgorithmus 255, 320, 323, 331,
335, 348, 357, 368 f.
Regelbarkeit 226, 227, 264
Regelbasis 371, 374
Regeldifferenz 4, 5, 7, 11, 12, 47, 48, 99,
106 ff, 167, 174, 221, 222, 233 f., 255,
260, 265, 272, 273, 289, 295 f., 361 f.,
371 f., 395, 405, 448 f.
Regeldifferenzfolge 321
Regeleinrichtung 1 f., 15, 42, 51 f. 99 ff.,
221
− I 106, 112 ff., 118, 123 f.
− P 106 ff., 174
− PD 127 ff.
− PI 118 ff., 172
− PID 135 ff., 183
Regelfaktor 47, 48
Regelfläche 233, 234
− lineare 234, 235
− quadratische 233
− zeitgewichtete 234
Regelgröße 1 f., 44 f., 51 f., 99 f., 167 f.,
221 f., 292, 295 f., 315 f., 387 f, 440,
449, 457, 458
Regelkreis 2 f., 15 ff.
− digitaler 326, 348, 353
Regelkreisglieder 21 f., 33 f., 143, 271
Regelkreisstruktur 240, 383
512
Regelstrecke 2 f., 42 f. , 51 f., 99 f., 167
f., 221 f., 273, 289 f., 315 f., 357 f.,
387 f., 431, 439, 455, 457
− 1. Ordnung 53, 59, 86, 96, 108, 147
− 2. Ordnung 59, 75, 110, 152
− höherer Ordnung 70, 296
− instabile 247 ff.
− mit Ausgleich 52
− mit Totzeit 92, 174, 296
− ohne Ausgleich 15, 52, 83, 124
Regelung 1 ff.,
− quasikontinuierliche 327 f.
Regelgüte 14, 173, 221, 233, 272, 318,
362
Register 10
Regler 1 ff.
Reglerkennlinie 47
Reihenschaltung 42, 43, 68, 86 f., 127,
138, 153 f., 224, 252, 346, 351
Reihenschwingkreis 18, 27
Rekursion 325, 331, 339
Relais 271, 272, 295, 301, 312, 320
Residuensatz 26, 30, 62, 88, 130, 138,
142, 465
Resonanzfrequenz 83
reziproke Strecke 364
reziproke Übertragungsfunktion 359
Riccati-Gleichung 415
ROM 316
Robustes Verfahren 371
Rückführglied 305 f.
Rückführimpedanz 120
Rückführung 128, 137, 305 f., 359, 383,
388, 395, 396, 402, 410,
Rückführungsschaltung 44
Rüskführungswiderstand 101
Rückführungszweig 105
Rückkopplung 2, 137
Rückkopplungsschaltung 44
Rückkopplungszweig 1 f.
Rücktransformation 26, 30, 62, 108, 130,
137, 138, 326, 333, 344, 441 ff.
Rücktransformationsgleichung 78
S
Sattelpunkt 391
Sättigung 57, 271, 272, 277 f.
SCADA 317
scaling factor 404
Sachwortverzeichnis
Schaltfrequenz 304 ff.
Schaltlinie 395, 396
Schnittpunkt 80, 131, 143, 145, 149, 152,
184 f., 210 f., 356, 456
Schwankungsbreite 297 f.
Schwellenwert 271, 377, 378, 380, 382,
386
Schwerpunkt 214, 253, 376, 387
Schwerpunktmethode 375
Schwingamplitude 293, 298, 305, 309
Schwingdauer 299 f.
Schwingungsamplitude 21, 32
Schwingungsperiode 21, 396
Schwingung 30, 33, 276
− aperiodische 59, 66
− aufklingende 66 f., 169, 291, 293
− gedämpfte 66, 75, 77, 83, 117
s-Ebene 66, 169, 175, 176, 179, 201 ff.,
246 f., 352 f., 379, 426, 432, 434
Sendeleistungsregelung 10
Sender 10
SPFC-Algorithmus 362
SPFC-Verfahren 363
Signal 5 f., 92 f., 255 f., 320 f., 335, 343,
345, 354, 397, 417, 422, 424, 440
simplified PFC 362
Simulation 231 f., 299 f., 366, 382, 397,
405, 407, 417, 438, 459
Simulink 231, 272, 273, 299, 360, 366,
370, 382, 386, 403, 412 f., 417 ff.
Sinusfunktion 20, 36
Sinusschwingung 21, 32 f., 275, 276
Smith-Prädiktor 359, 360
Soft-Computing 3
Soft-SPS 316
Software 315, 316, 377, 417
Solldrehzahl 11, 12
Sollwert 2 f., 45, 47, 99 f., 221 f., 271 f.,
295, 317, 318, 368 f.
Sollwertgeber 7, 11
Sollwertsprung 274, 309
Spannung 1 ff., 18, 57, 99, 101, 113, 137
Speicher 68, 315
Speicherprogrammierbare Steuerung 316
SPFC-Algorithmus 362, 363
Sprung 20, 126, 222, 225, 307, 308, 310,
313, 314, 331, 460, 461
Sprungantwort 21 ff.
Sprungfunktion 19 ff., 322, 332
Sachwortverzeichnis
SPS 2, 8, 11, 316, 317, 318, 338, 357
SPS-Regler 316
Stabilität 51, 167 f., 273, 342
Stabilitätsbedingung 225, 243, 251, 274,
276, 331, 341 f., 352 f. , 456
Stabilitätsgebiet 341
Stabilitätsgrenze 170 f., 201 f., 224, 288,
328, 353, 354, 454
Stabilitätsgüte 191, 192
Stabilitätskriterien 2, 167 f., 201, 221,
274, 341, 352, 394
− mittels Bode-Diagramm 185 ff.
− mittels Zweiortskurvenverfahren 195
− nach Hurwitz 168 f. , 355
− nach Nyquist 174 f., 355
Stationärer Endwert 63, 133, 141
Stationärer Endzustand 109
Statische Kennlinie 16, 45, 107, 277, 279,
295
Statisches Verhalten 15, 16, 44
Steigung der Asymptote 157 f.
Steigungsänderung 157
Stellbereich 100, 295
Steller 2
Stellglied 6, 99, 107, 254, 255, 312, 320,
368, 439
Stellgröße 1 ff.
Stellgrößenbegrenzung 370
Stellreserve 369
Stellsignal 68, 258, 318, 321, 369, 370,
394, 398, 402
Stellungsalgorithmus 335, 336
Stellventil 4, 5, 6, 13, 14, 68
Stetigähnliche Regelung 305
Stetige Regeleinrichtung 100, 295
Steuerbarkeit 400 f.
Steuermatrix 397, 400, 401, 403
Steuerung 2, 8, 11, 316, 317, 318, 368,
414
Störfunktion 19, 21
Störgröße 4 ff.
Störgrößenaufschaltung 255, 260 f., 408 f.
Störgrößensprung 227
Störgrößenvorregelung 255
Störsprung 116, 125, 235, 260, 449
Störsprungantwort 134, 142
Störverhalten 44 f., 104 f., 167, 192,
221 f., 256
513
Störübertragungsfunktion 106, 109, 115,
121, 134, 141, 167, 174, 235, 448, 449
Streckenkenngrößen 230
Strecke reziproke 364
Stromistwert 12
Stromrückführung 164, 165
Stromwandler 12
Strukturinstabil 167
Strukturoptimierung 255
Summierer 120, 128, 137
Symmetrisches Optimum 242, 244
Systembus 315
Systemmatrix 397, 400, 401, 403, 406,
407, 409, 412
T
Tachogenerator 5, 11
Taktgeber 320
Taktgenerator 316
Temperaturabkühlungskurve 297
Temperaturausgleich 259
Temperaturregelkreis 6
Temperaturregelung 9 f., 296, 309, 312 f.
Thermoelement 13, 258, 319
T-Glied 128, 137
Thyristor 11, 95, 295, 317
Tiefpass-Filter 11
Toleranz 100
Toleranzbereich 221, 223
Toleranzgrenze 232
Tote Zone 271, 272, 273, 275, 279, 281
Totzeit 92 f., 182, 192, 194, 195, 201,
231, 296 f., 322 f., 359 f., 427
Totzeitänderung 194
Totzeitglied 94 f., 174 f., 192, 193, 224,
225, 323, 326, 329, 359, 427
Totzeitkreis 182
Totzeitsystem 174, 182
Trägheitsmoment 82, 86, 253
Trajektorie 389, 390, 393, 393, 395, 396
Trajektorienschar 393
Transferfunktion 377 f., 439, 462
Transport Delay 360, 365
Trapezregel 331, 336, 337
Trendfenster 318
Treppenkurve 321, 322, 336, 422, 439
Triac 295
T-Summen-Regel 228
Tustin-Verfahren 337
514
Sachwortverzeichnis
U
W
Übergangsverhalten 19, 65, 224
Überschwingweite 221, 223, 232, 240,
246, 360, 370, 434
Übertragungsbeiwert 23, 58
Übertragungsfunktion 25 f., 42 f., 51 ff.
− des aufgeschnittenen Kreises 174, 178,
180 f., 201 f., 432 f., 453 f.
Übertragungsfunktion reziproke 359
Übertragungsmatrix 267
UND 373, 374, 375
Unknown plant 365
Unstetige Regelung 295 ff.
Unstetige Regeleinrichtung 100, 295
Wandelzeit 322
Wandler 17, 68, 315 f., 348
Wärmeaustauscher 13, 14
Wärmewiderstand 54
Warmwasserbehälter 53
Wasserdurchlauferhitzer 296
w-Ebene 354
Wendepunkt 63, 64, 229
Wendetangente 64, 72, 73, 225, 228, 229
Werkzeugmaschine 85
Werkzeugschlitten 86, 87
Widerstand 9 f., 54 f., 103, 127, 262, 263
Widerstandskraft 29, 263
Widerstandsthermometer 312
Winkeländerung 175 f., 355, 356, 453 f.
Winkelbedingung 202, 210, 211
Wirbelpunkt 391
Wirkungsplan 5 ff.
Wirkungsrichtung 5
Wirkungslinie 5 ff.
WOK 201, 356, 432
w-Transformation 354, 355
Wurzelortskurve 201 ff., 356, 433, 436
Wurzelortskurvenast 212
Wurzelortskurvenverfahren 201
Wurzelschwerpunkt 214, 218
V
Ventilhub 45, 90, 372
Ventilstellung 4, 68, 84
Vergleichsstelle 9
Verhältnisregelung 12, 13
Vermaschte Regelkreise 12, 13
Verschiebungssatz 94, 347, 350, 465, 467
Verstärker 5, 9, 11, 101, 271, 306, 310
Verstärkermaschine 59, 60
Verzögerte Rückführung 306 ff.
Verzögert-nachgebende Rückführung 310
Verzögerung 13, 53 f., 96 ff., 127 ff., 192,
198, 247, 260, 276, 296, 305, 306, 310,
327, 338, 361 f., 434, 439, 440
Verzögerungsglied 38, 40, 41, 72, 73, 97,
98, 224, 225, 296
Verzögerungsleitung 95
Verzögerungsstrecke 240
Verzögerungszeit 5,
Verzögerungszeitkonstante 257, 324
Verzugszeit 64, 225, 227, 324, 327
Verzweigungspunkt 207, 210, 213 ff.
Verzweigungsstelle 5, 165, 359
Vierpol 28, 60, 262
Virtuelle Masse 102, 103, 129
Visualisierung 318, 319
V-kanonische Form 264, 265, 268, 269
Vordrossel 9, 107
Vordrosseldurchmesser 107
Vorfilter 363, 404, 405, 407, 409
Vorhaltzeit 128, 134, 329
X
XOR 380, 461
Z
Zähigkeit 69
Zählerpolynom 178, 201 f., 399 f., 432 f.
z-Bereich 343 ff.
z-Ebene 203, 353, 354, 355, 356
Zeigerbild 37
Zeigerdarstellung 34
Zeitbereich 25, 26, 27, 30, 58, 62, 108,
123, 130, 137, 138, 168, 221, 234, 320,
325, 330 f., 345, 350, 424, 436, 441 f.
Zeitkonstante 18 f., 58, 63 f., 113, 118,
127 f., 225 f., 296 f., 385 f., 417, 442 f.
Zeit-Prozentkennwert 229, 230
Zeitverhalten 5, 11, 15, 51, 106 ff., 143,
221, 257, 305, 313, 324, 367
Zeitverzögerung 255
Zentrifugalregulator 1
Sachwortverzeichnis
Ziegler-Nichols-Verfahren 224 f, 225, 328
z-Transformation 325 ff.
z-Übertragungsfunktion 326, 346 ff.
Zugehörigkeitsfunktion 371 ff.
Zustandsdifferentialgleichung 393, 394
Zustandsebene 274, 387 f.
Zustandskurve 389, 390 f.
Zustandsregelung 383, 384, 387 ff.
Sachwortverzeichnis
515
Zustandsrückführung 387 f.
Zustandsvariable 384 ff., 400, 411
Zustandsvektor 397, 405, 413
Zweiortskurvenverfahren 195 f., 276 ff.
Zweipunktregler 100, 285, 295 ff.
Zweipunktverhalten 272
Zweispeichersystem 59
Zweitanksystem 262
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