Serge Zacher Manfred Reuter Regelungstechnik für Ingenieure Analyse, Simulation und Entwurf von Regelkreisen 14. Auflage Regelungstechnik für Ingenieure Serge Zacher ⋅ Manfred Reuter Regelungstechnik für Ingenieure Analyse, Simulation und Entwurf von Regelkreisen 14., korrigierte Auflage Mit 403 Abbildungen, 96 Beispielen und 32 Aufgaben Serge Zacher Wiesbaden, Deutschland ISBN 978-3-8348-1786-0 DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1 Manfred Reuter Kreuztal, Deutschland ISBN 978-3-8348-2216-1 (eBook) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Vieweg © Springer Fachmedien Wiesbaden 1972, 1975, 1981, 1983, 1986, 1988, 1989, 1991, 1994, 2002, 2004, 2008, 2011, 2014 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier. Springer Vieweg ist eine Marke von Springer DE. Springer DE ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media www.springer-vieweg.de V Vorwort zur 1. Auflage Das vorliegende Buch stellt eine Einführung in die Grundlagen der Regelungstechnik unter besonderer Berücksichtigung der Laplace-Transformation dar und ist für Studenten an Fachhochschulen gedacht. Die zum Teil sehr ausführliche Darstellung soll, wenn nötig, auch ein selbständiges Einarbeiten in das Stoffgebiet ermöglichen. Zur Untersuchung der einzelnen Regelkreisglieder werden die klassischen Methoden wie: Differentialgleichung, Sprungantwort, Frequenzgang, Ortskurve und BodeDiagramm angewandt. Diese sind die Voraussetzung für die in der modernen Regelungstheorie benutzten Verfahren der z-Transformation und der Betrachtung im Zustandsraum. Nach der Einführung der Grundbegriffe der Steuerung und Regelung in Kapitel 1, wird in Kapitel 2 die mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder erörtert. Ausgehend vom Zeitverhalten der Grundtypen von Regelkreisgliedern in Kapitel 3, werden in Kapitel 4 die Regelstrecken ausführlich behandelt. Für jede Streckenart werden sowohl elektrische als auch für den Maschinenbauer geeignete Beispiele durchgerechnet. Zur Ermittlung des charakteristischen Verlaufs der einzelnen Sprungantworten wird abwechselnd je ein Beispiel nach der klassischen und eines mittels Laplace-Transformation gelöst. Bei der Behandlung der Regeleinrichtungen (Kapitel 5) wird gleichzeitig deren typisches Verhalten an einfachen Regelstrecken untersucht. Über den Störfrequenzgang und die entsprechende Differentialgleichung werden deren Vor- und Nachteile, z. B. der Einfluß der einzelnen Reglerparameter auf die bleibende Regelabweichung und die Dämpfung aufgezeigt. Die für den Regelungstechniker wichtige Darstellung im Bode-Diagramm ist in Kapitel 6 zusammengefaßt. Zur Stabilitätsbetrachtung von Regelkreisen (Kapitel 7) werden die Kriterien von Hurwitz, Nyquist, die Behandlung im Bode-Diagramm und das Zweiortskurvenverfahren abgeleitet und an Beispielen ausführlich erläutert. Das Zweiortskurvenverfahren dient ferner der Behandlung von Nichtlinearitäten mittels der Methode der harmonischen Balance in Kapitel 9. Für verschiedene Nichtlinearitäten werden die Beschreibungsfunktionen abgeleitet. Anschließend werden in Kapitel 10 Zwei- und Dreipunktregler ohne und mit Rückführung erläutert. Das abschließende Kapitel 11 behandelt kurz die Wirkungsweise des Analogrechners. Ferner wird auf die Programmierung der wichtigsten Regler und Regelstrecken eingegangen. Den Anhang (Kapitel 12) bilden eine kurzgefaßte Ableitung der Laplace-Transformation sowie zusammenfassende Tabellen. Zum Schluß möchte ich mich bei meinen Kollegen, den Herren Dipl.-Ing. E. Böhmer, Dipl.-Ing, W. Mengel und Dr.-Ing. W. Zimmermann bedanken, die mir durch Ratschläge und Anregungen geholfen haben. Ferner danke ich dem Verlag Friedr. Vieweg & Sohn und seinen Mitarbeitern, insbesondere Herrn A. Schubert für die stets gute Zusammenarbeit. Siegen, im Januar 1972 Manfred Reuter VI Vorwort zur 14. Auflage In der Vorwort zur 12. Auflage schrieb ich im März 2008: „Seit vier Jahrzehnten leistet Reuter seinen wesentlichen Beitrag zur Ausbildung von Diplom-Ingenieuren im Bereich Regelungstechnik... Zum Buch greifen Studenten, wenn ein Problem bei der Diplomarbeit entsteht, Ingenieure von renommierten Autoherstellern verwenden es zur Lösung von betrieblichen Aufgabenstellungen.“ Diese Meinung über das Buch gilt auch heute und ist durch die neuen, durchaus posiriven, Rezensionen bestätigt. Beispielsweise teilte Prof. Dr. Roland Büchi von Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) in seiner Mail mit: "Für die Grundlagen der Regelungstechnik, RT1 und RT2 unserer FH-Studiengänge Elektrotechnik sowie Systemtechnik haben wir entschieden, keine eigenen Skripte mehr zu schreiben, sondern Ihr Standardwerk ‚Regelungstechnik für Ingenieure‘ zu verwenden." Eine erfreuliche Nachricht, die zu fachlichen Kontakten, Anregungen und zu einem Beitrag des ZHAW-Kollegen, Prof. Dr. Georgios Lekkas führte. Dieser Beitrag ist ins Kapitel 8 als Rezeptanleitung zum Frequenzkennlinienverfahren eingeflossen, wofür ich mich bei Kollegen R. Büchi und G. Lekkas herzlich bedanke. Welche Änderungen wurden noch in der aktuellen Auflage vorgenommen? Der Abschnitt 8.7 "Mehrgrößenregelung" ist neu gestaltet und mit neuen Beispielen bzw. MATLAB-Simulationen ergänzt. Wie in vorherigen Auflagen erfolgt der Entwurf von Mehrgrößensystemen ausschließlich mit Übertragungsfunktionen, die Entwurfsmethoden im Zeitbereich sind anhand Zustandsmodellen im Kapitel 13 "Zustandsregelung" vertreten. Neu ist auch das so genannte Bus-Konzept zum Entwurf von Mehrgrößenregelkreisen im Kapitel 8. Wegen des begrenzten Umfanges des Buches war es leider nicht möglich, die Betrachtung von klassischen Systemen unter diesem neuen Blickwinkel detailliert zu beschreiben. Mit dem Bus-Konzept kann man die Wirkungspläne von Mehrgrößenstrecken auch bei größerer Anzahl von Variablen n > 2 anschaulich und übersichtlich mit Übertragungsfunktionen darstellen, um die Wege zu einer perfekten Entkopplung zu finden. In der neuen Auflage ist außerdem das Kapitel 12 "Intelligente Regelung" von Überarbeitungen getroffen. Das sind die neuen Methoden der modellbasierten Regelung, die an mehreren Projekt-, Diplom-, Bachelor- und Master-Arbeiten unter meiner Betreuung in der Industrie ausprobiert und getestet wurden. Zum Schluß möchte ich meinen herzlichen Dank für die freundliche Atmosphäre, Unterstützung und jederzeit konstruktive Zusammenarbeit den beteiligten Mitarbeitern des Springer Vieweg Verlags aussprechen, insbesondere dem Cheflektor Elektrotechnik/ IT/ Informatik, Herrn Reinhard Dapper, und der Editorial-Assistentin, Frau Andrea Brossler. Wiesbaden, im Oktober 2013 Serge Zacher VII Inhaltsverzeichnis Formelzeichen ........................................................................................................ XIII 1 Einleitung (von M. Reuter und S. Zacher).............................................................1 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen (von M. Reuter).................15 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 3 Das Prinzip der Regelung ................................................................................3 Darstellung im Wirkungsplan ..........................................................................5 Gerätetechnische Ausführung eines Regelkreises ...........................................7 Das Prinzip der Steuerung ...............................................................................8 Beispiele für einfache Regelkreise ..................................................................9 Beispiele für vermaschte Regelkreise............................................................12 Beharrungszustand und Zeitverhalten eines Regelkreisgliedes.....................15 Das Aufstellen der Diffenrentialgleichung....................................................17 Lösung der Differentialgleichung..................................................................19 2.3.1 Spezielle Eingangsfunktionen.............................................................19 2.3.2 Lösung der Differentialgleichung bei sprunghafter Verstellung der Eingangsgröße.....................................................................................21 2.3.3 Lösung der Differentialgleichung durch Trennen der Veränderlichen..............................................................................22 2.3.4 Lösung der Differentialgleichung durch geeigneten Ansatz ..............23 2.3.5 Lösung mittels Laplace-Transformation. Die Übertragungfunktion ..25 2.3.6 Lösung der Differentialgleichung bei sinusförmiger Eingangsgröße.30 Beschreibung von Regelkreisen im Frequenzbereich....................................34 2.4.1 Der Frequenzgang ...............................................................................34 2.4.2 Die Ortskurve......................................................................................36 2.4.3 Beziehung zwischen Ortskurve und Sprungantwort ...........................39 2.4.4 Das Bode-Diagramm...........................................................................41 Beschreibung von Regelkreisen mit Übertragungsfunktionen ......................42 2.5.1 Verbindungsmöglichkeiten von Regelkreisgliedern...........................42 Behandlung des statischen Verhaltens...........................................................44 2.6.1 Statische Kennlinien ............................................................................45 2.6.2 Statischer Regelfaktor.........................................................................47 2.6.3 Linearisierung mit analytischen Verfahren.........................................48 2.6.4 Linearisierung mit grafischen Verfahren............................................50 Regelstrecke (von M. Reuter) ..............................................................................51 3.1 3.2 P-Strecken ohne Verzögerung............ ...........................................................53 P-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung.......................................................53 VIII 3.3 3.4 3.5 3.6 3.7 3.8 3.9 4 P-Strecken mit Verzögerung 2. Ordnung.......................................................59 Strecken höherer Ordnung.................. ...........................................................70 Schwingungsfähige P-Strecken 2. Ordnung ..................................................75 I-Strecken ohne Verzögerung.................................................. ......................83 I-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung........................................................86 Strecken mit Totzeit Tt...................................................................................92 Regelstrecken mit Totzeit und Verzögerung 1. Ordnung ..............................96 Regeleinrichtungen (von M. Reuter) .................................................................99 4.1 4.2 4.3 5 Inhaltsverzeichnis Elektronische Regler mittels Operationsverstärker .....................................101 Führungs- und Störverhalten des geschlossenen Regelkreises ....................104 4.2.1 Führungsübertragungsfunktion .........................................................104 4.2.2 Störübertragungsfunktion .................................................................106 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen ...................................................106 4.3.1 P-Regeleinrichtung............................................................................106 4.3.1.1 P-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T1-Strecke.........108 4.3.2 I-Regeleinrichtung ............................................................................112 4.3.2.1 I-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T1-Strecke..........114 4.3.2.2 I-Regeleinrichtung zur Regelung einer I-Strecke ................117 4.3.3 PI-Regeleinrichtung ..........................................................................118 4.3.3.1 PI-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T1-Strecke........120 4.3.3.2 PI-Regeleinrichtung zur Regelung einer I-Strecke..............124 4.3.4 D-Verhalten.......................................................................................125 4.3.5 PD-Regeleinrichtung.........................................................................127 4.3.5.1 PD-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T2-Strecke ......131 4.3.6 PID-Regeleinrichtung .......................................................................135 4.3.6.1 PID-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T2-Strecke.....140 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren (von M. Reuter) ...143 5.1 5.2 5.3 Bode-Diagramme einfacher Frequenzgänge................................................143 5.1.1 Bode-Diagramm eines P0-Gliedes ....................................................144 5.1.2 Bode-Diagramm eines I-Gliedes.......................................................144 5.1.3 Bode-Diagramm eines D-Gliedes .....................................................146 5.1.4 Bode-Diagramm eines P-Gliedes mit Verzögerung 1. Ordnung.......147 5.1.5 Bode-Diagramm eines PI-Gliedes.....................................................148 5.1.6 Bode-Diagramm eines PD-Gliedes ...................................................150 5.1.7 Bode-Diagramm eines P-T2-Gliedes.................................................152 Darstellung in Reihe geschalteter Glieder im Bode-Diagramm ..................153 5.2.1 Konstruktion des Bode-Diagramms mittels Einzelfrequenzgängen 153 5.2.2 Konstruktion mittels Asymptoten (aktualisiert von S. Zacher) ........156 Numerische Berechnung des Bode-Diagramms ..........................................163 Inhaltsverzeichnis 6 Stabilitätskriterien (von M. Reuter) ................................................................167 6.1 6.2 6.3 6.4 7 Stabilitätskriterium nach Hurwitz................................................................168 Stabilitätskriterium nach Nyquist ................................................................174 6.2.1 Graphische Ermittlung der Ortskurve bei gegebener PolNullstellenverteilung.........................................................................175 6.2.2 Ableitung des Nyquist-Kriteriums ....................................................178 6.2.3 Anwendung des Nyquist-Kriteriums ................................................180 Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm.........................185 6.3.1 Vereinfachtes Nyquist-Kriterium .....................................................190 6.3.2 Stabilitätsgüte und Phasenrand .........................................................191 Stabilitätsuntersuchung mittels Zweiortskurvenverfahren ..........................195 6.4.1 Konstruktion der negativ inversen Ortskurve der Strecke................197 Das Wurzelortskurvenverfahren (von M. Reuter).......................................201 7.1 7.2 8 IX Analytische Berechnung der Wurzelortskurve ............................................203 Geometrische Eigenschaften von Wurzelortskurven...................................213 Entwurf von linearen Regelkreisen (von S. Zacher)....................................221 8.1 8.2 8.3 8.4 8.5 8.6 8.7 Gütekriterien des Zeitverhaltens..................................................................221 Praktische Einstellregeln..............................................................................224 8.2.1 Grob approximierte Strecke..............................................................224 8.2.2 Fein approximierte Strecke ...............................................................228 Integralkriterien............................................................................................233 Einstellregeln im Frequenzbereich ..............................................................236 8.4.1 Frequenzkennlinienverfahren ............................................................236 8.4.2 Betragsoptimum ................................................................................240 8.4.3 Symmetrisches Optimum ..................................................................242 Entwurf von Regelkreisen mit instabilen Strecken......................................247 8.5.1 Instabile P-T1-Glieder .......................................................................247 8.5.2 Instabile P-T2-Glieder .......................................................................249 8.5.3 Beispiele von instabilen Regelstrecken ............................................252 Vermaschte Regelung ..................................................................................255 8.6.1 Regelung mit Hilfsregelgrößen.........................................................255 8.6.2 Kaskadenregelung.............................................................................256 8.6.3 Begrenzungsregelung .......................................................................258 8.6.4 Störgrößenaufschaltung ....................................................................260 Mehrgrößenregelung....................................................................................262 8.7.1 Regelstrecken mit mehreren Ein- und Ausgangsgrößen...................262 8.7.2 P-kanonische Form ...........................................................................263 8.7.3 V-kanonische Form............................................................................264 8.7.4 Dezentrale Regelung einer Mehrgrößenstrecke.................................265 8.7.5 Stabilität der dezentralen Zweigrößenregelung .................................266 X Inhaltsverzeichnis 8.7.6 Entwurf einer Entkopplungsregelung ...............................................267 8.7.7 Bus-Konzept zur Darstellung der Mehrgrößenstrecken ...................269 9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis (von M. Reuter) ...................................271 9.1 9.2 9.3 Harmonische Balance ..................................................................................275 Ermittlung spezieller Beschreibungsfunktionen ..........................................276 9.2.1 Beschreibungsfunktion eines Gliedes mit Sättigung ........................277 9.2.2 Beschreibungsfunktion eines Gliedes mit toter Zone .......................279 9.2.3 Beschreibungsfunktion eines Gliedes mit Hysterese........................282 9.2.4 Beschreibungsfunktion eines Dreipunktreglers ohne Hysterese ......285 Stabilitätsuntersuchungen an nichtlinearen Regelkreisen ...........................287 9.3.1 Dreipunktregler mit nachgeschaltetem Stellmotor ...........................288 9.3.2 Untersuchung eines Regelkreises mit Ansprechempfindlichkeit .....292 10 Unstetige Regelung (von M. Reuter)................................................................295 10.1 Idealer Zweipunktregler an einer P-Strecke höherer Ordnung ....................296 10.2 Zweipunktregler mit Hysterese an einer P-Strecke 1. Ordnung ..................302 10.3 Zweipunktregler mit Rückführung...............................................................305 10.3.1 Zweipunktregler mit verzögerter Rückführung ...............................306 10.3.2 Zweipunktregler mit verzögert-nachgebender Rückführung ...........310 10.4 Dreipunktregler ............................................................................................312 10.4.1 Dreipunktregler mit Rückführung....................................................313 11 Digitale Regelung (von S. Zacher) ...................................................................315 11.1 Digitale Regeleinrichtungen ........................................................................315 11.2 Abtastregelung .............................................................................................319 11.2.1 Wirkungsweise von digitalen Regelkreisen.....................................320 11.2.2 Rechenzeit........................................................................................323 11.2.3 Beschreibungsmethoden ..................................................................324 11.3 Quasikontinuierliche Regelung....................................................................327 11.3.1 Wahl der Abtastperiode ...................................................................327 11.3.2 Praktische Einstellregeln..................................................................327 11.4 Beschreibung von Abtastsystemen im Zeitbereich......................................330 11.4.1 Differenzengleichungen...................................................................330 11.4.2 Aufstellen der Differenzengleichungen ...........................................330 11.4.3 Lösung der Differenzengleichungen mittels Rekursion ..................331 11.4.4 Exakte Lösung der Differenzengleichungen....................................331 11.4.5 Digitalisierung analoger Regelalgorithmen .....................................335 11.4.6 Stabilitätsbedingung für Abtastsysteme...........................................341 11.5 Beschreibung von digitalen Systemen im z-Bereich....................................343 11.5.1 Die z-Transformation .......................................................................343 11.5.2 Die z-Übertragungsfunktionen.........................................................346 Inhaltsverzeichnis XI 11.5.3 Digitale Übertragungsfunktionen von einzelnen Elementen ...........348 11.5.4 Digitale Führungsübertragungsfunktionen ......................................351 11.5.5 Stabilitätskriterien für digitale Regelkreise .....................................352 12 Intelligente Regelung (von S. Zacher) .............................................................357 12.1 Modellbasierte Regelung .............................................................................357 12.1.1 Kompensationsregler .......................................................................357 12.1.2 Smith-Prädiktor................................................................................359 12.1.3 PFC (Predictive Function Control) ..................................................361 12.1.4 SPFC (Simplified Predictive Function Control)..............................362 12.1.5 ASA-Control (Regelung nach dem Antisystem-Approach).............364 12.1.6 AFIC (Adaptive Filter for Identification and Control) ....................365 12.1.7 Dead-Beat-Regler (Regler mit endlicher Einstellzeit) .....................367 12.2 Fuzzy-Regler ................................................................................................371 12.2.1 Funktionsweise und Aufbau eines Fuzzy-Reglers ...........................371 12.2.2 Fuzzy-Mengen und Zugehörigkeitsfunktionen ................................372 12.2.3 Regelbasis und Inferenz...................................................................374 12.2.4 Defuzzifizierung...............................................................................375 12.3 Neuro-Regelung ...........................................................................................377 12.3.1 Grundmodell eines künstlichen Neurons .........................................377 12.3.2 Mehrschicht-KNN und Backpropagation ........................................379 12.3.3 Regelkreisstrukturen mit KNN ........................................................383 13 Zustandsregelung (von S. Zacher) .................................................................387 13.1 Zustandsebene ............................................................................................387 13.1.1 Zustandsebene eines linearen Systems.........................................388 13.1.2 Stabilitätsuntersuchung in der Zustandsebene .............................390 13.1.3 Zustandsrückführung eines nichtlinearen Systems ......................394 13.2 Zustandsraum..............................................................................................397 13.3 Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit.............................................................400 13.4 Entwurf von Regelkreisen mittels Polzuweisung .......................................402 13.4.1 Zustandrückführung .....................................................................402 13.4.2 Vorfilter........................................................................................404 13.4.3 Ausgangsrückführung...................................................................405 13.4.4 Störgrößenaufschaltung................................................................408 13.4.5 Beobachterentwurf .......................................................................410 13.5 Optimale Zustandsregelung nach LQ-Kriterien ..........................................413 13.5.1 Optimale Zustandsrückführung....................................................414 13.5.2 Entwurf eines optimalen Beobachters..........................................416 XII Inhaltsverzeichnis 14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink (von S. Zacher)............... 417 14.1 14.2 14.3 14.4 14.5 14.6 Grundlagen der MATLAB-Programmierung .............................................417 Grafik mit MATLAB..................................................................................421 Control System Toolbox.............................................................................426 Bode-Diagramm mit MATLAB..................................................................429 WOK mit MATLAB...................................................................................432 Einführung in MATLAB / Simulink ..........................................................438 15 Lösungen der Übungsaufgaben (von M. Reuter und S. Zacher)............ 441 Anhang ............................................................................................................ 465 Rechenregeln der Laplace-Transformation (von M. Reuter) ......................................465 Korrespondenztabelle (von M. Reuter).......................................................................466 Sätze der Laplace- und z-Transformation (von M. Reuter).........................................467 Tabelle der Laplace- und z-Transformation (von M. Reuter) .....................................468 Tabelle der wichtigsten Regelkreisglieder (von M. Reuter) .......................................470 Literaturverzeichnis (von S. Zacher) ............................................................... 476 English-German Symbols Directory (von S. Zacher) ..................................... 483 Fachwörter Deutsch-Englisch (von S. Zacher) ............................................... 491 Sachwortverzeichnis...................................................................................... 505 XIII Formelzeichen A A AM A1, A2... AR a0, a1... Fläche, Querschnitt, Schwingungsamplitude, Gewindesteigung Systemmatrix bzw. Dynamikmatrix Systemmatrix des Beobachters Koeffizienten der charakteristischen Gleichung P(w) Betragsreserve (Amplitudenreserve) Koeffizienten der Differentialgleichung, der Fourier-Zerlegung, der z-Übertragungsfunktion, Beiwerte der Eingangsgröße und deren Ableitungen B Steuermatrix bzw. Eingangsmatrix b Dämpfungskonstante b0, b1... Koeffizienten der Differentialgleichung, der Fourier-Zerlegung, der z-Übertragungsfunktion, Beiwerte der Ausgangsgröße und deren Ableitungen C Kapazität, Kondensator, Integrationskonstante, Konzentration C Beobachtungsmatrix bzw. Ausgangsmatrix Koppelfaktor, Koeffizient, C0 C0 Controlability Matrix, Steuerbarkeitsmatrix c Federkonstante, spezifische Wärme D Dämpfungsgrad, Determinante d Dicke, Sollwert eines Neuronausgangs d Störgrößenvektor E Fehler eines künstlichen neuronalen Netzes e Regeldifferenz e(∞) F f G bleibende Regeldifferenz e(t) bei t → ∞ Kraft Funktion, Frequenz Erfüllungsgrad einer Fuzzy-Regel, auch Matrix Frequenzgang G(jω) |G(jω)|dB Amplitudengang in dB G(s) Übertragungsfunktion G(z) z-Übertragungsfunktion Ggesch(s) Übertragungsfunktion des geschlossenen Kreises GH(s) Übertragungsfunktion des Haltegliedes GHS(z) z-Übertragungsfunktion Halteglied/Strecke G0(s) Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises GM(s) Übertragungsfunktion des gewünschten Regelverhaltens XIV Formelzeichen GR(s) GS(s) Gv(s) Gvorw(s) Gw(s) Gz(s) Übertragungsfunktion der Regeleinrichtung Übertragungsfunktion der Regelstrecke Übertragungsfunktion des Vorfilters Übertragungsfunktion des Vorwärtszweigs Führungsübertragungsfunktion Störübertragungsfunktion g H H h I i ia ie Gewichtsfunktion, Erdbeschleunigung Höhe, Füllstandshöhe, magnetische Feldstärke Systemmatrix eines Systems mit Zustandsrückführung Abstand, Höhe (Abweichung vom Arbeitspunkt), Übergangsfunktion Einheitsmatrix Strom Ankerstrom Erregerstrom J j Massenträgheitsmoment, auch Funktional, Integralkriterium imaginäre Einheit j = − 1 K K KD Kd KI Kkr K0 KP KPM KPR KPr KPS KPw KPSy KPSz KS Ky Übertragungsbeiwerte, Koeffizienten, Konstante Zustandsrückführung Differenzierbeiwert Störgrößenaufschaltung Integrierbeiwert kritischer Proportionalbeiwert Kreisverstärkung Proportionalbeiwert Proportionalbeiwert des Modells Proportionalbeiwert des Reglers Proportionalbeiwert des Smith-Prädiktors Proportionalbeiwert der Strecke Proportionalbeiwert des geschlossenen Kreises (Führungsverhalten) Proportionalbeiwert der Strecke beim Stellverhalten Proportionalbeiwert der Strecke beim Störverhalten Übertragungsbeiwert der Strecke Ausgangsrückführung k L L Wärmedurchgangszahl, Konstante Leistung, Induktivität, Länge Rückführung des Beobachters Formelzeichen L[...] l M m N N(s) N ( xˆe ) Laplace-Transformierte von [...] Länge Masse, Moment Ordnung des Zählerpolynoms der Übertragungsfunktion, Masse Vorfilter, Scaling Factor, Windungszahl einer Wicklung Nennerpolynom n ni nl nr Ob Drehzahl, Anzahl von Halbwellen, Ordnung der Übertragungsfunktion Anzahl der Pole auf der imaginären Achse Anzahl der Pole in der linken s-Ebene Anzahl der Pole in der rechten s-Ebene Observability Matrix, Beobachtungsmatrix P P P(w) P(z) Pe Leistung, Druck Vektor der Polstellen Polynom der charakteristischen Gleichung im w-Bereich Polynom der charakteristischen Gleichung im z-Bereich elektrische Heizleistung p Q Q Qabs QITAE Qlin Qqrs Druck, Polstelle Wärmemenge, Durchflüßmenge, Güteindex positiv semidefinite symmetrische Matrix Betrag der linearen Regelfläche zeitgewichtete Betragsfläche lineare Regelfläche quadratische Regelfläche q R R RF Durchfluss elektrischer bzw. magnetischer Widerstand, Gaskonstante positiv definite symmetrische Matrix statischer Regelfaktor Beschreibungsfunktion r Radius S0, S1... Schnittpunkte der Ortskurve bzw. des Bode-Diagramms SB Beobachtbarkeitsmatrix SM SS Modellmatrix, Matrix des Beobachters s sN sP komplexe Variable s=σ+jω Nullstellen Polstellen Steuerbarkeitsmatrix XV XVI Formelzeichen T TA Tan Taus TE Te Tg Th TI TM Tn TR Tt Tu Tv Tw Zeitkonstante, Periodendauer Abtastzeit Anregelzeit Ausregelzeit Ersatzzeitkonstante Schwingungsperiode Ausgleichszeit Länge des Prädiktionshorizontes Integrierzeit Zeitkonstante des Modells Nachstellzeit Verzögerungszeitkonstante des Reglers Totzeit Verzugszeit Vorhaltzeit Zeitkonstante eines geschlossenen Regelkreises t ta, te tw t10, t50 Zeit Ausschaltzeit, Einschaltzeit Koordinate des Wendepunktes Zeitpunkte für die Regelgröße von 10%, 50% stationäres Wertes U u u uD Spannung zeitlich veränderliche Spannung (Abweichung vom Arbeitspunkt), auch Eingangsgröße Eingangsvektor bzw. Stellgrößenvektor Differenzspannung des Operationsverstärkers V V V(s) v v W w w0 Ventil, Volumen, Verstärkungsgrad Hilfsmatrix zur Ermittlung der Ausgangsrückführung Übertragungsfunktion einer Mehrgrößenstrecke in V-kanonischer Struktur Geschwindigkeit, Ausgang eines verdeckten Neurons Transferfunktion eines Neurons Gewicht eines Neurons Führungsgröße, Sollwert, Operator der bilinearen Transformation Höhe des Sollwertsprungs X Xh Regelgröße, Weg Regelbereich x Regelgröße (Abweichung vom Arbeitspunkt), Weg Formelzeichen XVII x x(t) x(0) Zustandsvektor Sprungantwort Anfangswert bei t = 0 x(∞) xa, xe Beharrungswert bei t → ∞ Ausgangsgröße, Eingangsgröße (allgemein) x̂ a Amplitude der Ausgangsgröße xB xE xe0 x̂ e Sättigungszone Endwert Eingangssprung Amplitude der Eingangsgröße 2xL xMA xm 2x0 xr xref xs xt x50 Yh Y0 Hysteresebreite Mittelwertabweichung Überschwingweite Schwankungsbreite Rückführgröße Referenzgröße Sollwert tote Zone Zeit-Prozentkennwert Stellbereich Stellgröße im Arbeitspunkt y y yR Stellgröße Ausgangsvektor Stellgröße am Ausgang der Regeleinrichtung Z Z [...] Z(s) Z0 Impedanz z-Transformierte von [...] Zählerpolynom Störgröße im Arbeitspunkt z z0 Störgröße, komplexe Variable bei z-Transformation, Nullstelle bei Matlab Höhe des Störsprungs α Abklingkonstante, Aktivierung, Konstante der Korrespondenztabelle, Skalierungsfaktor, Winkel, Winkelposition Kennkreisfrequenz, Kreisfrequenz des ungedämpften Systems, Zeitskalierungsfaktor, auch Aktivierung eines Neurons spezifisches Gewicht Kennzeichnung von Größenänderung Impulsfunktion, Nadelimpuls β γ Δ δ XVIII η θ ϑ λ μ (...) ρ σ τ υ ĭ ϕ ϕRd ϕ (ω) ω ωd ωE ωe ωkr Formelzeichen Zähigkeit von Gasen, Lernschrittkonstante Schwellenwert Temperatur Wurzel der homogenen Differentialgleichung, Eigenwerte, auch Wärmeleitfähigkeit Zugehörigkeitsfunktion Dichte Einheitssprung Zeit, Maschinenzeit Anzahl der Schnittpunkte der Ortskurve bzw. des Phasengangs Wärmestrom, Fluss, Erregerfluss Winkel, Phasenverschiebungswinkel Phasenreserve Phasengang Kreisfrequenz, Winkelgeschwindigkeit Durchtritts(kreis)frequenz Eck(kreis)frequenz Eigenkreisfrequenz kritische Kreisfrequenz Indizes A a akt C D F f G HT M m.R. n 0 o.R. p TG W AnkerAbfluss- , Ausbreitungaktueller Wert Feder- , KondensatorDämpfer- , DifferenzierFilterFederGewichtHöher-Tiefer Motor- , Moment-, auch Modell„mit Regler“-Verhalten negativ Anfangspunkt-, Arbeitspunkt-, aufgeschnittener (offener) Kreis, Leerlauf „ohne Regler“-Verhalten positiv TachogeneratorWasser- 1 1 Einleitung Die Regelungstechnik gehört zu den Grundlagenfächern der Ingenieurwissenschaften, die sich mit der selbsttätigen Regelung einzelner Arbeitsvorgänge sowie geschlossener Produktionsabläufe befasst. Die zunehmende Automation ist durch die rapide Verbreitung von Regelungssystemen und durch eine Expansion ihres Anwendungsbereiches gekennzeichnet. Mit Hilfe von Prozessrechnern werden auch komplexere Regelalgorithmen digital realisiert. Durch die Bustechnologie und die Vernetzung ist es heute möglich kompliziertere Systeme zu regeln, als dies mit den klassischen Regeleinrichtungen möglich war. Das Wesentliche einer Regelung besteht in einem Rückkopplungszweig, der dazu dient, die zu regelnde Größe (die Regelgröße) von Störeinflüssen unabhängig zu machen, so dass sie stets einen vorgegebenen Wert beibehält. In technischen Anlagen sind die zu regelnden Größen physikalischer Natur, so z. B. Druck, Temperatur, Drehzahl, Durchfluss, Flüssigkeitsstand, Strom, Spannung usw. Der Beginn der Regelungstechnik lässt sich nicht genau datieren. Bereits 1765 hat Polsunow einen Regler zur Wasserstandsregelung in einem Kessel über Schwimmer und Absperrklappe erfunden. Eine größere Bedeutung erlangte der 1788 von James Watt erfundene Zentrifugalregulator, der zur Drehzahlregelung von Dampfmaschinen benutzt wurde. Wie Bild 1.1 zeigt, besteht der Zentrifugalregulator aus zwei Massen 1, die durch die Arme 2 pendelnd gelagert sind. Bei Rotation der Welle 3 werden die beiden Massen infolge der Zentrifugalkraft nach außen bewegt. Diese Kraft wirkt über das Gestänge 4 auf die Muffe 5. Als Gegenkraft ist die Feder 6 wirksam, die der durch die Zentrifugalkraft auf die Muffe ausgeübten Kraft das Gleichgewicht hält. Einer bestimmten Federspannung entspricht eine ganz bestimmte Drehzahl. 2 6 1 4 5 3 Dampf Bild 1.1 Zentrifugalregulator S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_1, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2014 2 1 Einleitung Nimmt aus irgendeinem Grund die Dampfzufuhr zu und damit die Drehzahl, so wird infolge der größeren Zentrifugalkraft die Feder stärker gespannt, die Muffe angehoben und das Ventil etwas geschlossen. Dadurch wird die Dampfzufuhr gedrosselt, bis die ursprüngliche Drehzahl wieder erreicht ist. Sinkt nun infolge einer höheren Belastung die Drehzahl ab, so würde bedingt durch die Rückkopplung das Ventil so weit geöffnet, bis der durch die Feder eingestellte Sollwert wieder erreicht wird. Der Mensch ist immer bestrebt, empirisch Gefundenes theoretisch zu konsolidieren. Die erste vollständige Theorie des Regelkreises gelang (1868) Clerk Maxwell und (1877) Wyschnegradski. Ein weiteres Problem besteht darin, dass in einem Regelsystem, bedingt durch den Rückkopplungszweig, beim Auftreten einer äußeren Störung eine unerwünschte Erscheinung auftreten kann, die gegebenenfalls zur Zerstörung der Anlage führt und als Instabilität bezeichnet wird. Diese Erscheinung trat erstmals bei der Regelung von Wasserturbinen auf und wurde zuerst von Routh (1877) und Hurwitz (1895) theoretisch gelöst. Später wurde eine weitere Zahl von Stabilitätskriterien entwickelt, mit deren Hilfe es möglich ist, die Bedingungen festzustellen, die zur Instabilität führen und welche Maßnahmen zu treffen sind, um dies zu beseitigen. Diese Entwicklung wurde stark von der Elektrotechnik geprägt, da die Regeleinrichtungen aus analogen Bauelementen wie Operationsverstärker bestanden. Mit Konrad Zuse, der den ersten freiprogrammierbaren digitalen Computer der Welt fertig stellte, fängt der Umbruch der Regelungstechnik an. 30 Jahre später kommt der erste Mikroprozessor auf den Markt (1971) und revolutioniert die Technik von analog zu digital mit einer wachsenden Anzahl von Anwendungen. Heute sind Automatisierungssysteme ohne Mikroprozessoren, Computer und speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) undenkbar. Ein Produktionssystem lässt sich als Pyramide, wie im Bild 1.2 gezeigt, darstellen. In der Feld- und Prozessebene findet man alle Komponenten des Regelkreises: Regelstrecke, Messfühler (Sensoren), Regler, Steller. Betriebsleitbene . Prozessleitebene . . .. Server Regler .. . . .. .. . .. SPS .................... SPS ............ Feldebene Feldbus Sensor Steller Strecke Bild 1.2 Produktionssystem als Automatisierungspyramide Prozess 1.1 Das Prinzip der Regelung 3 Erst im 20. Jahrhundert entdeckte man, angeregt durch die Erfolge der Regelungstechnik, dass die Prinzipien der Regelung nicht allein auf technische Vorgänge beschränkt sind, sondern ebenso im biologischen und sozialen Bereich auftreten. Betrachten wir z. B. den menschlichen Körper, so werden Blutdruck, Blutzuckergehalt, Körpertemperatur usw. ständig durch messende und regulierende Organe in engen Grenzen konstant gehalten. Auch im Zusammenleben verschiedener Lebewesen finden wir regelnde Gesetzmäßigkeiten. So fressen z.B. die Haie die Schollen. Gibt es aus irgendeinem Grund zu viele Schollen, so sind die Lebensbedingungen der Haie besonders günstig. Sie vermehren sich also. Eine größere Anzahl von Haien bedeutet eine Verminderung der Anzahl der Schollen und damit eine Verschlechterung der Lebensbedingungen der Haie, die sich dann ebenfalls wieder reduzieren. Nach einigen Pendelungen stellt sich ein stabiles Gleichgewicht ein bis eine neue Störung auftritt. All diese, in den verschiedensten Wissensgebieten, wie Technik, Biologie, Psychologie, Soziologie, Ökonomie usw. auftretenden analogen Probleme und Gesetzmäßigkeiten legen eine übergeordnete Wissenschaft nahe, für die Norbert Wiener (1948) den Begriff Kybernetik prägte. Die Kybernetik, als verbindende Brücke zwischen den Wissenschaften gedacht, hat sich nicht als eine selbständige, übergeordnete Disziplin durchsetzen können. Nur in der Biologie versuchte die Bio-Kybernetik die im menschlichen Gehirn stattfindenden Vorgänge durch Modelle zu simulieren und zu erklären. 1962 veröffentlicht Frank Rosenblatt sein Konzept der Neurodynamik. 12 Jahre später wurde der erste computergesteuerte Roboter entwickelt. Wenn diese und die nachfolgende Rechenautomaten auch partiell leistungsfähiger sind, so ist die Analogie mit den Regelvorgängen in der Biologie doch nur unvollkommen. Die Verhältnisse in der Biologie sind weit komplizierter, weil an der Regelung einer einzigen Größe sehr viele Faktoren beteiligt sind und eine gegenseitige Abhängigkeit vieler Regelkreise besteht. Heute werden die Untersuchungen in diesem Bereich von Computational Intelligenz oder Soft-Computing übernommen. Darunter versteht man Fuzzy-Logik, künstliche neuronale Netze, genetische Algorithmen, Data Mining, Image-Prozessing und andere Methoden, mit dem Bestreben, Regelalgorithmen zu finden, deren Funktionen dem menschlichen Verhalten immer ähnlicher werden. 1.1 Das Prinzip der Regelung Die Wirkungsweise und die Begriffe der Regelung sollen an einem einfachen, oft zitierten Beispiel behandelt werden. Raumtemperaturregelung Es soll die Temperatur ϑ ist in einem Raum auf einem vorgegebenen Wert ϑ soll (dem Sollwert) gehalten werden. Die Wärmezufuhr erfolgt durch Dampf oder Heißwasser über einen Radiator. Ohne Regler müsste man zunächst ein Thermometer in den Raum bringen, um festzustellen, ob die gewünschte Temperatur ϑ soll vorhanden ist. Liegt der Istwert ϑ ist 4 1 Einleitung unterhalb des Sollwertes ϑ soll dann wird man das Heizkörperventil mehr aufdrehen. Im umgekehrten Fall entsprechend zudrehen, bis die gewünschte Temperatur vorhanden ist (ϑ ist = ϑ soll). Die Differenz zwischen Soll- und Istwert nennt man Regeldifferenz ϑ e, d. h. (ϑ e = ϑ soll − ϑ ist). Diese Art der Regelung, bei der der Mensch tätig ist, bezeichnet man als manuelle Regelung oder Handregelung. Es ist nun zu untersuchen, weshalb an einem einmal richtig eingestellten Heizkörperventil überhaupt noch nachträglich Verstellungen zur Aufrechterhaltung der gewünschten Temperatur notwendig sind. Man erkennt leicht, dass sich z. B. die Außentemperatur ändern kann. Nehmen wir an, die Außentemperatur ϑ a sinkt, so wird das Wärmegefälle (ϑ ist − ϑ a) größer und damit die Wärmeabgabe durch die Wände und Fenster; die Temperatur ϑ ist fällt. Ferner kann es vorkommen, dass der Energiegehalt des Wassers oder des Dampfes schwankt und somit einer bestimmten Ventilstellung keine konstante Energiemenge pro Zeiteinheit zugeordnet werden kann. Weitere störende Einflüsse können entstehen durch das Öffnen von Fenstern oder durch Veränderung der Anzahl der im Raum befindlichen Personen. All diese Einflüsse, die eine Abweichung von der geforderten Temperatur ϑ soll verursachen, nennt man Störgrößen. Da diese Störgrößen nicht konstant sind, ist eine Regelung erforderlich, die sofort eingreift und die Wirkung der Störung beseitigt. Um die Raumtemperatur von Hand auf den Sollwert ϑ soll zu regeln, hatten wir folgende Funktionen auszuführen: 1. Messen der zu regelnden Größe 2. Vergleichen der Regelgröße mit dem Sollwert 3. Erzeugen eines geeigneten Stellbefehls 4. Verstellen des Stellorgans. Um die Raumtemperatur selbsttätig zu regeln, müssen die erwähnten vier Funktionen einer Regeleinrichtung übertragen werden, wie in Bild 1.3 schematisch gezeigt ist. ϑist R ϑa ϑsoll MF y z STV Bild 1.3 Raumtemperaturregelung Wärmeenergie MF R STV y z Messfühler Regler Stellventil Stellgröße Störgröße ϑ ist Temperatur-Istwert ϑ soll Temperatur-Sollwert ϑa Außentemperatur 1.2 Darstellung im Wirkungsplan 5 Hierbei ist jedoch der Begriff des Messens allgemeiner zu fassen. Die Messgröße muss geeignet sein, als Eingangssignal der Regeleinrichtung zu dienen. Ist dies nicht der Fall, so muss die Messgröße erst in einem Messumformer entsprechend umgeformt werden. Beispielsweise verwendet man zur Durchflussmessung von Gasen oder Flüssigkeiten den Differenzdruck an einer Blende; oder zur Messung der Drehzahl die Spannung, die von einem Tachogenerator erzeugt wird. Der eigentliche Regler besteht meistens aus einem Verstärker und einer Einrichtung zur Erzeugung des gewünschten Zeitverhaltens. Je genauer geregelt werden soll, desto empfindlicher muss der Regler auf eine Regeldifferenz reagieren. Die Energie der Regeldifferenz am Eingang des Reglers muss so verstärkt werden, dass am Ausgang genügend Energie zum Betätigen des Stellventils zur Verfügung steht. Unter dem Zeitverhalten eines Reglers versteht man die Reaktion des Reglers beim plötzlichen Auftreten einer Regeldifferenz, d. h. ob die Stellgröße sofort erzeugt wird oder erst nach einer gewissen Verzögerungszeit usw. Verfolgt man nun die einzelnen Stufen des Regelvorganges, so stellt man fest, dass es sich um einen geschlossenen Kreis handelt, dem sogenannten Regelkreis, denn das Stellen wirkt immer wieder auf das Messen zurück. Der Rückkopplungszweig, der durch die Regeleinrichtung gebildet wird und den Messort mit dem Stellort verbindet, ist das wesentliche Merkmal einer Regelung. 1.2 Darstellung im Wirkungsplan Die einzelnen Glieder des Regelkreises werden nach der DIN 19226 durch rechteckige Kästchen, Block genannt, symbolisiert (Bild 1.4a). Die Ein- und Ausgangssignale werden durch Wirkungslinien dargestellt, deren Pfeilspitzen die Wirkungsrichtung angeben. Zur genaueren Kennzeichnung wird in einem Block symbolisch angegeben, wie die Ausgangsgröße bei plötzlicher Änderung der Eingangsgröße reagiert. Außerdem werden die Stellen, an denen mehrere Signale zusammentreffen, durch eine Additionsstelle (Bild 1.4b) und Punkte, an denen eine Verzweigung eines Signals stattfindet, durch eine Verzweigungsstelle (Bild 1.4c) dargestellt. Der gesamte Regelkreis lässt sich als Aneinanderreihung von Blöcken wiedergeben. Diese Darstellung, welche die wirkungsmäßigen Zusammenhänge zwischen den a) xe b) xa xe1 + − c) xa −x+ e2 Bild 1.4 Elemente des Wirkungsplanes: a) Blocksymbol b) Additionsstelle xa = ± xe1 ± xe2 c) Verzweigungsstelle xa1 = xa2 = xe xe xa2 xa1 6 1 Einleitung ϑa ϑsoll + ϑe y Regler − ϑ*ist ϑist Stellglied Raum Messumformer Bild 1.5 Wirkungsplan des Temperaturregelkreises Signalen wiedergibt, wie in Bild 1.5 gezeigt, ohne gerätetechnische Einzelheiten zu berücksichtigen, wird nach der DIN 19226 als Wirkungsplan bezeichnet. Generell kann man nun den Regelkreis in zwei Bereiche unterteilen. Der 1. Bereich ist durch die Anlage gegeben, in dem eine physikalische Größe geregelt werden soll, die sogenannte Regelstrecke. Der 2. Bereich ist der Teil, der dazu dient, die Regelstrecke über das Stellglied so zu beeinflussen, dass die Regelgröße den gewünschten Wert innehält, die sogenannte Regeleinrichtung. Zur Regeleinrichtung zählen also der Messfühler, der Messumformer, bei Bedarf der Vergleicher, der Regler und das Stellglied. Das Stellglied lässt sich sowohl der Regelstrecke als auch der Regeleinrichtung je nach Zweckmäßigkeit zuordnen (Bild 1.6). Die Störgrößen können nun an verschiedenen Stellen des Regelkreises auftreten. In Bild 1.6 ist nur eine Störgröße gezeichnet, die zusammen mit der Stellgröße der Regeleinrichtung yR am Eingang der Strecke angreift. Dies ist aus folgendem Grund erlaubt: Sinkt die Störgröße z (Außentemperatur ϑ a) und demzufolge die Regelgröße x (Innentemperatur ϑ ist), so registriert der Messfühler eine Temperaturabnahme, kann aber nicht entscheiden, ob die Außentemperatur gesunken ist oder ob das Stellventil mehr zugedreht wurde. Ebenso registriert der Temperaturfühler eine Temperaturabnahme, wenn die zugeführte Wärmemenge pro Zeiteinheit abnimmt. Auch in diesem Fall kann der Messfühler nicht feststellen, ob der zugeführte Energieinhalt pro Zeiteinheit sich geändert hat oder das Stellventil verstellt wurde. Es ist also möglich, alle Störgrößen an den Stellort zu transformieren und als eine einzige Störgröße z zusammen mit der Stellgröße yR am Eingang der Strecke angreifen zu lassen. z e w + − Regeleinrichtung yR + + − yS Regelstrecke Bild 1.6 Vereinfachter Wirkungsplan eines Regelkreises x 1.3 Gerätetechnische Ausführung eines Regelkreises 7 Einheitsbezeichnungen Die in der Regelungstechnik zu regelnden Größen können sehr unterschiedlicher physikalischer Natur sein. Zur Vereinheitlichung werden die Regelgröße mit xist, der Sollwert mit xsoll, die Differenz zwischen xsoll und xist als Regeldifferenz e und die Stellgröße mit y bezeichnet, gleichgültig, ob es sich bei der zu regelnden Größe um die Temperatur in einem Glühofen, die Geschwindigkeit eines Walzgutes oder den pHWert einer Säure handelt. Ferner wird die Regelgröße xist einfach als x bezeichnet und anstelle des Sollwertes xsoll wird die Bezeichnung Führungsgröße w angewandt. Wie wir noch sehen werden, interessieren bei einer Regelung weniger die Absolutwerte, sondern die Änderungen der Größen. Diese Änderungen werden im Gegensatz zu den Absolutwerten durch kleine Buchstaben gekennzeichnet. 1.3 Gerätetechnische Ausführung eines Regelkreises Es gibt viele Möglichkeiten zur praktischen Verwirklichung der Regelung. Davon soll eine anhand der Positionsregelung einer Antenne behandelt werden (Bild 1.7). Der aktuelle Winkel αx wird durch ein Potentiometer gemessen und in die Spannung Ux umgewandelt. Durch einen Vergleich mit dem Sollwert Uw wird die Spannungsdifferenz Ue = Uw − Ux gebildet. Ist Uw = Ux bzw. Ue = 0, bleibt der Motor stehen. Vergrößert sich der Winkel αx, so vergrößert sich die Spannung Ux. Da die Sollwertspannung Uw konstant ist, entsteht dabei eine negative Spannung Ue. Diese Spannung verstärkt durch zwei Verstärkungsstufen (Regler, Leistungsverstärker) ergibt die Ansteuerung des Motors UA. Der Motor bewegt die Antenne und den Gleitkontakt des Potentiometers bis Uw = Ux bzw. der Winkel αx dem Sollwert αw gleich ist. Istwert PotentiometerMessfühler − Getriebe LeistungsVerstärker ωx + x(t) Motor ωM UA αx Ux PotentiometerSollwertgeber − Uy Regler Uw + αw Sollwert Bild 1.7 Gerätetechnische Ausführung der Positionsregelung einer Antenne 8 1 Einleitung 1.4 Das Prinzip der Steuerung Unter bestimmten Voraussetzungen lässt sich eine Größe auch durch Steuern auf einem vorgegebenen Wert, der konstant oder zeitlich veränderlich sein kann, halten. Betrachten wir hierzu als Beispiel die Konstanthaltung der Winkellage einer Antenne durch Steuern unter der vereinfachenden Annahme, dass als einzig maßgebende Störgröße z die Schwankung der Windstärke auf die Antenne wirkt (Bild 1.8). Zunächst sei das Steuergerät so eingestellt, dass der Antennenwinkel αx gleich dem vorgegebenen Sollwert αw ist und die Ansteuerungsspannung des Motors gleich Null ist. Tritt nun eine Zunahme der Windgeschwindigkeit (Störgröße z) auf, so würde ohne Steuergerät die Winkelposition der Antenne geändert. Mit Steuergerät wird die Zunahme der Windgeschwindigkeit durch den Messfühler dem Steuergerät sofort gemeldet und von diesem der Motor angesteuert. Die vorhandene Änderung der Position wird dadurch ausgeglichen und der Antennenwinkel konstant gehalten. Im Gegensatz zur Regelung handelt es sich um eine offene Wirkungskette (Bild 1.9). Der Nachteil der Steuerung gegenüber der Regelung besteht darin, dass nicht alle Störgrößeneinflüsse eliminiert werden, sondern nur der, dessen Größe vom Steuergerät gemessen wird. Ferner ist Voraussetzung, dass das Verhalten der Strecke zahlenmäßig genau bekannt ist. Als Vorteil gegenüber der Regelung ist hervorzuheben, dass infolge des fehlenden Rückkopplungszweiges keine Instabilität auftreten kann. Im Idealfall wird der Sollwert genau eingehalten, während bei einer Regelung, beim Auftreten einer Störgrößenänderung, zumindest eine vorübergehende Abweichung der Regelgröße vom Sollwert auftritt. Störgröße z Messfühler Steuergerät (SPS) αx Istwert UZ ωx Getriebe UA x(t) ωM Motor Bild 1.8 Steuerung der Winkellage einer Antenne Uz z Messfühler Steuergerät y = UA Bild 1.9 Wirkungsplan einer Steuerung x = αx Strecke 1.5 Beispiele für einfache Regelkreise 9 1.5 Beispiele für einfache Regelkreise Temperaturregelung Die Raumtemperatur x soll mittels pneumatischer Regeleinrichtung geregelt werden (Bild 1.10). PV Vordrossel Federbalg PSt = y Düse x zum Radiator w Bild 1.10 Gerätetechnische Ausführung einer Raumtemperatur-Regelung Die Temperatur wird durch ein Flüssigkeitsausdehnungsthermometer gemessen. Bei Temperaturzunahme vergrößert sich das Flüssigkeitsvolumen und expandiert in den Federbalg. Dieser dehnt sich aus und drückt den Hebelarm entgegen der Federkraft, an welcher der Sollwert eingestellt werden kann, nach unten (Vergleichsstelle). Das rechte Ende steuert die Düsenöffnung zu und der Druck PSt in der Steuerleitung steigt an. Infolge des Druckanstiegs steigt auch die Kraft auf dem Membranteller PSt⋅A, die die Ventilspindel um einen Weg s nach unten bewegt bis die Federkraft gleich der Membrankraft ist. Der Verstärker arbeitet nach dem Düse-Prallplatte-System. Bei geschlossener Düse wird der Steuerdruck PSt gleich dem Vordruck PV. Wird der Abstand Düse-Prallplatte vergrößert, so vermindert sich der Austrittswiderstand, während der Widerstand der Vordrossel konstant bleibt. Zwischen dem konstanten Vordruck PV und dem äußeren Atmosphärendruck besteht ein Druckgefälle, das entsprechend den Drosselwiderstand aufgeteilt wird. Druckregelung in einer Rohrleitung In einer Rohrleitung soll der Luftdruck unabhängig von Belastungsschwankungen auf einem konstanten Wert gehalten werden. Die Freistrahldüse ist in Punkt 1 drehbar gelagert (Bild 1.11). Der Sollwert xs wird durch die Schraube und Feder eingestellt. Ist die Regelgröße x gleich dem Sollwert xs, dann befindet sich das Strahlrohr in einer symmetrischen Lage zu den beiden gegenüberliegenden Kanälen. Der Druck auf der Unterseite des Steuerkolbens ist gleich dem auf der Oberseite, der Kolben bleibt in 10 1 Einleitung P=x 1 ⋅ Öl xs Bild 1.11 Luftdruckregelung in einem Windkanal Ruhe und ebenso die Drosselklappe. Bei geringerem Verbrauch steigt der Druck P und die Membrankraft bewegt die Düse entgegen der Federkraft nach unten. Dadurch wird der untere Kanal mehr beaufschlagt als der obere und der Kolben bewegt sich nach oben. Die Verstellung der Klappe bewirkt eine Druckabnahme in der Rohrleitung und das Strahlrohr bewegt sich nach oben bis es den beiden Kanälen symmetrisch gegenüber steht und der Druck P gleich dem Sollwert xs ist. Ist umgekehrt der Verbrauch zu groß, dann sinkt der Druck, die Düse bewegt sich nach oben, der Kolben nach unten und die Drosselklappe wird mehr geöffnet. Sendeleistungsregelung eines Mobiltelefons Ein Handy kann unter Vereinfachungen aus zwei Teilen dargestellt werden: einem Register und einem Sender (Bild 1.12). Die Sendeleistung Lh des Mobiltelefons wird während der Freiraumausbreitung gedämpft. Dadurch wird die Empfangsleistung List der Zentrale geschwächt, d. h. List = Lh – La. Mobilstation Feststation LSoll − + List Lh + Empfangsleistung − Sender Sendeleistung La Le Dämpfung bei Ausbreitung Höher-Tiefer -Taster Register Höher-Tiefer-Signal SHT Bild 1.12 Sendeleistungsregelung eines Handy 1.5 Beispiele für einfache Regelkreise 11 In der Feststation (Zentrale) soll die Empfangsleistung List mit Hilfe eines HöherTiefer Tasters (Regler) auf die gewünschte konstante Leistung Lsoll gebracht und in Form eines Höher-Tiefer-Signals SHT an das Handy gesendet werden. Drehzahlregelung eines Gleichstrommotors Der Gleichstrommotor, dessen Drehzahl geregelt werden soll, hat eine konstante Fremderregung, während die Klemmenspannung UA von einem Thyristor-Stromrichter geliefert wird (Bild 1.13). Die zu regelnde Drehzahl n wird durch einen Tachogenerator TG gemessen, der eine der Drehzahl proportionale Spannung UTG erzeugt. Diese wird durch das nachgeschaltete Tiefpass-Filter geglättet und mit der am Potentiometer einstellbare Spannung Uw (Sollwert) verglichen. Die Differenzbildung erfolgt am Eingang des Drehzahlreglers (Operationsverstärker), dessen Beschaltung mit Widerständen und Kondensator das gewünschte Zeitverhalten erzeugt. Zur Ansteuerung des Thyristor-Stromrichters wird die Ausgangsgleichspannung des Reglers vom Steuersatz in Zündimpulse umgewandelt. Die Phasenlage der Zündimpulse bestimmt den Zündzeitpunkt der Thyristoren und damit den Mittelwert der Motorklemmenspannung. Bei Übereinstimmung von Istdrehzahl und Solldrehzahl, d. h. Ue = Uw – UTG = 0, ist die Ausgangsspannung des Reglers konstant. Die vom nachfolgenden Steuersatz abgegebenen Zündimpulse bewirken, dass die Ausgangsklemmenspannung des Thyristor-Stromrichters auf einen Wert eingestellt wird, der zur Deckung des erforderlichen Drehmoments notwendig ist. Wird das Lastmoment vergrößert, so fällt zunächst die Drehzahl n und damit die Tachometerspannung UTG. Die Regeldifferenz Ue = Uw – UTG wird größer, was zu einer größeren Aussteuerung des Verstärkers führt. Infolgedessen werden die Zündimpulse Sollwertgeber DrehzahlRegler Uw Ue Gleichstrommotor Zündimpulssteuersatz − + UA Thyristorstromrichter Ux Tiefpassfilter Bild 1.13 Drehzahlgeregelter Gleichstromantrieb M IA UTG = K⋅ n n MA Tachogenerator − TG + 12 1 Einleitung so verschoben, dass der Zündwinkel kleiner und damit der Mittelwert der Ankerspannung größer wird. Die Drehzahl steigt so lange an bis Ue = 0 ist. Wird der Motor entlastet, so steigt die Drehzahl n und entsprechend UTG. Die Regeldifferenz wird negativ, was zur Verringerung der Ausgangsspannung des Reglers führt bis schließlich bei Ue = 0 die Solldrehzahl wieder erreicht ist. Die Tatsache, dass der Regler auch eine Spannung abgibt, wenn die Summe der Eingangsspannungen Null ist, hängt mit der Beschaltung zusammen, die integrierend wirkt und in Kapitel 4 behandelt wird. Tatsächlich ausgeführte Gleichstromantriebe enthalten einen zusätzlichen Stromregelkreis zur Beschränkung des zulässigen Ankerstromes. Der Ausgang des Drehzahlreglers wirkt dann nicht wie in Bild 1.13 auf den Steuersatz, sondern dient als Sollwert des Stromreglers, der seinerseits den Steuersatz ansteuert. Zur Erfassung des Stromistwertes im Ankerkreis dient ein Stromwandler oder ein Shunt. 1.6 Beispiele für vermaschte Regelkreise Die bisher behandelten Regelkreise waren einläufige Regelkreise, bei denen nur eine Regelgröße mit Hilfe einer Stellgröße eingeregelt werden soll. Derartige einfache Regelkreise sind am häufigsten. Bei schwieriger zu regelnden Strecken ist es oft notwendig, mehrere Regelgrößen auf entsprechenden Sollwerten zu halten. Dabei geht man vom einläufigen zum vermaschten Regelkreis über. Festwert-Verhältnisregelung Es soll die Temperatur in einem gasbeheizten Glühofen geregelt werden (Bild 1.14). Außerdem ist das Verhältnis von Gas und Luft konstant zu halten, damit eine optimale Verbrennung stattfindet. xsoll Regler 1 .. .. .. .. xist Gas Mess 1 w Glühofen Bild 1.14 Temperaturregelung in einem Glühofen Mess 2 Regler 2 .. .. .. .. Luft 1.6 Beispiele für vermaschte Regelkreise 13 Die Temperatur xist im Ofen wird von einem Thermoelement gemessen und in der Regeleinrichtung Regler 1, mit dem Sollwert xsoll verglichen. Ist die Temperatur xist kleiner als xsoll, so wird das Ventil 1 mehr geöffnet. Der dadurch erhöhte Gasdurchsatz verursacht an der Messblende Mess 1 einen größeren Differenzdruck, der als Führungsgröße W des Reglers 2 dient. An der Messblende Mess 2 wird der Luftdurchsatz gemessen, in Regler 2 mit w verglichen und das Stellventil so verstellt, bis das gewünschte Verhältnis des Gas-Luft-Gemisches erreicht ist. Hierbei dient zur Regelung der Ofentemperatur eine Festwertregelung und gleichzeitig wird die Gas-LuftZusammensetzung durch eine Verhältnisregelung vorgenommen Kaskadenregelung In einem chemischen Reaktor soll die Temperatur geregelt werden (Bild 1.15). Die Wärmezufuhr erfolgt durch Warmwasser, das in einem Wärmeaustauscher erzeugt wird. Der Wärmeaustauscher wird mit Dampf beheizt. Eine Verstellung am Dampfventil wirkt verzögernd auf die Wassertemperatur und diese nochmals verzögernd auf die Kesseltemperartur. Durch die Verzögerung mehrerer Strecken würde ein einziger Regler, der die Regelgröße xist durch die Dampfzufuhr regelt, diese nur sehr ungenau einhalten. Man verwendet zusätzlich einen Hilfsregler, der die Schwankungen der Warmwassertemperatur xhilf erfasst und über das Dampfventil wesentlich schneller ausregelt. Dadurch wird die dem Reaktionskessel zugeführte Wärmemenge konstant gehalten und nur bei Temperaturschwankungen im Reaktionskessel verändert. Reaktionskessel Pumpe Wärmeaustauscher xist xsoll Dampf Hauptregler Warmwasser xhilf w Hilfsregler Bild 1.15 Temperaturregelung in einem Reaktionskessel y 14 1 Einleitung xsoll + − e Hauptregler w + Hilfsregler − Folgeregelkreis Teilstrecke xhilf Teilstrecke xist Führungsregelkreis Bild 1.16 Wirkungsplan der Kaskadenregelung Der Hilfsregler bildet zusammen mit der Teilstrecke (Wärmeaustauscher) einen Regelkreis (Bild 1.16), der vom Hauptregler als eine Teilstrecke behandelt und zusammen mit der zweiten Teilstrecke (Reaktionskessel) in einem übergeordneten Regelkreis geregelt wird. Nach der DIN 19226 wird der Hauptregler als Führungsregler und der Hilfsregler als Folgeregler bezeichnet. Mehrgrößenregelung Das Stoffgemisch von zwei Produkten wird durch einen Molekularfilter getrennt (Bild 1.17). Der Molekularfilter besteht aus Hohlfaser-Membranen, die zu Hunderten in einer Plastikpatrone zusammengefasst sind. Das Stoffgemisch fließt quer zur Filtermembran und verursacht eine Druckdifferenz pist, welche den Durchfluss qist durch den Filter bestimmt. Die Änderung des Durchflusses beeinflußt die Konzentration der Lösung, die ihrerseits die Filtratsrate und folglich die Druckdifferenz pist beeinträchtigt. Die Regelung des Durchflusses erfolgt mit dem Stellventil Vq. Die Druckdifferenz pist wird mit Hilfe von zwei Geräten vor und nach dem Filter gemessen und mit dem Stellventil Vp geregelt. Die MehrgrößenreProdukt A Ventil Vq gelung wird mit zwei gekoppelten Reglern Rp qist + . . . . Rq realisiert. Die und qsoll ... . Rpq − gegenseitige Wirkung Regler Rq Produkt B .. .. .. . von qist und pist wird . mit Hilfe von Entkopp.. .. .. .. Regler R lungsblöcken Rqp und − p pist + Rqp Filter . . . . Rpq kompensiert. Durch psoll + ... . + Ventil Vp die Entkopplung wird eine bessere Regelgüte Stoffgemisch als mit zwei getrennten einschleifigen Regelkreisen erreicht. Bild 1.17 Mehrgrößenregelung einer verfahrenstechnischen Anlage mit dem Molekularfilter 15 2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen Von den Praktikern wird die genaue Beschreibung einer Strecke gern etwas geringschätzig bewertet mit dem Argument, dass die mathematischen Methoden kompliziert sind und an der Realität vorbeigehen. Jedoch lassen sich die Kennwerte einer Strecke, z. B. eines chemischen Prozesses, experimentell ermitteln und mit Hilfe der Theorie sinnvoll einordnen. Anliegen der Regelungstheorie ist es, die Zusammenhänge im Regelkreis zu erfassen und gegebenenfalls gezielt einzugreifen. Man kennt im voraus die Wirkung eines Regelparameters, ohne auf bloßes Probieren angewiesen zu sein. 2.1 Beharrungszustand und Zeitverhalten eines Regelkreisgliedes Wir haben in den vorangegangenen Betrachtungen gesehen, dass wir den Regelkreis im Wirkungsplan darstellen können und haben diesen in zwei Hauptblöcke unterteilt: • Die Regelstrecke • Die Regeleinrichtung. Jeder dieser Blöcke lässt sich nun wieder in einzelne rückwirkungsfreie Glieder zerlegen. Jedes dieser gerichteten Glieder hat einen Ein- und einen Ausgang. Rückwirkungsfrei bedeutet, dass das Signal das Glied nur vom Eingang zum Ausgang durchlaufen kann, nicht in umgekehrter Richtung (Bild 2.1). xe xa Bild 2.1 Blocksymbol eines Regelkreisgliedes Man unterscheidet zwischen dem Beharrungszustand (statisches Verhalten) und dem Zeitverhalten (dynamisches Verhalten). Ist der Eingang Xe konstant, so ist bei proportionalen Systemen das Ausgangssignal Xa auch konstant. Nach einer Änderung der Eingangsgröße stellt sich normalerweise nach einer bestimmten Zeit auch eine konstante Ausgangsgröße ein, wie beispielsweise im Bild 2.2 gezeigt ist. Möglich ist es auch, dass ein Beharrungszustand überhaupt nicht erreicht werden kann. Dann ist das Regelkreisglied ohne Ausgleich bzw. instabil. Xe Xa xe xa Xe0 0 Bild 2.2 Xa0 t0 t 0 t0 Zeitverhalten eines Regelkreisgliedes t S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_2, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2014 16 2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen Die Zusammenhänge zwischen den Signalen im Beharrungszustand werden mit Hilfe von statischen Kennlinien bzw. Funktionen Xa = f (Xe) beschrieben. Die stationären Ein- und Ausgangsgrößen im Arbeitspunkt eines Regelkreisgliedes werden als Xe0 und Xa0 bezeichnet. Bei der Untersuchung des statischen Verhaltens werden wir uns auf kleine Abweichungen ΔXe und ΔXa von einem Arbeitspunkt beschränken, da ein betriebsfähiger Regler nur kleine Abweichung in einem Regelkreis zulässt. Dabei ist es zweckmäßig, die kleinen Abweichungen ΔXe und ΔXa einfach durch die kleinen Buchstaben xe und xa zu bezeichnen. Die Augenblickswerte setzten sich damit aus den stationären Arbeitspunktwerten und den zeitabhängigen Abweichungen zusammen: X e (t ) = X e0 + x e (t ) X a (t ) = X a0 + xa (t ) . Im Weiteren werden wir lediglich die Kleinschreibung benutzen, da die Untersuchungen nur für die Abweichungen von einem Arbeitspunkt durchgeführt werden. In einem Regelkreis spielt neben dem statischen Verhalten das dynamische Verhalten eine wesentliche Rolle, somit auch das dynamische Verhalten der einzelnen Glieder. Maßgebend sind hierbei die Augenblickswerte xe(t) und xa(t) sowie deren zeitliche Ableitungen x e (t ); xe (t ) ... und x a (t ); xa (t ) ... Gleichungen, die den statischen und dynamischen Zusammenhang zwischen Ein- und Ausgangsgröße beschreiben, sind gewöhnliche, lineare Differentialgleichungen von der allgemeinen Form: ... + a3 xa (t ) + a 2 xa (t ) + a1 x a (t ) + a 0 xa (t ) = b0 x e (t ) + b1 x e (t ) + b2 xe (t ) + b3 xe (t ) + ... (2.1) Die Ein- und Ausgangsgrößen sowie die konstanten Beiwerte a0, a1, ... , an und b0, b1, ... , bm sind im Allgemeinen dimensionsbehaftet. Die DGL der allgemeinen Form kann in die regelungstechnische Normalform gebracht werden, indem man: • Die Ausgangsgrößen bzw. deren Ableitungen auf die linke DGL-Seite stellt • Die Ausgangsgröße bzw. deren 0. Ableitung koeffizientfrei lässt. Als Beispiel ist unten eine DGL 2.Ordnung gezeigt a 2 xa (t ) + a1 x a (t ) + a 0 x a (t ) = b1 x e (t ) + b0 xe (t ) , die durch Division mit a0 auf regelungstechnische Normalform gebracht wird: b a2 a b xa (t ) + 1 x a (t ) + x a (t ) = 1 x e (t ) + 0 x e (t ) . a0 a0 a0 a0 2.2 Das Aufstellen der Differentialgleichung 17 2.2 Das Aufstellen der Differentialgleichung Bei der Aufstellung der Differentialgleichung eines Systems muss man die physikalischen Gesetze anwenden, denen das System unterliegt, so z. B. die mechanischen, hydraulischen, pneumatischen, elektrischen Gesetze usw. • Beispiel 2.1 xe A C x1 m l U R xa b Bild 2.3 Elektropneumatischer Wandler Die Eingangsgröße xe eines elektropneumatisches Wandlers (Bild 2.3) ist der Luftdruck über dem Membranteller mit der Fläche A. Dieser erzeugt eine Kraft F = A xe . Infolge dieser Kraft wird die Kolbenstange um x1 nach unten bewegt. Dadurch wird die Feder um x1 zusammengedrückt und erzeugt die Gegenkraft Fc = c x . Außerdem ist eine Dämpfungseinrichtung vorgesehen. Bewegt sich der Kolben nach unten, so muss er die unter dem Kolben befindliche Ölmenge über die Umweg-Leitung mit dem Drosselventil nach oben fördern. Die Kraft, die dazu notwendig ist, ist proportional der Geschwindigkeit, mit der sich der Kolben nach unten bewegt: Fk = b x1 . Ferner sind die bewegten Teile mit einer Masse m behaftet, so dass eine weitere Gegenkraft entsteht: Fm = m x1 . Nun muss in jedem Augenblick die Summe aller Kräfte gleich Null sein. Daraus folgt: m x1 + b x1 + c x1 = A xe . (2.2) Zwischen x1 und xa besteht die Proportionalität l U xa , daraus folgt x1 = xa . = U l x1 (2.3) 18 2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen Setzen wir Gl. (2.3) in Gl. (2.2) ein, so erhalten wir m⋅l b⋅l c ⋅l xa + x a + x a = A xe . U U U (2.4) Durch Vergleich mit der allgemeinen Form der DGL (2.1) finden wir die Beiwerte: b0 = A in [cm2], a 0 = c ⋅l b⋅l m⋅l in [N/V], a1 = in [Ns/V], a 2 = in [Ns2/V]. U U U Dividiert man Gl. (2.4) durch den Faktor c⋅l /U, so folgt eine andere Art der Darstellung m b A ⋅U xa (t ) + x a (t ) + xa (t ) = xe (t ) , c c c ⋅l bzw. mit den Abkürzungen: K= A ⋅U ; c⋅l b T1 = ; c T22 = m ; c T22 xa (t ) + T1 x a (t ) + xa (t ) = K xe (t ) . (2.5) T1 und T2 haben die Dimension einer Zeit und sind die so genannten Zeitkonstanten. • Beispiel 2.2 i xe R L uR uL C xa Bild 2.4 Reihenschwingkreis Eingangsgröße des in Bild 2.4 gezeigten Reihenschwingungskreises ist die Spannung xe und Ausgangsgröße ist die Spannung über dem Kondensator xa. Nach dem 2. Kirchhoffschen Satz ist die Summe aller Spannungen in einer Masche gleich Null. xe = u R + u L + xa . (2.6) Der Spannungsabfall am Widerstand ergibt sich zu uR = i R. Nach dem Induktionsgesetz ist uL = L di/dt. Ferner ist der Ladestrom i proportional der Spannungsänderung am Kondensator i = C dxa/dt. Diese Beziehungen in die Gl. (2.6) eingesetzt ergibt: xe (t ) = xa (t ) + R C x a (t ) + L C xa (t ) . 2 Auch hier können wir die folgenden Zeitkonstanten einführen: T1 = R C und T2 = L C. Somit folgt: T22 xa (t ) + T1 x a (t ) + x a (t ) = x e (t ) . (2.7) Man erkennt leicht, dass der Aufbau der beiden DGL (2.5) und (2.7), abgesehen vom Faktor K, übereinstimmt. Beide Systeme verhalten sich analog. 2.3 Lösung der Differentialgleichung 19 2.3 Lösung der Differentialgleichung Mit der gefundenen Differentialgleichung kann man noch nicht allzuviel anfangen. Es interessiert der zeitliche Verlauf der Ausgangsgröße xa(t), wenn die Eingangsgröße xe(t) einen bestimmten zeitlichen Verlauf annimmt. Um die Differentialgleichung mit der Störfunktion xe(t) lösen zu können, muss diese genau bekannt sein. Als Eingangsfunktionen benutzt man spezielle Signale, die leicht realisierbar und vergleichbar sind. Die Eingangsfunktionen werden auch in der Praxis zur experimentellen Ermittlung des zeitlichen Verlaufs des Ausgangssignals angewandt. Ist das Übergangsverhalten für eine spezielle Eingangsfunktion bekannt, so lässt sich daraus das Zeitverhalten bei jeder beliebigen Eingangsfunktion ermitteln. 2.3.1 Spezielle Eingangsfunktionen a) Die Sprungfunktion Sowohl für theoretische Untersuchungen als auch als praktische Testfunktion hat die Sprungfunktion als Eingangserregung eine große Bedeutung. Sie ist definiert durch 0 für t < 0 x e (t ) = x e0 = const für t > 0. Der Verlauf einer solchen Sprungfunktion ist in Bild 2.5 wiedergegeben. Vielfach wird die Höhe des Eingangssprungs auf den Wert Eins normiert und als Einheitssprung σ(t) bezeichnet: 0 1 σ (t ) = für t < 0 für t > 0. Wegen der einfacheren Schreibweise wird im Folgenden die Sprungfunktion durch xe (t ) = xe0 ⋅ σ (t ) ausgedrückt. In Bild 2.5 (links) sind der ideale und der technisch realisierbare Verlauf (gestrichelt) gezeigt. xe xe xe0 Ke0⋅t t Bild 2.5 Sprungfunktion (links) und Anstiegsfunktion (rechts) t 20 2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen Eine ideale Sprungfunktion, d. h. eine physikalische Größe, die sich zum Zeitpunkt t = 0 in unendlich kurzer Zeit um einen endlichen Betrag ändert, ist technisch nicht realisierbar. Mit den elektronischen Bauelementen kommt man zu Anstiegszeiten, die kleiner als eine Nanosekunde sind. Bei anderen physikalischen Größen (Druck, Temperatur usw.) liegen die Zeitkonstanten z. T. wesentlich höher. b) Die Anstiegs- oder Rampenfunktion Wie Bild 2.5 (rechts) zeigt, steigt xe(t) bei Null beginnend, linear mit der Zeit an für t < 0 0 xe (t ) = K e0 ⋅ t ⋅ σ (t ) = K e0 ⋅ t für t > 0, dxe (t ) die konstante Änderungsgeschwindigkeit des Eingangssignals ist. dt Der zeitliche Verlauf der Ausgangsgröße bei einer Anstiegsfunktion am Eingang wird als Anstiegsantwort bezeichnet. wobei K e0 = c) Die Impulsfunktion (δ-Funktion) Die ideale Impulsfunktion zeigt zum Zeitpunkt t = 0 einen Sprung ins Unendliche und ist gleich Null für t ≠ 0 (Bild 2.6, links). 0 xe (t ) = δ (t ) = ∞ für t ≠ 0 für t = 0. Diese Funktion kann man sich aus einem rechteckförmigen Impuls der Breite ε und der Höhe 1/ε für ε → 0, mit der Zeitfläche 11, entstanden denken. Zwischen der δ-Funktion und dem Einheitssprung σ(t) besteht der Zusammenhang δ (t ) = dσ (t ) . dt Der zeitliche Verlauf des Ausgangssignals bei einer Impulsfunktion am Eingang ist die Impulsantwort oder die Gewichtsfunktion g(t). ∞ x dt = 1 e 0 xe xe ^x e 1 ε ε t t T Bild 2.6 Impulsfunktion (links) und Sinusfunktion (rechts) 1 Für praktische Untersuchungen, z. B. mit einem Impulsgenerator, hat die Impulsfläche die Dimension der Amplitude multipliziert mit der Zeit (Vs, As usw.). 2.3 Lösung der Differentialgleichung 21 Technisch kann die Impulsfunktion nur mit endlicher Dauer und Höhe realisiert werden. Die Anwendung einer Sprungfunktion über einen längeren Zeitraum stellt einen massiven, manchmal unzulässigen Eingriff dar. Ein kurzzeitiger Impuls hat den Vorteil, dass die durch ihn verursachte Beeinträchtigung verhältnismäßig gering ist. d) Die sinusförmige Eingangsgröße Neben der Sprungfunktion zur Untersuchung von Regelkreisgliedern hat die Methode durch sinusförmige Eingangserregung eine große Bedeutung. Die Sinusschwingung (Bild 2.6, rechts) hat den zeitlichen Verlauf xe (t ) = xe sin ω t , wobei x e die Schwingungsamplitude und ω = 2π f die Kreisfrequenz ist, mit f als Frequenz. Die Schwingungsperiode ist T = 1/f. e) Die stochastische Eingangsgröße Der Vollständigkeit halber sei eine weitere Zeitfunktion erwähnt, die allerdings im Rahmen dieses Buches keine Berücksichtigung findet. Die unter a) bis d) genannten deterministischen Eingangssignale sind vielfach zur Identifikation ungeeignet. Man benutzt statt dessen die immer vorhandenen stochastischen, d. h. regellos verlaufenden, Störsignale (Bild 2.7), wie z. B. das Rauschen in elektronischen Geräten oder die Stromschwankungen in einer der Elektroden eines Lichtbogenofens während des Einschmelzvorganges. xe t Bild 2.7 Typischer Verlauf eines stochastischen Signals Meistens sind die stochastischen Signale klein gegenüber den Betriebswerten. Die Beurteilung, Verknüpfung und Auswertung der Ein- und Ausgangssignale erfolgt mittels statistischer Methoden. Stochastische Signale mit einer Gaußschen Amplitudenverteilung spielen vergleichsweise eine ähnlich fundamentale Rolle, wie sinusförmige Signale bei deterministischer Betrachtungsweise. 2.3.2 Lösung der Differentialgleichung bei sprunghafter Verstellung der Eingangsgröße Die am häufigsten in der Regelungstechnik angewandte Eingangsfunktion ist die Sprungfunktion. Setzt man die Sprungfunktion als Störfunktion in die Differentialgleichung ein und löst die DGL nach xa(t) auf, so erhält man mit xa(t) die so genannte Sprungantwort. 22 2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen In den Beispielen 2.1 und 2.2 hatten wir folgende DGL gefunden: T22 xa (t ) + T1 x a (t ) + xa (t ) = K xe (t ) . Vereinfachend wollen wir annehmen, dass die Zeitkonstante T2 sehr klein sei, und damit das Glied T22 xa (t ) vernachlässigbar. Dies wäre z. B. der Fall, wenn die Masse m im Beispiel 2.1 bzw. die Induktivität L in Beispiel 2.2 sehr klein bzw. Null wäre. Die so erhaltene Differentialgleichung 1. Ordnung T1 xa (t ) + xa (t ) = K xe (t ) (2.8) bzw. für t > 0 T1 x a (t ) + x a (t ) = K x e0 (2.9) wollen wir nun auf verschiedene Arten lösen. 2.3.3 Lösung der Differentialgleichung durch Trennen der Veränderlichen Aus Gl. (2.9) findet man durch Umstellen nach dxa /dt dxa dxa dt 1 = (K xe0 − xa ) und = . dt T1 K x e0 − xa T1 Durch Integration beider Seiten folgt: dxa dt K xe0 − xa = T1 bzw. − ln (K xe0 − x a ) + C = t . T1 (2.10) Unter der Annahme, dass die Ausgangsgröße xa(t) des Systems für t = 0 Null ist, ergibt sich die Integrationskonstante C aus (2.10) mit der Anfangsbedingung xa(0) = 0. Dies wiederum in Gleichung (2.10) eingesetzt, ergibt − ln (K xe0 − x a ) + ln( K xe0 ) = t T1 bzw. xa ln1 − K xe0 t = − T 1 und nach xa aufgelöst: t − xa 1− = e T1 , K xe0 xa (t ) = K xe0 (1 − e − t T1 ). (2.11) Der Eingangssprung und die Sprungantwort haben dann den in Bild 2.8 dargestellten zeitlichen Verlauf. 2.3 Lösung der Differentialgleichung xe 23 xa xa(∞) = K xe0 xe0 t t T1 Bild 2.8 Sprungfunktion und Sprungantwort Die Kurve xa(t) hat für t = 0 die größte Steigung. Legt man an die Kurve xa(t) zum Zeitpunkt t = 0 die Tangente, so schneidet diese den Beharrungswert xa(∞) für t = T1. Der Verlauf der Sprungantwort ist durch die Zeitkonstante T1 und den Übertragungsbeiwert K eindeutig bestimmt. 2.3.4 Lösung der Differentialgleichung durch geeigneten Ansatz Die vorangegangene Lösungsmethode bestand darin, dass die Veränderlichen getrennt und anschließend integriert wurden. Dieser Weg ist nur bei DGL 1. und 2. Ordnung möglich. Bereits bei einer DGL 2. Ordnung ist der Aufwand ziemlich umfangreich, weil zunächst die Ordnung reduziert werden muss. a) Lösung der homogenen Differentialgleichung Bei der Lösung der Differentialgleichung (2.8) T1 x a (t ) + xa (t ) = K xe (t ) nach der jetzt zu besprechenden Methode, wird zunächst die homogene Differentialgleichung gelöst, d. h. das Störglied K xe(t) wird Null gesetzt: T1 x a (t ) + xa (t ) = 0 . (2.12) Unabhängig von der Ordnung der DGL macht man nun generell den Ansatz: xa (t ) = e λ t . Es wird deshalb eine e-Funktion gewählt, weil die Ableitung einer e-Funktion ebenfalls wieder eine e-Funktion ergibt. Wir setzen nun xa (t ) = e λ t und xa (t ) = λ e λ t in die Gl. (2.12) ein und bestimmen den λ-Wert so, dass die Gleichung erfüllt ist: λ eλ t T1 + eλ t = 0 und dann (λ T1 + 1) e λ t = 0. Dies ist der Fall für (λ T1 + 1) = 0, bzw. λ = − 1 . Daraus folgt, dass der gewählte T1 Ansatz mit λ = −1/ T1 eine Lösung der homogenen DGL ist. 24 2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen Wie man sich leicht durch Einsetzen überzeugen kann, erfüllt auch der Ansatz xa (t ) = C1 e λ t (2.13) die homogene Differentialgleichung. Nun ist aber die zu lösende Differentialgleichung (2.8) nicht homogen, sondern mit einem Störglied K xe(t) behaftet. b) Lösung der inhomogenen Differentialgleichung durch die Methode der Variation der Konstanten nach Lagrange Die Methode der Variation der Konstanten besteht darin, dass die Konstante C1, in der Lösung der homogenen Differentialgleichung (2.13) durch eine Funktion C1(t) ersetzt wird. Setzt man den modifizierten Ansatz xa (t ) = C1 (t ) e − t T1 (2.14) in die inhomogene Differentialgleichung (2.8) ein, so folgt: t t − − 1 T T T1 C1 (t ) e 1 − C1 (t ) e 1 T1 − t − T1 = K xe (t ) bzw. + C1 (t ) e t T1 C1 (t ) e T1 = K xe (t ) . Nach C1 (t ) aufgelöst ergibt: t + K C1 (t ) = x e (t ) e T1 . T1 Durch Integration zwischen den Grenzen τ = 0 und τ = t erhält man: t 0 τ t K C1 (τ ) dτ = x e (τ ) e T1 dτ . T1 0 Nach dem Hauptsatz der Infinitesimalrechnung ist τ t K C1 (t ) − C1 (0) = xe (τ ) e T1 dτ T1 bzw. 0 t τ K C1 (t ) = C1 (0) + xe (τ ) e T1 dτ . T1 0 (2.15) 2.3 Lösung der Differentialgleichung 25 (2.15) in (2.14) eingesetzt, führt zu xa (t ) = C1 (0) e − t T1 τ −t t K + x e (τ ) e T1 dτ . T1 0 Unter Berücksichtigung einer allgemeinen Anfangsbedingung xa(0) für t = 0 folgt xa (0) = C1 (0) . Somit lautet die vollständige Lösung: xa (t ) = x a (0) e − t T1 τ −t t K + xe (τ ) e T1 dτ . T1 0 Die Ausgangsgröße setzt sich aus zwei Termen zusammen. Der erste Term berücksichtigt die Abhängigkeit von der Anfangsbedingung, der zweite Term ist die Reaktion der Ausgangsgröße auf die Eingangsgröße. Wählen wir wieder die Anfangsbedingung xa(0) = 0 und als Eingangsgröße die Sprungfunktion 0 für t < 0 xe (t ) = xe0 = const für t > 0, so wird t − K xa (t ) = xe0 e T1 T1 t e τ T1 dτ 0 und damit xa (t ) = K xe0 (1 − e − t T1 ). (2.16) Dieses Ergebnis ist identisch mit dem zuvor gefundenen (2.11). 2.3.5 Lösung mittels Laplace-Transformation. Die Übertragungsfunktion Bei linearen Systemen ist es vorteilhaft, die Lösung von Differentialgleichungen nicht im Zeitbereich, sondern mittels Laplace-Transformation vorzunehmen. Gemäß der Laplace-Transformation erhält man für die einzelnen DGL-Glieder unter der Voraussetzung, dass die Anfangsbedingung Null ist, folgende LaplaceTransformierten: 26 2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen L [ x(t )] = x( s) L [ x (t )] = s ⋅ x( s ) L [ x(t )] = s 2 ⋅ x( s) ... ... ... L [ x(t )dt ] = 1 ⋅ x( s ). s Beispielsweise treten in der DGL (2.8) an die Stelle der Glieder im Zeitbereich nun die Ein-/Ausgangsgrößen im Bildbereich: T1 xa (t ) + xa (t ) = K xe (t ) T1 ⋅ s ⋅ xa ( s ) + xa ( s) = K xe ( s). Die Laplace-Transformierte stellt damit eine algebraische Gleichung dar und lautet: (1 + sT1 ) x a ( s ) = K x e ( s) . (2.17) Allgemein ist das Verhältnis der Laplace-Transformierten Ausgangsgröße zur Laplace-Transformierten Eingangsgröße als Übertragungsfunktion G(s) definiert, deren enge Beziehung zum Frequenzgang noch besprochen wird. Für die Gl. (2.17) gilt: x (s) K . G(s) = a = xe ( s ) 1 + sT1 Für die Sprungfunktion xe(t) am Eingang (Bild 2.5) ist die Laplace-Transformierte L [ x e (t )] = x e ( s ) = 1 xe0 . s Setzt man diese in die Gleichung (2.17) ein, so folgt xa ( s ) = K K 1 x e ( s) = ⋅ xe0 . 1 + sT1 1 + sT1 s Aus der letzten Beziehung sind die Polstellen, d. h. die Nullstellen des Nenners s (1 + sT1 ) = 0 mit s1 = 0 und s 2 = − 1 ersichtlich. T1 Die Rücktransformation in den Zeitbereich kann mittels Partialbruchzerlegung, Residuenzsatz oder Korrespondenztabelle erfolgen. Mit α = 1/T1 folgt aus der Beziehung 5 der Korrespondenztabelle (s. Anhang) sofort xa (t ) = K xe0 (1 − e − t T1 ), die mit den zuvor gefundenen (2.11) und (2.16) identisch ist. (2.18) 2.3 Lösung der Differentialgleichung 27 Im weiteren Verlauf des Buches wird zur Lösung von Differentialgleichungen ausschließlich die Methode der Laplace-Transformation benutzt. • Beispiel 2.3 i(s) ue(s) R uR(s) sL uL(s) 1 sC uC(s) = ua(s) Bild 2.9 Darstellung eines Reihenschwingkreises im Bildbereich Die Spannungen ue und ua eines Reihenschwingkreises (Bild 2.9) werden als Eingangs- und Ausgangsgrößen betrachtet. Es soll der Einschaltvorgang ermittelt werden, wenn die Eingangsspannung bei t = 0 von 0 auf ue0 sprungförmig geändert wird. Zur Berechnung von Einschaltvorgängen in elektrischen Netzwerken ist es nicht nötig, die DGL wie in Beispiel 2.2 aufzustellen, vielmehr kann man die aus der Theorie der Wechselstromlehre bekannten Regeln in modifizierter Form als Übertragungsfunktionen anwenden. Nach dem Ohmschen Gesetz gilt für Bild 2.9 im Zeit- und Bildbereich u R (t ) = R ⋅ i(t ) c−−¦ u R ( s) = R ⋅ i ( s ) . (2.19) An der Induktivität (Bild 2.9) sind die Beziehung zwischen zeitlichen und LaplaceTransformierten Strom und Spannung wie folgt gegeben: u L (t ) = L ⋅ i(t ) c−−¦ u L (s) = s ⋅ L ⋅ i(s) . (2.20) Die Verhältnisse an der Kapazität C im Zeit- und Bildbereich sind: i(t ) = C ⋅ u C (t ) c−−¦ i( s) = s ⋅ C ⋅ u C ( s ) bzw. i( s) = s ⋅ C ⋅ u a ( s ) . (2.21) Für die Ausgangsspannung folgt die Laplace-Transformierte aus dem 2. Kirchhoffschen Satz: u e ( s ) = u R ( s ) + u L ( s ) + u a ( s) . (2.22) Setzen wir nun die Gln. (2.19) und (2.20) in die Gleichung (2.22) u e ( s ) = R i ( s ) + s L i( s) + u a ( s) und ersetzen wir den Strom i(s) aus der Gl. (2.21) durch ua(s), so ergibt sich u e ( s ) = s R C u a ( s ) + s 2 L C u a ( s) + u a ( s ) L C ⋅ s 2 u a (s) + R C ⋅ s u a (s) + u a (s) = u e (s) . (2.23) Aus letzter Gleichung folgt nach der Differentiationsregel der Laplace-Transformation die DGL L C ua (t ) + R C u a (t ) + u a (t ) = u e (t ) . Zur Ermittlung des zeitlichen Verlaufs der Ausgangsgröße bei gegebenem Eingang ist die DGL nicht erforderlich, sondern wird direkt aus Gln. (2.23) in den Zeitbereich zurücktransformiert. 28 2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen Die Übertragungsfunktion stellt das Verhältnis der Laplace-Transformierten Ausgangsgröße zur Laplace-Transformierten Eingangsgröße dar: u (s) 1 . G(s) = a = ue (s) s 2 L C + s R C + 1 (2.24) Mit den Abkürzungen T22 = L C und T1 = R C ergibt sich die Normalform der 2. Ordnung u (s) 1 G(s) = a = . u e ( s ) T22 s 2 + T1 s + 1 (2.25) X Aufgabe 2.1 Eine Kettenschaltung von zwei gleichartigen Vierpolen mit Ein- und Ausgangssgrößen ue(s) und ua(s) ist im Bild 2.10 gezeigt. i1(s) i2(s) R1 ue(s) R2 ua1(s) C1 1. Vierpol C2 ua(s) Bild 2.10 Kettenschaltung von zwei Vierpolen 2. Vierpol Gegeben ist die Übertragungsfunktion der Kettenschaltung u (s) 1 = G(s) = a , u e ( s ) s 2 T1T2 + s (T1 + T2 + T3 ) + 1 mit folgenden Zeitkonstanten: T1 = R1C1 T2 = R2 C 2 T3 = R1C 2 . Ermitteln Sie ua(t) bei dem für t = 0 gegebenen Eingangssprung von der Höhe ue0 mit C1 = 20 μF R1 = 50 kΩ C2 = 10 μF (Lösung im Anhang) R2 = 100 kΩ • Beispiel 2.4 Es soll die Übertragungsfunktion eines Feder-Masse-Dämpfer Systems (Bild 2.11) ermittelt werden. KD x F Bild 2.11 Mechanisches System m KC 2.3 Lösung der Differentialgleichung 29 Die Eingangsgröße ist die Kraft F(t), die Ausgangsgröße ist der Weg x(t) der Masse m. Die Wegstrecke x(t) ist von der Federkraft FC(t) und der Dämpfer-Widerstandskraft FD(t) abhängig: FC (t ) = K C x(t ) und FD (t ) = K D x (t ) , (2.26) worin KC und KD die Federkonstante und die Dämpfungskonstante sind. Aus dem Kräftegleichgewicht m x(t ) = F (t ) − FC (t ) − FD (t ) (2.27) erhält man die Differentialgleichung des mechanischen Systems, indem man die Gleichungen (2.26) in die Gl. (2.27) einsetzt: m x(t ) = F (t ) − K C x(t ) − K D x (t ) . Nach Laplace-Transformation folgt daraus mit den Abkürzungen T22 = K 1 m , T1 = D und K = KC KC KC die Übertragungsfunktion 2. Ordnung, die mit Gl. (2.25) identisch ist: G(s) = x( s ) K = . 2 2 F ( s ) T2 s + T1 s + 1 X Aufgabe 2.2 Gegeben sind das in Bild 2.12 gezeigte Netzwerk mit R-, C- und L-Elementen sowie die das System beschreibende Übertragungsfunktion: u (s) s 2 T1T2 − 1 sT1 1 . bzw. G ( s ) = G(s) = a = − (1 + sT1 )(1 + sT2 ) u e ( s ) 1 + sT1 1 + sT2 R1 R2 ua(s) ue(s) sL Bild 2.12 RCL-Brückenschaltung (Allpaßglied) 1 sC Die Zeitkonstanten sind durch die folgenden Abkürzungen bezeichnet: T1 = L und T2 = R2 C . R1 Die Anfangsbedingungen sind Null. Es ist mit R1 = 1 kΩ C = 0,2 μF L=1H R2 = 100 kΩ zu ermitteln: 30 2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen a) Die Ausgangsspannung ua(t) nach einem Einheitssprung der Spannung ue(t) = ue0⋅σ(t). b) Die Werte von ua(t) für t = 0 und t = ∞. Hinweis: Zur Rücktransformation in den Zeitbereich geht man am zweckmäßigsten von dem partialbruchzerlegten Ausdruck aus. 2.3.6 Lösung der Differentialgleichung bei sinusförmiger Eingangsgröße Wie ist der Verlauf der Ausgangsgröße, wenn die Eingangsgröße eine sinusförmige Schwingung ist? Diese Frage soll für das in Bild 2.13 gezeigte lineare System beantwortet werden. R ue(t) Bild 2.13 Zuschalten einer sinusförmigen Spannung auf ein RC-Glied ua(t) C Die Übertragungsfunktion entspricht den Gln. (2.24) und (2.25) mit T1 = RC und ohne Induktivität L bzw. mit T2 = 0: u ( s) 1 1 . = = G(s) = a u e ( s ) 1 + s ⋅ RC 1 + sT1 (2.28) Die Anfangsbedingung ist Null. Für die sinusförmige Eingangsfunktion bei t > 0 ue (t ) = uˆe sin (ω t + α ) = uˆe e j (ω t +α ) − e − j (ω t +α ) 2j ist die Laplace-Transformierte, gemäß der Beziehung 4 der Korrespondenztabelle uˆ e jα e − jα uˆ e ( s + jω ) e jα − ( s − jω ) e − jα − ⋅ u e (s) = e . = 2 j s − jω s + jω 2 j ( s − jω )(s + jω ) (2.29) Mit (2.29) in (2.28) folgt: ua (s) = uˆ e ( s + jω ) e jα − ( s − jω ) e − jα ⋅ ⋅ 2 jT1 ( s − jω )(s + jω ) 1 s+ 1 T1 . In dieser Form sind die drei Pole mit s1 = jω s2 = − jω s3 = − 1 T1 bekannt. Die Rücktransformation in den Zeitbereich erfolgt am zweckmäßigsten mittels des Residuensatzes: 2.3 Lösung der Differentialgleichung ua ( t ) = 31 uˆe ⋅ [Res ( s1 ) + Res ( s2 ) + Res ( s3 )] 2 jT1 (2.30) Für die ersten zwei Pole ergeben sich die Residuen Res ( s1 ) = T1 e jα e jω t 1 + jω T1 Res ( s2 ) = − T1 e − jα − jω t , e 1 − jω T1 die sich wie folgt zusammenfassen lassen: Res ( s1 ) + Res ( s2 ) = T1 (1 − jω T1 ) e j (ω t +α ) − (1 + jω T1 ) e − j (ω t +α ) 1 + (ω T1 ) 2 bzw. durch trigonometrische Funktionen ausgedrückt: Res ( s1 ) + Res ( s2 ) = 2 jT1 [sin (ω t + α ) − ωT1 cos (ω t + α )] . 1 + (ω T1 ) 2 (2.31) Das Residuum des dritten Pols 1 1 − + jω e jα − − − jω e − jα − t T T1 Res ( s3 ) = 1 e T1 1 1 − − jω − + jω T T 1 1 wird vereinfacht t Res ( s3 ) = −T1 (1 − jω T1 ) e jα − (1 + jω T1 ) e − jα − T1 e 1 + (ω T1 ) 2 und auch durch trigonometrische Funktionen ausgedrückt: t Res ( s3 ) = − − 2 jT1 T1 [ sin α − ω T cos α }] e . 1 2 1 + (ω T1 ) (2.32) (2.31) und (2.32) in (2.30) eingesetzt, ergibt: t − T1 . ua (t ) = sin (ω t + α ) − ω T1 cos (ω t + α ) − (sin α − ω T1 cos α ) e 1 + (ω T1 ) 2 uˆe 32 2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen Da die Summe bzw. Differenz einer Sinus- bzw. einer Cosinusfunktion, bei gleicher Frequenz, stets wieder eine Sinusschwingung ergibt, kann man für die ersten beiden Terme in der eckigen Klammer schreiben: sin (ω t + α ) − ω T1 cos (ω t + α ) = A sin (ω t + α + ϕ ) . Hierin ist A die Schwingungsamplitude und ϕ der Phasenverschiebungswinkel der resultierenden Schwingung. Mit Hilfe der Additionstheoreme findet man: sin (ω t + α + ϕ ) = sin (ω t + α ) ⋅ cos ϕ + cos (ω t + α ) ⋅ sin ϕ und somit sin (ω t + α ) − ω T1 cos (ω t + α ) = A [sin (ω t + α ) ⋅ cos ϕ + cos (ω t + α ) ⋅ sin ϕ ] . Setzt man die Glieder mit sin (ω t + α ) bzw. cos (ω t + α ) beider Seiten gleich, so ergibt sich : A cos ϕ = 1 A sin ϕ = −ω T1 . Durch Division beider Gleichungen erhält man tan ϕ = −ω T1 (2.33) und durch Quadrieren und Addieren beider Gleichungen A2 (cos 2 ϕ + sin 2 ϕ ) = 1 + (ω T1 ) 2 bzw. A = 1 + (ω T1 ) 2 . Somit ergibt sich die endgültige Lösung t − uˆe T1 . ua ( t ) = sin (ω t + α + ϕ ) − sin (α + ϕ ) ⋅ e A − t T1 nahezu Null und vernachNach einer Zeit t = 5 T1 ist das Glied mit dem Faktor e lässigbar, d. h. der Einschwingvorgang (Bild 2.14) ist abgeschlossen und die Ausgangsgröße ist dann eine ungedämpfte Sinusschwingung mit dem zeitlichen Verlauf ua (t ) = uˆa sin (ω t + α + ϕ ) . (2.34) Wie aus Gl. (2.34) ersichtlich, hat die Ausgangsgröße ua im stationären Zustand die gleiche Kreisfrequenz wie die Eingangsgröße mit der Schwingungsamplitude û a uˆa = uˆe 1 + (ω T1 ) 2 . 2.3 Lösung der Differentialgleichung 33 Die Amplitude û a ist eine Funktion von ω und nimmt mit zunehmendem ω ab. xe x^e t xa ϕ Bild 2.14 Einschwingvorgang beim Einschalten eines sinusförmigen Eingangssignals ^x a t T1 Der Phasenverschiebungswinkel ϕ, den man aus der Gl. (2.33) erhält: ϕ = −arc tan (ω T1 ) ist stets negativ und ebenfalls eine Funktion von ω. Mit zunehmender Kreisfrequenz wird der negative Phasenverschiebungswinkel ϕ größer. Das ist auch aus dem Systemaufbau zu erkennen. Mit zunehmender Frequenz kann die Ausgangsspannung, infolge der durch die Zeitkonstante RC festliegenden Trägheit, der Eingangsspannung nicht mehr folgen. Das behandelte Beispiel, dass zu einer DGL 1.Ordnung führte, hat gezeigt, dass bei einer sinusförmigen Eingangserregung am Ausgang ebenfalls eine sinusförmige Schwingung gleicher Frequenz entsteht. Allgemein gilt bei einem linearen System, das zu einer Differentialgleichung beliebiger Ordnung führt, dass eine harmonische Schwingung am Eingang am Ausgang ebenfalls eine harmonische Schwingung erzeugt. Sinusförmige Eingangssignale werden nicht nur zur Untersuchung elektrischer Regelkreisglieder, sondern auch für pneumatische und andere Systeme angewandt. Diese Methode hat besonders bei schnellen Systemen Vorteile gegenüber der Sprungfunktion. Vielfach erfolgt die Anwendung nur theoretisch, wie bei Stabilitäts- und Optimierungsproblemen. X Aufgabe 2.3 Wie müsste der Phasenwinkel der Eingangsfunktion ue (t ) = uˆe sin (ω t + α ) gewählt werden, damit der stationäre Schwingungszustand direkt (ohne Einschwingvorgang) erreicht wird? 34 2 Mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder 2.4 Beschreibung von Regelkreisen im Frequenzbereich 2.4.1 Der Frequenzgang Die Rechnung bei sinusförmiger Eingangsgröße wird besonders einfach, wenn man die Sinusschwingung xe (t ) = xˆe sin ω t (2.35) aus einem, um den Ursprung der Gaußschen Zahlenebene rotierenden Zeiger entstanden denkt, der auf die imaginäre Achse projiziert ist (Bild 2.15). Im x^e⋅cos ω t1 ω t1 xe x^e x^e⋅sin ω t1 Re t1 t 1 T= f Bild 2.15 Zusammenhang zwischen Linien- und Zeigerdarstellung Der Zeiger ist durch die beiden Komponenten xˆe cos ω t und j ⋅ xˆe sin ω t eindeutig festgelegt: xe (t ) = xˆe (cos ω t + j ⋅ sin ω t ) . Nach der Eulerschen Gleichung ist: cos ω t + j ⋅ sin ω t = e jω t . Damit wird: xe (t ) = xˆe e jω t . (2.36) Das heißt, wir betrachten nicht nur die imaginäre Komponente des rotierenden Zeigers, sondern wir nehmen noch die reelle Komponente hinzu. Anstelle von (2.35) schreibt man nun (2.36). Wird ein lineares System am Eingang mit einer Sinusschwingung xe(t) erregt, dann wird, wie im vorherigen Abschnitt abgeleitet, auch die Ausgangsgröße xa(t) im eingeschwungenen Zustand einen sinusförmigen Verlauf haben. Bei gleicher Frequenz haben Amplitude und Phasenlage von Ein- und Ausgangsgrößen im Allgemeinen verschiedene Werte. Die Ausgangsgröße xa(t) ist gegenüber der Eingangsgröße xe(t) um den Phasenwinkel ϕ verschoben, wie Bild 2.14 zeigt. 2.4 Beschreibung von Regelkreisen im Frequenzbereich 35 Der zeitliche Verlauf der Ausgangsgröße ist somit: xa (t ) = xˆa (sin ω t + ϕ ) . Betrachten wir die Ausgangsgröße entsprechend der Eingangsgröße als rotierenden Zeiger, so können wir schreiben: xa (t ) = xˆa e j (ω t +ϕ ) . (2.37) Das Verhältnis der Zeiger von Ausgangs- zur Eingangsgröße bezeichnet man als Frequenzgang. Dieser ist, wie wir später sehen werden, nicht mehr eine Funktion der Zeit, sondern von jω G ( jω ) = xa (t ) xˆa e j (ω t +ϕ ) xˆa e jϕ = = . xe (t ) xˆe xˆe e jω t (2.38) Bei elektrischen Systemen gewinnt man den Frequenzgang mittels der Methoden der Theorie der Wechselströme. In diesem Abschnitt soll der Frequenzgang, wie bei nichtelektrischen Systemen üblich, aus der Differentialgleichung abgeleitet werden. Dafür stellen wir zuerst die zeitlichen Funktionen (2.36) und (2.37) der Ein- und Ausgangsgrößen xe(t) und xa(t) im Frequenzbereich als Funktionen von jω dar: xe ( jω ) = xˆe e jω t (2.39) xa ( jω ) = xˆa e j (ω t +ϕ ) . (2.40) Unter Beachtung der Ableitungsregeln der Exponentialfunktionen d jω t e = jω ⋅ e jω t dt erhalten wir die zeitlichen Ableitungen der Eingangsgröße der Gl. (2.39) wie: xe ( jω ) = jω ⋅ xˆe e jω t bzw. x e ( jω ) = jω ⋅ x e ( jω ) xe ( jω ) = ( jω ) 2 ⋅ xˆe e jω t bzw. xe ( jω ) = ( jω ) 2 ⋅ xe ( jω ) xe ( jω ) = ( jω )3 ⋅ xˆe e jω t bzw. xe ( jω ) = ( jω ) 3 ⋅ x e ( jω ) usw. Ähnlich ergeben sich die zeitlichen Ableitungen (2.40) der Ausgangsgröße zu: x a ( jω ) = jω ⋅ xa ( jω ) xa ( jω ) = ( jω ) 2 ⋅ xa ( jω ) xa ( jω ) = ( jω ) 3 ⋅ x a ( jω ) usw. Nach Gl. (2.1) lautet die allgemeine Form der Differentialgleichung: 36 2 Mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder ... + a3 xa (t ) + a 2 xa (t ) + a1 x a (t ) + a 0 xa (t ) = b0 x e (t ) + b1 x e (t ) + b2 xe (t ) + b3 xe (t ) + ... Setzen wir xe(jω) und xa(jω) sowie deren Ableitungen in diese allgemeine Differentialgleichung ein, so wird: ... + a3 ⋅ ( jω ) 3 xa ( jω ) + a 2 ⋅ ( jω ) 2 xa ( jω ) + a1 ⋅ ( jω ) x a ( jω ) + a 0 ⋅ xa ( jω ) = b0 ⋅ x e ( jω ) + b1 ⋅ ( jω ) xe ( jω ) + b2 ⋅ ( jω ) 2 x e ( jω ) + b3 ⋅ ( jω ) 3 xe ( jω ) + ... Auf der linken Seite der Gleichung lässt sich der gemeinsame Faktor xa(jω) und auf der rechten Seite xe(jω) herausziehen. Bildet man nach der Gl. (2.38) das Verhältnis xa(jω) zu xe(jω), so folgt der Frequenzgang G(jω) x ( jω ) b0 + b1 ⋅ ( jω ) + b2 ⋅ ( jω ) 2 + b3 ⋅ ( jω ) 3 + ... G ( jω ) = a = . xe ( jω ) a 0 + a1 ⋅ ( jω ) + a 2 ⋅ ( jω ) 2 + a 3 ⋅ ( jω ) 3 + ... • Beispiel 2.5 Gegeben ist die Differentialgleichung T22 xa (t ) + T1 x a (t ) + xa (t ) = K xe (t ) (siehe Beispiele 2.1 und 2.2). Zu ermitteln ist der Frequenzgang G(jω). Setzt man die Ein- und Ausgangsgrößen xe(t) und xa(t) als Funktionen von jω in die DGL ein, so ergibt sich: T22 ⋅ ( jω ) 2 xa ( jω ) + T1 ⋅ ( jω ) x a ( jω ) + x a ( jω ) = K x e ( jω ) . Daraus folgt: x ( jω ) K = G ( jω ) = a . 2 2 xe ( jω ) T2 ⋅ ( jω ) + T1 ⋅ ( jω ) + 1 2.4.2 Die Ortskurve In Abschnitt 2.3.6 wurde gezeigt, dass eine Sinusfunktion als Eingangsgröße eine Sinusschwingung gleicher Frequenz am Ausgang zur Folge hat. Die Amplitude und die Phasenlage der Ausgangsschwingung sind abhängig von der Frequenz. Um das Verhalten eines Regelkreisgliedes durch sinusförmige Erregung beurteilen zu können, genügt es nicht, die Schwingung der Ausgangsgröße bei nur einer Frequenz zu ermitteln, sondern es müssen die Amplitude und die Phasenlage bezogen auf die 2.4 Beschreibung von Regelkreisen im Frequenzbereich 37 Eingangsgröße für alle Frequenzen von ω = 0 bis ω = ∞ bekannt sein. Die Eingangsgröße xe(t) hat immer die gleiche Amplitude x̂ e . In Bild 2.16b und d sind die Sinusschwingungen für Ein- und Ausgangsgröße für zwei verschiedene Frequenzen ω1 und ω2 dargestellt, wobei ω1 < ω2 ist. Verwendet man anstelle der Linienbilder die Zeigerbilder, so gelangt man zu der in Bild 2.16a und c gezeigten Darstellung. xe , xa1 Im ω=ω1 ^x e ^x e ϕ1 a) ωt Re ϕ1 x^a1 b) xe , xa2 Im ^x e ^x e ϕ2 c) ^x a1 ^x a1 ω=ω2 ^x a2 ωt Re ϕ2 d) Bild 2.16 Ein- und Ausgangsgröße bei verschiedenen Frequenzen im Zeiger- und Linienbild Im Zeigerbild bleibt die Länge und die Lage des Zeigers x̂ e für alle Frequenzen gleich. Lediglich die Länge und Lage des Zeigers x̂ a ändert sich in Abhängigkeit von der Frequenz. Normiert man die Eingangsgröße auf den Wert x̂e0 = 1, dann wird die Ausxˆ gangsgröße a . Für verschiedene Frequenzen ω ergeben sich dann verschiedene xˆ e ˆx a -Werte mit jeweils verschiedenen Phasenwinkeln ϕ zu x̂e0 = 1. xˆ e xˆ Zeichnet man die bei den verschiedenen Frequenzen erhaltenen Ausgangszeiger a xˆ e in ein Schaubild, wie in Bild 2.17 gezeigt ist, und verbindet die Endpunkte der Zeiger durch einen geschlossenen Kurvenzug, so stellt dieser die Ortskurve des Frequenzganges dar. Zur Beschreibung eines Regelkreisgliedes genügt die Ortskurve mit dem Frequenzmaßstab. Ist sie bekannt, so kann daraus der Frequenzgang, die Differentialgleichung und die Sprungantwort ermittelt werden. 38 2 Mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder Im ω=∞ ω=0 ϕ1 Re ω9 ω=ω1 ω3 ω4 ω=ω2 Bild 2.17 Ortskurve des Frequenzganges Will man die Ortskurve aus dem Frequenzgang ermitteln, so wird der komplexe Ausdruck in Real- und Imaginärteil zerlegt und für verschiedene Frequenzen in die Gaußsche Zahlenebene eingetragen. Die Ermittlung der Ortskurve aus dem Frequenzgang soll nun an einem Beispiel gezeigt werden. • Beispiel 2.6 Gegeben ist die Übertragungsfunktion eines Verzögerungsgliedes 1. Ordnung x (s) K mit K = 10 und T = 0,1s. G(s) = a = x e ( s ) 1 + sT Es ist der Verlauf der Ortskurve zu ermitteln. Der Frequenzgang ergibt sich aus der Übertragungsfunktion, indem wir die komplexe Variable s durch jω ersetzen. G ( jω ) = xa ( jω ) K . = xe ( jω ) 1 + jω T Der Frequenzgang G(jω) ist eine komplexe Größe, die sich in der Gaußschen Zahlenebene darstellen lässt. Zur Trennung von G(jω) in Real- und Imaginärteil wird G(jω) mit dem konjugiert komplexen Ausdruck des Nenners erweitert: G ( jω ) = K 1 − jω T K (1 − jω T ) = Re (G ) + j ⋅ Im (G ) . ⋅ = 1 + jω T 1 − jω T 1 + (ω T ) 2 Daraus ergibt sich: Re (G ) = K 1 + (ω T ) 2 und Im (G ) = −KωT . 1 + (ω T ) 2 Variiert man nun ω = 0 bis ω = ∞, so ergibt sich für jeden diskreten ω - Wert je eine reelle und eine imaginäre Komponente, die zusammen einen Punkt in der Gaußschen Zahlenebene ergeben. 2.4 Beschreibung von Regelkreisen im Frequenzbereich 39 In der folgenden Tabelle ist das für verschiedene ω -Werte in sec Ortskurve in Bild 2.18 wiedergegeben. ω Re(G) Im(G) 0 10 0 2 4 6 8 9,6 8,6 7,35 6,1 −1,92 −3,44 −4,41 −4,88 10 5 −5 15 3,07 −4,6 20 2 −4 −1 durchgeführt und als 30 1 −3 40 0,59 −2,36 ∞ 0 0 Im K 2 ω=∞ 2 4 6 8 ω=0 ϕ = 45° K Re −2 ω /s −1 2 Bild 2.18 Ortskurve eines Gliedes 1.Ordnung −4 ωE = 1 s −1 T Die Ortskurve ist ein Halbkreis im vierten Quadranten. Der Frequenzgang G(jω) lässt sich in Betrag ⏐G(ω)⏐ und Phasenwinkel ϕ (ω) zerlegen: G (ω ) = Re 2 (G ) + Im 2 (G ) = ϕ (ω ) = arctan K 1 + (ω T ) 2 Im (G ) = − arctan (ω T ). Re (G ) Bemerkenswert ist, dass für die so genannte Eckfrequenz ω = ω E = 1/T der Realteil von G(jω) gleich dem negativen Imaginärteil von G(jω) ist, d. h. Re(G) = – Im(G) =K/2. Oder anders K ausgedrückt, der Betrag ⏐G(ω)⏐ ist für ω E nur noch gegenüber dem Betrag K für ω = 0. 2 Die Phasenverschiebung beträgt bei dieser Frequenz gerade – 45°. 2.4.3 Beziehung zwischen Ortskurve und Sprungantwort Betrachtet man eine Differentialgleichung 1. Ordnung des Typs T x a (t ) + x a (t ) = K x e (t ) mit dem Eingang xe0 = 1 und vergleicht die Sprungantwort (Bild 2.7) mit der Ortskurve (Bild 2.17), so kann man bestimmte Wechselbeziehungen erkennen (Bild 2.19): • Für t = 0 hat die Sprungantwort den Wert xa(0) = 0. Diesen Wert finden wir aus der Ortskurve für ω = ∞ mit ⏐G(∞)⏐= 0. Daraus folgt xa(jω) = xa(j∞) = 0. • Für t = ∞ nimmt die Sprungantwort den Wert xa(∞) = K xe0 an. Den gleichen Wert x hat die Ortskurve für ω = 0, a = K . xe 40 2 Mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder Im xa ω=∞ 0,63⋅xa(∞) xa(∞) = K⋅ xe0 K 2 K ϕ ⏐G Re ⏐ t T ω=0 ω /s −1 1 T Bild 2.19 Sprungantwort und Ortskurve eines Verzögerungsgliedes 1. Ordnung Die Sprungantwort und Ortskurve nehmen die gleichen Werte an für t = 0 und ω = ∞, sowie für t = ∞ und ω = 0. Diese Wechselbeziehung gilt allgemein und erklärt sich aus den Grenzwertsätzen: lim xa (t ) = lim s ⋅ xa ( s ) (2.41) lim xa (t ) = lim s ⋅ xa ( s ) . (2.42) t →0 t →∞ s→∞ s→0 x Für einen Eingangssprung (siehe Abschnitt 2.3.1, Bild 2.5) ist xe ( s ) = e0 und somit s xa ( s ) = G ( s ) ⋅ xe ( s ) = G ( s) ⋅ xe0 bzw. s ⋅ xa ( s) = G ( s ) ⋅ xe 0 . s Setzt man nun die letzte Gl. in die Gln. (2.41) und (2.42), so wird die Beziehung zwischen Zeit- und Frequenzbereich wie folgt formuliert: lim xa (t ) = lim G ( s ) ⋅ xe0 t →0 s→∞ lim xa (t ) = lim G ( s ) ⋅ xe0 . t →∞ s→0 Ein weiterer charakteristischer Wert ist die Zeitkonstante T : • Bei t = T erreicht die Sprungantwort 63% des Beharrungszustandwertes xa(∞) • Für Eckfrequenz ω E = 1 gilt ϕ (ω E ) = −45° . T X Aufgabe 2.4 1 + sTv x (s) Auf ein System, das durch die Übertragungsfunktion G ( s ) = a beschrie= KP xe ( s ) 1 + sT1 ben wird, wirkt ein Eingangssprung. Es ist xa(t) für t = 0 und t = ∞ im Bildbereich mittels Grenzwertsatz zu bestimmen und mit den entsprechenden Punkten der Ortskurve zu vergleichen. 2.4 Beschreibung von Regelkreisen im Frequenzbereich 41 2.4.4 Das Bode-Diagramm Bei der Ortskurvendarstellung in Abschnitt 2.4.2 wird der Frequenzgang G(jω) in Real- und Imaginärteil zerlegt und in einem einzigen Diagramm in der Gaußschen Zahlenebene dargestellt. Die Darstellung im Bode-Diagramm erfolgt in zwei getrennten Diagrammen, indem der Frequenzgang in Betrag ⏐G(ω)⏐ und Phasenwinkel ϕ (ω) zerlegt und als Funktion der Kreisfrequenz ω dargestellt wird. Charakteristisch ist, dass ⏐G(ω)⏐ und ω im logarithmischen Maßstab (in Dezibel und in Dekaden), ϕ (ω) im linearen Maßstab aufgetragen wird. In Kapitel 5 wird das Bode-Diagramm ausführlich behandelt und die Vorteile dieser Darstellungsart besprochen. • Beispiel 2.7 x ( jω ) Der in Beispiel 2.6 als Ortskurve dargestellte Frequenzgang G ( s ) = a = xe ( jω ) K 1 + jω T mit K = 10 und T = 0,1s, soll nun im Bode-Diagramm dargestellt werden. Wie in Beispiel 2.6 ermittelt, sind: G (ω ) = K 1 + (ω T ) 2 und ϕ (ω ) = − arctan (ω T ) , indem der Betrag in Dezibel umgerechnet wird: ⏐G(ω)⏐dB = 20 lg⏐G(ω)⏐. Variiert man ω von 0 bis ∞, so erhält man für jeden diskreten ω - Wert je einen Wert des Betrags und des Phasenwinkels ϕ (ω ), die in Bild 2.20 als Bode-Diagramm dargestellt sind. G dB 40 dB Asymptoten 20 dB K 20⋅lg K ω= 1 T 0 dB √ 2 0,1 1 10 100 0° 0,1 1 10 100 ϕ (ω) −45° ω= 1 T ω /s −1 ω /s −1 − 90° Bild 2.20 Bode-Diagramm eines Verzögerungsgliedes 1. Ordnung 42 2 Mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder 2.5 Beschreibung von Regelkreisen mit Übertragungsfunktionen 2.5.1 Verbindungsmöglichkeiten von Regelkreisgliedern In Kapitel 1 wurde gezeigt, dass man den Regelkreis im Wirkungsplan darstellen und dabei in zwei Hauptblöcke unterteilen kann, in die Regelstrecke und die Regeleinrichtung. Um die mathematische Beschreibung des Regelkreises als Gesamtheit zu vereinfachen, zerlegt man jeden der beiden Hauptblöcke in einzelne, rückwirkungsfreie Glieder, die sich nun besser theoretisch erfassen lassen. Ist die Abhängigkeit zwischen Ausgangsgröße xa und Eingangsgröße xe sämtlicher zur Regelstrecke bzw. zur Regeleinrichtung gehörenden Glieder bekannt, so lässt sich eine Aussage über die Abhängigkeit zwischen Eingang und Ausgang der Regelstrecke, der Regeleinrichtung und schließlich über das Verhalten des geschlossenen Regelkreises machen. Zur Beschreibung von Regelkreisgliedern gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie die in den vorangegangenen Abschnitten gezeigten Differentialgleichung, die Sprungantwort, die Übertragungsfunktion, sowie Frequenzgänge, Ortskurven und BodeDiagramme. Ist die Übertragungsfunktion G(s) bekannt, so gibt diese das Verhältnis der Laplace-Transformierten Ausgangsgröße xa(s) zur Laplace-Transformierten Eingangsgröße xe(s) durch die Beziehung: xa ( s ) = G ( s ) ⋅ x e ( s ) wieder. Die Darstellung erfolgt dann wie in Bild 2.21 gezeigt. xe(s) xa(s) G(s) Bild 2.21 Blockdarstellung im Bildbereich Bei der rückwirkungsfreien Kopplung mehrerer Übertragungsglieder ergeben sich besonders einfache Beziehungen. Als rückwirkungsfrei bezeichnet man ein System, dessen Signalfluss nur vom Eingang zum Ausgang erfolgt. Im Folgenden werden drei Grundformen der Kopplung von zwei Regelkreisgliedern mit den Übertragungsfunktionen G1(s) und G2(s) beschrieben. a) Reihenschaltung Der Ausgang des ersten Gliedes ist, wie Bild 2.22 zeigt, mit dem Eingang des zweiten Gliedes verbunden. xe1(s) G1(s) xa1(s) = xe2(s) G2(s) xa2(s) Bild 2.22 Reihenschaltung von Regelkreisgliedern Betrachtet man die einzelnen Glieder, so ergibt sich: xa1 ( s ) = G1 ( s) ⋅ x e1 ( s ) und xa2 ( s ) = G 2 ( s ) ⋅ x e2 ( s ) . 2.5 Beschreibung von Regelkreisen mit Übertragungsfunktionen 43 Ferner ist: xa1 ( s ) = x e2 ( s) . Daraus folgt: xa2 ( s ) = G 2 ( s ) ⋅ xe2 ( s ) = G 2 ( s) ⋅ G1 ( s ) ⋅ x e1 ( s ) bzw. die Gesamtübertragungsfunktion x ( s) G ( s ) = a2 = G 2 ( s ) ⋅ G1 ( s ) . xe1 ( s ) Bei Reihenschaltung von n Gliedern mit den Übertragungsfunktionen G1(s), G2(s),... Gn(s) ist die Übertragungsfunktion des gesamten Systems gleich dem Produkt der einzelnen Übertragungsfunktionen G ( s ) = G1 ( s ) ⋅ G 2 ( s) ⋅ ... ⋅ G n ( s) . b) Parallelschaltung Das Eingangssignal xa(s) verzweigt sich und wirkt gleichzeitig auf die beiden Eingänge der Glieder mit den Übertragungsfunktionen G1(s) und G2(s) (Bild 2.23). Die beiden Ausgangssignale xa1(s) und xa2(s) werden in einer Additionsstelle addiert. xe(s) G1(s) G2(s) xa1(s) + xa2(s) xa(s) Bild 2.23 Parallelschaltung von Regelkreisgliedern + Für das erste und für das zweite Glied gilt: xa1 ( s ) = G1 ( s) ⋅ x e ( s) und xa2 ( s ) = G 2 ( s ) ⋅ xe ( s ) . Ferner ist: xa ( s ) = xa1 ( s ) + x a2 ( s) . Daraus folgt: xa ( s ) = [G1 ( s ) + G 2 ( s )] ⋅ xe ( s ) bzw. die Übertragungsfunktion des Gesamtsystems: x (s) G(s) = a = G1 ( s ) + G 2 ( s ) . xe ( s ) Schaltet man n Glieder mit den Übertragungsfunktionen G1(s), G2(s),... Gn(s) parallel, so ist die Übertragungsfunktion des gesamten Systems gleich der Summe der einzelnen Übertragungsfunktionen G ( s ) = G1 ( s ) + G 2 ( s ) + ... + G n ( s) . 44 2 Mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder c) Rückführungsschaltung Wie Bild 2.24 zeigt, wird die Ausgangsgröße xa(s) des ersten Gliedes G1(s) über ein zweites Glied mit G2(s) auf den Eingang von G1(s) zurückgeführt und zu der Eingangsgröße xe(s) addiert (Mitkopplung) oder von der Eingangsgröße subtrahiert (Gegenkopplung). xa(s) xe(s) + G1(s) Bild 2.24 Rückkopplungsschaltung + − xa2(s) G2(s) Für den oberen Block gilt: xa ( s ) = G1 ( s ) ⋅ [ xe ( s ) ± xa2 ( s)] und für den unteren Block (im Rückführzweig): xa2 ( s ) = G 2 ( s ) ⋅ xa ( s ) . Setzt man xa2(s) in die obere Gleichung ein, so erhält man: xa ( s ) = G1 ( s ) ⋅ [ xe ( s ) ± G2 ( s) ⋅ xa ( s )] bzw. xa ( s ) ⋅ [1 # G1 ( s ) G2 ( s )] = G1 ( s) ⋅ xe ( s ) . Daraus folgt die Übertragungsfunktion der Rückführschaltung: x (s) G1 ( s ) , = G(s) = a x e ( s ) 1 # G1 ( s ) G 2 ( s ) Mitkopplung Gegenkopplung =ˆ negatives Vorzeichen =ˆ positives Vorzeichen. 2.6 Behandlung des statischen Verhaltens Ein Regelkreis befindet sich unter der Wirkung von Eingangsgrößen, die man mittels Führungs- bzw. Störverhalten abwechselnd untersuchen kann. Der Regler soll den aktuellen Wert der Regelgröße X(t) ständig dem vorgegebenen Arbeitspunkt der Regelstrecke X0 anpassen. Dies erfolgt durch die Ansteuerung der Stellgröße Y(t), die im Arbeitspunkt einen bestimmten Wert Y0 annimmt. Von ausschlaggebender Bedeutung für die Aussage über die Güte der Regelung sind die Abweichungen vom Arbeitspunkt, die wir im Abschnitt 2.1 durch Kleinbuchstaben x(t) und y(t) bezeichnet haben. Zum Beispiel gilt für den in Bild 2.25 gezeigten Regelkreis: X( t ) = X 0 + x ( t ) Y (t) = Y 0 + y(t) Z ( t ) = Z0 + z ( t ) . (2.43) 2.6 Behandlung des statischen Verhaltens z(s) w(s) + e(s) GSz(s) + y(s) GR(s) − 45 GSy(s) x(s) + Bild 2.25 Wirkungsplan eines Regelkreises mit Führungs- und Störgröße Im stationären Zustand soll keine Abweichung der Regelgröße vorkommen, d. h. bei t = ∞ soll x(t) = 0 und X = X0, um das Verhältnis Istwert = Sollwert beizubehalten. 2.6.1 Statische Kennlinien Wie in den Abschnitten 2.1 und 2.2 gezeigt wurde, kann das dynamische Verhalten einzelner Regelkreisglieder sowie des gesamten Regelkreises durch gewöhnliche, lineare Differentialgleichungen in allgemeiner Form beschrieben werden. Die Beschreibung des statischen Verhaltens kann man aus der Differentialgleichung des dynamischen Verhaltens erhalten, indem man alle zeitlichen Ableitungen gleich Null setzt. • Beispiel 2.8 Aus einer DGL der Regelstrecke für das dynamische Verhalten (t ) + a X (t ) + a X (t ) + a X (t ) = b Y (t ) + b Y (t ) + c Z (t ) a3 X 2 1 0 0 1 0 (2.44) entsteht die folgende Beschreibung des statischen Verhaltens: a 0 X = b0 Y + c 0 Z . (2.45) In der Gl. (2.45) bewirkt eine Veränderung der Stellgröße oder der Störgröße eine proportionale Veränderung der Regelgröße, somit handelt es sich um eine lineare Regelstrecke. Die Gl. (2.45) soll auch für den Arbeitpunkt gelten, d. h. a 0 X 0 = b0 Y0 + c0 Z 0 . (2.46) Subtrahiert man die Gl. (2.46) von Gl. (2.44) und berücksichtigt dabei die Gleichungen (2.43), so entsteht die DGL der Regelstrecke für das dynamische Verhalten von kleinen Abweichungen vom Arbeitspunkt (Kleinbuchstaben): a 3 x(t ) + a 2 x(t ) + a1 x (t ) + a 0 x(t ) = b0 y (t ) + b1 y (t ) + c 0 z (t ) . Bei realen Regelstrecken liegen jedoch oft Nichtlinearitäten vor, wie z. B. bei Ventilen, die einen nichtlinearen Zusammenhang zwischen dem Ventilhub und dem Volumenstrom besitzen. Dabei entstehen nichtlineare Beschreibungen, wie folgende Beispiele mit multiplikativen oder nichtlinearen Funktionen und mit konstanten Koeffizienten K1 und K2 zeigen: X = K1 ⋅ Y 2 + K 2 ⋅ Z X = K1 ⋅ Y ⋅ Z X = K1 ⋅ Y + K 2 ⋅ sin Z . 46 2 Mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder Das statische Verhalten kann grafisch abgebildet werden. Da in einem geschlossenen Regelkreis beim Störverhalten die Ausgangsgröße des Reglers gleichzeitig Eingangsgröße der Regelstrecke ist, wie in Bild 2.26 gezeigt, können die statischen Kennlinien der Regelstrecke und des Reglers in ein Diagramm eingetragen werden. Z W=0 + −X Y Regler X Regelstrecke − Bild 2.26 Wirkungsplan eines Regelkreises beim Störverhalten In Bild 2.27 ist das nichtlineare Kennlinienfeld X = f (Y, Z) einer Regelstrecke und die Kennlinie eines linearen Reglers Y = KPR X mit der Steigung KPR = ΔY / ΔX dargestellt, wobei KPR der Proportionalbeiwert des Reglers ist. Die Werte im Arbeitspunkt A sind X0, Y0 und Z0. Das statische Verhalten des Regelkreises wird durch Einzeichen der Kennlinie des Reglers in das Kennlinienfeld der Regelstrecke, und zwar mit dem Vorzeichenumkehr, dargestellt, wie es beispielsweise in Bild 2.28 für das Störverhalten gezeigt ist. Z X Y KPR→ ∞ Z0 A KPR= X0 Y0 Y0 A X0 Y dY dX X Bild 2.27 Kennlinienfeld einer Regelstrecke (links) und Kennlinie eines Reglers (rechts) B X xo.R. C xm.R. Z2 Z1 Z0 A X0 KPR→ ∞ KPR= Y0 dY dX Y Bild 2.28 Zusammenwirkung von Regler und Regelstrecke beim Störverhalten 2.6 Behandlung des statischen Verhaltens 47 Nehmen wir zuerst an, dass der Regler unwirksam ist. In diesem Fall wird eine Veränderung der Störgröße z. B. von Z0 auf Z2 bei der konstanten Stellgröße Y0 zum Wechsel des Arbeitspunktes führen, nämlich vom Punkt A zum Punkt B. Wirkt der Regler im Regelkreis, so entspricht die Stellgröße der Reglerkennlinie (Punkt C). Die Steigung der Reglerkennlinie des Reglers muss also entgegengesetzt zur Steigung der Kennlinien der Regelstrecke sein, um die Abweichung xm.R. („mit Regler“) gegenüber der Abweichung xo.R. („ohne Regler“) zu minimieren. Je größer der Proportionalbeiwert KPR des Reglers bzw. die Steigung der Reglerkennlinie im Bild 2.27 wird, desto flacher liegt die Gerade im Bild 2.29 und desto kleiner wird die Abweichung der Regelgröße xm.R. im geregelten Zustand. Außerdem folgt aus dem Bild 2.28, dass in diesem Kreis ein proportionaler Regler im geregelten Zustand eine Abweichung xm.R. vom Arbeitspunkt X0 bzw. vom Sollwert W hinterlässt. 2.6.2 Statischer Regelfaktor Nachdem die Regelgröße einen Beharrungszustand x(∞) = lim x(t ) t →∞ eingenommen hat, kann der Erfolg der Regelung, wie im Bild 2.29 gezeigt, durch einen Vergleich der bleibenden Regeldifferenzen „mit Regler“ em.R.(∞) und „ohne Regler“ eo.R.(∞) ausgedrückt werden. lim x(t ) = lim s ⋅ x( s) = lim s ⋅ w( s ) ⋅ G w ( s ). t →∞ s →0 (2.47) s →0 w Für w(t) = w0 = const ist w( s ) = 0 und somit s w lim x(t ) = lim s ⋅ 0 ⋅ G w ( s ) = w0 ⋅ lim G w ( s ) . s t →∞ s →0 s →0 x(t) x(t) w xo.R.(∞) = 0 z=0 (2.48) z xm.R.(∞) xm.R.(∞) t xo.R.(∞) w=0 Bild 2.29 Sprungantworten beim Führungsverhalten (links) und Störverhalten (rechts) t 48 2 Mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder Es wird der so genannte reelle bzw. statische Regelfaktor RF eingeführt e (∞) RF = m.R . eo.R. (∞) und unter Beachtung von e(∞) = w − x(∞) in folgende Form gebracht: RF = w − x m.R . (∞) . w − xo.R. (∞) Dadurch wird angegeben, wie stark die Änderung einer der Eingangsgrößen des Regelkreises (Störgröße oder Führungsgröße) durch die Regelung beseitigt wird. Je kleiner der Regelfaktor ist, desto weniger wirkt die Störgröße auf die Regelgröße und desto effektiver ist der Regler. Abhängig von Eingangsstörung wird der Regelfaktor nach zwei verschiedenen Formeln, wie im Bild 2.29 angedeutet, berechnet: Führungsverhalten RF = Störverhalten w − x m.R . (∞) w − x m.R . (∞) = w−0 w RF = 0 − x m.R . (∞) − x m.R . (∞) = 0 − xo.R. (∞) − xo.R. (∞) Der statische Regelfaktor kann durch die Kreisverstärkung V0 ausgedrückt werden. Sind beispielsweise im Regelkreis (siehe Bild 2.25) der Regler und die Teilstrecke mit Proportionalbeiwerten KPR und KPSy enthalten, so gilt für den statischen Regelfaktor: RF = 1 1 = . 1 + V0 1 + K PR K PSy (2.49) Der Regler muss also mit dem Einstellparameter KPR so ausgelegt werden, dass bei stabiler Funktionsweise ein möglichst kleiner Regelfaktor entsteht. In nachfolgenden Kapiteln wird gezeigt, dass ein Regler mit integrierender Wirkung keine bleibende Regeldifferenz e(∞) hinterlässt und damit einen statischen Regelfaktor von RF = 0 besitzt. 2.6.3 Linearisierung mit analytischen Verfahren Das nichtlineare Kennlinienfeld einer Regelstrecke kann durch die Tangente im Arbeitspunkt (X0, Y0, Z0) linearisiert werden. Dabei wird die Funktion X = f (Y, Z) durch das Differential ∂X dX = ∂Y ∂X ⋅ dY + ∂Z 0 ⋅ dZ 0 (2.50) beschrieben. Der Index 0 steht für die Arbeitpunktwerte X0, Y0 und Z0. Die partiellen Ableitungen im Arbeitspunkt bezeichnet man durch die Koeffizienten KPSy und KPSz 2.6 Behandlung des statischen Verhaltens ∂X K PSy = ∂Y 0 49 ∂X K PSz = . ∂Z 0 (2.51) Bezeichnet man dX, dY und dZ in Gl. (2.50) unter Beachtung der Gl. (2.43) durch kleine Abweichungen x, y und z vom Arbeitspunkt, so ergibt sich aus Gln. (2.50) und (2.51) die linearisierte Beschreibung des statischen Verhaltens x = K PSy ⋅ y + K PSz ⋅ z . Das Prinzip der Linearisierung ist in Bild 2.30 verdeutlicht. Die Variablen X, Y, und Z (Großschreibung) beschreiben die ursprüngliche nichtlineare Regelstrecke. Die linearisierte Regelstrecke wird durch die Abweichungen x, y, und z (Kleinschreibung) vom Arbeitpunkt A definiert und besteht aus zwei getrennten Teilstrecken für Stellund Störsignale, deren Ausgänge addiert werden. z KPSz Z Y Regelstrecke + y X KPSy x + x = KPSy⋅ y + KPSz⋅ z X = f (Y, Z) x X Z0 X0 X0 A Y0 Y A y Y0 Bild 2.30 Eine nichtlineare Regelstrecke vor (links) und nach (rechts) der Linearisierung • Beispiel 2.9 Eine Regelstrecke, die durch die Differentialgleichung T22 ⋅ X (t ) + T1 ⋅ X (t ) + X (t ) = 3 ⋅ Y 2 (t ) + 5 ⋅ Z (t ) beschrieben wird, soll im Arbeitspunkt Y0 = 2 und Z0 = 4 linearisiert bzw. in der Form x = K PSy ⋅ y + K PSz ⋅ z dargestellt werden. (t ) = 0 und X (t ) = 0 . Aus der Gl. (2.51) ergibt sich Für das statische Verhalten sind X X = 3⋅Y 2 + 5⋅ Z . Die gesuchten Proportionalbeiwerte sind partielle Ableitungen im Arbeitpunkt: (2.51) 50 2 Mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder ∂X K PSy = = (2 ⋅ 3 ⋅ Y )0 = 2 ⋅ 3 ⋅ Y0 = 12 ∂Y 0 1 ∂X K PSz = = 5 ⋅ ∂ Z 0 2 Z 1 = 5 ⋅ = 1,25 . 2 Z0 0 2.6.4 Linearisierung mit grafischen Verfahren Wenn das nichlineare Verhalten der Regelstrecke nur im Form eines Kennlinienfeldes gegeben ist, lassen sich die Proportionalbeiwerte KPSy und KPSz grafisch als die Steigung der Tangente zu Kennlinien X = f (Y) und X = f (Z) bestimmen (Bild 2.31). • Beispiel 2.10 Das Kennlinienfeld einer Regelstrecke ist in Bild 2.32 gegeben. Die Regelstrecke soll im Arbeitspunkt Y0 = 4 und Z0 = 4 linearisiert werden. 3,0 X Z 3,5 B N 4,0 4 4,5 3 A 5,5 2 C M 1 Bild 2.31 Kennlinienfeld einer Regelstrecke 0 2 4 6 8 Y Die Steigung der Tangente zur Kennlinie X = f (Y) ergibt sich mit Hilfe von zwei beliebig gewählten Punkten M und N: X M − X N 1,6 − 4 ΔX = = 0,35 . K PSy = = 0 − 6,9 YM − Y N ΔY 0 Um die Kennlinie X = f (Z) für die Ermittlung der Steigung der Tangente KPSz nicht gesondert zu skizzieren, wählen wir die Punkte B und C, die vom Arbeitpunkt Z0 = 4 gleichermaßen um ± ΔZ = 0,5 entfernt sind. Damit wird die Steigung der Sekante berechnet, die sich von der Tangente für kleine Abweichungen ΔZ nur gering unterscheidet: XB − XC 4 − 1,8 ΔX K PSz = = = −2,2 . = Δ Z Z − Z 3 , 5 − 4,5 0 B C Das gesuchte statische Verhalten der linearisierten Regelstrecke im Arbeitspunkt ist: x = 0,35 y − 2,2 z. 51 3 Die Regelstrecke Die Regelstrecke ist derjenige Teil einer Anlage, in dem die zu regelnde physikalische Größe (Regelgröße x) durch die Regeleinrichtung beeinflusst wird. In den meisten Fällen ist sie fest vorgegeben und in ihren Kennwerten nur wenig veränderbar. Während die Kennwerte der Regeleinrichtung vom Hersteller rechnerisch oder experimentell ermittelt und bekanntgegeben werden, sind die Kennwerte der Strecken vor der Projektierung der Regelung fast immer unbekannt. Bei der Projektierung einer zu regelnden Anlage sind zunächst die Kennwerte der Regelstrecke experimentell zu ermitteln, die dann eine Einordnung ermöglichen. Mit den so gefundenen charakteristischen Daten lässt sich dann der Regelkreis weiter mathematisch untersuchen, so z. B. auf seine Stabilität oder auf sein optimales Regelverhalten. Bei schwierigen Regelstrecken wird diese zusammen mit der Regeleinrichtung auf einem PC simuliert. Nur in den seltensten Fällen ist die Berechnung von Regelstrecken durch Aufstellen und Lösen von Differentialgleichungen möglich. Die in diesem Kapitel theoretisch behandelten einfachen Grundtypen von Regelstrecken sollen nur dazu dienen, das Zustandekommen der charakteristischen Kenngrößen zu erklären und sollen kein Anreiz zur Berechnung von Regelstrecken sein. Der Wirkungsplan des Regelkreises wurde in Bild 1.6 dargestellt. Ihm entnehmen wir den in Bild 3.1 gezeigten Wirkungsplan der Regelstrecke. Eingangsgröße der Regelstrecke ist y, die Summe aus der Stellgröße yR und der Störgröße z. Ausgangsgröße ist die Regelgröße x. GS(s) ist die Übertragungsfunktion der Strecke. z(s) yR (s) + Bild 3.1 + y(s) x(s) GS (s) Wirkungsplan der Regelstrecke Die Einteilung der Regelstrecken erfolgt nicht nach den zu regelnden physikalischen Größen, sondern nach ihrem zeitlichen Verhalten. Dabei ist es unwichtig, ob es sich um die Drehzahl einer Turbine, die Temperatur in einem Glühofen oder den Druck in einem Behälter handelt. Auch das Zeitverhalten der Regelstrecken kann in den meisten Fällen durch gewöhnliche lineare Differentialgleichungen von der allgemeinen Form beschrieben werden: ... + a3 x(t ) + a 2 x(t ) + a1 x (t ) + a 0 x(t ) = y (t ) (3.1) ... + T33 x(t ) + T22 x(t ) + T1 x (t ) + x(t ) = K PS ⋅ y (t ) . (3.2) bzw. Die höchste Ordnung dieser DGL kennzeichnet die Ordnung der Strecke. Eine Strecke mit den Beiwerten a0 und a1 bezeichnet man als eine Strecke 1. Ordnung, eine solche mit den Beiwerten a0, a1 und a2 als eine Strecke 2. Ordnung usw. S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_3, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2014 52 3 Die Regelstrecke Ferner unterteilt man die Regelstrecken in: • Strecken mit Ausgleich und • Strecken ohne Ausgleich. Man spricht von einer Strecke mit Ausgleich, wenn nach einer sprunghaften Verstellung der Eingangsgröße y(t) die Ausgangsgröße x(t) (Regelgröße) für t → ∞ wieder einen neuen Beharrungszustand x(∞) annimmt, wie Bild 3.2 zeigt. Für t → ∞ wird der Beharrungszustand erreicht, x ist dann konstant, d. h. es findet keine zeitliche Änderung von x mehr statt, folglich sind alle Ableitungen x (t ), x(t ), x(t ) usw. Null. 2. Ordnung (gedämpft schwingend) x 0. Ordnung 2. Ordnung Im Beharrungszustand wird also aus Gleichung (3.1) a 0 x (∞ ) = y 0 , x(∞) = K PS y 0 . x (∞ ) = 1 y0 , a0 x(∞) 1. Ordnung t Bild 3.2 (3.3) Sprungantwort einer Regelstrecke mit Ausgleich Hierin ist y(t) = y0 = konstant der Eingangssprung. Strecken mit Ausgleich bezeichnet man auch als proportionale oder kurz P-Strecken, weil im Beharrungszustand die Ausgangsgröße proportional der Eingangsgröße ist, gemäß Gl. (3.3). Bei Strecken ohne Ausgleich wird bei einer Sprungfunktion am Eingang die Regelgröße x keinen Beharrungswert annehmen, sondern monoton anwachsen, wie in Bild 3.3 gezeigt. I-Strecke x I-Strecke 2. Ordnung (gedämpft schwingend) In der Differentialgleichung (3.1) drückt sich das so aus, dass der Beiwert a0 = 0 ist. ... + a3 x(t ) + a 2 x(t ) + a1 x (t ) = y (t ) I- Strecke 1.Ordnung t Bild 3.3 Sprungantwort einer Regelstrecke ohne Ausgleich bzw. ... + a3 x(t ) + a 2 x (t ) + a1 x(t ) = y (t ) dt . (3.4) Strecken ohne Ausgleich werden wegen der in Gl. (3.4) gefundenen Beziehung auch integrale oder kurz I-Strecken genannt. 3.2 P-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung 53 3.1 P-Strecken ohne Verzögerung Eine Regelstrecke, die zur folgenden Gleichung führt a 0 x(t ) = y (t ) bzw. x(t ) = K PS ⋅ y (t ) , mit K PS = 1 , a0 in der also die Glieder mit der 1. bis n-ten Ableitung fehlen, bezeichnet man als eine Strecke 0. Ordnung. Gibt man auf den Eingang einer solchen Strecke eine Sprungfunktion, so wird die Ausgangsgröße sich ebenfalls sprunghaft ändern, die Ausgangsgröße folgt ohne zeitliche Verzögerung proportional der Eingangsgröße (Bild 3.4). y x Bild 3.4 Eingangssprung (links) und Sprungantwort (rechts) einer Strecke 0. Ordnung x (∞) = KPS⋅ y0 y0 t t Solche Strecken sind höchst selten, man findet sie näherungsweise in rein ohmschen Netzen oder in hydraulischen Systemen, in denen keine nennenswerte Kompressibilität auftritt. 3.2 P-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung Diese Strecken bzw. die Hintereinanderschaltung solcher Strecken ist die am häufigsten in technischen Anlagen vorkommende. • mw Beispiel 3.1 Warmwasserbehälter (Bild 3.5) = 1200 kg Masse des Wassers Wh spezifische Wärme des /kg K Wassers cw = 1,163 mb = 200 kg cb = 0,134 A = 7,8 m2 d = 3 mm λ = 0,052 ϑa = (273 + 15) K ϑ0 = ϑa ϑa ϑ Masse des Behälters Wh /kg K W /mK spezifische Wärme des Behälters Oberfläche des Behälters Dicke der Isolationsschicht Wärmeleitfähigkeit der Isolationsschicht Außentemperatur Anfangstemperatur des Wassers ∼ Bild 3.5 Elektrisch beheizter Warmwasserbehälter Elektrische Heizleistung Pe0 = 10 kW 54 3 Die Regelstrecke Der Behälter ist mit Wasser gefüllt, das erwärmt werden soll. Regelgröße x ist die Wassertemperatur ϑ; Eingangsgröße ist die elektrische Heizleistung Pe. Die über die Heizspirale zugeführte elektrische Energie Pe (t ) dt erwärmt einmal das Wasser und den Behälter, ferner wird infolge der nichtidealen Isolation eine von dem Temperaturgefälle ϑ − ϑa abhängige Wärmemenge nach außen abgeführt. Der gesuchte Zusammenhang zwischen Ein- und Ausgangsgröße ergibt sich durch Gleichsetzen der pro Zeiteinheit dt zugeführten und aufgenommenen Wärmeenergie. Die pro Zeiteinheit zugeführte Wärmeenergie ist dQzu = Pe (t ) . dt (3.5) Die vom Wasser gespeicherte Wärmeenergie ist Qw = m w c w (ϑ − ϑa ) . Daraus findet man: dQw dϑ = mw c w . dt dt (3.6) Entsprechend ergibt sich für die vom Behälter aufgenommene Wärmeenergie (bei der vereinfachenden Annahme, dass der Behälter die gleiche Temperatur annimmt wie das Wasser) Qb = mb c b (ϑ − ϑa ) bzw. dQb dϑ = mb c b . dt dt (3.7) Analog zu den Verhältnissen zwischen Strom und Spannung an einem ohmschen Widerstand ist der nach außen abgeführte Wärmestrom Φ proportional der Temperaturdifferenz ϑ − ϑa und umgekehrt proportional dem Wärmewiderstand R w der Isolation. Der Wärmewiderstand ergibt sich analog zum ohmschen Widerstand zu Rw = d . λA Somit ist der Wärmestrom Φ= ϑ − ϑa Rw = λA d (ϑ − ϑa ) . (3.8) Andererseits ist der Wärmestrom Φ gleich der zeitlichen Änderung der nach außen abgeführten Wärmemenge Φ= dQ v . dt 3.2 P-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung 55 Die dem System zugeführte Wärmemenge ist gleich den gespeicherten bzw. abgeführten Wärmemengen Qzu = Qw + Qb + Q v oder dQzu dQw dQb dQ v = + + . dt dt dt dt Setzt man die Beziehungen (3.5), (3.6), (3.7) und (3.8) in die letzte Gleichung ein, so erhält man mw cw d⋅ dϑ (t ) dϑ (t ) λ A + mb c b + (ϑ − ϑ a ) = Pe (t ) bzw. dt dt d m w c w + mb c b dϑ (t ) d ⋅ + ϑ (t ) = ⋅ Pe (t ) + ϑa . λA dt λA Mit den Abkürzungen: 0,003 m K = 0,0074 W W 0,052 ⋅ 7,8 m 2 mK K PS = d = λA T1 = d ⋅ m w c w + mb cb = 10,53 h λA und folgt T1 dϑ (t ) + ϑ (t ) = K PS Pe (t ) + ϑa . dt (3.9) Die gefundene Differentialgleichung 1. Ordnung besagt, dass die vorliegende Strecke eine PStrecke mit Verzögerung 1. Ordnung oder kurz eine P-T1-Strecke ist. Der zeitliche Verlauf der Sprungantwort ϑ(t) ergibt sich, wenn zum Zeitpunkt t = 0 der Schalter geschlossen wird und die elektrische Leistung Pe(t) = Pe0 konstant ist, d. h. Pe (t ) = Pe0 ⋅ σ (t ) . (3.10) Bei der Laplace-Transformation von (3.9) ist zu beachten, dass bei der Anwendung des Differentiationssatzes die Anfangsbedingung im vorliegenden Fall nicht Null, sondern ϑ(0) = ϑa ist. Damit folgt aus (3.9) durch Laplace-Transformation, unter Beachtung von (3.10) P Pe ( s ) = e0 s und ϑ P T1 (s ϑ ( s) − ϑ a ) + ϑ ( s ) = K PS e0 + a , s s nach ϑ (s) aufgelöst 56 3 Die Regelstrecke ϑ ( s ) = ( K PS Pe0 + ϑ a ) 1 1 . + T1 ϑ a s (1 + sT1 ) (1 + sT1 ) Mit den Beziehungen 4 und 5 der Korrespondenztabelle folgt sofort ϑ (t ) = ( K PS Pe0 + ϑ a )(1 − e ϑ (t ) = ϑ a + K PS Pe0 (1 − e − − t T1 t T1 ) + ϑa e − t T1 bzw. ). (3.11) Der zeitliche Verlauf der Sprungantwort ist im Bild 3.6 dargestellt. Für t = 0 ist ϑ(0) = ϑa und für t = ∞ ist ϑ(∞) = ϑa + KPS Pe0 = (288 + 74) K = 362 K. Die Endtemperatur ϑ(∞) wird bei der gewählten Eingangsleistung erst nach t = (3 ... 5) ⋅ T1 erreicht. Durch Vergrößerung der Eingangsleistung kann der Erwärmungsvorgang wesentlich beschleunigt werden. So wird z. B. für Pe0 = 50 kW die Anfangssteigung K dϑ (t ) = Pe0 PS T1 dt ϑ K ϑ (t) für Pe0 = 50 kW fünfmal größer. Durch eine entsprechende Regeleinrichtung (die später besprochen wird) kann eine Erwärmung des Wassers über den Siedepunkt verhindert werden. ϑ (∞) KPS⋅ Pe0 Bild 3.6 Sprungantwort einer ϑa P-T1-Strecke 273 t T1 Bei der Ermittlung des Frequenzganges GS(jω) aus Gl. (3.9) ist zu beachten, dass das konstante Glied ϑa entfällt, da bei sinusförmiger Eingangsgröße auch die Ausgangsgröße ϑ(t) sich sinusförmig ändert und nur die Änderungen (keine Absolutwerte) ins Verhältnis gesetzt werden. Man ermittelt zunächst aus Gl. (3.9) die Übertragungsfunktion der Strecke ohne Vorgeschichte, d. h. für ϑ(0) = ϑa = 0. GS ( s ) = ϑ ( s) Pe ( s ) = K PS . 1 + sT1 In dem man s durch jω ersetzt, folgt daraus der Frequenzgang GS ( jω ) = K PS ϑ ( jω ) . = Pe ( jω ) 1 + jωT1 Die zugehörige Ortskurve ergibt, wie in Beispiel 2.6, einen Halbkreis im 4. Quadranten mit KPS als Durchmesser. 3.2 P-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung • 57 Beispiel 3.2 Eingangsgröße ist die Erregerspannung y und Ausgangsgröße ist die Verbraucherklemmenspannung x eines fremderregten Gleichstromgenerators (Bild 3.7). Ra i2 i R L x G Rb n y Bild 3.7 Fremderregter Gleichstromgenerator Die Antriebsdrehzahl des Generators n ist konstant. Die Induktivität des Läufers sei vernachlässigbar. Für den Erregerkreis gilt: y (t ) = i (t ) ⋅ R + L di(t ) . dt (3.12) Der Strom i erzeugt in der Erregerwicklung den Fluss Φ . Bedingt durch die Magnetisierungskurve ist die Funktion Φ = f (i ) nichtlinear. Vereinfachend soll hier angenommen werden, dass die Magnetisierungskurve unterhalb der Sättigung durch eine Gerade ersetzt und der magnetische Widerstand Rm als konstant aufgefasst werden kann. Der magnetische Fluss ergibt sich dann zu Φ (t ) = θ (t ) Rm = N i(t ) , Rm (3.13) mit θ elektrische Durchflutung N Windungszahl der Erregerwicklung. Die vom Generator erzeugte Leerlaufspannung ist u 0 (t ) = c n ⋅ Φ (t ) . (3.14) Der Ankerstrom ergibt sich aus i2 (t ) = u 0 (t ) Ra + R b und damit die Spannung am Verbraucher x(t ) = i 2 (t ) ⋅ Rb = Rb u 0 (t ) . Ra + R b Gln. (3.13) und (3.14) in Gl. (3.15) eingesetzt, ergibt (3.15) 58 3 Die Regelstrecke Rb N ⋅c⋅n⋅ ⋅ i (t ) = K1 ⋅ i (t ) , Ra + R b Rm x(t ) = mit K1 = Rb N . ⋅c⋅n⋅ Ra + R b Rm Nach i(t) aufgelöst, folgt i(t ) = 1 x (t ) K1 und nach einmaliger Differentiation di(t ) 1 dx(t ) . = ⋅ dt K1 dt i(t) und di(t)/dt in (3.12) eingesetzt, führt zu L dx(t ) R + x(t ) = y (t ) bzw. K1 dt K1 K L dx(t ) + x(t ) = 1 y (t ) . R dt R Mit der Zeitkonstanten des Erregerkreises T1 = L/R und dem Übertragungsbeiwert KPS = K1/R folgt die endgültige Form der Differentialgleichung T1 dx(t ) + x(t ) = K PS y (t ) . dt (3.16) Gl. (3.16) ist der in Beispiel 3.1 gefundenen Gl. (3.9) (bis auf den Anfangswert ϑ(0) = ϑa) analog. Entsprechend erhält man die Lösung durch Laplace-Transformation von (3.16) (für t = 0 sei x(0) = 0) T1 ⋅ s x( s ) + x( s) = K PS y ( s ) bzw. x( s ) = K PS y ( s) . 1 + sT1 Wählen wir als Eingangsgröße wieder die Sprungfunktion y (t ) = y 0 ⋅ σ (t ) , y so folgt mit y ( s) = 0 s x( s ) = K PS y 0 1 . s (1 + sT1 ) Unter Verwendung der Beziehung 4 der Korrespondenztabelle erhalten wir im Zeitbereich 3.3 P-Strecken mit Verzögerung 2. Ordnung x(t ) = K PS y 0 (1 − e − t T1 59 ). X Aufgabe 3.1 Ermitteln Sie den Verlauf der Ortskurve des im Beispiel 3.2 durch Gl. (3.16) beschriebenen Systems für T1 = 0,1 s und KPs = 10. 3.3 P-Strecken mit Verzögerung 2. Ordnung Regelstrecken, die durch die Hintereinanderschaltung von zwei P-Strecken 1. Ordnung entstehen, werden durch eine Differentialgleichung 2. Ordnung beschrieben. Im Gegensatz zu in sich gekoppelten Zweispeichersystemen, die in Abschnitt 3.5 behandelt werden, können sie nur aperiodische Schwingungen ausführen. Als Beispiel soll das im Bild 3.8 gezeigte System 2. Ordnung behandelt werden, das aus zwei hintereinandergeschalteten Gleichstromgeneratoren besteht und als Verstärkermaschine bezeichnet wird. • Beispiel 3.3 Das Erregerfeld des zweiten Generators wird von dem ersten Generator erzeugt. Die Rotorwellen beider Generatoren sind gekoppelt und werden mit der Drehzahl n angetrieben. Eingangsgröße ist die Spannung y am ersten Erregerkreis, Ausgangsgröße ist die Verbraucherspannung x. i1 Ra1 a i R1 L1 G u1 n y ix i2 Ra2 R2 L2 u2 G Rb x n b 1. Vierpol 2. Vierpol 3. Vierpol Bild 3.8 P-T2 -Strecke, gebildet aus zwei hintereinadergeschalteten Gleichstromgeneratoren • Ermittlung der Übertragungsfunktion Um die Übertragungsfunktion der in Bild 3.8 dargestellten P-T2-Strecke GS ( s ) = x( s ) y (s) 60 3 Die Regelstrecke zu ermitteln, kann man ebenso vorgehen wie in Beispiel 3.2. Im Ankerkreis liegt dann anstelle von Rb (Bild 3.7) (R2 + sL2) (Bild 3.8). Der Ankerstrom i1 ist dann gleich dem Erregerstrom des 2. Generators und bestimmt den Fluss Φ 2 usw. Im Folgenden soll eine andere Methode Anwendung finden. Wie Bild 3.8 zeigt, kann die Verstärkermaschine als Kettenschaltung von drei Vierpolen aufgefasst werden. Der Vorteil dieser Darstellung besteht darin, dass die den 1. Vierpol beschreibende Kettenmatrix in ihrem Aufbau völlig identisch mit der des 2. Vierpols ist und sich nur durch die Indizes unterscheidet. Betrachten wir zunächst den 1. Vierpol bei aufgetrennten Klemmen a und b, so wird dieser durch die folgenden Gleichungen beschrieben (s.a. Beispiel 3.2): y ( s) = i ( s ) ⋅ ( R1 + sL1 ) (3.17) N1 ⋅ i(s) Rm1 (3.18) Φ1 = c n N1 u o1 ( s ) = c1n ⋅ Φ1 ( s) = 1 ⋅ i(s) Rm1 (3.19) u1 ( s) = u o1 ( s ) − i1 ( s) ⋅ Ra1 . (3.20) Die Beziehung des Eingangsvektors [y, i] und des Ausgangsvektors [ul, il ] lautet: y ( s ) A11 = i ( s ) A21 A12 u1 ( s) ⋅ A22 i1 ( s ) . (3.21) Durch Umformung der Gln. (3.17) ... (3.20) sollen nun die beiden in (3.21) enthaltenden Gleichungen gebildet werden. Aus Gl. (3.20) folgt u o1 ( s ) = u1 ( s ) + i1 ( s ) ⋅ Ra1 . (3.22) Setzen wir (3.22) in (3.19) ein und lösen nach i(s) auf, so entsteht die zweite Gl. der Kettenform i( s) = 1 [u1 ( s ) + i1 ( s) ⋅ Ra1 ] , K1 (3.23) c n N1 mit der Abkürzung K1 = 1 . Rm1 Die erste der gesuchten Gleichungen ermitteln wir mit (3.23) in (3.17) zu R y ( s) = 1 (1 + sT1 )[u1 ( s ) + i1( s ) ⋅ Ra1] , K1 mit der Bezeichnung T1 = L1/R1. Die Gln. (3.24) und (3.23) lassen sich nun nach (3.21) zusammenfassen (3.24) 3.3 P-Strecken mit Verzögerung 2. Ordnung 61 y ( s ) 1 R1 (1 + sT1 ) Ra1 R1 (1 + sT1 ) u1 ( s) ⋅ = Ra1 1 i ( s ) K1 i1 ( s ) . (3.25) Ganz analog ergibt sich für den 2. Vierpol u1 ( s ) 1 R2 (1 + sT2* ) Ra 2 R2 (1 + sT2* ) u 2 ( s) = ⋅ i 2 ( s ) . Ra 2 1 i1 ( s ) K 2 (3.26) Für den 3. Vierpol (Querwiderstand) ist u 2 (s) 1 = i 2 ( s ) 1 / R b 0 x( s) ⋅ 1 i x ( s ) . (3.27) Setzen wir die Gl. (3.27) in Gl. (3.26) ein und das Ergebnis wiederum in Gl. (3.25), so folgt y(s) 1 = ( ) i s K 1K 2 A11 A21 A12 B11 ⋅ A22 B21 B12 C11 C12 x( s ) ⋅ ⋅ B22 C 21 C 22 i x ( s) . Hierin sind Aik, Bik und Cik die Elemente der 1., 2. und 3. Vierpolmatrix. Die Multiplikation der drei Matrizen, unter Beachtung der Reihenfolge, ergibt die Produktmatrix D D = A ⋅ B ⋅ C = 11 D21 D12 bzw. D22 A11 B11 + A12 B21 D = A21 B11 + A22 B21 A11 B12 + A12 B22 C11 C12 ⋅ A21 B12 + A22 B22 C 21 C 22 . Im vorliegenden Fall ist ix(s) = 0. Zur Berechnung der gesuchten Übertragungsfunktion brauchen daher nicht alle vier Elemente der Produktmatrix D berechnet zu werden, es genügt vielmehr die Ermittlung von D11. Die Übertragungsfunktion ist dann GS ( s) = mit x ( s ) K1 K 2 , = y ( s) D11 ( s ) D11 = ( A11 B11 + A12 B21 ) ⋅ C11 + ( A11 B12 + A12 B22 ) ⋅ C 21 . Mit den entsprechenden Termen für Aik, Bik und Cik aus (3.25), (3.26) und (3.27) ergibt sich D11 ( s) = [ R1 R2 (1 + sT1 )(1 + sT2* ) + Ra1 R1 (1 + sT1 )] + [ Ra 2 R1 R2 (1 + sT1 )(1 + sT2* ) + Ra1 Ra 2 R1 (1 + sT1 )] ⋅ Nach einigen Umformungen gelangt man zu 1 . Rb 62 3 Die Regelstrecke R R2 . D11 ( s) = 1 ( Rb + Ra2 )( R2 + Ra1 )(1 + sT1 )1 + sT2* R2 + Ra1 Rb Mit den Abkürzungen K PS = K1 K 2 Rb ( Rb + Ra2 )( R2 + Ra1 ) R1 und T2 = T2* R2 L2 = R 2 + Ra1 R2 + Ra1 folgt schließlich die Übertragungsfunktion der Strecke GS ( s ) = K PS x( s ) . = y ( s ) (1 + sT1 )(1 + sT2 ) (3.28) Die Differentialgleichung des Systems finden wir aus (3.28) durch Anwendung des Differentiationssatzes der Laplace-Transformation T1T2 x(t ) + (T1 + T2 ) x (t ) + x(t ) = K PS y ( s ) . (3.29) Es handelt sich somit bei dem vorliegenden System, wie in Abschnitt 3 definiert, um eine Strecke mit Verzögerung 2. Ordnung bzw. eine P-T2-Strecke. • Ermittlung der Sprungantwort der P-T2-Strecke Im Folgenden soll die Sprungantwort des im Bild 3.8 dargestellten Systems für y (t ) = y 0 ⋅ σ (t ) c−−¦ y y ( s) = 0 s (3.30) ermittelt werden. Lösen wir Gl. (3.28) nach x(s) auf unter Berücksichtigung von (3.30), so folgt x( s ) = K PS y 0 ⋅ K y 1 1 x( s ) = PS 0 ⋅ s (1 + sT1 )(1 + sT2 ) T1T2 1 1 s s + s + T1 T2 . Die Rücktransformation in den Zeitbereich kann mittels Korrespondenztabelle, Partialbruchzerlegung oder Residuenzsatz erfolgen. Mittels letzterem erhalten wir sofort t t − − T1 T2 K PS y 0 e e bzw. T1T2 − T1 − T2 x(t ) = 1 1 1 1 T1T2 − − T1 T2 T2 T1 3.3 P-Strecken mit Verzögerung 2. Ordnung x(t ) = K PS 63 t t − − T T T1 T2 1 2 + e . e y0 1 − T1 − T2 T1 − T2 (3.31) Bild 3.9 zeigt die Sprungantwort für T1 = 2⋅T2. Aus (3.31) folgt für t = 0, x(0) = 0 und für t = ∞, x(∞) = KPS y0, der stationäre Endwert. Durch Differentiation von (3.31) erhält man t t − dx(t ) K PS y 0 − T1 T2 = e −e dt T1 − T2 . Für t = 0 ist x (0) = 0 , d. h. die Kurve beginnt für t = 0 mit waagerechter Tangente. Der Kurvenverlauf zeigt einen charakteristischen s-förmigen Verlauf, dessen Wendepunkt sich aus 2 d x(t ) dt 2 t − t − e T1 e T2 − + T2 T1 K y = PS 0 T1 − T2 =0 ergibt bzw. tw = T1T2 T ln 1 . T1 − T2 T2 Speziell für T1 = 2T2 wird t w = 2 T2 ⋅ ln 2 = 1,386 T2 . x x(t) x(∞)⋅ T2 T1 − T2 ⋅e − t T2 x(∞) = KPS⋅ y0 t T2 T1 −x(∞)⋅ T1 T1 − T2 ⋅e − t T1 Bild 3.9 Sprungantwort einer P-T2-Strecke mit Zeitkonstanten T1 = 2T2 64 3 Die Regelstrecke Wird die Sprungantwort des Systems experimentell aufgenommen, so kann zur Identifikation von Strecken 2. und höherer Ordnung, wie in Bild 3.10 gezeigt, die Wendetangente durch den Wendepunkt für t = tw gelegt werden. x Wendepunkt Bild 3.10 Sprungantwort und Kenngrößen: x(∞) xw Tu tw Tu Ausgleichszeit Tg x(∞) Beharrungszustand t Tg Verzugszeit Diese schneidet die Zeitachse im Punkt t = Tu und den Beharrungszustand x(∞) für t = Tu + Tg. Bei einer Strecke 2. Ordnung können aus Tu und Tg die beiden Zeitkonstanten T1 und T2 bestimmt werden. • Die Ortskurve der P-T2-Strecke Aus Gl. (3.28) folgt der Frequenzgang GS ( jω ) = K PS x ( jω ) . = y ( jω ) (1 + jωT1 )(1 + jωT2 ) (3.32) Zur Diskussion des Ortskurvenverlaufs zerlegen wir den Frequenzgang (3.32) in seinen Realund Imaginärteil Re (GS ) = K PS 1 − ω 2T1T2 (1 − ω 2T1T2 ) 2 + ω 2 (T1 + T2 ) 2 Im (GS ) = − K PS ω (T1 + T2 ) 2 (1 − ω T1T2 ) 2 + ω 2 (T1 + T2 ) 2 . Das Vorzeichen von Re(GS) und Im(GS) wird nur durch den Zähler bestimmt, da der Nenner für beide gleich und für alle ω -Werte stets positiv ist. Variieren wir ω von 0 bis ∞, so ist der Im(GS) stets negativ. Für den Realteil ergibt sich: 2 a) für kleine ω -Werte, d. h. 1 > ω T1T2 ist Re( GS ) > 0 2 b) für ω T1T2 = 1 bzw. ω = 1 ist T1 T2 2 Re(GS ) = 0 und Im(GS ) = − K PS c) Für große ω -Werte, d. h. 1 < ω T1T2 ist Re( GS ) < 0 . T1 T2 T1 + T2 3.3 P-Strecken mit Verzögerung 2. Ordnung 65 Das heißt, die Ortskurve verläuft in der Gaußschen Zahlenebene im 3. und 4. Quadranten, wie in Bild 3.11 gezeigt. Weitere markante Punkte der Ortskurve ergeben sich für ω = 0 und ω = ∞ (siehe Tabelle). Im KPS ω=∞ KPS⋅ 1 ω= ω Re (GS) Im (GS) 0 KPS 0 ω=0 Re √ T1T2 T1+T2 T1 T2 ω s −1 √T1T2 1 ∞ 0 0 − K PS ⋅ T1 T2 T1 + T2 0 Bild 3.11 Ortskurve einer P-T2-Strecke • Die Dämpfung des P-T2-Gliedes Es soll hier gezeigt werden, dass das Übergangsverhalten eines Systems 2. Ordnung entscheidend von seiner Polverteilung abhängt. Die Übertragungsfunktion (3.28) kann wie folgt umgeschrieben werden: GS ( s ) = K PS 1 ⋅ . T + T2 1 T1T2 2 s +s⋅ 1 + T1T2 T1T2 Mit den Abkürzungen T + T2 1 und β 2 = , 2α = 1 T1T2 T1T2 α Abklingkonstante Kreisfrequenz des ungedämpften Systems ß wird GS ( s ) = K Ps β 2 1 2 s + s ⋅ 2α + β 2 . Eine weitere wichtige Größe ist die Dämpfung D, die wie folgt definiert ist D= α . β Die beiden Pole der Gleichung (3.33) ergeben sich zu (3.33) 66 3 Die Regelstrecke s1,2 = − α ± α 2 − β 2 s1,2 = − α ± β D 2 − 1 (3.34) s1,2 = − β ( D ± D 2 − 1) . Daraus ist ersichtlich, dass abhängig von D folgende Fälle möglich sind: a) Für α > β ( D > 1) werden die beiden Pole negativ s-Ebene reell (aperiodischer Fall). jω σ b) Für α = β (D = 1) ergibt sich eine doppelte Polstelle, jω mit s1 = s2 = − α (aperiodischer Grenzfall). σ α jω c) Für α < β (0 < D < 1) werden die beiden Pole konjugiert komplex s1,2 = −α ± jβ 1 − D 2 (gedämpfte Schwingung). d) Für α = 0 (D = 0) wird der Realteil der beiden Pole α σ jω Null, d. h. die Pole werden rein imaginär s1,2 = ± jβ (ungedämpfte Dauerschwingung). β σ β e) Für α < 0 (D < 0) ist die Abklingkonstante negativ, die beiden Pole haben einen positiven Realteil s1,2 = +α ± jβ 1 − D jω 2 (aufklingende Schwingung). α σ Für das durch die Übertragungsfunktion (3.28) beschriebene System sind nur die Fälle a) und b) möglich (D ≥ 1), denn 3.3 P-Strecken mit Verzögerung 2. Ordnung D= α T1 + T2 1 T1 = = + β 2 T1 T2 2 T2 67 T2 . T1 Mit der Abkürzung T1 1 bzw. = T2 a a= T2 T1 wird D= 1 1 dD 1 1 = 0 . ⋅ a + und = ⋅ 1 − 2 a da 2 a2 Daraus folgt a = + 1 bzw. T1 = T2. Die Dämpfung des Systems ist dann D = 1 (ein Minimum), da für a = +1 die 2. Ableitung d 2D da 2 = 1 a3 > 0 ist. Für T1 ≠ T2 ist die Dämpfung stets größer als Eins. Bild 3.12 zeigt die Sprungantworten eines Systems 2. Ordnung bei verschiedener Dämpfung. x(t) 4 3 w 2 1 0 0 5 t Bild 3.12 Sprungantworten eines Systems 2. Ordnung bei verschiedenen Dämpfungen 1 - aperiodischer Fall D>1 2 - aperiodischer Grenzfall D=1 3 - gedämpfte Schwingung 0<D<1 4 - ungedämpfte Dauerschwingung D=0 5 - aufklingende Schwingung D<0 68 • 3 Die Regelstrecke Beispiel 3.4 Das in Bild 3.13 gezeigte System besteht aus der Reihenschaltung von Wandlern und zweier Speicher, und zwar: a) dem Behälter, in dem das Gas bzw. Druckenergie gespeichert wird, b) die Feder des Membranantriebs, die potentielle Energie speichert. digitaler Regler 0 bis 100% Hub A 0 bis 10 V Wandlung von Spannung in Strom p, V c 0 bis 20 mA pe y l 0 bis 1,0 bar Wandlung von Strom in Druck b d x Zuluft 1,4 bar Bild 3.13 Ansteuerung eines pneumatischen Membranventils Derartige Anordnungen kommen in der Verfahrenstechnik, z. B. wegen des Explosionsschutzes häufig vor. Mittels elektrischer Spannung von 0 bis 10 V wird die Stellung des Ventils zwischen 0 und 100% eingestellt. Die Ventilstellung x des pneumatischen Stellventils soll mittels eines Stellsignals pe rückwirkungsfrei angesteuert werden. Ein vor dem Druckspeicher sitzendes Ventil ist durch eine ideale Drossel ersetzt. Das Volumen über dem Membranteller ist gegenüber dem Behältervolumen V vernachlässigbar. Dadurch sind beide Systeme rückwirkungsfrei miteinander verbunden, d. h. durch eine Verstellung der Ausgangsgröße x wird rückwirkend der Druck p im Behälter nicht verändert. Der pro Zeiteinheit durch die Drossel strömende Massenstrom dm/dt ist proportional dem 2 Drosselquerschnitt d π / 4 und der mittleren Geschwindigkeit v : dm(t ) d 2π = ⋅ ρ ⋅ v(t ) . 4 dt (3.35) ρ Dichte des Gases. Die Drosselbohrung ist so bemessen, dass eine laminare Strömung vorliegt. Es gilt dann das Poiseull'sche Gesetz v = k ( p e − p) , mit dem Proportionalfaktor k= d2 32 ⋅ l ⋅ η (3.36) 3.3 P-Strecken mit Verzögerung 2. Ordnung 69 1 Länge der Drossel 2 η Zähigkeit des Gases in Ns/m . Gl. (3.36) in Gl. (3.35) eingesetzt ergibt dm(t ) d 2 π = ⋅ ρ k ⋅ [( p e (t ) − p (t )] . 4 dt (3.37) Nach den Gasgesetzen ist ferner p ⋅V = m ⋅ R ⋅ϑ (3.38) R Gaskonstante in Nm/kg⋅K ϑ absolute Temperatur in K = konstant m die im Behälter mit dem Volumen V gespeicherte Gasmenge in kg. Durch Differentiation von Gl. (3.38) folgt dp (t ) dm(t ) = Rϑ dt dt V und damit die pro Zeiteinheit im Behälter gespeicherte Menge dm(t ) V dp(t ) = . R ϑ dt dt (3.39) Durch Gleichsetzen von Gl. (3.37) und Gl. (3.39) erhält man V dp (t ) d 2 π = ⋅ ρ k ⋅ [( p e (t ) − p (t )] R ϑ dt 4 bzw. dp(t ) + p (t ) = p e (t ) . d πρkRϑ dt 4V 2 Mit der Abkürzung T1 = 4V 2 d πρkRϑ wird T1 dp(t ) + p (t ) = p e (t ) . dt (3.40) Durch Laplace-Transformation ergibt sich daraus die Übertragungsfunktion des ersten Systems GS1 ( s ) = p(s) 1 . = p e ( s ) 1 + sT1 (3.41) Der Druck p wirkt als Eingangsgröße auf das zweite System und erzeugt mit der Membranfläche A die Kraft A ⋅ p (t ) . Diese ist mit den Gegenkräften c ⋅ x der Feder und b ⋅ x der Dämpfungseinrichtung im Gleichgewicht. 70 3 Die Regelstrecke b x (t ) + c x(t ) = A ⋅ p (t ) b A x (t ) + x(t ) = p (t ) . c c c Federkonstante in N/m b Dämpfungskonstante in Ns/m. Mit den Abkürzungen KPS = A / c und T2 = b / c folgt für das zweite System die DGL T2 x (t ) + x(t ) = K PS p (t ) . (3.42) Die zugehörige Übertragungsfunktion lautet GS2 ( s ) = K PS x( s) . = p ( s ) 1 + sT2 (3.43) Bild 3.14 zeigt den Wirkungsplan des Gesamtsystems. 1, T1 pe(t) KPS , T2 p(t) GS1(s) x(t) GS2(s) Bild 3.14 Wirkungsplan des Membranventils nach Bild 3.13 (P-T2-Strecke) Daraus folgt die Gesamtübertragungsfunktion GS ( s ) = GS1 ( s ) ⋅ GS2 ( s ) = K PS x( s) . = p e ( s ) (1 + sT1 )(1 + sT2 ) (3.44) Durch Anwendung des Differentiationssatzes der Laplace-Transformation ergibt sich aus (3.44) die Differentialgleichung der P-T2-Strecke zu T1T2 x(t ) + (T1 + T2 ) x (t ) + x(t ) = K PS ⋅ p e (t ) . (3.45) Vergleicht man Gl. (3.45) mit Gl. (3.29), so sieht man deren Übereinstimmung. Die Sprungantwort, Ortskurve usw. des durch (3.45) beschriebenen Systems ergeben sich analog den in den Abschnitten 3.3.2 bis 3.3.4 gefundenen Beziehungen. X Aufgabe 3.2 Ermitteln Sie die Übertragungsfunktion und die Differentialgleichung des in Beispiel 3.2 (Bild 3.7) behandelten fremderregten Gleichstromgenerators, unter der Voraussetzung, das die Ankerinduktivität L nicht vernachlässigt werden darf. Wie berechnen sich KPS, T1 und T2? Hinweis: Im Bildbereich ist der Ankerwiderstand Ra durch die Impedanz (Ra + sLa) zu ersetzen. 3.4 Strecken höherer Ordnung Die im vorherigen Abschnitt behandelten Strecken 2. Ordnung wurden durch Hintereinanderschaltung von zwei P-T1-Strecken gebildet. Wie die Darstellung im Wir- 3.4 Strecken höherer Ordnung 71 kungsplan (Bild 3.14) zeigt, ergibt sich die Gesamtübertragungsfunktion aus dem Produkt der beiden Übertragungsfunktionen GS1 und GS2. Entsprechend folgt bei der rückwirkungsfreien Hintereinanderschaltung von drei PT1-Strecken (Bild 3.15) für die Gesamtübertragungsfunktion GS ( s ) = GS1 ( s ) ⋅ GS2 ( s ) ⋅ GS3 ( s ) = y(t) y(s) KPS1 , Ta K PS1 K PS2 K PS3 x( s) . = y ( s ) (1 + sTa )(1 + sTb )(1 + sTc ) KPS2 , Tb x1(t) KPS3 , Tc x2(t) x(t) x(s) GS1(s) GS2(s) GS3(s) Bild 3.15 Wirkungsplan einer P-T3-Strecke, gebildet aus drei hintereinandergeschalteten P-T1-Strecken Mit KPS = KPS1KPS2KPS3 wird GS ( s ) = K PS x( s ) = 3 2 y ( s ) s Ta TbTc + s (Ta Tb + Ta Tc + TbTc ) + s (Ta + Tb + Tc ) + 1 T33 T22 T1 bzw. GS ( s ) = K PS x( s ) = . 3 3 2 y ( s ) s T + s T22 + s T1 + 1 3 (3.46) Daraus ermittelt sich die zugehörige Differentialgleichung zu T33x(t ) + T22 x(t ) + T1 x (t ) + x(t ) = K PS ⋅ y (t ) . (3.47) Schaltet man n Glieder 1. Ordnung rückwirkungsfrei hintereinander, so nimmt die Übertragungsfunktion folgende Form an GS ( s ) = K PS x( s ) . = 3 n n y ( s ) s Tn + ... + s T 3 + s 2 T22 + s T1 + 1 3 (3.48) Die Differentialgleichung zu (3.48) lautet x ( n)(t) Tnn + ... + x(t) T33 + x(t) T22 + x(t) T1 + x(t ) = K PS ⋅ y (t ) . (3.49) Für den Regelungstechniker ist die möglichst genaue Kenntnis des zu regelnden dynamischen Prozesses besonders wichtig, d. h. die das System beschreibenden Parameter KPS, T1, T2⋅...Tn müssten identifiziert werden. 72 3 Die Regelstrecke Nimmt man die Sprungantwort einer unbekannten Strecke experimentell auf, so kann die genaue Ordnung dieser Strecke nicht ohne weiteres aus dem Kurvenverlauf ermittelt werden, insbesondere, wenn die einzelnen Glieder unterschiedliche Zeitkonstanten aufweisen. Bereits bei einem System 2. Ordnung, das aus zwei P-T1-Gliedern mit den Zeitkonstanten Ta und Tb besteht, ist die Bestimmung der Zeitkonstanten nicht ganz einfach. Durch Anlegen der Wendetangente lassen sich die Verzugs- und Ausgleichszeit Tu und Tg ermitteln. Mann kann zeigen, dass zwischen den Quotienten Tu/Tg und Ta/Tb eine eindeutige Funktion besteht. Die Tabelle 1 gestattet bei bekanntem Tu/Tg das Verhältnis von Ta/Tb bzw. Ta und Tb zu bestimmen. Tabelle 1 Kennwerte eines Verzögerungsgliedes 2. Ordnung Tu Tg Tb Ta 0,000 0,016 0,032 0,050 0,063 0,072 0,084 0,092 0,097 0,100 0,102 0,103 0,103 0,104 0,00 0,02 0,05 0,10 0,15 0,20 0,30 0,40 0,50 0,60 0,70 0,80 0,90 1,00 Tg Ta 1,000 1,083 1,171 1,292 1,399 1,495 1,675 1,842 2,000 2,151 2,299 2,439 2,548 2,718 tw Ta xw x (∞ ) 0,000 0,080 0,158 0,256 0,335 0,402 0,516 0,611 0,693 0,766 0,832 0,893 0,948 1,000 0,000 0,058 0,103 0,148 0,177 0,197 0,224 0,240 0,250 0,256 0,260 0,263 0,264 0,264 Bei Strecken höher als 2. Ordnung lassen sich die einzelnen Zeitkonstanten aus dem Verlauf der Sprungantworten nicht mehr ermitteln. Man gewinnt eine Näherung durch die Annahme von n hintereinandergeschalteten Verzögerungsgliedern 1. Ordnung mit gleicher Zeitkonstante T, deren Sprungantwort das gleiche Verhältnis Tu/Tg liefert, wie das der untersuchten Strecke. Bild 3.16 zeigt den Verlauf der Sprungantworten einer P-Strecke 1. bis n-ter Ordnung mit KPS = 1 und der Übertragungsfunktion GS ( s ) = 1 (1 + sT ) n . 3.4 Strecken höherer Ordnung 73 x(∞) x(t) n=1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 0 t 0 Bild 3.16 Sprungantworten zu P-Strecken 1. bis 10. Ordnung mit gleicher Zeitkonstante T Tabelle 2 Kennwerte der Sprungantworten für Verzögerungsglieder n-ter Ordnung mit gleichen Zeitkonstanten n Tg / T Tu / T Tu / Tg 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 1,000 2,718 3,695 4,463 5,119 5,699 6,226 6,711 7,164 7,590 0,000 0,282 0,805 1,425 2,100 2,811 3,549 4,307 5,081 5,869 0,000 0,104 0,218 0,319 0,410 0,493 0,570 0,642 0,709 0,773 Zeigt die experimentell aufgenommene Sprungantwort eines Systems einen charakteristischen Verlauf nach Bild 3.16, so lassen sich durch Einzeichnen der Wendetangente Tu und Tg bestimmen. Bei bekanntem Tu/Tg kann die Zeitkonstante T und die Anzahl n der Glieder aus der nebenstehenden Tabelle entnommen werden. Hier ist darauf hinzuweisen, dass dieses Verfahren, bedingt durch die Konstruktion der Wendetangente, fehlerbehaftet ist. Bereits eine geringe Änderung der Neigung der Wendetangente hat eine relativ große Auswirkung auf das Verhältnis Tu/Tg. Ortskurven der Strecken höherer Ordnung Für eine Strecke n-ter Ordnung ergibt sich aus Gl. (3.48) folgender Frequenzgang GS ( jω ) = GS ( jω ) = K PS x ( jω ) bzw. = n n 3 y ( jω ) ( jω ) Tn + ... + ( jω ) T 3 + ( jω ) 2 T22 + ( jω ) T1 + 1 3 K PS . [1 − (ω T2 ) + (ω T4 ) − ...] + j [ω T1 − (ω T3 )3 + (ω T5 )5 − ...] 2 4 74 3 Die Regelstrecke In Bild 3.11 ist die Ortskurve einer P-Strecke 2. Ordnung (n = 2) gezeigt, die auf der reellen Achse beginnend den 4. und 3. Quadranten der Gaußschen Zahlenebene durchläuft. Bei einer Strecke 3. Ordnung (n = 3) sind die Zeitkonstanten T1, T2 und T3 vorhanden. Der Frequenzgang lautet somit GS ( jω ) = x ( jω ) K PS = . 2 y ( jω ) [1 − (ω T2 ) ] + j [ω T1 − (ω T3 )3 ] Den Re(GS) und Im(GS) gewinnt man durch Erweiterung von GS(jω) mit dem konjugiert Komplexen des Nenners: GS ( jω ) = K PS [1 − (ω T2 ) 2 ] − j [ω T1 − (ω T3 )3 ] = Re (GS ) + j Im (GS ) . [1 − (ω T2 ) 2 ]2 + [ω T1 − (ω T3 )3 ]2 Daraus folgt Re (GS ) = K PS 1 − (ω T2 ) 2 [1 − (ω T2 ) 2 ]2 + [ω T1 − (ω T3 )3 ]2 Im (GS ) = − K PS ω T1 − (ω T3 )3 . [1 − (ω T2 ) 2 ]2 + [ω T1 − (ω T3 )3 ]2 Variiert man ω von 0 bis ∞, so wird Re(GS) für: 1 bzw. ω < ω T2 < 1 a) positiv T2 1 bzw. ω = ω T2 = 1 Null b) T2 c) ω T2 > 1 bzw. ω > 1 T2 negativ. Entsprechend wird der Im(GS) für a) (ω T3 )3 < ω T1 bzw. ω < b) (ω T3 )3 = ω T1 bzw. ω = c) (ω T3 )3 > ω T1 bzw. ω > T1 T33 T1 T33 T1 T33 negativ Null positiv. 3.5 Schwingungsfähige P-Strecken 2. Ordnung 75 Das heißt, die Ortskurve einer P-Strecke 3. Ordnung verläuft durch den 4., 3. und 2. Quadranten, wie in Bild 3.17 gezeigt. Im KPS ω=∞ ω=0 Re 4. 3. 2. 1. ω Bild 3.17 Ortskurvenverlauf von P-Strecken 1. bis 4. Ordnung s −1 Es lässt sich zeigen, dass bei einer Strecke n-ter Ordnung n Quadranten durchlaufen werden. Für ω = 0 ist der Re(G) stets gleich KPS und der Im(G) stets Null. Die Ortskurven laufen für ω → ∞ stets tangential zu den Achsen in den Ursprung; für eine Strecke 1. Ordnung wird ϕ (ω) = ϕ (∞) = −90°; für eine Strecke 2. Ordnung wird ϕ (∞) = −180°. Allgemein gilt für eine Strecke n-ter Ordnung ϕ (∞) = − n⋅90°. 3.5 Schwingungsfähige P-Strecken 2. Ordnung Sind in einem System zwei unterschiedliche Speichermöglichkeiten vorhanden, so kann das System gedämpfte Schwingungen ausführen. So z. B. in einem Feder-MasseDämpfung-System die Speicherung von potentieller und kinetischer Energie oder in einem elektrischen Schwingkreis die Energiespeicherung im elektrischen und magnetischen Feld. • Beispiel 3.5 i(s) R sL J, ML Φo y(s) M n(s) x(s) R = 0,3 Ω L = 60 mH Bild 3.18 Fremderregter Gleichstrommotor cΦ0 = 2,33 Vs 2 J = 0,905 Nms Die in Bild 3.18 dargestellte Drehzahlregelstrecke besteht aus einem Gleichstrommotor mit konstanter Fremderregung Φ0, dessen Abtriebswelle ein Schwungrad mit dem Trägheitsmo- 76 3 Die Regelstrecke ment J antreibt sowie mit einem konstanten Moment ML belastet ist. Eingangsgröße ist die Ankerspannung y, durch die die Drehzahl n (Ausgangsgröße x) beeinflusst werden kann. R und L sind der Ankerwiderstand und die Ankerinduktivität. Wir berechnen zunächst die Übertragungsfunktion GS1 ( s ) = ω (s) y(s) und daraus mit ω = 2π ⋅ n GS ( s ) = n( s ) . y(s) Die im Anker induzierte Spannung ist u0 ( s ) = c Φ 0 ⋅ ω ( s ) . (3.50) Somit gilt für den Ankerkreis y ( s) = i ( s ) ⋅ [ R + sL] + u 0 ( s ) bzw. i( s) = [ y ( s ) − u 0 ( s)] ⋅ 1/ R 1 + sT1 (3.51) mit T1 = L = 0,2 s . R Der Ankerstrom i und der konstante Fluss Φ0 erzeugen das elektrische Moment M e (s) = c Φ 0 ⋅ i(s) . (3.52) Dieses ist im Gleichgewicht mit dem Lastmoment ML und dem durch die Massenträgheit verursachten Moment M m (t ) = J ⋅ dω (t ) dt bzw. M m (s) = J ⋅ s ⋅ ω (s) , (3.53) so dass gilt M e ( s ) = M L ( s ) + M m ( s) oder M m (s) = M e (s) − M L (s) . (3.54) Das durch die Gleichung (3.50) ... (3.54) beschriebene System kann durch den in Bild 3.19 gezeigten Wirkungsplan dargestellt werden. 3.5 Schwingungsfähige P-Strecken 2. Ordnung 77 c⋅Φ 0 u0(s) y(s) − i(s) 1 R 1+sT1 c⋅Φ 0 Me(s) Mm(s) ω (s) 1 s ⋅J − 1 2 ⋅π n(s) ML(s) Bild 3.19 Wirkungsplan des fremderregten Gleichstrommotors nach Bild 3.18 Für ML = 0 berechnet sich die Übertragungsfunktion zu GS1 ( s ) = ω (s) y ( s) = 1 s (1 + sT1 ) JR + cΦ 0 cΦ 0 und daraus GS ( s ) = n( s ) 1 = ⋅ y ( s ) 2πcΦ 0 2 s T1 1 JR (cΦ 0 ) 2 +s JR (cΦ 0 ) 2 . +1 Mit den Abkürzungen K PS = 1 1 1 = 0,0683 = 4,098 2πcΦ 0 Vs V min T2 = JR und (cΦ 0 ) 2 = 0,05 s erhalten wir schließlich GS ( s ) = K PS x( s ) = . 2 y ( s ) s T1T2 + s T2 + 1 (3.55) Durch Anwendung des Differentiationssatzes der Laplace-Transformation bestimmt sich aus Gl. (3.55) die Differentialgleichung 2. Ordnung des Systems zu T1T2 x(t ) + T2 x (t ) + x(t ) = K PS y (t ) . (3.56) Die Übertragungsfunktion nach Gl. (3.55) hat, bei den gegebenen Daten, konjugiert komplexe Polstellen. Nach dem im Abschnitt 3.3 Gesagten, wird das System gedämpfte Schwingungen ausführen. 78 • 3 Die Regelstrecke Ermittlung der Sprungantwort einer schwingungsfähigen Regelstrecke 2. Ordnung Für y (t ) = y 0 ⋅ σ (t ) bzw. y y ( s) = 0 s folgt aus Gl. (3.55) x( s ) = GS ( s ) ⋅ y ( s) = K PS ⋅ y 0 1 1 ⋅ ⋅ . 1 1 T1T2 s 2 s +s + T1 T1T2 (3.57) Unter Verwendung der Beziehung 13 der Korrespondenztabelle findet man mit α= 1 = 2,5 s -1 2T1 und β2 = 1 = 100 s -2 ; β = 10 s -1 T1T2 x( s ) = K PS ⋅ y 0 ⋅ β 2 1 2 s ( s + s ⋅ 2α + β 2 ) . (3.58) Die Dämpfung des Systems ist definitionsgemäß D= α 2,5 s -1 = = 0,25 und damit D < 1 . β 10 s -1 Das gedämpft schwingende System hat die Eigenkreisfrequenz ω e = β 2 − α 2 = 9,68 s -1 . α, β und ωe in die Rücktransformationsgleichung eingesetzt, ergibt α x(t ) = n(t ) = K PS ⋅ y 0 1 − cos ω e t + sin ω e t e − α t . ωe (3.59) Vielfach ist es zweckmäßig, die Sinus- und Cosinusfunktion in Gl. (3.59) zu einer Schwingung gleicher Frequenz wie folgt zusammenzufassen: cos ω e t + α sin ω e t = A sin (ω e t + ϕ ) . ωe Nach den Additionstheoremen ist (3.60) 3.5 Schwingungsfähige P-Strecken 2. Ordnung 79 A (sin ω e t ⋅ cos ϕ + cos ω e t ⋅ sin ϕ ) = A sin (ω e t + ϕ ) . (3.61) Durch Vergleich der Beziehungen (3.60) und (3.61) folgt A cos ϕ = α ωe (3.62) A sin ϕ = 1 . (3.63) Division von (3.63) durch (3.62) ergibt tan ϕ = ωe α ϕ = arctan bzw. ωe = 75,52° . α Durch Quadrieren und Addieren von (3.62) und (3.63) errechnet sich α A (cos ϕ + sin ϕ ) = 1 + ωe 2 2 2 2 bzw. A= 1 ωe ω e2 + α 2 = β = 1,033 . ωe Somit wird aus Gl. (3.59) x(t ) = n(t ) = K PS ⋅ y 0 [ 1 − A e − α t sin (ω e t + ϕ )] . (3.64) Setzt man die errechneten Werte in Gl. (3.64) ein, so gelangt man zu t − 2 ,5 ⋅ s ⋅ sin 9,68 t + 1,318 x(t ) = n(t ) = 1800 min -1 ⋅ 1 − 1,033 e s mit dem in Bild 3.20 gezeigten Verlauf der Sprungantwort: x(t) ∧ x1 ∧ x2 x1MAX Te 2 0 Te 2 x2MIN x(∞) = KPs⋅ y0 t Bild 3.20 Sprungantwort einer P-T2-Strecke mit einer Dämpfung D = 0,25 (3.65) 80 3 Die Regelstrecke Aus Gl. (3.64) folgt für t = ∞ der stationäre Endzustand x(∞) = K PS ⋅ y 0 . Die Schnittpunkte der Kurve mit dem Beharrungszustand x(∞) ermitteln sich aus Gl. (3.64) für x(t ) = x(∞) bzw. sin (ω e t + ϕ ) = 0 , d. h. für ω e t + ϕ = i ⋅ π , mit i = 1, 2, 3,... Daraus folgt ti = i ⋅π − ϕ ωe . Der Abstand zwischen zwei Schnittpunkten ist π Te . = ωe 2 Das heißt, dass umgekehrt aus dem Kurvenverlauf die Kreisfrequenz ωe = 2π Te (3.66) bestimmt werden kann. Die relativen Maxima und Minima ergeben sich aus (3.64) durch Differentiation und Nullsetzen. dx(t ) = K PS ⋅ y 0 [ Aα e − α t sin (ω e t + ϕ ) − Aω e e − α t cos (ω e t + ϕ )] = 0 dt bzw. tan (ω e t + ϕ ) = ωe = tan ϕ . α Dies ist der Fall für ω e t = i ⋅ π , mit i = 0, 1, 2, 3,... oder t MAX/MIN = T i⋅π = i⋅ e . ωe 2 (3.67) Setzen wir Gl. (3.67) in Gl. (3.59) ein, so folgt i⋅π −α ωe x MAX/MIN = K PS ⋅ y 0 1 − e cos (i ⋅ π ) . (3.68) 3.5 Schwingungsfähige P-Strecken 2. Ordnung • 81 Ermittlung der Dämpfung aus dem Verlauf der Sprungantwort Bezeichnet man den Betrag der Amplituden zweier aufeinander folgender Halbschwingungen mit x̂i und xˆ i +1 , so folgt aus (3.68) xˆ i = K PS ⋅ y 0 e −α i⋅π ωe cos (i ⋅ π ) (3.69) und daraus der Quotient π π α α cos (i ⋅ π ) xˆ i = e ωe ⋅ = e ωe . xˆ i +1 cos [(i + 1) ⋅ π ] Durch Logarithmieren errechnet sich ωe = α π xˆ ln i xˆ i +1 α= xˆ ωe ⋅ ln i . π xˆ i +1 (3.70) Andererseits ist D= α α = = 2 2 β ωe + α 1 ω 1+ e α 2 . (3.71) Mit Gl. (3.70) in Gl. (3.71) erhalten wir schließlich 1 D= 1+ . π2 xˆ i ln xˆ i +1 (3.72) 2 Mittels der Beziehung (3.72) lässt sich die Dämpfung eines schwingungsfähigen Systems aus einer experimentell aufgenommenen Sprungantwort bestimmen. X Aufgabe 3.3 Ermitteln Sie für den in Beispiel 3.5 behandelten fremderregten Gleichstrommotor anhand des Wirkungsplanes (Bild 3.19) das dynamische Verhalten bei Belastung, und zwar: a) Die Übertragungsfunktion GS(s) = n(s) / ML(s) b) Die Sprungantwort n(t) für ML(t) = ML0⋅σ(t), mit ML0(s) = 200 Nm. c) Den Verlauf der Ortskurve. 82 • 3 Die Regelstrecke Beispiel 3.6 ωe br ω1 cr J ωa Bild 3.21 Mechanisches System mit P-T2-Verhalten br = 4 Nms (Dämpfungsbeiwert bezogen auf den Drehwinkel im Bogenmaß) cr = 40 Nm (Federkonstante bezogen auf den Drehwinkel im Bogenmaß) 2 J = 0,4 Nms (Trägheitsmoment) Das mechanische System (Bild 3.21) besteht aus einem Dämpfungsglied (ähnlich einer Föttinger-Kupplung), einer Torsionsfeder und einer trägen Masse mit dem Trägheitsmoment J. Erregt wird das System durch die Winkelgeschwindigkeit ωe. Das durch das Dämpfungsglied übertragene Moment ist proportional der Differenz der Winkelgeschwindigkeiten ωe und ω 1. M e ( s ) = br ⋅ [ω e ( s ) − ω1 ( s )] . (3.73) Dieses Moment wirkt auf die Feder mit der Federkonstante cr und tordiert diese um den Winkel ϕ1 − ϕ a : M f ( s ) = c r ⋅ [ϕ1 ( s ) − ϕ a ( s)] . (3.74) Gleichzeitig wird durch das eingeleitete Moment Me die Masse mit dem Trägheitsmoment J beschleunigt M m (t ) = J ⋅ dω a (t ) bzw. dt M m ( s ) = J ⋅ s ⋅ ω a ( s) . (3.75) Infolge Me = Mf = Mm folgt aus (3.74) und (3.75) ϕ1 ( s ) = ϕ a ( s ) + J ⋅ s ⋅ ω a (s) cr und durch einmalige Differentiation mit ω(t) = dϕ(t)/dt ω1 ( s ) = ω a ( s ) + J 2 ⋅ s ⋅ ω a ( s) . cr Ferner ergibt sich durch Gleichsetzen von (3.73) und (3.75) ω e ( s ) = ω1 ( s ) + und mit Gl. (3.76) J ⋅ s ⋅ ω a (s) br (3.76) 3.6 I-Strecken ohne Verzögerung ω e (s) = ω a (s) + s ⋅ 83 J J ω a (s) + s 2 ⋅ ω a (s) . br cr (3.77) Mit den Abkürzungen T1 = J J = 0,1 s und T22 = = 0,01 s 2 br cr erhalten wir die Übertragungsfunktion des Systems zu GS ( s ) = ω a (s) K PS = . ω e ( s ) s 2 T22 + s T1 + 1 (3.78) Für die Dämpfung des Systems folgt mit den angegebenen Daten D= J cr T α = 1 = = 0,5 und damit D < 1 gedämpfte Schwingungen. 2 br β 2 T2 Die zugehörige Sprungantwort berechnet sich entsprechend Beispiel 3.5. X Aufgabe 3.4 Für das durch die Übertragungsfunktion (3.78) gegebene System ist der Verlauf der Ortskurve zu bestimmen. Beweisen Sie, dass für die Resonanzfrequenz ω = ω r = β 1 − 2D 2 gilt GS ( jω ) = GS ( jω ) MAX = 1 2D 1 − D 2 . 3.6 I-Strecken ohne Verzögerung Eine Regelstrecke, deren Ausgang x(t) proportional dem zeitlichen Integral der Eingangsgröße y(t) ist, bezeichnet man als integrale Strecke oder kurz als I-Strecke: x(t ) = K I y(t ) dt c−−¦ 1 x( s ) = K I ⋅ ⋅ y ( s ) . s Die letzte Gleichung entsteht durch Laplace-Transformation und führt zu der Übertragungsfunktion der I-Strecke: GS ( s ) = x( s ) K I . = y ( s) s Im einführenden Abschnitt dieses Kapitels wurde bereits gesagt, dass eine solche Strecke ohne Ausgleich ist. Es sollen hier noch einige Beispiele zur Erläuterung gebracht werden. 84 • 3 Die Regelstrecke Beispiel 3.7 Bild 3.22 zeigt eine Füllstands-Regelstrecke, deren Zufluss Qe proportional der Ventilstellung Y (Eingangsgröße) angenommen wird Qe (t ) = k Y (t ) . Qe y (3.79) h Mittels der Pumpe wird aus dem Behälter die Menge Qa abgepumpt. Es ist leicht einzusehen, dass für Qe = Qa das Volumen im Behälter und damit der Flüssigkeitsstand H (Ausgangsgröße) unverändert bleiben wird. H P H0 Qa A Bild 3.22 Füllstands-Regelstrecke Für Qe ≠ Qa ergibt sich die zeitliche Volumenänderung im Behälter zu dV (t ) dH (t ) =A = Qe (t ) − Qa (t ) dt dt (3.80) und durch Integration H (t ) = 1 A [Qe (t ) − Qa (t )] dt + C . (3.81) Die Integrationskonstante C ergibt sich aus der Anfangsbedingung. Bei konstantem Abfluss Qa (t ) = Qa0 = konst. wird das Eingangsventil mit Y = Y1 so eingestellt, dass Qa0 = Qe = k Y1 und H = H0 ist. Damit folgt aus (3.81) C = H0. Diese Anfangsbedingung in (3.81) eingesetzt, ergibt H (t ) = 1 A [k Y (t ) − k Y1 ] dt + H 0 . (3.82) Führt man den Integrierbeiwert KIS = k / A ein und betrachtet, wie in der Regelungstechnik üblich, nur die Änderungen von Ein- und Ausgangsgröße (siehe Abschnitt 2.1), so kann man mit h = H − H 0 und y = Y − Y1 schreiben h(t ) = K I y (t ) dt . (3.83) 3.6 I-Strecken ohne Verzögerung 85 Für einen Eingangssprung y (t ) = y0 ⋅ σ (t ) wird h ( t ) = K I ⋅ y0 ⋅ t (3.84) mit der in Bild 3.23 gezeigten Sprungantwort. h(t) Bild 3.23 Sprungantwort einer I-Strecke ohne Verzögerung KI⋅ y0 1 t Die Übertragungsfunktion ergibt sich aus (3.83) durch Laplace-Transformation zu GS ( s ) = h( s ) K I . = s y ( s) (3.85) X Aufgabe 3.5 Ermitteln Sie den Verlauf der Ortskurve des durch (3.85) gegebenen Systems. Für welche Kreisfrequenz ω wird ⏐GS(jω)⏐ = 1? • Beispiel 3.8 Bild 3.24 zeigt den Support einer Werkzeugmaschine, der durch die Spindel mit der Gewindesteigung a translatorisch bewegt wird. x (y) n Bild 3.24 Support einer Werkzeugmaschine Dreht sich die Spindel mit der Drehzahl n, so ist die zeitliche Änderung der Längsbewegung des Supports dX (t ) = a ⋅ n (t ) dt (3.86) bzw. der zurückgelegte Weg X (t ) = a n(t ) dt + x(0) . (3.87) 86 3 Die Regelstrecke Betrachten wir wiederum nur die Wegänderung gegenüber dem Anfangswert X(0) und bezeichnen X(t) − X(0) = x(t) und den Integrierbeiwert KI = a, so erhalten wir mit x(t ) = K I n(t ) dt (3.88) eine analoge Beziehung zu Gl. (3.83). X Aufgabe 3.6 Zeigen Sie, dass für einen Kondensator mit der Kapazität C zwischen dem Strom i (Eingangsgröße) und der Spannung u (Ausgangsgröße) eine zu Gl. (3.88) analoge Beziehung besteht. 3.7 I-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung Bei I-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung beginnt die Sprungantwort, im Gegensatz zu denen ohne Verzögerung, mit der Anfangssteigung Null. In der Differentialgleichung kommt das durch ein weiteres Glied mit der 1. Ableitung der Ausgangsgröße zum Ausdruck. Die Übertragungsfunktion einer solcher Strecke kann als Reihenschaltung einer I-Strecke mit einer P-T1-Strecke dargestellt werden: GS ( s ) = • K2 KI x ( s ) K1 . = ⋅ = y(s) s 1 + sT1 s (1 + sT1 ) Beispiel 3.9 x i R n, J Φo y M Bild 3.25 Werkzeugschlitten, angetrieben von einem fremderregten Gleichstrommotor R J cΦ 0 n a (Ankerwiderstand) = 0,3 Ω 2 = 0,905 Nms (Trägheitsmoment der rotierenden Massen) = 2,33 Vs (Erregerfluss) = Drehzahl der Motorwelle = 1 mm/Umdr. (Gewindesteigung) Eingangsgröße ist die Klemmenspannung y, Ausgangsgröße der vom Werkzeugschlitten zurückgelegte Weg x. Die Ankerinduktivität sei vernachlässigbar klein. Für den Ankerkreis gilt y ( s) = i ( s ) ⋅ R + cΦ 0 ⋅ ω ( s) . (3.89) 3.7 I-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung 87 Der Ankerstrom i erzeugt mit dem konstanten Fluss Φ0 das elektrische Moment M e ( s ) = cΦ 0 ⋅ i ( s ) , (3.90) welches gleich dem durch das Massenträgheitsmoment J verursachten Gegenmoment M m (t ) = J ⋅ dω ( t ) dt bzw. M m (s) = J ⋅ s ⋅ ω (s) = M e (s) (3.91) ist. Die zeitliche Wegänderung des Werkzeugschlittens ist proportional der Drehzahl n dx(t ) = a ⋅ n(t ) dt oder mit ω = 2π n ω (s) = c−−¦ s ⋅ x( s ) = a ⋅ n( s ) 2π ⋅ s ⋅ x( s) . a (3.92) Aus Gl. (3.91) folgt unter Berücksichtigung von Gl. (3.90) J i( s) = cΦ 0 ⋅ s ⋅ ω (s) . (3.93) Mit (3.93) in (3.89) erhalten wir y ( s) = cΦ 0 ⋅ ω ( s ) + JR ⋅ s ⋅ ω (s) cΦ 0 (3.94) und mit Gl. (3.92) in (3.94) y ( s) = JR 2π ⋅ s ⋅ x( s ) cΦ 0 + s a cΦ 0 (3.95) bzw. 1 a JR ⋅ y ( s) = x( s) 1 + s . 2πcΦ 0 s (cΦ 0 ) 2 Führen wir die Abkürzungen KI = a mm = 0,06831 2πcΦ 0 Vs und T1 = JR ( cΦ 0 ) 2 = 0,05 s (3.96) 88 3 Die Regelstrecke ein, so folgt aus (3.96) schließlich die Übertragungsfunktion des Systems GS ( s ) = KI x( s ) . = y ( s ) s (1 + sT1 ) (3.97) Die sich aus (3.95) oder (3.97) ergebende Differentialgleichung T1 x(t ) + x (t ) = K I ⋅ y (t ) wird meistens als Integro-Differentialgleichung in der Form T1 x (t ) + x(t ) = K I y(t ) dt (3.98) geschrieben. Sie zeigt, dass [T1 x (t ) + x(t )] proportional dem zeitlichen Integral der Eingangsgröße y ist; daher die Bezeichnung integrales Verhalten mit Verzögerung 1. Ordnung oder kurz I-T1-Verhalten. Wie der in Bild 3.26 dargestellte Wirkungsplan zeigt, kann die durch Gl. (3.97) beschriebene I-T1-Strecke als Reihenschaltung eines P-T1-Gliedes und eines I-Gliedes aufgefasst werden. Der Proportional- und Integrierbeiwert können auch zu KI zusammengefasst und einem der beiden Blöcke zugeordnet werden. Allerdings hat dann die Größe zwischen den beiden Blöcken keinen physikalischen Sinn. KI a ,T1 y(s) KI a 1+ sT1 n(s) x(s) a s y(t) a n(t) x(t) Bild 3.26 Wirkungsplan des durch Gl. (3.97) gegebenen Systems • Sprungantwort der I-T1-Strecke Zur Ermittlung der Sprungantwort lösen wir Gl. (3.97) nach x(s) auf und erhalten mit y (t ) = y0 ⋅ σ (t ) x( s ) = K I ⋅ y 0 c−−¦ y y ( s) = 0 s 1 2 s (1 + sT1 ) = K I ⋅ y0 1 . ⋅ T1 1 2 s s + T1 (3.99) Für einen n-fachen Pol in a gilt der Residuensatz Res [GS ( s) e st ] s = a = Damit folgt aus (3.99) 1 d n−1 lim [( s − a ) n ⋅ GS ( s ) e st ] . − n 1 ( n − 1)! s →a ds (3.99a) 3.7 I-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung 89 1 t s + t e st − e st − T1 K ⋅y + T12 e T1 x(t ) = I 0 lim 2 T1 s →0 1 + s T 1 bzw. x(t ) = K I ⋅ y 0 [t − T1 (1 − e Für t > 5T1 ist der Term mit e asymptotisch gegen die Gerade − t T1 − t/T1 )] . (3.100) vernachlässigbar klein und x(t) läuft, wie Bild 3.27 zeigt, x A (t ) = K I ⋅ y 0 ⋅ (t − T1 ) . Die Asymptote verläuft parallel zur Sprungantwort eines Systems ohne Verzögerung (T1 = 0). x(t) KI⋅ y0⋅ t x(t) Bild 3.27 Sprungantwort einer I-T1-Strecke Asymptote t T1 • Ortskurve der I-T1-Strecke Aus Gl. (3.97) folgt der Frequenzgang GS ( jω ) = x ( jω ) KI KI . = = 2 y ( jω ) jω (1 + jω T1 ) − ω T1 + jω Durch Erweiterung mit dem konjugiert Komplexen des Nenners erhalten wir: Re (GS ) = − K IT1 1 + (ω T1 ) 2 Im (GS ) = − KI . ω [1 + (ω T1 ) 2 ] Bild 3.28 zeigt den Verlauf der Ortskurve des I-T1-Gliedes (3.101) 90 3 Die Regelstrecke KI ⋅T1 2 Im ω=∞ Re (GS ) 0 − K IT1 Re 1 T1 KI ⋅T1 2 − ∞ KI ⋅T1 ω • ω 1 K I T1 2 Im (GS ) −∞ − 1 K I T1 2 0 0 Bild 3.28 Ortskurve eines I-T1-Gliedes Beispiel 3.10 Gegeben ist die Flüssigkeitsstandregelstrecke nach Bild 3.29 mit dem Ventilhub y als Eingangsgröße und dem Flüssigkeitsstand x als Ausgangsgröße. Q Es sollen folgende Voraussetzungen gelten: a) Die pro Zeiteinheit zufließende Menge Qe ist proportional dem Ventilhub y. Für y = y1 = 1 cm ist Qe = Q0 =10 1/min. y . Qe = Q0 ⋅ y1 (3.102) b) Die aus dem 1. Behälter ausfließende Menge Qa ist proportional dem Flüssigkeitsstand h (laminare Strömung). Für h = h1 = 40 cm ist Qa = Q0 =10 1/min. Qa = Q0 ⋅ h . h1 (3.103) Für die zeitliche Änderung des Flüssigkeitsstands im 1. Behälter gilt A1 y e h A1 Qa x A2 Bild 3.29 Flüssigkeitsstandregelstrecke 2 A1 = A2 = 100 cm y (t ) h(t ) dh(t ) = Qe − Qa = Q0 − dt h1 y1 und nach y aufgelöst A1 h1 dh(t ) ⋅ + h(t ) = y (t ) ⋅ Q0 dt h1 . y1 (3.104) 3.7 I-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung 91 Mit den Abkürzungen h A h K1 = 1 = 40 und T1 = 1 1 = 0,4 min = 24 s y1 Q0 folgt aus (3.104) die Differentialgleichung des 1. Teilsystems T1 dh(t ) + h(t ) = K1 ⋅ y (t ) dt T1 ⋅ s ⋅ h( s ) + h( s ) = K1 ⋅ y ( s ) (3.105) mit der korrespondierenden Übertragungsfunktion K1 h( s ) . = y ( s ) 1 + sT1 GS1 ( s ) = (3.106) Die zeitliche Änderung des Flüssigkeitsstandes im 2. Behälter ist A2 dx(t ) h(t ) . = Qa (t ) = Q0 dt h1 Setzen wir K 2 = (3.107) Q0 = 2,5 min -1 = 0,0417 s −1 = 24 s , so folgt aus Gl. (3.107) A2 h1 dx(t ) = K 2 ⋅ h(t ) dt (3.108) bzw. die Übertragungsfunktion des 2. Teilsystems GS2 ( s ) = x( s) K 2 . = h( s ) s (3.109) Wie die Gleichungen (3.106) und (3.109) zeigen, ist die Ausgangsgröße h des 1. Teilsystems gleich der Eingangsgröße des 2. Teilsystems. Beide Systeme sind somit, wie Bild 3.30 zeigt, −1 hintereinander geschaltet und ergeben mit KI = K1K2 = 1,67 s die resultierende Übertragungsfunktion GS ( s ) = y(s) KI x( s ) . = GS1 ( s ) ⋅ GS2 ( s ) = y(s) s (1 + sT1 ) K1 1+ sT1 h(s) K2 x(s) y(t) (3.110) K1 , T1 h(t) K2 x(t) s Bild 3.30 Wirkungsplan der Flüssigkeitsstandregelstrecke nach Bild 3.29 Vergleichen wir die Übertragungsfunktion (3.110) mit der in Beispiel 3.9 ermittelten Gl. (3.97), so sehen wir deren Identität. Die Sprungantwort sowie der Ortskurvenverlauf ergeben sich entsprechend Beispiel 3.9. 92 3 Die Regelstrecke X Aufgabe 3.7 Die Kraft-Geschwindigkeits-Kennlinie eines Linearmotors kann in erster Näherung durch eine Gerade Fb = f (va) (Bild 3.31) dargestellt werden. Fb Hierin bedeuten: Fb beschleunigende Kraft K⋅vs Geschwindigkeit des Linearmotors va synchrone Geschwindigkeit des Wanderfelds vs x zurückgelegter Weg des Linearmotors K Proportionalitätsfaktor 0 va vs m Masse des Linearmotors 0 Die vom Linearmotor erzeugte Kraft Fb dient zur Beschleunigung der Masse m des Linearmotors. Bild 3.31 Angenäherte Kennlinie eines Linearmotors Gesucht sind: a) Fb = f (va , vs) b) Die Differentialgleichung des Systems mit der Eingangsgröße vs(t) und der Ausgangsgröße va(t). (Abkürzung T1 = m / K) c) Die Übertragungsfunktion v (s) GS1 ( s ) = a v s (s) d) Die Übertragungsfunktion GS ( s ) = x( s ) mit x (t ) = v a (t ) dt v s (s) e) Die Sprungantwort x(t) für v s (t ) = v 0 ⋅ σ (t ) . 3.8 Strecken mit Totzeit Tt Gibt man auf den Eingang einer Strecke mit Totzeit (Tt -Strecke) ein Eingangssignal y(t), so erscheint am Ausgang das Eingangssignal, allerdings um die Totzeit Tt verschoben (Bild 3.32). Ist y(t) die Eingangsfunktion, so ist das Ausgangssignal 0 für t < Tt x(t ) = y (t − Tt ) für t ≥ Tt . (3.111) Ursache für das Auftreten einer Totzeit ist die endliche Ausbreitungsgeschwindigkeit eines Signals zwischen Stell- und Messort bzw. zwischen Sende- und Empfangsort. 3.8 Strecken mit Totzeit Tt 93 y 0 t 0 y Bild 3.32 Ein- und Ausgangssignal einer Tt 0 Strecke mit Totzeit Tt t 0 Typische Regelstrecken mit Totzeit sind Förderbänder (Bild 3.33). Eingangsgröße ist die Schieberstellung y und Ausgangsgröße ist die pro Zeiteinheit vom Band geförderte Menge x. l y v ⋅ Bild 3.33 Förderband ⋅ x Der Schieber sei zunächst geschlossen und werde zum Zeitpunkt t = 0 sprunghaft geöffnet: y (t ) = y 0 ⋅ σ (t ) . Nach Verlauf der Totzeit Tt wird am Ausgang eine der Schieberstellung proportionale Menge x(t ) = K PS ⋅ y 0 ⋅ σ (t − Tt ) vom Band laufen, mit der in Bild 3.34 gezeigten Sprungantwort. x y y Tt 0 0 t 0 0 0 K PS⋅ y0 t Bild 3.34 Eingangssprung und Sprungantwort einer P-Strecke mit Totzeit Die Totzeit ergibt sich aus der Entfernung l zwischen Stell- und Messort und der konstanten Bandgeschwindigkeit v zu Tt = l . v 94 3 Die Regelstrecke Übertragungsfunktion, Frequenzgang und Ortskurve des reinen Totzeitgliedes Im Gegensatz zu den bisher in diesem Kapitel besprochenen Systemen, kann ein System mit Totzeit nicht durch eine gewöhnliche Differentialgleichung, sondern nur durch eine partielle Differentialgleichung beschrieben werden. Einen wesentlich einfacheren Zusammenhang zwischen Ein- und Ausgangsgröße gewinnt man im Bildbereich in Form der Übertragungsfunktion. Unterziehen wir Gl. (3.111) der Laplace-Transformation, so ist ∞ L [ x(t )] = y (t − Tt ) ⋅ e − st dt . 0 Da y (t − Tt ) = 0 für t < Tt , können wir die untere Integrationsgrenze bei t = Tt beginnen lassen und erhalten ∞ L [ x(t )] = y(t − Tt ) ⋅ e − st dt . (3.112) Tt Wir bilden nun folgende Substitution τ = t − Tt t = τ + Tt dt = dτ . (3.113) Die untere Integrationsgrenze ist für t = Tt τ = 0, die obere τ = ∞. Damit wird ∞ L [ x(t )] = y(τ ) ⋅ e − sτ ⋅ e − sTt dτ 0 L [ x(t )] = e − sTt ∞ y(τ ) ⋅ e − sτ dτ = e − sTt ⋅ L [ y (t )] . (3.114) 0 Aus Gl. (3.114) folgt unmittelbar die Übertragungsfunktion des Totzeitgliedes GS ( s ) = x( s ) = e − sTt . y(s) (3.115) Gl. (3.115) zeigt, dass die Beziehung zwischen Ein- und Ausgangsgröße durch den Verschiebungssatz der Laplace-Transformation wiedergegeben wird. Wir erhalten aus Gl. (3.114) den Frequenzgang, in dem wir s = jω setzen GS ( jω ) = x ( jω ) = e − j ω Tt . y ( jω ) (3.116) 3.8 Strecken mit Totzeit Tt 95 Zur Darstellung der Ortskurve kann GS(jω) in seinen Real- und Imaginärteil zerlegt werden GS ( jω ) = e − jω Tt = cos ω Tt − j ⋅ sin ω Tt . Günstiger ist hier die Darstellung von GS(jω) durch Betrag und Phase GS ( jω ) = GS ( jω ) ⋅ e − jϕ = 1 ⋅ e − jω Tt , (3.117) mit GS ( jω ) = 1 und ϕ = −ω Tt . Das heißt, die Ortskurve ist der Einheitskreis, beginnend bei ω = 0 auf der reellen Achse und läuft im Uhrzeigersinn periodisch um, mit der Kreisfrequenz ω = 2π /Tt. Jeder Punkt der Ortskurve (Bild 3.35) ist also beliebig vieldeutig. Im 1,5 ω= ω= π 0,5 Tt − 1,5 3π 2Tt ω=0 − 0,5 ω= π 2Tt 0,5 1,5 Re Bild 3.35 Ortskurve eines reinen Totzeitgliedes ω − 1,5 In der Elektrotechnik treten Totzeiten verhältnismäßig selten auf, so z. B. bei der Anschnittsteuerung von Thyristoren, bei der Bildung der Auto- und Kreuzkorrelation stochastischer Signale sowie bei der Nachrichtenübertragung auf langen elektrischen Leitungen. Beabsichtigt ist dieser Effekt bei Verzögerungsleitungen (Delay Line) in der Oszillographen- und Impulstechnik. Ferner macht sich die Totzeit bei der drahtlosen Nachrichtenübermittlung über große Entfernungen bemerkbar. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit der elektromagnetischen Wellen ist gleich der Lichtgeschwindigkeit. Bei den auf der Erde zu überbrückenden Distanzen spielt die Endlichkeit der Lichtgeschwindigkeit noch keine Rolle. Bereits bei der Entfernung Erde-Mond beträgt die Totzeit ca. 1 s, d. h. eine auf der Erde gesendete Nachricht wird erst 1 s später auf dem Mond empfangen. Eine Antwort kann erst nach 2 s auf der Erde eintreffen und macht sich bei der Kommunikation schon unangenehm bemerkbar. Noch größer wird die Diskrepanz, wenn die Nachricht über eine Entfernung Erde-Mars mit Tt ca. 22,2 min (bei maximaler Entfernung) gesendet wird. In der Verfahrenstechnik kommt die Totzeit häufiger vor. Beispiele dafür sind die Temperartur- und Druckregelstrecken. Eine Wärme- oder Druckleitung kann man als Reihenschaltung von mehreren P-T1-Strecken darstellen. Im nächsten Abschnitt wird gezeigt, dass auch eine P-Tn-Strecke sich durch die Totzeit ersetzen lässt. 96 3 Die Regelstrecke 3.9 Regelstrecken mit Totzeit und Verzögerung 1. Ordnung Vielfach kommen Totzeiten in Verbindung mit Verzögerungen vor, wie im nachfolgenden Beispiel einer Mischregelstrecke. • Beispiel 3.11 In den Mischbehälter (Bild 3.36) mit dem Volumen V fließen die Mengen Q1 und Q2 mit den Konzentrationen C1 und C2. Die Streckenparameter sind: Q1 = 4 l/s Q2 = 1 l/s 3 V = 0,5 m h= 1m l = 10 m. Durch das Rührwerk wird im Mischbehälter eine gleichmäßige Durchmischung erreicht mit der Konzentration Ca. Der Zufluss (Q1 + Q2) sei gleich dem Abfluss Qa und konstant. Dann ergibt sich für die Konzentrationsänderung im Mischkessel Q1 C1 (t ) + Q2 C 2 (t ) − Qa C a (t ) = V Im stationären Zustand ist dC a (t ) . dt (3.118) dC a (t ) = 0 und folglich dt Q1 C1 (t ) + Q2 C 2 (t ) − Qa C a (t ) = 0 . Q1 , c1 (3.119) Q2 , c2 V , ca h Messfühler Qa , ca l Bild 3.36 Mischbehälter mit nachfolgender langer Leitung Ändert sich die Konzentration C1 um Δ C1 = c1 und folglich die Ca um Δ Ca = ca, so wird Q1 [C1 (t ) + c1 (t )] + Q2 C 2 (t ) − Qa [C a (t ) + c a (t )] = V Durch Subtraktion der Gl. (3.118) von Gl. (3.120) ergibt sich Q1 c1 (t ) − Qa ca (t ) = V dca (t ) dt d [C a (t ) + ca (t )] . (3.120) dt 3.9 Regelstrecken mit Totzeit und Verzögerung 1. Ordnung 97 bzw. in Normalform Q V dc a (t ) + c a (t ) = 1 c1 (t ) . Qa dt Qa Mit den Abkürzungen Q V K Ps = 1 = 0,8 und T1 = = 100 s Qa Qa erhalten wir die Differentialgleichung T1 dca (t ) + c a (t ) = K Ps c1 (t ) dt (3.121) bzw. die Übertragungsfunktion c (s) K Ps . GS1 ( s ) = a = c1 ( s ) 1 + sT1 (3.122) Die Änderung am Ausgang des Mischkessels wird erst nach Verlauf der Totzeit Tt = l v am Messort wirksam. Der Mischkessel ist ein P-T1-Glied mit der Übertragungsfunktion (3.122), während die nachgeschaltete Rohrleitung eine reine Totzeit mit folgender Übertragungsfunktion darstellt: GS2 ( s) = e − sTt . (3.123) Die Gesamtstrecke lässt sich somit durch die Reihenschaltung zweier Glieder (des Verzögerungs- und des Totzeitgliedes) im Wirkungsplan darstellen (Bild 3.37). GS ( s ) = GS1 ( s ) ⋅ GS2 ( s ) = K PS − sTt . e 1 + sT1 (3.124) KPS , T1 c1(s) KPS 1+ sT1 − sTt e ca(s) 1, Tt ca(t) c1(t) Bild 3.37 Wirkungsplan einer Strecke mit Totzeit und Verzögerung 1. Ordnung ca T1 Bild 3.38 Sprungantwort einer Strecke mit Totzeit und Verzögerung 1. Ordnung ca(∞) = KPS⋅ c1 0 0 t Tt 98 3 Die Regelstrecke Die Sprungantwort des Systems hat den in Bild 3.38 gezeigten Verlauf mit 0 für t < Tt t −Tt ca (t ) = − c10 K Ps [1 − e T1 ] für t ≥ Tt . • Frequenzgang und Ortskurve Aus Gl. (3.124) folgt der Frequenzgang des Systems GS ( jω ) = K Ps e − j ω Tt . 1 + jω T1 (3.125) Die Ortskurve des Verzögerungsgliedes 1. Ordnung ist ein Halbkreis im vierten Quadranten. Durch das Totzeitglied wird die Phase zusätzlich um den Winkel ϕ t = −ω Tt gedreht. Es entsteht die in Bild 3.39 gezeigte Spirale. Im KPS ω=∞ ω=0 Re P-T1 ω s −1 ωT t GS(jω ) P-T1 mit Tt Bild 3.39 Ortskurve einer Strecke mit Totzeit und Verzögerung 1. Ordnung 99 4 Regeleinrichtungen Die Regeleinrichtung ist der Teil des Regelkreises, der die zu regelnde Größe der Regelstrecke mit einem vorgegebenen, konstanten Sollwert xsoll bzw. mit einer zeitlich veränderlichen Führungsgröße w vergleicht und über ein Stellglied die Regelstrecke so beeinflusst, dass die Regeldifferenz e Null oder möglichst klein wird. Die Regeleinrichtung enthält mindestens je eine Einrichtung: 1. zum Erfassen der Regelgröße x, 2. zum Vergleich mit dem Sollwert xsoll bzw. der Führungsgröße w, 3. zum Bilden der Reglerausgangsgröße yR bzw. Stellgröße y. Die Einteilung der Regeleinrichtungen erfolgt nach verschiedenen Gesichtspunkten: a) Regeleinrichtung ohne und mit Hilfsenergie Bei den Regeleinrichtungen ohne Hilfsenergie wird die zum Verstellen des Stellgliedes erforderliche Energie von der Regelgröße x über den Messfühler direkt geliefert. Bild 4.1 zeigt eine Flüssigkeitsstandregelung mit einer Schwimmer-Regeleinrichtung ohne Hilfsenergie. Die Regelgröße (Flüssigkeitsstand) wirkt auf den Schwimmer und dieser verstellt über einen Hebel die Ventilöffnung des Eingangsventils. Ist die abfließende Menge Qa größer als die zufließende Menge Qe, so fällt der Flüssigkeitsstand, der Schwimmer öffnet das Eingangsventil und vergrößert damit Qe. Bei verringertem Verbrauch steigt der Flüssigkeitsstand und das Ventil wird entsprechend geschlossen. Bild 4.2 zeigt ebenfalls eine Flüssigkeitsstandregelung, allerdings mit einer Regeleinrichtung mit Hilfsenergie. Der Schwimmer formt die Höhendifferenz in eine analoge elektrische Spannung um, die dann verstärkt dem Motorventil zugeführt wird und dieses entsprechend verstellt. Für Qa > Qe sinkt der Flüssigkeitsstand und die abgegriffene Spannung hat die gezeichnete Qe Qa Bild 4.1 Flüssigkeitsstandregelung mit einer Regeleinrichtung ohne Hilfsenergie u M Qe Qa Bild 4.2 Flüssigkeitsstandregelung mit einer Regeleinrichtung mit Hilfsenergie S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_4, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2014 100 4 Regeleinrichtungen Polarität, das Motorventil öffnet. Dadurch wird Qe größer, der Flüssigkeitsstand steigt bis u = 0. Ist Qa < Qe, so steigt der Flüssigkeitsstand, die abgegriffene Spannung hat nun die entgegengesetzte Polarität, d. h. das Motorventil wird geschlossen, was zur Abnahme des Flüssigkeitsstandes führt und damit zu einer Abnahme der Spannungsdifferenz bis der Motor steht. b) Stetige und unstetige Regeleinrichtungen Man unterscheidet ferner zwei unterschiedliche Regeltechniken, die sich im Laufe der Entwicklung herausgebildet haben: − mittels stetiger Regeleinrichtung, − mittels unstetiger Regeleinrichtung. Als stetig wird eine Regeleinrichtung bezeichnet, wenn die Stellgröße yR im Beharrungszustand jeden Wert innerhalb des Stellbereiches annehmen kann. Die in den Bildern 4.1 und 4.2 gezeigten Regeleinrichtungen sind stetig. Eine Regeleinrichtung wird als unstetig bezeichnet, wenn die Ausgangsgröße yR nur wenige diskrete Werte annehmen kann. Bild 4.3 zeigt den Bimetallregler zur Konstanthaltung der Bügeleisentemperatur. Im kalten Zustand sind die Kontakte und damit der Stromkreis geschlossen. Mit zunehmender Erwärmung krümmt sich die Bimetallfeder nach oben und unterbricht den Kontakt nach Erreichen einer ganz bestimmten Temperatur. Dreht man die Sollwertschraube weiter nach oben, so erhält die Bimetallfeder eine größere Vorspannung und trennt die Kontakte erst bei einer höheren Temperatur. Bei geöffneten Kontakten kühlt sich das Bügeleisen sowie die Bimetallfeder ab, bis die Kontakte geschlossen werden und die Aufheizung erneut beginnt. Damit kann die Stellgröße nur die zwei Werte EIN und AUS annehmen. Heizwicklung Bimetall 230 V Bild 4.3 Bimetallregler (unstetiger Regler) zur Konstanthaltung der Bügeleisentemperatur Sollwert Man bezeichnet solche Regeleinrichtungen als Zweipunktregler. Der Nachteil eines solchen Zweipunktreglers ist, dass die Regelgröße den Sollwert nicht genau innehält, sondern um diesen pendelt. Für viele Zwecke ist die Toleranz, mit der der Sollwert eingehalten wird, vollkommen ausreichend. Gegenüber einem stetigen Regler ist der Zweipunktregler einfacher im Aufbau und daher billiger. Die unstetigen Regeleinrichtungen wurden ursprünglich für Regelaufgaben verwendet, bei denen keine hohen Anforderungen an die Regeleinrichtung gestellt wurden. Heute werden unstetige Regeleinrichtungen in etwas aufwendigerer Form (elektrisch und elektronisch) auch zur Regelung von schwieriger zu regelnden Regelstrecken eingesetzt. 4.1 Elektronische Regler mittels Operationsverstärker 101 4.1 Elektronische Regler mittels Operationsverstärker Im Folgenden werden die Grundformen klassischer elektronischer Regler und deren Aufbau mittels Operationsverstärker behandelt. Solche Operationsverstärker können aus diskreten Elementen aufgebaut oder als integrierte Linearverstärker in einem einzigen Siliziumkristall (auf einem Chip) untergebracht sein. Verstärker in diskreter Bauweise enthalten im Allgemeinen verhältnismäßig wenige Transistoren und ihr Verstärkungsfaktor (V0 > 5000) ist deshalb um eine Größenordnung kleiner als der von integrierten Operationsverstärkern (V0 > 50 000), die etwa die dreifache Anzahl an Transistoren aufweisen. Es soll hier nicht auf den z.T. sehr komplizierten inneren Aufbau von Operationsverstärkern eingegangen werden, sondern wir wollen den Operationsverstärker als einen Gleichspannungsverstärker betrachten, dessen Verstärkung (meist in mehreren Stufen) im Leerlauf V0 beträgt. Der Operationsverstärker kann näherungsweise durch das in Bild 4.4 gezeigte Ersatzschaltbild beschrieben werden. ir i1 ie Z1 uD i2 u1 − Ze Za Z2 i3 u2 Zr u3 + − ia V0uD iL ua Bild 4.4 Ersatzschaltbild des Operationsverstärkers ZL Z3 Die heute zum Einsatz kommenden Operationsverstärker haben einen Ausgangswiderstand von Ra = 100 Ω. Dieser ist gegenüber von Lastwiderstand ZL und Rückführungswiderstand Zr in der Größenordnung > 10 kΩ vernachlässigbar und wird im weiteren mit Ra = Za = 0 angenommen. Damit folgt aus dem Ersatzschaltbild: i 1 = ie + i r u1 − u D − u 3 u D u D + u 3 − u a = + Z1 Ze Zr (4.1) i 2 = i3 − i e u 2 − u3 u3 u D = − Z2 Z3 Ze (4.2) u uD = a . V0 (4.3) V0 ⋅ u D = u a 102 4 Regeleinrichtungen Die Ausgangsspannung ua wird durch die Betriebsspannungen begrenzt und liegt in der Größenordnung von ca. ± 10 V. Gemäß Gl. (4.3) wird für V0 > 5000 die Differenzspannung uD < 2 mV und somit in den Gln. (4.1) und (4.2) vernachlässigbar. Aus Gl. (4.1) folgt 1 ua u1 1 − u3 + =− Z1 Zr Z1 Z r (4.4) und aus Gl. (4.2) 1 u2 1 − u3 + =0 Z2 Z2 Z3 bzw. u3 = u 2 Z3 . Z 2 + Z3 (4.5) Mit (4.5) in (4.4) erhalten wir schließlich Z Z + Zr Z . u a = −u1 r + u 2 3 ⋅ 1 Z1 Z1 Z 2 + Z 3 (4.6) Aus der Gl. (4.6) lassen sich nun einige Grundschaltungen ableiten. a) Invertierende Schaltung Für Z3 = 0 und u2 = 0 wird Z u a = −u1 r , Z1 (4.7) d. h., die Ausgangsspannung ua ist die invertierte Eingangsspannung, gewichtet mit dem Faktor Zr / Z1 (Bild 4.5). Zur Kompensation des Einflusses des Eingangsruhestroms wird Z3 nicht gleich Null, sondern Z r Z1 A u1 Z 3 = R3 = Z r Z1/ω =0 − + Bild 4.5 Invertierende Schaltung gewählt. ua Infolge der vernachlässigbaren Differenzspannung uD ≈ 0, liegt der invertierende Eingang des Operationsverstärkers (Punkt A in Bild 4.5) nahezu auf Massepotential und wird vielfach als „virtuelle Masse“ bezeichnet. 4.1 Elektronische Regler mittels Operationsverstärker 103 b) Nichtinvertierende Schaltung Für u1 = 0 und Z3 = ∞ in Bild 4.4 wird Z ua = u 2 r + 1 Z1 (4.8) mit der in Bild 4.6 gezeigten Schaltung. Für Zr = 0 und Z1 = ∞ folgt aus Gl. (4.8) ua = u 2 . (4.8a) Die sich so ergebende Schaltung hat einen hohen Eingangs- und einen niedrigen Ausgangswiderstand. Zr Sie wird als Impedanzwandler zur Entkopplung von Netzwerken benutzt. Der Widerstand Z2 ist nicht unbedingt erforderlich. Wählt man − Z2 + u2 ua Z1 Z 2 = R 2 = Z 1 Z r /ω = 0 , so kann auch hier der Einfluss des Eingangsruhestroms kompensiert werden. Bild 4.6 Nichtinvertierende Schaltung Zr c) Differenzschaltung Aus (4.6) folgt für Z2 = Z1 und Z3 = Zr die in Bild 4.7 gezeigte Schaltung zur Differenzbildung der beiden Eingangsspannungen Z1 u1 Z u a = (u 2 − u1 ) r . (4.9) Z1 u2 Z1 Schaltet man in der in Bild 4.5 gezeigten Inverterschaltung einen weiteren Eingangswiderstand Z2 hinzu (Bild 4.8), so gilt für den Knotenpunkt A (virtuelle Masse) i2 Z2 bzw. ua Bild 4.7 Differenzschaltung i1 u u1 u 2 + =− a Z1 Z 2 Zr + Zr d) Additionsschaltung i1 + i2 = i r − Z1 u1 ir A u2 Zr − + Bild 4.8 Additionsschaltung ua 104 4 Regeleinrichtungen Z Z u a = − u1 r + u 2 r Z2 Z1 (4.10) und mit Z2 = Z1 Z u a = −(u1 + u 2 ) r . Z1 Das heißt, die Ausgangsspannung ist gleich der negativen Summe der beiden Eingangsspannungen multipliziert mit Zr / Z1. 4.2 Führungs- und Störverhalten des geschlossenen Regelkreises Bevor wir spezielle Regelkreise betrachten, soll zuvor in allgemeiner Form das Führungs- und Störverhalten eines Regelkreises ermittelt werden. Im Bild 4.9 ist der Wirkungsplan eines Regelkreises dargestellt, worin GS(s) die Übertragungsfunktion der Regelstrecke und GR(s) die Übertragungsfunktion der Regeleinrichtung bedeuten. z w + yR + e GR(s) + − y x GS(s) Bild 4.9 Wirkungsplan des Regelkreises Bei der Beurteilung eines Regelkreises interessieren u.a.: a) das dynamische Verhalten der Regelgröße x auf eine Sollwertänderung, das so genannte Führungsverhalten und b) die dynamische Reaktion der Regelgröße x auf eine Störung, das so genannte Störverhalten. Im Idealfall sollte die Regelgröße stets gleich der Führungsgröße sein und eine Störung sofort kompensiert werden, so dass keine Auswirkung auf die Regelgröße erfolgt. Beide Forderungen sind nicht realisierbar. 4.2.1 Führungsübertragungsfunktion Aus dem Wirkungsplan (Bild 4.9) folgt y R ( s ) = [ w( s ) − x( s )]G R ( s ) (4.11) x( s ) = [ y R ( s ) + z ( s)]GS ( s) . (4.12) und Mit (4.11) in (4.12) folgt 4.2 Führungs- und Störverhalten des geschlossenen Regelkreises 105 x( s ) = {[ w( s ) − x( s)]G R ( s ) + z ( s )]GS ( s) bzw. x( s )[1 + GR ( s )GS ( s)] = w( s)G R ( s )GS ( s ) + z ( s)GS ( s ) . (4.13) Wir betrachten zunächst den Fall, dass für w = w1 x = x1 ist, d. h. x1 ( s )[1 + G R ( s )GS ( s )] = w1 ( s)G R ( s )GS ( s ) + z ( s )GS ( s ) . (4.14) Nehmen wir nun an, dass bei z = konst. w den Wert w2 annimmt, dann wird sich Regelgröße x ebenfalls ändern und wir wollen den neuen Wert mit x2 bezeichnen, so dass gilt: x 2 ( s )[1 + G R ( s )GS ( s )] = w2 ( s )G R ( s )GS ( s ) + z ( s )GS ( s ) . (4.15) Subtraktion der Gl. (4.14) von Gl. (4.15) liefert [ x 2 ( s ) − x1 ( s )] ⋅ [1 + G R ( s )GS ( s )] = [ w2 ( s ) − w1 ( s )] ⋅ G R ( s )GS ( s ) . (4.16) Betrachten wir nur die Änderungen und bezeichnen diese mit x = x2 − x1 bzw. w = w2 − w1, so wird x( s )[1 + G R ( s )GS ( s )] = w( s )G R ( s )GS ( s ) . (4.17) Das Verhältnis der Laplace-transformierten Regelgröße zur Führungsgröße wird als Führungsübertragungsfunktion Gw (s) = G R ( s )GS ( s ) x( s ) = w( s ) 1 + G R ( s )GS ( s ) (4.18) bezeichnet. Vielfach ist die Aufgabe gestellt, in einem Regelkreis mit mehreren Ein- und Ausgangsgrößen die Abhängigkeit zwischen einer bestimmten Ausgangsgröße xa und einer bestimmten Eingangsgröße xe zu ermitteln. Bezeichnet man den Zweig zwischen Ein- und Ausgang als den Vorwärtszweig und den zwischen Aus- und Eingangsgröße als Rückführungszweig, so erhalten wir ganz allgemein xa ( s) = xe ( s ) 1 1 G Vorw. ( s) . (4.19) − G Rückf. ( s ) Hierbei ist die im Kreis nach Bild 4.9 vorhandene Vorzeichenumkehr zu beachten. 106 4 Regeleinrichtungen 4.2.2 Störübertragungsfunktion Betrachten wir nun die Änderung der Regelgröße x (Ausgangsgröße) auf eine Änderung der Störgröße z (Eingangsgröße), so können wir nach dem im vorherigen Abschnitt Gesagten sofort die zugehörige Übertragungsfunktion angeben. Im Vorwärtszweig liegt GS(s) und im Rückführzweig − GR(s), bedingt durch die Vorzeichenumkehr. Nach Gleichung (4.19) ist dann G z (s) = x( s ) = z (s) G z (s) = GS ( s) x( s ) = z ( s) 1 + G R ( s )GS ( s ) 1 1 + G R ( s) GS ( s ) bzw. (4.20) die gesuchte Störübertragungsfunktion. 4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen Entsprechend den in Kapitel 3 behandelten Regelstrecken werden auch die Regeleinrichtungen nach ihrem Zeitverhalten unterschieden. Nicht alle Regeleinrichtungen sind zur Regelung von bestimmten Regelstrecken geeignet. So führt z. B. wie in diesem Kapitel gezeigt wird, die Regelung einer I-Strecke mit einer I-Regeleinrichtung zu Dauerschwingungen. Andere Kombinationen können zur Instabilität führen. 4.3.1 P-Regeleinrichtung Bild 4.10 zeigt den Wirkungsplan eines Reglers mit der Regeldifferenz e als Eingangsgröße und der Stellgröße yR des Reglers als Ausgangsgröße. Die Bezeichnung P-Regler besagt, dass die Ausgangsgröße yR proportional der Eingangsgröße e ist: y R (t ) = K PR ⋅ e(t ) . e Regler yR Bild 4.10 Wirkungsplan des P-Reglers (4.21) KPR ist der Proportionalbeiwert, der in weiten Grenzen eingestellt werden kann. Aus (4.21) folgt die Übertragungsfunktion des P-Reglers y ( s) GR ( s) = R = K PR . e( s ) (4.22) Die Sprungantwort einer solchen Regeleinrichtung ist, bei Vernachlässigung der immer vorhandenen Verzögerungen, ebenfalls eine Sprungfunktion mit 4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen 107 Rr y R (t ) = K PR ⋅ e0 ⋅ σ (t ) . Bild 4.11 zeigt die technische Realisierung eines elektronisches P-Reglers mittels der in Abschnitt 4.1 behandelten Invertierschaltung. Mit Zr = Rr und Z1 = R1 folgt aus Gl. (4.7) die Übertragungsfunktion y (s) u a (s) GR (s) = R = = − K PR . (4.23) e( s ) u1 ( s) R1 − + u1 ua Bild 4.11 P-Regeleinrichtung mittels Operationsverstärker Rr = 100 kΩ und R1 = 10 kΩ würde z. B. ein KPR = 10 ergeben. Das negative Vorzeichen kann vielfach anderweitig ausgeglichen werden, indem z. B. die Regeldifferenz nicht positiv, sondern negativ zugeführt wird oder ein nachfolgendes Stellglied eine weitere Vorzeichenumkehr bewirkt. • Beispiel 4.1 In Bild 4.12a ist eine pneumatische Regeleinrichtung nach dem Düse-Prallplatte-System gezeigt. Die Regeldifferenz e = w − x bestimmt über den Waagebalken den Abstand h zwischen Düse und Prallplatte. Durch den mit h veränderlichen Druckabfall an der Auslassdüse wird der Steuerdruck variiert. Die statische Kennlinie yR = f(e) bzw. yR = f(h) ist nicht linear (Bild 4.12b). Der Verlauf der Kennlinie ist abhängig vom Verhältnis des Düsen- zum Vordrosseldurchmesser d / dv. Durch eine Gegenkopplung kann die Kennlinie linearisiert werden. yR Zuluft a) b) Vordrossel Steuerdruck yR Austrittsdüse h Prallplatte w x 0 d/4 h Bild 4.12 Pneumatische P-Regeleinrichtung nach dem Düse-Prallplatte-System (a) und die statische Kennlinie (b) Der Durchmesser der Austrittsdüse ist ca. 0,5 ... 1,5 mm. Bei entfernter Prallplatte ist der Austrittsquerschnitt ein Maximum. Hat die Prallplatte zur Düse den Abstand h, so ist der Ringquerschnitt AR = d π h für den Luftaustritt maßgebend. Für h = d / 4 wird AR = Amax . Somit verliert die Prallplatte ihre Steuerwirksamkeit für einen Abstand h > d / 4 zur Düse. 108 4 Regeleinrichtungen 4.3.1.1 P-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T1-Strecke Dynamisch erscheint eine P-Regeleinrichtung ideal zur Regelung geeignet, allerdings erzeugt sie am Ausgang nur dann eine Stellgröße, wenn eine Regeldifferenz am Eingang vorhanden ist. Der bezüglich seines Führungs- und Störverhaltens zu untersuchende Regelkreis ist in Bild 4.13 dargestellt, mit der Übertragungsfunktion der Strecke K PS x( s) GS ( s ) = = y ( s) 1 + sT1 KPR w + − GR(s) KPS ,T1 y x GS(s) (4.24) Bild 4.13 Wirkungsplan des Regelkreises, bestehend aus einer P-T1-Strecke und einer P-Regeleinrichtung und der Regeleinrichtung y ( s) GR ( s) = R = K PR . e( s ) e z yR + + (4.25) a) Führungsverhalten Zur Ermittlung des zeitlichen Verlaufs der Regelgröße x(t) auf eine Sollwertänderung benutzen wir die in Anschnitt 4.2.1 abgeleitete Führungsübertragungsfunktion (4.18). Mit den Übertragungsfunktionen (4.21) und (4.25) des Regelkreises ist dann Gw (s) = G R ( s )GS ( s ) K PR K PS x( s ) . = = w( s ) 1 + G R ( s )GS ( s ) 1 + K PR K PS + sT1 (4.26) Für einen Sollwertsprung w(t ) = w0 ⋅ σ (t ) c−−¦ w( s ) = w0 s folgt aus (4.26) nach x aufgelöst x( s ) = K PR K PS 1 ⋅ w0 . 1 + K PR K PS T1 s 1 + s 1 + K PR K PS (4.27) Nach Rücktransformation in den Zeitbereich erhalten wir t x(t ) = − K PR K PS (1 − e T ) w0 , 1 + K PR K PS mit T= T1 1 + K PR K PS . (4.28) 4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen 109 Wie Bild 4.14 zeigt, wird der vorgegebene Sollwert w0 von der Regelgröße x auch im stationären Endzustand nicht erreicht. Aus Gl. (4.28) folgt für t → ∞ x (∞ ) = K PR K PS w0 . 1 + K PR K PS und die bleibende Regeldifferenz e(∞) = w0 − x(∞) = 1 1 + K PR K PS x(t) (4.29) e(∞) Bild 4.14 Führungssprungantwort des Regelkreises nach Bild 4.13 K PR K PS ⋅ w0 1 + K PR K PS w0 0 w0 . t T Wie Gl. (4.29) zeigt, kann die bleibende Regeldifferenz durch Vergrößern von KPR verringert werden. Dies führt jedoch bei Strecken 2. Ordnung zur Verringerung der Dämpfung und bei Strecken noch höherer Ordnung zur Instabilität des geschlossenen Regelkreises. Hierin besteht der Hauptnachteil des P-Reglers. b) Störverhalten Die Abhängigkeit der Regelgröße x beim Auftreten einer Störgröße ermitteln wir mit Hilfe der Störübertragungsfunktion (4.20) und den gegebenen Übertragungsfunktionen GR und GS. Gz (s) = GS ( s ) K PS x( s ) . = = z ( s) 1 + G R ( s )GS ( s) 1 + K PR K PS + sT1 Für eine sprungförmige Störgröße mit z (t ) = z 0 ⋅ σ (t ) c−−¦ z(s) = z0 s wird x( s ) = K PS 1 ⋅ ⋅ z0 , 1 + K PR K PS s (1 + sT) mit T= T1 1 + K PR K PS . t x(t ) = − K PS (1 − e T ) ⋅ z 0 , 1 + K PR K PS (4.30) 110 4 Regeleinrichtungen Interessiert man sich nur für den stationären Endzustand, so ist es bei komplizierteren Regelkreisen einfacher x(∞) im Bildbereich mittels des Grenzwertsatzes der LaplaceTransformation zu ermitteln. Danach ist lim x(t ) = lim s ⋅ x( s) t →∞ (4.31) s →0 und es folgt aus (4.30) sofort x(∞) = lim x(t ) = lim t →∞ s→0 x(∞) = lim x(t ) = t →∞ K PS s ⋅ ⋅ z0 1 + K PR K PS s (1 + sT ) K PS z0 . 1 + K PR K PS (4.32) Wie Bild 4.15 zeigt, ist auch das Störverhalten nicht voll befriedigend. Die infolge der Störgröße auftretende bleibende Regeldifferenz kann zwar durch Vergrößern von KPR verringert, aber nicht vollkommen beseitigt werden. K PS ⋅ z0 1 + K PR K PS T x(t) 0 Bild 4.15 Störverhalten des Regelkreises nach Bild 4.13 für z(t)= z0⋅σ (t) x2 x1 t 0 Im folgenden Beispiel soll gezeigt werden, dass sich ein Regelkreis, bestehend aus einer P-T2-Strecke und einem P-Regler im stationären Endzustand genauso verhält, aber die Dämpfung mit zunehmendem KPR verringert wird. • Beispiel 4.2 Gegeben ist der in Bild 4.16 gezeigte Regelkreis mit w + e KPR − GR(s) z yR + KPS ,T1 ,T22 y + x GS ( s ) = K PS x( s ) = y ( s ) s 2 T22 + s T1 + 1 y (s) GR (s) = R = K PS . e( s ) GS(s) Bild 4.16 Regelkreis bestehend aus einer P-T2-Strecke und einer P-Regeleinrichtung KPS = 0,5; KPR = 16; T1 = 3 s; T2 = 1 s 4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen 111 Gesucht sind: a) Die Dämpfung D1 der ungeregelten Strecke. b) Die bleibende Regeldifferenz bei einem Sollwertsprung w(t)= w0⋅σ (t). c) Die Dämpfung D2 des geschlossenen Kreises. Zu a): GS ( s ) = Mit β1 = D= x( s ) K PS 1 1 = ⋅ = K PS β12 . 2 2 2 T1 1 y ( s ) T2 2 s + s 2 α + β 1 1 s +s + T22 T22 T 1 und a1 = 1 erhalten wir die Dämpfung der ungeregelten Strecke T2 2T22 T α = 1 = 1,5 > 1 . β 2T2 Zu b): Durch Einsetzen von GR und GS in Gl. (4.18) erhalten wir die Führungsübertragungsfunktion Gw (s) = K PR K PS x( s ) = . 2 2 w( s ) s T2 + s T1 + 1 + K PR K PS (4.33) Für w(s)= w0 /s ergibt sich x( s ) = K PR K PS s(s 2 T22 + s T1 + 1 + K PR K PS ) ⋅ w0 (4.34) und daraus nach dem Grenzwertsatz x(∞) = lim x(t ) = lim s ⋅ x( s ) = w0 ⋅ lim Gw ( s ) t →∞ x (∞ ) = s→0 s→0 K PR K PS ⋅ w0 . 1 + K PR K PS (4.35) Die bleibende Regeldifferenz e(∞) = w0 − x(∞) = ist identisch mit Gl. (4.29). Zu c): Aus Gl. (4.33) folgt 1 1 + K PR K PS ⋅ w0 (4.36) 112 4 Regeleinrichtungen Gw (s) = K PR K PS T22 ⋅ T s2 + s 1 + T22 1 . 1 + K PR K PS T22 Hierin ist β 22 = 1 + K PR K PS T22 und α 2 = T1 2T22 . Für den geschlossenen Regelkreis errechnet sich die Dämpfung zu α D2 = 2 = β2 T1 2T2 1 + K PR K PS = D1 (4.37) 1 + K PR K PS D2 = 0,5 < 1 . Die Gln. (4.36) und (4.37) zeigen, dass die beiden Forderungen bezüglich kleiner bleibender Regeldifferenz und ausreichender Dämpfung sich widersprechen, so dass vielfach nur ein Kompromiss möglich ist. X Aufgabe 4.1 Gegeben ist der im Bild 4.17 dargestellte Regelkreis. Ermitteln Sie: a) Die bleibende Regeldifferenz für w(t)= w0⋅σ (t); (z = 0). b) Die bleibende Regeldifferenz infolge z(t)= z0⋅σ (t). c) Worin unterscheidet sich das Führungs- und Störverhalten? w + KPR e − GR(s) z yR + + KIS x y GS(s) Bild 4.17 Wirkungsplan des Regelkreises, bestehend aus einer I-Strecke und einer P-Regeleinrichtung 4.3.2 I-Regeleinrichtung Die Bezeichnung I-Regeleinrichtung (integral wirkend) besagt, dass die Stellgröße yR proportional dem Zeitintegral der Regeldifferenz e = w − x ist: y R (t ) = K IR e(t )dt (4.38) dy R (t ) = K IR e(t ) . dt (4.39) oder Aus Gl. (4.39) folgt die Übertragungsfunktion der I-Regeleinrichtung mit 4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen 113 y ( s ) K IR . GR (s) = R = e( s ) s (4.40) Insbesondere, wenn Ein- und Ausgangsgröße des Reglers die gleiche Dimension haben, wird die Zeitkonstante eingeführt: TI = 1 . K IR Die Sprungantwort der I-Regeleinrichtung erhalten wir aus Gln. (4.40) mit z (t ) = z 0 ⋅ σ (t ) y R (s) = K IR s2 z(s) = c−−¦ z0 s e0 bzw. y R (t ) = K IR e0 ⋅ t . (4.41) Wie Bild 4.18 zeigt, steigt die Sprungantwort linear mit der Zeit an und erreicht für t = l / KIR bzw. t = TI den Wert y R (TI ) = e0 . yR e 0 e01 0 e02 t 0 e01 0 Bild 4.18 Eingangssprung und Sprungantwort einer I-Regeleinrichtung e02 TI t Bild 4.19 zeigt einen elektronischen I-Regler mittels beschaltetem Operationsverstärker (Invertierschaltung). Betrachten wir die Laplacetransformierten Spannungen, so ist C u a ( s) Z (s) 1 . =− r =− u1 ( s ) Z1 ( s ) sCR1 R1 u1 Mit TI = CR1 wird y ( s ) u a ( s) 1 . GR (s) = R = =− e( s ) u1 ( s ) sTI − + ua (4.42) Bild 4.19 I-Regeleinrichtung mittels Operationsverstärker 114 • 4 Regeleinrichtungen Beispiel 4.3 yR w Stellzylinder Steuerzylinder Steuerkolben Druckkanal Stellkolben Saugkanal Zur Regelung von Systemen, bei denen hohe Stellkräfte erforderlich sind, wie z. B. bei Walzgerüsten, kommen insbesondere hydraulische Regeleinrichtungen zum Einsatz. Die in Bild 4.20 gezeigte hydraulische I-Regeleinrichtung soll nur qualitativ in ihrer Funktionsweise erklärt werden. Der Stellkolben befindet sich in Ruhestellung, wenn der Steuerkolben die Zuund Abflüsse der Ölkanäle sperrt (gezeichnete Stellung), d. h. wenn die Kraft x und die Führungsgröße w gleich sind. Tritt eine Regeldifferenz auf, z. B. x > w, so wird sich der Steuerkolben nach oben bewegen, bis infolge der größeren Federkraft wieder ein Gleichgewicht eintritt. Dies bewirkt, dass der mittlere Steuerkolben den Druckkanal freigibt, der auf die Unterseite des Stellkolbens wirkt. x Bild 4.20 Hydraulische I-Regeleinrichtung Gleichzeitig wird durch den oberen Steuerkolben der Saugkanal freigegeben, so dass das im oberen Teil des Stellzylinders befindliche Öl abströmen kann. Die Änderungsgeschwindigkeit, mit der sich der Stellkolben nach oben bewegt, ist proportional der freigegebenen Kanalöffnung bzw. proportional der Regeldifferenz, konstanter Öldruck vorausgesetzt. dy R (t ) ~ e(t) dt bzw. y R (t ) = K IR e(t )dt . 4.3.2.1 I-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T1-Strecke KIR w + e − GR(s) z + yR + KPS ,T1 y x GS(s) Bild 4.21 Regelkreis gebildet aus einer P-T1Strecke und einer I-Regeleinrichtung Regelstrecke und Regeleinrichtung sind zu einem Regelkreis gemäß Bild 4.21 zusammengeschaltet. Im Folgenden soll wieder das Führungs- und Störverhalten untersucht werden. a) Führungsverhalten Ausgehend von der Führungsübertragungsfunktion Gl. (4.18) erhalten wir für das System nach Bild 4.21 4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen Gw (s) = G R ( s )GS ( s ) K IR K PS x( s) = = . 2 w( s) 1 + G R ( s )GS ( s ) s T1 + s + K IR K PS 115 (4.43) Wie Gl. (4.43) zeigt, ist die Ordnung des geschlossenen Kreises um Eins höher als die der ungeregelten Strecke. Indem wir in Gl. (4.43) den Koeffizienten der höchsten Potenz von s des Nennerpolynoms zu Eins machen, erhalten wir mit den Abkürzungen β2 = K IR K PS T1 Gw (s) = und α= 1 2T1 x( s ) β2 = . w( s ) s 2 + s ⋅ 2α + β 2 (4.44) Ein Maß für die Dynamik des Systems ist die Dämpfung D= α 1 . = β 2 K IR K PST1 (4.45) Wir sehen aus (4.45), dass durch Vergrößern von KIR die Dämpfung verringert wird und für D < 1 zu gedämpften Schwingungen führt. Der stationäre Endzustand der Regelgröße x bei Annahme einer sprungförmigen Führungsgröße w(t ) = w0 ⋅ σ (t ) c−−¦ w( s ) = w0 s bestimmt sich aus Gl. (4.43) zu x( s ) = Gw ( s ) ⋅ w( s ) = Gw ( s ) ⋅ w0 s und mittels Grenzwertsatz erhalten wir x(∞) = lim x(t ) = lim s ⋅ x( s ) = w0 ⋅ lim G w (s) t →∞ s→0 s→0 x(∞) = w0 . Das heißt, die bleibende Regeldifferenz e(∞) = w0 − x(∞) = 0 . (4.46) b) Störverhalten Ganz entsprechend erhalten wir mit der Störübertragungsfunktion Gl. (4.20) und den gegebenen Übertragungsfunktionen GR und GS Gz ( s ) = x( s) GS ( s ) s ⋅ K PS = = . 2 z ( s ) 1 + GR ( s )GS ( s ) s T1 + s + K IR K PS (4.47) 116 4 Regeleinrichtungen Die Nenner Gz und Gw (Gl. (4.47) und Gl. (4.43)), die das dynamische Verhalten eines Systems bestimmen, sind gleich und ebenso die Dämpfung. Mit den Abkürzungen 2 β = KIRKPS/T1 und α = 1/2 T1 erhalten wir Gz ( s) = x( s ) K PS s = ⋅ z(s) T1 s 2 + s ⋅ 2α + β 2 (4.48) und D= α 1 . = β 2 K IR K PST1 (4.49) Für einen Störsprung z (t ) = z 0 ⋅ σ (t ) c−−¦ z(s) = z0 s wird x(∞) = lim x(t ) = lim s ⋅ x( s ) = 0 . t →∞ (4.50) s→0 Das heißt, der Einfluss der Störgröße wird vollkommen beseitigt. Das untersuchte System zeigt bei Führung und Störung das gleiche dynamische Verhalten. Wie in diesem Kapitel noch gezeigt werden wird, ist das nicht generell so. Es kann vorkommen, dass im Zähler- und Nennerpolynom von Gw oder Gz gemeinsame Linearfaktoren enthalten sind, die sich herauskürzen und somit die Ordnung des Systems reduzieren. Der Vorteil der I-Regeleinrichtung besteht darin, dass nur eine vorübergehende, keine bleibende Regeldifferenz auftritt. Trotz bestehender Störgröße wird nach abgeschlossenem Regelvorgang der Sollwert wieder erreicht. Nachteilig ist, dass mit zunehmendem I-Einfluss (größerem KIR) die Dämpfung kleiner wird. • Beispiel 4.4 Für den Regelkreis nach Bild 4.21, mit KIR = 0,1 s KPS = 2 T1 = 20 s -1 soll das Führungsverhalten von x(t) für w(t) = w0⋅σ (t) ermittelt werden. Nach Gl. (4.45) ergibt sich die Dämpfung zu D= 1 α = = 0,25 <1 β 2 K IR K PST1 α= 1 = 0,025 s −1 ; 2T1 und β= K IR K PS = 0,1 s −1 . T1 4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen 117 Dass heißt, dass die Regelgröße gedämpfte Schwingungen ausführen wird. Zur Bestimmung der Sprungantwort lösen wir die Übertragungsfunktion (4.44) nach x(s) auf x( s ) = G w ( s ) ⋅ w( s ) = β2 w ⋅ 0 s 2 + s ⋅ 2α + β 2 s und erhalten unter Verwendung der Beziehung 13 der Korrespondenztabelle α x(t ) = 1 − e − α t cos ωet + sin ωet ⋅ w0 ωe (4.51) mit dem in Bild 4.22 gezeigten Verlauf der Sprungantwort. In Gl. (4.51) ist x(t) ωe = β 2 − α 2 ω e = 0,0968 s −1 w0 die Eigenkreisfrequenz des gedämpften Systems. t Bild 4.22 Führungssprungantwort des Regelkreises mit I-Regler 4.3.2.2 I-Regeleinrichtung zur Regelung einer I-Strecke KIR w + e − GR(s) z yR + + KIS y GS(s) Bild 4.23 Regelkreis gebildet aus einer I-Strecke und einer I-Regeleinrichtung x Dass eine I-Regeleinrichtung zur Regelung einer I-Strecke (Bild 4.23) ungeeignet ist, lässt sich leicht zeigen. Die Übertragungsfunktion der Regelstrecke lautet: GS ( s ) = x( s ) K IS = y(s) s (4.52) und entsprechend für den Regler y ( s ) K IR . GR (s) = R = e( s ) s (4.53) Setzen wir (4.52) und (4.53) in die Führungsübertragungsfunktion (4.18) ein, so folgt Gw (s) = K IR K IS x( s ) = 2 w( s ) s + K IR K IS 2 bzw. mit β = KIRKPS Gw (s) = x( s ) β2 = . w( s ) s 2 + β 2 (4.54) 118 4 Regeleinrichtungen Wie der Nenner (4.54) zeigt, fehlt der die Dämpfung mitbestimmende Faktor α , d. h. D= α =0. β Zur Ermittlung der Sprungantwort lösen wir (4.54) nach x(s) auf und erhalten mit w(t ) = w0 ⋅ σ (t ) x( s ) = β 2 w( s ) = c−−¦ 1 2 s (s + β 2 ) w0 s w0 . (4.55) Unter Verwendung der Beziehung 13 der Korrespondenztabelle folgt mit α = 0 x(t ) = (1 − cos β t ) ⋅ w0 . (4.56) Die Sprungantwort zeigt, was aufgrund D = 0 zu erwarten war, eine Dauerschwingung um den Mittelwert w0 mit der Kreisfrequenz des ungedämpften Systems β = K IR K IS und bestätigt die eingangs gemachte Feststellung über die Unverträglichkeit einer IRegeleinrichtung zur Regelung einer I-Strecke. X Aufgabe 4.2 Ermitteln Sie für den in Bild 4.23 gezeigten Regelkreis die Sprungantwort x(t) auf eine Störung z(t) = z0⋅σ (t). Wie groß ist die mittlere bleibende Regeldifferenz? 4.3.3 PI-Regeleinrichtung Es liegt nahe, die in Abschnitt 4.3.1 und 4.3.2 behandelten P- und I-Regler zu einer Regeleinrichtung zu kombinieren, ihre spezifischen Vorteile zu nutzen und ihre Nachteile zu unterdrücken. Die Bezeichnung PI (proportional-integral wirkend) besagt, dass die Ausgangsgröße einer PI-Regeleinrichtung gleich der Addition der Ausgangsgrößen einer P- und einer I-Regeleinrichtung ist und durch folgende Gleichung beschrieben wird. y R (t ) = K PR ⋅ e(t ) + K I ⋅ e(t )dt . (4.57) Es hat sich als zweckmäßig erwiesen, anstelle des Parameters KI die Zeitkonstante Tn = KPR/KI einzuführen und Gl. (4.57) in der folgenden Form anzugeben 1 y R (t ) = K PR e(t ) + T n e(t )dt . (4.58) Hierin sind KPR der Proportionalbeiwert und Tn die Nachstellzeit, die beiden einstellbaren Parameter des Reglers. 4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen • 119 Sprungantwort yR e KPR e0 e0 0 t 0 KPR e0 Tn t Tn Die Sprungantwort der PI-Regeleinrichtung für e(t ) = e0 ⋅ σ (t ) folgt unmittelbar aus Gl. (4.58) t y R (t ) = K PR e0 1 + Tn Bild 4.24 Eingangssprung und Sprungantwort einer PI-Regeleinrichtung (4.59) mit dem in Bild 4.24 gezeigten Verlauf. Die Steigung der Sprungantwort ist dy R (t ) K PR = e0 = konstant. dt Tn Aus Gl. (4.58) folgt durch Laplace-Transformation die Übertragungsfunktion der PIRegeleinrichtung y ( s) 1 . GR ( s) = R = K PR 1 + e( s ) sTn • (4.60) Frequenzgang und Ortskurve Gl. (4.60) liefert mit s = jω den Frequenzgang der PI-Regeleinrichtung GR ( jω ) = y R ( jω ) 1 = K PR 1 + e( j ω ) j ω Tn (4.61) dessen Real- und Imaginärteil wie folgt lauten Im KPR , Re(G R ) = K PR ω=∞ Re 45° KPR Im(GR ) = − ω= ω 1 Tn Bild 4.25 Ortskurve eines PI-Reglers K PR ω Tn . Variiert man ω von 0 ... ∞, so erhält man den in Bild 4.25 gezeigten Ortskurvenverlauf, eine Parallele zur negativ imaginären Achse. Bild 4.26 zeigt die technische Realisierung eines elektronischen PI-Reglers mittels Inverterschaltung. 120 4 Regeleinrichtungen Mit der Rückführimpedanz Zr(s) = R2 + 1/sC und der Eingangsimpedanz Z1(s) = R1 folgt aus Gl. (4.7) die Übertragungsfunktion u ( s) Z ( s) R =− r =− 2 GR (s) = a u e (s) Z1 ( s ) R1 1 1 + sCR 2 . (4.62) Ein Vergleich von (4.62) mit (4.60) zeigt, dass R K PR = 2 R1 und Tn = CR 2 ist. Da R2 sowohl KPR als auch Tn beeinflusst, wird man KPR durch R1 und Tn durch C verändern. 1 sC R2 R1 Bild 4.26 PI-Regeleinrichtung mittels Operationsverstärker V.M. − ue + ua X Aufgabe 4.3 Entwerfen Sie eine PI-Regeleinrichtung, in der der P-Anteil und der I-Anteil durch die in den Bildern 4.11 und 4.19 gezeigten Schaltungen getrennt erzeugt werden und deren Ausgänge mittels eines Summierers (Bild 4.8) gemäß Gl. (4.60) addiert werden. Welche Elemente bestimmen KPR und Tn ? 4.3.3.1 PI-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T1-Strecke Anhand des Wirkungsplanes (Bild 4.27) soll das Führungs- und Störverhalten untersucht werden. w + z K ,T KPR ,Tn PS 1 + e yR y − GR(s) + x GS(s) Bild 4.27 Regelkreis bestehend aus einer P-T1-Strecke und einer PIRegeleinrichtung a) Führungsverhalten Die Übertragungsfunktion der Strecke ist mit GS ( s ) = K PS x( s) = y ( s) 1 + sT1 (4.63) 4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen 121 gegeben. Für die Regeleinrichtung lautet die Übertragungsfunktion nach Gl. (4.60) 1 + sTn y (s) . = K PR GR (s) = R sTn e( s ) (4.64) Mit (4.63) und (4.64) in (4.18) eingesetzt, erhalten wir die Führungsübertragungsfunktion Gw (s) = x( s) = w( s ) Gw (s) = K PR K PS (1 + sTn ) x( s ) . = w( s ) (1 + sT1 ) sTn + K PR K PS (1 + sTn ) 1 (1 + sT1 ) sTn +1 K PR K PS (1 + sTn ) (4.65) bzw. (4.66) Wählen wir in (4.66) den Regelparameter Tn = T1, so wird Gw (s) = K PR K PS (1 + sT1 ) x( s ) . = w( s ) (1 + sT1 )( K PR K PS + sT1 ) (4.67) Dieser Ausdruck zeigt, dass Zähler und Nenner den gleichen Linearfaktor besitzen, der sich herauskürzt und die Ordnung des Systems um Eins auf ein System 1. Ordnung reduziert. Gw (s) = K PR K PS x( s ) . = w( s ) K PR K PS + sT1 (4.68) Für Tn ≠ T1 wird die Dämpfung des Regelkreises D= α 1 + K PR K PS = β 2 Tn . K PR K PST1 (4.69) Zur Beurteilung des stationären Verhaltens ermitteln wir für w(t) = w0⋅σ (t) den Endwert von x(t) mittels Grenzwertsatz. lim x(t ) = lim s ⋅ w( s ) ⋅ Gw ( s ) = w0 ⋅ lim Gw ( s ) = w0 . t →∞ s→0 s→0 Die bleibende Regeldifferenz wird unabhängig vom gewählten Tn stets gleich Null e(∞) = w0 − x(∞) = 0 . b) Störverhalten Setzen wir (4.63) und (4.64) in die Störübertragungsfunktion (4.20) ein, so erhalten wir 122 4 Regeleinrichtungen Gz (s) = sTn K PS x( s ) = 2 z ( s) s Tn T1 + sTn (1 + K PR K PS ) + K PR K PS Gz ( s) = x( s ) = z ( s) (4.70) bzw. sK PS 1 + K PR K PS K PR K PS + T1 s 2 + s T1 Tn T1 . (4.71) Im Gegensatz zum Führungsverhalten kommt in Gz(s) kein gemeinsamer Linearfaktor im Zähler und Nenner von Gl. (4.71) vor, so dass das System stets von 2. Ordnung ist. Lediglich für Tn → ∞ bzw. D → ∞ wird der Regelkreis zu einem System 1. Ordnung. Die Regeleinrichtung hat dann aber kein PI-, sondern nur noch P-Verhalten. Der das dynamische Verhalten des Systems bestimmende Nenner von Gz ist für Tn ≠ T1 identisch mit dem von Gw. Mit α= 1 + K PR K PS und β = 2 T1 K PR K PS Tn T1 erhalten wir wie in Gl. (4.69) D= α 1 + K PR K PS = β 2 Tn . K PR K PST1 (4.72) Die Nullstelle s = 0 von Gz(s) sorgt dafür, dass die bleibende Regeldifferenz infolge einer Störung verschwindet. Für z (t ) = z 0 ⋅ σ (t ) c−−¦ z z(s) = 0 s folgt aus Gl. (4.71) x( s ) = K PS 1 2 T1 ( s + s ⋅ 2α + β 2 ) ⋅ z0 und lim x(t ) = lim s ⋅ x( s ) = 0 . t →∞ s →0 Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine PI-Regeleinrichtung, im Gegensatz zum P-Regler, keine bleibende Regeldifferenz verursacht. Gegenüber dem reinen I-Regler wird die Dämpfung durch den zusätzlichen P-Anteil größer. Bei Strecken höherer Ordnung führt allerdings die Vergrößerung von KPR ebenfalls zur Verringerung der Dämpfung oder sogar zur Instabilität. 4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen • 123 Beispiel 4.5 Unter Verwendung der gleichen Kenngrößen wie in Beispiel 4.4 sollen im Folgenden die Vorzüge der PI- gegenüber der I-Regeleinrichtung aufgezeigt werden. Für den in Bild 4.27 gezeigten Regelkreis mit KPS = 2; T1 = 20 s; KI = 0,1 s -1 und der zusätzlichen Annahme von KPR = 2,5 wird Tn = K PR = 25 s . KI Die Dämpfung ergibt für das Führungs- und Störverhalten den gleichen Wert D= mit α = α = 1,5 > 1 . β 1 + K PR K PS = 0,15 s −1 und β = 2 T1 K PR K PS = 0,1 s -1 . TnT1 Für w(t ) = w0 ⋅ σ (t ) c−−¦ w w( s ) = 0 s folgt aus Gl. (4.66) x( s ) = β 2 (1 + sTn ) s ( s 2 + s ⋅ 2α + β 2 ) w0 β 2 Tn β2 x( s ) = + w0 . 2 2 2 2 s ( s + s ⋅ 2α + β ) s + s ⋅ 2α + β (4.73) (4.74) Da D > 1 ist, ergeben sich zwei reelle Pole s1,2 = −α ± α 2 − β 2 = −α ± w s1 = −0,0382 s -1 s 2 = −0,2618 s -1 . Die Beziehungen 13 und 11 der Korrespondenztabelle liefern zu Gl. (4.74) im Zeitbereich β 2Tn s1 t s s x(t ) = 1 + 2 e s1 t − 1 e s2t + (e − e s2 t ) w0 2w 2w 2 w s + β 2Tn s t s1 + β 2Tn s t x(t ) = 1 + 2 e1 − e 2 w0 2w 2w 124 4 Regeleinrichtungen und mit den Zahlenwerten x(t) x(∞)= w0 0 t 0 Bild 4.28 Führungssprungantwort des Regelkreises mit PI-Regler t t −0,0382 −0,2618 s − 0,9472e s w . x(t ) = 1 − 0,0528e 0 In Bild 4.28 ist der Verlauf der Sprungantwort gezeigt. Im Gegensatz zur Regelung mit einem I-Regler (Bild 4.22) tritt durch die Hinzunahme des P-Anteils kein Überschwingen auf. X Aufgabe 4.4 Das Störverhalten des in Bild 4.27 dargestellten Regelkreises wird durch die Übertragungsfunktion (4.71) beschrieben. Für welches KPR wird bei Tn = T1 die Dämpfung D ein Minimum und wie groß ist dieses? 4.3.3.2 PI-Regeleinrichtung zur Regelung einer I-Strecke An die Stelle der P-T1-Strecke in Bild 4.27 tritt nun eine I-Regelstrecke mit der Übertragungsfunktion GS ( s ) = x( s ) K IS = . y(s) s (4.75) Die Übertragungsfunktion der PI-Regeleinrichtung ist durch Gl. (4.60) gegeben GR ( s) = yR ( s ) 1 + sTn . = K PR sTn e( s ) (4.76) In Abschnitt 4.3.2.2 wurde gezeigt, dass die Regelung einer I-Strecke durch eine IRegeleinrichtung, infolge verschwindender Dämpfung D = 0, nicht möglich ist. Mit (4.75) und (4.76) in (4.18) erhalten wir die Führungsübertragungsfunktion Gw ( s ) = x( s ) = w( s ) K PR K IS (1 + sTn ) K K Tn s 2 + sK PR K IS + PR IS Tn (4.77) und für das Störverhalten gemäß Gl. (4.20) Gz ( s ) = x( s ) s ⋅ K IS = . z ( s ) s 2 + sK K + K PR K IS PR IS Tn Sowohl für das Führungs- wie auch für das Störverhalten ergibt sich mit (4.78) 4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen α= K PR K IS 2 und β= 125 K PR K IS Tn die Dämpfung des Systems zu D= α 1 = K PR K ISTn . β 2 (4.79) Auch hier zeigt sich der Vorteil der PI- gegenüber der I-Regeleinrichtung. Während erstere im Zusammenwirken mit einer I-Strecke nur aperiodische Sprungantworten oder gedämpfte Schwingungen ausführen kann, führt die zweite mit einer I-Strecke zu unvertretbaren Dauerschwingungen. Ferner sieht man mittels des Grenzwertsatzes, dass für eine sprunghafte Erregung der Führungsgröße w(t) = w0⋅σ (t) lim x(t ) = lim s ⋅ w( s ) ⋅ Gw ( s ) = lim Gw ( s ) ⋅ w0 = w0 , t →∞ s→0 s→0 d. h. die bleibende Regeldifferenz e(∞) wird Null. Ebenso erhalten wir für einen Störsprung z(t) = z0⋅σ (t) lim x(t ) = lim s ⋅ z ( s ) ⋅ Gz ( s ) = z0 ⋅ lim Gz ( s ) = 0 . t →∞ s→0 s→0 Die bleibende Regeldifferenz wird hier ebenfalls Null trotz bestehender Störung. 4.3.4 D-Verhalten Das im Folgenden beschriebene D-Glied (differenzierend wirkend) ist allein zur Regelung ungeeignet. Kombiniert man den D-Einfluss mit anderen Zeitverhalten, so gelangt man zu Regeleinrichtungen mit PD- bzw. PID-Verhalten. Bei einem realen D-Glied ist die Ausgangsgröße xa proportional dem zeitlichen Differential der Eingangsgröße xe xa (t ) ~ dxe (t ) dt bzw. xa (t ) = K D ⋅ dx e (t ) . dt (4.80) Der Proportionalitätsfaktor in (4.80) wird als Differenzierbeiwert KD bezeichnet. Aus Gl. (4.80) folgt durch Laplace-Transformation die Übertragungsfunktion des D-Gliedes x ( s) y R (s) = a = KD ⋅ s . xe ( s ) (4.81) 126 4 Regeleinrichtungen Systeme, die durch eine Übertragungsfunktion beschrieben werden, deren Zähler von höherer Ordnung ist als der Nenner, sind physikalisch nicht realisierbar. Theoretisch ermitteln wir für einen Sprung der Eingangsgröße xe (t ) = xe 0 ⋅ σ (t ) c−−¦ xe ( s ) = xe 0 s aus Gl. (4.81) die Sprungantwort xa ( s ) = K D ⋅ xe 0 für t ≠ 0 0 xa (t ) = K D ⋅ x e 0 ⋅ δ (t ) = ∞ (4.82) für t = 0. Bild 4.29 zeigt die Sprungantwort eines idealen D-Gliedes, die man sich auch durch formales Bilden der Ableitung des Eingangssprungs entstanden denken kann. Die Steigung des idealen Sprungs xa ist für t = 0 gleich Unendlich und xe für t > 0 gleich Null. Bild 4.30 zeigt einen beschalteten Operationsverstärker zur angenäherten Differentiation. xe0 0 1 sC2 0 t 0 Bild 4.29 Eingangssprung und Sprungantwort eines idealen D-Gliedes R2 1 R1 sC1 − + xe (s) t 0 xa(s) Bild 4.30 D-T1-Glied bzw. D-T2-Glied zur angenäherten Differentiation Die Übertragungsfunktion der in Bild 4.30 dargestellten Invertierschaltung lautet: a) ohne C2 x (s) Z (s) GD (s) = a =− r =− xe ( s ) Z1 ( s ) R2 R1 + 1 sC1 =− sC1 R2 1 + sC1 R1 (4.83) b) mit C2 x (s) sC1 R2 . GD (s) = a =− xe ( s) (1 + sC1 R1 )(1 + sC 2 R2 ) (4.84) 4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen 127 Gl. (4.83) stellt eine Differentiation mit Verzögerung 1. Ordnung dar, weil GD(s) als Reihenschaltung eines idealen D-Gliedes und eines P-T1-Gliedes aufgefasst werden kann. Entsprechend ergibt sich Gl. (4.84) durch Reihenschaltung eines D-Gliedes und eines P-T2-Gliedes. Man könnte versucht sein, die Differenzierschaltung nach Bild 4.30 ohne den Widerstand R1 zu betreiben und würde aus Gl. (4.83) für R1 = 0 xa ( s) = − sC1 R2 , xe ( s ) ein ideales D-Glied erhalten. Eine solche Schaltung führt jedoch zu einem verrauschten Ausgangssignal, da die immer vorhandenen hochfrequenten Störsignale (Rauschen) am Ausgang verstärkt erscheinen. Das heißt, der Widerstand R1 ist unbedingt zur Glättung erforderlich und vielfach noch nicht ausreichend, so das man gezwungen ist, zur weiteren Glättung einen zweiten Kondensator C2 parallel zu R2 zu schalten, wobei die beiden Zeitkonstanten R1C1 und R2C2 gleich groß gewählt werden. Bild 4.31 zeigt die Ortskurven der D-, D-T1- und D-T2-Glieder. Im ω D-T1 ω= 1 T1 D ω=0 ω=∞ ω Re ∞ ω= 1 T1T2 D-T2 Bild 4.31 Ortskurven des D-, D-T1- und D-T2-Gliedes 4.3.5 PD-Regeleinrichtung Durch die Hinzunahme des D-Anteils wird bereits während des Entstehens einer Regeldifferenz, bevor diese sich voll ausgewirkt hat, eine Stellgröße erzeugt und somit die Regelung schneller. Bei einer PD-Regeleinrichtung entspricht die Stellgröße yR einer Addition der Ausgangsgrößen eines P- und eines D-Gliedes. Die Differentialgleichung lautet demzufolge y R (t ) = K PR e(t ) + K D de(t ) dt bzw. K de(t ) y R (t ) = K PR e(t ) + D K PR dt mit KPR Proportionalbeiwert KD Differenzierbeiwert. (4.85) 128 4 Regeleinrichtungen Den Quotienten KD = Tv K PR bezeichnet man als die Vorhaltzeit und erhält damit de(t ) y R (t ) = K PR e(t ) + Tv . dt (4.86) Hierin sind KPR und Tv die beiden an realen Regeleinrichtungen einstellbaren Parameter. Die Übertragungsfunktion der idealen PD-Regeleinrichtung folgt aus Gl. (4.86) durch Laplace-Transformation y (s) GR ( s) = R = K PR (1 + sTv ) . e( s ) (4.87) Auch hier gilt, dass ein solches System gemäß Gl. (4.87), bei dem die Ordnung des Zählers höher ist als die des Nenners, physikalisch nicht realisierbar und immer mit einer Verzögerung behaftet ist. Vielfach kann jedoch diese Verzögerung gegenüber den anderen im Regelkreis vorhandenen Zeitkonstanten vernachlässigt und mit der idealen Übertragungsfunktion (4.87) yR gerechnet werden. Die theoretisch e sich ergebende Sprungantwort für 0 KPR e0 e0 0 t 0 0 t Bild 4.32 Eingangssprung und Sprungantwort der idealen PD-Regeleinrichtung e(t ) = e0 ⋅ σ (t ) c−−¦ e e( s ) = 0 s folgt aus Gl. (4.87) 1 y R ( s ) = K PR + Tv ⋅ e0 s für t = 0 ∞ y R (t ) = K PR [1 + Tvδ (t )] ⋅ e0 == K PR e0 für t > 0 (4.88) mit dem in Bild 4.32 gezeigten Verlauf. Zur technischen Realisierung einer PD-Regeleinrichtung können der P- und D-T1Anteil parallel mit den Schaltungen nach Bild 4.11 und 4.30 erzeugt und die Ausgänge mittels eines Summierers nach Bild 4.8 addiert werden. Bild 4.33 zeigt eine Schaltung, die mit nur einem Operationsverstärker auskommt. Zur Ermittlung der Übertragungsfunktion des beschalteten Operationsverstärkers nach Bild 4.33 ist es zweckmäßig, infolge des in der Rückführung liegenden T-Gliedes, von den Strömen auszugehen. Für den Knotenpunkt V.M. gilt i 1 ( s ) = i 2 ( s ) = i3 ( s ) + i 4 ( s ) . (4.89) 4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen Rr /2 i3 (s) i2 (s) 129 Rr /2 C i4 (s) Rp i1 (s) R 1 V.M. e(s) − + Bild 4.33 PD-T1-Regeleinrichtung mittels Operationsverstärker yR(s) Da der invertierende Eingang des Operationsverstärkers wieder als "virtuelle Masse" angesehen werden kann, folgt: i1 ( s ) = e( s ) R1 (4.90) 1 i2 ( s ) = − y R ( s ) Rr 1 Rp + Rr sC 2 + Rr 1 2 + Rp + sC 2 Rr 2 + 1 . − Rr + R + 1 p sC 2 (4.91) Nach einigen Umformungen folgt aus Gl. (4.91) die Übertragungsfunktion der PD-T1Regeleinrichtung y (s) R =− r GR (s) = R e( s ) R1 R 1 + sC r + Rp 4 . 1 + sCRp (4.92) Mi den Abkürzungen R K PR = r ; R1 R Tv = C r + R p ; 4 T1 = CR p (4.93) erhalten wir 1 + sTv y (s) . GR ( s) = R = − K PR 1 + sT1 e( s ) (4.94) Die reale PD-T1-Regeleinrichtung nach Gl. (4.94) geht für Rp = 0 bzw. T1 = 0 in den idealen PD-Regler nach Gl.(4.87) über. Dieser Fall ist aber wegen des sonst auftretenden verrauschten Ausgangssignals nicht möglich. Die so genannte parasitische Zeitkonstante T1, die die Verzögerung bewirkt, wird von Rp bestimmt und sollte möglichst klein gegenüber Tv sein. 130 • 4 Regeleinrichtungen Sprungantwort Zur Ermittlung der Sprungantwort des PD-T1-Reglers lösen wir die Gl. (4.94) nach yR(s) auf und erhalten bei Vernachlässigung des negativen Vorzeichens mit e(t ) = e0 ⋅ σ (t ) y R (s) = c−−¦ e e( s ) = 0 s K PR e0 1 + sTv . ⋅ T1 1 s + s T1 (4.95) Die Rücktransformation in den Zeitbereich mittels Residuensatz ergibt T K PR y R (t ) = ⋅ T1 − T1 1 − v T1 T1 t − T1 e e0 (4.96) bzw. t Tv − T1 − 1 e y R (t ) = K PR 1 + e0 . T 1 (4.97) Bild 4.34 zeigt die entsprechende Sprungantwort. yR e 0 • Tv e T1 0 T1 e0 t 0 KRP 0 0 KPR e0 t Bild 4.34 Eingangssprung und Sprungantwort eines PD-T1-Reglers Frequenzgang und Ortskurve Vernachlässigen wir in Gl. (4.94) das durch die invertierende Wirkung der Schaltung (Bild 4.33) bedingte negative Vorzeichen, so erhalten wir daraus den Frequenzgang GR ( jω ) = y R ( jω ) 1 + jω Tv . = K PR e( j ω ) 1 + jω T1 (4.98) 4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen Die Zerlegung in Real- und Imaginärteil ergibt: 1 + ω 2T1Tv Re (GR ) = K PR 1 + (ω T1 ) 2 131 ω Im ω= PD-T1 PD 1 T1 ω (4.99) KPR ω (Tv − T1 ) Im (GR ) = K PR 1 + (ω T1 ) 2 (4.100) ω=∞ Re ω=∞ ω=0 T K PR v T1 PD-T2 In Bild 4.35 sind die Ortskurvenverläufe des PD-, PD-T1- und PD-T2-Gliedes dargestellt. ω Bild 4.35 Ortskurvenverlauf des PD-, PD-T1- und PD-T2-Gliedes PD-T1-Glied: ω PD-T2-Glied: Re (GR) K PR 0 1 T1 ∞ Im (GR) K PR 2 Tv 1 + T1 T K PR v T1 0 K PR 2 ω 0 Tv − 1 T1 0 Re (GR) K PR Im (GR) 0 Tv − T1 T22Tv T K PR v T1 0 1 T2 T K PR v T1 T − K PR 2 T1 ∞ 0 0 X Aufgabe 4.5 Die Differentialgleichung eines PD-T2-Gliedes lautet T22 yR (t ) + T1 y R (t ) + y R (t ) = K PR [e(t ) + Tv e(t )] . Gesucht ist der Verlauf der Ortskurve, insbesondere für ω = 0 und ω = ∞ sowie die eventuellen Schnittpunkte mit den Achsen. 4.3.5.1 PD-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T2-Strecke Im Gegensatz zu den Abschnitten 4.3.2.1 und 4.3.3.1 soll im Folgenden der in Bild 4.36 gezeigte Regelkreis, in dem eine P-T2-Strecke von einer PD-Regeleinrichtung geregelt wird, auf sein Führungs- und Störverhalten untersucht werden. 132 4 Regeleinrichtungen a) Führungsverhalten KPR ,Tv w + e − GR(s) z yR + + KPS ,T1 ,T22 x y Bild 4.36 Regelkreis bestehend aus einer P-T2-Strecke und einer PD-Regeleinrichtung GS(s) Die Übertragungsfunktionen der Strecke und der Regeleinrichtung lauten (Bild 4.36): GS ( s ) = K PS x( s ) = y ( s) s 2T22 + sT1 + 1 (4.101) y (s) GR (s) = R = K PR (1 + sTv ) . e(s) (4.102) Mit (4.101) und (4.102) in (4.18) erhalten wir die Führungsübertragungsfunktion Gw (s) = x( s) = w( s ) 1 s 2T22 + sT1 + 1 +1 K PR K PS (1 + sTv ) (4.103) bzw. Gw (s) = (1 + sTv ) x( s ) K PR K PS = ⋅ . 2 T + Tv K PR K PS 1 + K PR K PS w( s ) T2 s2 + s 1 + T22 T22 (4.104) Handelt es sich bei der Strecke um zwei in Reihe geschaltete P-T1-Strecken oder liegen zwei reelle Pole vor, so wird man Tv gleich der größten dieser Zeitkonstanten wählen und damit, wie Gl. (4.103) zeigt, die Ordnung des geschlossenen Systems um 2 2 Eins reduzieren. Zum Beispiel kann für T1 = 3 s und T2 = 2 s das Nennerpolynom von GS wie folgt in zwei Linearfaktoren zerlegt werden s 2T22 + sT1 + 1 = (1 + sTa )(1 + sTb ) mit Ta = 1 s und Tb = 2 s . Wählen wir Tv = Tb, so vereinfacht sich die Gl. (4.103) zu einem P-T1-Verhalten Gw (s) = K PR K PS . 1 + K PR K PS + sTa (4.105) Ist die Polverteilung der Strecke konjugiert komplex, d. h. keine Zerlegung in reelle Linearfaktoren möglich, dann folgt aus Gl. (4.104) α= T1 + Tv K PR K PS ; 2 T22 β= 1 + K PR K PS T2 4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen 133 und daraus die Dämpfung des geschlossenen Kreises D= T + Tv K PR K PS α . = 1 β 2 T2 1 + K PR K PS (4.106) Durch den D-Anteil wird die Dämpfung mit zunehmendem Tv vergrößert. Den stationären Endwert der Regelgröße x auf einen Eingangssprung w(t ) = w0 ⋅ σ (t ) c−−¦ w w( s ) = 0 s ermitteln wir wieder mittels Grenzwertsatz im Bildbereich. Danach ist x(∞) = lim x(t ) = lim s ⋅ x( s ) . t →∞ (4.107) s →0 Gl. (4.104) nach x(s) aufgelöst ergibt x( s ) = G w ( s ) ⋅ w( s ) . (4.108) Mit (4.108) in (4.107) folgt w K PR K PS x(∞) = lim s ⋅ G w ( s ) ⋅ 0 = w0 s 1 + K PR K PS s→0 bzw. bleibende Regeldifferenz e(∞) = w0 − x(∞) = 1 1 + K PR K PS w0 . (4.109) Gl. (4.109) ist identisch mit der in Abschnitt 4.3.1.1 für einen Regelkreis mit reinem P-Regler abgeleiteten Beziehung (4.29). D= x 1 x D= 1 Tv = 0 2 e(∞) e(∞) Tv = Ta Tv = Tb Tv = 0 Tv = Ta 2 w0 x2 x1 x(∞) Tv = Tb 0 0 t 0 0 Bild 4.37 Führungs- und Störverhalten des Regelkreises nach Bild 4.36 für verschiedene Vorhaltezeiten Tv (Ta = 1 s; Tb = 2 s) t 134 4 Regeleinrichtungen Das heißt, dass der PD- gegenüber dem P-Regler bezüglich des stationären Verhaltens keinen Vorteil besitzt. Ferner sieht man aus Gl. (4.109), dass die bleibende Regeldifferenz unabhängig von der Ordnung der P-Strecke ist. In Bild 4.37 ist die Führungsund Störsprungantwort für verschiedene Vorhaltzeiten aufgezeichnet und zeigt, dass die Dynamik weitgehend durch die Wahl von Tv beeinflusst werden kann. Hingegen hängt die bleibende Regeldifferenz nur von KPR ab, da der D-Anteil nur am Anfang wirksam ist und im Beharrungszustand seine Wirkung verliert. b) Störverhalten Um den Einfluss der Störgröße z auf die Regelgröße x zu ermitteln, setzten wir die Gln. (4.101) und (4.102) in die Störübertragungsfunktion (4.20) ein und erhalten Gz ( s) = x( s ) = z ( s) K PS T + Tv K PR K PS 1 + K PR K PS + T22 s 2 + s 1 T22 T22 . (4.110) Mit den Abkürzungen α= T1 + K PR K PSTv 2 T22 und β2 = 1 + K PR K PS T22 wird Gz (s) = x( s ) K PS 1 = . z ( s) T22 s 2 + s ⋅ 2α + β 2 (4.111) Die Dämpfung wird wie beim Führungsverhalten bestimmt durch D= T + K PR K PSTv α . = 1 β 2 T2 1 + K PR K PS (4.112) Ändern wir die Störgröße sprunghaft mit z (t ) = z 0 ⋅ σ (t ) c−−¦ z z (s) = 0 , s so folgt aus (4.110) z x( s ) = G z ( s ) ⋅ z ( s ) = G z ( s ) ⋅ 0 s und mittels Grenzwertsatz x(∞) = lim x(t ) = lim s ⋅ x( s ) = t →∞ s →0 K PS z0 . 1 + K PR K PS (4.113) Da wir nur die Änderung von x infolge z betrachten und nicht die Absolutwerte, stellt (4.113) die durch z verursachte bleibende Regeldifferenz dar. Durch Vergleich von (4.113) mit der in Abschnitt 4.3.1.1 für einen Regelkreis mit P-Regler abgeleiteten 4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen 135 Beziehung (4.32) wird evident, dass eine PD-Regeleinrichtung ebenso wie eine PRegeleinrichtung nicht in der Lage ist, den Einfluss einer Störung vollkommen zu kompensieren, sondern nur auf K PS z0 1 + K PR K PS zu mindern. Die Gegenüberstellung in Bild 4.37 zeigt, dass die beiden Forderungen nach möglichst gutem Führungs- und Störverhalten kontrovers sind und nicht gleichzeitig erfüllt werden können. So wird z. B. das Führungsverhalten am günstigsten, wenn Tv gleich der größten Streckenzeitkonstante gewählt wird. Das Störverhalten ist dann aber keineswegs optimal. Ein Kompromiss, der ein befriedigendes Führungs- und Störverhalten liefert, wird für D = 1 / 2 erreicht. Der Nachteil der PDRegeleinrichtung ist die bei der Regelung von P-Strecken auftretende bleibende Regeldifferenz. Wie durch die Gl. (4.79) zum Ausdruck kommt, bringt die Regelung von I-Strecken mittels PI-Regler Schwierigkeiten bezüglich der Dämpfung, während der Einsatz eines PD-Reglers zumindest für das Führungsverhalten keine bleibende Regeldifferenz ergibt. X Aufgabe 4.6 Gegeben ist ein Regelkreis bestehend aus einer I-Strecke mit GS ( s ) = K IS s und einer PD-Regeleinrichtung. Ermitteln Sie die Sprungantwort für w(t ) = w0 ⋅ σ (t ) . 4.3.6 PID-Regeleinrichtung Durch Kombination der drei grundsätzlichen Zeitverhalten (P, I und D) gelangt man zur PID-Regeleinrichtung, deren Stellgröße yR gleich der Addition der P-, I- und DRegeleinrichtungen ist und durch die folgende Gleichung beschrieben wird: y R (t ) = K PR e(t ) + K I e(t )dt + K D de(t ) dt (4.114) KI y R (t ) = K PR e(t ) + K PR K D de(t ) . dt (4.115) bzw. e(t )dt + K PR Mit den bereits bekannten Zeitkonstanten Tn = K PR K und Tv = D KI K PR 136 4 Regeleinrichtungen wird 1 y R (t ) = K PR e(t ) + Tn e(t )dt + Tv de(t) . dt (4.116) Die Übertragungsfunktion der idealen PID-Regeleinrichtung folgt aus (4.116) durch Laplace-Transformation zu y (s) 1 = K PR 1 + + sTv . GR (s) = R e( s ) sTn (4.117) Bringen wir diesen Ausdruck auf einen gemeinsamen Nenner, so wird s 2Tn Tv + sTn + 1 y (s) GR ( s) = R = K PR . e( s ) sTn (4.118) Die Nullstellen dieses Ausdrucks liegen bei s 1,2 = 1 − 1 ± 2Tv 1− 4Tv . Tn (4.119) Für Tn ≥ 4 Tv liegen zwei reelle Nullstellen vor und der Zähler in (4.118) lässt sich in zwei reelle Linearfaktoren zerlegen (1 + sTn′ )(1 + sTv′ ) y (s) ′ , (4.120) = K PR GR ( s) = R e( s ) sTn′ T′ ′ = K PR n ; mit K PR Tn Tn′ = − 1 ; s1 Tv′ = − 1 . s2 Die Form (4.120) ist besonders geeignet, wenn Polstellen der Strecke durch Nullstellen der Regeleinrichtung kompensiert werden sollen. Ferner ist diese Zerlegung vorteilhaft zur Darstellung im Bode-Diagramm. Zwischen den Parametern der Gln. (4.118) und (4.120) bestehen die folgenden Beziehungen: T′ ′ 1 + v K PR = K PR Tn′ Tn = Tn′ + Tv′ Tv = Tn′ Tv′ . Tn′ + Tv′ (4.121) Sowohl in (4.118) als auch in (4.120) ist der Zähler von höherer Ordnung als der Nenner, d. h. eine solche PID-Regeleinrichtung ist physikalisch nicht realisierbar. Zur Ermittlung der Sprungantwort erhalten wir mit e(t ) = e0 ⋅ σ (t ) aus Gl. (4.117) c−−¦ e e( s ) = 0 s 4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen 137 1 1 + Tv . y R ( s ) = K PR e0 + 2 s s Tn (4.122) Durch Rücktransformation in den Zeitbereich folgt aus (4.122) die Sprungantwort der idealen PID-Regeleinrichtung t y R (t ) = K PR e0 1 + + Tv δ (t ) (4.123) Tn yR mit dem in Bild 4.38 dargestellten Verlauf. Zur Realisierung einer PID-Regeleinrichtung gibt es viele Möglichkeiten, z. B. durch parallele Erzeugung des P-, Iund D-T1-Anteils mittels der Schaltung nach Bild 4.11, 4.19 sowie 4.30 und Addition der Ausgangsgrößen durch einen Summierer (Bild 4.8). KPR e0 KPR e0 0 t Tn Tn Bild 4.38 Sprungantwort eines idealen PID-Reglers Bild 4.39 zeigt eine vielfach angewandte Schaltung, ähnlich der PD-T1Regeleinrichtung nach Bild 4.33. Das in der Rückführung liegende T-Glied ist allerdings durch den als Impedanzwandler geschalteten Operationsverstärker OP2 entkoppelt (s. a. Abschnitt 4.1, Bild 4.6, Gl. (4.8a)). Man spricht hier von aktiver Rückkopplung, während in Bild 4.33 eine passive Rückkopplung vorliegt. Am nichtinvertierenden Eingang des OP2 liegt die durch den Spannungsteiler gebildete Spannung Rp + x 2 ( s) = y R ( s ) R3 + Rp + 1 R2 sC2 i2(s) OP2 i1(s) R 1 e(s) x2(s) V. M. 1 sC 3 1 sC 3 − + − + OP1 = y R (s) 1 + sC 3 Rp 1 + sC 3 ( R3 + Rp ) . (4.124) R3 x2(s) 1 sC3 RP Bild 4.39 PID-T1-Regeleinrichtung mit aktiver Rückführung yR(s) Für den invertierenden Eingang V.M. gilt i1 ( s ) = i 2 ( s ) (4.125) 138 4 Regeleinrichtungen mit i1 ( s ) = e( s ) R1 und i2 ( s ) = − (4.126) x2 ( s) sC 2 = − x 2 ( s) . 1 1 + sC 2 R2 R2 + sC 2 (4.127) Setzen wir (4.126) und (4.127) in (4.125) unter Berücksichtigung von (4.124) ein, so folgt: y (s) R (1 + sC 2 R2 )[1 + sC 3 ( R3 + Rp )] GR ( s) = R =− 2 e( s ) R1 sC 2 R2 (1 + sC 3 Rp ) (4.128) und mit den Abkürzungen R ′ = 2 ; K PR R1 Tn′ = C 2 R2 ; Tv′ = C 3 ( R3 + Rp ) ; T1 = C 3 Rp ; (1 + sTn′ )(1 + sTv′ ) y (s) ′ . = K PR GR (s) = R e( s ) sTn′ (1 + sT1 ) (4.129) Hierin ist T1 die die Verzögerung bewirkende parasitische Zeitkonstante. Die Übertragungsfunktion des realen PID-T1-Reglers kann man sich durch Reihenschaltung des idealen PID-Reglers nach (4.120) und eines P-T1-Gliedes mit G(s) = 1 1 + sT1 entstanden denken. Für Rp = 0 bzw. T1 = 0 geht Gl. (4.129) in Gl. (4.120) über. • Sprungantwort yR Zur Ermittlung der Sprungantwort der PIDT1-Regeleinrichtung lösen wir (4.129) nach yR(s) auf und erhalten mit e(t ) = e0 ⋅ σ (t ) c−−¦ e e( s ) = 0 s und Vernachlässigung des negativen Vorzeichens K ′ (1 + sTn′ )(1 + sTv′ ) . (4.130) y R ( s ) = e0 PR Tn′ T1 1 2 s s + T1 KPR Tv e T1 0 KPR e0 KPR e0 T1 Tn Tn Bild 4.40 Sprungantwort einer PID-T1-Regeleinrichtung Durch Rücktransformation in den Zeitbereich mittels Residuensatz erhält man t 4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen 139 s + 1 (Tn′ + Tv′ + 2 sTn′ Tv′ ) − (1 + sTn′ )(1 + sTv′ ) T1 K ′ y R (t ) = e0 PR lim e st 2 Tn′ T1 s → 0 1 s + T1 ′ ′ T′ + + s T s T ( 1 )( 1 ) n v + te st + T12 1 − n 1 T1 s+ T1 Tv′ 1 − T1 e − t T1 bzw. t Tv′ − T1 t Tv′ − T1 Tv′ − T1 e ′ 1+ + − 1 + − y R (t ) = K PR e0 . Tn′ Tn′ Tn′ T1 (4.131) Mit den Beziehungen (4.121) kann die Übertragungsfunktion (4.129) in G R ( s ) = K PR s 2Tn Tv + sTn + 1 sTn (1 + sT1 ) (4.132) umgeformt werden. Für die Sprungantwort erhalten wir dann die Beziehung t T1 T1 Tv − T1 t e + − 1 − − y R (t ) = K PR 1 − e0 . Tn Tn Tn T1 (4.133) Aus den Gln. (4.131) und (4.133) folgt für t = 0 Tv′ T ′ y R (0) = K PR e0 = K PR v e0 . T1 T1 Für große t-Werte erhalten wir die Gleichung der Asymptote: T T′ −T t t ′ 1 + v 1 + e0 = K PR 1 − 1 + e0 . yRA (t ) = K PR Tn′ Tn′ Tn Tn Diese nimmt für t = T1 den folgenden Wert an: T′ ′ 1 + v y RA (T1 ) = K PR Tn′ e0 = K PR e0 . Bild 4.40 zeigt den Verlauf der Sprungantwort. • Frequenzgang und Ortskurve Der Frequenzgang des PID-T1-Reglers folgt aus (4.132), indem wir s durch jω ersetzen 140 4 Regeleinrichtungen GR ( jω ) = y R ( jω ) 1 − ω 2TnTv + jω Tn = K PR . e( j ω ) − ω 2TnT1 + jω Tn (4.134) Zur Diskussion des Ortskurvenverlaufs zerlegen wir (4.134) in Real- und Imaginärteil Re (GR ) = K PR Tn − T1 + ω 2TnTvT1 Tn [1 + (ω T1 ) 2 ] Im ω T1 KPR ω 2Tn (Tv − T1 ) − 1 Im (GR ) = K PR . ω Tn [1 + (ω T1 ) 2 ] PID PID-T1 Re T1 , T22 T K PR v T1 PID-T1-Regler: ω Re (GR) T K PR 1 − 1 T n 1 Tn (Tv − T1 ) ∞ 4.3.6.1 ∞ ∞ Bild 4.41 zeigt den Ortskurvenverlauf des PID-, PID-T1- und PID-T2-Reglers. 0 ω Im (GR) −∞ K PR 0 T K PR v T1 0 T K PR 1 − 1 Tn Bild 4.41 Ortskurvenverlauf des PID-, PID-T1-und PID-T2-Reglers PID-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T2-Strecke Im Folgenden soll der Regelkreis nach Bild 4.42 untersucht werden. w + z KPR ,Tn ,Tv KPS ,T1 ,T22 + yR e y − GR(s) + GS(s) x Bild 4.42 Regelkreis gebildet aus einer P-T2-Strecke und einer PID-Regeleinrichtung Die Regelstrecke habe eine Dämpfung D > 1, mit der Übertragungsfunktion GS ( s ) = K PS K PS x( s ) = = , mit Tb > Ta . y ( s ) s 2T22 + sT1 + 1 (1 + sTa )(1 + sTb ) (4.135) Für die Übertragungsfunktion der Regeleinrichtung wählen wir Gl. (4.120), in der der Zähler in Linearfaktoren zerlegt ist. (1 + sTn′ )(1 + sTv′ ) y (s) ′ . (4.136) GR (s) = R = K PR e( s ) sTn′ 4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen 141 a) Führungsverhalten Die Führungsübertragungsfunktion lautet mit (4.135) und (4.136) in (4.18) Gw (s) = x( s ) = w( s ) 1 . ′ sTn (1 + sTa )(1 + sTb ) +1 ′ K PS (1 + sTn′ )(1 + sTv′ ) K PR (4.137) Es ist naheliegend, in Gl. (4.137) Tn′ gleich der größten Zeitkonstante der Strecke (z. B. Tn′ = Tb ) zu wählen und Tv′ = Ta . Somit kürzen sich die beiden Linearfaktoren heraus und reduzieren die Ordnung des Systems auf Gw (s) = x( s ) = w( s ) 1 Tn′ 1+ s ′ K PR K PS . (4.138) Zur Ermittlung des stationären Endwertes von x(t) für w(t ) = w0 ⋅ σ (t ) c−−¦ w w( s ) = 0 s erhalten wir aus Gl. (4.137) w x( s ) = G w ( s ) ⋅ w( s ) = G w ( s) ⋅ 0 s und mittels Grenzwertsatz x(∞) = lim x(t ) = lim s ⋅ x( s ) = w0 ⋅ lim G w ( s) = w0 . t →∞ s →0 s →0 (4.139) Unabhängig von der Wahl von Tn′ und Tv′ und unabhängig von der Ordnung der P-Strecke wird durch den I-Anteil die bleibende Regeldifferenz gleich Null. e(∞) = w0 − x(∞) = 0 . (4.140) b) Störverhalten Mit (4.135) und (4.136) in (4.20) erhalten wir die Störübertragungsfunktion sTn′ K PS x( s ) . = Gz (s) = ′ K PS (1 + sTn′ )(1 + sTv′ ) z ( s) sTn′ (1 + sTa )(1 + sTb ) + K PR (4.141) Bedingt durch den I-Anteil wird der Einfluss der Störgröße für t → ∞ vollkommen beseitigt. Aus (4.141) folgt x( s ) = G z ( s) ⋅ z ( s) , und mit z (t ) = z 0 ⋅ σ (t ) c−−¦ z z(s) = 0 s z erhalten wir x( s ) = G z ( s) ⋅ 0 . Der Grenzwertsatz liefert s (1.141a) 142 4 Regeleinrichtungen x(∞) = lim x(t ) = lim s ⋅ x( s ) = z 0 ⋅ lim G z ( s ) = 0 . t →∞ s→0 (4.142) s→0 Im Gegensatz zum Führungsverhalten kann die Ordnung von (4.141) nicht reduziert werden. Wählen wir auch hier Tn′ = Tb und Tv′ = Ta , so folgt aus (4.141) Gz ( s) = sTb K PS x( s ) = ′ K PS + sTb ) z ( s) (1 + sTa )(1 + sTb )( K PR Gz ( s) = x( s ) K PS = z ( s) Ta Tb 1 s + T a bzw. 1 s + T b s . ′ K PS K PR s + Tb (4.143) Für die gewählten Reglerparameter sind, wie Gl. (4.143) zeigt, sämtliche Pole des Kreises negativ reell und somit das System stabil. Dies ist nicht generell so. Wie in Kapitel 6 gezeigt werden wird, kann bei ungünstiger Wahl von Tn bzw. Tn′ das System instabil werden. In diesem Fall, der explizit vorliegenden Pole erhalten wir für (1.141a) und aus (4.143) mittels Residuensatz die Sprungantwort t t − − Ta Tb − Ta Tb e Tb e x(t ) = K PS z 0 + ′ K PSTa − Tb ) (Tb − Ta )( K PR ′ K PS − 1) (Tb − Ta )( K PR Tb e , + ′ K PSTa − Tb )( K PR ′ K PS − 1) ( K PR ′ K PS − K PR t Tb (4.144) mit dem in Bild 4.43 gezeigten Verlauf. Der dritte Term in der eckigen Klammer von ′ K PS vernachlässigbar klein. Gl. (4.144) wird für großes K PR Zusammenfassend kann gesagt werden, dass von den in diesem Kapitel behandelten Regeleinrichtungen der PID-Regler, infolge der drei Parameter KPR, Tn und Tv, am anpassungsfähigsten ist. Durch den I-Anteil tritt sowohl beim Führungs- als auch beim Störverhalten eine vorübergehende aber keine bleibende Regeldifferenz auf. Ferner kann die Ordnung des Systems durch geeignete Wahl der Parameter reduziert werden. x w0 0 t 0 Bild 4.43 Störsprungantwort des Regelkreises nach Bild 4.42 für Tn′ = Tb und Tv′ = Ta 143 5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren Das Bode-Diagramm dient neben der Ortskurve zur graphischen Darstellung des Frequenzganges. Während man bei der Ortskurvendarstellung den Frequenzgang x ( jω ) G ( jω ) = a xe ( jω ) nach Betrag und Phase in einem einzigen Diagramm in der Gaußschen Zahlenebene darstellt, werden im Bode-Diagramm der Betrag von G und der Phasenwinkel ϕ in zwei getrennten Diagrammen als Funktionen der Kreisfrequenz ω aufgetragen. Für die Darstellung von ⏐G⏐ = f(ω) ist sowohl ω auf der Abszisse als auch das Amplitudenverhältnis ⏐G⏐ auf der Ordinate im logarithmischen Maßstab geteilt. In einem zweiten Diagramm ist dann der Phasenwinkel ϕ im linearen über der Kreisfrequenz ω im logarithmischen Maßstab aufgetragen. Durch die logarithmische Darstellung erhält man leicht zu konstruierende Asymptoten des wirklichen Kurvenverlaufs ⏐G⏐ = f(ω). Bei der Hintereinanderschaltung von mehreren Frequenzgängen ergibt sich der Gesamtfrequenzgang aus dem Produkt der einzelnen Frequenzgänge. Der besondere Vorteil der Darstellung eines solches Frequenzganges im Bode-Diagramm besteht darin, dass durch die Logarithmierung die Produktbildung auf eine einfache Addition zurückgeführt wird. 5.1 Bode-Diagramme einfacher Frequenzgänge Im Folgenden sollen die Bode-Diagramme von Regelkreisgliedern mit elementarem Zeitverhalten behandelt werden, deren Frequenzgänge bereits in den vorherigen Kapiteln abgeleitet wurden. Häufig wird der Amplitudengang wie in der Nachrichtentechnik üblich, in Dezibel (dB) aufgetragen. Definitionsgemäß gilt G ( jω ) dB = 20 ⋅ lg G ( jω ) . (5.1) Bei der Darstellung des Amplitudenganges ⏐G( jω)⏐ ist Folgendes zu beachten: a) Für die Ordinate und Abszisse ist der gleiche logarithmische Maßstab zu verwenden (z. B. 50 mm/Dekade oder wie bei logarithmisch geteiltem Papier 62,5 mm/Dekade). b) Die ω-Achse wird stets so gelegt, dass sie die Ordinate bei ⏐G( jω)⏐ = 1 bzw. ⏐G( jω)⏐dB = 0 schneidet. c) Durch die logarithmische Teilung der ω - Achse lässt sich die Frequenz ω = 0 nicht darstellen. Im Schnittpunkt der ω - Achse mit der Ordinate wählt man ω gleich einer 10er Potenz, die dem darzustellenden Problem angepasst ist, d. h. −1 −2 (10 ... 10 ) ⋅1/Tx. Hierin ist Tx die größte Zeitkonstante des Systems. S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_5, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2014 144 5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren 5.1.1 Bode-Diagramm des P0-Gliedes Der Frequenzgang eines P0-Gliedes ist: x ( jω ) G ( jω ) = a = K P = konstant x e ( jω ) G ( jω ) = G ( jω ) e jϕ (ω ) . Daraus folgt: G ( jω ) = K P und ϕ (ω ) = 0. Bild 5.1 zeigt für KP = 10 das Bode-Diagramm des reinen P-Gliedes. Das Amplitux ( jω ) ist unabhängig von ω, und die Phasenverschiebung zwischen denverhältnis a x e ( jω ) xa( jω) und xe( jω) ist für alle ω gleich Null. 102 40 G dB 30 G 10 20 10 KP 0 1 − 10 10−1 1 10 102 ω /s −1 10−1 − 20 Bild 5.1 45° ϕ 0° P0-Gliedes (KP = 10) ϕ(ω) 10−1 1 Bode-Diagramm eines 10 102 − 45° ω /s −1 − 90° 5.1.2 Bode-Diagramm eines I-Gliedes Der Frequenzgang eines I-Gliedes lautet: x ( jω ) K I . G ( jω ) = a = xe ( jω ) jω Sind die Dimensionen von Aus- und Eingangsgröße gleich, so hat KI die Dimension − s 1, und man kann den Kehrwert von KI als die Integrierzeit TI auffassen. TI = 1 . KI 5.1 Bode-Diagramme einfacher Frequenzgänge 145 Diese vereinfachende Annahme wird gewählt, um den charakteristischen Verlauf ⏐G⏐ = f(ω) ableiten zu können. Haben xa und xe unterschiedliche Dimensionen, so hat − KI außer s 1 die Dimensionen der Ausgangsgröße dividiert durch die der Eingangsgröße. Um den Schnittpunkt mit der ω - Achse zu bestimmen, bleiben die Dimensionen von xa und xe unberücksichtigt. Dadurch wird in unserer Betrachtung vermieden, dass der Logarithmus einer dimensionsbehafteten Größe genommen wird. Mit TI = 1/ KI wird: G ( jω ) = 1 xa ( jω ) . = xe ( jω ) jω TI Daraus folgt: G ( jω ) = 1 , lg G ( jω ) = − lg(ω TI ) . ω TI Trägt man ⏐G( jω)⏐ im logarithmischen Maßstab über ω im gleichen logarithmischen Maßstab auf, so erhält man eine Gerade mit der negativen Steigung 1:1, die die ω Achse für ω = 1/ TI schneidet. Voraussetzung dafür ist, dass die ω-Achse die Ordinate bei ⏐G( jω)⏐ = 1 schneidet (Bild 5.2). 102 40 G dB 30 G −1:1 10 20 ω= 10 0 1 10−1 1 1 = 5s −1 TI 10 102 − 10 ω /s −1 10−1 − 20 ϕ Bild 5.2 45° 0° Bode-Diagramm eines I-Gliedes (TI = 0,2 s) 10−1 1 10 − 45° 102 ω /s −1 ϕ(ω) − 90° Infolge des fehlenden Realteils, der Imaginärteil von G( jω) ist Im (G ) = − 1 , ω TI ergibt sich für den Phasenwinkel tan ϕ (ω ) = Im(G ) = −∞ bzw. ϕ = −90° = konstant . Re(G ) 146 5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren 5.1.3 Bode-Diagramm eines D-Gliedes Ein D-Glied hat folgenden Frequenzgang: x ( jω ) G ( jω ) = a = jω ⋅ K D . x e ( jω ) Die Dimensionen von xa und xe werden zur Ermittlung des charakteristischen Verlaufs ⏐G⏐ = f(ω) als gleich angenommen. KD hat dann die Dimension einer Zeit und kann als Differenzierzeit TD aufgefasst werden. Sind die Dimensionen von xa und xe ungleich, so gilt das in Abschnitt 5.1.2 für KI Gesagte. Mit KD = TD wird: G ( jω ) = xa ( jω ) = jω TD . xe ( jω ) Ferner ist G ( jω ) = G ( jω ) e jϕ (ω ) . Folglich erhält man: G ( jω ) = ω ⋅ TD , lg G ( jω ) = lg(ω TD ) . Das ist die Gleichung eine Geraden mit der positiven Steigung 1:1, wenn ⏐G( jω)⏐ und ω im gleichen logarithmischen Maßstab aufgetragen werden. Die ω - Achse wird wieder so gelegt, dass sie die Ordinate für ⏐G( jω)⏐ = 1 schneidet. Wie Bild 5.3 zeigt, schneidet dann der Amplitudengang ⏐G⏐ = f(ω) die ω - Achse für ω = 1/ TD. 102 40 G dB 30 G +1:1 10 20 ω= 10 0 1 10−1 1 1 TD 10 102 ω /s −1 − 10 10−1 − 20 ϕ Bild 5.3 D-Gliedes (TD = 0,2 s) 90° ϕ(ω) 45° 0° − 45° Bode-Diagramm eines 10−1 1 10 102 ω /s −1 5.1 Bode-Diagramme einfacher Frequenzgänge 147 Für den Phasenwinkel erhält man: tan ϕ (ω ) = Im(G ) = +∞ , Re(G ) ϕ = +90° = konstant , weil Re (G ) = 0 und Im (G ) = +ω TD . 5.1.4 Bode-Diagramm eines P-Gliedes mit Verzögerung 1. Ordnung Für ein P-Glied 1. Ordnung lautet der Frequenzgang: G ( jω ) = KP KP = e − j arctan(ω T1 ) . 1 + jω T1 1 + jω T1 Daraus folgt: G (ω ) = KP 1 + (ω T1 ) 2 , 1 lg G ( jω ) = lg K P − lg [1 + (ω T1 ) 2 ] . 2 (5.2) (5.3) tan ϕ = −ω T1 und ϕ = − arctan(ω T1 ) . Variiert man in Gl. (5.2) ω von 0 ... ∞, so erhält man den exakten Amplitudengang. Dieses Verfahren ist sehr zeitraubend und aufwendig. Einfacher ist die Konstruktion der Asymptoten des wahren Verlaufs, die für viele Zwecke ausreichend sind. Diese ergeben sich im vorliegenden Fall, indem man zwei ω - Bereiche unterscheidet: a) Für kleine ω - Werte ist: ω T1 << 1 . Damit erhält man aus Gl. (5.3) die Näherung lg G ( jω ) ≈ lg K P . (5.4) Das ergibt für kleine ω - Werte eine Gerade parallel zur Abszisse mit der Ordinate ⏐G⏐ = KP im logarithmischen Maßstab. b) Für große ω - Werte ist: ω T1 >> 1 und damit folgt aus Gl. (5.3) die Näherung lg G ( jω ) ≈ lg K P − lg(ω T1 ). (5.5) Das ist ebenfalls die Gleichung einer Geraden mit der negativen Steigung 1:1. Die unter a) und b) gefundenen Geraden bilden die Asymptoten. Sie schneiden sich für ω E = 1/ T1, wie man durch Gleichsetzen der Gln. (5.4) und (5.5) leicht erkennt. 148 5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren Für die Eckfrequenz ω E = 1/ T1 errechnet sich der genaue Wert des Amplitudenverhältnisses zu: G ( jω ) = KP 2 = 0,707 ⋅ K P bzw. G ( jω ) dB = 20 ⋅ lg (0,707 ⋅ K P ) = 20 ⋅ lg K P − 3dB . An dieser Stelle ist die Abweichung des wahren Verlaufs von dem der Asymptoten am größten. Der Phasengang hat den in Bild 5.4 gezeigten Verlauf, beginnend mit ϕ = 0° für ω = 0 und endend bei ϕ = − 90° für ω = ∞. Für ωE = 1/ T1 ist ϕ = − 45°. 102 40 G dB 30 G 10 20 3 dB KP 10 0 1 10−1 KP 2 1 10 − 10 102 ω /s −1 10−1 − 20 45° ωE = ϕ 0° − 45° 10−1 1 1 T1 10 Bild 5.4 102 ω /s −1 Bode-Diagramm eines P-T1-Gliedes (KP = 10; T1 = 0,1 s) − 90° 5.1.5 Bode-Diagramm eines PI-Gliedes Der Frequenzgang eines PI-Gliedes ist gemäß Gl. (4.61) G ( jω ) = xa ( jω ) 1 = K P 1 − j . xe ( jω ) ω Tn (5.6) Aus Gl. (5.6) folgt: 1 G (ω ) = K P 1 + ω Tn 2 , 1 1 lg G ( jω ) = lg K P + lg 1 + 2 ω Tn (5.7) 2 (5.8) 5.1 Bode-Diagramme einfacher Frequenzgänge 149 und tan ϕ (ω ) = Im(G ) 1 , =− Re(G ) ω Tn 1 ω Tn ϕ = − arctan . (5.9) Der exakte Amplitudengang folgt aus (5.7) durch Variation von ω im Bereich 0 ... ∞. Zur Ermittlung der Asymptoten unterscheidet man wie in Abschnitt 5.1.4 zwei ω - Bereiche: a) Für kleine ω - Werte ist: 1 >> 1 ω Tn und man erhält aus Gl. (5.8) lg G ( jω ) ≈ lg K P − lg(ω Tn ). (5.10) Entsprechend (5.5) ist das die Gleichung einer Geraden mit der negativen Steigung 1:1. b) Für große ω - Werte ist: 1 ω Tn << 1 und es wird lg G ( jω ) = lg K P . (5.11) Also eine Gerade parallel zur Abszisse mit dem Ordinatenwert ⏐G⏐ = KP im logarithmischen Maßstab. Durch Gleichsetzen der Gln. (5.10) und (5.11) folgt der Schnittpunkt der beiden Asymptoten für ω E = 1/ Tn. Setzen wir in (5.7) ω E = 1/ Tn, so ergibt sich der genaue Wert des Amplitudenganges an dieser Stelle zu G ( jω ) = K P ⋅ 2 bzw. G ( jω ) dB = 20 ⋅ lg ( K P ⋅ 2 ) = 20 ⋅ lg K P + 3dB . Wie Bild 5.5 zeigt, beginnt der Phasengang mit ϕ = − 90° für ω = 0 und endet mit ϕ = 0° für ω = ∞. Für die Eckfrequenz ωE = 1/ Tn wird ϕ = − 45°. 150 5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren 40 G dB 30 102 G 10 20 3 dB KP 10 ω /s −1 KP 2 10 0 1 10−2 10−1 1 − 10 10−1 − 20 Bild 5.5 45° ωE = ϕ 0° − 45° 10−2 10−1 1 Tn 1 Bode-Diagramm eines PI-Gliedes (KP = 2; Tn = 5 s) 10 ω /s −1 − 90° 5.1.6 Bode-Diagramm eines PD-Gliedes Der Frequenzgang eines PD-Gliedes lautet entsprechend Gl. (4.87) G ( jω ) = xa ( jω ) = K P (1 + jω Tv ) . xe ( jω ) (5.12) Damit folgt aus Gl. (5.12): G (ω ) = K P 1 + (ω Tv ) 2 , (5.13) 1 lg G ( jω ) = lg K P + lg [ 1 + (ω Tv ) 2 ] . 2 (5.14) Ferner ist tan ϕ (ω ) = Im(G ) = ω Tv , Re(G ) ϕ = arctan (ω Tv ) . (5.15) Während man den exakten Verlauf des Amplitudenganges aus Gl. (5.13) erhält, ergeben sich die Asymptoten aus Gl. (5.14) durch Betrachten der Grenzfälle ω → 0 und ω → ∞. a) Im Bereich kleiner ω - Werte ist: ω Tv << 1 5.1 Bode-Diagramme einfacher Frequenzgänge 151 und damit folgt aus Gl. (5.14) lg G ( jω ) ≈ lg K P , (5.16) da lg (1) = 0. Das heißt für kleine ω - Werte ist die Asymptote eine Parallele zur Abszisse mit dem Ordinatenwert ⏐G⏐ = KP im logarithmischen Maßstab. b) Im Bereich großer ω - Werte ist: ω Tv >> 1 . Aus Gl. (5.14) folgt dann die Näherung lg G ( jω ) ≈ lg K P + lg(ω Tv ). (5.17) Gl. (5.17) ist eine Gerade mit der positiven Steigung 1:1. Die unter a) und b) gefundenen Asymptoten schneiden sich für ω E = 1/ Tv, was durch Gleichsetzen der Gln. (5.16) und (5.17) folgt. Der genaue Amplitudenwert des Amplitudenganges für die Eckfrequenz ω E = 1/ Tv ergibt sich aus Gl. (5.13) zu G ( jω ) = K P ⋅ 2 bzw. G ( jω ) dB = 20 ⋅ lg K P + 3dB . Setzen wir in (5.15) ω = 0; 1/Tv; ∞, so folgt ϕ = 0°; + 45°; + 90°, wie der Phasengang in Bild 5.6 zeigt. 102 40 G dB 30 G 10 20 3 dB 10 0 1 − 10 10−1 KP 2 KP 1 10 102 ω /s −1 10−1 − 20 ϕ Bild 5.6 90° Bode-Diagramm eines PD-Gliedes (KP = 2; Tv = 0,2 s) 45° 0° − 45° 1 ωE = Tv 10−1 1 10 102 ω /s −1 152 5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren 5.1.7 Bode-Diagramm eines P-T2-Gliedes Entsprechend Gl. (3.78) ist der Frequenzgang eines P-T2-Gliedes G ( jω ) = xa ( jω ) KP = . 2 xe ( jω ) − (ω T2 ) + jω T1 + 1 (5.18) Daraus folgt: G ( jω ) = KP [1 − (ω T2 ) 2 ] 2 + (ω T1 ) 2 , 1 lg G ( jω ) = lg K P − lg{[1 − (ω T2 ) 2 ] 2 + (ω T1 ) 2 } . 2 (5.19) (5.20) Ferner ist: tan ϕ = Im(G ) − ω T1 = , Re(G ) 1 − (ω T2 ) 2 ϕ = − arctan ω T1 . 1 − (ω T2 ) 2 Ist die Dämpfung D = T1 2T2 eines solches Gliedes < 1, so ergeben sich wiederum zwei Asymptoten. a) Im Bereich kleiner ω - Werte ist: ω T1 << 1 und (ω T2 ) 2 << 1 . Damit folgt aus Gl. (5.20) lg G ( jω ) ≈ lg K P , (5.21) also eine Parallele zur Abszisse. b) Im Bereich großer ω - Werte ist (ω T2 ) 2 >> 1 und (ω T2 ) 2 >> ω T1 . Somit folgt aus Gl. (5.20) lg G ( jω ) ≈ lg K P − 2 ⋅ lg(ω T2 ). . (5.22) (5.22) ist die Gleichung einer Geraden mit der negativen Steigung 2:1. Den Schnittpunkt der unter a) und b) gefundenen Asymptoten findet man durch Gleichsetzen der Gln. (5.21) und (5.22) mit ω = ω E = 1/ T2. 5.2 Darstellung in Reihe geschalteter Glieder im Bode-Diagramm 102 40 G dB 30 D = 0,1 D = 0,3 D=1 G 10 20 −2 : 1 10 KP 0 1 10−−22 − 10 10−−11 KP 2D 102 1 ωE = 10−−11 − 20 ω /s −−11 1 T2 Bild 5.7 45° ϕ 0° 10−2 10−1 153 102 1 ω /s −−11 Bode-Diagramm eines P-T2-Gliedes (KP = 7; T2 = 2 s) D=1 D = 0,3 D = 0,1 − 45° − 90° Bild 5.7 zeigt den Verlauf der Asymptoten und mit D als Parameter verschiedene Amplituden- und Phasengänge. Aus Gl. (5.19) erhält man für ω E = 1/ T2 G ( jω ) = KP ω E T1 = K P ⋅ T2 K P . = T1 2D Ist die Dämpfung D > 1, so lässt sich das P-T2-Glied in zwei P-T1-Glieder zerlegen. Die Darstellung von in Reihe geschalteten Gliedern in Bode-Diagramm soll im folgenden Abschnitt behandelt werden. 5.2 Darstellung in Reihe geschalteter Glieder im Bode-Diagramm 5.2.1 Konstruktion des Bode-Diagramms mittels Einzelfrequenzgängen Sehr häufig treten in einem Regelkreis Reihenschaltungen der im vorigen Abschnitt behandelten einfachen Übertragungsglieder auf. So kann z. B. ein PID-Glied als Reihenschaltung eines PI- und eines PD-Gliedes aufgefasst oder in ein I- und zwei PDGlieder zerlegt werden. Sind n Glieder mit den Frequenzgängen G1( jω), G2( jω), ... Gn( jω) in Reihe geschaltet, so ist der Gesamtfrequenzgang gleich dem Produkt der einzelnen Frequenzgänge G ( jω ) = G1 ( jω ) ⋅ G 2 ( jω ) ⋅ ... ⋅ G n ( jω ) . (5.23) Zur Darstellung des Gesamtfrequenzganges im Bode-Diagramm wird G( jω) in Betrag und Phase zerlegt. G ( jω ) = G ( jω ) e jϕ (ω ) . Auf Gl. (5.23) angewandt ergibt: (5.24) 154 5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren G ( jω ) = G1 ( jω ) e jϕ1 (ω ) ⋅ G 2 ( jω ) e jϕ 2 (ω ) ... ⋅ G n ( jω ) e jϕ n (ω ) G ( jω ) = G1 ( jω ) ⋅ G 2 ( jω ) ⋅ ... ⋅ G n ( jω ) ⋅ e j (ϕ1+ϕ 2 + ... +ϕ n ) . (5.25) Durch Vergleich der Gln. (5.25) und (5.24) folgt G ( jω ) = G1 ( jω ) ⋅ G 2 ( jω ) ⋅ ... ⋅ G n ( jω ) (5.26) und ϕ (ω ) = ϕ1 (ω ) + ϕ 2 (ω ) + ... + ϕ n (ω ) . (5.27) Infolge der logarithmischen Darstellung des Amplitudenganges ⏐G( jω)⏐ erhält man aus Gl. (5.26) durch Logarithmieren lg G ( jω ) = lg G1 ( jω ) + lg G 2 ( jω ) + ... + lg G n ( jω ) (5.28) oder G ( jω ) dB = 20 lg G1 ( jω ) + 20 lg G 2 ( jω ) + ... + 20 lg G n ( jω ) G ( jω ) dB = n i= 1 (5.29) Gi ( jω ) dB . Das heißt, der Amplitudengang des Gesamtfrequenzganges ⏐G( jω)⏐dB ergibt sich durch einfache Addition der einzelnen Ordinaten der Amplitudengänge ⏐G1( jω)⏐dB, ⏐G2( jω)⏐dB, ... , ⏐Gn( jω)⏐dB. Das Gleiche gilt auch für die Asymptoten. Den Phasengang ϕ(ω) erhält man, entsprechend Gl. (5.27), ebenfalls durch Addition der einzelnen Phasengänge ϕ1(ω), ϕ2(ω), ... , ϕn(ω). • Beispiel 5.1 Zwei P-T1-Glieder und ein PD-Glied sind in Reihe geschaltet, mit den Übertragungsfunktionen G1 ( s) = K P1 1 + sT1 KP1 = 2 T1 = 5 s K P2 1 + sT2 KP2 = 4 T2 = 1 s KP3 = 8 Tv = 0,25 s. G2 (s) = G3 ( s) = K P3 (1 + sTv ) Der Amplituden- und Phasengang der Einzelfrequenzgänge sowie das Bode-Diagramm der Gesamtanordnung ist zu konstruieren. Zunächst werden die Asymptoten der einzelnen Amplitudengänge gezeichnet, gemäß den Abschnitten 5.1.4 und 5.1.6, mit den Eckfrequenzen: 5.2 Darstellung in Reihe geschalteter Glieder im Bode-Diagramm ωE1 = 1 = 0,2 s −1 T1 ωE2 = 1 = 1 s −1 T2 ωE3 = 155 1 = 4 s −1 . Tv Am zweckmäßigsten verwendet man einen logarithmischen Maßstab mit 50 mm/Dekade oder logarithmisch geteiltes Papier mit 62,5 mm/Dekade. Der resultierende Asymptotenverlauf von ⏐G( jω)⏐dB ergibt sich durch Addition der Asymptoten von ⏐G1( jω)⏐dB, ⏐G2( jω)⏐dB und ⏐G3( jω)⏐dB. 102 40 G dB G 5 G3 30 − (1:1) 2 G 20 10 − (2:1) 5 10 G2 2 100 0 ωE1 G1 10−2 5 10−1 ωE2 ωE3 100 2 2 10 2 5 ω /s −1 5 − 10 − (1:1) 2 10−1 − 20 ϕ 90° ϕ3 60° 30° 0° 10−2 2 10−1 100 2 5 − 30° − 60° 10 2 5 ω /s −−11 ϕ1 ϕ2 − 90° ϕ Bild 5.8 Bode-Diagramm dreier in Reihe geschalteter Glieder G1(s), G2(s) und G3(s) 156 5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren Von ω = 0 bis ω = ω E1 ist der Verlauf der resultierenden Asymptote eine Parallele zur Abszisse. Im Bereich ω E1 < ω < ω E2 laufen die Asymptoten von ⏐G2( jω)⏐ und ⏐G3( jω)⏐ parallel zur Abszisse, während die Asymptote von⏐G1( jω)⏐ die Steigung − (1: 1) hat. Die resultierende Asymptote hat in diesem Bereich ebenfalls eine Steigung − (1: 1). Von ω = ω E2 bis ω = ω E3 haben die Asymptoten von ⏐G1( jω)⏐ und ⏐G2( jω)⏐ je eine Steigung von − (1: 1), was zu einer resultierenden Asymptote von − (2: 1) führt. Für ω > ω E3 kommt die Asymptote von ⏐G3( jω)⏐ mit der Steigung + (1: 1) hinzu und kompensiert die Steigung einer der beiden Asymptoten ⏐G1( jω)⏐ oder ⏐G2( jω)⏐, so dass die resultierende Asymptote für ω > ω E3 die Steigung − (1: 1) hat. Betrachtet man die Amplitudengänge ⏐G1( jω)⏐, ⏐G2( jω)⏐ und ⏐G3( jω)⏐ in Bild 5.8, so sieht man, dass sie untereinander kongruent sind. Das heißt, man kann mittels einer Schablone den wahren Verlauf von ⏐G1( jω)⏐, ⏐G2( jω)⏐ und ⏐G3( jω)⏐ zeichnen, indem man diese je nach der Eckfrequenz in der Zeichenebene entsprechend verschiebt, bzw. zum Zeichnen von ⏐G3( jω)⏐, gegenüber ⏐G1( jω)⏐ bzw. ⏐G2( jω)⏐, parallel zur ω -Achse umklappt. Das Gleiche gilt für den Phasengang. Zum Zeichnen von ϕ3(ω) wird die Schablone an der ω -Achse gespiegelt. Eine andere Möglichkeit zur Gewinnung des exakten Amplituden- und Phasenganges besteht darin, anstelle der Schablone ein Lineal zu benutzen. Das Amplituden- sowie das Phasenlineal sind für einen logarithmischen Maßstab von 50 mm/Dekade entwickelt. Der Vorteil besteht darin, dass außer dem gesuchten Amplitudengang lediglich die Asymptoten der einzelnen Frequenzgänge und die des Gesamtfrequenzganges gezeichnet werden müssen. Das Diagramm gewinnt dadurch an Übersichtlichkeit. Der Gedanke, der dem Amplitudenlineal zugrunde liegt, ist im Anhang erläutert und steht im OnlinePlus-Bereich des Verlags zum Download zur Verfügung. 5.2.2 Konstruktion mittels Asymptoten Man kann das Bode-Diagramm einer Reihenschaltung der n Glieder mit den Frequenzgängen G1( jω), G2( jω), ... Gn( jω) direkt nach dem Gesamtfrequenzgang (5.23) G0 ( jω ) = G1 ( jω ) ⋅ G2 ( jω ) ⋅ ... ⋅ Gn ( jω ) skizzieren, ohne vorher die einzelnen Frequenzgange zu bestimmen und danach zu addieren, wie es im vorherigen Abschnitt beschrieben wurde. Trägt man die Ordinaten ⏐G0( jω)⏐dB in Dezibel und die Abszissen in Dekaden auf, so entspricht die in vorherigen Abschnitten definierte Steigung −(1:1) einer Steigung von −20 dB/Dek, die Steigung −(2:1) ist dann in diesen Dimensionen −40 dB/Dek usw. Bei der Bestimmung des gesamten Amplitudenganges geht man aus folgenden Eigenschaften von einzelnen Frequenzgängen aus: 1) Ist ein I-Glied im Gesamtfrequenzgang G0( jω) vorhanden, z. B. wie unten: G0 ( jω ) = K P1K P2 K I (1 + jωTn ) , jωTn (1 + jωT1 )(1 + jωT2 ) 5.2 Darstellung in Reihe geschalteter Glieder im Bode-Diagramm 157 dann hat die Asymptote des gesamten Amplitudenganges im Bereich der kleinen ω - Werte, d. h. bei ω T1 << 1 , die negative Steigung (1:1) bzw. −20 dB/Dek. Dies folgt aus der Annahme, dass sich der Gesamtfrequenzgang bei ω T1 << 1 zu einem einzelnen I-Glied reduziert: G0 ( jω ) = K P1K P2 K I K I0 = jωTn jω So ein I-Glied hat bekanntlich die Steigung der Asymptote von −20 dB/Dek und schneidet die ω - Achse bei ω0 = K I0 = K P1K P2 K I . Tn 2) Ist kein I-Glied im Gesamtfrequenzgang G0( jω) vorhanden, z. B. G0 ( jω ) = K P1K P2 (1 + jωTv ) , (1 + jωT1 )(1 + jωT2 ) verläuft die Asymptote des Amplitudenganges im Bereich der kleinen ω - Werte horizontal bzw. mit der Steigung 0 dB/Dek und schneidet die Ordinatenachse bei G0 ( jω ) dB = 20 ⋅ lg K P = 20 ⋅ lg( K P1K P2 ) . Bei weiterem Verlauf des Amplitudenganges bei der ersten Eckfrequenz ωE1 T1 >> 1 , gilt die Näherung 20 lg G0 ( jω ) ≈ 20 lg K P − 20 ⋅ lg(ω T1 ). Dies bedeutet, dass sich die Steigung der Asymptote des Amplitudenganges bei der Eckfrequenz ωE1 T1 >> 1 um −20 dB/Dek ändert und beträgt folglich 0 dB/Dek − 20 dB/Dek = − 20 dB/Dek Trifft jedoch zuerst die Eckfrequenz ωEv Tv >> 1 auf, wobei die Zeitkonstante Tv die differenzierende Wirkung hat bzw. sich im Zähler des Gesamtfrequenzganges befindet, dann gilt die folgende Asymptotengleichung: 20 lg G0 ( jω ) ≈ 20 lg K P + 20 ⋅ lg(ω T1 ) Für die Steigungsänderung bedeutet dies die Erhebung um +20 dB/Dek, so dass die die Steigung der Asymptote des Amplitudenganges nach der Eckfrequenz ωEv 0 dB/Dek + 20 dB/Dek = + 20 dB/Dek beträgt. 3) Die oben im Punkt 2 beschriebene Ermittlung der Steigungsänderung bei der ersten Eckfrequenz kann für alle nachfolgende Eckfrequenzen verallgemeinert werden, nämlich: die Steigungsänderung nach jeder Eckfrequenz ωEk betrifft ±20 dB/Dek, wobei 158 5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren +20 dB/Dek einer differenzierenden Zeitkonstante Tk im Zähler des Gesamtfrequenzganges und −20 dB/Dek einer Zeitkonstante Tk im Nenner des Gesamtfrequenzganges (Verzögerung) entspricht. Die Konstruktion des Amplitudenganges des Bode-Diagramms mittels Asymptoten wird am vorherigen Beispiel 5.1 erläutert. Der gegebene Gesamtfrequenzgang G0 ( s ) = G1 ( s )G2 ( s )G3 ( s ) = K P1K P2 K P3 (1 + sTv ) (1 + sT1 )(1 + sT2 ) hat keinen I-Anteil, d. h. die erste Asymptote im Bereich der kleinen ω - Werte verläuft horizontal bzw. mit der Steigung 0 dB/Dek und fängt bei der folgenden Ordinate an: G ( jω ) dB = 20 ⋅ lg K P = 20 ⋅ lg( K1K 2 K 3 ) = 20 ⋅ lg(2 ⋅ 4 ⋅ 8) = 36,1236 Da sich die Zeitkonstante T1, die der kleinsten Eckfrequenz entspricht, im Nenner des Gesamtfrequenzganges befindet, hat die nächste Asymptote bei 1 = 0,2 s −1 T1 ωE1 = die Steigung (0 dB/Dek − 20 dB/Dek) = −20 dB/Dek. Bei der nächsten Eckfrequenz ωE2 = 1 = 1 s −1 T2 wirkt Zeitkonstante T2 wiederum verzögert, d. h. die Steigung der Asymptote wird noch um −20 dB/Dek geändert: (− 20 dB/Dek − 20 dB/Dek) = −40 dB/Dek. Die Zeitkonstante Tv befindet sich im Zähler des Gesamtfrequenzganges und hat differenzierende Wirkung, so dass die Steigung der Asymptote bei der Eckfrequenz ωE3 = 1 = 4 s −1 Tv um +20 dB/Dek geändert wird: (− 40 dB/Dek + 20 dB/Dek) = −20 dB/Dek. Somit ergibt sich der im Bild 5.9 gezeigte Verlauf der Asymptoten des Amplitudenganges. Um den wahren Verlauf des Amplitudenganges zu erreichen, sollen die Ordinaten bei jeder Eckfrequenz um ± ΔG = 3 dB korrigiert werden. Das Phasengang ergibt sich in ähnlicher Weise wie der Amplitudengang, wobei der folgende Zusammenhang zwischen Steigung des Amplitudenganges und dem Phasenwinkel im Bereich der kleinen ω - Werte bzw. bei ω T1 << 1 besteht: Gesamtfrequenzgang G0( jω) Steigung der Asymptote im Bereich der kleinen ω-Werte Phasenwinkel im Bereich der kleinen ω-Werte Ohne I-Anteil Mit I-Anteil Mit Doppel-I-Anteil 0 dB/Dek −20 dB/Dek −40 dB/Dek 0° −90° −180° 5.2 Darstellung in Reihe geschalteter Glieder im Bode-Diagramm G0 dB ωE1= 0,2 s-1 159 ωE3= 4 s-1 ωE2= 1 s-1 40dB 3dB − 20 dB Dek − 40 3dB 20dB dB Dek Amplitudengang − 20 Asymptoten 0 dB 0,1 Bild 5.9 dB Dek ω /s −1 1 Amplitudengang für Reihenschaltung G 0 ( s ) = K P1 K P2 K P3 (1 + sTv ) mit (1 + sT1 )(1 + sT2 ) KP1 = 2; KP2 = 4 und KP3 = 8, sowie T1 = 5 s; T2 = 1 s und Tv = 0,25 s Jede Änderung der Steigung der Asymptoten des Amplitudenganges um ΔG = ± 20 dB/Dek entspricht der Änderung des Phasenwinkels um Δϕ = ±90°. Bild 5.10 zeigt den Phasengang für eine Reihenschaltung von drei Gliedern mit der gesamten Übertragungsfunktion (5.32) nach dem Beispiel 5.1. ϕ 0° ωE1= 0,2 s-1 0,1 ωE2= 1 s-1 ωE3= 4 s-1 ω /s −1 1 − 45° Asymptoten − 90° Phasengang − 135° − 180° Bild 5.10 Phasengang für G 0 ( s ) = K P1 K P2 K P3 (1 + sTv ) (1 + sT1 )(1 + sT2 ) 160 5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren • Beispiel 5.2 Gegeben sind zwei in Reihe geschaltete Glieder mit den Übertragungsfunktionen x (s) K P1 G1 ( s ) = a1 = mit K P1 = 8 x e1 ( s ) 1 + sT1 + s 2T22 T1 = 7 s x (s) K I2 G2 ( s ) = a2 = xe2 ( s ) 1 + sT3 T3 = 0,5 s mit K P2 = 4 T22 = 10 s 2 Gesucht sind: a) der Amplituden- und der Phasengang der Reihenschaltung G0( jω ) = G1( jω ) G2( jω ). b) Für welche Kreisfrequenz ist ϕ(ω) = − 180°? Zu a) Zunächst muss G1( jω) (P-T2-Glied) untersucht werden, ob eine weitere Zerlegung in zwei P-T1-Strecken möglich ist. Die Dämpfung ist gleich: D= 7s α T1 = = = 1,105 > 1 . β 2T2 2 10 s 2 Folglich ist folgende Zerlegung möglich G1 ( s ) = G1 ( s ) = K P1 1 + sT1 + s 2T22 = K P1 1 ⋅ 1 + sTa 1 + sTb K P1 1 + s (Ta + Tb ) + s 2Ta Tb Durch Koeffizientenvergleich findet man T1 = Ta + Tb (5.30) T22 = Ta Tb . (5.31) Löst man die Gl. (5.30) und (5.31) nach Ta und Tb auf, so erhält man Ta = 2 s und Tb = 5 s . Es handelt sich hier um drei in Reihe geschaltete P-T1-Glieder mit den Eckfrequenzen ω E1 = 1 = 0,2 s -1 Tb ω E2 = 1 = 0,5 s -1 Ta ω E3 = 1 = 2 s -1 . T3 Wir zeichnen zunächst die Asymptoten, wie in Bild 5.11 gezeigt. Um den wahren Verlauf des Amplitudenganges zu erreichen, wird der Asymptotenverlauf bei jeder Eckfrequenz mit einem Korrekturwert von ± ΔG = 3 dB ergänzt. Beim Phasengang verläuft die Kurve tangentiell zu den Asymptoten und zwar durch die Mittelpunkte bei jeder Eckfrequenz. Dies folgt daraus, dass der Phasenwinkel bei jeder Eckfrequenz ωEk = 1/Tk beträgt ϕ k = arctan(ωEkTk ) = arctan(1) = 45°. 5.2 Darstellung in Reihe geschalteter Glieder im Bode-Diagramm G0 dB ωE3= 2 s-1 ωE2= 0,5 s-1 ωE1= 0,2 s-1 161 40dB dB 3dB − 20 Dek 3dB − 40 20dB dB Dek − 60 3dB 0 dB dB Dek 0,1 1 ω /s −1 0,1 1 ω /s −1 ϕ 0° − 45° − 90° − 135° − 180° − 225° ϕ = −180° − 270° Bild 5.11 Bode-Diagramm für G1 ( s ) = K P1 1 + sT1 + s 2T22 ⋅ K P2 1 + sT3 Zu b): Aus dem Bode-Diagramm folgt, dass der Phasenwinkel ϕ (ω) = − 180° bei der Kreisfrequenz von ca. ω = 1,1 s-1 erreicht wird. • Beispiel 5.3 Gegeben ist eine PID-Regeleinrichtung mit der Übertragungsfunktion 1 G R ( s ) = K PR 1 + + sTv sTn K PR = 20 ; Tn = 10 s ; Tv = 2 s . (5.32) 162 5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren Es soll das Bode-Diagramm der Regeleinrichtung GR(jω) ermittelt werden. Hierzu bringen wir Gl. (5.32) zunächst auf einen gemeinsamen Nenner und zerlegen anschließend den Zähler in zwei Linearfaktoren (s.a. Abschnitt 4.3.6). GR ( s) = K PR 1 + sTn + s 2TnTv , sTn (5.33) GR ( s) = K PR (1 + sTn′ )(1 + sTv′ ) . sTn (5.34) Durch Koeffizientenvergleich der beiden Zähler von (5.33) und (5.34) erhalten wir: Tn = Tn′ + Tv′ , (5.35) Tn Tv = Tn′ ⋅ Tv′ . (5.36) Lösen wir (5.35) und (5.36) nach Tn′ und Tv′ , so finden wir Tn′ = (5 + 5 ) s = 7,24 s Tv′ = (5 − 5 ) s = 2,76 s . In der in Gl. (5.34) gefundenen Form lässt sich das Bode-Diagramm des Gesamtfrequenzganges in einfacher Weise konstruieren. Die Eckfrequenzen sind: ωEn = 1 1 = = 0,138 s-1 Tn′ 7,24 ωEv = 1 1 = = 0,362 s-1. Tv′ 2,76 Wir zeichnen zunächst die Asymptoten des Amplitudenganges. Da der Gesamtfrequenzgang einen I-Anteil besitzt, hat die Asymptote des Amplitudenganges im Bereich der kleinen ω Werte, d. h. bei ω << ωEn , die negative Steigung −20 dB/Dek und schneidet die ω - Achse bei ω0 = K I0 = K PR 20 = = 2 s-1 Tn 10 Bei der ersten Eckfrequenz ωEn ändert sich die Steigung der nächsten Asymptote gegenüber der vorherigen um +20 dB/Dek, da sich die Zeitkonstante T´n im Zähler der Übertragungsfunktion (5.34) befindet. Somit beträgt die resultierende Steigung der Asymptote des Amplitudenganges zwischen Kreisfrequenzen ωEn und ωEv den folgenden Wert: (− 20 dB/Dek + 20 dB/Dek) = 0 dB/Dek. Bei der Eckfrequenz ωEv ändert sich die Steigung der Asymptote gegenüber der vorherigen wieder um +20 dB/Dek, da sich die Zeitkonstante T´v auch im Zähler der Übertragungsfunktion (5.34) befindet. Die resultierende Steigung der Asymptote nach der Kreisfrequenz ωEv ist: (0 dB/Dek + 20 dB/Dek) = 20 dB/Dek. Der Phasengang fängt bei ϕ = − 90° an, weil die Übertragungsfunktion (5.34) einen I-Anteil hat. Im weiteren Verlauf werden die Asymptoten des Phasenganges genauso wie beim Amplitudengang geändert, indem jede Amplitudenänderung von 20 dD/Dek einer Phasenänderung 5.3 Numerische Berechnung des Bode-Diagramms 163 von 90° entspricht. Das resultierende Bode-Diagramm ist im Bild 5.12 dargestellt. Wie Bild 5.12 zeigt, wird ϕ (ω0) = 0° bei ω0 = G 1 Tn T v dB = 0,223 s -1 und ωEn = 60dB 1 = 0,138 s−1 Tn′ G R ( jω 0 ) = K PR . ωEv = 1 = 0,362 s−1 Tv′ −20 dB/Dek 40dB +20 dB/Dek 20dB KI0 = 2 s−1 0 dB 0,01 1,0 0,1 ω, s-1 + 90° ϕ(ω) 0° ϕ (ω0 ) = 0° − 90° Bild 5.12 Bode-Diagramm eines PID-Gliedes mit KPR = 20; Tn = 10 s; Tv = 2 s. 5.3 Numerische Berechnung des Bode-Diagramms Die in den Abschnitten 5.2.1 bis 5.2.2 behandelten graphischen Verfahren zur Ermittlung des Amplituden- und Phasenganges verliert mit dem Fortschreiten der Computerentwicklung an Bedeutung. So können die in diesem Kapitel gebrachten Beispiele 5.1, 5.2, 5.3 ohne Schwierigkeiten mit einem programmierbaren Taschenrechner gelöst werden. Die Übertragungsfunktion bzw. der Frequenzgang muss hierzu nicht in Linearfaktoren zerlegt vorliegen, sondern es genügt die Polynomform von Zähler und Nenner. Dies ist besonders wichtig bei Regelkreisen, die innere Schleife aufweisen. Zur numerischen Berechnung des Amplituden- und Phasenganges ist die Übertragungsfunktion in die folgende standardisierte Form zu bringen G0 ( s ) = Z ( s ) − sTt ⋅e N ( s) (5.37) mit den Polynomen Z ( s ) = bm s m + bm −1s m-1... + b1s + b0 , (5.38) 164 5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren N ( s) = an s n + an −1s n −1... + a1s + a0 . (5.39) Substituieren wir in Gl. (5.37) s durch jω , so folgt der Frequenzgang G0 ( jω ) = Z ( j ω ) − j ω Tt ⋅e . N ( jω ) (5.40) Das Zähler- und das Nennerpolynom werden in Real- und Imaginärteil zerlegt Z ( jω ) = Re ( Z ) + j ⋅ Im ( Z ) , N ( jω ) = Re ( N ) + j ⋅ Im ( N ) . Infolge e − jωTt = 1 errechnen sich der Betrag und die Phase von G0( jω) zu Re 2 ( Z ) + Im 2 ( Z ) G 0 ( jω ) = (5.41) Re 2 ( N ) + Im 2 ( N ) ϕ0 ( jω ) = arctan Im ( Z ) Im ( N ) − arctan − ω Tt Re ( Z ) Re ( N ) (5.42) Der wirksame Einsatz des in Kapitel 12 beschriebenen Simulationsprogramm MATLAB soll im folgenden Beispiel eines drehzahlgeregelten Gleichstrommotors mit unterlagerter Stromregelung demonstriert werden. • Beispiel 5.4 Zur Ermittlung der Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Drehzahlregelkreises wird der Wirkungsplan 5.13 so umgezeichnet, dass sich getrennte Schleifen ergeben. Gegenüber Bild 5.13 ist in Bild 5.14 die Verzweigung der Stromrückführung nach rechts an den Ausgang verlegt. Die zusätzliche Integration wird durch das Differenzierglied GD(s) wieder rückgängig gemacht. Aus Bild 5.14 folgt für den aufgeschnittenen Drehzahlregelkreis G0 ( s ) = G1 ( s ) G2 ( s) G t ( s ) G M ( s ) x( s ) = e( s ) 1 + G 2 ( s ) G t ( s ) G M ( s ) G D ( s ) mit G M ( s ) = KA . sTM (1 + sT A ) + K1 K A (5.43) (5.44) Durch Einsetzen der entsprechenden Übertragungsfunktionen in Gl. (5.43) erhalten wir: 1 + sTn1 1 + sTn2 ⋅ K P2 sTn1 sTn2 Kt 1 + sTn2 1 + K P2 ⋅ sTn2 1 + sTt K P1 G0 ( s ) = G0 ( s ) = Kt KA ⋅ 1 + sTt K1 K A + sTM (1 + sT A ) KA ⋅ ⋅ sTM K1 K A + sTM (1 + sT A ) ⋅ K P1 K P2 K t K A (1 + sTn1 )(1 + sTn2 ) . (5.45) sTn1{sTn2 (1 + sTt ) [ K1 K A + sTM (1 + sT A )] + K P2 K t K A sTM (1 + sTn 2 )} 5.3 Numerische Berechnung des Bode-Diagramms 165 K1 w + KP1, Tn1 KP2, Tn2 e Kt, Tt − KA, TA iA TM x + + − Drehzahl- − Stromregler regler KP1 = 50 KP2 = 1 Kt = 18 KA = 0,3 K1 = 10 Tn1 = 0,7 s Tn2 = 0,01 s Tt = 0,005 s TA = 0,012 s TM = 0,44 s Bild 5.13 Wirkungsplan eines drehzahlgeregelten Gleichstrommotors mit unterlagerter Stromregelung GM K1 w + KP1, Tn1 KP2, Tn2 e − G1 + − G2 Kt, Tt Gt − KA, TA iA TM x + TM GD Bild 5.14 Wirkungsplan mit der an den Ausgang gelegten Verzweigungsstelle der Stromrückführung Mit den Abkürzungen: b0 = K P1 K P2 K t K A = 270 b1 = b0 ⋅ (Tn1 + Tn2 ) = 191,7 s b2 = b0 ⋅ Tn1Tn2 = 1,89 s 2 a 0 = a1 = 0 a 2 = Tn1 K A (Tn2 K1 + TM K P2 K t ) = 1,6842 s 2 a 3 = Tn1Tn2 [TM (1 + K P2 K t K A ) + Tt K1 K A ] = 1,9817 ⋅ 10 −2 s 3 a 4 = Tn1Tn2TM (Tt + TA ) = 5,236 ⋅ 10 −5 s 4 a 5 = Tn1Tn2TM TA Tt = 1,8484 ⋅ 10 −7 s 5 166 5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren wird Gl. (5.45) in die zur numerischen Berechnung erforderliche Form gebracht und wir erhalten G0 ( s ) = b2 s 2 + b1 s + b0 x( s ) = . e( s ) a 5 s 5 + a 4 s 4 + a 3 s 3 + a 2 s 2 + a1 s + a 0 (5.46) Die Modellbildung mittels MATLAB erfolgt mit der Übertragungsfunktion „tf“ (Transfer Function): G = tf ( [Zählerkoeffizienten], [Nennerkoeffizienten]); wobei sowohl die Zähler- als auch die Nennerkoeffizienten, beginnend mit dem der höchsten Potenz, durch ein Leerzeichen getrennt, aufgelistet werden. Somit folgt für das vorliegende Beispiel: G = tf ([1.89 191.7 270], [1.848E−7 5.236E−5 1.9817E−2 1.6842 0 0]) plot(222); grid on; bode (G,{0.1, 1000}) Der letzte Befehl enthält in der geschweiften Klammer den Frequenzbereich bode(G, { ωmin, ωmax } ) Bild 5.15 zeigt den Amplituden- und Phasenverlauf. Bild 5.15 Bode-Diagramm des offenen Drehzahlregelkreises nach Bild 5.13 167 6 Stabilitätskriterien In Kapitel 4 wurden verschiedene Regeleinrichtungen mit einfachen Regelstrecken zu Regelkreisen zusammengeschaltet und deren Führungs- und Störverhalten untersucht. Die dort behandelten Systeme waren so ausgesucht, dass der geschlossene Kreis höchstens von 2. Ordnung war. Mit Hilfe der Führungs- bzw. Störübertragungsfunktion und der Dämpfung D wurde gezeigt, dass für D > 0 stets Stabilität vorliegt, d. h., dass die Regelgröße nur Schwingungen mit abklingender Amplitude ausführen kann und nach beendetem Einschwingvorgang einen Beharrungszustand erreicht. Bei Strecken höherer Ordnung liegen die Dinge nicht mehr so einfach. So kann es bei falsch eingestellten Kenngrößen der Regeleinrichtung zur Instabilität kommen. Wird ein solch instabiler Regelkreis durch eine auftretende Störung angestoßen, so führt die Regelgröße Schwingungen aus, die sich zu immer größeren Amplituden aufschaukeln. Diese Erscheinung ist höchst unerwünscht und kann u. U. zur Zerstörung der Anlage führen. Neben dieser als oszillatorische Instabilität bezeichneten kennt man noch die monotone Instabilität. Unter Letzterer versteht man das gleichförmige Anwachsen bzw. Abnehmen der Regelgröße nach Auftreten einer Störung, bis es z. B. durch Anschläge zur Ruhe kommt. Die Stabilität eines Regelkreises wird bestimmt: • • durch die Eigenschaften der Regelstrecke, durch die Kenngrößen der Regeleinrichtung. Bei einem strukturstabilen Regelkreis ist es immer möglich, durch geeignete Einstellung der Kenngrößen der Regeleinrichtung einen stabilen Regelverlauf zu erreichen, im Gegensatz zu strukturinstabilen Systemen. In Abschnitt 4.3.2.2 wurde bereits gezeigt, dass eine integrale Regelstrecke, die mit einer integralen Regeleinrichtung einen Regelkreis bildet, grundsätzlich instabil (strukturinstabil) ist. Im Folgenden werden ausschließlich strukturstabile Regelkreise behandelt. Zweck der Stabilitätsbetrachtung ist es, bei gegebener Regelstrecke die am besten geeignete Regeleinrichtung festzulegen und bei auftretender Instabilität zu erkennen, welche Kenngrößen geändert werden müssen, um stabile Verhältnisse zu schaffen. So kann die Erhöhung der Verstärkung der Regeleinrichtung bei einer P-Strecke 1. Ordnung zur Erzielung einer möglichst geringen Regeldifferenz durchaus sinnvoll sein. Bei einer P-Strecke 3. Ordnung wird, wie die Stabilitätskriterien zeigen, mit zunehmender Verstärkung die Neigung zur Instabilität größer. Es sind eine Reihe von Stabilitätskriterien bekannt, von denen einige wichtige behandelt werden sollen. Mathematisch gesehen, sind diese Kriterien alle äquivalent, denn alle betrachten die homogene Differentialgleichung bzw., den Kreisfrequenzgang des Regelkreises rechnerisch oder graphisch und lassen sich ineinander überführen. In der Praxis jedoch haben die einzelnen Stabilitätskriterien ihre speziellen Vor- und Nachteile, so dass die Wahl des anzuwendenden Kriteriums von der Problemstellung abhängt. S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_6, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2014 168 6 Stabilitätskriterien 6.1 Stabilitätskriterium nach Hurwitz In Abschnitt 4.2 wurde anhand des Wirkungsplanes 4.9 für den geschlossenen Regelkreis mit Gl. (4.13) die folgende Beziehung abgeleitet x( s )[1 + G R ( s )GS ( s )] = G R ( s )GS ( s ) ⋅ w( s ) + GS ( s ) ⋅ z ( s ) oder 1 x( s ) + G R ( s ) = G R ( s ) ⋅ w( s ) + z ( s ) . GS ( s ) (6.1) GR(s) und GS(s) sind die Übertragungsfunktionen von Regeleinrichtung und Regelstrecke. Für eine Strecke m-ter Ordnung lautet die Übertragungsfunktion GS ( s ) = K PS x( s ) . = m m y ( s ) s Tm + ... + s 2T 2 + sT1 + 1 2 (6.2) Nehmen wir zur Regelung eine PID-Regeleinrichtung, so ist s 2Tn Tv + sTn + 1 y ( s) 1 . = K PR 1 + + sTv = K PR GR (s) = R e( s ) sTn sTn (6.3) Mit (6.2) und (6.3) in (6.1) folgt s m Tmm + ... + s 2 T 2 + sT1 + 1 s 2 Tn Tv + sTn + 1 2 x( s ) + K PR K PS sTn = K PR s 2 Tn Tv + sTn + 1 w( s ) + z ( s ) . sTn (6.4) Multiplizieren wir (6.4) mit s⋅Tn⋅KPS und ordnen nach Potenzen von s, so erhalten wir [ s m +1 Tn Tmm + ... + s 3 Tn T22 + s 2 Tn (T1 + Tv K PR K PS ) + s Tn (1 + K PR K PS ) am +1 a2 a3 a1 (6.5) + K PR K PS ] x ( s) = [ s 2 Tn Tv K PR K PS + s Tn K PR K PS + K PR K PS ]w( s ) + sTn K PS z ( s ). a0 b2 b1 b0 c1 Mittels Differentiationssatz und den obigen Abkürzungen finden wir im Zeitbereich die Differentialgleichung des geschlossenen Kreises (mit n = m + 1): a n x ( n) (t ) + ... + a3 xa (t ) + a 2 xa (t ) + a1 x a (t ) + a 0 x a (t ) (t ) + b1 w (t ) + b0 w(t ) + c1 z(t ). = b2 w (6.6) In den Abschnitten 3.3 und 3.5 wurde gezeigt, dass bei einer Strecke 2. Ordnung das dynamische Verhalten (gedämpfte oder aperiodische Schwingungen) durch den Auf- 6.1 Stabilitätskriterium nach Hurwitz 169 bau der homogenen Differentialgleichung bzw. durch die Polverteilung der Übertragungsfunktion bestimmt ist. Ebenso wird die Frage der Stabilität bzw. der Instabilität eines Regelkreises von der Struktur der homogenen Differentialgleichung beschrieben und ist unabhängig von der Art der Eingangsgrößen w(t) und z(t). Es genügt die Untersuchung der homogenen Differentialgleichung oder der charakteristischen Gleichung. Erstere folgt aus Gl. (6.6) zu an x ( n ) (t ) + ... + a2 xa (t ) + a1 xa (t ) + a0 xa (t ) = 0 . (6.7) Die charakteristische Gleichung ist identisch mit dem gleich Null gesetzten Nennerpolynom von Gw(s) bzw. Gz(s) und folgt mit w(s) = 0 und z(s) = 0 aus Gl. (6.5) oder aus Gl. (6.7) durch Laplace-Transformation an s n + an -1s n −1... + a3s 3 + a2 s 2 + a1 s + a0 = 0 . (6.8) Nach dem Fundamentalsatz der Algebra hat die Gl. (6.8) n Lösungen, wobei die Wurzeln (reell, imaginär oder komplex) in der s-Ebene dargestellt werden können. Ferner wissen wir, dass komplexe Wurzeln immer konjugiert auftreten. Ist der Realteil einer Wurzel positiv, so liegt diese in der rechten s-Halbebene und das System ist instabil. Ein Regelkreis mit einer charakteristischen Gleichung 2. Grades, für die an,..., a3 = 0 gilt, ist immer stabil. Dies gilt nur unter der Voraussetzung, dass die Koeffizienten a2, a1, a0 alle vorhanden sind und gleiches Vorzeichen besitzen. So führt z. B. die Zusammensetzung zweier I-Glieder zu einem Regelkreis (Abschnitt 4.3.2.2) zu einer Differentialgleichung 2. Ordnung, in der der Koeffizient a1 fehlt. Es soll nun für einen Regelkreis, bestehend aus einer Strecke 2. Ordnung und einer PID-Regeleinrichtung, die charakteristische Gleichung näher untersucht werden. Aus Gl. (6.5) folgt für Tm,..., T3 = 0 a 3 s 3 + a 2 s 2 + a1 s + a 0 = 0 . (6.9) Zur Lösung verwenden wir den Ansatz s = α ± jω . (6.10) Ein solches Polpaar ergibt eine Schwingung, die gedämpft, aufklingend oder von konstanter Amplitude sein kann. • Für α < 0 wird für t→∞ xˆ (∞ ) = 0 (abklingende Schwingung), • Für α > 0 wird für t→∞ x̂(∞) = ∞ (aufklingende Schwingung), • Für α = 0 ergibt sich eine Dauerschwingung x̂ = konstant. Setzen wir Gl. (6.10) in (6.9) ein, so folgt: a 3 (α 3 ± jω3α 2 − 3αω 2 # jω3 ) + a 2 (α 2 ± jω2α − ω 2 ) + a1 (α ± jω) + a 0 = 0. (6.11) Zur Erfüllung dieser Gleichung muss sowohl der Real- als auch der Imaginärteil Null sein. 170 6 Stabilitätskriterien Re : a3 (α 3 − 3αω 2 ) + a2 (α 2 − ω 2 ) + a1α + a0 = 0 a3α 3 + a2α 2 + a1α + a0 = ω 2 (3a3α + a2 ) . (6.12) Im : # a3ω ± ω (3a3α + 2a2α + a1 ) = 0 3 ω2 = 2 3a3α 2 + 2a2α + a1 . a3 (6.13) Mit (6.13) in (6.12) folgt: a32α 3 + a2 a3α 2 + a1a3α + a0 a3 = (3a3α 2 + 2a2α + a1 )(3a3α + a2 ) bzw. a1a2 − a0 a3 = −8a32α 3 − 8a2 a3α 2 − 2a22α − 2a1a3α a1a2 − a0 a3 = −2α [4a32α 2 + 4a2 a3α + a22 + a1a3 ] (6.14) a1a2 − a0 a3 = −2α [(2a3α + a2 ) 2 + a1a3 ] . Unter der Voraussetzung, dass alle Koeffizienten positiv sind, kann man aus Gl. (6.14) folgende Bedingungen ableiten: • Ist a1a 2 − a 0 a 3 > 0 , so ist α negativ (abklingende Schwingung, der Kreis ist stabil). • Für a1a 2 − a 0 a 3 = 0 ist α = 0 (Fall der Dauerschwingung, Stabilitätsgrenze). • Ist a1a 2 − a 0 a3 < 0 , so ist α > 0 (aufklingende Schwingung, der Kreis ist instabil). Dieser Zusammenhang lässt sich durch eine Determinante D ausdrücken. a 3 > 0 stabil = 0 Stabilitätsgrenze a 2 < 0 instabil. a1 D= a0 (6.15) Hurwitz hat nun die Abhängigkeit der Stabilität von den Koeffizienten an, ..., a1, a0 abgeleitet und in Form der so genannten Hurwitz-Determinante, dargestellt, die den folgenden Aufbau hat: D= a1 a3 a5 a7 ... a0 a2 a4 a6 ... 0 a1 a3 a5 ... 0 a0 a2 a4 ... 0 0 a1 a3 ... 0 . 0 . a0 . a2 . ... ... Die Determinante hat stets n Zeilen und n Spalten, wobei n der Grad der charakteristischen Gleichung ist. Die erste Zeile wird durch die Koeffizienten mit ungeraden Indizes a1, a3, a5,... gebildet. Die zweite Zeile enthält die Koeffizienten mit geraden Indizes a0, a2, a4, ... . Die dritte bzw. vierte Zeile entspricht der ersten bzw. zweiten Zeile nur um eine Spalte nach rechts verschoben. (6.16) 6.1 Stabilitätskriterium nach Hurwitz 171 Nach dem Hurwitz-Kriterium müssen für die Stabilität eines Regelkreises folgende Bedingungen erfüllt sein: a) Für ein System n-ter Ordnung müssen alle Koeffizienten an, ... a0 vorhanden sein und alle positives Vorzeichen besitzen. b) Die aus den Koeffizienten an, ... a0 gebildete Determinante sowie die in Gl. (6.16) gestrichelt umrandeten Unterdeterminanten müssen größer als Null sein. Für eine charakteristische Gleichung 3. Grades (n = 3), erhält man a1 a3 0 D = a0 a2 0 = a1a 2 a3 − a 0 a32 . 0 a1 a3 Daraus folgt für ein stabiles System mit a1 > 0 und a3 > 0 a1a2 − a0 a3 > 0 (stabil). (6.17) Dieses Ergebnis ist identisch mit der zuvor abgeleiteten Beziehung (6.15). Für eine Differentialgleichung 4. Ordnung (n = 4) folgt: 0 0 a0 a2 a4 0 0 a1 a3 0 0 a0 a2 a4 a1 a3 D= a1 = a4 a0 0 a3 a2 0 a4 , a1 a3 D = a 4 (a1a 2 a 3 − a 0 a32 − a12 a 4 ) (6.18) und bei Stabilität (für a4 > 0) a1a 2 a 3 − a 0 a 32 − a12 a 4 > 0 . (6.19) Für eine charakteristische Gleichung 5. Grades (n = 5) folgt aus Gl. (6.16) D= a1 a3 a5 0 0 a0 a2 a4 0 0 0 a1 a3 a5 0 0 a0 a2 a4 0 0 0 a1 a3 a5 . Der Faktor a5 in der 5. Zeile und 5. Spalte kann unberücksichtigt bleiben wie in Gl. (6.18). Es verbleiben nur noch die ersten vier Zeilen und Spalten. Entwickeln wir diese nach der 4. Spalte, so folgt: 172 6 Stabilitätskriterien a1 D = a 5 − a 5 a 0 0 a3 a5 a1 a3 a2 a0 a4 + a 4 a0 0 a2 a2 a1 a5 a4 a3 D = a5 [−a5 (a1a 22 + a 02 a5 − a 0 a 2 a3 − a 0 a1a 4 ) + a 4 (a1a 2 a 3 + a 0 a1a 5 − a12 a 4 − a 0 a32 )] . Nach einer Zwischenrechnung erhält man bei Stabilität (a 0 a3 − a1a 2 )(a 2 a5 − a3 a 4 ) − (a 0 a5 − a1a 4 ) 2 > 0 . • (6.20) Beispiel 6.1 Gegeben ist ein Regelkreis, bestehend aus einer P-T2-Strecke und einer PI-Regeleinrichtung mit den folgenden Übertragungsfunktionen GS ( s ) = 1 . und G R ( s ) = K PR 1 + sTn + sT1 + 1 K PS s 2 T22 KPS T1 2 T2 KPR = 0,5 = 30 s 2 = 200 s = 10 Tn = 4 s Gesucht: a) Ist der Regelkreis stabil? b) Auf welchen Wert müsste Tn vergrößert werden, um die Stabilitätsgrenze zu erreichen? e) Bei gleicher Nachstellzeit wie unter a) soll durch Hinzunahme eines D-Anteils die Stabilitätsgrenze erreicht werden. Wie groß muss Tv gemacht werden? Zu a) Aus Gl. (6.1) wurde die Differentialgleichung des geschlossenen Regelkreises entwickelt. Die für die Stabilitätsuntersuchung maßgebende charakteristische Gleichung entspricht der linken Seite von Gl. (6.1): 1 x( s ) + G R ( s ) = 0 GS ( s ) bzw. 1 + G R ( s ) = 0. GS ( s ) (6.21) Durch Einsetzen der gegebenen Übertragungsfunktionen GR(s) und GS(s) in Gl. (6.21) folgt: s 3 Tn T22 + s 2 Tn T1 + sTn (1 + K PR K PS ) + K PR K PS = 0 . , a3 a2 a1 a0 Für die Koeffizienten ergeben sich folgende positive Werte: a3 = TnT22 = 800 s3 ; 2 a2 = TnT1 = 120 s ; a1 = Tn (1 + K PR K PS ) = 24 s; a0 = K PR K PS = 5. 6.1 Stabilitätskriterium nach Hurwitz 173 Die Hurwitz-Determinante für eine charakteristische Gleichung 3. Grades, die wir bereits abgeleitet haben, führt zu D = a3 (a1a2 − a0 a3 ) bzw. a1a2 − a0 a3 = 2880 s3 − 4000 s3 = −1120 s3 . D < 0, d. h. der Regelkreis ist instabil. Zu b) An der Stabilitätsgrenze ist D = 0 bzw. a1a 2 = a 0 a3 Tn2T1 (1 + K PR K PS ) = TnT22 K PR K PS Tn = T22 K PR K PS 1000 s 2 = = 5,55 s . T1 (1 + K PR K PS ) 30 s ⋅ 6 Für Tn > 5,55 s ist der Regelkreis stabil. Dies ist noch keine Aussage über die Regelgüte. So würde z. B. für Tn = 6 s die Dämpfung des Systems immer noch zu gering sein. Zu c) Durch den zusätzlichen D-Anteil erhält die charakteristische Gleichung folgende Form: s 3Tn T22 + s 2 Tn (T1 + Tv K PR K PS ) + sTn (1 + K PR K PS ) + K PR K PS = 0 . Durch Nullsetzen der entsprechenden Kenngrößen folgt dies auch aus. Gl. (6.5). Gegenüber a) hat sich lediglich der Koeffizient a2 geändert. a 2 = Tn (T1 + Tv K PR K PS ). An der Stabilitätsgrenze ist wieder D = 0 bzw. a1a 2 = a 0 a3 Tn (T1 + Tv K PR K PS ) = Tv = 1 K PR K PS K PR K PST22 1 + K PR K PS K PR K PST22 − T1 = 2,33 s . T ( 1 + K K ) PR PS n Für Tv > 2,33 s ist der Regelkreis stabil. Die Kreisfrequenz, mit der die Regelgröße an der Stabilitätsgrenze schwingt, erhält man aus Gl. (6.12) bzw. (6.13), denn im Fall der Dauerschwingung ist α = 0. Aus Gl. (6.12) folgt für α = 0 ω2 = a0 a2 174 6 Stabilitätskriterien und aus Gl. (6.13) ω2 = a1 a3 ω= a0 = a2 a1 = 3 ⋅10 −1 s -1 = 0,173 s -1 . a3 Abschließend kann gesagt werden, dass bei einer P-T2-Strecke die Stabilität durch Vergrößern von Tn und Tv vergrößert wird, d. h. Verkleinerung des I- und Vergrößerung des D-Anteils. X Aufgabe 6.1 Eine P-T3-Strecke mit K PS GS ( s ) = (1 + sT1 ) 3 wird von einer P-Regeleinrichtung geregelt. G R ( s ) = K PR Gesucht: a) Für welches KPR = KPRkr wird der Kreis instabil? b) Wie groß ist dann die mittlere bleibende Regeldifferenz e(∞) für w(t) = w0⋅σ(t)? c) Mit welcher Frequenz ω = ω kr schwingt die Regelgröße an der Stabilitätsgrenze? 6.2 Stabilitätskriterium nach Nyquist Der vorangegangene Abschnitt hat gezeigt, dass das Hurwitz-Kriterium relativ einfach zu handhaben ist. Es versagt jedoch, wenn der Regelkreis ein Totzeitglied enthält, das nicht durch eine gewöhnliche Differentialgleichung beschrieben werden kann. In diesem Fall wird die charakteristische Gleichung transzendent und die Anwendung des Hurwitz-Kriteriums ist nur näherungsweise möglich, wenn der Term e − sTt in eine Potenzreihe entwickelt wird. Demgegenüber ist das Nyquist-Kriterium universeller und schließt die Untersuchung von Totzeitsystemen mit ein. Zur Herleitung des Nyquist-Kriteriums betrachten wir den in Bild 6.1 gezeigten Regelkreis, dessen Führungs- und Störübertragungsfunktion bereits in Abschnitt 4.2 mit G R ( s )GS ( s ) G0 ( s ) und = 1 + G R ( s )GS ( s ) 1 + G0 ( s ) (6.22) GS ( s ) GS ( s ) = 1 + G R ( s )GS ( s ) 1 + G 0 ( s ) (6.23) G w (s) = G z ( s) = abgeleitet wurden. Hierin ist die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises: G 0 ( s ) = G R ( s )GS ( s ) . (6.24) 6.2 Stabilitätskriterium nach Nyquist z(s) + yR(s) y(s) e(s) w(s) + − GR(s) + GS(s) 175 x(s) Bild 6.1 Wirkungsplan des Regelkreises Die charakteristische Gleichung des geschlossenen Systems folgt durch Nullsetzen des Nenners von (6.22) bzw. (6.23) zu 1 + G0 ( s ) = 0 . (6.25) Maßgebend für die Stabilität eines Systems ist, dass alle Nullstellen von [1 + G0(s)], die identisch sind mit den Polen von Gw(s) bzw. Gz(s), in der linken s-Halbebene liegen. Das Nyquist-Kriterium betrachtet den Verlauf der Ortskurve von [1 + G0( jω)], die durch Parallelverschiebung von G0( jω) um + 1 in positiv reeller Richtung entsteht. Wie Bild 6.2 zeigt, kann man für die Ortskurve [1 + G0( jω)] den Punkt (- 1, j0) als neuen Ursprung betrachten. Nach Nyquist ist die Winkeländerung des Zeigers [1 + G0( jω)] im Bereich ω = 0 ... ∞ bei Stabilität abhängig von der Polverteilung von G0( jω), wie in Abschnitt 6.2.2 gezeigt werden wird. Im −1 1 ω=∞ ω=0 G0(jω) 1+G0(jω) ω Re Bild 6.2 Zusammenhang zwischen G0(jω) und [1+G0(jω)] 6.2.1 Graphische Ermittlung der Ortskurve bei gegebener PolNullstellenverteilung Gegeben sei die Übertragungsfunktion G0(s) in Linearfaktoren G0 ( s ) = K ⋅ ( s − s n1 )( s − s n2 )( s − s n3 ) ⋅ ⋅ ⋅ . ( s − s P1 )( s − s P2 )( s − s P3 ) ⋅ ⋅ ⋅ (6.26) Die in Gl. (6.26) expliziten Pole und Nullstellen lassen sich, wie in Bild 6.3 gezeigt, in der s-Ebene darstellen. Betrachten wir den Frequenzgang von Gl. (6.26), so wird G0 ( jω ) = K ( jω − s n1 )( jω − s n2 )( jω − s n3 ) ⋅ ⋅ ⋅ . ( jω − s P1 )( jω − s P2 )( jω − s P3 ) ⋅ ⋅ ⋅ (6.27) Für einen bestimmten ω - Wert stellt jeder der Linearfaktoren in Gl. (6.27) einen 176 6 Stabilitätskriterien jω jω − sP1 jω − sn1 ϕP1 jω − sP2 ϕn1 jω sP1 σ ϕP2 Bild 6.3 Pol-Nullstellenverteilung in der s-Ebene Zeiger dar, der von dem betreffenden Pol bzw. der Nullstelle zum Punkt jω auf der ima-ginären Achse zeigt. Die Länge des Zeigers entspricht dem Betrag des Linearfaktors, und die Phasenverschiebung ist der Winkel, den der Zeiger mit der positiv reellen Achse einschließt. Gl. (6.27) erhält dann die Form G0 ( jω ) = K jω − s n1 jω − s n2 jω − s n3 ⋅ ⋅ ⋅ j (ϕ n1+...−ϕ p1−...) . e jω − s p1 jω − s p2 jω − s p3 ⋅ ⋅ ⋅ (6.28) Der Betrag des resultierenden Zeigers an die Ortskurve G0( jω) ergibt sich durch Multiplikation bzw. Division der einzelnen Zeigerlängen jω − s ni bzw. jω − s pi und dem Faktor K. Entsprechend erhalten wir den resultierenden Phasenwinkel durch Addition bzw. Subtraktion der ϕni(ω) bzw. ϕpi(ω). Zu jedem ω - Wert lässt sich so der Zeiger an die Ortskurve G0( jω) graphisch bestimmen, dessen Endpunkt beim Durchlaufen von ω = 0 ... ∞ die Ortskurve beschreibt. Bei der Anwendung des Nyquist-Kriteriums interessiert die gesamte Winkeländerung Δϕ, die der Zeiger beim Durchlaufen der Ortskurve von [1+ G0( jω)] im Bereich 0 ≤ ω ≤ ∞ zurücklegt. Diese gesamte Winkeländerung ergibt sich ebenfalls aus der Summe der Winkeländerungen, hervorgerufen durch die einzelnen Pole und Nullstellen. In Bild 6.4 sind die Winkeländerungen für den Fall dargestellt, dass die Nullstelle links bzw. rechts der imaginären Achse liegt. Nullstellen auf der imaginären Achse werden im Anschluss behandelt. jω jω Δϕ sn Δϕ = + π 2 σ Δϕ1 jω Δϕ1 sn1 Δϕ sn Δϕ = − jω π 2 sn1 σ σ sn2 Δϕ2 Δϕ = Δϕ1 + Δϕ 2 = +π σ Δϕ2 sn2 Δϕ = Δϕ1 + Δϕ 2 = −π Bild 6.4 Winkeländerung Δϕ in Abhängigkeit von der Lage der Nullstellen 6.2 Stabilitätskriterium nach Nyquist 177 Wie Bild 6.4a) und b) zeigt, bewirkt eine Nullstelle links der imaginären Achse eine Winkeländerung von Δϕ = +π/2 und eine Nullstelle rechts der imaginären Achse ein Δϕ = −π/2 (im mathematischen Drehsinn), wenn ω = 0 ... ∞ geändert wird. Betrachten wir nun das konjugiert komplexe Nullstellenpaar in Bild 6.4c) und d), so wird bei negativem Realteil insgesamt eine Winkeländerung Δϕ = Δϕ1 + Δϕ2 = +π bewirkt und bei positivem Realteil Δϕ = Δϕ1 + Δϕ2 = - π. Da komplexe Nullstellen nur konjugiert auftreten, können wir generell pro Nullstelle mit einer Winkeländerung Δϕ = +π/2, bei negativem Realteil und Δϕ = −π/2, bei positivem Realteil rechnen. Für Polstellen gelten in Bild 6.4 die umgekehrten Vorzeichen, Es ist nun noch der Fall einer Nullstelle bzw. eines Poles auf der imaginären Achse nachzutragen. Betrachten wir hierzu die beiden Übertragungsfunktionen: G1 ( s ) = K 1 + sT1 (6.29) und G 2 ( s) = K n ( sT1 ) (1 + sT1 ) . (6.30) Der Phasenwinkel des Frequenzganges zu Gl. (6.29) lautet ϕ1 (ω ) = − arctan(ω T1 ) . (6.31) Daraus folgt: ϕ1 (ω = 0) = 0 ϕ1 (ω = ∞) = − π 2 und Δϕ1 = ϕ1 (ω = ∞) − ϕ1 (ω = 0) = − π 2 . Für den Frequenzgang zu Gl. (6.30) erhalten wir den Phasenwinkel π ⋅ n − arctan(ω T1 ) . 2 ϕ 2 (ω ) = − (6.32) Aus Gl. (6.32) folgt π ⋅n. 2 ϕ 2 (ω = 0) = − π π ⋅ n − und 2 2 ϕ 2 (ω = ∞) = − Δϕ 2 = ϕ 2 (ω = ∞) − ϕ 2 (ω = 0) = − π 2 . 178 6 Stabilitätskriterien Das Ergebnis zeigt, dass die gesamte Winkeländerung Δϕ unabhängig ist von der Anzahl der Pole auf der imaginären Achse. Pole auf der imaginären Achse verändern zwar den Verlauf der Ortskurve, in dem die Anfangslage des Zeigers pro Pol um −π/2 gedreht wird, sie haben jedoch keinen Einfluss auf die gesamte Winkeländerung Δϕ. Bezeichnen wir die Nullstellen mit sni, so erhalten wir zusammenfassend das folgende Ergebnis: π + 2 Δϕ ni = 0 π − 2 für Re( s ni ) < 0 für Re( s ni ) = 0 (6.33) für Re( s ni ) > 0. Für Pole gelten in Gl. (6.33) die umgekehrten Vorzeichen. 6.2.2 Ableitung des Nyquist-Kriteriums Nach Gl. (6.25) lautet die charakteristische Gleichung 1 + G0 ( s) = 1 + Z ( s) =0. N (s) (6.34) Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises G0(s) in Gl. (6.34) ist, unter Vernachlässigung eines eventuell vorhandenen Totzeitgliedes, eine rational gebrochene Funktion, mit dem Zählerpolynom Z(s) und dem Nennerpolynom N(s). Bei realen Systemen ist der Grad n des Nennerpolynoms immer größer, höchstens gleich dem Grad des Zählers. Bringen wir Gl. (6.34) auf den gemeinsamen Nenner N(s), so wird 1 + G0 ( s) = N ( s) + Z ( s) =0 N ( s) (6.35) bzw. der Frequenzgang 1 + G 0 ( jω ) = N ( jω ) + Z ( jω ) . N ( jω ) (6.36) Das Zählerpolynom Gl. (6.35) N(s) + Z(s) hat dann ebenfalls den Grad n. Die gesamte Winkeländerung Δϕ des Frequenzganges 1+ G0( jω) ergibt sich aus 1. den n Nullstellen von N( jω) + Z( jω) und 2. den n Polstellen von N( jω). Der geschlossene Kreis mit der charakteristischen Gleichung (6.35) soll stabil sein, d. h., dass sämtliche n Nullstellen von N( jω) + Z( jω) negativen Realteil haben müssen. Nach der Beziehung (6.33) beträgt die Winkeländerung infolge der Nullstellen von (6.36) 6.2 Stabilitätskriterium nach Nyquist 179 π . 2 Δϕ1 = n ⋅ + (6.37) Der Nenner N(s) von 1 + G0(s) ist identisch mit dem Nenner von G0(s). Das offene System G0(s) muss nicht stabil sein, d. h. die n Pole können beliebig in der s-Ebene verteilt liegen. Unter Verwendung der folgenden Bezeichnungen n Ordnung von G0(s) nl Anzahl der Pole in der linken s-Ebene nr Anzahl der Pole in der rechten s-Ebene ni Anzahl der Pole auf der imaginären Achse erhalten wir n = nl + ni + n r . (6.38) Die durch den Nenner von (6.36) bedingte Winkeländerung ist dann π π π Δϕ 2 = − nl + + n r − = − (nl − n r ). 2 2 2 (6.39) Für die gesamte Winkeländerung von 1 + G0( jω) folgt somit Δϕ = Δϕ1 + Δϕ 2 = π 2 (n − nl + n r ). (6.40) Obwohl die auf der imaginären Achse liegenden Pole keinen Beitrag liefern, folgt aus Gl. (6.38) nl = n − ni − n r . (6.41) Mit Gl. (6.41) in Gl. (6.40) erhalten wir schließlich Δϕ = ( 2 n r + n i ) ⋅ π 2 . Die allgemeine Fassung des Nyquist-Kriteriums lautet: Besitzt die Übertragungsfunktion des offenen Kreises G0(s) nr Pole mit positivem Realteil und ni Pole auf der imaginären Achse, dann ist der geschlossene Kreis genau dann stabil, wenn der vom kritischen Punkt (−1, j0) an die Ortskurve G0( jω) gezogene Fahrstrahl beim Durchlaufen der Ortskurve im Bereich 0 ≤ ω ≤ ∞ eine Winkeländerung von Δϕ = (2n r + ni ) ⋅ beschreibt. π 2 (6.42) (6.43) 180 6 Stabilitätskriterien 6.2.3 Anwendung des Nyquist-Kriteriums Zur Interpretation des Nyquist-Kriteriums betrachten wir im Folgenden, rein qualitativ, einige Systeme mit typischen Polkonfigurationen 1. G0(s) hat nur Pole mit negativem Realteil. Ein Regelkreis bestehe aus einer P-T3-Strecke mit GS ( s ) = K PS (1 + sTa )(1 + sTb )(1 + sTc ) und einer Regeleinrichtung mit G R ( s ) = K PR . Wie die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises G0 ( s ) = G R ( s )GS ( s ) = K PR K PS (1 + sTa )(1 + sTb )(1 + sTc ) zeigt, liegen sämtliche Pole in der linken s-Halbebene, d. h. es ist nr = 0 ni = 0 (6.44) nl = n. Die Bedingung für Stabilität des geschlossenen Kreises nach (6.43) mit (6.44) ergibt Δϕ = 0. (6.45) In Bild 6.5 ist der Verlauf der Ortskurve von G0( jω) qualitativ dargestellt. Vergrößern wir KPR, so wird der Zeiger G0( jω) proportional gestreckt. In Bild 6.5a) beschreibt der Fahrstrahl [1 + G0( jω)] eine Winkeländerung von Δϕ = 0, wie bei Stabilität durch Gl. (6.45) gefordert. Durch Vergrößern von KPR geht in Bild 6.5b) die Ortskurve G0( jω) gerade durch den kritischen Punkt (−1, j0). Im a) Im Δϕ = 0 ω c) Δϕ = − 2π b) Re 1+ G0 (jω) Im Δϕ Re Re 1+ G0 (jω) ω 1+ G0 (jω) ω Bild 6.5 Ortskurvenverlauf G0( jω): nl = n; nr = ni = 0, a) stabil, b) Stabilitätsgrenze, c) instabil 6.2 Stabilitätskriterium nach Nyquist 181 Das ist der Fall der Stabilitätsgrenze. Eine weitere Vergrößerung von KPR führt zu dem in Bild 6.5c) gezeigten Ortskurvenverlauf, mit einer Winkeländerung des Fahrstrahls [1 + G0( jω)] von Δϕ = −2π, d. h., der geschlossene Kreis ist instabil. 2. G0(s) hat, neben Polen mit negativem Realteil, einen Pol im Ursprung. In Bild 6.6 sind die beiden Fälle Stabilität und Instabilität für GS ( s ) = K PS und (1 + sTa )(1 + sTb ) GR (s) = K IR bzw. s G0 ( s ) = G R ( s )GS ( s ) = K IR K PS s (1 + sTa )(1 + sTb ) dargestellt. Es ist nr = 0 und ni = 1. Damit folgt aus Bedingung (6.43) Δϕ = + π 2 , bei Stabilität (Bild 6.6a). Durch Vergrößern von KIR nimmt die Ortskurve [1+G0( jω)] den in Bild 6.6b) gezeigten Verlauf mit einer Winkeländerung von 3 2 Δϕ = − π , d. h., der geschlossene Kreis ist instabil. Für den Fall der Stabilitätsgrenze würde G0(jω) gerade durch den kritischen Punkt (−1, j0) verlaufen. Im −1 Δϕ ω=∞ Im Re Δϕ ω=∞ −1 ω ω a) Δϕ = + π (stabil) 2 Bild 6.6 Ortskurvenverlauf G0( jω) mit nr = 0; ni = 1 b) Δϕ = − 3π (instabil) 2 Re 182 6 Stabilitätskriterien 3. G0(jω) enthält ein Totzeitglied. Betrachten wir hierzu einen Regelkreis bestehend aus GS ( s ) = K PS − sTt und e 1 + sT1 (6.46) G R ( s ) = K PR . Der Frequenzgang des aufgeschnittenen Kreises lautet dann G0 ( jω ) = GR ( jω )GS ( jω ) = K PR K PS − jω Tt , e 1 + jω T1 dessen Betrag G0 ( jω ) = K PR K PS 1 + (ω T1 ) 2 ist unabhängig von der Totzeit. Dagegen erhält der Phasenwinkel ϕ0 (ω ) = −ω Tt − arctan(ω T1 ) durch das Totzeitglied eine zusätzliche Phasendrehung −ω Tt, proportional ω. Reale Glieder haben immer Tiefpasscharakter, so dass für ω → ∞ alle Ortskurven in den Ursprung laufen. Wie bereits in Abschnitt 3.9 gezeigt, verlaufen die Ortskurven von Totzeitsystemen spiralförmig in den Ursprung. Ohne Beweis sei hier angemerkt, dass auch bei Totzeitkreisen die Bedingung (6.43) gilt. Für das durch Gl. (6.46) beschriebene System ist nr = ni = 0. Die Winkeländerung muss gemäß der Bedingung (6.43) Δϕ = 0 sein, wenn der geschlossene Kreis stabil arbeiten soll. Bild 6.7a) zeigt den Verlauf von G0( jω) bei Stabilität. Bei Instabilität (Bild 6.7b) ist die Winkeländerung des Fahrstrahls [1 + G0( jω)] Δϕ = −2π. Wird der kritische Punkt n-mal umschlungen, so ist Δϕ = n ⋅ (−2π ) . Im Im b) Δϕ =− 2π a) Δϕ = 0 Re −1 [1+ G0 (jω)] ω=0 Δϕ Re ω=0 −1 [1+ G0 (jω)] ω ω Bild 6.7 Ortskurvenverlauf G0( jω) beim Vorhanden- sein einer Totzeit Tt, a) stabil, b) instabil 6.2 Stabilitätskriterium nach Nyquist • 183 Beispiel 6.2 Gegeben ist der in Bild 6.8 abgebildete Regelkreis mit GS ( s ) = K PS und sTI (1 + sT1 ) s 2 Tn Tv + sTn + 1 1 . G R ( s ) = K PR 1 + + sTv = K PR sTn sTn w + e yR + = 0,5 = 10 s =5s = 20 Tn =4s Tv = 0,2 s z x y + − GR(s) KPS TI T1 KPR GS(s) Bild 6.8 Regelkreis bestehend aus einer IT1-Strecke und einer PIDRegeleinrichtung Es sind zu ermitteln: a) Ist der Regelkreis stabil? b) Wie beeinflussen die drei Regelparameter die Stabilität? Zu a) Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises G0 ( s ) = G R ( s )GS ( s ) = K PR K PS s 2Tn Tv + sTn + 1 s 2Tn TI (1 + sT1 ) (6.47) zeigt, dass ein Doppelpol im Ursprung vorliegt (doppeltes I-Verhalten). Die Winkeländerung wird mit ni = 2, nr = 0 nach Bedingung (6.43) bei Stabilität Δϕ = + π. (6.48) Wir diskutieren zunächst den Ortskurvenverlauf von G0 ( jω ) = K PR K PS 1 − ω 2TnTv + jω Tn . − ω 2TnTI (1 + jω T1 ) (6.49) Zerlegen wir Gl. (6.49) in Real- und Imaginärteil, so wird: Re(G0 ) = − Im (G0 ) = K PR K PS 1 + ω 2Tn (T1 − Tv ) ⋅ ω 2TnTI 1 + (ω T1 ) 2 K PR K PS ω TnTI T − T − ω 2TnTvT1 ⋅ 1 n . 1 + (ω T1 ) 2 (6.50) (6.51) Aus den Gln. (6.50) und (6.51) folgen die in der Tabelle angegebenen Punkte mit dem in Bild 6.9 gezeigten Ortskurvenverlauf. Der Kreis ist demnach instabil. 184 6 Stabilitätskriterien Zu b) Der Einfluss von KPR auf die Stabilität ist leicht zu finden. Vergrößern wir KPR, so wächst der Zeiger G0( jω) proportional. Dadurch kann erreicht werden, dass die Ortskurve den in Bild 6.9 gestrichelt gezeichneten Verlauf nimmt. Für K PR > 20 = 25, 0,8 wird der geschlossene Kreis stabil. Der Fahrstrahl von (−1, j0) an die gestrichelte Ortskurve beschreibt jetzt eine Winkeländerung von Δϕ = + π, wie durch Gl. (6.48) gefordert. Der Einfluss der beiden anderen Regelparameter ergibt sich aus der Betrachtung des Schnittpunktes der Ortskurve mit der negativ reellen Achse. Es ist dann Im (G0) = 0. Damit folgt aus Gl. (6.51) ω2 = T1 − Tn . TnTvT1 (6.52) Mit (6.52) in (6.50) erhalten wir im Schnittpunkt Re(G0 ) = − K PR K PS TnTv . TI (T1 − Tn ) (6.53) Im ω Δϕ = −π Re −1 ω=∞ ω Re (G0) Im (G0) 0 −∞ +∞ T1 − Tn Tn Tv T1 − 0,8 0 ∞ 0 0 Bild 6.9 Ortskurvenverlauf G0( jω) des durch Gl. (6.47) gegebenen Systems Wie Bild 6.9 zeigt, muss bei Stabilität die Winkeländerung Δϕ = + π sein. Dies wird erreicht, wenn die Ortskurve G0( jω) den kritischen Punkt links liegen lässt, d. h. für Re(G0 ) < −1 . (6.54) Setzen wir Gl. (6.54) in Gl. (6.53) ein, so folgt K PR K PS Tn T v >1. TI (T1 − Tn ) Daraus ermitteln wir für die drei Parameter: T (T − Tn ) K PR > I 1 = 25 oder K PSTn Tv (6.55) 6.3 Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm Tv > TI (T1 − Tn ) = 0,25 s oder K PR K PSTn Tn > TIT1 = 4,17 s . TI + K PR K PSTv 185 Die Stabilität des Regelkreises nach Bild 6.8 wird durch Vergrößern von KPR, Tv und Tn erhöht, also größerem P- und D-Anteil aber kleinerem I-Anteil. X Aufgabe 6.2 Überprüfen Sie die Ergebnisse von Beispiel 6.1 mittels Nyquist-Kriterium. 6.3 Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm Das im vorherigen Abschnitt 6.2 beschriebene Nyquist-Kriterium in Ortskurvendarstellung ist sehr anschaulich, jedoch in seiner Anwendung recht unhandlich, besonders wenn es darum geht, den Einfluss von Parameteränderungen oder zusätzlicher Glieder, die z. B. im kritischen Bereich eine Phasenanhebung bzw. Amplitudenabsenkung bewirken, zu erkennen. Demgegenüber bietet das Bode-Diagramm einige Vorzüge bei der Darstellung des Frequenzganges G0( jω) des aufgeschnittenen Kreises, auf die wir bereits in Abschnitt 5.2 bei der Behandlung in Reihe geschalteter Glieder hingewiesen haben. Im Folgenden soll nun das Nyquist-Kriterium in das Bode-Diagramm übertragen werden. Danach ist gemäß Bedingung (6.43) ein System stabil, wenn der Fahrstrahl [1 + G0( jω)] beim Durchlaufen der Ortskurve von ω = 0 ... ∞ eine Winkeländerung Δϕ = (2n r + ni ) ⋅ π 2 ausführt. In dieser Form ist das Nyquist-Kriterium nicht ohne Weiteres im BodeDiagramm anwendbar, da bei bekanntem Verlauf von G0( jω) nach Betrag und Phase im Bode-Diagramm der Verlauf von [1 + G0( jω)] im Gegensatz zur Ortskurvendarstellung, nur mittels Hilfen (Hall- oder Nichols-Diagramm) ermittelt werden kann. Es soll nun gezeigt werden, dass aus der Anzahl und Art der Schnittpunkte zwischen der Ortskurve [1 + G0( jω)] und der links des kritischen Punktes (−1, j0) gelegenen negativ reellen Achse, auf die gesamte Winkeländerung des Fahrstrahls [1 + G0( jω)] geschlossen werden kann. Schneidet die Ortskurve [1 + G0( jω)] die negativ reelle Achse links von (−1, j0), so bezeichnen wir den Schnittpunkt als positiv (S = + 1), wenn die Ortskurve bei zunehmender Frequenz aus dem 2. in den 3. Quadranten wechselt und als negativen Schnittpunkt (S = − 1) beim Wechsel vom 3. in den 2. Quadranten. Die Gesamtzahl der Schnittpunkte υ besteht aus υp positiven und υn negativen, so dass gilt υ =υp + υn . (6.56) 186 6 Stabilitätskriterien Nehmen wir zunächst an, dass G0( jω) keine Pole im Ursprung hat, dann beginnt die Ortskurve G0( jω) für ω = 0 auf der positiven reellen Achse. Ferner wissen wir, dass für alle realen Systeme G0( jω) für ω → ∞ im Ursprung endet. Im Folgenden werden die Schnittpunkte fortlaufend mit zunehmender Frequenz nummeriert. Bild 6.10 zeigt für den Fall, dass nur positive Schnittpunkte vorliegen, den Ortskurvenverlauf [1 + G0( jω)] und die Winkeländerung Δϕ bezüglich des Fahrstrahls [1 + G0( jω)]. Im Im ω Δϕ =− 4π S1 = +1 S2 = +1 [1+ G0 (jω)] −1 ω=∞ S1 = −1 ω=0 −1 Re ω=∞ [1+ G0 (jω)] ω=0 Re S2 = −1 Δϕ =+ 4π ω Bild 6.10 Winkeländerung Δϕ bei aus- Bild 6.11 Winkeländerung Δϕ bei aus- schließlich positiven Schnittpunkten υp = 2 schließlich negativen Schnittpunkten υn = 2 Die gesamte Winkeländerung ergibt sich zu Δϕ = υ p ⋅ ( +2π ) . Entsprechend ergibt sich, wie Bild 6.11 zeigt, beim Vorliegen von ausschließlich negativen Schnittpunkten eine Winkeländerung von Δϕ = υ n ⋅ (−2π ) . Ist, wie in Bild 6.12 gezeigt, von den υ Schnittpunkten einer negativ, so ist unabhängig von der Aufeinanderfolge die gesamte Winkeländerung Δϕ = (υ p − 1) ⋅ 2π . Entsprechend erhält man für υp positive und υn negative Schnittpunkte Δϕ = (υ p − υ n ) ⋅ 2π . (6.57) Im Δϕ =+ 4π S3 = +1 S2 = +1 S1 = −1 −1 Bild 6.12 Winkeländerung ω=0 ω=∞ [1+ G0 (jω)] ω Re Δϕ = +2π für υp = 2; υn = 1 6.3 Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm 187 Hat die Übertragungsfunktion G0( jω) Pole im Ursprung, so beginnt die Ortskurve im Unendlichen, wie wir bereits in Abschnitt 6.2 gesehen haben. Die Anfangslage des Fahrstrahls [1 + G0( jω)] ist dann um ni⋅(− π/2) gedreht. Betrachten wir als erstes den Fall eines Pols im Ursprung ni = 1. Der Fahrstrahl beginnt für ω = 0 bei −j∞ und legt, wie die Bilder 6.13 und 6.14 zeigen, bis zum Erreichen des 1. positiven oder negativen Schnittpunktes gegenüber Gl. (6.57) einen zusätzlichen Winkel von + π/2 zurück, so dass gilt π Δϕ = (υ p − υ n ) ⋅ 2π + 2 (für ni = 1 ). (6.58) Im Im Δϕ S1 = +1 −1 Re −1 S1 = − 1 ω Re Δϕ Δϕ = − π − Δϕ = + −3 π 2 2 ω Bild 6.13 Winkeländerung Δϕ bis zum Bild 6.14 Winkeländerung Δϕ bis zum 1. positiven Schnittpunkt (ni = 1) 1. negativen Schnittpunkt (ni = 1) Für ni = 2 (Doppelpol im Ursprung) beginnt die Ortskurve G0( jω) bei − ∞. Hier ist der Zusammenhang nicht so eindeutig wie bei ni = 1 und bedarf einer weiteren Fallunterscheidung. Bild 6.15 zeigt die verschiedenen Winkeländerungen, die der Fahrstrahl von ω = 0 bis zum Erreichen des 1. positiven Schnittpunktes zurücklegen kann. Vergleicht man Bild 6.15a) mit Bild 6.10, so ist der Winkel bis zum Erreichen des positiven Schnittpunktes in Bild 6.15a) um π gegenüber Bild 6.10 reduziert. In Bild 6,15b) ist der Winkel Δϕ0,1 um + π gegenüber Bild 6.10 vergrößert. ω 1 S0 = − − 2 a) Δϕ =0 [1+ G0 (jω)] Im −1 S1 = +1 1 S0 = + − 2 Im S1 = +1 −1 Re ω Re b) Δϕ =+ 2π [1+ G0 (jω)] Bild 6.15 Winkeländerung des Fahrstrahls [1 + G0( jω)] von ω = 0 bis zum Erreichen des 1. positiven Schnittpunktes S0 = + 1, a) Anfang verläuft im 2. Quadranten b) Anfang verläuft im 3. Quadranten 188 6 Stabilitätskriterien Der Unterschied im Verlauf des Anfangsstücks der beiden Ortskurven in Bild 6.15a) und 6.15b) besteht darin, dass in a) die Ortskurve für kleine ω - Werte im 2. Quadranten und in b) im 3. Quadranten verläuft. Die negative reelle Achse ist die Grenzlinie zwischen dem 2. und 3. Quadranten. Der Übertritt von der negativ reellen Achse in den 2. Quadranten (Bild 6.15a) lässt sich als halber negativer Schnittpunkt (S0 = − 1/2) interpretieren und entsprechend in Bild 6.15b) als halber positiver Schnittpunkt (S0 = + 1/2), so dass bei Berücksichtigung dieser Festlegung wieder Gl. (6.57) gilt. Bild 6.16 zeigt den Zusammenhang für ni = 2 bis zum Erreichen des 1. negativen Schnittpunktes. [1+ G0 (jω)] 1 S0 = + − 2 S1 = − 1 −1 Im −1 S1 = − 1 Re ω ω 1 S0 = − − 2 Im [1+ G0 (jω)] Re b) Δϕ =− 2π a) Δϕ =0 Bild 6.16 Winkeländerung des Fahrstrahls [1 + G0( jω)] von ω = 0 bis zum Erreichen des 1. negativen Schnittpunktes S1 = − 1 Man kann sich leicht überzeugen, dass die Beziehung (6.57) auch gilt, wenn kein Voll-Schnittpunkt links des kritischen Punktes liegt. Zusammenfassend erhalten wir 0 für ni = 0 oder 2 2 für ni = 1. Δϕ = (υ p − υ n ) ⋅ 2π + π (6.59) Das Nyquist-Kriterium kann nun abhängig von den Schnittpunkten formuliert werden. Bei Stabilität muss Gl. (6.59) der Bedingung (6.43) genügen, d. h. ( 2n r + ni ) 0 = (υ p − υ n ) ⋅ 2π + π 2 2 π für ni = 0 oder 2 für ni = 1. (6.60) Kürzen wir in Gl. (6.60) durch π und setzen ni ein, so folgt nr für ni = 0 oder 1 (υ p − υ n ) = 2 n +1 r für ni = 2. 2 (6.61) Es sei nochmals darauf hingewiesen, dass für ni = 2 der halbe positive bzw. halbe negative Schnittpunkt in Gl. (6.61) berücksichtigt werden muss. Anhand von Bild 6.17 soll die prinzipielle Anwendung erläutert werden. Das betrachtete System habe eine doppelte Polstelle im Ursprung aber keine Pole in der rechten 6.3 Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm 189 s-Halbebene (nr = 0; ni = 2). Wir bezeichnen die Frequenz für die |G0( jω d)| = 1 bzw. |G0( jω d)| dB = 0 dB wird als die so genannte Durchtrittsfrequenz ω = ω d. Es zählen nur die Schnittpunkte links des kritischen Punktes, d. h. im Bode-Diagramm der Bereich, in dem |G0( jω d)| = > 1 ist. In Bild 6.17 ist dieser identisch mit ω < ω d . Schneidet G0( jω) die negativ reelle Achse, so ist ϕ 0 (ω ) = i ⋅ 180° , mit i = ±1, ±3, ±5,… G0 1 ϕ0 ωd ω Bild 6.17 Stabilitätsbetrachtung nach Nyquist anhand der Schnittpunkte im Bode-Diagramm 0° −90° −180° 1 S0 = − − 2 (nr = 0; ni = 2) S1 = +1 S2 = −1 −270° Im interessierenden Bereich ist S1 = + 1 ein positiver Schnittpunkt, da mit wachsender Frequenz die Phase zunimmt. Entsprechend ist S2 = − 1 ein negativer Schnittpunkt (Phase nimmt ab). Der asymptotische Verlauf von ϕ0(ω) → − 180° für ω → 0 wird vereinbarungsgemäß als ein halber negativer Schnittpunkt S0 = − 1/2 (Phase nimmt ab) gewertet. Somit erhalten wir für das betrachtete System 1 2 1 2 υ p − υ n = S 0 + S1 + S 2 = − + 1 − 1 = − . (6.62) Die Bedingung (6.61) fordert aber für ni = 2 υp − υn = nr + 1 1 =+ , 2 2 (6.63) und wird durch Gl. (6.62) nicht erfüllt, d. h. der geschlossene Kreis ist instabil. Wir erkennen leicht aus Bild 6.17, dass durch Verkleinern der Kreisverstärkung (z. B. KPR) der gesamte Amplitudengang |G0( jω)| parallel nach unten verschoben wird (gestrichelte Kurve). Der Phasengang bleibt unverändert. Die Durchtrittsfrequenz ω d rückt damit nach links. Fällt ω d zwischen die Schnittpunkte S1 und S2, so wird 190 6 Stabilitätskriterien 1 2 υ p − υ n = S 0 + S1 = − + 1 = + 1 , 2 wie durch Gl. (6.63) gefordert. Der geschlossene Kreis ist stabil. Eine weitere Verringerung der Kreisverstärkung rückt ω d noch weiter nach links, bis schließlich, wenn der Durchtritt ω d zwischen S0 und S1 erfolgt, nur noch S0 im Bereich |G0( jω)| > 1 liegt. Es ist dann 1 2 υp − υn = S0 = − . Das heißt, das geschlossene System ist ebenfalls instabil. 6.3.1 Vereinfachtes Nyquist-Kriterium Das durch Bild 6.17 erläuterte Nyquist-Kriterium in der Schnittpunktform gilt allgemein. In praxi sind Systeme, deren Übertragungsfunktionen G0(s) Pole in der rechten s-Halbebene besitzen, äußerst selten. Beschränken wir uns auf den weitaus häufigsten Fall, dass der aufgeschnittene Kreis keine Pole mit positivem Realteil und höchstens einen Doppelpol im Ursprung hat (nr = 0; ni = 0, 1, 2), so ist eine weitere Vereinfachung bei der Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm möglich. Unter der Voraussetzung nr = 0 sollen die Fälle ni = 0 oder 1 und ni = 2 im Folgenden nacheinander diskutiert werden. 1. Für ni = 0 bzw. ni = 1 beginnt der Phasengang ϕ0(ω) bei 0° bzw. − 90°. Die Bedingung (6.61) fordert bei Stabilität υp −υn = 0 , G0 1 ϕ0 ωd ω 0° (nr = 0; ni = 1) ϕ0 (ωd ) −90° S2 = +1 −180° −270° Bild 6.18 Stabilitätsbetrachtung nach Nyquist anhand der Schnittpunkte im Bode-Diagramm S1 = −1 ϕRd 6.3 Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm 191 d. h., es müssen gleich viele positive und negative Schnittpunkte vorhanden sein. Ist υp = υn = 0, so ist für alle ω-Werte stets ϕ0(ω) > − 180°. Bild 6.18 zeigt ϕ0(ω) für υp = υn = 1. Stabilität ist nur möglich, wenn ω d links des negativen Schnittpunktes S1 oder rechts des positiven Schnittpunktes S2 liegt, d. h. für ϕ0(ω d) >− 180°. Es ist leicht einzusehen, dass dies für beliebige υp = υn gilt. 2. Für ni = 2 (nr = 0) beginnt der Phasengang ϕ0(ω) bei −180°. Bei Stabilität muss nach Bedingung (6.61) υp − υn = nr + 1 1 = + sein. 2 2 Zur Diskussion können wir Bild 6.17 heranziehen. Das System ist infolge ni = 2 mit S0 = − 1/2 bzw. S0 = + 1/2 vorbelastet, je nach dem, ob ϕ0(ω) für kleine ωWerte unter oder über der (− 180°)-Linie verläuft. In Bild 6.17 beginnt ϕ0(ω) mit S0 = − 1/2. Stabilität kann durch einen weiteren positiven Schnittpunkt S1 erreicht werden. Die Durchtrittsfrequenz ωd liegt dann rechts von S1 und es ist ϕ0(ω d) > −180°. Jeder zusätzliche negative Schnittpunkt S2 erfordert zur Kompensation einen zusätzlichen positiven Schnittpunkt S3. Das heißt, Stabilität liegt immer dann vor, wenn für |G0( jωd)| = 1 ϕ0(ω d) > −180° ist. Verläuft ϕ0(ω) für kleine ωWerte über der (− 180°)-Linie, so ist S0 = + 1/2. Das System ist stabil, wenn keine weiteren negativen und Positiven Schnittpunkt hinzukommen oder paarweise in der Reihenfolge (S1 = − 1, S2 = +1), (S3 = − 1, S4 = +1), und usw. Stets führt dies zu ϕ0(ω d) > −180°. Das vereinfachte Nyquist-Kriterium lässt sich dann wie folgt formulieren: Besitzt die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Krei- ses G0(s) keine Pole mit positivem Realteil (nr = 0) und höchstens einen Doppelpol im Ursprung (ni = 0, 1, 2), so ist das geschlossene System stabil, wenn bei der Durchtrittsfre- quenz ωd, d. h. für |G0( jωd)| = 1, die Phasenverschiebung ϕ0(ω d) > −180° ist. (6.64) 6.3.2 Stabilitätsgüte und Phasenrand Das vereinfachte Nyquist-Kriterium (6.64) fordert bei Stabilität, dass für |G0( jωd)| = 1 der zugehörige Phasenwinkel ϕ0( jω d) > − 180° ist. Die Dämpfung des geschlossenen Kreises wird um so geringer, je mehr sich ϕ0( jω d) dem Wert − 180° nähert. Als qua- 192 6 Stabilitätskriterien litatives Maß für die Stabilitätsgüte dient der Abstand von ϕ0( jω d) zur (− 180°)-Linie und wird als Phasenrand oder Phasenreserve ϕRd bezeichnet. Wie Bild 6.18 zeigt, ist ϕ Rd = ϕ 0 (ω d ) − (−180°) = ϕ 0 (ω d ) + 180° . (6.65) Als Erfahrungswerte gelten: • bei Führungsverhalten ϕRd > 40° ... 70° und • bei Störverhalten ϕRd > 30°. Bild 6.19 zeigt den Phasenrand anhand des Ortskurvenverlaufs G0( jω). Im +1 Re −1 +1 ϕRd Ortskurve G0(jω ) mit dem Einheitskreis G0 (jω ) −1 • Bild 6.19 Phasenrand ϕRd, Schnittpunkt der ω Beispiel 6.3 Gegeben ist eine Regelstrecke mit Verzögerung 1 0rdnung und Totzeit gemäß Beispiel 3.10 (Mischbehälter mit nachfolgender Ianger Leitung), deren Übertragungsfunktion lautet GS ( s ) = K PS − sTt . e 1 + sT1 Diese wird von einer PI-Regeleinrichtung mit 1 G R ( s) = K PR 1 + sTn geregelt. Die Kenngrößen haben folgende Werte: KPS = 0,8 KPR = 10 = 20 s T1 = 100 s Tn Tt = 10 s (hier größer als in Beispiel 3.10) Gesucht sind im Bode-Diagramm: a) Ist der geschlossene Regelkreis stabil (ϕ Rd)? b) Welchen Wert muss KPR annehmen, wenn ϕ Rd = 40° sein soll? Zunächst werden die Asymptoten von |GR( jω )| und |GS( jω )| bzw. |G0( jω )| gezeichnet. Dabei ist zu beachten, dass der Betrag des reinen Totzeitgliedes Eins ist. Die Eckfrequenzen liegen bei: 6.3 Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm ω E1 = 193 1 1 = 10 − 2 s −1 und ω E 2 = = 5 ⋅ 10 −2 s −1 . T1 Tn Mittels Amplituden- und Phasenlineal ermittelt man dann die in nachfolgender Tabelle angegebenen Werte und zeichnet den Amplituden- und Phasengang (Bild 6.20). Die Winkelwerte ϕ T t für das Totzeitglied ergeben sich in einfacher Weise aus ϕ Tt (ω ) = ω ⋅ Tt , d. h., ϕ Tt proportional ω. Für ω = 0,1 ist ϕ T (ω ) = ω ⋅ Tt = 0,1 → ϕ T (ω ) = 5,73° t t Tt Für ω = 1 ist ϕ T = 1 t Tt → ϕ Tt (ω ) = 57,3° Für ω = 10 ist ϕ T = 10 t Tt → ϕ Tt (ω ) = 573° usw. -1 ω /s ΔGPT1 -3 0,002 0,005 −0,04 −0,17 dB ΔGTt 0 0 dB ΔGR 0 +0,01 dB ΔG0 −0,04 −0,16 dB ϕPT1 / ° −5,7 −11,3 −1,1 ϕTt / ° −0,6 −90 −90 ϕR / ° +1 +2,3 ϕ0 / ° −95,3 −100,1 −0,97 10 -2 0,02 0,05 −3,01 −0,97 −0,17 0 0 0 +0,04 +0,17 −0,93 −2,84 10 -1 -0 0,2 0,5 −0,04 −0,01 0 0 0 0 0 0 0 +0,65 +3,01 +0,97 +0,26 +0,04 +0,01 −0,32 −2,84 +0,93 +0,25 +0,04 +0,01 10 −26,6 −45 −63,4 −78,7 −84,3 −87,1 −2,9 −5,7 −11,5 −28,7 −57,3 −114,6 −90 −90 −90 −90 −90 −90 +5,7 +11,3 +21,8 +45 +63,4 +76 −113,8 −129,4 −143,1 −152,4 −168,2 −215,8 10 −88,9 −89,4 −286,5 −573 −90 −90 +84,3 +87,1 −381,1 −665,3 Wie das Bode-Diagramm in Bild 6.20 zeigt, ist für ω = ω d1 bzw. |G0(jω d1)| dB= 0 dB ϕ Rd1 = 180° + ϕ 0 (ω d1 ) = 16° und somit der Regelkreis stabil. Zu b) Um den Phasenrand auf ϕ Rd1 = 40° zu vergrößern, muss die Durchtrittsfrequenz bei ω d2 = -1 0,023 s liegen. Dies wird durch Absenken des Amplitudenganges um 17,7 dB erreicht und entspricht einem Faktor von 7,7. Der neue Proportionalbeiwert ergibt sich zu K PR = 10 = 1,3 . 7 ,7 194 6 Stabilitätskriterien − (1:1) 40dB G dB G0 ωE1 0 dB ϕ 0° GR − (2:1) 20dB 10−3 10−2 10−3 10−2 ωE2 ωd1 GS 10−1 ω /s −1 10−1 ω /s −1 − 45° − 90° − 135° − 180° ϕRd1 = 40° ϕRd2 = 16° − 225° − 270° − 315° − 360° Bild 6.20 Bode-Diagramm des offenen Kreises mit G 0 ( s ) = K PR K PS 1 + sTn e − sTt (Beispiel 6.3) sTn (1 + sT1 ) Die Wirkung einer Totzeitänderung auf die Stabilität kann ebenfalls leicht ermittelt werden. Eine Vergrößerung der Totzeit ändert den Amplitudengang |G0( jω )| nicht; lediglich der Phasengang ϕ0(ω) wird nach links verschoben. Das Ergebnis dieser Betrachtungen zeigt, dass für 6.4 Stabilitätsuntersuchung mittels Zweiortskurvenverfahren 195 diesen Regelkreis eine Vergrößerung des Proportionalbeiwertes KPR, sowie eine Vergrößerung der Totzeit Tt, die Stabilität verschlechtern. Ändert man die Nachstellzeit Tn., so ist der Einfluss nicht ohne weiteres erkennbar, da die Eckfrequenz des PI-Gliedes sich ändert und damit der Abstand zur Eckfrequenz des P-Gliedes 1. Ordnung. Außerdem tritt eine Änderung des Phasenganges auf. 6.4 Stabilitätsuntersuchung mittels Zweiortskurvenverfahren Das Zweiortskurvenverfahren, das auf Oppelt zurückgeht, ist eine sehr anschauliche Methode zur Stabilitätsuntersuchung. Neben der exakten Auswertung, die auch exakte Ergebnisse liefert, kann man mit Hilfe dieses Verfahrens ohne Rechnung rein gedanklich Tendenzen erkennen, die zur Stabilität bzw. Instabilität führen. Der charakteristische Verlauf der hauptsächlich in Frage kommenden Ortskurven kann bei einiger Übung leicht ohne Tabellen angegeben werden. Insbesondere wird das Zweiortskurvenverfahren zur Stabilitätsuntersuchung von Regelkreisen angewandt, die Nichtlinearitäten enthalten. Zur Erläuterung des Zweiortskurvenverfahrens betrachten wir Bild 6.21. Wie der Name sagt, werden zwei Ortskurven in einem gemeinsamen Diagramm aufgetragen, und zwar: 1. Die Ortskurve der Regeleinrichtung GR( jω ) und 2. die negative inverse Ortskurve der Regelstrecke −1/ GS( jω ). Für die folgenden Betrachtungen wollen wir das vereinfachte Nyquist-Kriterium gemäß der Beziehung (6.64) zu Grunde legen. Das heißt, wir betrachten nur Systeme, deren Übertragungsfunktion G0(s) keine Pole mit positivem Realteil (nr = 0) und höchstens einen Doppelpol im Ursprung (ni = 0, 1, 2) besitzt. Nach (6.64) ist ein System stabil, wenn im Bode-Diagramm bei der Durchtrittsfrequenz ω d, d. h. |G0( jω d)| = 1, (6.66) der zugehörige Phasenwinkel ϕ0(ω d) > − 180° ist. Aus Gl. (6.66) folgt |G0( jω d)| = |GR( jω d)| |GS( jω d)| = 1 G R ( jω d ) = 1 . GS ( jω d ) Da GS ( jω d ) = − GS ( jω d ) ist, gilt auch (6.67) 196 6 Stabilitätskriterien G R ( jω d ) = −1 . GS ( jω d ) (6.68) Gl. (6.67) oder (6.68) kann zur Berechnung von ω d benutzt werden. Wie Bild 6.21 zeigt, wird durch die beiden Zeiger GR ( jω d ) und −1 GS ( jω d ) der Winkel ϕR eingeschlossen, der identisch ist mit der Phasenreserve bzw. dem Phasenrand. Zum Beweis betrachten wir den Winkel, den der Zeiger −1 GS ( jω d ) mit der positiv reellen Achse einschließt. −1 GS ω Im ϕR ω=0 Im ω ω=0 Re ϕRd ωd ϕR ω Re ωd GR Bild 6.21 Stabilitätsprüfung mittels Zweiortskurvenverfahren Es ist 1 −1 = − 1 ⋅ e − j180° ⋅ ⋅ e − jϕS (ω ) GS ( jω d ) GS ( jω d ) 1 −1 = ⋅ e − j (180°+ϕS ) . GS ( jω d ) GS ( jω d ) Mit −1 GS −1 GS ϕRd GR a) ϕRd > 0 (stabil) ϕ ω = −(180° + ϕ S ) folgt der in Bild 6.21 angegebene Phasenrand zu −1 G ( S jω d ) ϕ Rd (ω d ) = ϕ R (ω d ) − ϕ b) ϕRd < 0 (instabil) 6.4 Stabilitätsuntersuchung mittels Zweiortskurvenverfahren 197 bzw. ϕ Rd (ω d ) = ϕ R (ω d ) + ϕ S (ω d ) + 180° . (6.69) Da ϕ0 = ϕR + ϕS ist, ist Gl. (6.69) identisch mit Gl. (6.65). Nach dem Zweiortskurvenverfahren ist demnach ein System stabil, wenn für ω = ω d, das heißt G R ( jω d ) = −1 , GS ( jω d ) der Phasenrand ϕR(ω d) > 0 ist, bzw. der Zeiger GR(jω d) gegenüber dem Zeiger −1 GS ( jω d ) voreilt. Für ϕR(ω d) = 0 arbeitet der Regelkreis an der Stabilitätsgrenze. 6.4.1 Konstruktion der negativ inversen Ortskurve der Strecke Für eine P-Strecke mit der Übertragungsfunktion GS ( s ) = 1 + sT1 + K PS 2 2 s T2 + s 3T33 + ... (6.70) erhalten wir den negativ inversen Frequenzgang T3 T T2 −1 1 =− − j 1 ω + 2 ω 2 + 3 ω 3 + ... GS ( jω ) K PS K PS K PS K PS (6.71) Diese Gleichung lässt sich als Zeigerpolygon in der Gaußschen Zahlenebene darstellen (Bild 6.22). Das Zeigerpolygon beginnt mit dem Zeiger −1/KPS auf der negativ reellen Achse. Der zweite Term −jT1ω /KPS in Gl. (6.71) repräsentiert einen Zeiger in negativ imaginärer Richtung. Daran schließt der reelle Zeiger T22ω 2 / K PS an usw. Für jede Frequenz ergibt sich ein Zeigerpolygon, dessen Endpunkt einen Punkt der Ortskurve darstellt. Für ω = 0 beginnt die Ortskurve auf der negativ reellen Achse im Abstand −1/KPS vom Ursprung. Die Ortskurve lässt sich in einfacher Weise konstruieren, wenn man zunächst für eine bestimmte Frequenz (z. B. ω1 = 1 s-1) das Zeigerpolygon zeichnet. Multipliziert man ω1 mit 2; 3; ..., so wird der erste Zeiger auf der negativ reellen Achse unverändert bleiben, die Länge des zweiten Zeigers −jT1ω /KPS wird mit 2; 3; ... multipliziert (wächst linear), die des dritten T22ω 2 / K PS wächst quadratisch usw. 198 6 Stabilitätskriterien Im d) − 1 K PS − a1ω1 a2ω12 − a1⋅2ω1 1 Bild 6.22 Konstruktion der negativ inversen Ortskurve einer P-Strecke mit: a) 1. Ordnung b) 2. Ordnung c) 3. Ordnung d) 4. Ordnung c) Re − a1⋅3ω1 a2 2 2 ω12 − a1⋅4ω1 2 a1 = a2 3 2 ω12 3 T1 K PS 2 ; a 2 = T2 K PS ω b) a2 4 2 ω12 a) 4 Bei I-Strecken beginnt die negativ inverse Ortskurve im Ursprung. Da in Gl. (6.71) der erste Term −1/KPS verschwindet, fällt der erste Zeiger in die negativ imaginäre Achse. Das folgende Beispiel soll das Zweiortskurvenverfahren näher erläutern. • Beispiel 6.4 Eine P-T2-Strecke mit der Übertragungsfunktion GS ( s ) = K PS s 2T22 + sT1 + 1 KPS = 0,5 T1 T2 2 =3s 2 =2s wird von einem nicht idealen P-Regler mit Verzögerung 1. Ordnung geregelt KPR = 20 K PR GR ( s) = 1 + sTa Ta = 1 s. Der Regelkreis ist mittels Zweiortskurvenverfahren auf seine Stabilität zu untersuchen. Wir zeichnen zunächst die negativ inverse Ortskurve der Strecke. Diese folgt aus T T2 −1 1 =− − j 1 ω + 2 ω2. GS ( jω ) K PS K PS K PS -1 Für ω1 = 0,5 s ist −1 = −2 − j 3 + 1 . GS ( jω1 ) 6.4 Stabilitätsuntersuchung mittels Zweiortskurvenverfahren 199 Für 2ω1 = 1 s wird -1 −1 = −2 − j 6 + 4 usw. GS ( j 2ω1 ) Die Ortskurve des P-T1-Reglers ist ein Halbkreis im 4. Quadranten mit dem Durchmesser KPR. Wie Bild 6.23 zeigt, schneiden sich die beiden Ortskurven. Gemäß der Bedingung (6.70) suchen wir die Kreisfrequenz ω = ω d, für die G R ( jω d ) = 1 GS ( jω d ) bzw. K PR 1 + (ωTa ) 2 = 1 [1 − (ωT2 ) 2 ] 2 + (ωT1 ) 2 ist. K PS Daraus folgt 1 − ( K PR K PS ) 2 + ω 2 (Ta2 − 2T22 + T12 ) + ω 4 (T24 + Ta2T12 − 2Ta2T22 ) + ω 6Ta2T24 = 0 . Im 4 2 -4 -2 4 2 6 8 10 12 14 16 18 20 Re − a1ω1 − a1⋅2ω1 0,5 − a1⋅3ω1 ϕRd 2 a2 2 ω1 GR ( jω ) 1 ω / s-1 2 − a1⋅4ω1 0,5 2 a2 3 ω12 1 a2 4 2 ω12 − 1 GS ( jω ) 2 ω / s-1 Bild 6.23 Stabilitätsuntersuchung mittels Zweiortskurvenverfahren (P-T2-Strecke und P-T1Regeleinrichtung), mit a1 = T1 T2 ; a2 = 2 . K PS K PS 200 6 Stabilitätskriterien 2 Diese kubische Gleichung in ω hat nur eine reelle Lösung 2 -1 ω = 2,196 s bzw. ein reales (positives) -1 ω = ω d = 1,482 s . Damit folgt: tan ϕ R = −ω d Ta = −1,482 ϕR = −56° −1 ω d T1 = tan = −1,31 2 G S 1 − (ω d T2 ) −1 = −52,65°. ϕ GS und Der Phasenrand −1 = −3,35° ω Rd = ϕ R − ϕ GS ist negativ, bzw. für ω = ω d eilt GR( jω d) dem Zeiger −1/GS( jω d) nach, d. h. der geschlossene Regelkreis ist instabil. Wie Bild 6.23 zeigt, schneiden sich die beiden Ortskurven für KPR < 18 nicht mehr, der Kreis ist dann stabil. Für einen idealen P-Regler (Ta = 0) reduziert sich die Ortskurve GR( jω ) zu einem Punkt auf der positiv reellen Achse im Abstand KPR zum Ursprung. Es ist offensichtlich, dass ein solcher Regler erst im Zusammenspiel mit einer P-T3-Strecke instabil werden kann. Die negativ inverse Ortskurve einer P-T3-Strecke durchläuft den 3., 4. und 1. Quadranten (Bild 6.22). Von Bedeutung ist der Schnittpunkt der Ortskurve −1/GS( jω ) mit der positiv reellen Achse, der stets rechts von KPR liegen muss, um die Stabilität des Regelkreises zu gewährleisten. 201 7 Das Wurzelortskurvenverfahren Das dynamische Verhalten eines Regelkreises ist abhängig von der Polverteilung des geschlossenen Kreises und wird durch die Wahl der Regelparameter beeinflusst. Mit den in Kapitel 6 behandelten Stabilitätskriterien war eine Aussage über die relative Lage der Pole des geschlossenen Kreises zur Stabilitätsgrenze möglich, ohne die absolute Pollage explizit zu berechnen. Demgegenüber gestattet das von dem amerikanischen Regelungstechniker W. R. Evans 1948 erstmals vorgestellte Wurzelortskurvenverfahren die Änderung der Lage der Pole des geschlossenen Kreises anhand der Pol-Nullstellen-Konfiguration des aufgeschnittenen Kreises in Abhängigkeit von der Variation jeweils eines Regelparameters zu bestimmen. Ein Nachteil des Wurzelortskurvenverfahrens besteht darin, dass es sich nicht auf Systeme mit Totzeit anwenden lässt. Die Pole des geschlossenen Kreises ergeben sich aus der charakteristischen Gleichung 1 + G0 ( s ) = 0 bzw. (7.1) G 0 ( s ) = −1 . (7.2) Darin ist G 0 ( s ) = G R ( s ) ⋅ GS ( s ) = Z ( s) = −1 N ( s) (7.3) durch eine gebrochen rationale Funktion mit dem Zählerpolynom Z(s) und dem Nennerpolynom N(s) darstellbar. Wir können uns ferner G0(s), wie in Gl. (6.26), in Linearfaktoren zerlegt vorstellen. G0 ( s ) = K ⋅ ( s − s N1 )( s − s N2 )( s − s N3 ) ... ( s − s Nm ) = −1 . ( s − s P1 )( s − s P2 )( s − s P3 ) ... ( s − s Pn ) (7.4) Hierin sind sNi die Nullstellen (i = 1, 2...m) und sPj die Polstellen (j = 1, 2...n) des aufgeschnittenen Kreises und werden als bekannt vorausgesetzt. Gesucht sind nun die s-Werte, für die Gl. (7.4) erfüllt wird. Der geometrische Ort aller s-Werte, die der Gl. (7.4) genügen, ist die Wurzelortskurve (WOK). Ähnlich wie bei der Herleitung des Nyquist-Kriteriums (s. Abschnitt 6.2.1) können wir die Linearfaktoren in Gl. (7.4) als Zeiger in der s-Ebene darstellen. jω (s – sN1 ) ϕN1 sN1 (s - sP2 ) (s – sP1 ) ϕP1 sP1 ϕP2 sP2 0 σ Bild 7.1 Linearfaktoren in Gl. (7.4) als Zeiger in der s-Ebene S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_7, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2014 202 7 Das Wurzelortskurvenverfahren Im Gegensatz zu Abschnitt 6.2.1 suchen wir den resultierenden Zeiger nicht in Abhängigkeit von jω , sondern von s = σ + jω . Bild 7.1 zeigt für ein System G0(s) mit einer Nullstelle und zwei Polen einen Punkt s in der s-Ebene, für den die Gl. (7.4) erfüllt ist. Ersetzen wir in Gl. (7.4) jeden der Linearfaktoren (Zeiger) durch seinen Betrag und seine Phase, so wird G0 ( s ) = K s − s N1 e jϕ N1 ⋅ s − s N2 e jϕ N2 ⋅ ... ⋅ s − s Nm e jϕ Nm s − s Pn e jϕ Nn s − s P1 e jϕ P1 ⋅ s − s P2 e jϕ P2 ⋅ ... ⋅ = −1 . (7.5) Hierin sind ϕ Ni bzw. ϕ Pj die Winkel, die die jeweiligen Zeiger mit der positiv reellen Achse einschließen, bzw. Im ( s − s Ni ) . Re ( s − s Ni ) ϕ Ni = arctan (7.6) Für N = P ergeben sich die Winkel der Zeiger im Nenner von Gl. (7.5). Es liegt nahe, Gl. (7.5) nach Betrag und Phase aufzuspalten, und wir erhalten die Gleichungen: G0 ( s ) = K s − s N1 ⋅ s − s N2 ⋅ s − s N3 ⋅ ... ⋅ s − s Nm s − s P1 ⋅ s − s P2 ⋅ s − s P3 ⋅ ... ⋅ s − s Pn =1 (7.7) und ϕ 0 = ϕ N1 + ϕ N2 + ϕ N3 + ... − ϕ P1 − ϕ P2 − ϕ P3 − ... = ± (2i + 1) π (7.8) i = 0, 1, 2, 3... Anstelle von Gl. (7.8) können wir tan ϕ 0 = 0 oder, da auch tan ϕ 0 = (7.9) Im (G0 ) = 0, Re (G0 ) Im (G0 ) = 0 . (7.10) betrachten. Ein wesentlicher Vorteil des WOK-Verfahrens besteht darin, dass der veränderliche Parameter K in der Winkelbedingung Gln. (7.8), (7.9) oder (7.10) nicht mehr vorkommt. Wir werden im Folgenden sehen, dass der WOK-Verlauf (der geometrische Ort aller Pole) allein aus diesen Bedingungen gewonnen werden kann. Für einfache Systeme ist es möglich, mittels der Gl. (7.9) oder Gl. (7.10) den Verlauf der WOK in der s-Ebene analytisch zu berechnen. Die Lage der Pole als Funktion des Parameters K bestimmt sich dann mit Gl. (7.7) zu K= s − s P1 ⋅ s − s P2 ⋅ s − s P3 ⋅ ... ⋅ s − s Pn s − s N1 ⋅ s − s N2 ⋅ s − s N3 ⋅ ... ⋅ s − s Nm . (7.11) 7.1 Analytische Berechnung der Wurzelortskurve 203 Wie Gl. (7.11) zeigt, wird für s = sPj (j = 1, 2...n) K = 0, und für s = sNi (i = 1, 2...m) ergibt sich K = ∞. Dies gibt Aufschluß über den Verlauf der WOK in den Extremwerten von K. Bestimmen wir die Lage der Pole in Abhängigkeit von 0 ≤ K ≤ ∞, so beginnt die WOK für K = 0 in den Polen des aufgeschnittenen Kreises und endet für K = ∞ in dessen Nullstellen bzw. im Unendlichen. Wie wir noch sehen werden, ist jeder Pol sPj von G0(s) der Ursprung eines Astes der WOK. Bei realen Systemen ist der Grad des Zählerpolynoms m stets kleiner höchstens gleich dem des Nennerpolynoms n. Von den n Ästen der Wurzelortskurve enden m in den Nullstellen und (n – m) im Unendlichen. Aus der uns bekannten Tatsache, dass komplexe Pole immer nur konjugiert komplex auftreten können, ergibt sich, dass die WOK stets symmetrisch zur σ-Achse verläuft. Es genügt also, die WOK in der oberen Halbebene zu ermitteln. Die analytische Auswertung der Gln. (7.10) und (7.11) ist nur bei einfachen Systemen möglich. Zur Bestimmung der WOK komplizierter Systeme bedient man sich entweder eines graphischen Probierverfahrens unter Zuhilfenahme der so genannten Spirule oder der numerischen Berechnung mittels Digitalrechner. Für das graphische Verfahren ist es hilfreich, dass die einzelnen Äste der WOK in den Polen von G0(s) für K = 0 beginnen. Ein benachbarter Punkt, der die Gln. (7.7) und (7.8) erfüllt, kann relativ leicht gefunden werden. Die im Folgenden abgebildeten WOK wurden mit dem MATLAB berechnet und ausgedruckt. Für gängige Regelkreiskonfigurationen gibt es WOK-Kataloge, in denen die charakteristischen Verläufe der WOK in Abhängigkeit der Pol-Nullstellenverteilung von G0(s) zusammengestellt sind. Ein weiterer Vorzug des WOK-Verfahrens besteht darin, dass es sich ganz entsprechend der Darstellung kontinuierlicher Systeme in der s-Ebene, ebenso auf diskrete Systeme in der z-Ebene anwenden lässt (s. Abschnitt 11.5.3). 7.1 Analytische Berechnung der Wurzelortskurve In den folgenden Beispielen wird das Verfahren näher erläutert. Beispiel 7.1 Für den einfachen Regelkreis in Bild 7.2 soll die Wurzelortskurve mit KPR als veränderlichem Parameter bestimmt werden. Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises lautet: G0 ( s ) = G R ( s) ⋅ GS ( s) ; G0 ( s ) = K PR K PS 1 + sTn ; sTn (1 + sT1 ) 1 s + Tn K K . (7.12) G0 ( s) = PR PS ⋅ T1 1 s s + T1 w(s) + e(s) − K PR 1 + sTn sTn K PS 1 + sT1 x(s) Bild 7.2 Regelkreis bestehend aus einer PT1-Strecke und einem PI-Regler, KPS = 0,5; T1 = 2 s; Tn = 1 s 204 7 Das Wurzelortskurvenverfahren Die Pole von G0(s) liegen bei s P1 = 0 ; s P 2 = − 1 , T1 1 . Tn Setzen wir in Gl. (7.12) s = σ + jω, so folgt die Nullstelle bei s N1 = − 1 σ + + jω Tn K K G0 (σ , jω ) = PR PS ⋅ . T1 1 (σ + jω ) σ + + jω T1 (7.13) Gemäß Gl. (7.7) ergibt sich der Verlauf der Wurzelortskurve aus tan ϕ 0 = Im (G0 ) =0 Re (G0 ) bzw. es genügt Im (G0 ) = Re ( N ) ⋅ Im ( Z ) − Re ( Z ) ⋅ Im ( N ) = 0 zu betrachten. Damit erhalten wir aus Gl. (7.13) ω σ σ + 1 1 1 − ω 2 − σ + ⋅ ω ⋅ 2σ + = 0 . T1 Tn T1 Diese Gleichung wird erfüllt für: a) ω = 0 b) ω 2 (7.14) = −σ 2 2 1 1 −σ − = − σ + Tn Tn T1 Tn 2 1 + Tn 1 1 − = 0 . Tn T1 (7.15) Der erste Teil der Wurzelortskurve verläuft nach Gl. (7.14) auf der σ-Achse. Für den zweiten Teil der Wurzelortskurve kann Gl. (7.15) (im vorliegenden Fall für Tn < T1) auf die Form 1 ω = − σ + Tn 2 2 1 + T n 1 1 − Tn T1 2 (7.16) gebracht werden. Dies ist die Gleichung eines Kreises in der s-Ebene mit dem Radius r= 1 Tn 1 1 − und dem Mittelpunkt Tn T1 1 ω = 0; σ = − Tn . Bild 7.3 zeigt den WOK-Verlauf, der mit dem Befehl rlocus(num,den, 'k') von MATLAB berechnet wurde. Nach Gl. (7.14) wäre zu erwarten, dass die gesamte σ-Achse Teil der WOK ist. 7.1 Analytische Berechnung der Wurzelortskurve 205 Root Locus 1 0.83 0.72 0.58 0.4 0.2 s-EBENE 0.91 0.8 KP 6,4235 0.6 8,8153 0.96 10,3391 0.4 Imaginäre Achse 2,683 1,3724 0.99 11,3251 0.2 0,5994 K = oo Imaginäre Achse P 1.75 0 1.5 1.25 1 0,448 0.75 0.5 sp2 s N1 KP=11,6569 Reelle Achse 0.25 -0.2 K P=0,343 0,5994 0.99 11,3251 1,3724 -0.4 10,3391 KP 2,683 0.96 -0.6 8,8153 6,4235 -0.8 0.91 -1 -2 0.83 -1.5 0.72 0.58 -1 0.4 0.2 -0.5 0 0.5 Reelle Achse Bild 7.3 WOK des Regelkreises nach Bild 7.2 mit G0 ( s) = K PR (1 + sTn ) K PS ⋅ sTn 1 + sT1 Wie Bild 7.3 zeigt, sind aber die Bereiche sN1 < σ < sP2 und σ > 0 ausgenommen, und zwar weil hier Gl. (7.6) verletzt ist. Betrachten wir z. B. für ω = 0 einen Punkt sN1 < σ < sP2, so ist ϕ 0 = ϕ N1 − ϕ P1 − ϕ P2 = 0 − π − π = −2π ≠ (2i + 1) π . Für einen Punkt mit ω = 0 und σ > 0 ist ϕ 0 = ϕ N1 − ϕ P1 − ϕ P2 = 0 − 0 − 0 ≠ (2i + 1) π . In diesen Bereichen ist zwar tan ϕ0 = 0 aber ϕ0 kein ungeradzahliges Vielfaches von π. Ermittlung der Lage der Pole auf der Wurzelortskurve als Funktion von Kp Die Abhängigkeit der Lage der Pole des geschlossenen Kreises vom veränderlichen Parameter KPR ergibt mit Gl. (7.5) auf Gl. (7.13) angewandt 206 7 Das Wurzelortskurvenverfahren G0 (σ , jω ) = K PR K PS ⋅ T1 σ+ 1 + jω Tn σ + jω ⋅ σ + 1 + jω T1 =1 (7.17) bzw. 2 1 (σ 2 + ω 2 ) ⋅ σ + + ω 2 T1 T . K PR = 1 ⋅ 2 K PS 1 σ + +ω2 Tn (7.18) Betrachten wir zunächst den Teil der Wurzelortskurve, der auf der σ-Achse verläuft, so erhalten wir mit Gl. (7.14) in Gl. (7.17) K PR K PS = T1 σ ⋅σ + 1 T1 . (7.19) 1 σ+ Tn Im Bereich sP2 < σ < sP1 ist: σ <0 σ > s P2 = − 1 1 > 0 bzw. σ + T1 T 1 σ > s N1 = − 1 1 > 0 . bzw. σ + Tn T n Damit können die Betragszeichen in Gl. (7.19) unter Berücksichtigung der Vorzeichen der einzelnen Terme weggelassen werden und es folgt: K PR K PS T1 1 σ ⋅ σ + T1 =− 1 σ + Tn (7.20) oder nach σ aufgelöst 2 1 + K PR K PS 1 + K PR K PS K K − PR PS . ± σ 1,2 = − 2T1 2T1 Tn T1 (7.21) 7.1 Analytische Berechnung der Wurzelortskurve 207 Entsprechend ist für σ < sN1 = −1/Tn: σ <0 1 σ + Tn < 0 1 σ + < 0 , T1 d. h. es gilt ebenfalls Gl. (7.20) bzw. (7.21). In den beiden Verzweigungspunkten ist der Radikand in Gl. (7.21) Null. Somit folgt für das Auftreten von Doppelpolen: T 1 K PR1,2 = − 1 − 2 1 K PS Tn T 1 − 2 1 Tn 2 − 1 ; K PR1 = 2(3 − 2 2 ) = 0,343; σ 1 = −1 − K PR 2 = 2(3 + 2 2 ) = 11,66; σ 2 = −1 + KPR σ1 σ2 ± 0 0 − 0,5 0,1 0,2 0,3 0,343 (7.22) 1 ; 2 1 . 2 11,66 − 0,053 − 0,115 − 0,2 − 0,293 − 1,707 − 0,472 − 0,435 − 0,375 − 0,293 − 1,707 12 16 20 − 1,5 − 2,0 − 1,22 − 3,28 − 1,15 − 4,35 Für den Bereich KPR1 < KPR < KPR2 erhalten wir die auf dem Kreis liegenden konjugiert komplexen Pole. Die Zuordnung zu KPR ermittelt sich mit Gl. (7.15) in Gl. (7.18) 2 1 2 1 2 1 − σ σ − + −σ − 2 Tn Tn T1 T1 T1 Tn Tn T1 K PR K PS . = 2 1 2 1 T1 σ + −σ − Tn Tn2 Tn Tn T1 (7.23) Nach Umformung von Gl. (7.23) folgt 2 K PR K PS 1 1 = 2σ + = 2 ⋅ σ + . T1 T1 2T1 Im betrachteten Bereich ist σ < − 1 und somit 2T1 (7.24) 208 7 Das Wurzelortskurvenverfahren K PR K PS 1 = − 2σ + T1 T1 bzw. σ =− 1 + K PR K PS . 2T1 (7.25) Erstaunlicherweise ist σ unabhängig von 1/Tn. KPR σ 0,343 1 − 0,292 − 0,375 2 − 0,5 4 − 0,75 6 −1 8 − 1,25 10 − 1,5 11 11,66 − 1,625 −1,707 Betrachten wir die WOK in Bild 7.3 nochmals im Zusammenhang, so beginnt diese für KPR = 0 mit den beiden Ästen in den Polen sP1 und sP2. Für 0 ≤ KPR ≤ KPR1 bewegen sich die Pole des geschlossenen Kreises auf der σ-Achse gegeneinander und ergeben für KPR = KPR1 einen Doppelpol. Die symmetrische Verzweigung in den Kreis und damit das Auftreten konjugiert komplexer Pole erfolgt für KPR > KPR1. Bild 7.4 Wurzelortskurve des Regelkreises nach Bild 7.2 G0 ( s ) = K PR K PS ( s + s N1 ) für Tn = 1 s; 0,5 s; 0, 3 s und 0,25 s ⋅ T1 s ( s + s P2 ) 7.1 Analytische Berechnung der Wurzelortskurve 209 Im Bereich KPR1 ≤ KPR ≤ KPR2 hat das geschlossene System konjugiert komplexe Pole auf dem Kreis der WOK. Für KPR = KPR2 treffen sich die beiden Kreishälften im Doppelpol (σ = −1 − 1 2; ω = 0) , um sich für KPR > KPR2 erneut zu verzweigen. Während der eine Ast für KPR2 > KPR ≤ ∞ auf der σ-Achse nach rechts in die Nullstelle sN1 von G0 läuft, strebt der andere mit zunehmendem KPR nach σ = −∞. Die bisherige Betrachtung konzentrierte sich auf die Ermittlung der WOK in Abhängigkeit vom Regelparameter KPR. Um den Einfluss des zweiten Regelparameters Tn auf die WOK zu zeigen, gibt es zwei Möglichkeiten: a) Durch schrittweise Veränderungen von Tn werden die zugehörigen WOKn anhand der zuvor gefundenen Gleichungen bestimmt. Bild 7.4 zeigt die WOKn für Tn = 1 s; 0,5 s; 0, 3 s und 0,25 s . b) Die charakteristische Gleichung 1 + G0(s) = 0 wird in die Form 1+ K PR K PS * 1 ⋅ G * ( s) = 0 , mit G ( s ) = s(1 + K PR K PS + sT1 ) Tn gebracht und die WOK in Abhängigkeit von 1/Tn ermittelt. Als weiteres Beispiel soll im Folgenden ein Regelkreis betrachtet werden, dessen Übertragungsfunktion G0(s) drei negativ reelle Pole aufweist. Beispiel 7.2 Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises lautet G0 ( s ) = K PR K PS K PR K PS = 3 (1 + sT1 ) (1 + sT2 ) (1 + sT3 ) s a3 + s 2 a 2 + s a1 + 1 (7.26) mit a1 = T1 + T2+ T3 = 3,5 s a2 = T1T2 + T1T3 + T2T3 = 3,5 s 2 3 a 3 = T1 T2 T3 = 1 s . w(s) + e(s) − K PR K PS (1 + sT1 )(1 + sT2 )(1 + sT3 ) x(s) Bild 7.5 Regelkreis mit drei negativ reellen Polen des aufgeschnittenen Kreises T1 = 1 s; T2 = 2 s; T3 = 0,5 s Setzen wir in Gl. (7.26) s = σ ± jω, so folgt G0 (σ , jω ) = K PR K PS 2 2 3 [1 + σ a1 + (σ − ω )a2 + (σ − 3σω 2 ) a3 ] ± jω [a1 + 2σ a2 + (3σ 2 − ω 2 )a3 ] . (7.27) 210 7 Das Wurzelortskurvenverfahren Die WOK ergibt sich gemäß Gl. (7.9) aus tan ϕ 0 = Im (G0 ) =0 Re (G0 ) bzw. Im G0 = ± K PR K PS ω [ a1 + 2σ a2 + (3σ 2 − ω 2 )a3 ] NENNER =0. (7.28) Gl. (7.28) ist erfüllt für ω =0 (7.29) und ω2 = a1 + 2σ a2 + 3σ 2 a3 . a3 (7.30) Ausgangspunkte der WOK sind für K = KPR KPS = 0 die Pole des aufgeschnittenen Kreises sP1 = − 1 1 1 = −0,5 s −1; s P3 = − = −2 s −1 . = −1 s −1; sP2 = − T2 T3 T1 Betrachten wir als erstes den Teil der WOK, der auf der negativen σ -Achse (ω = 0) verläuft. Die Winkelbedingung ϕ0 = (2i + 1)π wird erfüllt für die Bereiche s P1 ≤ σ ≤ s P2 und σ ≤ s P3 . Durch Gl. (7.30) wird der Verlauf der beiden WOKn-Äste beschrieben, für die ω ≠ 0 ist. Im Verzweigungspunkt ist ω = 0 und es folgt aus Gl. (7.30) a1 + 2σ a2 + 3σ 2 a3 = 0 bzw. σ 1,2 = − a 2 ± a 22 − 3a1 a 3 . 3a 3 (7.31) Mit den Zahlenwerten erhalten wir σ 1 = −0,726 s −1 σ 2 = −1,608 s −1 . Wie aus Bild 7.6 ersichtlich ist, ist nur σ1 ein echter Verzweigungspunkt, während σ2 in den Bereich fällt, der gegen die Winkelbedingung verstößt. Im Schnittpunkt der WOK mit der jωAchse (Stabilitätsgrenze) ist σ = 0 und es folgt aus Gl. (7.30) ω kr = ± a1 = ±1,871 s −1 . a3 7.1 Analytische Berechnung der Wurzelortskurve 211 Root Locus 2.5 0.81 0.89 0.7 0.56 0.38 0.2 K=21 2 K=11,25 1.5 0.95 K=5 Imaginäre Achse K=2,3 1 0.988 Imaginary Axis s-EBENE K 0.5 Reelle Achse 4 0 3 K=21 K=11,25 2 K=5 1 s s p3 s p1 p2 -0.5 K 0.988 -1 K=2,3 K=5 0.95 -1.5 K=11,25 -2 0.89 -2.5 0.81 -4 0.7 -3 0.56 -2 0.38 K=21 0.2 -1 0 1 Real Axis Bild 7.6 Wurzelortskurve des Regelkreises nach Bild 7.5 mit sp1 = −1; sp2 = −0,5; sp3 = −2 für G0 ( s ) = K , (s − s P1 ) (s − s P2 ) ( s − s P3 ) berechnet mit folgenden MATLAB-Befehlen: num = [ 0 0 0 1]; den = [ 3 3.5 3.5 1]; rlocus(num,den, 'k'); hold on; grid; [k,p] = rlocfind(num,den); Weitere Punkte im interessierenden Bereich der WOK ω = f (σ) ergeben sich durch Einsetzen diskreter σ -Werte in die Gl. (7.30). σ s −1 ω s −1 − 0,726 − 0,6 − 0,5 − 0,4 − 0,3 − 0,2 0 + 0,5 0 ± 0,616 ± 0,866 ± 1,086 ± 1,292 ± 1,49 ± 1,871 ± 2,784 Die Markierung der WOK in Abhängigkeit vom Parameter K = KPRKPS folgt aus Gl. (7.27). Durch die Winkelbedingung bzw. Im (G0) = 0 vereinfacht sich Gl. (7.27) und es wird G 0 (σ , ω ) = K PR K PS 1 + σ a1 + (σ 2 − ω 2 )a 2 + (σ 3 − 3σω 2 ) a 3 =1. Ermitteln wir zunächst die KPRKPS-Werte auf der σ-Achse für ω = 0, so ist (7.32) 212 7 Das Wurzelortskurvenverfahren K PR K PS = 1 + σ a1 + σ 2 a2 + σ 3a3 und mit den Zahlenwerten a1, a1, a3 eingesetzt, folgt K PR K PS = 1 + σ 3 + 3,5σ (1 + σ ) . (7.33) Mit Gl. (7.33) berechnen sich die nachfolgenden KPRKPS-Werte (s. Bild 7.6). σ s −1 KPRKPS − 0,5 − 0,726 −1 −2 − 2,5 −3 −4 −5 0 0,079 0 0 1,5 5 21 54 Zur Bestimmung der KPRKPS-Werte auf den beiden Wurzelortskurvenästen für ω ≠ 0 eliminie2 ren wir ω . Mit Gl. (7.30) in Gl. (7.27) folgt K PR K PS = 1 + σ a1 + σ 2 a2 + σ 3a3 − (a2 + 3σ a3 ) a1 + 2σ a2 + 3σ 2 a3 . a3 Setzen wir für a1, a1, a3 die Zahlenwerte ein, so wird K PR K PS = − 11,25 − 31,5σ − 28σ 2 − 8σ 3 (7.34) mit den nachfolgend errechneten KPRKPS-Werten. σ s −1 KPRKPS − 0,726 − 0,5 − 0,25 0 + 0,25 + 0,5 0,079 1,5 5 11,25 21 35 Der Schnittpunkt der WOKn-Äste mit der jω -Achse für σ = 0 ergibt sich auch einfach mit Hilfe des Hurwitz-Stabilitätskriteriums. Aus der charakteristischen Gleichung a 0 1 + G 0 ( s ) = s a 3 + s a 2 + sa1 + 1 + K PR K PS = 0 3 2 folgt an der Stabilitätsgrenze a1a 2 − a 0 a 3 = 0 bzw. aa K PR K PS = 1 2 − 1 = 11,25 . a3 7.2 Geometrische Eigenschaften von Wurzelortskurven 213 Die in Bild 7.6 gezeigte Wurzelortskurve wurde mit MATLAB berechnet. Für K = 0 beginnen die drei WOKn-Äste in den Polstellen sP1, sP2, sP3. Während der von sP3 ausgehende Ast mit zunehmendem K auf der negativ reellen Achse nach σ → -∞ läuft, laufen die beiden von sP1 und sP2 ausgehenden Äste zunächst auf der negativ reellen Achse aufeinander zu und treffen im Verzweigungspunkt σ 1 = −0,726 s −1 K = 0,079 zusammen. Für K > 0,079 treten die beiden WOKn-Äste aus dem Verzweigungspunkt aus, laufen symmetrisch zur reellen Achse (konjugiert komplexes Polpaar) und schneiden für K = 11,25 (σ = 0) die imaginäre Achse. Das System wird für K > 11,25 mit σ > 0 instabil. 7.2 Geometrische Eigenschaften von Wurzelortskurven Die im Folgenden als Regeln angegebenen geometrischen Eigenschaften dienten ursprünglich als Hilfsmittel zur Konstruktion von Wurzelortskurven. Da graphische Verfahren heute gegenüber numerischen Verfahren mittels Digitalrechner immer mehr in den Hintergrund treten, dienen diese Regeln zum einen zur Überprüfung numerisch gewonnener Daten und zum anderen können damit die Tendenzen von Parameteränderungen abgeschätzt und die Auswirkungen, die das Hinzufügen zusätzlicher Pol- und Nullstellen (z. B. Lead-Lag-Glied) zur Folge hat, qualitativ beurteilt werden. Regel 1 Beginn und Ende der WOKn-Äste Sämtliche Äste der WOK beginnen für K = 0 in den Polen sPj des aufgeschnittenen Kreises G0(s) und enden für K → ∞ in den Nullstellen sNi von G0(s) bzw. im Unendlichen. Den Beweis liefert Gl. (7.11). Für s = sPj (j = 1...n) wird K = 0 und für s = sNi (i = 1...m) wird K = ∞. Ferner wird für n > m K = ∞, wenn s → ∞. Da bei realen Systemen der Grad m des Zählerpolynoms von G0(s) stets kleiner höchstens gleich dem Grad des Nennerpolynoms ist (m ≤ n), enden von den n Ästen m in den Nullstellen und (n − m) Äste laufen ins Unendliche. Regel 2 Symmetrie der WOK bezüglich der reellen Achse Da komplexe Pole und Nullstellen immer nur konjugiert komplex auftreten, ist die WOK symmetrisch zur reellen Achse. Regel 3 Verschiebung der Pol-Nullstellenkonfiguration parallel zur reellen Achse Eine Verschiebung der gesamten Pol-Nullstellenkonfiguration von G0(s) parallel zur reellen Achse ändert die Lage der WOK zur imaginären Achse, hat aber keine Änderung der Form der WOK zur Folge. 214 7 Das Wurzelortskurvenverfahren Regel 4 Verlauf der WOK auf der reellen Achse Von der reellen Achse der s-Ebene sind die Bereiche Teil der WOK, von deren Punkte aus betrachtet die rechts davon gelegene Summe der auf der reellen Achse gelegenen Pole und Nullstellen ungerade ist. Konjugiert komplexe Pole und Nullstellen liefern keinen Beitrag für Punkte auf der reellen Achse und können unberücksichtigt bleiben. Regel 5 Schwerpunkt der Asymptoten Ist n > m, so laufen (n − m) WOKn-Äste ins Unendliche. Die Asymptoten an die ins Unendliche strebenden Äste schneiden sich in einem Punkt auf der reellen Achse, dem n m j =1 i =1 sPj − s Ni Wurzelschwerpunkt δ s = Regel 6 n−m . (7.35) Anstiegswinkel der Asymptoten Die Anstiegswinkel der Asymptoten ergeben sich zu ϕi = Regel 7 (1 + 2i ) π m−n (i = 0, 1, 2, ... , n − m − 1). (7.36) Austrittswinkel aus einem konjugiert komplexen Polpaar Die beiden Austrittswinkel ϕPAi aus einem konjugiert komplexen Polpaar ergeben sich zu m ϕ PA1,2 = ϕ Ni − i =1 n π ϕ Pj ± 2 . (7.37) j =1 j ≠ A1, A2 Entsprechend ergeben sich für die beiden Eintrittswinkel ϕNEi in ein konjugiert komplexes Nullstellenpaar ϕ NE1,2 = − Regel 8 m n i =1 i ≠ E1, E2 j =1 π ϕ Ni + ϕ Pj ± 2 . (7.38) Austrittswinkel aus einem r-fachen Pol auf der reellen Achse Aus einem r-fachen Pol auf der reellen Achse treten r WOKn-Äste aus. Die Austrittswinkel berechnen sich aus 7.2 Geometrische Eigenschaften von Wurzelortskurven ϕ Pi = (ν − μ − 1 − 2i) ⋅π r (i = 1, 2, 3,... r). 215 (7.39) Konjugiert komplexe Pol- bzw. Nullstellenpaare liefern keinen Winkelbeitrag und können in (7.39) unberücksichtigt bleiben. Ebenso haben die auf der reellen Achse links von der r-fachen Polstelle gelegenen Pole und Nullstellen den Winkelbeitrag Null. Nur die rechts der r-fachen Polstelle liegenden μ Pole ergeben −μ⋅π und die ν Nullstellen +ν ⋅π. In eine r-fache Nullstelle auf der reellen Achse enden r WOKn-Äste unter den Eintrittswinkeln ϕ Ni = − Regel 9 (ν − μ − 1 − 2i) ⋅π r (i = 1, 2, 3,... r). (7.40) Verzweigungspunkte der WOK Ein Verzweigungspunkt K = Kλ liegt vor, wenn zwei oder im Allgemeinen r WOKnÄste mit zunehmendem K auf einen Punkt zulaufen und ebenso viele WOKn-Äste für K > Kλ aus dem Verzweigungspunkt austreten. Der Verzweigungspunkt ergibt sich durch Lösen der Gleichung m n 1 1 − =0. s − s Ni j =1 s − s Pj i =1 (7.41) Das zu lösende Polynom ist infolge n ≥ m vom Grade n und für großes n nur numerisch lösbar. Speziell für die Verzweigungspunkte auf der reellen Achse, folgt für ω = 0 bzw. s = σ m n σ − s Ni − σ − s Pj = 0 . 1 i =1 1 (7.42) j =1 Regel 10 Winkel zwischen den ein- bzw. austretenden WOKn-Ästen eines Verzweigungspunkts Der Winkel zwischen zwei benachbarten, aus dem Verzweigungspunkt austretenden WOKn-Ästen ist Δϕ Pλ = 2π . r (7.43) Ebenso ergibt sich für den Winkel zwischen zwei benachbarten, in den Verzweigungspunkt eintretenden WOKn-Ästen 216 7 Das Wurzelortskurvenverfahren Δϕ Nλ = 2π . r (7.44) Der Winkel zwischen je einem in den Verzweigungspunkt ein- und austretenden WOKn-Ast ist Δϕ λ = π . r Δϕ Nλ Δϕ λ Δϕ Nλ (7.45) Δϕ Nλ r=2 Δϕ λ r=3 Δϕ λ r=4 Bild 7.7 Verzweigungspunkte für r = 2, 3 und 4 Bild 7.7 zeigt Verzweigungspunkte für r = 2, 3, 4. Die Richtungen der Zeiger sind abhängig von der konkreten Pol-Nullstellenverteilung. So zeigen die beiden Verzweigungspunkte in Bild 7.3 für K = 0,343 und K = 11,66 unterschiedliche Richtungen bezüglich der eintretenden WOKn-Äste. Entsprechend unterschiedlich sind die Richtungen der austretenden WOKn-Äste. Regel 11 Schnittpunkte der WOK mit der imaginären Achse Die Schnittpunkte der WOK mit der imaginären Achse (Stabilitätsgrenze) ergeben sich aus Gl. (7.4) für σ = 0 bzw. s = jω zu K0 ⋅ m n i =1 j =1 ∏ ( jω − s Ni ) + ∏ ( jω − s Pj ) = 0 . (7.46) Da in Gl. (7.46) sowohl die Realteile als auch die Imaginärteile gleichzeitig verschwinden müssen, ergeben sich zwei Gleichungen zur Bestimmung von ω und K. Vielfach gelangt man durch Auswertung der charakteristischen Gleichung mittels eines Stabilitätskriteriums (z. B. Hurwitz) an der Stabilitätsgrenze schneller zum Ziel. Regel 12 Ermittlung eines unbekannten WOKn-Punktes für ein bestimmtes K Ist m ≤ n − 2, so gilt n n j =1 λ =1 s Pj = sPλ ( K ) = konst. (7.47) Da komplexe Pole immer nur konjugiert komplex auftreten, fallen bei der Summenbildung die imaginären Anteile heraus und es genügt die Bildung der Summe über die Realteile 7.2 Geometrische Eigenschaften von Wurzelortskurven n 217 n Re( s Pj ) = j =1 Re(s Pλ ( K )) = konst. (7.48) λ =1 Diese Regel kann hilfreich sein, wenn es darum geht, ein noch unbekanntes sPλ (reell oder konjugiert komplex) für ein bestimmtes K zu ermitteln. Es sei nochmals betont, dass die Beziehung (7.48) auf Systeme m ≤ n − 2 beschränkt ist. Die Anwendung und Zweckmäßigkeit der im Vorangegangenen behandelten Regeln 1, ... 12 soll anhand der nachfolgenden Beispiele erläutert werden. • Beispiel 7.3 Eine PT2-Strecke mit der Übertragungsfunktion GS ( s ) = K PS 1 + sT1 + K PS = 0,4 ; s 2T22 T1 = 0,8 s ; T22 = 0,2 s 2 wird von einem PDT1-Regler geregelt: G R ( s ) = K PR 1 + sTv , mit Tv = 2 s ; 1 + sT3 T3 = 0,2 s . Der Verlauf der WOK soll mit K ~ KPR als veränderlichem Parameter anhand der Regeln diskutiert werden. Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises lautet G 0 ( s ) = G R ( s ) ⋅ GS ( s ) = K PR K PSTv T22T3 ⋅ ( s − s N1 ) , ( s − s P1 )( s − s P2 )( s − s P3 ) mit 1 s N1 = − = −0,5 s −1 ; Tv s P3 = − 1 = −5 s −1 ; T3 T s P1,2 = − ± 1 2 2T 2 2T2 2 K K T K = PR PS v T22T3 T1 2 − 1 = (−2 ± j ) s −1 T22 Regel 1 Als erstes werden die Pole und Nullstellen des offenen Kreises in die s-Ebene gezeichnet (s. Bild 7.8). Jeder der drei Pole ist Ausgangspunkt eines WOKn-Astes. Da nur eine Nullstelle sN1 vorliegt, enden von den drei WOKn-Ästen zwei im Unendlichen. Regel 4 Der Bereich sP3 ≤ σ ≤ sN1 der reellen Achse ist Teil der WOK. 218 7 Das Wurzelortskurvenverfahren Regel 5 Nach Gl. (7.35) erhalten wir den Wurzelschwerpunkt n m sPj − s Ni δS = j =1 i =1 = n−m − 2 − 2 − 5 + 0,5 −1 s = −4,25 s −1 . 2 Regel 6 Die Anstiegswinkel der beiden Asymptoten folgen aus Gl. (7.36) ϕi = (1 + 2i ) ⋅π m−n π ϕ0 = − ; i = 0 ,1, 2, ..., (n − m − 1) 3 2 ϕ1 = − π . 2 Regel 7 Die Austrittswinkel aus den konjugiert komplexen Polen sP1und sP2 ergeben sich nach Gl. (7.37) zu ϕ A1 = ϕ N1 − ϕ P3 + 90° = 180° − arctan 1 1 − arctan + 90° = 218° 1,5 3 ϕ A 2 = ϕ N1 − ϕ P3 − 90° = −146,31° + 18,44° − 90° = −218°. Regel 9 Mit Gl. (7.42) errechnet sich die Lage des Verzweigungspunktes m n σ − s Ni − σ − sPj = σ + 0,5 − σ + 2 − j − σ + 2 + j − σ + 5 = 0. i =1 1 1 1 1 1 1 j =1 Daraus folgt (σ 2 + 4σ + 5) ⋅ 4,5 − ( 2σ + 4)(σ 2 + 5,5σ + 2,5) = 0 bzw. 2σ 3 + 10,5σ 2 + 9σ − 12,5 = 0. Die Lösungen dieses Polynoms 3. Grades sind: σ 1 = −2,615 s −1 ; σ 2 = −3,349 s −1 ; σ 3 = +0,714 s −1 . Es liegen demnach zwei Verzweigungspunkte σ1 und σ2 vor. Der dritte Verzweigungspunkt σ3 liegt außerhalb des gültigen Bereichs. Regel 10 Im vorliegenden Fall sind die beiden Verzweigungspunkte jeweils doppelte Polstellen (r = 2). Der Winkel zwischen den symmetrisch ein- und austretenden WOKn-Ästen ist nach Gl. (7.45) 7.2 Geometrische Eigenschaften von Wurzelortskurven Δϕ λ = π r 219 = 90°. Regel 11 Die Ermittlung der Schnittpunkte mit der imaginären Achse erübrigt sich, da es, wie der WOKn-Verlauf zeigt, keine Schnittpunkte gibt. Das heißt, das System ist unbegrenzt stabil. Regel 12 Infolge (n−m) = 2 können der dritte Pol und die K-Werte in den Verzweigungspunkten nach Gl. (7.48) berechnet werden. n m j =1 i =1 Re(sPj ) = Re(sPλ ) = (−2 − 2 − 5) s −1 = −9 s −1. Für den Verzweigungspunkt σ 1 = −2,615 s −1 liegt der dritte Pol auf der reellen Achse bei σ 1,3 = (−9 + 2 ⋅ 2,615) s −1 = −3,77 s −1. Entsprechend berechnet sich für den zweiten Verzweigungspunkt σ 2 = −3,349 s −1 der dritte Pol zu σ 2,3 = (−9 + 2 ⋅ 3,349) s −1 = −2,302 s −1 . Exemplarisch sollen noch die K-Werte in den Verzweigungspunkten bestimmt werden. Allgemein gilt nach Gl. (7.4) n ∏ (s − s Pj ) j =1 m K =− . ∏ (s − s Ni ) i =1 Im ersten Verzweigungspunkt ist K1 = − K1 = (−2,615 + 2 − j ) (−2,615 + 2 + j ) (−2,615 + 5) − 2 s (−2,615 + 0,5) (0,615 2 + 1) ⋅ 2,385 − 2 s = 1,554 s −2 . 2,115 Im zweiten Verzweigungspunkt ist K2 = − K2 = (−3,349 + 2 − j ) (−3,349 + 2 + j ) (−3,349 + 5) − 2 s (−3,349 + 0,5) (1,349 2 + 1) ⋅ 1,651 −2 s = 1,634 s −2 . 2,849 220 7 Das Wurzelortskurvenverfahren In Bild 7.8 ist der mit dem folgenden MATLAB-Skript berechnete Wurzelortskurververlauf dargestellt: >> KpR = 1; KpS = 0.4; >> T1 = 0.8; >> T2_2 = 0.2; >> Tv = 2;T3 = 0.2; >> b1 = KpR*KpS*Tv; >> b0 = KpR*KpS; >> a3 = T2_2*T3; >> a2 = T1*T3+T2_2; >> a1 = (T3+T1); >> a0 = 1; >> num = [ 0 0 b1 b0 ] >> den = [ a3 a2 a1 a0 ] >> rlocus (num, den, 'k') >> hold on; grid Root Locus 4 0.8 0.7 0.54 0.38 0.18 0.89 s-EBENE 3 0.95 Imaginäre Achse 2 Austrittwinkel s 1 p1 0.988 Imaginary Axis Austrittwinkel Reelle Achse Austrittwinkel 6 0 5 4 3 2 1 sp3 sN1 Ima Verzweigspunkte -1 0.988 s p2 Austrittwinkel -2 0.95 -3 0.89 0.8 -4 -7 -6 0.7 -5 -4 0.54 -3 0.38 -2 Real Axis Bild 7.8 Wurzelortskurve zu Beispiel 7.3 mit G0 ( s ) = K PR K PS 1 + sTv (1 + sT1 + s 2T22 )(1 + sT3 ) 0.18 -1 0 1 2 221 8 Entwurf von linearen Regelkreisen In Kapitel 4 wurden verschiedene Regeleinrichtungen mit einfachen Regelstrecken zu Regelkreisen zusammengesetzt und bei Führungs- und Störverhalten untersucht. Als Güteparameter wurden die bleibende Regeldifferenz und die Dämpfung betrachtet. Ein optimal eingestellter Regelkreis soll mit möglichst geringer Regeldifferenz einerseits und möglichst großer Dämpfung andererseits arbeiten. Diese Forderungen widersprechen sich. Beispielsweise führt die Vergrößerung des P- bzw. des I-Anteils eines Reglers bei Regelkreisen mit P-Strecken zur Verringerung der bleibenden Regeldifferenz, gleichzeitig jedoch auch zur Verringerung der Dämpfung und somit zur Instabilität. Die optimale Reglereinstellung erfolgt durch eine Kompromisslösung, die wiederum von der speziellen Regelaufgabe abhängt. Ein wünschenswertes Regelkreisverhalten soll mehrere Gütekriterien optimal oder in gegebenen Grenzen halten. Außer Amplituden- und Phasenreserve, Pol- und Nullstellen, bleibender Regeldifferenz und Dämpfung gehören zur Regelgüte die An- und Ausregelzeit und die Überschwingweite. Diese Merkmale lassen sich aus Sprungantworten direkt ablesen oder aus Differentialgleichungen bzw. Übertragungsfunktionen mit Hilfe von Stabilitätskriterien und Wurzelortskurven (Kapitel 6 und 7) berechnen. Somit ist der Erfolg beim Reglerentwurf im Wesentlichen von Kenntnissen der Regelstrecke abhängig. Nachfolgend wird gezeigt, wie der Regelkreisentwurf direkt im Zeitbereich oder indirekt durch die Optimierung von Frequenzkennlinien erfolgt. 8.1 Gütekriterien des Zeitverhaltens Bild 8.1 zeigt den zeitlichen Verlauf der Regelgröße bei einem Führungssprung. Daraus lassen sich die wichtigsten Gütekriterien des Zeitverhaltens, d. h. die bleibende Regeldifferenz, die Dämpfung, die An- und Ausregelzeit, die Überschwingweite, wie nachfolgend gezeigt wird, nach „Faustformeln“ ermitteln. x maximale Überschwingweite xm w0 Sollwert Tan bleibende vereinbarter Regeldifferenz Toleranze(∞) bereich Beharrungswert x(∞) t Te Bild 8.1 Sprungantwort des Führungsverhaltens. Die Güteparameter sind nach DIN 19226, Teil 5, eingetragen Taus S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_8, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2014 222 • 8 Entwurf von linearen Regelkreisen Bleibende Regeldifferenz Die Regelkreise, die nur aus P-Gliedern mit oder ohne Verzögerung bestehen, weisen immer eine bleibende Regeldifferenz auf. Dies gilt auch für die Glieder mit D-Anteil. Sind in einem Regelkreis mit P-Regler ein oder mehrere Glieder mit I-Anteil vorhanden, so ist der zeitliche Verlauf der Regeldifferenz e(t) vom Ort, an dem die Störgröße angreift und deren zeitlichen Verlauf abhängig. Greift die Störgröße am Ausgang des I-Gliedes an, so wird die Regeldifferenz vollständig ausgeregelt. Tritt die Störgröße am Eingang des I-Gliedes ein, so kann die bleibende Regeldifferenz e(∞) entweder aus der mathematischen Beschreibung des Regelkreises, wie in Kapitel 4 gezeigt wurde, oder direkt aus dem Wirkungsplan des Regelkreises anhand der Eigenschaften eines I-Gliedes ermittelt werden. Diese Eigenschaft besteht darin, dass die Ausgangsgröße eines I-Gliedes überhaupt nur dann einen Beharrungszustand erreichen kann, wenn die Eingangsgröße des I-Gliedes gleich Null wird. • Beispiel 8.1 Am Eingang des I-Gliedes in Bild 8.2 wird im Beharrungszustand stets yS(∞) = 0. Dies führt beim Führungsverhalten mit dem Sprung w(t) = w0 zu y(∞) = 0, yR(∞) = 0 und weiterhin zu e(∞) = 0, d. h. zu keinen bleibenden Regeldifferenz. KPR w + yR e z1 KPS , T1 + y + yS + − z2 KIS + x Bild 8.2 Wirkungsplan eines Regelkreises mit drei Eingangsgrößen w, z1 und z2 Wirkt nun sprungförmig die Störgröße z1(t) = z10, so soll diese im Beharrungszustand durch y(∞) = − z10 kompensiert werden, da es aus dem Wirkungsplan des Bildes 8.2 yS(∞) = y(∞) + z10 = 0 folgt. Für y(∞) = − z10 wird weiterhin y R ( ∞) = − 1 z10 , K PS was zu einer bleibenden Regeldifferenz führt: e(∞) = − 1 1 ⋅ z10 K PS K PS Greift die Störgröße z2(t) am Ausgang des I-Gliedes an, so ist dieser Fall gleichbedeutend mit dem Führungsverhalten, d. h. e(∞) = 0. 8.1 Gütekriterien des Zeitverhaltens • 223 Überschwingweite Die Überschwingweite xm ist die größte Abweichung der Regelgröße vom Sollwert während des Übergangsprozesses von einem Beharrungszustand in einen neuen Beharrungszustand beim Führungs- oder Störverhalten. Die Überschwingweite kann verhältnismäßig durch den Beharrungswert x(∞) ausgedruckt werden, z. B. in Bild 8.1 beträgt die Überschwingweite ca. 30% des Beharrungswertes, d. h. xm = 0,3 x(∞). • Anregel- und Ausregelzeit Die Anregelzeit Tan ist ein Maß für die Schnelligkeit einer Sprungantwort. Sie wird als die Zeitspanne zwischen der Eintrittzeit eines Stör- oder Führungssprungs und dem Zeitpunkt, wenn die Regelgröße erstmalig in einen vorgegebenen Toleranzbereich eintritt, definiert. Der Toleranzbereich wird meist als ± (2 bis 4) % des Endbeharrungszustandes x(∞) vereinbart. Die Ausregelzeit Taus zeigt, wie lange dauert der Übergangsprozess von einem Beharrungszustand x(0) in einen neuen Beharrungszustand x(∞). Der Übergangsprozess gilt als abgeschlossen, wenn die Regelgröße in den Toleranzbereich ± (2 bis 4) % des Endbeharrungszustandes x(∞) zum dauernden Verbleib eintritt. • Dämpfung Die Sprungantwort in Bild 8.1 entspricht einem P-T2-Verhalten (s. Abschnitt 3.5): G w ( s ) = K Pw ⋅ β 2 1 2 s + s ⋅ 2α + β 2 . Den exakten Wert der Dämpfung D = α /β kann man nach Gl. (3.72) des Abschnitts 3.5 berechnen. Die Anzahl n der Halbwellen der Sprungantwort lässt sich aus den Zusammenhängen der gedämpften Schwingung ableiten: 1 n= D2 −1 . Angenähert kann die Dämpfung direkt aus der Sprungantwort abgelesen werden: D≈ 1 . n Beispielsweise weist die Sprungantwort in Bild 8.1 n = 3 Halbwellen auf. Die Dämpfung D liegt damit bei 0,33. Aus dem Abschnitt 3.5 folgen die Formeln für die Berechnung der Ausregelzeit Taus und der Periodendauer Te bzw. der Frequenz ωe der gedämpften Schwingung: Taus = ln 25 α ≈ 3,22 α , Te = 2π ωe = 2π β 1− D2 . 224 8 Entwurf von linearen Regelkreisen 8.2 Praktische Einstellregeln Eine anspruchsvolle Einstellung des Reglers kann dann erfolgen, wenn ein genügend genaues Modell der Regelstrecke vorliegt. In den Fällen, wenn die mathematische Beschreibung der Regelstrecke nicht bzw. nur angenähert bekannt ist, haben sich die empirischen Einstellregeln mit Erfolg bewährt, deren Vorteil darin besteht, dass kein mathematischer Aufwand notwendig ist. Die praktischen Einstellregeln werden nachfolgend nach dem Genauigkeitsgrad des Streckenmodells eingeteilt. Somit werden wir zwischen den grob und fein approximierten Regelstrecken unterscheiden. Die experimentelle Ermittlung der mathematischen Beschreibung der Regelstrecke wird in der Fachliteratur als Identifikation bezeichnet. Darunter versteht man die Untersuchung des experimentell ermittelten Übergangsverhaltens der Regelstrecke, wenn am Eingang die speziellen Testfunktionen angewendet werden. Die Identifikation als Werkzeug zur Modellbildung wird im Buch nicht betrachtet. Die Eingangsfunktionen, wie die Sprungfunktionen, die Anstieg- und Rampenfunktionen, die Impulsfunktionen und die stochastischen Eingangssignale, wurden bereits im Abschnitt 2.3.1 eingeführt. Hier wird nur die Parameterschätzung anhand von Sprungantworten der Regelstrecke x(t) auf eine sprungförmige Änderung der Stellgröße y(t) behandelt. 8.2.1 Grob approximierte Strecke Ziegler-Nichols-Verfahren Liegt keine mathematische Beschreibung einer Regelstrecke vor, ist jedoch gegeben, dass diese sich wie eine Reihenschaltung eines Verzögerungsgliedes 1.Ordnung (PT1-Glied) und eines Totzeitgliedes Tt oder wie ein P-Tn-Glied verhält, so kommt sofort die Einstellregel nach Ziegler und Nichols zur Anwendung. Zunächst wird am Regelkreis experimentiert. Der Regler wird als P-Regler eingestellt und die Verstärkung KPR solange vergrößert, bis der Regelkreis an die Stabilitätsgrenze gelangt, d. h. Dauerschwingungen ausführt. Dabei wird der kritische Wert von KPR = KPRkr abgelesen und die kritische Periodendauer Tkr der Dauerschwingung gemessen. Die empfohlenen Kenngrößen für verschiedene Reglertypen sind: Parameter KPR P-Regler PI-Regler PID-Regler 0,5⋅ KPRkr 0,45⋅ KPRkr 0,6⋅⋅ KPRkr 0,83⋅⋅Tkr 0,5⋅⋅ Tkr Tn - Tv - - 0,125⋅ Tkr Die oben angegebene Tabelle gibt die günstige Einstellung des Störverhaltens. Der Regelverlauf ist dabei mit ca. D = 0,2 bis D = 0,3 schwach gedämpft. 8.2 Praktische Einstellregeln 225 Wendetangenten-Verfahren Viele industrielle Regelstrecken lassen sich angenähert als P-Tn- oder I-Tn-Strecken darstellen. Aus den Sprungantworten können Verzugszeit Tu bzw. Tt und Ausgleichszeit Tg sowie Proportional- und Integrierbeiwerte KPS oder KIS durch eine grobe Approximation mittels der Wendetangente, wie in Bild 8.3 gezeigt, bestimmt werden. x(t) x(t) Tg x(∞) KIS ⋅ Tu ⋅ y0 KPS ⋅ y0 0 tw 0 t t Tu = Tt Tu = Tt Bild 8.3 Approximierung der Sprungantwort nach einem Sprung der Stellgröße y(t) = y0⋅σ(t). Die nach dem Ziegler-Nichols-Verfahren empfohlene Einstellung kann mit den grob geschätzten Parametern der Regelstrecke auch rechnerisch ermittelt werden. Für eine Regelstrecke, die z. B. aus einem Totzeitglied und einem Verzögerungsglied 1. Ordnung mit den Zeitkonstanten Tu und Tg besteht und mit einem P-Regler mit Verstärkung KPR geregelt wird G0 ( s ) = K PR ⋅ K PS ⋅ e − sTu , 1 + sTg (8.1) soll die Nyquist-Stabilitätsbedingung (6.64) bei der Dauerschwingung erfüllt werden: G0 ( jω d ) = 1 , wenn ϕ 0 (ω d ) = −180° . (8.2) Der Amplituden- und Phasengang des aufgeschnittenen Regelkreises nach Gl. (8.1) wurden bereits in Abschnitten 6.2.3 und 6.3.2 behandelt. Aus Gl. (8.2) folgen die Bedingungen für die kritischen Werte KPRkr und ω kr : G0 ( jω kr ) = K PRkr K PS 1 + (ω kr Tg ) 2 =1 ϕ 0 (ω kr ) = −ω kr Tu − arctan(ω kr Tg ) = −π . Ermitteln wir ω kr aus der Gl. (8.3) (8.3) (8.4) 226 8 Entwurf von linearen Regelkreisen ( K PRkr K PS ) 2 − 1 ω kr Tg = und setzen diese in Gl. (8.4) ein, so ergibt sich die Bedingung Tu π − arctan = Tg (K ( K PRkr K PS ) 2 − 1 2 PRkr K PS ) − 1 . (8.5) Das Verhalten Tg/Tu wird die Regelbarkeit genannt. Aus Gl. (8.5) folgt, dass KPRkr vom Proportionalbeiwert KPS und von der Regelbarkeit der Strecke abhängig ist. Die Regelbarkeit (8.5) kann durch die Faustformel Tu π 1 ≈ Tg 2 K PRkr K PS − 1 (8.6) approximiert werden. Daraus folgt K PRkr ≈ 1 K PS π Tg ⋅ 2 T + 1 . u (8.7) Die entsprechende Ziegler-Nichols-Empfehlung ist unten in der Tabelle dargestellt. Parameter P-Regler PI-Regler PID-Regler K PR K PSTu Tg 1 0,9 1,2 - 3,3 2,0 - - 0,5 Tn Tu Tv Tu Eine andere Empfehlung zur günstigen Einstellung des P-Reglers stammt von Samal: K PR ≈ 1 2 K PS π Tg . ⋅ ⋅ 2 Tu (8.8) Für PI-Regler gilt nach dieser Regel wie oben noch Tn = 3,3⋅Tu sowie für PID-Regler Tn = 2,0⋅Tu und Tv = 0,5⋅Tu. Chien, Hrones und Reswick haben detaillierte und für verschiedene Anforderungen an das Regelverhalten ausgelegte Einstellregeln empfohlen, die zu einem Regelverlauf für Führungs- und für Störverhalten ohne Überschwingen oder mit der 20%Überschwingen führen. Die nachfolgende Tabelle zeigt diese Einstellregeln für PIund PID-Regler (additive Form) mit Strecken höherer Ordnung, die nach Gl. (8.1) durch den Proportionalbeiwert KPS und die Regelbarkeit gekennzeichnet sind. 8.2 Praktische Einstellregeln Reglereinstellung nach Chien, Hrones , Reswick Regler Parameter 227 Regelverlauf mit 20% Überschwingung Führung Störung Aperiodischer Regelverlauf Führung Störung P T K PR K PS u Tg 0,3 0,3 0,7 0,7 PI T K PR K PS u Tg 0,35 0,6 0,6 0,7 Tn 1,2⋅Tg 4⋅Tu 1,0⋅Tg 2,3⋅Tu T K PR K PS u Tg 0,6 0,95 0,95 1,2 Tn 1,0⋅Tg 2,4⋅Tu 1,35⋅Tg 2,0⋅Tu Tv Tu 0,5 0,42 0,47 0,42 PID Regelbarkeit der Strecke Wie oben erwähnt, ist die günstige Reglereinstellung von der Regelbarkeit der StreTg cke, d. h. vom Verhalten , abhängig. Je größer die Regelbarkeit ist, desto größer Tu darf die Verstärkung des Reglers gewählt werden, wie Gln. (8.7) und (8.8) zeigen. Die Erfahrungswerte zur Beurteilung der Regelbarkeit sind unten zusammengefasst. ⇐ gute ⇐ ⇐ x(t) x(t) t 0 Tu = 0 Tg Tu = t 0 Tg Tu =∞ schlechte Tg t 0 x(t) Tg Tu = 0 0 0 x(t) x(t) Tg Tg = 0 Regelbarkeit Tu gute Regelbarkeit von 10 bis 3 Tg = 0 t 0 Tu Tg Tu t 0 Tu <1 Tg Tu =0 Ist die Verzugszeit Tu der Strecke sehr klein, so erkennt der Regler verzögerungsfrei einen Störgrößensprung und baut dementsprechend die Störung schnell ab. Man spricht von guter Regelbarkeit. Und umgekehrt, je größer die Verzugszeit ist, desto länger dauert die Übertragung des Störsignals zum Reglereingang. Der Regler wird in diesem Fall mit der größeren Verspätung reagieren und dabei eine viel größere Regeldifferenz abbauen müssen, was für eine schlechte Regelbarkeit spricht. 228 8 Entwurf von linearen Regelkreisen T-Summen-Regel Die Identifikation einer P-Tn-Regelstrecke nach diesem Verfahren unterscheidet sich grundsätzlich von der Identifikation nach dem Wendetangenten-Verfahren. Die Summe der Zeitkonstanten TΣ wird aus der Sprungantwort mit Hilfe einer senkrechten Linie bestimmt, die die zwei gleichen Flächen F1 und F2 bildet, wie in Bild 8.4 gezeigt ist. Daraus folgt ein neues Einstellverfahren, das von U. Kuhn 1995 eingeführt wurde. x(∞) F2 Bild 8.4 Auswertung einer Sprungantwort der Regelstrecke nach der T-Summen-Regel x(t) KPS y0 F1 TΣ 0 t Mit der Zeitkonstante TΣ und dem Proportionalbeiwert KPS der Strecke lassen sich die Reglerparameter nach der folgenden Tabelle berechnen. Parameter P-Regler PD-Regler PI-Regler PID-Regler KPR KPS 1 1 0,5 1 Tn - - 0,5 TΣ 0,66 TΣ Tv - 0,33 TΣ - 0,167 TΣ Die daraus folgende etwas langsamere Einstellung kann durch andere Einstellvarianten , z. B. für PID-Regler mit KPRKPS = 2; Tn = 0,8 TΣ und Tv = 0,194 TΣ wieder schneller gemacht werden. 8.2.2 Fein approximierte Strecke Durch eine verfeinerte Approximation kann eine P-Tn-Strecke mit unbekannten Zeitkonstanten T1, T2 ... Tn entweder als ein P-T2-Glied mit zwei verschiedenen Zeitkonstanten T1 und T2 G(s) = K PS (1 + sT1 )(1 + sT2 ) (8.9) oder als ein P-Tn-Glied mit n gleichen Zeitkonstanten T angenähert werden G(s) = K PS (1 + sT ) n . (8.10) 8.2 Praktische Einstellregeln 229 P-T2-Verhalten Die Sprungantwort einer P-Strecke höherer Ordnung (Bild 8.5) kann als ein P-T2Glied (8.9) mit zwei verschiedenen Zeitkonstanten T1 > T2 für den Wendepunkt x(t) tw = Tg (T1+ T2 ) T1T2 T ln 1 T1 − T2 T2 wie folgt angenähert werden: x(∞) Tu = T2 T =T + t . 1 w g KPS ⋅ y0 Ist beispielsweise 0 T 2 t tw T 1 = 2 T 2, so folgt Bild 8.5 Verfeinerte Approximierung nach dem Wendetangenten-Verfahren t w = 2T2 ⋅ ln 2 = 1,386T2 . Einstellregeln nach Strejc Die aus dem Bildes 8.5 resultierende Einstellregel des Proportionalbeiwertes für PT und PI-Regler wurde von Strejc nach dem Verhältnis von Zeitkonstanten k = 1 T2 empfohlen: K PR = 1 k 2 +1 ⋅ . K PS 2k Für die Nachstellzeit eines PI-Reglers gilt dazu: Tn = (k 2 + 1)(k + 1) k2 + k +1 ⋅ T2 . Zeit-Prozentkennwert-Verfahren Nach diesem Verfahren werden die aus der Sprungantwort der Regelstrecke gemessenen Zeitpunkte t10, t50 und t90 bestimmt, bei denen die Regelgröße 10%, 50% und 90% ihres stationären Wertes x(∞) erreicht (Bild 8.6). Die Regelstrecke wird als PTn-Glied mit n gleichen Zeitkonstanten nach Gl. (8.10) approximiert. Die Ordnungszahl n der Regelstrecke wird aufgrund der Kennzahl μ= t10 t 90 (8.11) 230 8 Entwurf von linearen Regelkreisen berechnet. Mit Hilfe der drei weiteren Kennzahlen α10, α50 und α90 (s. die nachstehende Tabelle) wird die Zeitkonstante T der Regelstrecke (8.10) ermittelt α t + α 50 t 50 + α 90 t 90 T = 10 10 . 3 (8.12) x(t) x(∞) = 100% x90 x50 Bild 8.6 Verfeinerte Approximierung der Sprungantwort der Regelstrecke nach Zeit-Prozentkennwert-Verfahren KPS y0 x10 t10 0 t50 t t90 Das von Schwarze entwickelte Zeit-Prozentkennlinien-Verfahren lässt die Regelstrecke identifizieren und den Regler nach der Methode der Betragsanpassung einstellen. Die Ergebnisse der Identifikation und die Regeln zum Entwurf des Regelkreises mit 10% Überschwingen sind in Tabelle unten für n = 3, 5 und 10 zusammengefasst. Parameter Identifikation der Regelstrecke: Streckenkenngrößen μ n 0,207 3 0,304 5 0,438 10 α10 0,907 0,411 0,161 α50 0,374 0,214 0,103 α90 0,188 0,125 0,070 Einstellregel nach Latzel Kennwerte PI- PID- PI- PID- PI- PID- KPR KPS 0,877 2,543 0,543 1,109 0,328 0,559 1,96 2,47 2,59 3,31 3,73 4,80 - 0,66 - 0,99 - 1,57 Tn T Tv T • Beispiel 8.2 Gegeben ist die Sprungantwort der Strecke mit KPS = 0,5 , t10 = 5 s, t50 = 12 s, t90 = 25 s. Gesucht: a) Die Zeitkonstante der nach Gl. (8.10) approximierten Regelstrecke, b) Die Kennwerte des PI-Reglers, bei denen die Regelung mit 10% Überschwingen erfolgt. 8.2 Praktische Einstellregeln 231 Zu a): Aus Gl. (8.11) ist μ = 0,2. Wir bestimmen aus der oberen Tabelle, dass n = 3 ist, und berechnen aus Gl. (8.12) die Zeitkonstante T = (0,907⋅5 s + 0,374⋅12 s+ 0,188⋅25 s) / 3 = 4,574 s. Die Regelstrecke wird damit wie ein P-T3-Glied identifiziert: GS ( s) = K PS (1 + sT )3 , mit KPS = 0,5 und T = 4,574 s. Zu b): Für μ = 0,2 bzw. n = 3 folgt aus der unteren Tabelle die Einstellung des PI-Reglers KPRKPS = 0,877. Bei KPS = 0,5 und T = 4,574 ergeben sich KPR = 0,877 / KPS = 1,754 und Tn = 1,96⋅T = 8,965 s. Alternativ dazu gilt die Regel nach Strejc für proportionale Strecken n-ter Ordnung mit gleicher Zeitkonstante: K PR = 1 n+2 ⋅ = 1,25 K PS 4 ⋅ (n − 1) Tn = n+2 ⋅ T = 7,62 s . 3 Reglereinstellung mittels PC-Simulation Ist die Regelstrecke fein approximiert, und sind die Parameter der Übertragungsfunktion exakt identifiziert, kann die Reglereinstellung auf einfacher Weise anhand einer Simulation des Regelkreises, z. B. mit MATLAB / Simulink erfolgen. • Beispiel 8.3 Die P-T2-Regelstrecke mit der Totzeit (KPS = 0,8, T1 = 5 s, T2 = 6 s , Tt = 2 s) soll mit dem PIRegler geregelt werden: GS ( s ) = K PS ⋅ e − sTt (1 + sT1 )(1 + sT2 ) G R ( s ) = K PR + K PR 1 . sTn Der Regler soll nach dem Ziegler-Nichols-Verfahren eingestellt werden. Dafür sollen zunächst die Kennwerte der Dauerschwingung KPRkr und Tkr ermittelt werden. Dies erfolgt mit Hilfe des in Bild 8.7 gezeigten MATLAB/Simulink-Programms. Der PI-Regler wird zuerst als P-Regler konfiguriert (KPR/Tn = 0). Nach einigen Versuchen mit dem Regelkreis kann die in Bild 8.8 gezeigte Dauerschwingung (im vorliegenden Fall bei KPRkr = 7,9) erreicht werden. Daraus wird Tkr ≈ 15 s abgelesen. Nach der Ziegler-Nichols-Tabelle sind die Kennwerte des PI-Reglers wir folgt einzustellen: KPR = 0,45⋅KPRkr = 3,55 und Tn =0,83⋅⋅Tkr = 12,45 s. 10 w =1 P -Anteil: KpR = 10 1 s I-Anteil 0 0.8 1 5s+ 1 6s+ 1 Kps = 0,8; T 1 = 5s T 2 = 6s x x(t) T t = 2s C lock t sec K pR / T n Bild 8.7 Wirkungsplan des Regelkreises mit dem PI-Regler, der als P-Regler betrieben wird 232 8 Entwurf von linearen Regelkreisen Bild 8.8 Ermittlung von Kennwerten der Dauerschwingung KPRkr und Tkr per Simulation Die Sprungantwort des so eingestellten Regelkreises mit dem PI-Regler nach einem Führungssprung w0 = 1 ist in Bild 8.9 gezeigt. Die Überschwingweite beträgt xm = 50% des Beharrungswertes bzw. des Sollwertes x(∞) = w0 = 1; die Ausregelzeit bei der Toleranzgrenze von 4% ist Taus ≈ 60 s. Die Dämpfung lässt sich aus der Anzahl n = 4 der Halbwellen berechnen und beträgt D ≈ 1/n = 0,25. Der Regelkreisverhalten kann per Simulation nachgebessert werden, so dass bei den Kennwerten des Reglers KPR = 1 und Tn = 8 s eine günstigere Sprungantwort mit xm = 10%; Taus = 35 s und D ≈ 1/n = 0,5 erreicht wird. Bild 8.9 Regelkreisverhalten nach dem Ziegler-NicholsVerfahren (Kurve 1 mit KPR = 3,55; Tn = 10,4 s) und nach den experimentell eingestellten optimalen Kennwerten (Kurve 2 mit KPR = 1; Tn = 8s) 8.3 Integralkriterien 233 8.3 Integralkriterien Unter Integralkriterien versteht man ein Maß, dass geeignet ist, die Güte des Regelverhaltens nach der durch die Sprungantwort abgegrenzten Fläche abzuschätzen, wie beispielsweise im Bild 8.10 anhand der Regeldifferenz e(t) gezeigt ist. Da die resultierende Fläche des Bildes 8.10 für Kreise mit bleibender Regeldifferenz e(∞) einen unendlich großen Wert erhalten würde, wird die Differenz [e(t) – e(∞)] statt e(t) eingeführt. Der somit entstehende Güteindex wird als Zeitintegral Qlin (Bild 8.11a) ∞ Qlin = [e(t ) − e(∞)] dt (8.13) 0 bzw. als lineare Regelfläche bezeichnet. Um bessere Regelgüte zu erreichen, soll das Integral Qlin durch die Reglereinstellung zu einem Minimum gebracht werden. x(t) x(t) − w + ∞ + e(t )dt e(∞) x(∞) 0 Bild 8.10 Sprungantwort beim Führungsverhalten und die von der Regeldifferenz e(t) = w−x(t) abgegrenzte Fläche t 0 Bei Regelvorgängen mit Überschwingen setzt sich Qlin, wie aus Bild 8.10 ersichtlich ist, aus den positiv und negativ bezeichneten Flächen zusammen und kann sehr klein werden, ohne den Regelvorgang zu optimieren. So wird das Integral ∞ Qsqr = [e(t ) − e(∞)] 2 dt , (8.14) 0 die so genannte quadratische Regelfläche (Bild 8.11b), oder das Integral Qabs = ∞ e(t ) − e(∞) dt , (8.15) 0 die so genannte Betragsregelfläche (Bild 8.11c), eingeführt. Der Nachteil dieser Kriterien besteht darin, dass die mit fortlaufender Zeit kleiner werdenden Amplituden den Integralwert kaum beeinflussen, d. h. das Integralkriterium im Wesentlichen nur vom Anfangsteil der Regelfläche bestimmt wird. Durch die Multiplikation mit der Zeitvariable t werden die kleinen Amplituden stärker berücksichtigt (Bild 8.11d). Solch ein Gütekriterium ist als ITAE-Kriterium (Integral of time multiplied absolute value of error) bekannt ∞ QITAE = e(t ) − e(∞) ⋅ t ⋅ dt . 0 (8.16) 234 8 Entwurf von linearen Regelkreisen e(t) − e(∞) e(t) − e(∞) Qlin a) b) [e(t) − e(∞)] 0 Qsqr [e(t) − e(∞)] 0 0 t e(t) − e(∞) t Qlin e(t) − e(∞) Qabs c) 0 QITAE d) [e(t) − e(∞)] 0 t Qlin [e(t) − e(∞)] 0 0 Qlin 0 t Bild 8.11 Integralkriterien: a) Lineare Regelfläche Qlin; b) Quadratische Regelfläche (8.14); c) Betragsregelfläche (8.15); d) Zeitgewichtete Betragsfläche ITAE (8.16) Integralkriterien wurden von Mandelstamm 1909 vorgeschlagen. Die Berechnungen von Regelflächen wurden in der Regelungstechnik erstmals von Kulebakin 1939 angewendet. Nach diesen Methoden erfolgt die Berechnung von Integralkriterien im Bildbereich. Dadurch kann die umfangreiche Ermittlung der Regeldifferenz im Zeitbereich e(t) = w0 – x(t) vermieden werden. Heutzutage kann die Lösung von Differentialgleichungen und die Optimierung von Regelflächen im Zeitbereich mittels Simulation sehr einfach ermittelt werden. Nachfolgend wird die klassische Berechnungsmethode nur für die lineare Regelfläche Qlin gezeigt. Aus der Laplace-Transformation und dem Grenzwertsatz folgt ∞ Qlin (∞) = lim Qlin (t ) = lim t →∞ t →∞ s ⋅ Qlin ( s) [e(t ) − e(∞)] dt = slim →0 0 ∞ Qlin ( s ) = L[Qlin (t )] = [e(t ) − e(∞)] e -st dt . 0 Daraus ergibt sich die lineare Regelfläche zu 1 Qlin (∞) = lim Qlin (t ) = lim e( s) − ⋅ e(∞) . s t→∞ s → 0 (8.17) 8.3 Integralkriterien • 235 Beispiel 8.4 Eine P-T2-Strecke mit gegebenen Parametern KPS und T1 ≠ T2 soll mit einem P-Regler bei einem Störsprung z(t) = z0⋅σ (t) ohne Überschwingen (D ≥ 1) geregelt werden: GS ( s ) = K PS (1 + sT1 )(1 + sT2 ) G R ( s ) = K PR . Es soll die lineare Regelfläche minimiert werden. Für die Störübertragungsfunktion gilt Gz (s) = GS ( s) K PS x( s ) = = . 2 z ( s) 1 + G R ( s )GS ( s) s T1T2 + s (T1 + T2 ) + K PR K PS + 1 (8.18) Daraus ergeben sich die Regeldifferenz und die bleibende Regeldifferenz im Bildbereich zu z K PS z 0 e( s ) = 0 − x( s ) = −G z ( s ) ⋅ 0 = − 2 s s [ s T1T2 + s (T1 + T2 ) + K PR K PS + 1] e(∞) = lim s ⋅ e(s) = − s→0 K PS z 0 . K PR K PS + 1 (8.19) (8.20) Die lineare Regelfläche Qlin wird nach Gln. (8.17), (8.19) und (8.20) ermittelt: K PS z 0 K PS z 0 1 + ⋅ Qlin = lim − 2 s K PR K PS + 1 s → 0 s [ s T T + s (T + T ) + K 1 2 1 2 PR K PS + 1] Qlin = K PS (T1 + T2 ) (1 + K PR K PS ) 2 z0 . (8.21) Das Minimum der linearen Regelfläche liegt vor, wenn die Ableitung gleich Null wird: K PS (T1 + T2 ) ∂Qlin = −2 K PS z0 = 0 . ∂K PR (1 + K PR K PS ) 3 (8.22) Die Lösung von Gl. (8.22) liegt für KPR → ∞ vor. Für die optimale Reglereinstellung soll die Forderung D ≥ 1 berücksichtigt werden. Die Dämpfung ergibt sich aus Gl. (8.18) zu D= T1 + T2 2 T1T2 (1 + K PR K PS ) K PR = 1 (T1 − T2 ) 2 ⋅ . K PS 4T1T2 . Für D = 1 folgt daraus (8.23) Gl. (8.23) in (8.21) eingesetzt, ergibt den optimalen Wert der linearen Regelfläche für D = 1 Qlin = K PS (4T1T2 ) 2 (T1 + T2 ) 3 z0 . 236 8 Entwurf von linearen Regelkreisen 8.4 Einstellregeln im Frequenzbereich 8.4.1 Frequenzkennlinienverfahren In der praktischen Regelungstechnik hat man zur Beschreibung der Regelstrecke nicht immer eine Übertragungsfunktion zur Hand. Dagegen kann man häufig das BodeDiagramm der Strecke messen und aufzeichnen, was für den Entwurf des Reglers genügt. Solche Verfahren sind als Frequenzkennlinienverfahren bekannt. Unten wird nur das Rezept davon zur Bestimmung der Reglerverstärkung KPR nach dem Skript von Prof. Dr. Georgios Lekkas, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Winterthur, vorgestellt. Reglereinstellung nach Vorgabe einer Phasenreserve Die als Übertragungsfunktion bekannte Regelstrecke GS ( s ) = 500 s + 105 s + 500 2 soll mit einem P-Regler so geregelt werden, dass die Phasenerserve ϕ R = 60° beträgt. Grundlage zur Bestimmung der Reglerverstärkung KPR bildet das Bode-Diagramm des aufgeschnittenen Kreises G0(jω) mit dem eingesetzten Regler. Da die Reglerverstärkung noch nicht bekannt ist, wird KPR = 1 angenommen (Bild 8.12). Um die gegebene Phasenreserve ϕ R = 60° zu erreichen, muss die 0-dB-Linie den Amplitudengang bei der Durchtrittfrequenz ωd = 68 s-1 schneiden. Dafür muss der Amplitudengang nach oben bzw. die 0-dB-Linie nach unten um ΔdB = 24 dB verschoben werden. Bild 8.12 Bode-Diagramm des aufgeschnittenen Kreises mit KPR = 1 8.4 Einstellregeln im Frequenzbereich 237 Aus der Definition K PRneu = K PRalt ⋅ ΔK mit Verschiebung ΔdB = 20 lg(ΔK ) folgt die Umrechnung: ΔdB ΔK = 10 20 und ΔdB K PRneu = K PRalt ⋅ 10 20 = 15,85 Das resultierende Bode-Diagramm ist im Bild 8.13 gezeigt. Die Phasenreserve ϕR als Distanz zwischen dem Phasengang bei der Durchtrittsfrequenz ωd und der (−180°)Linie beträgt ϕR = 60° und entspricht somit dem Richtwert. Bild 8.13 Bode-Diagramm des aufgeschnittenen Kreises mit der gegebenen Phasenreserve Anmerkung: Wird der Amplitudengang nach unten bzw. die 0-dB-Linie nach oben verschoben, wird die Reglerverstärkung KPR verkleinert, gemäss K PRneu = K PRalt ⋅ 1 ΔK 238 8 Entwurf von linearen Regelkreisen Reglereinstellung nach Vorgabe einer Amplitudenreserve In zahlreichen Fällen liefert das Prinzip der Phasenreserve zur Dimensionierung des Reglers ein gutes Einschwingverhalten des geschlossenen Regelkreises, wie im vorher betrachteten Beispiel der P-T2-Strecke mit reellen Polstellen: GS ( s ) = 500 mit Polstellen s1 = −100 und s2 = −5 s + 105 s + 500 2 Es gibt jedoch Fälle, bei denen das erwähnte Verfahren versagt und keine genügende Stabilität des geschlossenen Kreises erreicht wird, z.B. bei Antriebssystemen, die eine markante Resonanzüberhöhung im Bode-Diagramm aufweisen. Nachfolgend wird der P-Regler mit dem Verfahren der Amplitudenreserve für eine solche P-T3-Strecke mit komplexen Polstellen entworfen: GS ( s ) = 2 400 2 ⋅ 2 mit s1 = −10 und s2,3 = −20 ± 399 ,5 j 1 + 0,1s s + 40 s + 400 2 Die Reglerverstärkung KPR des P-Reglers wird zunächst auf KPR = 1 gesetzt (Bild 8.14). Die Kreisfrequenz ω , bei welcher der Phasengang ϕ(ω) die Linie ϕ = −180° bzw. −π kreuzt, wird ωπ bezeichnet. Die Distanz zwischen dem Amplitudengang bei dieser Kreisfrequenz ωπ und der 0-dB-Linie nennt man Amplitidenreserve AR. Bild 8.14 Bode-Diagramm des aufgeschnittenen Kreises mit der Resonanzüberhöhung 8.4 Einstellregeln im Frequenzbereich 239 Im betrachteten Fall mit KPR = 1 ist ωπ = 399 s-1. Die Amplitidenreserve ist die Distanz zwischen der Resonanzüberhöhung und der 0dB-Linie, sie beträgt AR = 6 dB. Beim Entwurf des Reglers im Bode-Diagramm ist man besorgt, dass die Spitze der Resonanzüberhöhung die 0-dB-Linie nicht kreuzt. Es muss zusätzlich ein „Sicherheitsabstand“ eingehalten werden, mit dem verhindert wird, dass der Regelkreis nahe der Stabilitätsgrenze betrieben wird und starke Oszillationen ausführt. In der Praxis wird es so gehandhabt, dass der „Sicherheitsabstand“ bzw. die Amplitudenreserve mindestens 12 dB beträgt. Dieser Wert gilt als Erfahrungswert und kann wie die Phasenreserve von ϕR = 60°auch als Richtwert aufgefasst werden. In unserem Beispiel wollen wir also den Abstand von AR = 12 dB einhalten und messen deshalb die benötigte Verschiebung der 0-dB-Linie aus dem Bode-Diagramm des aufgeschnittenen Kreises mit dem KPRalt = 1 heraus, nämlich: ΔdB = 6 dB Der Amplitudengang soll abgeschwächt werden bzw. die 0-dB-Linie soll nach oben um 6 dB verschoben werden: K PRneu = K PRalt ⋅ 1 ΔK bzw. K PRneu = K PRalt ⋅10 Δ − dB 20 = 0,5 Somit erhalten wir mit der neuen Verstärkung des Reglers einen stabilen Regelkreis mit kleinen Oszillationen (Bild 8.15). Allerdings kann der P-Regler die bleibende Regeldifferenz e(∞) nicht ausregeln. Bild 8.15 Einschwingvorgänge bei verschiedenen KPR nach dem Sollwert-Sprung w = 1 240 8 Entwurf von linearen Regelkreisen 8.4.2 Betragsoptimum Die möglichen Verläufe des Amplitudenganges eines geschlossenen Regelkreises sind in Bild 8.16 gezeigt. Die Kenngrößen sind: ω R - Resonanzfrequenz, ω d - Durchtrittsfrequenz, ω B - Bandbreite, Mmax - Betrag des Frequenzgangs an der Resonanzstelle. Eine Optimierung im Frequenzbereich liegt dann vor, wenn der Betrag von Gw( jω) möglichst nahe bei Eins liegt, d. h. |Gw(ω)| = 1. Da bei technischen Systemen dies nicht realisierbar ist, soll diese Bedingung nur näherungsweise für eine möglichst große Bandbreite des Frequenzgangs erfüllt sein. Nach dem sogenannten Betragsoptimum-Verfahren wird gefordert, dass die Tangente des Amplitudenganges im Anfangspunkt ω = 0 horizontal abläuft: d G w ( jω ) =0. dω (8.24) Die Lösung der Gl. (8.24) führt bei bestimmten Regelkreisstrukturen, z. B. bei der Regelung einer reinen Verzögerungsstrecke, zu einer optimalen Dämpfung von Dopt = 1 2 = 0,707 (8.25) und zu daraus folgender Überschwingweite xm = 4,3%. Gw(jω) geringe Dämpfung: 0 < D < 0,5 Mmax idealer Betrag: Gw ( jω ) = 1 1,0 optimierte Dämpfung: 0,5 ≤ D ≤ 0,707 1 2 große Dämpfung: D≥1 0 ωR ωd ωB ω Bild 8.16 Amplitudengänge des geschlossenen Regelkreises beim Führungsverhalten Die Reglereinstellung nach Gln. (8.24) bzw. (8.25) für die oft auftretenden Regelkreisstrukturen, die als Grundtypen A und B bezeichnet sind, ist nachfolgend ohne Herleitung aufgeführt. Die Gleichungen der Zeile b) folgen aus Führungsübertragungsfunktionen für alle Werte von Dämpfung, während die der Zeile c) nur für die optimale Dämpfung gelten. Es wird angenommen, dass T2 > T1 ist. Für den Fall T2 >> T1 ist eine Annäherungsformel in Zeile e) aufgeführt. 8.4 Einstellregeln im Frequenzbereich 241 Grundtyp A (mit I-Anteil): Grundtyp B (ohne I-Anteil): a) Übertragungsfunktion und Wirkungsplan des offenen Kreises G0 ( s ) = K PR K PS K IS s (1 + sT1 ) G0 (s) = K PR K PS (1 + sT1 )(1 + sT2 ) b) Zusammenhang zwischen Reglerverstärkung und Dämpfung K PR K PS K IS = 1 K PR K PS = 4 D 2T1 (T1 + T2 ) 2 −1 4 D 2T1T2 c) Optimale Reglereinstellung nach dem Betragsoptimum für D = K PRopt = 1 2 K PS K IST1 K PRopt = 1 2 2 (T1 + T2 ) 1 − 2 K PST1T2 K PS d) Güteparameter und Sprungantwort beim Führungsverhalten x(t) x(t) xm = 4,3% Grundtyp B Grundtyp A w0 w0 Tan ≈ 4,7 T1 0 0 w0 1 + K PR K PS x (∞ ) = Tan ≈ 4,7 T1 t Taus ≈ 11 T1 e( ∞ ) = xm= 4,3% t Taus ≈ 11 T1 K PR K PS ⋅ w0 1 + K PR K PS e) Optimale Reglereinstellung im Sonderfall bei G0 ( s ) = K PRopt = K PR K PS : sTn (1 + sT1 ) bei T2 >> T1 : Tn 2 ⋅ K PS ⋅ T1 K PRopt ≈ X Aufgabe 8.1 Gegeben: eine P-T3-Strecke mit KPS = 0,08, T1 = 8,5 s, T2 = 6,5 s, T3 = 1,2 s, die mit einem PI-Regler geregelt werden soll. Gesucht: Die Reglereinstellung nach dem Betragsoptimum. T2 2 ⋅ K PS ⋅ T1 242 8 Entwurf von linearen Regelkreisen 8.4.3 Symmetrisches Optimum Wird eine Regelstrecke mit I- oder I-T-Anteil mit den I-, PI- oder PID Reglern geregelt, so kann die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises durch Annäherung und geeignete Wahl der Reglerparameter wie folgt dargestellt werden: G0 (s) = K PR K PS K IS (1 + sTn ) ⋅ . (1 + sT1 ) s 2 Tn (8.26) Die Kennwerte Tn und KPR des Reglers lassen sich so einstellen, dass der Phasenwinkel ϕ0(ω d) bei der Durchtrittsfrequenz ω d ein Maximum erreicht. Charakteristisch für (8.26) ist das Vorhandensein von zwei in Reihe geschalteten I-Gliedern und die symmetrische Form des Zähler- und des Nennerpolynoms mit Zeitkonstanten Tn und T1. Dies tritt z. B. für folgende Regelkreise auf, die in untenstehender Tabelle zusammengefasst sind. a) I-T1-Strecke und PI-Regler. Hier würde sich Gl (8.26) direkt ergeben. b) I-T2-Strecke und PI-Regler. Im Fall T1 ≥ 5⋅T2 können die Zeitkonstanten T1 und T2 durch ein P-T1-Glied mit der Ersatzzeitkonstante TE = T1 + T2 ersetzt werden. c) I-T2-Strecke und PID-Regler. Für T1 > T2 wird die zweitgrößte Zeitkonstante durch die Wahl von Tv = T2 kompensiert. d) I-T3-Strecke und PID-Regler. Liegt das Verhältnis T1 > T2 > T3 vor, kann die zweitgrößte Zeitkonstante der Strecke wie im Punkt c) durch Tv = T2 kompensiert werden. Bei T1 >> T3 werden die restlichen P-T1-Glieder in der Nähe der Durchtrittsfrequenz wie folgt angenähert: (1 + sT1)(1 + sT3) ≈ sT3(1 + sT1). Übertragungsfunktionen: Strecke GS(s), Regler GR(s) GS ( s ) = a) GR ( s ) = GS = GR = Resultierende Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Regelkreises G0 ( s ) = K PR K PS K IS (1 + sTn ) (1 + sT1 ) s 2Tn G0 ( s ) = K PR K PS K IS (1 + sTn ) (1 + sTE ) s 2Tn G0 ( s ) = K PR K PS K IS (1 + sTn ) (1 + sT1 ) s 2Tn K PR (1 + sTn ) sTn T1 ≥ 5 ⋅ T2 K PR (1 + sTn ) sTn TE = T1 + T2 K PS K IS s (1 + sT1 )(1 + sT2 ) T1 > T2 > T3 GR ( s ) = c) K PS K IS s (1 + sT1 )(1 + sT2 ) b) GS = K PS K IS s (1 + sT1 ) Bedingung K PR (1 + sTn )(1 + sTv ) sTn Tv = T2 8.4 Einstellregeln im Frequenzbereich 243 Im Folgenden wird das Verfahren am Beispiel (8.26) hergeleitet. Aus den Frequenzgang des aufgeschnittenen Regelkreises (8.26) G0 ( jω ) = K PR K PS K IS 1 + jω Tn K I0 = ⋅ ( j ω ) 2 Tn 1 + jω T1 jω 2 1 + jω Tn ⋅ , 1 + jω T1 (8.27) wobei K I20 = K PR K PS K IS / Tn ist, wird der Amplituden- und der Phasengang 2 K G0 ( jω ) = I0 ⋅ ω 1 + (ω Tn ) 2 1 + (ω T1 ) 2 (8.28) ϕ0 (ω ) = −π + arctan (ω Tn ) − arctan (ω T1 ) . (8.29) ermittelt. Für G0 ( jω d ) = 1 und ϕ0(ωd ) > −180° bei der Durchtrittsfrequenz ωd wird der geschlossene Regelkreis nach dem Nyquist-Kriterium stabil. Die Optimierung besteht nun darin, dass das Maximum der Phase des offenen Regelkreises ϕ0(ω) bei der Durchtrittsfrequenz ωd gesucht wird. Um die Kreisfrequenz ωm zu bestimmen, für die ϕ0(ωm ) ein Maximum ist, differenzieren wir (8.29) und setzen die Ableitung gleich Null ein: ∂ϕ 0 (ω ) Tn T1 = − = 0. 2 ∂ω 1 + (ω Tn ) 1 + (ω T1 ) 2 Daraus folgt: ωm = 1 Tn T1 , (8.30) d. h. der Phasenrand ϕ0(ωd ) wird ein Maximum bei der Durchtrittsfrequenz ωd = ωm. Setzen wir (8.30) in Gl. (8.28) ein, so folgt unter Beachtung der Stabilitätsbedingung K G 0 ( jω d ) = G 0 ( jω m ) = I0 ωm 2 1 + (ω m Tn ) 2 1 + (ω m T1 ) 2 =1 (8.31) bzw. K PR K PS K IS = ω m . (8.32) Beim Symmetrischen Optimum wird der Regler so eingestellt, dass die Durchtrittsfrequenz ωd = ω m das geometrische Mittel der beiden Eckfrequenzen ω E1 = 1/Τn und ω E2 = 1/Τ1 annimmt. Dafür wird der Faktor T k = n bzw. Tn = kT1 T1 (8.33) 244 8 Entwurf von linearen Regelkreisen eingeführt. Daraus folgt ωE1 = 1/Τn = ωm / k und ωE2 = 1/Τ1 = ωm k . Aus Stabilitätsgründen muss Τn > Τ1 gewählt werden, d. h. es gilt die Bedingung k > 1. Nach Kessler wird als Standardeinstellung für symmetrisches Optimum k = 4 empfohlen. Setzen wir Gl. (8.32) in (8.26), so wird die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises (8.26) in folgende Form gebracht G0 (s) = ω m 1 ⋅ 2 1 + sTn s Tn 1 + sT1 (8.34) . Das Bode-Diagramm des aufgeschnittenen Kreises lässt sich symmetrisch bezüglich der Durchtrittsfrequenz ωd = ω m darstellen, wie Bild 8.17 zeigt. Aus dem symmetrischen Verlauf des Amplituden- und Phasenganges resultiert die Bezeichnung des Verfahrens Symmetrisches Optimum. Durch den Faktor k wird die Bandbreite definiert. Aus Gln. (8.30) und (8.33) folgt ωm = 1 k ⋅ T1 . (8.35) k √ k √ k G0 (jω) dB 0 dB 4 √ k −40dB/Dek 1 Tn −20dB/Dek 1 T1 KI0 ωm 1 √ k ωd = ω m ω ωm√ k −40dB/Dek ϕ(ω) 0° ω −90° −135° ϕRd −180° Bild 8.17 Bode-Diagramm nach dem Symmetrischen Optimum mit D = 0,707 und xm=30% 8.4 Einstellregeln im Frequenzbereich 245 Setzen wir diesen Wert in Gl. (8.29), so ergibt sich unter Beachtung ϕ Rd (ω m ) = −π − ϕ 0 (ω m ) der Zusammenhang zwischen k und der Phasenreserve ϕ Rd 90° − ϕ Rd k = cot 2 . 2 (8.36) Beispielsweise errechnet sich die maximale Phasenreserve für k = 4 zu ϕ Rd = 37°. Die optimale Reglereinstellung ergibt sich aus Gln. (8.32) und (8.35): 1 K PRopt = k ⋅ K PS ⋅ K IS ⋅ T1 . Für k = 4 folgt daraus speziell für Standardeinstellung K PRopt = 1 und 2 ⋅ K PS ⋅ K IS ⋅ T1 ωm = ωd = 1 . 2T1 (8.37) Aus Gln. (8.34) und (8.35) bestimmen wir die Übertragungsfunktion des geschlossenen Kreises für das Führungsverhalten G w ( s) = G0 (s) 1 + sTn = ⋅ 3 2 1 + G 0 ( s ) s k ⋅ T1 Tn + s 2 k ⋅ T1Tn + sTn + 1 (8.38) Für k = 4 wird Τn = 4Τ1, und aus (8.38) folgt Gw (s) = 1 + sTn 3 s ⋅2 3 T13 2 + s ⋅ 2 3 T12 + s ⋅ 2 2 T1 + 1 bzw. G w ( s) = 1 + sTn 2 (1 + s ⋅ 2T1 )( s ⋅ 2 2 T12 + s ⋅ 2T1 + 1) . Die Polstellen haben die Werte s1 = − −1 ± j 3 1 . bzw. nach (8.37) s1 = −ω m und s 2,3 = 2T1 4T1 Die Übertragungsfunktion (8.39) mit der Polstelle s1 wird wie folgt dargestellt: G w ( s) = 1 + sTn 1 ⋅β2 ⋅ , s − s1 s 2 + s 2α + β 2 (8.39) 246 8 Entwurf von linearen Regelkreisen mit α = 1 1 und β 2 = . Die beiden anderen Pole s 2,3 = − β ( D ± D 2 − 1) 2 2 4T1 2 T1 sind für 0 < D < 1 konjugiert komplex, d. h. s 2,3 = −α ± jβ 1 − D 2 , und liegen, wie Bild 8.18 zeigt, auf einem Kreis mit dem Radius ωm . Für k = 1 ist Tn = T1, α = 0 bzw. D = 0 und der Kreis ist instabil. Im s2 ωm ⋅ 1 − D ϕ s1 −ωm Liegt k im Bereich 1 < k < 9 bzw. 0 < D < 1, treten zwei konjugiert komplexe Pole mit negativem Realteil auf. 2 Re −Dωm Für k = 9 bzw. D = 1 sind die Pole gleich und reell mit − ωm ⋅ 1− D2 s1 = s2 = s3 = −ω m, was einem aperiodischen Grenzfall entspricht. s3 Bild 8.18 Polverteilung in der s-Ebene Die Sprungantwort hat bei k = 4 die Dämpfung D = 0,5 und die maximale Überschwingweite von xm = 43,4% (Bild 8.19). Bei der Dämpfung von x(t) D= xm= 43,4% w0 0 Taus ≈ 18 T1 Bild 8.19 Führungssprungantwort für k = 4 und D = 0,5 des Symmetrischen Optimums 2 = 0,707 , ± 2 % die dem Betragsoptimum (siehe Abschnitt 8.3.1) entspricht, beträgt die Überschwingweite xm = 30% bei der Phasenreserve von ϕ Rd = 45°. t Tan ≈ 3,1 T1 1 8.5 Entwurf von Regelkreisen mit instabilen Strecken 247 8.5 Entwurf von Regelkreisen mit instabilen Strecken 8.5.1 Instabile P-T1-Glieder Ein instabiles P-Glied mit Verzögerung 1. Ordnung wird analog einem stabilen P-T1Glied mittels DGL 1. Ordnung beschrieben, a1 x a (t ) + a 0 x a (t ) = b0 xe (t ) , jedoch mit einem negativen Koeffizienten a1 oder a0, z. B. T1 x a (t ) − x a (t ) = K x e (t ) oder − T1 x a (t ) + xa (t ) = K xe (t ) . Nach dem Hurwitz-Kriterium erkennt man sofort, dass es sich dabei um ein nichtstabiles Verhalten handelt. Dies folgt auch aus der Übertragungsfunktion x ( s) K oder G ( s ) = = G(s) = a xe ( s ) − 1 + sT1 die eine Polstelle s1 = + xa ( s ) K , = xe ( s ) 1 − sT1 1 in der rechten s-Ebene hat. Hier ist also nr = 1 bei n = 1. T1 Die Lösung der DGL bei sprunghafter Verstellung der Eingangsgröße xe(t) ist in Bild 8.20 gezeigt. Sie entspricht der Gl. (2.11), jedoch die Ausgangsgröße xa(t) steigt: xa xa − 1) xa(T1) = KPxe0 (e−1) xe0 0 xa (t ) = K xe0 (e xa(∞) → ∞ t T1 0 t T1 t Bild 8.20 Sprungantwort eines instabilen P-T1-Gliedes Aus dem Frequenzgang G ( jω ) = K − 1 + jω T1 folgen der Amplitudengang G ( jω ) = K 1 + (ω T1 ) 2 und der Phasengang als Differenz zwischen Phasen des Zählers und des Nenners ϕ (ω ) = arctan 0 − arctan ω T1 −1 = − arctan ω T1 −1 = −π + arctan ω T1 . 248 8 Entwurf von linearen Regelkreisen Ein stabiles und ein instabiles P-T1-Glied sind in Tabelle unten gegenübergestellt. Man sieht sofort, dass die Amplitudengänge gleich und nur die Phasengänge unterschiedlich sind. Eine Polstelle in der rechten s-Halbebene dreht den Phasenwinkel von −π auf −π /2, d. h. in positiver Richtung, während die Phase der gleichen Polstelle in der linken Halbebene sich in negative Richtung ändert. Stabiles P-T1-Glied Instabiles P-T1-Glied Differentialgleichung T1 x a (t ) + xa (t ) = K xe (t ) T1 x a (t ) − x a (t ) = K x e (t ) Sprungantwort xa (t ) = K xe0 (1 − e t − T1 xa (t ) = K xe0 (e ) t T1 − 1) Übertragungsfunktion K G(s) = 1 + sT1 G(s) = K − 1 + sT1 Amplitudengang G ( jω ) = K 1 + (ω T1 ) 2 Phasengang ϕ (ω ) = − arctan ω T1 ϕ (ω ) = −π + arctan ω T1 Ortskurve Im ω=∞ Im K K ω=0 ω=0 ω=∞ Re Re ω ω Bode-Diagramm ⏐G⏐dB ⏐G⏐dB −20 dB/Dek 20 lgK 0 dB ϕ(ω) 0° 1/T1 ω ω −20 dB/Dek 20 lgK 0 dB ϕ(ω) 0° − 90° − 90° − 180° − 180° 1/T1 ω ω 8.5 Entwurf von Regelkreisen mit instabilen Strecken 249 8.5.2 Instabile P-T2-Glieder Hat der Nenner eines schwingungsfähigen P-T2-Gliedes negative Koeffizienten, z. B. G(s) = K β2 s 2 + s ⋅ 2α − β 2 oder bei der Dämpfung D = G(s) = K β2 s2 − β 2 oder G ( s ) = K β2 (8.40) s 2 − s ⋅ 2α − β 2 α = 0 bzw. α = 0 β , (8.41) so handelt es sich um ein instabiles Verhalten. Falls die Nenner von (8.40) keine komplex konjugierte Polstellen besitzen, lassen sich die Übertragungsfunktionen auf zwei P-T1-Glieder zerlegen, wie unten in Tabelle gezeigt ist. Das Bode-Diagramm solcher Glieder kann leicht durch einfache Addition der Ordinaten der einzelnen Kennlinien ermittelt werden. a) zwei P-T1-Glieder mit unterschiedlichen Zeitkonstanten G(s) = K = G1 ( s )G 2 ( s ) (1 + sT1 )(−1 + sT2 ) ⏐G⏐dB −40 dB/Dek 0 dB 1/T1 ϕ(ω) 0° − 90° − 180° − 270° G1 ( jω ) = ω 1/T2 G(s) = K s 2T12 K 1 ⋅ − 1 1 + sT1 − 1 + sT1 = ⏐G⏐dB −20 dB/Dek 20 lgK b) zwei P-T1-Glieder mit gleichen Zeitkonstanten 20 lgK ϕ2(ω) ϕ(ω)=ϕ1(ω)+ϕ2(ω) 1 K ; G2 ( jω ) = − 1 + jω T2 1 + jω T1 − 90° − 180° − 270° G1 ( jω ) = ω 1/T1 ϕ(ω) 0° ϕ1(ω) −40 dB/Dek 0 dB ϕ1(ω) ϕ2(ω) ϕ(ω)=ϕ1(ω)+ϕ2(ω) 1 K ; G2 ( jω ) = − 1 + jω T1 1 + jω T1 Man erkennt daraus, dass sich die Asymptote des Amplitudengangs bei der Eckfrequenz, die der rechten Polstelle entspricht, um −40 dB/Dek ändert, während sich die Asymptote bei der Eckfrequenz der linken Polstellen nur um −20 dB/Dek ändert. Auch bei den Phasengängen merkt man die Unterschiede, z. B. im Fall b) der obigen 250 8 Entwurf von linearen Regelkreisen Tabelle ändert sich die Phase des instabilen Gliedes bei der Eckfrequenz nicht. Eine Phase von −π soll jedoch gleich am Anfang zugewiesen werden. Für Bode-Diagramm instabiler P-T2-Glieder gelten also die folgenden Regeln: - Der Anfangsteil des Phasengangs liegt bei −180°, da eine Polstelle mit positivem Realteil in der rechten s-Ebene eine Phasenverschiebung von −π mitbringt. - Bei der Eckfrequenzen der rechten Polstellen beträgt die Phasenänderung +90°, wie beim D-Verhalten. - Bei den Eckfrequenzen der rechten Polstellen ändern sich die Asymptoten des Amplitudenganges um −40 dB/Dek, wie bei einer doppelten linken Polstelle. • Beispiel 8.5 Gegeben ist ein Regelkreis mit einer instabilen Regelstrecke und dem PD-T1-Regler: GR ( s ) = K PR (1 + sTv ) 1 + sTR KPS = 3,16 KPR = 1 mit und T1 = 0,025 s Tv = 0,05 s GS ( s ) = K PS (1 + sT1 )( s 2T22 − 1) , T2 = 0,015 s TR = 0,005 s. Gesucht: a) das Bode-Diagramm des aufgeschnittenen Regelkreises; b) der kritische Proportionalbeiwert KPRkr des Reglers, bei dem der Regelkreis grenzstabil ist. Zu a): Aus der Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises G0 ( s ) = 3,16 (1 + sTv ) K PR (1 + sTv ) K PS ⋅ = 2 2 1 + sTR (1 + sT1 )( s T2 − 1) (1 + sTR )(1 + sT1 )( s 2T22 − 1) erhalten wir: n = 4 nl = 3 nr = 1 ni = 0 (Ordnung von G0) (Anzahl der Pole in der linken s-Ebene) (Anzahl der Pole in der rechten s-Ebene) (Anzahl der Pole auf der imaginären Achse) Die Stabilität wird nach dem Nyquist-Kriterium im Bode-Diagramm geprüft. Im Bild 8.21 ist das Bode-Diagramm des aufgeschnittenen Kreises G0( jω) mit den Eckfrequenzen ωv = 1 1 1 1 = 20 s −1 , ω1 = = 40 s −1 , ω 2 = = 66,7 s −1 , ω R = = 200 s −1 Tv T1 T2 TR gezeigt. Da kein I-Glied vorhanden ist, verläuft die Anfangsasymptote mit der Steigung 0 dB/Dek durch die Ordinate 20 lg (KPR KPS) = 20 lg 3,16 = 10 dB. Der Phasengang fängt wegen einer Polstelle mit positivem Realteil nicht bei 0° an, wie es bei stabilen Systemen der Fall wäre, sondern bei −180° und wird bei allen Eckfrequenzen um ± 90° geändert, außer der Eckfrequenz ω 2, die der Polstelle mit positivem Realteil entspricht. Nach dem Fall b) der obigen Tabelle gibt es an dieser Stelle keine Phasendrehung. Das BodeDiagramm des Bildes 8.21 mit Schnittpunkten S0 und S1 entspricht einem instabilen Kreis, da 8.5 Entwurf von Regelkreisen mit instabilen Strecken G0 1 Tv dB 20dB 1 T1 1 T2 +20 dB/Dek 10 1 TR − 40 dB/Dek ωdkr 0 dB/Dek 0dB 2 3 4 251 neue 0dB-Linie 2 5 6 7 8 102 3 ωd 4 5 6 7 8 ω / s−1 ΔdB − 60 dB/Dek ϕ(ω) 10 2 3 4 5 6 7 8 9 102 2 0° 3 4 5 6 7 8 ω / s−1 −90° ω −180° −270° S1 = −1 1 S0 = + − 2 ω Bild 8.21 Bode-Diagramm des Regelkreises mit instabiler Regelstrecke die geforderte Stabilitätsbedingung (6.61) für ni = 0 n 1 (υ p − υ n ) = r = 2 2 durch die Summe der Schnittpunkte nicht erfüllt ist: (υ p − υ n ) = S 0 + S1 = + 1 1 −1= − . 2 2 Zu b): Verschiebt man die 0-dB-Linie um ΔdB ≈ 10 dB nach oben, d. h. Δ K = 3,16, so wird die Bedingung (6.61) erfüllt, da der Schnittpunkt S1 nicht mehr in Betracht kommt: (υ p − υ n ) = S 0 = + 1 . 2 Der kritische Proportionalbeiwert des Reglers beträgt damit K PRkr = K PR ⋅ 1 ΔK = 0,316 . Die weitere Verkleinerung von KPR ist jedoch nicht möglich, weil bei KPR < KPRkr auch der Schnittpunkt S0 nicht mehr berücksichtigt wird, was auf die Instabilität des Kreises hinweist. Die Stabilitätsbedingung (6.61) wird nur bei einem Wert von KPRkr erfüllt, was praktisch nicht realisierbar ist. Es soll eine neue Nullstelle, z. B. TN1 = T2 eingeführt werden. Zusammen mit der Kompensation TV = T1 wird die Bedingung KPR > KPRkr sicher zur Stabilität führen. 252 8 Entwurf von linearen Regelkreisen X Aufgabe 8.2 Eine instabile P-T1-Strecke soll mit dem PD-T1-Regler geregelt werden. GS ( s ) = K PS 1 − sT1 G R ( s ) = K PR 1 + sTv . 1 + sTR Gegeben sind: KPS = 0,25 und Tv = T1 = 0,1 s. Die Zeitkonstante TR ist vernachlässigbar klein. Gesucht: der Proportionalbeiwert des Reglers KPR, bei dem der Regelkreis stabil wird. 8.5.3 Beispiele von instabilen Regelstrecken Die Instabilität einer Regelstrecke entsteht in der Regel aus zwei Gründen: • wegen zwei oder mehr in Reihe geschalteten I-Gliedern • wegen Mitkopplung im Wirkungsplan der Strecke. Die klassischen Beispiele von instabilen Strecken sind Invertiertes Pendel, Magnetschwebekörper und Ladebrücke (Bild 8.22). • Invertiertes Pendel: Ein senkrecht stehender Stab, der durch die horizontalen Wagenbewegungen Xw stabilisiert wird. Stellgröße ist die Kraft Fx auf den Wagen. Regelgröße ist der Winkel ϕ. • Magnetschwebekörper: Eine Kugel mit der Masse m, die von einer Magnetspule angezogen und in einer gewünschten Position X gehalten wird. Im stationären Zustand befindet sich die Magnetkraft der Magnetspulen im Gleichgewicht mit der Erdanziehungskraft. Stellgröße ist die Magnetkraft Fm der Magnetspule. Regelgröße ist die Lage X(t) der Kugel. −Y −F m1 X0 m2 +F +Y x(t) X1 Bild 8.22 Kran als instabile Regelstrecke: Stellgröße ist die Kraft F auf die Laufkatze des Kranes bzw. die Beschleunigung Y. Regelgröße ist die Lage X(t) der Last. Als Hilfsregelgröße kann die Auslenkung dienen. Die Stabilisierung der oben genannten instabilen Regelstrecken gewinnt an praktischer Bedeutung z. B. beim Transport einer aufrecht stehenden Last, beim Anfahren einer Magnetschwebebahn, beim Laden eines Schiffes oder eines Gütezuges ohne Überschwingungen. Die Ermittlung von genauen Zeitkonstanten der instabilen Regelstrecken ist anhand zwei Beispielen in nachfolgender Tabelle gezeigt. In beiden Fällen ist die Instabilität durch die Erdanziehung verursacht. Im Wirkungsplan führt dies zur Reihenschaltung von zwei I-Gliedern und zur Mitkopplung. 8.5 Entwurf von Regelkreisen mit instabilen Strecken 253 Die Bezeichnungen sind: Kraft (f), Länge (l), Masse (m), Strom (i), Weg (x) in horizontaler oder vertikaler Richtung (s. Seite 49 für Groß- und Kleinschreibung). Indizes sind: Gravitation bzw. Gewicht (G), Magnet (m), Reaktion des Scharniers (R), Stab (s), Wagen (w). Die Länge des Stabes beträgt 2l, das Trägheitsmoment ist J = ms l 2 . Magnetschwebekörper Invertiertes Pendel ϕ Im Ys Fm Fm Xs X0 X FG FRx X Im0 Fm0 FRy Fw FG Xw X0 Stationärer Zustand ( Fm ) 0 = FG = m ⋅ g ( FRy )0 = FG = ms g ( Fw ) 0 = ( FRx ) 0 Ys = l cos ϕ X s = X w + l cos ϕ Dynamisches Verhalten FRx = ms ⋅ Xs ; Fw − FRx = mw ⋅ X w Fm − FG = −m ⋅ X FRy − FG = −ms ⋅ Ys Jϕ = − FRx l sin ϕ + FRy l cos ϕ Linearisierte Gleichungen für kleine Abweichungen vom Arbeitspunkt Magnetkraft f m = K i ⋅ im − K x ⋅ x Wagen Kugel (Beschleunigung) f m = −m ⋅ x(t ) Kugel (Geschwindigkeit) x (t ) = x(t ) dt Kugel (Weg) x(t ) = x (t )dt f w − f Rx = m w ⋅ xw Stab (horizontal) f Rx = ms ⋅ xs = = ms ⋅ xw + ms l ⋅ ϕ Stab (vertikal) f Ry = ms ⋅ g Stab (Schwerpunkt) Jϕ = l ⋅ f Ry ⋅ ϕ − l ⋅ f Rx Die Magnetkraft Fm hängt nichtlinear vom Strom Im und von der Position X der Kugel ab. Der Zusammenhang Fm = f (X, Im) kann experimentell ermittelt und graphisch in einem Diagramm als Kennlinienfeld dargestellt werden. Mit Hilfe von 254 8 Entwurf von linearen Regelkreisen ∂F K Pi = m ∂I m ∂F und K Px = m wird die Magnetkraft Fm im Arbeitspunkt ∂X 0 0 Fm0 = m⋅g in Abhängigkeit von dem Strom Im des Elektromagneten und der Lage X der Kugel linearisiert. Die linearisierten Wirkungspläne und die Übertragungsfunktionen der beiden Strecken sind unten in der Tabelle zusammengefasst. Es handelt sich dabei um das instabile P-T2-Verhalten mit nl = 1 Pol in der linken und nr = 1 Pol in der rechten s-Ebene. Magnetschwebekörper Invertiertes Pendel Wirkungsplan msgl im KPi fm 1/m + − ẍ − x· x fw − 1 ẍw ms mw + + fRx + + l − KPx 1 J ϕ̈· ϕ msl Übertragungsfunktion x( s ) − K PS ⋅ β 2 = im ( s ) − s 2 + β 2 GS ( s ) = GS ( s ) = ϕ (s) f w (s) = − K PS ⋅ β 2 s2 − β 2 Parameter K K PS = Pi K Px β2 = 1 1 ⋅ g m w + ms g m + ms β2 = ⋅ w l 2 m w + ms K PS = K Px m Praktisches Beispiel mit Zahlenwerten m = 15,7 kg 2 g = 9,81 m/s Fm0 = mg = 154 mN Im0 = 119 A KPi = 0,244 N/A KPx = 12,6 N/m KPS = 0,019 m/A GS ( s ) = T = 0,0353 s mw = 3,5 kg mS = 0,5 kg l = 0,8 m 2 g = 9,81 m/s KPS = −0,0255 1/N K PS 2 2 s T −1 T = 0,391 s Die Zeitkonstanten der Stellglieder (Magnetspule, Motor, Leistungsverstärker) sind viel größer als die eigenen Zeitkonstanten der Regelstrecke. Die oben behandelten Entwurfsmethoden werden dadurch uneffektiv. Um die gesamten Zeitkonstanten des Regelkreises zu reduzieren, werden in der Regel die Hilfsregelgrößen herangezogen, z. B. der Strom Im im Fall des Magnetschwebekörpers. Dies führt zur so genannten vermaschten Regelung, die im nachstehenden Abschnitt behandelt wird. 8.6 Vermaschte Regelung 255 8.6 Vermaschte Regelung 8.6.1 Regelung mit Hilfsregelgrößen In den bisher behandelten Regelkreisen erfolgt die Bildung der Regeldifferenz durch die Messung der Regelgröße und den Vergleich mit dem Sollwert. Nach einem geeigneten Regelalgorithmus wird daraus die Stellgröße gebildet, um die Regeldifferenz auszuregeln. In einem einschleifigen Kreis greift der Regler bei Beseitigung von Störgrößen erst dann ein, wenn eine Regeldifferenz bereits vorliegt. Bei großen Zeitkonstanten der Regelstrecke führt dies zur Schwingungen oder zur Instabilität. Zur Vermeidung dieser Nachteile kann die Struktur eines Regelkreises so verändert werden, dass die Störungen stark reduziert und ohne große Zeitverzögerung auf den Reglereingang übertragen werden. Solche Strukturveränderung führt zu einer vermaschten Regelung, die sich dann realisieren lässt, wenn die Störungen oder Hilfsregelgrößen messbar und über ein Stellglied beeinflussbar sind. Die Reglereinstellung nach den bisher behandelten Optimierungsverfahren soll durch Strukturoptimierung nicht beeinflusst werden. Die Verfahren der Strukturoptimierung werden, wie in Bild 8.23 gezeigt, nach den Abgriffsorten des Signals auf Stör-, Stell- und Hilfsregelgrößenaufschaltung unterteilt. Nachfolgend werden nur einige davon behandelt. z GRz (s) Störgrößenaufschaltung g0 Begrenzungsregelung (Overrideregelung) − GoR (s) + Störgrößenvorregelung Teilstrecke − GSz (s) Hilfsstellgrößenaufschaltung GR3 (s) GR2 (s) Sollwert w Hauptregler GR (s) + − − + + y GR1 (s) − GS1 (s) x x1 + + Teilstrecke 1 GS2 (s) Teilstrecke 2 Kaskadenregelung (unterlagerter Folgeregelkreis) Hilfsregelgrößenaufschaltung Hauptregelkreis (Führungsregelkreis) Bild 8.23 Aufstellung von verschiedenen Verfahren der Strukturoptimierung an einem Kreis 256 8 Entwurf von linearen Regelkreisen 8.6.2 Kaskadenregelung Bei Regelstrecken mit großen Zeitkonstanten ist es oft schwierig, mit einer einschleifigen Regelung ein befriedigendes Ergebnis zu erzielen. Wenn es möglich ist, die Strecke zu unterteilen und eine Hilfsregelgröße zu messen, wie z. B. x1 in Bild 8.24, greift man zu einer Kaskadenregelung. Der Hilfsregelgröße x1 wird ein eigener Regler GR1 zugeordnet, der als Folgeregler oder Hilfsregler bezeichnet wird. Der übergeordnete Regler GR2 (Führungsregler oder Hauptregler) gibt dann dem Folgeregler GR1 die Führungsgröße w1 vor. z w2 + − GR2(s) w1 + − GR1(s) GS1(s) x1 GS2(s) x2 Bild 8.24 Wirkungsplan der Kaskadenregelung Ohne Kaskadenregelung gilt für das Führungsverhalten Gw (s) = G R2 ( s) ⋅ GS1 ( s) ⋅ GS2 ( s ) 1 + GR2 ( s ) ⋅ GS1 ( s) ⋅ GS2 ( s ) (8.42) und für Störverhalten: Gz ( s) = GS1 ( s) ⋅ GS2 ( s) 1 + G R2 ( s ) ⋅ GS1 ( s ) ⋅ GS2 ( s ) (8.43) Mit Kaskadenregelung sind die Übertragungsfunktionen: G R1GS1 GS2 1 + G R1GS1 G R2 G R1GS1GS2 = Gw (s) = GR1GS1 1 + G R1GS1 + G R2 G R1GS1GS2 1 + GR2 GS 2 1 + G R1GS1 (8.44) GS1 GS2 1 + G R1GS1 GS1GS2 . Gz ( s) = = G R1GS1 1 + G R1GS1 + G R2 G R1GS1GS2 1 + G R2 GS 2 1 + G R1GS1 (8.45) G R2 Aus dem Vergleich (8.42) mit (8.44) und (8.43) mit (8.45) ist es zu sehen, dass der Regelkreis durch eine geeignete Wahl des Reglers GR1 so eingestellt werden kann, das ein gewünschtes Verhalten, z. B. mit kleineren Zeitkonstanten, erreicht wird. 8.6 Vermaschte Regelung 257 Ein Beispiel der zweischleifigen Kaskadenregelung wird im Folgenden betrachtet. Man passt zunächst den Folgeregler GR1(s) an die Teilstrecke GS1(s) an und gibt so dem inneren Regelkreis ein gewünschtes Zeitverhalten. Dieser ist dann Bestandteil der Regelstrecke G2(s), für die der äußere Regler GR2(s) dimensioniert werden muss. • Beispiel 8.6 Im Bild 8.25 ist der Wirkungsplan einer Kaskadenregelung mit einer P-T2-Strecke gegeben. Die Streckendaten sind: KPS1 = 2 T1 = 1 s KPS2 = 3 T2 = 0,2 s. Die Kennwerte des Folgereglers KPR1 und Tn1 sollen so eingestellt werden, dass die Verzögerungszeitkonstante des Folgeregelkreises 50 mal kleiner als die Streckenzeitkonstante T1 wird. + KPR1 , Tn1 KPR2 , Tn2 w + − KPS1 , TS1 KPS2 , TS2 x − Bild 8.25 Kaskadenregelung einer P-T2-Strecke mit PI-Führungsregler und PI-Folgeregler Um die gewünschte Zeitkonstante zu ermitteln, werden die Übertragungsfunktionen des Folgekreises G01(s) und Gw1(s) berechnet: G01 ( s ) = G R1 ( s) ⋅ GS1 ( s ) = K PR1 (1 + sTn1 ) K PS1 ⋅ sTn1 1 + sT1 Nach der Kompensation mit Tn1 = T1 = 1 s folgt G w1 ( s) = 1 1+ 1 G 01 ( s ) = 1 Tn1 1+ s ⋅ K PS1 ⋅ K PR1 = 1 1 + sTw1 Der Folgeregelkreis hat ein P-T1-Verhalten mit der Zeitkonstante Tw1, die nach der Aufgabenstellung 1/50 von T1 betragen soll: Tw1 = Tn1 T = 1 . K PS1 ⋅ K PR1 50 Daraus ergibt sich K PR1 = 50 ⋅ Tn1 = 25 . K PS1 ⋅ T1 258 8 Entwurf von linearen Regelkreisen 8.6.3 Begrenzungsregelung Die Begrenzungsregelung, auch Overrideregelung genannt, besteht aus zwei oder drei Regelkreisen, wie in Bild 8.26 gezeigt ist. Zum einen ist es der Hauptregelkreis (Main-Regler GR), zum anderen ein oder zwei Begrenzungsregelkreise (Overrideregler GoR1 und GoR2), die mit unterschiedlichen Sollwerten und Prozessvariablen parallel arbeiten und über eine Auswahlbox das Stellsignal für die Regelstrecke liefern. Die Auswahlbox ist ein Vergleichsglied, welches die Stellgrößen des Haupt- und der beiden Begrenzungsregler auf den größeren bzw. den kleineren Wert vergleicht. Über einen Select-Befehl hat man die Möglichkeit, diese Auswahl entweder automatisch nach dem Maximum oder Minimum durchführen lassen, oder den jeweiligen Ausgang nach bestimmten Kriterien freizuschalten. Die Umschaltung soll allerdings stoßfrei erfolgen. Die Begrenzungsregelung ist besonders gut für Strecken geeignet, bei denen sowohl die Regelgröße x auf den vorgegebenen Sollwert w gebracht, als auch eine weitere Größe (Begrenzungsgröße) vorgegebene Grenzwerte gmax und/oder gmin nicht überschreiten soll. Beispielsweise soll in einem Ofen die Temperatur konstant gehalten werden und gleichzeitig der Druck den maximal zugelassenen Wert nicht überschreiten. Ein weiteres Beispiel ist ein Vakuum-Ofen, in dem die Kammertemperatur immer um 5°C bis 10°C wärmer als die Temperatur des Werkstückes ist. Wird das Thermoelement nahe dem Werkstück platziert, kann die Regelung zu unerwünschten Effekten wie überhöhter Temperatur der Heizelemente bzw. zur Überschreitung des gewünschten Sollwerts führen. Um diese Probleme zu umgehen, platzieren oft die Ofenhersteller ein Thermoelement in der Brennkammer nahe den Heizelementen, was zu thermischen Gradienten führt. Die ideale Lösung ist die Overrideregelung mit zwei separaten Regelkreisen und zwei Thermoelementen, wobei ein Thermoelement dicht an den Heizelementen, das zweite am Werkstück sitzt. Für die Regelung der Brennkammertemperatur wird dann der Regelkreis mit dem niedrigsten Ausgangssignal benutzt. − Begrenzungsregler gmin GoR1(s) + Hauptregler Sollwert w + z Min GR(s) − gmax + Ausgangs-Auswahlbox Begrenzungsregler − Max x x1 + GS1(s) GS2(s) Teilstrecke Teilstrecke GoR2(s) Bild 8.26 Wirkungsplan einer Begrenzungsregelung (Overrideregelung) 8.6 Vermaschte Regelung 259 °C x1(t) 300 200 Grenzwert g(t) x(t) 100 Sollwert w(t) Bild 8.27 Theoretische Verläufe der Temperaturkurven bei der Begrenzungsregelung mit den Eingangs-Rampenfunktionen (der Begrenzungsregler hat einen höheren Sollwert als der Hauptregler) 0 0 5 10 t / min 15 Bild 8.27 zeigt die theoretischen Verläufe der Hauptregelgröße x(t) und der Hilfsregelgröße x1(t) bei einer Rampenfunktion w(t) = KI⋅ t als Sollwert des Hauptreglers und den entsprechenden Rampenfunktionen eines Begrenzungsreglers. Bei der praktischen Realisierung, z. B. im Vakuum-Ofen (Bild 8.28) stellt man sofort fest, dass eine exakte Ausregelung der Temperatur am Ofengut möglich ist. In der Aufheizphase regelt der Overrideregler die Temperatur an den Heizelementen. Nach mehrmaligem Wechsel zwischen Main- und Override-Regler (Temperaturausgleich im Ofen) übernimmt schließlich der Main-Regler die Regelungsaufgabe bei konstantem Sollwert. Die Temperatur der Heizzone Mitte sinkt unter den Sollwert des Overridereglers. Der Overrideregler vergrößert seine Ausgangsleistung, und somit ist sicher gestellt, dass der Main-Regler die Regelung der Strecke behält. 710 700 Istwert Overrideregler 690 680 670 660 Sollwert Mainregler Istwert Mainregler 650 640 630 620 Sollwert Overrideregler Aktiver Override-Regelkreis Overrideregelung des Vakuum-Ofens mit Ausgang auf Min-Auswahl: Mainregler – Ofengut Overrideregler – Heizzone Mitte Aufheizung: Rampe von 595°C auf 700°C 610 600 590 Aktiver Main-Regelkreis 580 10:53:42 10:56:27 10:59:13 11:01:59 11:04:45 11:07:30 11:10:16 11:13:02 11:15:48 11:18:33 11:21:19 11:24:05 11:26:51 Bild 8.28 Beispiel einer Overrideregelung (Quelle: Schuy, Marco: Diplomarbeit, FH Wiesbaden, FB IET, 2001, mit freundlicher Genehmigung von Eurotherm Deutschland GmbH) 260 8 Entwurf von linearen Regelkreisen 8.6.4 Störgrößenaufschaltung Eine Beseitigung der Auswirkung von Störgrößen durch eine Regelung hat den Nachteil, dass der Regler immer erst korrigierend eingreifen kann, wenn eine Regeldifferenz vorliegt. Wegen der Verzögerungen in der Strecke erscheint die Störung erst verspätet am Eingang des Reglers. Um eine Auswirkung der Störgröße auf die Regelgröße völlig zu verhindern z und dabei die vorhandene GRz (s) optimale Reglereinstellung auszunutzen, schaltet man − + x die messbare Störgröße über w GR(s) GS(s) ein korrigierendes Glied GRz + − auf den Streckeneingang oder, wie Bild 8.29 zeigt, vor dem Regler auf. Bild 8.29 Störgrößenaufschaltung auf den Reglereingang Die Aufschaltung erfolgt oft über ein differenzierendes Glied, damit im Beharrungszustand keine Verfälschung der Regeldifferenz entsteht. Die Stabilität des Kreises wird durch diese Maßnahme auch nicht beeinflusst. Die Regelparameter können so eingestellt werden, als sei GRz nicht vorhanden. Nach der Art der Aufschaltung wird der Einfluss der Störgröße in unterschiedlichem Maße kompensiert. Bei der vollständigen Kompensation gilt nach dem Störsprung z0: x(t) = 0 bzw. x(s) = 0 x( s) = Gz ( s) ⋅ z0 = Gvz ( s) ⋅ z0 = 0 . 1 + G0 Daraus folgt die Kompensationsbedingung für die Vorwärts-Übertragungsfunktion G vz ( s ) = 0 . (8.46) Für die in Bild 8.20 gezeigte Störgrößenaufschaltung mit G vz ( s ) = −G Rz ( s )G R ( s )GS ( s ) + GS ( s ) = 0 wird die Bedingung (8.46) mit dem korrigierenden Glied G Rz ( s ) = 1 GR (s) erfüllt. Das korrigierende Glied GRz(s) kann mit Hilfe von einfachen RC-Netzwerken technisch realisiert werden. In der Praxis erfolgt eine vollständige Kompensation der Störgröße nur selten, weil die genaue Nachbildung von GRz(s) zu aufwendig und nur ausnahmsweise möglich ist. 8.6 Vermaschte Regelung • 261 Beispiel 8.7 Für den in Bild 8.30 gezeigten Regelkreis sollen die Übertragungsfunktion und die Parameter des Korrekturgliedes GRz(s) so ermittelt werden, dass eine vollständige Kompensation der Störgröße erreicht wird. Der P-Regler ist mit KPR = 1,2 eingestellt. Die Streckenparameter sind: −1 KPSz = 2 KPSy = 5 KIS = 0,16 s T1 = 0,32 s T2 = 0,5 s KPSz , T1 z GRz GSz w + KPR − − KPSy, T2 + + GR GSy − KIS x + GSI Bild 8.30 Wirkungsplan der Störgrößenaufschaltung zu Beispiel 8.7 Die Vorwärts-Übertragungsfunktion Gvz wird nach dem Überlagerungsprinzip wie folgt bestimmt und gleich Null gesetzt: G vz ( s ) = −GSz ( s )GSI ( s ) + GSy ( s )GSI ( s) − G Rz ( s )G R ( s )GSy ( s )GSI ( s ) = 0 Daraus ergibt sich die Übertragungsfunktion des Korrekturgliedes: G Rz ( s ) = (GSy − GSz )GSI G R GSy GSI bzw. K PSy G Rz ( s ) = − K PSz 1 + sT1 1 + sT2 K PR K PSy = K PSy − K PSz + s ⋅ ( K PSy T1 − K PSz T2 ) K PR K PSy (1 + sT1 ) 1 + sT2 Damit ist GRz ein D-T1-Glied G Rz ( s ) = K Pz ⋅ mit K Pz = 1 + sTz 1 + sT1 K PSy − K PSz K PR K PSy = 0,5 und Tz = K PSy T1 − K PSz T2 K PSy − K PSz = 0,2 s . . 262 8 Entwurf von linearen Regelkreisen 8.7 Mehrgrößenregelung Die Industrieanlagen werden oft als Regelstrecken mit mehreren Regelgrößen, die intern miteinander verkoppelt und von mehreren Stellgrößen beeinflusst sind, betrachtet. Zur Regelung solcher Strecken ist ein Mehrgrößenregler geeignet. Der Entwurf von Mehrgrößenreglern erfolgt normalerweise im Zeitbereich mit Hilfe der Matrizenbzw. Vektorrechnung. Im Folgenden werden wir auf diese Beschreibung verzichten und die Mehrgrößenregelung mit Hilfe von Übertragungsfunktionen behandeln. 8.7.1 Regelstrecken mit mehreren Ein-/ und Ausgangsgrößen Von den meist bekannten Mehrgrößenstrecken mit zwei Eingangsgrößen Y1, Y2 sind die Mischwasserbereitung mit dem Ausgang H (der Füllstand) und dem Ausgang T (die Temperatur der Mischung), oder das Behältersystem mit Ausgangsgrößen H1, H2 (die Füllstände) zu nennen (Bild 8.31). Y1 Q1 Q2 Y2 Y1 Y2 Q1 Q2 T H1 H2 H a) Mischbehälter b) Zweitanksystem Bild 8.31 Beispiele industrieller Mehrgrößenstrecken Ein anderes Beispiel ist in Bild 8.32 gezeigt. Zwei RCL-Vierpole sind miteinander über einen Widerstand R2 verbunden. Damit entsteht eine Zweigrößenstrecke mit Spannungen ue1(s), ue2(s) als Eingangs- und ua1(s), ua2(s) als Ausgangsgrößen. i1 R1 ua1 ( s ) ue1 ( s ) für ue2(s) = 0 u (s) G21 ( s ) = a2 ue1 ( s ) G11 ( s ) = uR1 ue1 i2 i3 ua1 L ua2 R2 uR2 ue2 C R3 uR3 Bild 8.32 RCL-Netzwerk als Mehrgrößenstrecke ua1 ( s ) ue2 ( s ) für ue1(s) = 0 u (s) G22 ( s ) = a 2 ue2 ( s ) G12 ( s ) = 8.7 Mehrgrößenregelung 263 Unter Annahme, dass alle Widerstände gleich sind, d. h. R1 = R2 = R3, kann man die Übertragungsfunktionen nach den Kirchhoffschen Sätzen mittels Laplace-Transformation analog dem Beispiel 2.3 des Abschnitts 2.3.5 wie folgt darstellen: G11 ( s ) = G21 ( s ) = s 2 T32 1 + sT1 + s (T1 + T2 ) + 1 1 s 2T32 ⋅ 2 2 2 s T3 + s (T1 + T2 ) + 1 G12 ( s ) = 1 1 ⋅ 2 2 2 s T3 + s (T1 + T2 ) + 1 G22 ( s ) = s 2T32 + sT1 s 2T32 + s (T1 + T2 ) + 1 mit Zeitkonstanten T1 = 1 L ⋅ 2 R T2 = 3 RC 2 T32 = LC . Nach dem Überlagerungsprinzip gilt für lineare Strecken: ua1 ( s) = G11 ( s) ue1 ( s) + G12 ( s ) ue2 ( s ) ua2 ( s ) = G21 ( s ) ue1 ( s ) + G22 ( s ) ue2 ( s ). (8.47) 8.7.2 P-kanonsiche Form Die Struktur der Strecke nach Gl. (8.47) zeigt Bild 8.33. Solche Struktur wird als Pkanonosche Form bezeichnet. Wenn zwischen den Stellgrößen y1, y2 und den x (s) y 1 (s) 1 + G11(s) Regelgrößen x1, x2 eine feste Zuordnung + besteht, die durch G11(s) und G22(s) bestimmt wird, kann die ZweigrößenregeG12(s) lung als nichtgekoppelte Regelung mit zwei Einzelreglern mit Übertragungsfunktionen GR1(s) und GR2(s) realisiert werden. Die Übertragungsfunktionen G21(s) G11(s), G22(s) werden dadurch als + x (s) Hauptstrecken und G12(s), G21(s) als y 2 (s) 2 + G22(s) Koppelstrecken bezeichnet. Bild 8.33 P-kanonische Form einer Regelstrecke Die gegenseitige Wirkung von Hauptregelkreisen wird mit Hilfe des Koppelfaktors C (s) = G 21 ( s ) ⋅ G12 ( s ) G11 ( s) ⋅ G 22 ( s ) (8.48) 264 8 Entwurf von linearen Regelkreisen bemessen. Sind die Kopplungsstrecken G12(s) bzw. G21(s) Glieder mit D-Verhalten, so wirkt nur die dynamische Verkopplung, die im Beharrungszustand verschwindet. Der Koppelfaktor im stationären Betrieb, d. h. bei t → ∞ oder s → 0, wird als statischer Koppelfaktor bezeichnet und durch Proprotionalbeiwerte KP bestimmt: C0 = G21 (0) ⋅ G12 (0) G11 (0) ⋅ G22 (0) bzw. C0 = K P 21K P12 K P11K P 22 (8.49) Bei C0 = 0 sind die Hauptregelkreise nicht verkoppelt. Durch das Vorzeichen des statischen Koppelfaktors wird entschieden, ob eine Mit- oder Gegenkopplung im Hauptregelkreis vorliegt. Die positive Kopplung (C0 > 0) ist durch die schlechte Regelbarkeit gekennzeichnet. Günstiger für die Stabilität ist die negative Kopplung. 8.7.3 V-kanonische Form Betrachten wir nun das Beispiel 2.4 des Abschnitts 2.3.5. Erweitern wir dieses Beispiel mit einer Masse m2 und Federn, wie in Bild 8.34 dargestellt, so entsteht ein mechanisches System mit den Wegen xe1(s), xe2(s) als Eingangsgrößen und xa1(s), xa2(s) als Ausgangsgrößen. Aus dem Kräftegleichgewicht (2.27) für die Feder-Kräfte FC1, FC2, FC3 und die Dämpfer-Widerstandskraft FD nach Gl. (2.26) ergibt sich die Beschreibung des Systems zu m1x1 (t ) = − K C1 ( x1 − y1 ) − K D ( x1 − x2 ) − K C2 ( x1 − x2 ) m2 x2 (t ) = − K C3 ( x2 − y2 ) − K D ( x2 − x1 ) − K C2 ( x2 − x1 ) . x2 x1 KD y1 KC1 m1 y2 m2 KC3 KC2 Bild 8.34 Mechanisches Feder-Masse-Dämpfer System als Mehrgrößenstrecke mit V-Struktur Nach der Laplace-Transformation erhalten wir die einzelnen Übertragungsfunktionen x1 ( s ) K C1 = y1 ( s ) s 2T22 + sT1 + 1 x1 ( s ) K C2 1 + sT12 = ⋅ x2 ( s ) K C 2 + K C1 s 2T22 + sT1 + 1 x2 ( s ) K = 2 2 C3 y2 ( s ) s T4 + sT3 + 1 x2 ( s ) KC2 1 + sT21 = ⋅ 2 2 x1 ( s ) K C 2 + K C3 s T4 + sT3 + 1 8.7 Mehrgrößenregelung 265 mit Zeitkonstanten T1 = KD K C2 + K C1 T22 = m1 K C2 + K C1 T12 = KD K C2 T3 = KD K C2 + K C3 T22 = m2 K C2 + K C3 T21 = KD . K C2 Die Übertragungsfunktionen, die einen Ausgang abhängig von dem anderen beschreiben, werden durch V(s) bezeichnet, d. h. G11 ( s ) = x1 ( s ) y1 ( s ) G11 ( s )V12 ( s ) = G22 ( s ) = x2 ( s ) y2 ( s ) G22 ( s ) V21 ( s ) = x1 ( s ) x2 ( s ) x2 ( s ) . x1 ( s ) Das betrachtete mechanische System wird analog Gl. (8.47) durch das folgende Gleichungssystem, jedoch eines anderen Typs, beschrieben: x1 ( s ) = G11 ( s ) [ y1 ( s ) + V12 ( s ) x2 ( s )] x2 ( s ) = G22 ( s )[ y2 ( s ) + V21 ( s ) x1 ( s )] . (8.50) Die Strecke mit rückgekoppelten V(s)-Gliedern, die in Bild 8.35 abgebildet ist, wird als V-kanonische Form bezeichnet. Sie unterscheidet sich von der P-kanonische Form durch vertauschte Additions- und Very 1 (s) x1 (s) zweigungsstellen. Die Umrechnung der G11(s) Gln. (8.47) in (8.50) und umgekehrt bzw. + + die Umwandlung des Wirkungsplanes einer P-kanonischen in eine V-kanonische V12(s) Form ist möglich, jedoch werden dabei die Übertragungsfunktionen bzw. die Wirkungspläne verkompliziert werden. V21(s) Dies bedeutet, dass jede technisch realisierbare Regelstrecke nach einer bestimm+ x2 (s) y 2 (s) ten Struktur aufgebaut ist und so es G22(s) zweckmäßig ist, diese Struktur auch bei + der mathematischen Beschreibung beizubehalten. Bild 8.35 V-kanonische Form 8.7.4 Dezentrale Regelung einer Mehrgrößenstrecke Die einfachste Struktur der Mehrgrößenreglung wird dezentrale bzw. separate Regelung genannt (Bild 8.36). Zwei Regler GR1(s) und GR2(s) sind voneinander unabhängig und regeln jeweils eine Regeldifferenz e1 = w1 − x1 und e2 = w2 − x2 aus. 266 • 8 Entwurf von linearen Regelkreisen Beispiel 8.8 Eine Regelstrecke in P-kanonischer Form soll mit zwei separaten I-Reglern mit Kennwerten KIR1 und KIR2 nach dem Bild 8.36 geregelt werden. Die Strecke ist gegeben: w1 − e1 + GR1(s) y1 G11(s) G11 ( s ) = K P11 1 + sT11 G 22 ( s ) = K P22 1 + sT22 x1 + − G12(s) G12 ( s ) = K P12 G21(s) w2 + e2 − GR2(s) y2 G22(s) G 21 ( s ) = K P21 + + x2 Die Streckenparameter sind: KP11 = 0,2 T11 = 2 s KP22 = 0,4 T22 = 3 s KP12 = 0,2 KP21 = 0,1 Bild 8.36 Dezentrale Regelung einer Strecke in P-kanonischer Form Die Reglereinstellung erfolgt nach dem Betragsoptimum. Die gegenseitige Wirkung von Reglern nach Eingangssprüngen bei t = 1 s und t =30 s ist im Bild 8.37 deutlich zu sehen. G01 ( s ) = K IR1 = K IR1 K P11 s (1 + sT11 ) 1 2 K P11T11 G02 ( s ) = = 1,25 s − K IR2 K P 22 s (1 + sT22 ) K IR2 = 0,42 s −1 Bild 8.37 Sprungantworten der dezentralen Regelung 8.7.5 Stabilität der dezentralen Zweigrößenregelung Der Regelkreis des Bildes 8.36 wird genau dann stabil, wenn alle Wurzeln der folgenden charakteristischen Gln. in der linken s-Halbebene liegen, wobei C(s) der Kopplungsfaktor nach (8.48) ist: N1 ( s ) = 1 + GR1 ( s )G11 ( s ) = 0 N 2 ( s ) = 1 + GR 2 ( s )G22 ( s ) = 0 1 − C ( s ) N1 ( s ) N 2 ( s) = 0 (8.51) 8.7 Mehrgrößenregelung • 267 Beispiel 8.9 Die Regelstrecke des Beispiels 8.8 wird mit zwei vollkompensierten PI-Reglern geregelt: GR1 ( s ) = K PR1 (1 + sTn1 ) sTn1 GR 2 ( s ) = K PR2 (1 + sTn 2 ) sTn 2 Die Bedingungen (8.50) werden nach dem Hurwitz-Stabilitätskriterium geprüft. Sie resultieren zu folgenden Zusammenhängen, wobei C0 der statische Koppelfaktor nach (8.49) ist: C0 < 1 und KPR1KPR2 < 2 Es wurde angenommen: Tn1 = T11 und Tn2 = T22 , sowie KPR1 > 0 und KPR12 > 0. 8.7.6 Entwurf einer Entkopplungsregelung Die obige Regelungsstruktur wird auch Diagonalregler genannt, weil der Gesamtregler als Diagonalmatrix mit den beiden Einzelreglern dargestellt werden kann: 0 G (s) . G R (s) = R1 G R 2 ( s ) 0 (8.52) Nachteilig bei dieser Struktur ist die starke gegenseitige Wirkung der beiden Koppelstrecken. Viel effektiver ist dagegen die Entkopplungsregelung, bei der die Übertragungsmatrix auch die Entkopplungsregler GR12(s) und GR21(s) beinhaltet: G ( s ) G R12 ( s) . G R (s) = R11 G R 21 ( s ) G R 22 ( s ) (8.53) Das Entkopplungsglied GR21(s) wird so eingestellt, dass die Wirkung des Kopplungsgliedes der Regelstrecke G21(s) aufgehoben wird (Bild 8.38). w1 − e1 + w2 + e2 − GR1(s) GR2(s) y1R y1 + + G11(s) GR12(s) G12(s) GR21(s) G21(s) − y2R + y2 G22(s) x1 + − + + Bild 8.38 Regler in P-kanonsiche Form, Strecke in P-kanonsche Form x2 268 8 Entwurf von linearen Regelkreisen Unter Annahme, dass in einem entkoppelten Regelkreis yR1 ( s ) = y1 ( s ) (8.54) gelten soll, wird die Wikrung des unteren Kreises vollständig kompensiert, wenn die folgende Bedingung erfüllt wird, woraus die gesuchte GR21(s) resultiert: GR 21 ( s)G22 ( s) = G21 ( s ) GR 21 ( s ) = G21 ( s ) G22 ( s ) (8.55) Dasselbe gilt for das Entkopplungsglied GR12. Durch die Entkopplung wird die Regelung wird verbessert (Bild 8.39), aber wegen Verletzung der Bedingung (8.54) ist die Entkopplung nicht vollständig. Große D-Anteile, bedingt durch die großen Verzögerungszeitkonstanten der Strecke, führen zu Störungen. G12 ( s ) 0,2 = (2 s + 1) G11 ( s) 0,2 G ( s) 0,1 GR 21 ( s) = 21 = (3s + 1) G22 ( s) 0,4 GR12 ( s ) = Bild 8.39 Entkoppelter Regelkreis: der Regler und die Strecke in P-kanonischer Form Wird nun der Regler in der V-kanonischen Form eingesetzt (Bild 8.40), wird die Bedingung (8.54) erfüllt und die vollständige Entkopplung wird erreicht (Bild 8.41). Bild 8.40 Entkoppelter Regelkreis: der Regler in V- und die Strecke in P-kanonischer Form 8.7 Mehrgrößenregelung 269 Bild 8.41 Perfekte Entkopplung: der Regler in V- und die Strecke in P-kanonischer Form Auch eine Strecke in V-kanonische Form wird mit einem Regler in P-kanonischer Form vollständig entkoppelt (Bild 8.42). Die Entkopplungsbedingungen sind: V21 ( s ) ⋅ x1 = G R21 ( s) ⋅ x1 V12 ( s ) ⋅ x 2 = G R12 ( s ) ⋅ x 2 w1 − e1 + w2 + e2 − mit Entkopplungsgliedern G R21 ( s ) = V21 ( s ) G R12 ( s ) = V12 ( s ). (8.56) x1 y1 + GR1(s) + − + GR12(s) G12(s) GR21(s) G21(s) + GR2(s) G11(s) + + − y2 + G22(s) x1 x2 x2 Bild 8.42 Perfekte Entkopplung: der Regler in P- und die Strecke in V-kanonischer Form 8.7.7 Bus-Konzept zur Darstellung der Mehrgrößenstrecken Die klassische Darstellung in P- oder V-kanonischer Form lässt die Entkopplung nur für Zweigrößenstrecken bzw. für n = 2 entwerfen und realisieren. Bei n > 2 ist der klassische Wirkungsplan nicht mehr anschaulich, so dass dafür nur die Methoden der 270 8 Entwurf von linearen Regelkreisen Matrizenrechnung bzw. Zustandsregelung möglich sind. Das neue Bus-Konzept nach [141] lässt dagegen die Anzahl n der Variablen ohne Verlust der Anschaulichkeit des Wirkungsplanes vergrößern, wie im Bild 8.43 an einem Beispiel für n = 3 gezeigt ist. Die instabile dezentrale Regelung wird hier durch die Entkopplungsglieder GR12, GR13 GR21, GR23, GR31, GR32 vollständig entkoppelt und stabilisiert. Da die klassischen Additionsknoten der P-kanonischen Form durch Busanschlüsse ersetzt werden, sind die Signalwege zwischen Bussen nachvollziehbar und man kann leicht die Entkopplungswege finden. Auch die Simulation erfolgt viel einfacher: man soll nur die Busanschlüsse passend konfigurieren. Mehr darüber, wie auch über den neuen Entkopplungsfilter, kann man im Buch [141] nachlesen. Bild 8.43 Perfekte Entkopplung: der Regler in V- und die Strecke in P-kanonischer Form 271 9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis Die in den bisher behandelten Kapiteln ermittelten Gesetzmäßigkeiten gelten nur im linearen Bereich. Die statischen Kennlinien der meisten Regelkreisglieder zeigen jedoch einen nichtlinearen Verlauf, so dass streng genommen alle Systeme als nichtlinear behandelt werden müssten. Ist ein Regelkreis auf einen Sollwert xS1 eingestellt, so sind die Abweichungen vom Sollwert i. A. gering, und der Regelkreis kann in diesem Bereich als linear angesehen werden. Wird der Regelkreis auf einen anderen Sollwert xS2 eingestellt, so wird, wenn nichtlineare Glieder im Kreis sind, das Verhalten bezüglich Dämpfung, Optimaleinstellung usw. anders sein als beim Sollwert xSl. Bild 9.1 zeigt die idealisierten Kennlinien einiger nichtlinearer Regelkreisglieder gegenüber der linearen Kennlinie. Die Ein- und Ausgangsgrößen sind xe und xa. xa xe a) xa xa xa xe xe b) xa c) xe d) xa xe e) xe f) Bild 9.1 Idealisierte Kennlinien typischer nichtlinearer Regelkreisglieder a) linear d) Hysterese b) Begrenzung (Sättigung) e) Zweipunktcharakter c) Ansprechempfindlichkeit f) Dreipunktcharakter Die Sättigung ist eine Erscheinung, die bei allen Regelkreisgliedern auftritt. So kann z. B. bei einem Verstärker mit dem Verstärkungsgrad KP die Ausgangsgröße nur einen bestimmten Wert xa max annehmen; dem entspricht eine maximale Eingangsgröße x xe max = a max . KP (9.1) Überschreitet die Eingangsgröße diesen Maximalwert, so kann die Ausgangsgröße nicht weiter folgen, der Verstärker ist übersteuert. Die Ansprechempfindlichkeit oder tote Zone tritt z. B. bei Messfühlern auf. Das heißt, die Messgröße muss erst einen bestimmten Wert erreichen, bevor der Messfühler anspricht und ein Signal abgibt. Vielfach ist diese Ansprechempfindlichkeit (oder der Schwellenwert) so gering, dass die Kennlinie als linear angesehen werden kann. Die Hysterese, wie sie z. B. bei der Stopfbuchsenreibung an Ventilen auftritt, kommt dadurch zustande, dass sich die Fasern an der Oberfläche der Stopfbuchsenpackung bei Richtungswechsel erst umkehren müssen. Ferner tritt Hysterese bei Relais auf, die bei einem bestimmten Erregerstrom anziehen. Wird dann der Strom langsam reduziert, so fällt das Relais bei einem Strom ab, der geringer ist als der Einschaltstrom. S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_9, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2014 272 9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis Das Zweipunktverhalten ist charakteristisch für die unstetigen Regler (Bimetallregler, Relais usw.). Obwohl die Bimetallfeder eine kontinuierliche Bewegung ausführt, kann die Ausgangsgröße nur die beiden Zustände Ein und Aus annehmen. Eine Dreipunktcharakteristik wird meist durch Messwerkregler (Dreh- oder Kreuzspulmesswerk) mit oberem und unterem Grenzwert erzeugt. Auch hier ist die Bewegung des Messwerks kontinuierlich, während die Ausgangsgröße nur drei konkrete Werte annehmen kann: RECHTS - EIN, AUS, LINKS - EIN. Die Bilder 9.le) und f) zeigen idealisierte Kennlinien. Reale Zwei- und Dreipunktregler sind stets mit Hysterese behaftet. B Vielfach ist es vorteilhaft, die gekrümmte Kennlinie eines nichtlinearen Gliedes durch einen idealisierten Polygonzug anzunähern oder umgekehrt. Bild 9.2 zeigt die Magnetisierungskennlinie einer Erregerwicklung und gestrichelt ihre Annäherung. Man unterscheidet zwischen stetigen und unstetigen Nichtlinearitäten. H Bild 9.2 Wahre und angenäherte Kennlinie eines nichtlinearen Gliedes Die Wirkung von Nichtlinearitäten wird nachfolgend an einem Beispiel gezeigt. • Beispiel 9.1 Gegeben sind die Übertragungsfunktionen von Strecke GS(s) und Regler GR(s): GS ( s) = KS s 2T22 + sT1 + 1 GR ( s ) = K PR + mit KS = 0,5; T1 = 5 s; T22 = 4 s 2 K IR mit KPR= 6,4; Tn= 2 s bzw. KIR= KPR / Tn = 3,2s-1 s (9.2) (9.3) Der Regelkreis enthält folgende Nichtlinearitäten: • die Begrenzung (Sättigung) des Reglers nach dem Bild 9.1b mit dem maximalen Wert xB • die Ansprechempfindlichkeit (tote Zone) nach dem Bild 9.1c mit xt= ± 0,5. Es soll die Regelgüte des Regelkreises mittels einer Simulation mit MATLAB/Simulink untersucht werden. Zuerst stellt man durch die Lösung der charakteristischen Gleichung s 2T22 + sT1 + 1 = 0 (9.4) fest, dass die gegebene Strecke zwei Polstellen s1 = −1 und s2 = −0,25 hat und somit mit zwei P-T1-Gliedern simuliert werden kann: GS ( s ) = KS 2 T2 ( s − s1 )( s − s2 ) = KS K 1 = S ⋅ 4( s + 1)( s + 0,25) 1 + s 1 + 4 s (9.5) Der Wirkungsplan des simulierten Regelkreises und die Sprungantworten nach dem Sollwertsprung w = 1 bei verschiedenen Positionen von Schaltern Manual Switch 1 und Manual Switch 2 sind in Bild 9.3 dargestellt. Die Regelgüte des linearen Kreises wird durch Nichtlinearitäten verschlechtert: Im Regelkreis mit toter Zone entsteht eine bleibende Regeldifferenz e(∞) (Bild 9.1 Harmonische Balance 273 9.2, links); mit der Begrenzung steigt der Dämpfungsgrad, auch eine bleibende Regeldifferenz ist möglich (Bild 9.2, rechts). Manual Switch 1 PID W=1 PID Controller KpR=6.4 KI=3.2 KpS=0.5 T1=1s 0.5 T2 =4s s+1 4s+1 Saturation xB 1 Scope 1 Dead Zone xt Manual Switch 2 1.5 1.5 mit toter Zone ohne Begrenzung e 1 1 ohne tote Zone mit Begrenzung x =2 B e mit Begrenzung x =1,5 B 0.5 0.5 0 0 5 10 15 20 25 0 0 5 10 15 20 25 Bild 9.3 Untersuchung eines nichtlinearen Regelkreises mit MATLAB/Simulink Mit Simulationen kann leicht geprüft werden, ob ein optimal eingestellter Regler auch mit Nichtlinearitäten befriedigend arbeitet, wie unten an einem Beispiel gezeigt wird. • Beispiel 9.2 Es soll die Stabilität des Regelkreises, bestehend aus dem PI-Regler nach Gl.(9.2) und der Regelstrecke nach Gl. (9.3) geprüft werden. Die Stellgröße des Reglers ist mit xB = 10 begrenzt. Der Messfühler ist P-T1-Glied mit KM= 1 und T3= 2s; der Messfühler weist eine Nichtlinearität vom Typ Ansprechempfindlichkeit (tote Zone) mit xt = 0,5 auf (Bild 9.4). Zuerst wird die Stabilität des Regelkreises ohne Nichtlinearitäten nach dem HurwitzStabilitätskriterium geprüft. Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Regelkreises ist: G0 ( s ) = GR ( s )GS ( s)GM ( s ) = K PR KS K M (1 + sTn ) sTn (1 + s )(1 + 4 s)(1 + 2 s) (9.6) Aus der Übertragungsfunktion des geschlossenen Regelkreises mit KPR= 6,4 und Tn= 2 s Gw ( s ) = GR ( s)GS ( s ) 3,2(1 + 2 s) = 1 + G0 ( s) 2s (1 + s)(1 + 4s ) + 3,2 ergibt sich die charakteristische Gleichung (9.7) 274 9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis 8s 3 + 5s 2 + 2 s + 3,2 = 0, (9.8) die laut dem Hurwitz-Stabilitätsbedingung auf einen instabilen Kreis hinweist. Dies bestätigt auch die Simulation des linearen Regelkreises. Es ist anders beim nichtlinearen Regelkreis. Die Stabilität des nichtlinearen Regelkreises hängt von der Größe des Sollwertsprunges ab, wie die in Bild 9.4 gegebenen Sprungantworten nachweisen. KpS=0.5 T1=1s Saturation xB=10 PID W PID Controller KpR=6.4 KI=3.2 KD=0 T2 =4s 0.5 1 s+1 4s+1 Scope 1 Dead Zone xt =0,5 T3 =2s 1 2s+1 6 Die simulierten Sprungantworten des obigen nichtlinearen Regelkreises bei verschiedenen Größen des Sollwertsprunges w: 3 5 2 4 1 1. bei w = 1,5: ungedämpfte Schwingungen, der Kreis ist grenzstabil. 3 2. bei w = 2: gedämpfte Schwingungen, der Kreis ist stabil. 2 1 0 0 3. bei w > 2: keine Schwingungen, der Kreis ist stabil. 10 20 30 40 50 Bild 9.4 Stabilitätsuntersuchung des nichtlinearen Kreises des Beispiels 9.2 Für eine begründete Wahl von Reglerparameter ist die Simulation nicht geeignet. Entsprechend im Linearen sucht man auch bei nichtlinearen Systemen allgemeine Stabilitätskriterien, die jedoch wegen Nichtlinearitäten von Differentialgleichungen im Wesentlichen erschwert sind. Die im folgenden Abschnitt behandelte Methode der Harmonischen Balance (oder Harmonische Linearisierung) ist ein Näherungsverfahren, das gestattet, mit verhältnismäßig geringem Arbeitsaufwand nichtlineare Regelkreise auf ihre Stabilität zu untersuchen. Schwieriger zu handhaben sind exakte Methoden, wie • die Anwendung der Zustandsebene, • die Theorie von Ljapunow, • das Popow-Kriterium. Die letzten zwei Methoden werden im vorliegenden Buch nicht behandelt. Die Stabilitätsuntersuchung von linearen und nichtlinearen Systemen mit der Zustandsebene ist im Kapitel 13 anhand eines Beispiels erläutert. 9.1 Harmonische Balance 275 9.1 Harmonische Balance Angeregt von der Frequenzganguntersuchung linearer Glieder, wurde für nichtlineare Systeme die Beschreibungsfunktion entwickelt. Zur Erläuterung wird eine Nichtlinearität, ein Glied mit toter Zone (Bild 9.5), betrachtet. Gibt man auf den Eingang des in Bild 9.5 dargestellten Gliedes eine Sinusschwingung xe (t ) = xˆe ⋅ sin ω t , so hat die Ausgangsgröße den in Bild 9.6 gezeigten Kurvenverlauf. Die Ausgangsgröße hat zwar gegenüber der Eingangsgröße die gleiche Frequenz und Phasenlage aber keine Sinusform. Nach Fourier kann jede periodische Funktion in eine Summe harmonischer Schwingungen zerlegt werden. Die Beschreibungsfunktion berücksichtigt nun lediglich die Grundschwingung; die höher Harmonischen werden vernachlässigt. Das Verhältnis der Grundschwingung am Ausgang zur Eingangsschwingung wird als die Beschreibungsfunktion definiert. x (ω ) . N ( xˆ e ) = a1 xe (ω ) xa xe xt (9.9) xa Bild 9.5 Regelkreisglied mit toter Zone (Ansprechempfindlichkeit) xe xt xe x^e t Bild 9.6 Ein- und Ausgangsgröße eines Regelkreisgliedes mit toter Zone xa Grundwelle Tt 2Tt t Die Beschreibungsfunktion N ist im Gegensatz zum Frequenzgang G(jω) keine Funktion von ω, sondern nur von der Amplitude der Eingangsgröße x̂ e abhängig, wie noch gezeigt werden wird. Es soll nun noch untersucht werden, unter welchen Voraussetzungen die Vernachlässigung der höher Harmonischen bei der Beschreibungsfunktion zulässig ist. Bild 9.7 zeigt den Wirkungsplan eines Regelkreises, der ein nichtlineares Glied enthält. Die übrigen linearen Glieder sind in dem mit G bezeichneten Block zusammen- 276 9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis gefasst. Erregt man nun den Eingang des nichtlinearen Gliedes mit einer Sinusschwingung, so erscheint am Ausgang ein Signal, welches man nach Fourier als Grundschwingung und die höher Harmonischen auffassen kann. G − Bild 9.7 Regelkreis bestehend aus linearen Gliedern G und einem nichtlinearen Glied Dieses Signal wird dem Eingang der linearen Glieder zugeführt. Da lineare Glieder stets mit Verzögerungen behaftet sind, werden die höher Harmonischen stärker bedämpft als die Grundwelle. Infolgedessen wird am Ausgang der linearen Glieder eine Funktion erscheinen, die nur wenig von der Grundwelle abweicht. Das Verfahren ist um so exakter, je höher die Ordnung und damit die Filterwirkung der linearen Glieder ist. Grundlage für die Gültigkeit der gemachten Voraussetzungen ist das Auftreten einer Schwingung. Die Anwendung der Beschreibungsfunktion ist ein Näherungsverfahren, welches sich auf die Ermittlung der Stabilitätsbedingungen nichtlinearer Regelkreise beschränkt. Es lassen sich so mögliche Schwingungen, deren Frequenz und Amplitude bestimmen. Hierzu wird das in Abschnitt 6.4 behandelte Zweiortskurvenverfahren angewandt. Indem einmal die negativ inverse Ortskurve der linearen Glieder und zum anderen die Ortskurve, bzw. die Schar von Ortskurven der Beschreibungsfunktion aufgetragen wird. 9.2 Ermittlung spezieller Beschreibungsfunktionen Laut Definition der Beschreibungsfunktion wird die Ausgangsgröße durch die Grundschwingung der Fourier-Zerlegung dargestellt. Diese lautet: xa1 (t ) = a1 ⋅ cos ω t + b1 ⋅ sin ω t (9.10) mit den Koeffizienten xa (t ) ⋅ cos ω t ⋅ dt 0 T 2 b1 = xa (t ) ⋅ sin ω t ⋅ dt. T 0 2 a1 = T T (9.11) Benutzt man als unabhängig Veränderliche nicht die Zeit t, sondern den Phasenwinkel α = ω t, so wird 2π xa (α ) ⋅ cos α ⋅ dα π 0 2π 1 b1 = x a (α ) ⋅ sin α ⋅ dα . π 0 a1 = 1 (9.12) 9.2 Ermittlung spezieller Beschreibungsfunktionen 277 Interpretieren wir die Eingangsschwingung xe (t ) = xˆe ⋅ sin ω t als rotierender Zeiger in der Gaußschen Zahlenebene, so können wir schreiben xe (ω t ) = xˆe ⋅ e jω t . (9.13) Entsprechend erhalten wir aus (9.10) für die Grundschwingung der Ausgangsgröße xa1 (ω t ) = a1 π j ω t + 2 ⋅e + b1 ⋅ e jω t xa1 (ω t ) = (b1 + ja1 ) ⋅ e jω t . (9.14) Für die in Gl. (9.9) definierte Beschreibungsfunktion folgt dann N ( xˆe ) = xa1 (ω t ) b1 + ja1 . = xe (ω t ) xˆe (9.15) Wie bereits erwähnt, ist N ( xˆ e ) keine Funktion von ω, sondern nur von x̂ e abhängig. 9.2.1 Beschreibungsfunktion eines Gliedes mit Sättigung Die statische Kennlinie hat den in Bild 9.8 gezeichneten Verlauf. Für xa < xB ist die Ausgangsgröße gleich der Eingangsgröße. Übersteigt xe den Wert xB, so bleibt xa = xB = konstant. Aus Bild 9.8 ist zu entnehmen: x x B = xˆ e ⋅ sin α1 , α1 = arcsin B . xˆ e (9.16) Für eine ungerade Funktion, d. h. wenn xa(α) = −xa (− α), vereinfacht sich die Beziehung (9.12). Zur Ermittlung der Grundschwingung der Ausgangsgröße xa ist dann a1 = 0, b1 = 2 π 2π xa (α ) ⋅ sin α ⋅ dα (9.17) 0 Im Bereich von 0 ≤ α ≤ π xˆ e ⋅ sin α für 0 ≤ α ≤ α1 für α1 ≤ α ≤ α 2 xa = x B xˆ ⋅ sin α für α ≤ α ≤ π 1 e (9.18) Setzt man Gl. (9.18) in Gl. (9.17) ein, so folgt: α2 π α1 2 2 b1 = ⋅ xˆ e ⋅ sin α ⋅ dα + x B ⋅ sin α ⋅ dα + xˆ e ⋅ sin 2 α ⋅ dα π α1 α2 0 278 9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis xa xa 45° xB xB xe xB α 2π xe 0 α1 α3 α4 0 α1 α2 ∧ xe α2 2π Bild 9.8 Kennlinie Bild 9.8eines Regelkreisgliedes mit Sättigung und Konstruktion der Ausgangsgröße α3 α4 α b1 = α2 α1 2 ⋅ 2 ⋅ xˆ e ⋅ sin 2 α ⋅ dα + x B ⋅ sin α ⋅ dα π α1 0 b1 = α1 α2 2 ⋅ xˆ e ⋅ (1 − cos 2α ) dα − x B ⋅ cos α π α 1 0 b1 = 2 1 ⋅ xˆ e (α1 − sin 2α1 ) − x B (cos α 2 − cos α1 ) . π 2 Mit cos α1 = − cos α 2 folgt b1 = x xˆ e ⋅ α1 − sin α1 ⋅ cos α1 + 2 B ⋅ cos α1 . xˆ e π 2 Ferner ist mit Gl. (9.16) b1 = 2 π xB = sin α1 . Damit folgt xˆ e xˆ e ⋅ [α1 + sin α1 ⋅ cos α1 ] . Die Beschreibungsfunktion folgt aus Gl. (9.15) x (α ) b1 ⋅ sin a , N ( xˆ e ) = a1 = xe (α ) xˆ e ⋅ sin a 9.2 Ermittlung spezieller Beschreibungsfunktionen N ( xˆe ) = 2 π 279 ⋅ [α1 + sin α1 ⋅ cosα1 ] , x mit α1 = arcsin B . Für xˆ e < x B verhält sich das Glied linear. Für xˆ e ≥ x B bzw. xˆ e ˆxe / x B ≥ 1 ergeben sich die nachfolgende Tabellenwerte und die in Bild 9.9 gezeichnete Ortskurve der Beschreibungsfunktion. Diese besitzt im vorliegenden Fall nur einen positiven Realteil, der sich von 0 ...1 erstreckt. Bild 9.10 zeigt die Abhängigkeit der Beschreibungsfunktion von x B / xˆ e . xˆ e xB sin α1 cos α1 α1 N 2 /π N 1 2 3 5 10 ∞ 1 0,5 0,333 0,2 0,1 0 0 0,866 0,942 0,980 0,995 1 1,57 0,523 0,34 0,2 0,1 0 1,57 0,956 0,654 0,396 0,199 0 1 0,608 0,416 0,252 0,127 0 Im 0,4 0,2 ∞ −0,2 −0,4 N 1,0 0,8 0,6 0,4 0,2 0 5 x^e xB 3 2 1 0,2 0,4 0,6 Re 0,8 1,0 1,2 Bild 9.9 Ortskurve der Beschreibungsfunktion N eines Gliedes mit Sättigung x 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 xB x^ Bild 9.10 Zusammenhang N = f B xˆe e 9.2.2 Beschreibungsfunktion eines Gliedes mit toter Zone Bild 9.11 zeigt die statische Kennlinie eines Gliedes mit toter Zone xt. Nach Überschreiten der toten Zone wird am Ausgang das Eingangssignal getreu wiedergegeben. Die Ausgangsgröße des Gliedes mit toter Zone ist ebenfalls eine ungerade Funktion, da xa(α) = − xa(−α). Damit vereinfacht sich die Beziehung (9.12) zur Berechnung der Grundschwingung der Ausgangsgröße entsprechend Gl. (9.17): a1 = 0, b1 = 2 π 2π xa (α ) ⋅ sin α ⋅ dα . 0 (9.19) 280 9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis xa xa α 45° xt xt xe α1 α2 α3 2π α4 xe α1 ∧ xe 2π α2 Bild 9.11 Bild 9.11 Kennlinie eines Regelkreisgliedes mit toter Zone und Konstruktion der Ausgangsgröße α3 α4 α Für 0 ≤ α ≤ π ist 0 xa = xˆ e ⋅ sin α − x t 0 für 0 ≤ α ≤ α1 für α1 ≤ α ≤ α 2 . für α 2 ≤ α ≤ π (9.20) Gl. (9.20) in Gl. (9.19) eingesetzt ergibt: b1 = 2 π α2 ⋅ ( xˆ e ⋅ sin α − x t ) ⋅ sin α ⋅ dα , α1 π /2 π / 2 4 2 ˆ b1 = ⋅ xe ⋅ sin α ⋅ dα − x t ⋅ sin α ⋅ dα , π α1 α1 b1 = π /2 π /2 4 xˆ e , ⋅ ⋅ (1 − cos 2α ) ⋅ dα + x t ⋅ cos α π 2 α 1 α1 b1 = π /2 1 π 1 − ⋅ xˆ e − α1 − ⋅ sin 2α π 2 2 2 α1 4 xt cos α1 , xˆ e 9.2 Ermittlung spezieller Beschreibungsfunktionen b1 = 281 π α x 1 ⋅ xˆ e − 1 + ⋅ sin 2α1 − t cos α1 . ˆ xe π 2 4 4 4 Aus Bild 9.11 ist zu entnehmen: xe (t ) = xˆe ⋅ sin ω t , xt = sin α1 ; bzw. α1 = arcsin xˆ e xt . xˆ e (9.21) Ferner ist sin 2α1 = 2 sin α1 ⋅ cos α1 . Damit wird b1 = 1 π α ⋅ xˆ e − 1 + ⋅ sin α1 ⋅ cos α1 − sin α1 ⋅ cos α1 , π 2 2 4 4 2 2α b1 = xˆ e 1 − 1 − ⋅ sin α1 ⋅ cos α1 . π π Die Beschreibungsfunktion folgt aus Gl. (9.15) x (α ) b1 ⋅ sin a = N ( xˆ e ) = a1 xe (α ) xˆ e ⋅ sin a N ( xˆ e ) = 1 − 2 π ⋅ [α1 + sin α1 ⋅ cos α1 ] . Für verschiedene Werte von xˆ e / x t und der Beziehung (9.21) erhält man nachfolgende Tabelle. Die N-Werte der Tabelle ergeben sich in noch einfacherer Weise, indem die in Abschnitt 9.2.1 gefundenen N-Werte (Sättigung) von 1 subtrahiert werden. Die Ortskurve der Beschreibungsfunktion ist in Bild 9.12 dargestellt und erstreckt sich auf den positiven Realteil zwischen 0 ... 1. Bild 9.13 zeigt die Funktion N = f( xˆ e / x t ). Im 1 0,4 0,2 −0,2 −0,4 x^e xt 2 3 0,2 0,4 0,6 5 10 ∞ 0,8 1,0 1,2 N Re Bild 9.12 Ortskurve der Beschreibungsfunktion eines Gliedes mit toter Zone xt xˆ e xt sin α1 cos α1 α1 [...] N 1 2 3 5 10 ∞ 1 0,5 0,333 0,2 0,1 0 0 0,866 0,942 0,980 0,995 1 1,57 0,523 0,34 0,2 0,1 0 1,57 0,956 0,654 0,396 0,199 0 1 0,392 0,584 0,748 0,873 1 282 9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis N 1,0 0,8 0,6 0,4 0,2 0 x 0 0,2 0,4 0,6 Bild 9.13 Zusammenhang N = f t xˆ e xt x^ 0,8 1,0 e 9.2.3 Beschreibungsfunktion eines Gliedes mit Hysterese Bei einem System mit Reibung oder Hysterese muss die Eingangsgröße erst die Ansprechempfindlichkeit xt überschreiten bis am Ausgang ein Signal erscheint. Die Ausgangsgröße bleibt dann bis zum Umkehrpunkt stets um xt kleiner als xe. Im Umkehrpunkt ändert sich die Polarität von xe und die Ausgangsgröße bleibt solange konstant bis xe in der entgegengesetzten Richtung die Ansprechempfindlichkeit überschreitet. Bild 9.14 zeigt die Konstruktion der Ausgangsgröße an der Hysteresekennlinie im eingeschwungenen Zustand. Die Berechnung der Grundschwingung der Ausgangsgröße erfolgt nach der Beziehung (9.12). Allerdings ist die Hysteresekennlinie mehrdeutig, so dass a1 und b1 ermittelt werden müssen. Die Berechnung wird einfacher, wenn man als Integrationsbereich nicht 0 ≤ α ≤ 2π, sondern −α1 ≤ α ≤ (2π− α1) wählt. In diesem Bereich ist: xˆ e ⋅ sin α − x t xˆ e − x t xa = xˆ e ⋅ sin α + x t − xˆ e + x t für für für für π 2 π ≤ α ≤ π − α1 2 . 3π π − α1 ≤ α ≤ 2 3π ≤ α ≤ 2π − α1 2 − α1 ≤ α ≤ (9.22) Ferner sind die Funktionen xa (α ) ⋅ cos α sowie xa (α ) ⋅ sin α in den Bereichen − α1 ≤ α ≤ (π − α1 ) und (π − α1 ) ≤ α ≤ (2π − α1 ) gleich, so dass die Integration auf einen der beiden Bereiche beschränkt werden kann. Daraus folgt a1 = 2 π π −α1 ⋅ xa (α ) ⋅ cos α ⋅ dα und b1 = −α1 2 π π −α1 xa (α ) ⋅ sin α ⋅ dα ⋅ −α1 Zunächst wird al berechnet. Mit der Beziehung (9.22) folgt: π −α1 π / 2 2 a1 = ⋅ ( xˆ e ⋅ sin α − x t ) ⋅ cos α ⋅ dα + ( xˆ e − x t ) ⋅ cos α ⋅ dα , π π /2 −α1 (9.23) 9.2 Ermittlung spezieller Beschreibungsfunktionen 2xt xa xa xt xt 45° xe xe α1 2π π 2 π α1 283 3π 2 α 0 π 2 ∧ xe Bild 9.14 Hysteresekennlinie und Konstruktion der Ausgangsgröße im eingeschwungenen Zustand Bild 9.14 π 3 π 2 α 2π π π π −α1 2 xˆ e 2 2 2 a1 = ⋅ sin α , − x t ⋅ sin α + ( xˆ e ⋅ − x t ) ⋅ sin α π π 2 −α1 −α1 2 a1 = 2 xˆ e ⋅ ⋅ (1 − sin 2 α1 ) − x t ⋅ (1 + sin α1 ) + ( xˆ e − x t )(sin α1 − 1) , π 2 a1 = 1 x ⋅ xˆ e ⋅ cos 2 α1 − 2 ⋅ t ⋅ sin α1 + (sin α1 − 1) . xˆ e π 2 2 (9.24) Aus Bild 9.14 entnimmt man für den Winkel α1 folgende Beziehung: xˆ e − 2 x t = xˆ e ⋅ sin α1 , x sin α1 = 1 − 2 t . xˆ e (9.25) Gl. (9.25) in Gl. (9.24) eingesetzt, ergibt: a1 = 1 ⋅ xˆ e ⋅ cos 2 α1 + (sin α1 − 1) ⋅ sin α1 + sin α1 − 1 , π 2 2 xˆ a1 = − e ⋅ cos 2 α1 . π Entsprechend folgt für bl: (9.26) 284 9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis b1 = π −α1 π / 2 2 ( xˆ e ⋅ sin α − x t ) ⋅ sin α ⋅ dα + ( xˆ e − x t ) ⋅ sin α ⋅ dα , ⋅ π π /2 −α1 b1 = π /2 π −α1 xˆ 2 xˆ e , sin 2α + e α + x t ⋅ cos α ⋅ − − ( xˆ e − x t ) ⋅ cos α π 4 2 α − π / 2 1 b1 = 1 x π α ⋅ xˆ e ⋅ − ⋅ sin 2α1 + + 1 − t ⋅ cos α1 + 1 − π 4 2 xˆ e 4 b1 = 1 x π α ⋅ xˆ e ⋅ − sin α1 ⋅ cos α1 + + 1 − 2 t ⋅ cos α1 + cos α1 . ˆ π 4 2 xe 2 2 xt xˆ e ⋅ cos α1 , 2 Unter Verwendung der Beziehung (9.25) folgt: b1 = 2 π π α 1 ⋅ xˆ e ⋅ − sin α1 ⋅ cos α1 + + 1 + (sin α1 − 1) cos α1 + cos α1 , 2 4 2 xˆ π b1 = e ⋅ + α1 + sin α1 ⋅ cos α1 . π 2 (9.27) Mit Gl. (9.26) und Gl. (9.27) in Gl. (9.15) erhält man die Beschreibungsfunktion N ( xˆ e ) = 1 π 2 + α1 + sin α1 ⋅ cos α1 − j ⋅ cos α1 , mit π 2 α1 = arcsin1 − 2 xt xˆ e , siehe Gl. (9.25). In nachstehender Tabelle sind die Real- und Imaginärteile von N für verschiedene x t / xˆ e -Werte ermittelt. x t / xˆ e sin α1 cos α1 α1 Re(N) Im(N) 0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 1,0 1 0,8 0,6 0,4 0,2 0 −0,2 −0,4 −0,6 −1 0 0,6 0,8 0,916 0,98 1 0,98 0,916 0,8 0 1,57 0,93 0,64 0,41 0,2 0 −0,2 −0,41 −0,64 −1,57 1 0,95 0,857 0,748 0,625 0,5 0,37 0,25 0,143 0 0 −0,115 −0,204 −0,267 −0,305 −0,318 −0,305 −0,267 −0,204 0 9.2 Ermittlung spezieller Beschreibungsfunktionen 285 Wie die Ortskurve der Beschreibungsfunktion zeigt, wächst die Phasenverschiebung mit zunehmendem Verhältnis x t / xˆ e ; für x t = x̂e wird schließlich die Ausgangsgröße Null, unabhängig von der Eingangsgröße (Bild 9.15). Im 0,2 -0,2 -0,2 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 0 0,1 0,8 -0,4 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 Re Bild 9.15 Ortskurve der Beschreibungsfunktion eines Gliedes mit Hysterese xt x̂e 9.2.4 Beschreibungsfunktion eines Dreipunktreglers ohne Hysterese Für die Behandlung von Regelkreisen mit unstetigen Reglern ist die Beschreibungsfunktion des Dreipunktreglers sehr wichtig, da hieraus durch Nullsetzen von xt die Beschreibungsfunktion des Zweipunktreglers folgt. Bild 9.16 zeigt die Charakteristik und den Verlauf der Ausgangsgröße bei sinusförmigem Eingang. Die Grundschwingung der Ausgangsgröße erhält man auf einfache Weise aus Gl. (9.12). Die Funktion der Ausgangsgröße ist ungerade, da xa(α) = −xa(− α). Damit ergibt sich für Gl. (9.12) folgende Vereinfachung: a1 = 0, b1 = 2 π π ⋅ xa ⋅ sin α ⋅ dα (9.28) 0 mit 0 ≤ α ≤ α1 α1 ≤ α ≤ (π − α1 ) für (π − α1 ) ≤ α ≤ π 0 xa = x B 0 für für (9.29) Gl. (9.29) in Gl. (9.28) eingesetzt, ergibt: b1 = b1 = 4 π 4 π π /2 ⋅ x B ⋅ sin α ⋅ dα = −α1 4 π π ⋅ x B ( − cos α ) 2 . ⋅ x B ⋅ cos α1 . Aus Bild 9.16 folgt für α1 die Beziehung: x xˆ e ⋅ sin α1 = x t ; α1 = arcsin t . xˆ e In Gl. (9.30) eingesetzt, führt zu: −α1 (9.30) 286 9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis xa xa xt xB xB π α1 xe xt 2π α xe α1 Bild 9.16 ∧ xe π Bild 9.16 Kennlinie und Konstruktion der Ausgangsgröße eines Dreipunktreglers ohne Hysterese α 2π b1 = 4 π ⋅ x B ⋅ 1 − sin 2 α1 , x b1 = ⋅ x B ⋅ 1 − t π xˆ e 4 2 . bl in die Beziehung (9.15) eingesetzt, liefert die Beschreibungsfunktion. N ( xˆ e ) = x 4 xB 1 − t ⋅ π xˆ e xˆ e 2 . (9.31) Zur Auswertung der Gl. (9.31) wird das Verhältnis k = xB / xt bzw. xB = k⋅xt eingeführt. Somit wird: N ( xˆ e ) = x ⋅k ⋅ t π xˆ e 4 x 1 − t xˆ e 2 . (9.32) Nachstehende Tabelle enthält die N-Werte für k = 1. Für andere k-Werte sind die NWerte mit dem jeweiligen k zu multiplizieren. Mit k = xB / xt als Parameter ist in Bild xˆ 9.17 die Funktion N ( xˆ e ) = f e wiedergegeben. xt 9.3 Stabilitätsuntersuchungen an nichtlinearen Regelkreisen xˆ e xt xt x̂ e 1 2 1 0,707 0 0,707 0 0,637 2 3 4 6 8 10 20 ∞ 0,500 0,333 0,250 0,167 0,125 0,100 0,050 0 0,866 0,943 0,968 0,986 0,992 0,995 0,999 1 0,552 0,400 0,308 0,208 0,158 0,127 0,064 0 ... N 287 3 N 2 k=4 1 3 2 1 0 0 1 2 2 3 xˆe 4 xt xˆ x Bild 9.17 N ( xˆ e ) = f e mit k = B xt xt als Parameter für einen Dreipunktregler Wie man durch eine Maximalwertberechnung leicht nachprüfen kann, wird N für xˆ e / x t = 2 ein Maximum mit N max = 2 π k= 2 xB . ⋅ xt π Bild 9.18 zeigt die Ortskurve von N, sie ist eine Doppellinie, die für xˆ e / x t = 1 bei Null beginnt und erstreckt sich mit zunehmendem xˆ e / x t auf die positiv reelle Achse bis zum Maximalwert bei xˆ e / x t = 2 . Für Werte xˆ e / x t > 2 wandert die Ortskurve wieder zum Nullpunkt zurück, den sie für xˆ e / x t = ∞ erreicht. Im 1 x^e xt −1 1 1,1 1,2 ∞ 20 8 6 4 3 2 x^e xt 2 Re Bild 9.18 Ortskurve der Beschreibungsfunktion eines Dreipunktreglers mit x k = B =4 xt −1 9.3 Stabilitätsuntersuchungen an nichtlinearen Regelkreisen Die Beschreibungsfunktion in Verbindung mit dem Zweiortskurvenverfahren ist zur Stabilitätsuntersuchung von Regelkreisen, die Nichtlinearitäten enthalten, besonders geeignet. 288 9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis Wie in Bild 9.19 gezeigt, werden die linearen Glieder in der Übertragungsfunktion G(s) bzw. dem Frequenzgang G( jω) zusammengefasst. Zur Beschreibung des nichtlinearen Gliedes dient die Beschreibungsfunktion N ( xˆ e ) . Das Verfahren der Harmonischen Balance betrachtet den geschlossenen Regelkreis an der Stabilitätsgrenze, d. h. es existiert eine stabile Dauerschwingung. Für die Ausgangsgröße des linearen Teils in Bild 9.19 gilt xe ( jω ) = G ( jω ) ⋅ e( jω ) . (9.33) Diese wirkt auf den Eingang der Nichtlinearität mit der Beschreibungsfunktion N ( xˆ e ) und erzeugt am Ausgang die Grundschwingung xa1 ( jω ) = N ( xˆ e ) ⋅ xe ( jω ) . e(jω) G( jω) xe(jω) ∧ (9.34) xa1(jω) N(xe ) − Bild 9.19 Nichtlinearer Regelkreis im Zustand der Harmonischen Balance Setzen wir Gl. (9.34) in Gl. (9.33) ein, so folgt unter Berücksichtigung, dass e( jω ) = − xa1 ( jω ) G ( jω ) ⋅ N ( xˆ e ) + 1 = 0 . (9.35) Dies ist die charakteristische Gleichung des nichtlinearen Regelkreises und wird auch als Gleichung der Harmonischen Balance bezeichnet. Zur Anwendung des in Abschnitt 6.4 behandelten Zweiortskurvenverfahrens bringen wir Gl. (9.35) in die Form N ( xˆ e ) = − 1 . G ( jω ) (9.36) (9.36) ist eine komplexe Gleichung, deren Real- und Imaginärteile gleich sein müssen. Daraus ergeben sich zwei Gleichungen zur Ermittlung der Amplitude x̂ e und der Kreisfrequenz ω der Dauerschwingung. Zur graphischen Auswertung wird, in Analogie zu linearen Regelkreisen, einmal die Ortskurve der Nichtlinearität und zum anderen die negativ inverse Ortskurve der linearen Glieder in einem gemeinsamen Diagramm dargestellt. 9.3.1 Dreipunktregler mit nachgeschaltetem Stellmotor zur Druckregelung Das Schema einer Druckregelung mittels Dreipunktregler ist in Bild 9.20 dargestellt. Der vom Messfühler gemessene Druck p wird in einem Messumformer in eine proportionale Spannung ux umgeformt: u (s) 1V . G MU ( s ) = x = K1 = 1 bar p( s) 9.3 Stabilitätsuntersuchungen an nichtlinearen Regelkreisen 289 Die Regeldifferenz e = us − u x wird dem Dreipunktregler mit nachgeschalteten Leistungsrelais zugeführt. Bezeichnet man e als Eingangsgröße und die geschaltete Motorspannung als Ausgangsgröße, so hat der Dreipunktregler die in Bild 9.21 gezeigte Kennlinie. Regelstrecke G p u M ux xt xB 220 V e us xt Bild 9.20 Druckregelstrecke mit Dreipunktregler Die Ansprechempfindlichkeit beträgt xt = 0,1 V; die am Ausgang geschaltete Spannung xB = 220 V. Der nachgeschaltete Zweiphasen-Kondensatormotor hat folgende Übertragungsfunktion xa xt xe xt = 0,1 V 1 , GM (s) = K 2 s (1 + sT2 ) mit K 2 = 50 U/s und T2 = 0,5 s . 220 V xB = 220 V Bild 9.21 Kennlinie des Dreipunktreglers Die Motorwelle treibt über ein Getriebe die Ventilspindel mit einem Vorschub von 0,04 mm pro Umdrehung der Motorwelle. GG ( s ) = K 3 = 0,04 mm . U Die Übertragungsfunktion der Strecke lautet GS ( s ) = p(s) bar 1 , mit K S = 0,1 und TS = 2 s . = KS y ( s) 1 + sTS mm 290 9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis In Bild 9.22 ist der Regelkreis nochmals im Wirkungsplan dargestellt. Die Zusammenfassung der linearen Glieder ergibt die resultierende Übertragungsfunktion G ( s ) = G M ( s ) ⋅ GG ( s ) ⋅ GS ( s ) ⋅ G MU ( s) (9.37) bzw. den Frequenzgang G ( jω ) = K1K 2 K 3 KS jω (1 + jω T2 )(1 + jω TS ) (9.38) und den negativ inversen Frequenzgang − 1 1 =− [−ω 2 (T2 + TS ) + jω (1 − ω 2T2TS )]. G ( jω ) K1K 2 K 3 KS GS z + − GG (9.39) x=p N GM ux GMU e − Bild 9.22 Wirkungsplan des in Bild 9.20 gezeichneten Regelkreises + uS Die Beschreibungsfunktion des Dreipunktreglers ist nach Gl. (9.32) x N ( xˆ e ) = ⋅ k ⋅ t π xˆ e 4 x 1 − t xˆ e 2 (9.40) mit x 220 V k= B = = 2200. xt 0,1 V Zur Konstruktion der Ortskurve von N ( xˆ e ) werden die in Abschnitt 9.2.4 für k = 1 aufgestellten Tabellenwerte mit k = 2200 multipliziert. N ( xˆ e ) max = 2 π k = 1400. Da sich die Ortskurve von N ( xˆe ) nur auf die positiv reelle Achse erstreckt, genügt es, den Schnittpunkt der Ortskurve von − 1/G( jω) mit der positiv reellen Achse zu ermitteln. Im Schnittpunkt der beiden Ortskurven müssen die folgenden Bedingungen erfüllt sein: 1 Im − = Im[ N ( xˆ e )] und G ( jω ) (9.41) 9.3 Stabilitätsuntersuchungen an nichtlinearen Regelkreisen 1 Re − = Re[ N ( xˆ e )] . G ( jω ) 291 (9.42) Mit Gl. (9.39) folgt aus Gl. (9.41) ωd = 1 T2TS = 1 s −1 . Für ω = ω d wird T + TS 1 1 Re − ⋅ 2 = 2750 . = G ( jω ) K1 K 2 K 3 K S T2TS Das heißt, die beiden Ortskurven von N ( xˆ e ) und − 1/G( jω) schneiden sich nicht, da der Schnittpunkt von − 1/G( jω) mit der positiv reellen Achse außerhalb von Nmax liegt. Somit ist der Regelkreis unbegrenzt stabil. Es soll nun noch der Fall untersucht werden, wenn die Ansprechempfindlichkeit von xt = 0,1 V auf xt = 0,04 V reduziert wird. Dadurch folgt: k= xB 220 V 2 = = 5500 und N ( xˆe ) max = k = 3501. π xt 0,04 V Nun wird die Ortskurve der Beschreibungsfunktion von − 1/G( jω) geschnitten, und zwar treten zwei Schnittpunkte auf bei xˆ e = 1,11 (Schnittpunkt 1) xt und xˆe = 2,29 (Schnittpunkt 2) xt Hiervon ist der Schnittpunkt 1 labil. Durch eine geringe Störung wird der Regelvorgang in den stabilen Schnittpunkt 2 −1 umspringen und eine Dauerschwingung mit ω = 1 s ausführen. Die Labilität des Schnittpunktes 1 kann man sich an Bild 9.17 klar machen. Für xˆ e / x t < 2 hat N = f ( xˆ e / x t ) eine positive Steigung, d. h. bei Vergrößerung der Eingangsamplitude x̂ e wird N ( xˆ e ) also gewissermaßen der Verstärkungsgrad des Reglers größer. Befindet sich der Regelkreis im Schnittpunkt 1 und tritt eine Störung auf, die zu einer geringfügigen Vergrößerung von x̂ e führt, so wird infolge der zunehmenden Verstärkung des Reglers aus der Dauerschwingung eine aufklingende 292 9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis Schwingung. Diese wächst an bis für xˆ e / x t > 2 der stabile Schnittpunkt 2 erreicht wird. Bild 9.23 zeigt die graphische Darstellung nach dem Zweiortskurvenverfahren. IM − 1000 N ′( xˆe ) N ( xˆe ) −1000 xˆe = 1,1 xt 1 G ( jω ) RE 1,0 −1000 4000 xˆe = 2,3 xt 0,75 0,5 −1 ω/s 5000 Bild 9.23 Graphische Stabilitätsuntersuchung Die Amplitude der Regelgröße x = p ergibt sich aus: u ( s ) xe ( s ) G MU ( s) = x = = K1 bzw. p(s) p(s) xˆ e = K1 . pˆ Im Schnittpunkt 2 ist xˆ e = 2,29 ⋅ x t . Damit folgt pˆ = 1 ⋅ 2,29 ⋅ x t = 0,092 bar . K1 9.3.2 Untersuchung eines Regelkreises mit Ansprechempfindlichkeit GR w + − z + yR GS x + N Bild 9.24 Wirkungsplan eines Regelkreises mit Ansprechempfindlichkeit des Messfühlers In Bild 9.24 ist ein Regelkreis gezeichnet, dessen Messfühler eine Ansprechempfindlichkeit aufweist. Die Übertragungsfunktionen von Regler und Strecke lauten: 1 GR ( s) = sTI KS GS ( s ) = 2 2 s T2 + sT1 + 1 TI = 0,2 s; KS = 0,5; T1 = 5 s; T22 = 4 s 2 . Die Beschreibungsfunktion der Nichtlinearität ist gemäß Abschnitt 9.2.2 9.3 Stabilitätsuntersuchungen an nichtlinearen Regelkreisen N ( xˆ e ) = 1 − 2 π (α1 + sin α1 ⋅ cos α1 ), 293 (9.43) mit α1 = arcsin xt . xˆ e Die Zusammenfassung der linearen Glieder ergibt G ( s ) = G R ( s )GS ( s) = KS sTI ( s 2T22 + sT1 + 1) bzw. den negativ inversen Frequenzgang − 1 1 =− [−ω 2TIT1 + jωTI (1 − ω 2T22 )] . G ( jω ) KS (9.44) Da die Beschreibungsfunktion (Gl. (9.43)) reell ist, verläuft die Ortskurve von N ( xˆ e ) auf der positiv reellen Achse. Es genügt demnach die Berechnung des Schnittpunktes der Ortskurve von − 1/G( jω) mit der positiv reellen Achse. Im Schnittpunkt ist. 1 Im − = 0 und es folgt aus Gl. (9.44) G jω ) ( ωd = 1 = 0,5 s -1 . T2 Der zugehörige Realteil errechnet sich aus Gl. (9.44) für ω d zu TI T1 1 Re − = 0,5. = 2 G ( jω d ) K ST2 Wie Bild 9.25 zeigt, schneidet die Ortskurve 1 von −1/G( jω) die Beschreibungsfunktion N ( xˆ e ) . Die sich in diesem Schnittpunkt einstellende Dauerschwingung ist labil, da gemäß Bild 9.13 N ( xˆ e ) mit zunehmendem x̂ e anwächst, mit abnehmendem x̂ e abnimmt. N ( xˆ e ) kann als Verstärkungsgrad der Nichtlinearität interpretiert werden. Eine geringe Erniedrigung der Schwingamplitude führt zu abklingenden, eine Erhöhung zu aufklingenden Schwingungen. Man spricht deshalb von einer "Stabilität im Kleinen". Bei zunächst stabilem Regelverhalten kann der Kreis durch auftretende Störungen instabil werden, ein höchst unerwünschtes Verhalten. Aus Bild 9.25 ist ersichtlich, wie groß der Regelparameter TI gemacht werden muss, damit unbegrenzte Stabilität herrscht. Die Ortskurve 1 von − 1 /G( jω) schneidet die 294 9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis 1 IM 1 − G ( jω ) 0,5 1 2 xˆe xt 0,4 0,5 2 −1 ω /s 1 − G ( jω ) RE 5 10 ∞ N ( xˆe ) 1 0,2 s− 1 ω/ 1,5 2 0,4 −0,5 Bild 9.25 Stabilitätsuntersuchung eines Regelkreises mit Ansprechempfindlichkeit Kurve 1 für TI = 0,2 s , Kurve 2 für TI = 0,6 s. positiv reelle Achse für ω = ω d = 1 / T2 . Diese Frequenz ist unabhängig von TI. Für Re[ −1 / G ( jω d )] > 1 gibt es keinen Schnittpunkt der Ortskurven von − 1/G( jω) und N ( xˆ e ) . Daraus folgt: TI T1 1 Re − > 1. = 2 G ( jω d ) K ST2 T2 TI > K S 2 = 0,4 s. T1 In Bild 9.25 ist für TI = 0,6 s > 0,4 s die Ortskurve 2 von −1/G( jω) gestrichelt eingezeichnet. Dieser Regelkreis ist unbegrenzt stabil, es treten keine Dauerschwingungen auf. X Aufgabe 9.1 Wie ist das Stabilitätsverhalten des zuvor behandelten Regelkreises, wenn xt = 0 und a) TI < 0,4 s, b) TI > 0,4 s? 295 10 Unstetige Regelung Bei einem stetigen Regler hat die statische Kennlinie yR = f(e) den in Bild 10.1 gezeigten Verlauf. Verändert man die Eingangsgröße e kontinuieryR lich von emin bis emax, so ändert sich die Stellgröße ebenso kontinuierlich über den gesamten yRmax Stellbereich Yh. Betrachtet man demgegenüber emin die Kennlinie des einfachsten unstetigen Rege emax lers (Zweipunktregler, Bild 10.2), so kann die Stellgröße nur zwei diskrete Zustände annehmen yR = 0 und yR = yRmax . Bild 10.1 Statische Kennlinie yR = f(e) eines stetigen Reglers yR yRmax 0 Bild 10.2 e Die gerätetechnische Verwirklichung von unstetigen Reglern in Form von Relais, Bimetallschaltern, Kontaktthermometern usw. ist denkbar einfach und preiswert. Wie beim stetigen Regler wird dem Zweipunktregler die Regeldifferenz zugeführt. Statische Kennlinie eines Zweipunktreglers ohne Hysterese Ist die Regeldifferenz e = w − x positiv, so schaltet der Zweipunktregler ein, ist sie Null oder negativ, so schaltet der Zweipunktregler ab. Der Hauptnachteil der einfachen unstetigen Regler besteht in der pendelnden Arbeitsbewegung der Stellgröße und somit der Regelgröße um den Sollwert. Ursprünglich wurden diese einfachen unstetigen Regler (vorwiegend Zweipunktregler) zur Regelung einfacher Regelkreise (Raumtemperatur, Bügeleisentemperatur, Kühlschranktemperatur usw.) benutzt. Durch geeignete Maßnahmen können die Schwankungen der Regelgröße um den Sollwert auf ein innerhalb der Genauigkeitsgrenze von Messgeräten liegendes Maß gesenkt werden, so dass sie heute auch zur Regelung komplizierter Regelstrecken verwendet werden. Allerdings sind die elektrischen und elektronischen Regler recht aufwendig, so dass der Preisunterschied im Vergleich zu den stetigen Reglern nicht allzu groß ist. Für Regelstrecken, bei denen eine hohe Stellleistung erforderlich ist, wird eine unstetige Regeleinrichtung mittels Thyristoren, Triacs oder Ähnlichem stets billiger sein als eine entsprechende stetige Regeleinrichtung. S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_10, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2014 296 10 Unstetige Regelung 10.1 Idealer Zweipunktregler an einer P-Strecke höherer Ordnung Bild 10.3 zeigt einen Wasserdurchlauferhitzer, dessen Temperatur von einem Kontaktthermometer geregelt wird. Bei Inbetriebnahme der Anlage wird die Heizwicklung eingeschaltet und erwärmt das Wasser. Infolge des Temperaturanstiegs steigt die Quecksilbersäule des Kontaktthermometers. Im unteren Ende des Glaskolbens ist ein Platinkontakt eingeschmolzen, während ein zweiter Platindraht von oben in den Glaskolben ragt, der in der Höhe verstellbar ist. Wird das untere Ende des oberen Platindrahtes auf die Solltemperatur eingestellt, so wird, wenn die Quecksilbersäule diese erreicht, die Relaiswicklung kurzgeschlossen und die Heizung ausgeschaltet. Bei Temperaturabnahme wird die Quecksilbersäule den Kontakt unterbrechen und die Heizung erneut einschalten usw. R Mp Kontaktthermometer Bild 10.3 Wasserdurchlauferhitzer mit Kontaktthermometer zur Temperaturregelung Es soll nun das zeitliche Verhalten eines Zweipunktreglers an vorliegender Strecke behandelt werden. Diese ist mindestens von 2. Ordnung. Schaltet man die Heizspirale ein, so wird die Temperatur im Behälter nach einer e-Funktion ansteigen. Eine weitere Verzögerung 1. Ordnung bildet der Glasmantel des Thermometers. Taucht man dieses plötzlich in eine Flüssigkeit mit einer anderen Temperatur, so steigt die Quecksilbersäule ebenfalls nach einer e-Funktion. Vereinfachend soll diese Strecke 2. Ordnung mit Verzugs- und Ausgleichszeit durch eine reine Totzeit Tt und ein Verzögerungsglied 1. Ordnung mit der Zeitkonstanten T1 angenähert werden. Ferner soll der Schaltpunkt des Zweipunktreglers in beiden Richtungen exakt gleich sein. Diese Forderung wird von dem Kontaktthermometer ziemlich genau erfüllt. Den entsprechenden Wirkungsplan des Regelkreises zeigt Bild 10.4. w + N z e yR − + + yS K S , T1 1, Tt x Bild 10.4 Wirkungsplan eines Regelkreises mit Zweipunktregler zur Regelung einer P-T1-Tt-Strecke Betrachtet man die Strecke zunächst ohne Regler, so wird nach Einschalten der Heizwicklung die Wassertemperatur nach Verlauf der Totzeit Tt nach einer e-Funktion mit 10.1 Idealer Zweipunktregler an einer P-Strecke höherer Ordnung 297 der Zeitkonstanten T1 ansteigen, bis zum Endwert xE. Schaltet man danach die Heizwicklung ab, so fällt die Wassertemperatur nach Verlauf der Totzeit ebenfalls nach einer e-Funktion ab. Vereinfachend wird angenommen, dass die Zeitkonstanten der Erwärmungs- und Abkühlungskurven gleich sind, was in praxi nicht immer der Fall ist. Die Regelstrecke wird nun mit dem Zweipunktregler in Betrieb genommen, wobei der Sollwert so eingestellt ist, dass er zwischen der Anfangstemperatur xA und der Endtemperatur xE liegt. Zunächst ist die Temperatur x = xA und die Regeldifferenz e = w − xA positiv, so dass der Zweipunktregler einschaltet und die Wassertemperatur in der zuvor beschriebenen Weise ansteigt. Beim Erreichen des Sollwertes schaltet der Regler ab, die Temperatur steigt infolge der Totzeit bis zum Wert x1 weiter an, um dann entsprechend der Temperaturabkühlungskurve abzufallen. Wird der Sollwert unterschritten, so schaltet wie in Bild 10.5 gezeigt die Heizung erneut ein. Nach Verlauf der Totzeit, in der die Temperatur bis auf den Wert x2 abfällt, beginnt die Temperatur wieder anzusteigen. Dieser Vorgang wiederholt sich periodisch mit einer Temperaturschwankung zwischen x1 und x2 mit der Amplitude x0 um den Wert x3. x T1 xE Tt t1 xMA x1 w x2 x0 Tt t2 T0 xA = 0 x0 x3 Tt t yR te ta t T0 Bild 10.5 Verlauf der Regel- und Stellgröße eines Regelkreises, bestehend aus einer P-T1Strecke mit Totzeit und einem Zweipunktregler Ermittlung der Schwankungsbreite 2x0 und der Mittelwertabweichung xMA Für den oberen Grenzwert der Dauerschwingung erhält man x1 = w + ( x E − w) ⋅ (1 − e mit x E = K S y Rmax . T − t T1 ), (10.1) 298 10 Unstetige Regelung Entsprechend folgt für den unteren Grenzwert x2: x2 = w ⋅ e T − t T1 . (10.2) Subtrahiert man Gl. (10.2) von Gl. (10.1), so erhält man die Schwankungsbreite 2 ⋅ x0 = x1 − x 2 = x E ⋅ (1 − e T − t T1 ). (10.3) Die Schwankungsbreite 2x0 wird um so größer, je größer die Totzeit Tt und je kleiner die Zeitkonstante T1 ist. Für Tt / T1 → ∞ wird 2⋅x0 = xE bzw. die Schwingamplitude x0 = xE /2. Bemerkenswert ist, dass x0 unabhängig vom Sollwert ist. Wie Bild 10.6 zeigt, weicht der Mittelwert der Regelschwingung x3 vom Sollwert ab. Die Differenz xMA wird als Mittelwertabweichung bezeichnet. Es gilt: T T − t − t x1 + x 2 1 T1 x3 = ) + 2w ⋅ e T1 = x E ⋅ (1 − e 2 2 x MA = w − x3 Tt − x x MA = w − E ⋅ (1 − e T1 ) . 2 x T1 xE w3 = (10.4) ta 5 x 6 E xMA te 1 w3 = xE 2 ta 1 w3 = xE 6 te 0 Tt Bild 10.6 te ta xMA t Zeitlicher Verlauf der Arbeitsbewegung in Abhängigkeit vom Sollwert bei Zwei- punktregelung einer P-T1-Strecke mit Totzeit Die Kurvenform der Regelschwingung ist vom Sollwert abhängig (Bild 10.6). Für kleine w-Werte hat die Erwärmungskurve einen steilen Verlauf und die Abkühlungskurve verläuft flach. Im oberen Bereich für große w-Werte ist es umgekehrt. 10.1 Idealer Zweipunktregler an einer P-Strecke höherer Ordnung 299 Symmetrischer Betrieb Legt man den Sollwert in die Mitte des Regelbereiches w = xE /2, so wird xMA = 0, d. h. x3 fällt mit dem Sollwert zusammen. Im solchen, so genannten symmetrischen Betrieb, kann man einige Näherungen vornehmen, was eine vereinfachte Berechnung von Schwingungsparameter ermöglicht. Zunächst wird angenommen, dass te = ta = Tt gilt, woraus laut Bild 10.6 die Schwingdauer wie folgt bestimmt wird: T0 = 2te + 2ta = 4Tt Die Simulation mit MATLAB/Simulink für ein Beispiel beim symmetrischen Betrieb w = xE /2 = 0,5 bestätigt diese Annahme (Bild 10.7). 1 x 0.5s+1 Wo =0,5 y_min=0 y_max =1 Kps =1; T1 =0,5s To Workspace Tt = 0.2 s t Clock To Workspace T 1 XE= 1 C B Relay-Einstellung: 0.8 0.6 x0 w=0.5 A 0.4 Switch on point Switch off point Output when on Output when X: 2.133 Y: 0.6486 a b eps eps 1 0 x0 T =0,8 0 0.2 Tt 0 0 0.5 1 1.5 2 2.5 Bild 10.7 MATLAB/Simulink-Modell und Sprungantworten eines Regelkreises mit dem Zweipunktregler (Relay) ohne Hysterese und einer P-Tt-Strecke (KPS = 1; T1 = 0,5 s; Tt = 0,2 s) Weiterhin kann man den Verlauf der Regelgröße bei einer kleinen Schwankungsbreite 2x0 linear betrachten. Aus der Ähnlichkeit der Dreiecks ABC und Aab folgt dann laut dem Bild 10.7 die Beziehung AB/BC = ab/Ab. 300 10 Unstetige Regelung Setzt man die Werte ein: AB = xE/2, BC = T1, ab = x0, Ab = Tt, so erhält man eine Faustformel, die nur für einen symmetrischen Betrieb und nur für eine kleine Schwankungsbreite gilt: x T x0 = E ⋅ t 2 T1 Nach dieser Formel soll die Amplitude x0 der Arbeitschwingung im obigen Beispiel x0 = 1 0,2 ⋅ = 0,2 2 0,5 betragen. In Wirklichkeit bzw. bei der Simulation nach dem Bild 10.7 ist die Amplitude x0 der Arbeitschwingung x0 = 0,6486 − 0,5 = 0,1486 ≈ 0,15 . Der Fehler von 0,05 deutet darauf hin, dass die Faustformel nur bei groben Berechnungen anzuwenden ist. Im Weiteren wird im Buch auf diese Faustformel verzichtet. Schaltfrequenz und Schwingdauer Gemäß Bild 10.5 ist die Schwingdauer T0 = 2Tt + t1 + t 2 . (10.5) Ferner ist: w = x1 ⋅ e t − 1 T1 . (10.6) Durch Einsetzen von Gl. (10.1) in Gl. (10.6) ergibt sich: Tt xE x E − T1 t1 = T1 ⋅ ln + 1 − ⋅e . w w (10.7) Für t2 folgt w − x 2 = ( x E − x 2 )(1 − e e t −2 T1 =1− t − 2 T1 ) w − x2 x −w = E x E − x2 x E − x 2 x − x2 . t 2 = T1 ⋅ ln E xE − w Mit Gl. (10.2) in Gl. (10.8) erhält man (10.8) 10.1 Idealer Zweipunktregler an einer P-Strecke höherer Ordnung 301 T − t T1 x − we t 2 = T1 ⋅ ln E xE − w . (10.9) Setzt man die GIn. (10.7) und (10.9) in Gl. (10.5) ein, so erhält man für die Schwingdauer folgenden Ausdruck T − t 1 T0 = 2Tt + T1 ⋅ ln − e T1 w 1 − x E T − t x E − e T1 w . (10.10) Gl. (10.10) ist in Bild 10.8 durch die Funktion T0/T1 = f (w / xE) für Tt /T1 = 0,25 dargestellt. Sie zeigt für w = 0,5 xE ein Minimum der Schwingdauer bzw. ein Maximum der Schwingfrequenz. Für ein anderes Verhältnis Tt/T1 ergeben sich zwar andere Werte, jedoch liegt das Minimum stets bei w = 0,5 xE. Bild 10.9 zeigt ebenfalls für Tt / T1 = 0,25 das Verhältnis von Ein- zu Ausschaltzeit te / ta, das für w = 0,5 xE gleich eins wird. T0 T1 3 3 2 te ta 2 1 1 0 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Bild 10.8 w xE Abhängigkeit der Schwingdau- er T0 vom Sollwert w für Tt/T1 = 0,25 0 0 Bild 10.9 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 w xE Verhältnis von Ein- und Ausschaltzeit als Funktion w/xE für Tt/T1 = 0,25 Der Regelbereich liegt ungefähr zwischen w = 0,2 xE und w = 0,8 xE. Für größere bzw. kleinere Werte von w nimmt die Schwingdauer stark zu. Ferner verharrt der Regler dann für längere Zeit in der ein- bzw. ausgeschalteten Lage. Im Hinblick auf die Schwankungsbreite wird eine möglichst kleine Totzeit angestrebt, da für Tt = 0 die Schwankungsbreite 2x0 gleich Null wird. Allerdings wird für Tt = 0 die Schwingdauer Null und die Schaltfrequenz unendlich. Mit zunehmender Schaltfrequenz steigt jedoch die Kontaktbeanspruchung, so dass bei mechanischen Relais ein Kompromiss zwischen minimaler Schwankungsbreite und maximal zulässiger Schaltfrequenz getroffen werden muss. 302 10 Unstetige Regelung 10.2 Zweipunktregler mit Hysterese an einer P-Strecke 1. Ordnung Reale Zweipunktregler sind stets mit Hysterese behaftet. Das heißt, dass infolge von Reibung, magnetischen Einflüssen usw. das Einschalten bei einem höheren Wert der Eingangsgröße liegt als das Ausschalten. Bild 10.10 zeigt den Wirkungsplan einer P-Strecke 1. Ordnung, die von einem Zweipunktregler mit Hysterese geregelt wird. N e w + z yR + yS KS , T1 x Bild 10.10 Regelkreis gebildet aus einer P-Strecke 1. Ordnung und einem Zweipunktregler mit Hysterese + − 2xL Ohne Regler würde die Regelgröße nach dem Einschalten verzögert nach einer eFunktion mit der Zeitkonstanten T auf den Endwert xE ansteigen. Vereinfachend wird angenommen, dass die Zeitkonstanten des Ein- und Ausschaltvorganges gleich sind (Bild 10.11). Befindet sich der Regler an der Strecke, wobei der Sollwert auf 0 ≤ w ≤ xE eingestellt sei, so ist nach Inbetriebnahme zunächst x = 0 und xE = w − x = w. Folglich schaltet der Zweipunktregler ein und die Regelgröße steigt gemäß der Einschaltkurve an. Infolge der Hysterese schaltet der Zweipunktregler beim Erreichen des Sollwertes noch nicht ab, sondern erst bei x = w + xL. Bei abgeschaltetem Regler fällt die Regelgröße entsprechend der Abschaltkurve bis auf den Wert x = w − xL ab, um dann erneut einzuschalten. Dieser Vorgang wiederholt sich periodisch mit der konstanten Schwankungsbreite 2⋅xL. xE te ta xL w=0,6 xE xL T0 0 0 T t Bild 10.11 Verlauf der Regelgröße einer Strecke 1. Ordnung, die von einem Zweipunktregler mit Hysterese geregelt wird 10.2 Zweipunktregler mit Hysterese an einer P-Strecke 1. Ordnung 303 Es soll nun die Abhängigkeit der Einschalt- und Ausschaltdauer te und ta sowie die Schwingdauer T0 bzw. die Schaltfrequenz f0 = 1 T0 ermittelt werden. Aus Bild 10.11 erhält man für die Einschaltzeit folgende Beziehung: 2 ⋅ xL = ( xE − w + xL t − e t − e ) ⋅ (1 − e T ), 2 ⋅ xL x − w − xL , = E xE − w + x L x E − w + xL e T =1− x − w + xL . t e = T ⋅ ln E xE − w − xL (10.11) Entsprechend folgt die Ausschaltzeit w − xL = (w + xL ta eT = t − a )⋅e T w + xL w − xL t a = T ⋅ ln w + xL . w − xL (10.12) Sowohl te als auch ta sind direkt proportional der Zeitkonstanten T der Strecke. Mit zunehmender Hysteresebreite xL wird die Ein- und Ausschaltzeit größer. Ferner wird für w = 0,5 xE die Ein- gleich der Ausschaltzeit te = ta. Durch Addition der GIn. (10.11) und (10.12) erhält man die Schwingdauer T0. T0 = T ⋅ ln xE − w + xL w + xL + ln . xE − w − xL w − xL (10.13) In Bild 10.12 ist die Gl. (10.13) durch die Funktion T0 / T = f (w / xE) mit xL / xE als Parameter graphisch dargestellt. Für w = 0,5 xE hat die Funktion jeweils ein Minimum, um dann für w < 0,2 xE und w > 0,8 xE stark anzusteigen. Zur Erzielung einer möglichst kleinen Schwankungsbreite ist man bestrebt, die Hysterese xL so klein wie möglich zu machen. Dem steht entgegen, dass mit abnehmendem xL T0 abnimmt und die Schaltfrequenz unzulässig ansteigt. Die maximale Schaltfrequenz liegt vor für w = 0,5 xE. Für diesen Wert erhält man aus Gl. (10.13): 304 10 Unstetige Regelung T0min = T ⋅ 2 ⋅ ln 0,5 ⋅ x E + x L 0,5 ⋅ x E − x L x 1+ 2 L xE T0min = 2T ⋅ ln . xL 1− 2 xE Einen guten Näherungswert erhält man für 2 xL / xE << 1 durch Reihenentwicklung x x T0min ≈ 2 ⋅ T ⋅ 2 ⋅ 2 L = 8 ⋅ T ⋅ L . xE xE Daraus folgt die maximale Schaltfrequenz: f 0max ≈ T0 1,6 T 1,4 xE . 8 ⋅ T ⋅ xL (10.14) xL = 0,1 xE 1,2 1,0 0,8 0,05 0,6 Bild 10.12 0,4 0,01 0,2 0 0 0,2 0,4 0,6 0,8 Abhängigkeit der Schwingdauer T0 vom w xE Sollwert w, mit xL / xE als Parameter Die exakten Parameter der Arbeitsschwingung kann man mittels einer Simulation bestimmen. Die Voraussetzung dafür sind, natürlich, die genauen Kenntnisse über Streckenparameter. Sind beispielsweise die Parameter einer P-Tt-Regelstrecke wie im Bild 10.7 gegeben (KPS = 1; T1 = 0,5 s; Tt = 0,2 s) und hat der Zweipunktregler mit gleichen Stellgrößen yRmin = 0, yRmax = 1 eine Hysterese von xL = ± 0,1, so wird der im Bild 10.7 gezeigte Relay-Block wie folgt konfiguriert: Switch on point 0.1 Switch off point −0.1 Output when on 1 Output when 0 Die simulierte Sprungantwort bei w = xE/2 = 0,5 ist im Bild 10.13 gezeigt. 10.3 Zweipunktregler mit Rückführung 305 0.8 X: 1.871 Y: 0.7224 0.7 x 0.6 0 x w= 0.5 0.4 L T0 = 0.5152−0.5052=0.1 xL x0 = 0.7224−0.5 = 0.224 x 0 0.3 0.2 T0 x:0.5052 0.1 0 0 0.5 1 x:0.5152 1.5 2 2.5 Bild 10.13 Simulierte Sprungantwort und Schwingungsparameter eines Regelkreises mit einem Zweipunktregler mit Hysterese xL = ± 0,1 und einer P-Tt-Strecke 10.3 Zweipunktregler mit Rückführung Die Abschnitte 10.1 und 10.2 haben gezeigt, dass bei einer Regelung mittels Zweipunktregler der Regelverlauf maßgebend von den Eigenschaften der Strecke beeinflusst wird. So ist z. B. bei einer Strecke mit Totzeit und Verzögerung sowohl die Schwingdauer als auch die Schwingamplitude vom Verhältnis Tt / T1 abhängig. Durch Anwendung einer Rückführung können diese ständigen Pendelungen der Regelgröße um den Sollwert nahezu beseitigt werden. Ferner ist es möglich, durch geeignete Rückführglieder dem Zweipunktregler ein Zeitverhalten aufzuzwingen, ähnlich dem der stetigen Regler. Man spricht dann von einer stetigähnlichen Regelung. Den Wirkungsplan eines solchen Regelkreises zeigt Bild 10.14. w + e − − z Gr xr xe N + yR + yS KS , T1 x + 2xL Bild 10.14 Wirkungsplan eines Regelkreises, dessen Strecke von einem Zweipunktregler mit Rückführung Gr geregelt wird 306 10 Unstetige Regelung 10.3.1 Zweipunktregler mit verzögerter Rückführung Der in Bild 10.14 dargestellte Zweipunktregler mit Rückführglied stellt bereits einen Regelkreis in sich dar. Bevor jedoch näher auf dessen Wirkungsweise eingegangen wird, soll eine Beziehung bei rückgekoppelten stetigen Reglern in Erinnerung gerufen werden. Schaltet man in den Rückführzweig eines idealen stetigen Verstärkers mit dem Verstärkungsgrad V = ∞ ein Glied mit der Übertragungsfunktion Gr(s) (Bild 10.15), so ist die Übertragungsfunktion des rückgekoppelten Verstärkers y (s) V 1 . GR (s) = R = = e( s ) 1 + V ⋅ G r ( s) Gr (s) e xe + − xr N (10.15) yR Bild 10.15 Wirkungsplan eines Zweipunktreglers mit verzögerter Rückführung K r , Tr Gr Besteht das Rückführglied aus einer Verzögerung 1. Ordnung, mit GR (s) = Kr , 1 + sTr (10.16) so folgt für den rückgekoppelten Verstärker die Übertragungsfunktion y (s) 1 (1 + sTr ), GR ( s) = R = e( s ) Kr d. h. ein PD-Verhalten. Ein ähnliches Ergebnis erhält man, wenn der Zweipunktregler mit Hysterese ein P-T1Glied als Rückführung erhält (Bild 10.15). Das zeitliche Verhalten des rückgekoppelten Zweipunktreglers ist in Bild 10.16 dargestellt. Ändert man die Eingangsgröße des rückgekoppelten Zweipunktreglers sprunghaft e(t) = e0⋅σ(t), so ist zum Zeitpunkt t = 0 xe = e0, da xr zunächst Null ist. Am Ausgang des Reglers und somit am Eingang des Rückführgliedes Gr liegt die Sprungfunktion yR(t) = yR0⋅σ(t). Die Ausgangsgröße xr(t) des Rückführgliedes antwortet mit einem verzögerten Anstieg x r (t ) = y R0 ⋅ K r ⋅ (1 − e − t Tr ), (10.17) wie in Bild 10.14 gezeigt. Infolge des Anstiegs der Rückführgröße verringert sich xe (t ) = e0 − x r (t ) . 10.3 Zweipunktregler mit Rückführung e a) e0 t xr 2 xL e0 b) t e−xr e0 c) 2xL te yR t ta d) yR0 t yR e) yR0 yP t 307 Für xe <− xL0 schaltet der Zweipunktregler ab, die Rückführgröße xr nimmt dann entsprechend der Entladekurve ab, bzw. xe steigt nach der gleichen Funktion an, bis bei xe > xL der Zweipunktregler erneut einschaltet. Betrachtet man anstelle der Impulsfunktion yR(t) den Mittelwert yR (t ) , so ist ersichtlich, das yR (t ) gegenüber dem eingeschwungenen Zustand zunächst einen größeren Mittelwert y Rmax (t ) annimmt (PD-Verhalten). Bei genügend hoher Schaltfrequenz kann man dieses Verhalten einem stetigen gleichsetzen. Das zeitliche Verhalten des Zweipunktreglers mit verzögerter Rückführung ist ganz analog dem des in Abschnitt 10.2 behandelten Regelkreises. Nach Gl. (10.14) ergibt sich für e = 1/2 yR0Kr die maximale Schaltfrequenz y ⋅ Kr f 0max = R0 8 ⋅ Tr ⋅ x L (10.18) und kann durch Verändern von Tr, variiert werden. Ändert man Kr, so ändert sich auch das Verhältnis von Ein- zu Ausschaltdauer. Bild 10.16 Zweipunktregler mit verzögerter Rückführung: a) Sprung der Regeldifferenz; b) Rückführgröße; c) xe = e – xr; d) Stellgröße des Reglers; e) Mittelwert der Stellgröße Setzt man in Gl. (10.11) anstelle von xe den Wert yR0Kr und für w die Regeldifferenz xd, so erhält man y K − e + xL 1 + x L /( y R0 K r − e) t e = Tr ⋅ ln R0 r = Tr ⋅ ln . y R0 K r − e − x L 1 − x L /( y R0 K r − e) (10.19) Aus Gl. (10.19) ist zu ersehen, dass te mit zunehmendem Kr abnimmt. Im Gegensatz hierzu ist die Ausschaltzeit gemäß Gl. (10.12) unabhängig von Kr 308 10 Unstetige Regelung e + xL t a = Tr ⋅ ln . e − xL (10.20) Bildet man aus den Gln. (10.19) und (10.20) das Verhältnis te / ta, so ist dieses unabhängig von Tr und wird mit zunehmendem Kr kleiner. y K − e + xL ln R0 r te y R0 K r − e − x L . = ta e + xL ln e − xL (10.21) Aus Bild 10.16d) und e) folgt im Beharrungszustand yR = yP = yR0 ⋅ te 1 = yR0 ⋅ . t te + ta 1+ a te (10.22) Wie bereits anhand der Gl. (10.21) diskutiert, wird ta / te mit zunehmendem Kr größer und nach Gl. (10.22) yp, bzw. der Proportionalbeiwert KP = yR / e, kleiner. Durch Tr kann also die Schaltfrequenz und durch Kr sowohl die Schaltfrequenz als auch der PAnteil verändert werden. Es soll der Zweipunktregler mit verzögerter Rückführung an einer Strecke 1. Ordnung nach Bild 10.17 betrachtet werden. Die Übertragungsfunktion der Strecke lautet GS ( s ) = GS , 1 + sT wobei T = 2Tr und Kr = KS gewählt wurde. z w e − xe N − K ,T r r x r yR +y KS , T S x Bild 10.17 Wirkungsplan eines Zweipunktreglers mit verzögerter Rückführung an einer Strecke 1. Ordnung Nimmt man den Regelkreis in Betrieb, so sind zunächst x und xr gleich Null und xe = e = w, d. h. der Zweipunktregler schaltet ein. Damit liegt am Ausgang des Reglers und an den Eingängen von Strecke und Rückführung der Sprung yR(t) = yR0⋅σ(t). Die Ausgangsgrößen der Strecke und des Rückführgliedes steigen verzögert an mit den Zeitkonstanten T bzw. Tr. Infolge Tr < T steigt xr schneller an als x. Wie der zeitliche Verlauf in Bild 10.18 zeigt, schaltet der Zweipunktregler für 10.3 Zweipunktregler mit Rückführung x + xr > w + xL 309 bzw. xe = w − x − x r < − x L ab, und xr sowie x fallen gemäß ihrer jeweiligen Abfallkurve, bis der Zweipunktregler bei der nachfolgenden xe erneut einschaltet: xe = w − x − x r > + x L Der Vorgang wiederholt sich in der in Bild 10.18 dargestellten Weise. Wählt man die Zeitkonstante Tr des Rückführgliedes klein gegenüber T der Strecke, so wird die Schaltfrequenz fast ausschließlich durch Tr bestimmt. w 2xL x+xr xr x t yR yR0 t Bild 10.18 Verlauf der Regelgröße x und der Stellgröße yR des in Bild 10.17 gezeichneten Regelkreises bei einem Sollwertsprung Wie aus Bild 10.18 ersichtlich, ist die Schwingamplitude von x nun nicht mehr gleich xL, sondern kleiner. Ferner tritt, wie bei einem linearen PD-Regler eine bleibende Regeldifferenz e(∞) auf. Diese wird um so kleiner, je kleiner man Kr wählt. Für die Konstruktion des in Bild 10.18 gezeigten Regelverlaufs wurden Tr und Kr so gewählt, dass die charakteristischen Schwingungen noch sichtbar sind. Bei günstiger Wahl von Tr und Kr können die Schwingamplitude und die bleibende Regeldifferenz noch wesentlich verkleinert werden. Der zeitliche Verlauf der Regelgröße x sowie der Rückführgröße xr entsprechen dem bei einem Sollwertsprung w0. Das Beispiel eines Zweipunktreglers mit verzögerter Rückführung zur Temperaturregelung eines Durchlauferhitzers ist im OnlinePlus-Bereich des Verlags zum Download ausgestellt. 310 10 Unstetige Regelung 10.3.2 Zweipunktregler mit verzögert-nachgebender Rückführung Schaltet man in den Rückführzweig eines Zweipunktreglers mit Hysterese eine verzögert-nachgebende Rückführung (Bild 10.19), so zeigt der Regler ein PID-ähnliches Verhalten. Für einen linearen Verstärker wurde der Fall der verzögert-nachgebenden Rückführung in Abschnitt 4.3.6 bereits behandelt. Die Sprungantwort des Rückführgliedes in Bild 10.19 setzt sich aus zwei e-Funktionen zusammen, so dass eine verzögert-nachgebende Rückführung auch durch zwei Verzögerungen 1. Ordnung mit unterschiedlichen Zeitkonstanten, wie in Bild 10.20 dargestellt, gebildet werden kann. e + xe − xr N yR e + xe − xr Gr + x1 yR G1 − x2 Bild 10.19 Wirkungsplan eines Zweipunktreglers mit verzögertnachgebender Rückführung N G2 Bild 10.20 Zweipunktregler mit verzögertnachgebender Rückführung, erzeugt durch Parallelschaltung von zwei P-T1-Gliedern Für die Ermittlung der Sprungantwort des Zweipunktreglers mit verzögertnachgebender Rückführung legen wir die Anordnung nach Bild 10.20 zugrunde. Gibt man auf den Eingang des rückgekoppelten Zweipunktreglers nach Bild 10.20 eine Sprungfunktion e(t) = e0⋅σ (t), so ist zunächst xr gleich Null und der Zweipunktregler schaltet ein. Am Ausgang des Reglers sowie an den Eingängen von G1 und G2 liegt der Sprung yR0⋅σ(t). Die Ausgangsgrößen x1(t) und x2(t) steigen nach e-Funktionen mit den Zeitkonstanten T1 und T2 an. Für x 2 − x1 > e − x L bzw. xe = e − x 2 + x1 < − x L fällt der Zweipunktregler ab. Bei abgeschaltetem Regler entladen sich x1 und x2, bis bei x2 − x1 < e − xL bzw. xe = e − x 2 + x1 > + x L der Zweipunktregler wieder einschaltet. Es ergibt sich der in Bild 10.21 gezeigte zeitliche Verlauf von yR(t). Nach der 1. Einschaltung (D-Anteil) ist die Pulsbreite zunächst klein und nimmt dann zu, bis zum 10.3 Zweipunktregler mit Rückführung 311 ständigen Einschalten. Bildet man den Mittelwert yR (t ) , so sieht man den PIDähnlichen Verlauf. Die technische Realisierung erfolgt, indem in die Rückführung des Zweipunktreglers ein verzögert-nachgebendes Netzwerk, wie in Bild 10.22 gezeigt, geschaltet wird. Der Vorteil einer solchen Anordnung ist, dass wie bei einem linearen PID-Regler die bleibende Regeldifferenz e(∞) Null wird. T2 x x2 e + xL e − xL a) 2xL x2 − x1 t x1 T1 yR yR0 b) t yR yR0 yR0 c) Bild 10.21 Zweipunktregler mit verzögert-nachgebender Rückführung a) Rückführgrößen x1, x2 b) Stellgröße des Reglers c) Mittelwert der Stellgröße des Reglers t + Verzögert-nachgebende Rückführung xr − OP + yR Bild 10.22 Zweipunktregler mit verzögert-nachgebendem Rückführglied 312 10 Unstetige Regelung 10.4 Dreipunktregler Für Stellglieder mit Motorantrieb sind Zweipunktregler ungeeignet, weil sie es nicht gestatten, die Drehrichtung zu ändern. Diesen Mangel beseitigt der Dreipunktregler. Ein weiterer Vorteil des Dreipunktreglers mit nachgeschaltetem Stellmotor besteht darin, dass ein Beharrungszustand, ohne die beim Zweipunktregler stets vorhandenen Dauerschwingungen, erreicht werden kann. Bild 10.23 zeigt die Kennlinie eines Dreipunktreglers mit Hysterese. Im Gegensatz zum Zweipunktregler besitzt der Dreipunktregler einen oberen und unteren Grenzwert. Wird die Regelgröße z. B. über ein Motorventil beeinflusst, wie bei der Temperaturregelung des Durchlauferhitzers in Bild 10.24, so liegt der Sollwert in der Mitte zwischen dem oberen und unteren Grenzwert. M xa 2xL xa0 xt xe w − + RT Bild 10.23 Kennlinie eines Dreipunktreglers Bild 10.24 Temperaturregelung eines Durchlauferhitzers mittels Dreipunktregler mit Hysterese Die Temperatur im Durchlauferhitzer wird mit einem Widerstandsthermometer RT gemessen. Ist die Regelgröße gleich dem Sollwert, so ist die Brücke abgeglichen, das gepolte Relais stromlos und der Motor steht. Steigt die Temperatur über den Sollwert, so nimmt der Wert von RT zu und die Brücke hat die eingezeichnete Polarität. Das im Brückenzweig liegende Relais wird so erregt, dass der Motor das Ventil schließt. Sinkt die Temperatur unter den Sollwert, so wird RT kleiner und die Brückenspannung hat die entgegengesetzte Polarität. Infolgedessen wird das Relais entgegengesetzt magnetisiert, und der Motor öffnet das Ventil. Vielfach wird anstelle eines Zweipunktreglers, zur Verminderung der Schwankungsbreite, ein Dreipunktregler verwendet. So zeigt Bild 10.25 einen elektrisch beheizten Glühofen, dessen Heizleistung über zwei Heizwicklungen zugeführt wird. Beim Anfahren sind beide Heizwicklungen W1 und W2 eingeschaltet, wobei W1 z. B. 90 % und W2 20 % der erforderlichen Heizleistung liefern. Wird der untere Grenzwert, der mit 10.4 Dreipunktregler 313 x w OG Mp R w1 w2 Bild 10.25 Temperaturregelung in einem Glühofen mittels Dreipunktregler dem Sollwert identisch ist, überschritten, so schaltet W2 ab, während W1 eingeschaltet bleibt. Beim Erreichen des oberen Grenzwertes wird auch noch W1 abgeschaltet. Normalerweise arbeitet dann der Dreipunktregler wie 110% ein Zweipunktregler und schaltet nur W2 zu und ab. 90% Dadurch wird die Schwankungsbreite innerhalb von yR maximal 20 % des Sollwertes liegen. Bild 10.26 zeigt die zugehörige Kennlinie. w oG 0 x Bild 10.26 Kennlinie des Dreipunktreglers bei Temperaturregelung gemäß Bild 10.25, oG = obere Grenzwert 10.4.1 Dreipunktregler mit Rückführung e + xe − xr N Tr xa yR Durch eine Rückführung kann auch dem Dreipunktregler ein bestimmtes Zeitverhalten gegeben werden. Bild 10.27 zeigt den Wirkungsplan eines Dreipunktreglers mit verzögerter Rückführung und nachgeschaltetem I-Glied. Durch diese Anordnung erhält die Regeleinrichtung ein PIVerhalten. Bild 10.27 Wirkungsplan eines Dreipunktreglers mit verzögerter Rückführung und nachgeschaltem I-Glied Gibt man auf den Eingang der Regeleinrichtung einen Sprung e(t) = e0⋅σ (t), so wird der Dreipunktregler eingeschaltet, weil die Rückführgröße xr zunächst Null ist. Dies 314 10 Unstetige Regelung hat zur Folge, dass am Eingang des I-Gliedes und am Eingang des Rückführgliedes der Sprung xa0 liegt. Infolgedessen steigt yR linear mit der Zeit an und xr nach einer e-Funktion mit der Zeitkonstanten Tr .Für xe = e − x r < x t − 2x L , bzw. x r > e − x t + 2x L schaltet der Dreipunktregler ab. Betrachtet man als Ausgangsgröße yR den Winkel, um den eine Motorwelle sich gedreht hat, so behält yR nach Nullwerden von xa (Motorspannung), den Wert bei. Die Rückführgröße xr entlädt sich, bis bei xe = e − x r > x t , bzw. x r < e − x t der Dreipunktregler erneut einschaltet, und der Motor weiter läuft. Bild 10.28 zeigt den Verlauf von xr, xa und yr. e e0 a) t xr xt 2xL b) t xe e0 2xL c) 2xL xt t xa d) Bild 10.28 Dreipunktregler mit verzögerter Rückführung und nachgeschaltetem I-Glied; a) Sprung der Regeldifferenz b) zeitlicher Verlauf der Rückführgröße xr c) Zeitlicher Verlauf von xe = e0 − xr d) Stellgröße des Reglers e) Stellgröße der Regeleinrichtung xa0 t yR e) Tn t 315 11 Digitale Regelung Unter einer digitalen Regelung versteht man die Behandlung eines Regelkreises, in dem eine analoge Regelstrecke von einem programmierbaren Prozessrechner, bestehend aus CPU, Speicher, Ein- und Ausgangsmodulen, Analog-Digital- und DigitalAnalog-Wandlern, geregelt wird. Solche Regelungen werden auch als DDC (DirectDigital-Control) bezeichnet. Die Rechenprozesse und die Signalumwandlungen verlangsamen die Regelvorgänge, was ein erheblicher Nachteil der digitalen Regelung ist. Dass sich die Regelungstechnik in diese Richtung entwickelt hat, ist den folgenden Vorteilen des digitalen Instrumentariums zu verschreiben: • Die als Regler programmierten Prozessrechner sind leistungsfähiger und preisgünstiger als analoge Regler. • Ein digitaler Regler kann verschiedene Regelgrößen nacheinander abfragen und eine größere Anzahl Regelungen gleichzeitig ausführen. • Es wird ermöglicht, sowohl die klassischen analogen PID-Algorithmen zu digitalisieren, als auch neue „intelligente“ Regelverfahren, wie Strukturumschaltung, adaptive Regelung, Fuzzy- und Neuroregelung, einzusetzen. • Das fein approximierte Modell der Regelstrecke kann in einem digitalen Regler einfach nachgebildet werden, was zu neuen modellbasierten Regelverfahren führt. • Die Regelungs- und die Steuerungsalgorithmen einer Strecke lassen sich einheitlich programmieren und realisieren. Doch der größte Vorteil besteht darin, dass die Methoden und Werkzeuge der Informationstechnologie im vollen Umfang für die Regelungszwecke anwendbar sind. Die Kopplung und der Datenaustausch an übergeordnete Prozessleitsysteme wird vereinfacht. Der PC-Einsatz für Regelzwecke ist sowohl über Feldbusse für den Zugriff auf Sensoren und Aktoren, als auch über Systembusse der Prozessleitebene wie allgemein verbreitete Netze Ethernet und Internet möglich. Und schließlich kann das Engineering eines Regelkreises, angefangen von Simulation, über den Regelkreisentwurf und Inbetriebnahme bis hin zur Erstellung der Dokumentation, einheitlich von einer Software verwaltet werden. 11.1 Digitale Regeleinrichtungen Die gesamte digitale Regelungstechnik ist heute einem schnellen Wandel unterworfen. Die auf dem Markt vorhandene Vielzahl von Messwerterfassungskarten, Umsetzern, Konfigurierungstools mit der zugehörigen Hardware veralten schnell. Sowohl die Hard- als auch die Software sind stark geräteabhängig. Der innere Aufbau und der Befehlsvorrat von Mikroprozessoren verschiedener Hersteller unterscheiden sich zum Teil erheblich. S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_11, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2014 316 11 Digitale Regelung Als digitale Regler kommen Mikrorechner, Mikrocontroller, PC, IPC, SPS, Soft-SPS, PLS (Prozessleitsysteme) zum Einsatz; die Reglertypen sind unten in der Tabelle zusammengefasst. Digitale Regler Mikrorechner Komponenten Kopplung mit dem Prozess Integrierte Schaltkreise mit CPU, RAM/ROM Einplatinenrechner Nur eine Platine mit integrierten ProzessorA/D CPU E/A D/A bausteinen, mit externen A/D, D/A und Taktgenerator Mikrocontroller Ein Chip mit eingebauten E/A, A/D, D/A, mit E/A CPU A/D externem TaktgeneraD/A tor DDC-Regler (Direct-DigitalControl) Spezieller Mikrorechner , mit E/A, A/D, D/A, fest oder frei programmierbar: a) Kopplung über PC b) Peer-to-PeerKopplung SPS-Regler (Speicherprogrammierbare Steuerungen) Spezieller Mikrorechner mit E/A, A/D, D/A, frei programmierbar mit externem PC PC (Personal Computer) Universeller Mikrorechner mit Systemsoftware und Schnittstellen Spezieller Mikrorechner mit Bus- und A/D-, D/A-Karten, DAQ, OPC-Server IPC (Industrie-PC) Soft-SPS (Slot-SPS) Prozess CPU E/A Prozess CPU Bus 2 E/A Prozess CPU Bus 2 E/A Prozess E/A SPS A/D Bus CPU D/A Prozess E/A A/D D/A Prozess CPU Bus 1 PC CPU PC CPU Prozess CPU E/A a) PC b) Prozess E/A SPSA/D Bus Karte D/A Prozess IPC mit SPS-Software PC CPU PLS Mikrorechnersystem (Prozessleitsystem) mit E/A, A/D, D/A, PNK, BNK und BusKomponenten BNK E/A A/D Bus D/A PNP Bus PNK Bus PNK Prozess Prozess 11.1 Digitale Regeleinrichtungen 317 Bei Prozessleitsystemen (PLS) handelt es sich um dezentrale Rechnersysteme, die die Produktionsprozesse von mehreren Ebenen überwachen (Bild 11.1). Die PLSAufgaben sind Messwerterfassung (Sensorik), SCADA (Supervisory Control and Data Acquisition), Antrieb von Stellgeräten (Aktorik), Regelung, Steuerung, Planung usw. Die PLS-Komponenten sind: BBK (Bedien- oder Beobachterkomponente), auch ABK (Anzeige-/ Bedienkomponente) genannt, die als eine Standard-Hardware (z. B. eine Workstation) aufgebaut ist. Hier werden Daten zur Darstellung auf dem Bildschirm von einer groben Übersicht bis zum einzelnen Regelkreis geeignet aufbereitet. PNK (Prozessnahekomponente), die aus einer Zentraleinheit und Einschüben für die Buskopplung, den E-/A-Baugruppen, sowie für die Ankopplung von untergeordneten Systemen (SPS, DDC) besteht. Von BNK erhalten PNK die Sollwerte für die Regelungen. Bussysteme für die Kommunikation, wie PROFIBUS-DP, PROFIBUS-PA, Ethernet TCP/IP usw. Scanner Zum Zentralrechner (Planung, Qualität) Grafikdrucker BNK Werksnetz TCP / IP TCP / IP SCADA-Station OPC-Server H1-BUS SPS ........ ........ ........ View-/Backup Station MODBUS DDC . . 3964R Alarm-Station SCADA-Station Profibus DP Profibus DP PNK EES Controller .. . . 300 Alarme Filter Gemenge SCADA-Station 2000 Variablen Temperatur-, Druck-, Mengen-Messstellen 10 x ISM 420 E-Heizungs-, Messstellen 80 ET 200 ET 200 59 Motorpot Temperatur-, Thyristoren Druck-, Mengen-Messstellen ET 200 320 70 Ventile Alarme Prozessebene Bild 11.1 Beispiel eines dezentralen Prozessleitsystems (PLS) mit PNK, BNK und Bussystemen ((mit freundlicher Genehmigung von SCHOTT GLAS, Mainz, 2002) PLS mit herstellerunabhängigen Komponenten und mit einer offener BusKommunikation, die auf der Basis des Client-Server-Prinzip aufgebaut sind, nennt man Offene PLS. Die Schnittstellen der offenen Kommunikation stellt OLE (Object Linking and Embedding) zur Verfügung. Die PLS-Komponenten von verschiedenen 318 11 Digitale Regelung Herstellern werden miteinander über den so genannten OPC-Server (OLE für Process Control) verbunden. In Bild 11.2 ist gezeigt, dass man die Kennwerte des Reglers in einem Fenster der Bedienoberfläche des Prozessleitsystems (PLS) einstellen und das Regelkreisverhalten im Trendfenster beobachten kann, um optimale Regelgüte zu erreichen. Besonders in der Inbetriebnahmephase oder im Notfall ist dies vom Vorteil. Bild 11.2 Konfigurierungs- und Trendfenster des PLS SattLine (ABB Automation Products) Ein wesentlicher Nachteil von PLS-Reglern ist die große Reaktionszeit. Ein D-Anteil beschleunigt den Regelvorgang, kann jedoch zu drastischen Änderungen des Stellsignals und zur Instabilität führen, falls das Messsignal mit Störungen übertragen wird. Die vorhandenen Algorithmen, z. B. Fuzzy-Regelung oder Autotuning, sind bei schnellen oder komplizierten Regelstrecken oft uneffektiv. So wird die Regelung mit PLS für Industriezwecke, d. h. für Strecken mit großen Zeitkonstanten, empfohlen. Für Industrieanwendungen kommt die Programmierung von digitalen Reglern selten vor. Die Regelalgorithmen werden von Herstellern meist vorgefertigt, so ist nur eine Konfigurierung erforderlich. Dafür werden zuerst die Hardware-Adressen festgelegt, dann die Messwerteingänge mit den dazugehörigen Messfühler-Kennlinien. Danach fängt die Parametrierung des Reglers an, die in der Einstellung von Reglerkennwerten und Proportionalbereichen, der Festlegung von Sollwerten, Zeiten usw. besteht. Es werden die Betriebsarten des Reglers und die mögliche Strukturumschaltung definiert. Eine einheitliche und herstellerunabhängige Konfigurierung von digitalen Reglern ist durch die Norm IEC 61131-3 erleichtert. Diese Norm wurde von der International Electrotechnical Commission festgelegt und hat seit 1994 den Status einer europäischen und deutschen Norm. Durch die Vereinheitlichung von Programmiersprachen ist es damit möglich, die DDC- und SPS-Regler sowie die PLS verschiedener Hersteller für Regelungszwecke zu programmieren. Da die digitalen Regler in einem System für Regelungs-, Steuerungs- und Prozessüberwachungsaufgaben integriert sind, wird die Simulation und die Visualisierung von Regelvorgängen ermöglicht. 11.2 Abtastregelung 319 Normalerweise sind die Konfigurierungswerkzeuge mit selbsteinstellenden Regelalgorithmen ausgestattet (Autotuning), die allerdings meist nur für langsame Regelstrecken zu empfehlen sind. • Beispiel 11.1: Konfigurierung eines DDC-Reglers Die Hardware-Komponenten werden vom Benutzer auf dem Bildschirm als Text direkt gewählt und beschaltet. Vom Programm werden die Messbereiche, Kommunikations- und Visualisierungselemente angefragt, wonach der Regler mit Hilfe des Konfig-Wizards konfiguriert werden kann. Dies erfolgt in klar verständlicher Weise, wie beispielsweise in Bild 11.3 für ein Thermoelement-Eingang gezeigt ist. Die Konfiguration wird in den DDC-Regler heruntergeladen und während des Betriebs online angesteuert. Bild 11.3 Beispiel einer Regler-Konfigurierung (mit freundlicher Genehmigung von Eurotherm Deutschland GmbH, 2003) 11.2 Abtastregelung In einem digitalen Regelkreis wird eine kontinuierliche Regelstrecke von einer digitalen Regeleinrichtung geregelt. Dafür muss die dem Rechner zugeführte kontinuierlich gemessene Regelgröße in digitaler Form vorliegen. Die Digitalisierung erfolgt mit einem Analog/Digital-Wandler, der die Regelgröße nur in konstanten Zeitabständen, Abtastzeit oder Abtastperiode TA genannt, abfragt. Einen digitalen Regelkreis kann man sich gedanklich aus zwei Teilen bestehend vorstellen, wie in Bild 11.4 gezeigt, 320 11 Digitale Regelung nämlich aus linearen zeitinvarianten Gliedern, kurz LZI, und einem diskret arbeitenden Takt- bzw. Impulsgeber. + x(kTA) Taktgeber − Die Regelung von Regelkreisen, in denen x(t) LZIwenigstens ein Signal nicht kontinuierlich, Glieder sondern zeitdiskret ist, nennt man Abtastregelung. Solche Regelkreise lassen sich Bild 11.4 Konzeptueller Aufbau nicht, wie die kontinuierlichen, mittels Difdigitaler Regelung ferentialgleichungen im Zeitbereich bzw. mittels Laplace-Transformation im Bildbereich beschreiben. Neben kontinuierlichen Funktionen, z. B. x(t) treten auch Folgen von abgetasteten Signalen wie x(kTA) auf und sollen mit anderen, als denen der kontinuierlichen Methoden behandelt werden. Die Signale zwischen den Abtastpunkten werden nicht berücksichtigt, was Fehler verursachen kann. Bild 11.5 zeigt, dass gleiche abgetastete Impulsfolgen aus zwei verschiedenen Sprungantworten gebildet werden können. x(t) x1(t) x2(t) x(kTA) 0 0 T 2T kT t A A A Die Untersuchungen von Abtastsystemen wurden seit 1924 durchgeführt. Rerich und Bild 11.5 Beispiel einer fehlerGrdina befassten sich mit der Abtastregehaft gewählten Abtastperiode lung von hochtourigen Dampfmaschinen und behandelten dabei die Dynamik mit Differentialgleichungen. Die ersten einheitlichen Beschreibungen von linearen Abtastsystemen findet man bei Oldenbourg, Sartorius, Zypkin (1948 - 1958). 11.2.1 Wirkungsweise von digitalen Regelkreisen Wie an analoge werden auch an digitale Regler drei Grundaufgaben gestellt: • die Regelgröße messen und die Regeldifferenz bilden; • einen geeigneten Regelalgorithmus erzeugen; • eine beträchtliche Leistung an Stellglieder übertragen. Im Gegensatz zu analogen sind bei digitalen Regeleinrichtungen die Regelalgorithmen und die Verstärkungsfunktionen gerätetechnisch voneinander getrennt. Die mittels Mikroprozessoren (CPU) berechneten Stellgrößen werden binär ausgegeben oder durch Digital-Analog-Umsetzer (D/A) in Ströme (0 bis 20 mA) oder Spannungen (0 bis 10 V) umgesetzt. Die Verstärkungsfunktion und die Anpassung an die Strecke übernehmen die nachgeschalteten Leistungsverstärker, Relais, Motoren usw. 11.2 Abtastregelung 321 In Bild 11.6 ist eine kontinuierliche Regelstrecke gezeigt, die mit digitalen Elementen, wie Mikrorechner, Analog-Digital-Wandler (A/D) und Digital-Analog-Wandler (D/A) geregelt wird. Die Istwerte x(t), bei denen es sich um ganz verschiedenartige physikalische Größen handeln kann, etwa Durchflüsse, Drücke, Temperaturen, Spannungen usw., werden durch die Messumformer auf ein Einheitssignal transformiert. Die Wandlung oder die Abtastung der stetigen Regelgröße x(t) erfolgt meist in äquidistanten Zeitabständen (Abtastzeit TA) durch den vorgeschalteten A/D-Wandler. Aus dem kontinuierlichen Signal x(t) entsteht die diskrete Folge x(kTA), die für die Abtastzeit TA konstant gehalten wird. Im Rechner wird aus dieser Istwertfolge x(kTA) und der eingegebenen Führungsfolge w(kTA) die Regeldifferenzfolge e(kTA) gebildet. Anhand eines im Rechner gespeicherten Programms, z. B. dem digitalisierten PIDRegelalgorithmus, wird dann die Stellgrößenfolge yR(kTA) berechnet und über den D/A-Wandler als geglättetes Stellsignal y*R(kTA) ausgegeben. z(t) w(kTA) + e(kTA) MikroRechner − y*R(kTA) yR(kTA) x(t) y(t) D Regelstrecke A x(kTA) xM(t) A Messumformer D Bild 11.6 Wirkungsplan eines Regelkreises mit digitalem Regler Mit großer Geschwindigkeit und hoher Genauigkeit sollen die analogen Signale x(t) von A/D-Wandler abgetastet und in eine zeitdiskrete Folge umgeformt werden. Die Zahlenfolge wird in eine stufenförmige Funktion x(kTA), die so genannte Treppenkurve, umgewandelt. Funktionsmäßig besteht ein A/D-Wandler aus einer Abtastung (Sample) und einer Speicherung (Hold). Ein Abtast-/Halteglied (S&H) mit der Abtastzeit TA ist in Bild 11.7 dargestellt. x(kTA) x(t) x*(kTA) Abtaster t Bild 11.7 TA Halteglied kTA Tt Umwandlung von analogen Signalen mit Abtast-/Halteglied-Schaltung kTA 322 11 Digitale Regelung Ein analoges Eingangssignal steht digitalisiert erst nach einer Wandelzeit bzw. Totzeit Tt am Ausgang des Wandlers dem Regler zur Verfügung. Diese Totzeit beträgt T Tt = A , 2 (11.1) wie in Bild 11.4 durch einen Vergleich zwischen analogem Eingangssignal x(t) und den aus der Treppenkurve x*(kTA) interpoliertem Ausgangssignal schematisch gezeigt ist. Die mathematische Herleitung findet man im nachfolgenden Beispiel. • Beispiel 11.2 Die Treppenkurve am Ausgang eines Haltegliedes entsteht aus einer Folge von Rechteckimpulsen, wobei jeder einzelne Impuls als Überlagerung von zwei Einheits-Sprungfunktionen σ (t ) − σ (t − TA ) , dargestellt werden kann (Bild 11.8). Die LaplaceTransformierten von Sprungfunktionen sind: L [σ (t )] = σ (t) x*(kTA) 1 , s 1 L [σ (t − TA )] = 1 − sTA ⋅e . s 0 t TA 1 σ ( t−Ta ) Am Eingang des Haltegliedes wirkt eine δ - Funktion, die im Bildbereich als δ (t ) = dσ (t ) dt L [δ (t )] = s ⋅ 1 =1 s Bild 11.8 Zur Ermittlung der Übertragungsfunktion eines Haltegliedes dargestellt wird. Daraus ergibt sich die Übertragungsfunktion des Haltegliedes zu GH (s) = L [σ (t ) − σ (t − TA )] 1 1 − sTA 1 − e − sTA = − e = , s L [δ (t )] s s (11.2) mit dem entsprechenden Frequenzgang G H ( jω ) = 1 − e − jωTA . jω Durch Ansätze e − jωTA = cos ω TA − j sin ω TA und ω TA = 2 ⋅ ω TA 2 kann GH( jω) in folgende Form gebracht werden: GH ( jω ) = e −j ω TA 2 j ω TA −e ω TA j ⋅2⋅ 2 (e 2 −j ω TA 2 ) = sin ω TA 2 ω TA 2 ⋅ TA ⋅ e −j ω TA 2 . 11.2 Abtastregelung 323 Bei tiefen Frequenzen ω TA << 1 kann das Halteglied wie folgt angenähert werden: GH ( jω ) ≈ TA ⋅ e −j ω TA 2 , was einem Totzeitglied mit der Totzeit (11.1) entspricht. 11.2.2 Rechenzeit Die Rechenzeit TR, auch Rechentotzeit genannt, ist die Zeit, die der Regler benötigt, um die Stellgröße yk aus einer Impulsfolge von Regeldifferenzen ek, ek-1, ek-2 ... zu berechnen. In Bild 11.9 ist schematisch dargestellt, wie der Regelalgorithmus von der Beziehung zwischen Rechenzeit TR und Abtastzeit TA abhängig ist, nämlich: • Im Fall TR < T bzw. TR → 0 (Rechenzeit TR ist klein) ist die aktuelle Stellgröße vom aktuellen Impuls der Regeldifferenz abhängig, bzw. es gilt yk = f (ek ) . • Im Fall TR = T (Rechenzeit = Abtastzeit), ist die aktuelle Stellgröße vom vorherigen Impuls der Regeldifferenz abhängig, bzw. es gilt yk = f (ek −1) Abtastzeit T Abtastzeit T Stellgröße yk = f (ek −1 ) Messung von Regeldifferenz yk +1 = f (ek ) Rechenzeit TR TR = T Rechenzeit = Abtastzeit ek ek−1 tk−1 ek+1 tk tk+1 Stellgröße yk −1 = f (ek −1 ) Messung von Regeldifferenz TR < T Rechenzeit klein gegenüber Abtastzeit Bild 11.9 TR y k = f ( ek ) andere Aufgaben ek ek−1 tk−1 yk +1 = f (ek +1 ) tk Zusammenhang zwischen Stellgröße yk und Regeldifferenz ek ek+1 tk+1 t 324 11 Digitale Regelung 11.2.3 Beschreibungsmethoden Unten ist eine Übersicht der verschiedenen Beschreibungsmethoden von digitalen Systemen gegeben, sie werden in nachfolgenden Abschnitten ausführlich behandelt. a) Quasikontinuierliche Beschreibung Ist die Abtastzeit TA viel kleiner als die Zeitkonstanten der Regelstrecke, kann die Abtastung vernachlässigt und der Regelkreis als kontinuierlich behandelt werden. Die von digitalen Elementen verursachte Verlangsamung des Regelvorgangs wird als ein zusätzliches Glied mit der Totzeit nach (11.1) berücksichtigt. Die Annäherung gilt jedoch nur, wenn die Abtastzeit TA kleiner als die Verzögerungszeitkonstante der Regelstrecke Tg oder Tu ist, wie im Bild 11.10 für TA ≈ 0,5⋅Tu gezeigt ist. In der Praxis gilt dafür normalerweise TA ≤ 0,1⋅Tu. x(t) Tg Bild 11.10 Zeitverhalten einer analogen P-TnRegelstrecke mit eingetragenen Abtastsignalen. Die Zeitkonstanten sind: TA 0 Tu Verzugszeit, Tg Ausgleichszeit, 0 Tu t TA Abtastzeit. Wie im vorherigen Abschnitten gezeigt wurde, allein der Einsatz eines A/D-Wandlers bringt die Totzeit Tt in ein analoger Regelkreis. Dazu soll auch die Rechenzeit TR beachtet werden. Dabei unterscheidet man folgende Fälle: • Ist die Rechenzeit klein gegenüber Abtastzeit, d. h. TR < TA, kann die Rechenzeit vernachlässigt werden. In diesem Fall nur der A/D-Wandler verlangsamt die Regelung. Ein analoger Regelkreis mit der Übertragungsfunktion G0 ( s) = GR ( s )GS ( s ) wird beim Übergang zu digitaler Regelung im Fall TR < TA mit einer zusätzlichen Totzeit Tt nach Gl. (11.1) ergänzt: G0 ( s) = GR ( s )GS ( s )e − sTt • Ist die Rechenzeit vergleichbar mit der Abtastzeit, d. h. TR = TA, wird die Rechenzeit im voller Größe bei der Bestimmung der Totzeit berücksichtigt, d. h. G0 ( s) = GR ( s )GS ( s )e − sTt • mit Tt = 0,5 TA mit Tt = TA + 0,5 TA= 1,5 TA Ist die Rechenzeit TR größer Abtastzeit, d. h. TR > TA, wird sie beim Reglernwurf als ein ganzzahliges Vielfaches der Abtastzeit TA angenommen, d. h. 11.2 Abtastregelung TR = l ⋅ T 325 mit l = 0, 1, 2... wobei der Wert l = 0 entspricht dem Fall TR < TA , bei l = 1 gilt der Fall TR = TA. b) Diskretisierte Beschreibung im Zeitbereich Ausschlaggebend für Abtastsysteme ist die Behandlung von abgetasteten Zahlenfolgen x(0), x(TA), x(2TA), ... , x(kTA) anstelle der kontinuierlichen Regelgröße x(t). Mit einer ganzzahligen Variable k anstelle der analogen Zeitvariable t kann der Regelkreis mit Abtastgliedern mit diskreten Signalen x0, x1, ... xk−1, xk, xk+1 beschrieben werden. Die analogen Regelalgorithmen werden diskretisiert, indem die Integration durch Summation und die Differentiation durch Bildung der Differenzquotienten für eine Diskretisierungszeit TA ersetzt wird, z. B. N x(t ) dt ≈ TA ⋅ xk und k =0 dx(t ) x k +1 − x k . Die Lösung der Differenzengleichungen erfolgt mittels Rekursio≈ dt TA nen oder mit homogenem und partikulärem Ansatz. c) Beschreibung mittels z-Transformation im Bild- bzw. Frequenzbereich Zunächst wird die Variable e(t) nach der Abtastung als Folge von Impulsfunktionen 0 ∞ δ (t ) = für t ≠ 0 δ (t )dt = 1 für t = 0 L[δ (t )] = 1 dargestellt und mit den diskreten Werten e(kTA) für k = 0, 1, 2... ∞ gewichtet (s. Bild 11.6). Danach wird das mit dem Summenzeichen zusammengefasste Signal e * (t ) = ∞ e(kTA ) δ (t − kTA ) . k =0 nach Laplace transformiert: e * ( s) = L [e * (t )] . Da die Abbildung eines einzelnen Impulses δ(t−kTA) nach der Fourier-Transformation gleich e − jωkTA ist, gilt für das ganze Spektrum e*( jω) im Frequenzbereich e* ( jω ) = ∞ e(kT ) e A − jω kTA k =0 bzw. im Bildbereich unter Beachtung s = jω e * ( s) = ∞ e(kTA ) e −skTA . k =0 (11.3) 326 11 Digitale Regelung Die Transformation nach Gl. (11.3) kann als diskrete Laplace-Transformation bezeichnet werden. Ersetzt man nun e sTA durch eine neue Variable z, d. h. e − sTA = z −1 , so folgt aus (11.3) die so genannte z-Transformation der digitalen Größe e(kTA) e( z ) = ∞ e(kTA ) z −k = Z [kTA ] (11.4) k =0 Durch z-Transformation von Impulsfolgen am Eingang xe(kTA) und am Ausgang xa(kTA) eines digitalen Elements des Kreises xe ( z ) = Z [ xe (kTA )] xa ( z ) = Z [ xa (kTA )] entstehen die z-Übertragungsfunktionen x ( z) G( z) = a = Z [ g (kTA )] . xe ( z ) (11.5) wobei g(kTA) die Gewichtsfunktion ist. Sie wird aus der Übertragungsfunktion G(s) durch Rücktransformation ermittelt L −1[G ( s )] = g (t ) und als Impulsfolge g(kTA) mit der Abtastzeit TA dargestellt. Im Abschnitt 11.5 wird gezeigt, wie die kontinuierlichen Untersuchungsmethoden für die digitalen Systeme mit Hilfe der z-Transformation umformuliert werden. Die Beschreibungsformen digitaler Regelkreise sind in Bild 11.11 zusammengefasst. Analoger Regelkreis y (s) x(s) w(s) e(s) GR(s) R GS(s) + − Regler Strecke Digitaler Regelkreis w(s) + a) wk + Bild 11.11 Darstellung von digitalen Regelkreisen: a) quasikontinuierliche b) diskretisierte c) z - transformierte b) e(s) − 1, Tt yR(s) GR(s) Regler GS(s) Strecke Totzeitglied xk yRk ek x(s) * − Abtaster Halteglied Regler ** Strecke * yRk= f (ek , ek-1 , yRk-1) ** xk= f (xk-1, yRk , yRk-1) w(z) c) + e(z) GR(z) yR(z) − Regler mit Abtaster GH(z) GS(z) Halteglied Strecke x(z) 11.3 Quasikontinuierliche Regelung 327 11.3 Quasikontinuierliche Regelung 11.3.1 Wahl der Abtastperiode Wenn die Abtastzeit TA kleiner als die eigene Verzögerung der Regelstrecke ist, kann sie nach der Gl. (11.1) wie eine Totzeit Tt = 0,5⋅TA berücksichtigt werden. Die Abtastzeit darf nicht zu groß gewählt werden, da der Regelkreis wegen großen Totzeiten instabil werden kann. Andererseits kann sie nicht zu klein gewählt werden, da der Regler überlastet wird und die Realisierung nur mit speziellen Typen von Mikroprozessoren möglich ist. Die Abtastrate ist außerdem durch die Nutzbandbreite begrenzt. In der Praxis orientiert man sich bei der Wahl der Abtastrate auf die Kenngrößen der Regelstrecke. In der nachstehenden Tabelle sind die Abtastzeiten TA in Abhängigkeit von der Verzugszeit Tu, Ausgleichszeit Tg sowie den Zeitprozentwert T95 empfohlen. T95 ist die aus der Sprungantwort abgelesene Zeit, bei der die Regelgröße 95% des Beharrungszustandes x(∞) erreicht. Experimentell ermittelter Kennwert der Regelstrecke Anzahl der Abtastungen innerhalb der Zeitperiode Abtastzeit Ta Tu und Tg < 10 Tu von 2 bis 5 von 0,2⋅Tu bis 0,5⋅Tu T95 von 10 bis 20 von 0,05⋅T95 bis 0,1⋅T95 Tg 10 und mehr kleiner als 0,1⋅Tg Die Abtastzeit TA kann auch aus den berechneten bzw. simulierten Kenngrößen des geschlossenen analogen Regelkreises abgeleitet werden. Normalerweise soll die Anzahl der Abtastungen innerhalb der Anregelzeit 10 bis 20 betragen. In der Praxis liegen die Abtastzeiten in Größenordnung von 1 bis 10 ms für Antriebstechnik und von 1 bis 20 s für Prozessautomatisierung. 11.3.2 Praktische Einstellregeln Durch die von TA verursachte Vergrößerung der Gesamttotzeit wird die Phasenreserve des digitalen Regelkreises im Vergleich zu den analogen verringert, was zu Verringerung der Dämpfung und gar zu Instabilität führen kann. • Beispiel 11.3 Ein Regelkreis mit dem analogen PID-Regler hat die Phasenreserve ϕ Rd = 45° bei der Durchtrittsfrequenz ωd = 10 s−1. Es soll berechnet werden, wie sich die Phasenreserve ändert, wenn der analoge Regler durch einen digitalen PID-Regler mit der gleichen Einstellung und mit der Abtastzeit TA = 0,05 s ersetzt wird. Die Rechenzeit des Reglers ist kleiner als 0,05 s. 328 11 Digitale Regelung Die Rechenzeit wird vernachlässigt; die Abtastung führt zu einer Totzeit Tt = 0,5⋅TA = 0,025 s und einer Phasensenkung von ϕ t(ω) = −ω⋅Tt, die für ω d = 10s-1 ϕ t(ω d) = − ω d ⋅Tt = 0,25 Rad bzw. ϕ t(ω d) = − 14,3° beträgt. Die Phasenreserve des digitalen Regelkreises ist damit ϕ Rd digital = ϕ Rd + ϕ t(ω) = 45° − 14,3° = 30,7°. Zum Entwurf eines quasikontinuierlichen Regelkreises werden die Gütekriterien und Methoden der analogen Regelungstechnik herangezogen. In den im Abschnitt 8.2 vorgestellten praktischen Empfehlungen soll die Totzeit Tt = 0,5⋅TA berücksichtigt werden, d. h. anstelle von Tu wird Tu + 0,5⋅TA eingesetzt. Auf diese Weise sind z. B. die Einstellregeln für digitale Regelkreise nach Takahashi aus dem Ziegler-NicholsVerfahren für analoge Regelkreise ausgeführt, die allerdings nur für TR < TA gelten: Kennwerte P-Regler Tg K PR K PS (Tu + TA ) PI-Regler 0,9 ⋅ Tg K PS (Tu + 0,5TA ) Tn - 3,33 ⋅ (Tu + 0,5TA ) Tv - - PID-Regler (additive Form) 1,2 ⋅ 2⋅ Tg K PS (Tu + TA ) (Tu + 0,5TA ) 2 Tu + TA 0,5 ⋅ (Tu + TA ) In der nachstehenden Tabelle ist das Verhalten eines Regelkreises mit einer P-TnStrecke und dem digitalen PI-Regler, der nach verschiedenen Regeln eingestellt ist, für verschiedene Abtastzeiten TA gezeigt. Praktische Einstellregel Abtastzeit TA TA = 0,1 Tu Nach Chien, Hrones und Reswick Die zufriedenstellende Dämpfung von 0,3 bis 0,4 TA = 0,3 Tu Nach Chien, Hrones und Reswick Die Dämpfung verringert sich nur gering Nach Chien, Hrones und Reswick TA = Tu Nach Takahashi Nach Ziegler-Nichols • Gütekriterien beim Führungsverhalten Eine Dauerschwingung entsteht (Stabilitätsgrenze) Keine Verbesserung, eine Dauerschwingung entsteht (Stabilitätsgrenze) Verbesserung der Dämpfung auf 0,3 Beispiel 11.4 Der asymptotische Verlauf des Bode-Diagramms eines aufgeschnittenen Regelkreises mit einem analogen P-Regler ist im Bild 11.12 gegeben. Der Proportionalbeiwert des Reglers be−1 trägt KPR = 1,5. Die Phasenreserve ist ϕ Rd =45° bei Durchtrittsfrequenz von ω d = 0,25 s . 11.3 Quasikontinuierliche Regelung 20 dB G0 −20 dB/Dek dB 0 dB 329 0,1 ωd ω / s-1 1,0 −40 dB/Dek -20 dB 1 ω E1 = T1 0° ϕ(ω) ω / s-1 -90° -180° Bild 11.12 BodeDiagramm des Regelkreises mit analogem P-Regler und I-T1Strecke ϕRd -270° Der analoge P-Regler soll durch den digitalen PD-Regler mit der Abtastzeit TA = 2,0 s ersetzt werden. Gesucht ist die Reglereinstellung, bei der der Regelkreis mit digitalem Regler die gleiche Phasenreserve ϕ Rd =45° behält. Die Rechenzeit des Reglers wird vernachlässigt. Die Zeitkonstante T1 der Strecke wird sofort durch die Vorhaltzeit des PD-Reglers kompen−1 siert, d. h. Tv = T1 = 1/ 0,25 s = 4 s. Als Hilfsmittel wird zunächst das Bode-Diagramm des aufgeschnittenen Regelkreises mit analogem PD-Regler mit KPR = 1,5 ermittelt, das dann, wie im Bild 11.13 gezeigt, mit dem Totzeitglied Tt = 0,5⋅TA = 1 s ergänzt wird, was dem digitalen Regelkreis entspricht. π 1 -1 -1 Tt 20dB G0 =1s Tt = 3,14 s dB 0dB 0,1 ωd ω / s-1 1,0 ΔK = 9,5 dB neue 0 dB-Achse -20dB ϕ(ω) ω / s-1 0° mit analogem PD-Regler Bild 11.13 BodeDiagramm des Kreises mit analogem und digitalem PD-Regler -90° ϕRd -180° 57,3° 180° mit digitalem PD-Regler -270° Um die gewünschte Phasenreserve ϕ Rd einzustellen, soll man die 0-dB-Achse nach unten um ΔK ≈ 9,5 dB bzw. ΔK ≈ 3 verschieben. Damit erhält man für den Proportionalbeiwert des Reglers KPR = 1,5⋅ΔK = 4,5. 330 11 Digitale Regelung 11.4 Beschreibung von Abtastsystemen im Zeitbereich 11.4.1 Differenzengleichungen Gleichungen, die den Zusammenhang zwischen abgetasteten Folgen xe(kTA) der Eingangsgröße xe und abgetasteten Folgen xa(kTA) der Ausgangsgröße xa eines zeitdiskreten Systems beschreiben, nennt man inhomogene Differenzengleichungen. Im Folgenden werden die diskreten Eingangswerte xe(kTA+nTA) kurz mit xe,k+n bzw. uk+n sowie die diskreten Werte xe(kTA+nTA) mit vk+n bezeichnet. Eine lineare inhomogene Differenzengleichung n-ter Ordnung an vk + n + an −1vk + n −1 + ... + a1vk +1 + a0vk = b0uk (11.6) hat Ähnlichkeit mit einer Differentialgleichung gleicher Ordnung: an v ( n) (t ) + an −1v ( n −1) (t ) + ... + a1v(t ) + a0v(t ) = b0u (t ) . 11.4.2 Aufstellen der Differenzengleichungen Eine Differenzengleichung kann aus einer Differentialgleichung erstellt, indem man die Integration durch eine Summe v(t ) = K I u (t )dt k vk = K I vk i =1 und die Differentiation durch einen Differenzenquotienen ersetzt: v(t ) = K D • du (t ) dt u − uk −1 vk ( t ) = K D k TA Beispiel 11.5 Gegeben ist die Differentialgleichung T1v(t ) + v(t ) = K P u (t ) mit T1=1 s, KP= 2 und u0 = 1. Gesucht ist die Differenzengleichung mit Abtastzeit TA= 0,25 s und die Lösung. Nach der Approximierung v −v T1 k k −1 + vk = K Puk TA ergibt sich die Differenzengleichung zu T1 TA vk −1 + K P uk vk = T1 + TA T1 + TA Die Lösung bei t = kTA ist vk = K P (1 − e − kTA T1 bzw. vk = 0,8vk −1 + 0,4uk . )u0 = 2(1 − e − 0, 25k ) . 11.4 Beschreibung von Abtastsystemen im Zeitbereich 331 11.4.3 Lösung der Differenzengleichungen mittels Rekursion Die Lösung der Differenzengleichung ist die Folge xa,0, xa,1, xa,2, …, xa,k, … Die Werte der Ausgangsgröße xa,k+n für k = 1, 2, ... können aus gegebenen Koeffizienten an, an-1, ..., a0, b0 und Anfangswerten xa,n bei k = 0 durch die Erhöhung von k jeweils um Eins schrittweise berechnet werden. Die Gl. (11.6) wird dafür umgestellt: xa,k + n = 1 [−a n −1 x a,k + n −1 − ... − a1 x a,k +1 − a 0 xa,k + b0 xe,k ] . an Werden die Anfangswerte der Differenzengleichung wie im analogen Fall zu Null angenommen, d. h. xa,n = 0 für n = 0, 1, 2, ... und gilt für den Eingangssprung xe, −1 = 0 xe,0 = xe,1 = xe,2 = ... = xe,k = xe0 so wird der erste Wert der Ausgangsgröße für k = 1 wie folgt berechnet: xa,1+ n = 1 [−a n −1 x a,n − a n -2 xa,n −1 − ... − a1 x a,1 − a 0 xa,1 + b0 xe,1 ] . an Die Lösung mittels Rekursion ist nur numerisch möglich und lässt sich nicht für die Regelkreisanalyse bzw. Stabilitätsbedingungen verallgemeinern. X Aufgabe 11.1 Die Regelstrecke stellt ein P-Glied mit KPS = 8 dar und wird mit einem analogen I-Regler gere-1 gelt. Der Integrierbeiwert des Reglers ist KIR = 2 s . Der analoge Regler wird durch einen digitalen Regler mit gleichem Integrierbeiwert ersetzt. Die Abtastzeit des digitalen Reglers beträgt TA = 0,05s. Der Regelalgorithmus wird nach der Trapezregel digitalisiert. Vergleichen Sie die Sprungantworten des geschlossenen Regelkreises mit analogem und digitalem Regler nach einem Sprung der Führungsgröße von w0 =2. 11.4.4 Exakte Lösung der Differenzengleichungen Ähnlich einer Differentialgleichung entsteht auch hier die Lösung der Gl. (11.6) aus h der Lösung x a, k der homogenen Differenzengleichung a n xa,k + n + a n −1 x a,k + n −1 + ... + a1 x a,k +1 + a 0 x a,k = 0 (11.7) und einer partikulären Lösung xa,part k , d. h. xa,k = xa,h k + xa,part k . Für die homogene Lösung wird Gl. (11.7) mit dem Ansatz xa,h k = C ⋅ z k (11.8) 332 11 Digitale Regelung zu der so genannten charakteristischen Gleichung der Differenzengleichung gebracht: a n C ⋅ z k + n + a n −1C ⋅ z k + n −1 + ... + a1C ⋅ z k +1 + a 0 C ⋅ z k = 0 . Daraus folgt C ⋅ z k [a n z n + a n −1 z n −1 + ... + a1 z 1 + a 0 z 0 ] = 0 , an z n + an −1z n −1 + ... + a1z1 + a0 z 0 = 0 . (11.9) Die charakteristische Gleichung (11.9) hat n Nullstellen z1, z2, ... , zn, die reell oder konjugiert komplex sind. Die homogenen Lösung ergibt sich somit zu xa,h k = n Ci ⋅ zik , (11.10) i =1 wobei die Koeffizienten Ci aus den Anfangsbedingungen folgen. Bei der partikulären Lösung wird, entsprechend zu Differentialgleichungen, eine Eingangsfunktion, z. B. die Sprungfunktion xe, k = 1, in Gl. (11.6) eingesetzt. • Beispiel 11.6 Gegeben ist die Differentialgleichung eines geschlossenen Regelkreises T1x ( s) + x(t ) = K P w(t ) mit T1=1 s und KP= 2. Gesucht ist die exakte Lösung der Differenzengleichung. Die Gesamtlösung ergibt sich als Superposition der homogenen und partikulären Lösungen der charakteristischen Gleichung xk = e • T − A T1 xk −1 + K P (1 − e T − A T1 ) wk −1 bzw. xk = 0,7788 xk −1 + 0,4424 wk −1 Beispiel 11.7 Der analoge Regler des in Bild 11.14 gezeigten Regelkreises wird durch einen digitalen PI-Regler mit der Abtastzeit TA = 0,1 s ersetzt. Es soll die Differenzengleichung erstellt und die Lösung bei einem Eingangssprung w0 = 2 ermittelt werden. Die Übertragungsfunktion des geschlossenen Regelkreises mit dem analogen PI-Regler: Gw (s) = x( s ) β2 = , (11.11) w( s ) s 2 + 2α ⋅ s + β 2 w(t) + KPR, Tn − KPS, T1 1, T2 x(t) Analoger Regelkreis Bild 11.14 Wirkungsplan des Regelkreises mit dem analogen PIRegler. Die Kennwerte des Kreises sind: KPS = 0,8; T1 = 0,5; T2 = 1 s; KPR = 1,5; Tn = 1 s. 11.4 Beschreibung von Abtastsystemen im Zeitbereich 333 K K 1 = 1 s −1 und β 2 = PR PS = 2,4 s − 2 . 2T1 Tn T1 (11.12) mit α = Die Differentialgleichung erhalten wir aus Gl. (11.11) nach der Laplace-Rücktransformation: s 2 ⋅ x( s ) + 2α ⋅ s ⋅ x( s ) + β 2 ⋅ x( s ) = β 2 ⋅ w( s ) 2 d x(t ) dt 2 + 2α dx(t ) dt + β 2 x(t ) = β 2 w(t ) . (11.13) Die Digitalisierung erfolgt mit rechter Intervallgrenze, d. h. dx(t ) x k +1 − x k ≈ = Δx k dt TA d 2 x(t ) dt 2 ≈ Δx k +1 − Δx k TA = 1 TA x k + 2 − x k +1 x k +1 − x k − TA TA . Setzen wir die obigen Differenzen in Gl. (11.13), so entsteht die Differenzengleichung x k + 2 + 2(αTA − 1) ⋅ x k +1 + (1 − 2αTA + β 2TA2 ) ⋅ x k = β 2TA2 ⋅ wk bzw. a 2 x k + 2 + a1 x k +1 + a 0 x k = b0 wk , (11.14) mit a2 = 1 a1 = 2(αTA − 1) = −1,8 a 0 = 1 − 2αTA + β 2TA2 = 0,824 und b0 = β 2TA2 = 0,024 . Aus der Differenzengleichung (11.14) bilden wir nach (11.9) die charakteristische Gleichung a 2 z 2 + a1 z 1 + a 0 z 0 = 0 , (11.15) bzw. z 2 − 1,8 z + 0,824 = 0 mit zwei Polstellen: z1 = 0,9 + 0,1183 j z 2 = 0,9 − 01183 j . Die homogene Lösung der Differenzengleichung für k = 0, 1, 2, ... ist nach (11.10) x kh = C1 ⋅ z1k + C 2 ⋅ z 2k . part (11.16) Die partikuläre Lösung x k stellt für die Eingangssprungfunktion eine Konstante C0 dar und wird durch Einsetzen in die Differenzengleichung (11.14) bestimmt: a 2 C 0 + a1C 0 + a 0 C 0 = b0 wk 334 11 Digitale Regelung bzw. C0 = − b0 wk 0,024 ⋅ 2 = =2. a 2 + a1 + a 0 1 − 1,8 + 0,824 Damit ist die Gesamtlösung für k = 0, 1, 2, ... unter Beachtung von (11.16) x k = x kh + x kpart = C 0 + C1 ⋅ z1k + C 2 ⋅ z 2k . Die Anfangswerte sind bei k = 0 gegeben: x0 = 0 dx k x − x0 ≈ 1 = 0 bzw. x1 = 0. dt k =0 TA Setzen wir die Gesamtlösung xk in der Differenzengleichung (11.15) für k = 0 und k = 1 ein, so ergeben sich zwei Gleichungen x 0 = 2 + C1 z 0 + C 2 z 0 = 0 C1 + C 2 1 2 bzw. 1 1 x1 = 2 + C1 z1 + C 2 z 2 = 0 C1 z1 + C 2 z 2 = −2 = −2, die zu folgenden Werten führen: C1 = − 2z2 + 2 = −1 + 0,8453 j z 2 − z1 und C 2 = − 2 + 2 z1 = −1 − 0,8453 j . z 2 − z1 Die Gesamtlösung x k = 2 + (−1 + 0,8453 j ) ⋅ (0,9 + 0,1183 j ) k + (−1 − 0,8453 j ) ⋅ (0,9 − 0,1183 j ) k ist im Bild 11.15 dargestellt. MATLAB-Skript: 2.5 x(kT ) 2 z1 = 0.9 + 0.1183i; z2 = 0.9 – 0.1183i; c1 =(–2 * z2 + 2) / (z2 – z1); w= 2 c2 =(–2 + 2* z1) / (z2 – z1); 1.5 for k = 1:40 1 xk = 2 + c1 * (z1 ^ k) + c 2* (z2 ^ k) 0.5 0 0 bar (k, xk, ’w’) 10 20 Bild 11.15 Sprungantwort des digitalen Kreises 30 k 40 hold on end; 11.4 Beschreibung von Abtastsystemen im Zeitbereich 335 11.4.5 Digitalisierung analoger Regelalgorithmen Heutzutage wird der Anwender von der Aufstellen der Differenzengleichungen der Regelalgorithmen verschont, da mehrere Programme und Funktionsbausteine preiswert angeboten und leicht zu testen sind. So werden nachfolgend nur die Grundlagen der Umsetzung von zeitkontinuierlichen PID-Regelalgorithmen ins Zeitdiskrete kurz dargestellt. Unter den vielen möglichen Regelalgorithmen werden gegenwärtig vorwiegend die analogen PI- und PID-Regler digitalisiert. Der kontinuierliche PID-Regelalgorithmus y R (t ) = K P e(t ) + K I e(t )d t + K D yP ( t ) yI ( t ) de(t ) dt yD ( t ) entspricht einer Summe von drei Anteilen (P-, I- und D-Anteil): y R (t ) = y P (t ) + y I (t ) + y D (t ) . Nach dem Abtastprinzip wird die Regelgröße x(t) in Zeitabständen TA entnommen und durch eine Reihe von Zahlenwerten x0, x1,..., xk−1, xk dargestellt (Bild 11.16). Die Stellgröße yR(kTA) zum Zeitpunkt t = kTA, kurz yRk, wird als Funktion von Eingängen e0, e1,..., ek−1, ek berechnet und ausgegeben. Sie setzt sich, wie bei analogen Reglern, aus drei digitalisierten Anteilen zusammen: y Rk = y Pk + y Ik + y Dk . (11.17) Für die Zeitspanne dt wird die Abtastzeit TA gesetzt. Für den Grenzübergang TA → dt geht die Summe in das Integral über und die Ableitung wird zum Differenzenquotient: k y Rk = K P ⋅ ek + K I ⋅ TA ei + K D ⋅ TA (ek − ek −1 ) . 1 (11.18) i =1 Hierin sind: ek = wk − xk die Regeldifferenz im k-ten Abtastschritt und yRk die im k-ten Abtastschritt errechnete Stellgröße. Der Regelalgorithmus nach Gl. (11.18) heißt Stellungsalgorithmus, da die Stellgröße yRk für jeden Wert der Abtastzeit TA berechnet wird. Solche Algorithmen sind für die x(t) xk x1 0 TA x2 2TA xek-1 xek kTA x1 t 0 TA x2 2TA xek-1 xek kTA Bild 11.16 Durch Abtastung entstehende Folge xk aus dem kontinuierlichen Signal x(t) t 336 11 Digitale Regelung Regelstrecken mit großen Zeitkonstanten und entsprechend großen Abtastzeiten geeignet, z. B. für Temperaturregelstrecken, bei denen TA 20 s und mehr betragen kann. Bei der Regelung von Prozessen mit Abtastzeiten, die in der Größenordnung von einigen ms liegen, z. B. bei Drehzahlregelungen, wird vielfach anstelle des Stellungsalgorithmus der Geschwindigkeitsalgorithmus angewandt, der die aktuelle Stellgröße aus dem Zuwachs ΔyRk = yRk − yRk-1 berechnet. Die Werte yRk und yRk-1 werden nach Gl. (11.17) für den k- und (k−1)-ten Abtastschritt errechnet. Zur Berechnung der aktuellen Stellgröße nach dem Geschwindigkeitsalgorithmus soll nun ΔyRk berechnet und zu dem im vorhergehenden Abtastschritt ermittelten yRk-1 addiert werden, d. h. y Rk = y Rk −1 + Δy Rk . Die Approximation der Integration und der Differentiation in der Gl. (11.18) kann durch verschiedene Verfahren vorgenommen werden. Zur Ermittlung des I-Anteils yIk der Stellgröße kann die Fläche unter der Treppenkurve, die das Integral von e(t) nach darstellt, nach der Rechteck- und der Trapezregel, wie in Bild 11.17 gezeigt, angenähert werden. Analog e(t) Rechteckregel ElementarFläche ek ElementarFläche= ei-1TA e0 e 1 0 t e2 ek-1 e i-1 TA dt ek kTA TA Analoger Algorithmus Trapezregel ek ElementarFläche= 0,5(ei-1+ ei)TA e0 e 1 e2 e i-1 ei e k-1 TA t kTA TA Nach Rechteckregel Nach Trapezregel y Pk = K PR ⋅ ek y Pk = K PR ⋅ ek Die i-te Elementarfläche: e i ⋅ TA ei −1 + ei ⋅ TA 2 Das Integral y Ik = ek t P-Anteil: y P (t ) = K PR e(t ) I-Anteil: y I (t ) = K PR Tn e(t )dt wird durch eine Summe nachgebildet: K PR k ei TA = Tn i =1 T k = K PR A ei Tn i =1 Bild 11.17 Bildung der Summe aus der Folge e(t) y Ik = = K PR k ei −1 + ei TA = 2 Tn i =1 T k 1 K PR A (ei −1 + ei ) 2 Tn i =1 11.4 Beschreibung von Abtastsystemen im Zeitbereich 337 In nachfolgender Tabelle ist die Ermittlung der Differenz ΔyRk für den PI-Regelalgorithmus nach Rechteck- und Trapeznäherung gezeigt. Rechteckregel (Euler-Verfahren) Trapezregel (Tustin-Verfahren) T k y Rk = K PR ek + K PR A ei Tn i =1 y Rk = K PR e k + T k −1 y Rk −1 = K PR e k −1 + K PR A ei Tn i =1 y Rk −1 = K PR e k −1 + Δy Rk = K PR (ek − e k −1 ) + T + K PR A Tn K PR TA k −1 (ei −1 + ei ) 2 Tn i =1 Δy Rk = y Rk − y Rk −1 Δy Rk = K PR (ek − e k −1 ) + k −1 k e − ei i i =1 i =1 K PR TA k (ei −1 + ei ) 2 Tn i =1 + K PR TA k (ei −1 + ei ) 2 Tn i =1 − K PR TA k −1 (ei −1 + ei ) 2 Tn i =1 Unter Beachtung k −1 k e − ei = e k i i =1 i =1 k Δy Rk = i =1 (ei −1 + ei ) − k −1 (ei−1 + ei ) = ek −1 + ek i =1 ergeben sich die Formel zur Berechnung der aktuellen Stellgröße nach dem Geschwindigkeitsalgorithmus y Rk = y Rk −1 + Δy Rk : = K PR (ek − e k −1 ) + Δy Rk = K PR TA ek Tn = K PR (e k − ek −1 ) + K PR TA (ek −1 + e k ) 2Tn Die Rechtecknäherung kann auf andere Art formuliert werden, nämlich mit dem Wert der so genannten linken Intervallgrenze. Wie Bild 11.18 zeigt, richten sich damit die abgetasteten Werte nicht nach der rechten ei, sondern nach der linken Seite ei−1 des Rechtecks aus. Die Elementarfläche wird statt eiTA nun ei−1TA betragen. Wie auch bei der rechten Intervallgrenze werden insgesamt k Elementarflächen addiert, allerdings muss k−1 statt k bzw. k−2 statt k−1 als obere Grenze bei den Summenzeichen in obiger Tabelle eingesetzt werden. Damit erhält man den folgenden PI-Algorithmus mit linker Intervallgrenze, der auch als Typ I genannt wird: y Rk = y Rk −1 + Δy Rk = y Rk −1 + K PR (ek − e k −1 ) + K PR TA e k −1 . Tn 338 e(t) 11 Digitale Regelung Analoge Regeldifferenz Rechtecknäherung mit linker Intervallgrenze Rechtecknäherung mit rechter Intervallgrenze ek ek linke Grenze ei-1 dt t 0 i-te ElementarFläche= eiTA i-te ElementarFläche= ei-1TA rechte Grenze TA 0 ei t i TA kTA 0 TA i TA t kTA Bild 11.18 Rechtecknäherung mit linker und rechter Intervallgrenze Der D-Anteil kann durch den Differenzenquotient mit der Zeitdifferenz TA y D (t ) = K PR Tv de(t ) dt y Dk = K PR Tv Δe k TA auch auf zwei Arten angenähert werden: • Mit der linken Intervallgrenze (so genannte Differenzbildung rückwärts, Typ I) e − ek −1 y Dk = K PR Tv k TA • Mit der rechten Intervallgrenze (Differenzbildung vorwärts bzw. Typ II) e − ek . y Dk = K PR Tv k +1 TA Die Differenzbildung vorwärts wird selten benutzt, weil ein Wert ek+1 zum Zeitpunkt t = kTA noch nicht bekannt ist und der D-Anteil yDk-1 nur verzögert um eine Abtastperiode zum Zeitpunkt t = (k−1)TA berechnet werden kann. Die Programmierung von Regelalgorithmen ist im Anhang erläutert und steht im OnlinePlus-Bereich des Verlags zum Download zur Verfügung. X Aufgabe 11.2 Gegeben ist der analoge I-Algorithmus y (t ) = K I e(t )dt mit K I = 2s −1 und e(t ) = 2t 2 . Der Eingangssignal e(t) ist bei t > 0,5 auf maximalen Wert e(t) = 0,5 begrenzt. Gesucht ist der Ausgangssignal des mit der Abtastzeit TA = 0,1 s digitalisierten Algorithmus für 0 ≤ t < 1. X Aufgabe 11.3 Gegeben ist die Differentialgleichung einer analogen PI-Regeleinrichtung mit Verzögerung TR: TR y R (t ) + y R (t ) = K PR e(t ) + K PR Tn e(t ) dt . Als Regler wird eine SPS mit der Abtastzeit TA verwendet. Gesucht ist der nach dem Typ I digitalisierte Geschwindigkeitsalgorithmus. 11.4 Beschreibung von Abtastsystemen im Zeitbereich 339 X Aufgabe 11.4 Der PI-Regelalgorithmus mit den Kennwerten KPR = 1,5 und Tn = 2,0 s soll nach der Rechteckregel mit die Abtastzeit TA = 0,5 s digitalisiert werden. Wie groß wird die Stellgröße yR zum Zeitpunkt t = 2,0 s nach einem Eingangssprung von e0 = 2 bei: a) analogem Regler, b) digitalem Regler ? In den zwei nachfolgenden Tabellen sind die Standard-Regelalgortithmen zusammengefasst. Die Tabelle 11.1 enthält die Übertragungsfunktionen und Differentialgleichungen der analogen Regelalgorithmen. Anhand dieser Tabelle wurden die Differenzengleichungen erstellt und mittels Rekursionen gelöst. Daraus entstanden die digitalisierten Regelalgorithmen, die in Tabelle 11.2 gegeben sind. GR(s) Regler P GR ( s ) = K P I K GR ( s ) = I s Differentialgleichung y (t ) = K p e(t ) Parameter t KI = y (t ) = K I e(t )dt 0 D GR ( s ) = sK D PI GR ( s ) = K P (1 + sTn ) sTn y (t ) = K D e(t ) K D = K P Tv t y (t ) = K P e(t ) + K I e(t )dt GR ( s ) = K P + sK D T1 y (t ) + y (t ) = K P e(t ) + K D e(t ) realer PD bzw. PDT1 sK D GR ( s ) = K P + 1 + sT1 T1 y + y (t ) = K P e(t ) + K D e + K pT1e GR ( s ) = K P + + KI + sK D s KI = 0 idealer PD idealer PID KP Tn KP Tn K D = K P Tv KI = KP Tn K D = K P Tv y (t ) = K P e + K I edt + K De KI = KP Tn K D = K P Tv T1 y + y = ( K P + K IT1 )e realer PID bzw. PIDT1 + K I edt + GR ( s ) = K P + + KI sK D + s 1 + sT1 + ( K D + K PT1 )e bzw. T1y + y = K I e + KI = KP Tn K D = K P Tv + ( K P + K IT1 )e + + ( K D + K PT1 )e Tabelle 11.1 Zusammenfassung der analogen Standard-Regelalgorithmen 340 Regler 11 Digitale Regelung P GR(s) GR ( s ) = K P I GR ( s ) = D GR ( s ) = sK D PI GR ( s ) = K P + idealer PD GR ( s ) = K P + realer PD bzw. PD-T1 Differenzengleichung yk = K p ek KI s + sK D GR ( s ) = K P + + sK D 1 + sT1 idealer PID realer PID bzw. PIDT1 KI = KD (ek − ek −1 ) T yk = yk −1 + + c1ek − c2ek −1 K D = K PTv yk = c1ek − c2 ek −1 yk = d1 yk −1 + + c1ek − c2ek −1 c1 = K P c2 = K P − K IT K c1 = K P + D T KD c2 = T KD ; c1 = K P + T + T1 c2 = K P d1 = GR ( s ) = K P + + KI + sK D s GR ( s ) = K P + + KI sK D + s 1 + sT1 KP Tn yk = yk −1 + K ITek −1 yk = KI s Parameter − c2ek −1 + c3ek − 2 yk = d1 yk −1 − d 2 yk − 2 + + c1ek + c2 ek −1 + c3ek − 2 c* = c2 c1 c* = c2 c1 T1 KD + ; T + T1 T + T1 T1 T + T1 c1 = K P + yk = yk −1 + c1ek − c c* = 2 c1 KD ; T c2* = c2 c1 2K D − K IT ; T c T K c3 = D = K P v ; c3* = 3 T T c1 c2 = K P + c1 = K PT T1 + T T1 + Tv 1 + + T + T1 T 2Tn c2 = K PT T 2(T1 + Tn ) − − 1 T + T1 2Tn T K PT T1 + Tv T − 1 T + T1 T 2Tn T d1 = 1 + 1 T + T1 c3 = d2 = T1 T + T1 Tabelle 11.2 Zusammenfassung der digitalisierten Standard-Regelalgorithmen Beim Erstellen von Tabellen 11.1 und 11.2 hat Dominik Herold, Student der Hochschule Darmstadt, Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik, mitgewirkt (2008/09). 11.4 Beschreibung von Abtastsystemen im Zeitbereich 341 11.4.6 Stabilitätsbedingung für Abtastsysteme Ein Abtastsystem ist dann stabil, wenn die Ausgangsgröße xa, k nach einem Eingangsprung zu einem Beharrungszustand übergeht. Mathematisch bedeutet es, dass die Lösung (11.10) der homogenen Gl. (11.7) mit der Zeit t → ∞ bzw. k → ∞ verschwindet, d. h. xa,h k bei k →∞ =0. Dies ist für wachsende k und wachsende z ik nur dann möglich, wenn alle Beträge der komplexen Wurzeln der charakteristischen Gleichung (11.9) kleiner Eins sind. Daraus folgt die Stabilitätsbedingung eines Abtastsystems: Ein Abtastsystem ist dann stabil, wenn alle Wurzeln der charakteristischen Gleichung (11.9) zu der Differenzgleichung (11.6) des geschlossenen Regelkreises vom Betrag kleiner Eins sind, d. h. zi < 1 (11.19) Für Differenzengleichungen 1. Ordnung a a1 z + a 0 = 0 bzw. z + 0 = 0 a1 gilt die Stabilitätsbedingung (11.19) bei Koeffizienten a0 a1 < 1 bzw. − a1 < a 0 < a1 . Für Differenzengleichungen 2. Ordnung a2 z 2 + a1z + a0 z 0 = 0 mit dem Wert von a2 = 1, was bei geschlossenen Regelkreisen häufig der Fall ist, führt die Stabilitätsbedingung (11.19) zu a0 < 1 (11.20) − 1 − a 0 < a1 < 1 + a 0 . Bild 11.19 zeigt das entsprechende Stabilitätsgebiet in der Ebene (a0, a1) der Koeffizienten der Differenzengleichung. Die Stabilitätskriterien werden in Abschnitt 11.5.5 behandelt. a1 a0 = 1 1,0 −1,0 0 −1,0 a1 = 1 + a0 a0 1,0 a1 = −1− a0 Bild 11.19 Stabilitätsgebiet für digitale Regelkreise 2. Ordnung mit a2 = 1 342 • 11 Digitale Regelung Beispiel 11.8 Die Stabilität des in Beispiel 11.7 gegebenen Kreises mit charakteristischer Gl. (11.15) z 2 + a1z1 + a0 z 0 = 0 soll für gegebene Kennwerte KPS = 0,8; T1 = 0,5 s und Tn = 1 s untersucht werden. Die Koeffizienten sind nach Gln. (11.12) und (11.14) gegeben: a1 = TA −2 T1 a0 = 1 − TA K PR K PS TA2 + ⋅ T1 Tn T1 Bezeichnen wir K K TA = b und PR PS = K 0 . Mit der vorgegebenen Abtastzeit TA = 0,1 s T1 Tn ergibt sich der kritische Wert von KPR (s. Bild 11.20) aus der Stabilitätsbedingung (11.20) zu 1 − b + K 0 ⋅ b ⋅ TA < 1 a0 < 1 K PR < Tn K PSTA K PRkr = 12,5 Ist dagegen KPR vorgegeben, z. B. KPR = 5 bzw. K0 = 4, wird die kritische Abtastzeit ermittelt: TA < a0 < 1 1 K0 TA < Tn 1s = K PR K PS 5 ⋅ 0,8 TAkr = 0,25 s a1 < 1 + a0 b − 2 < 1 + 1 − b + b 2 K 0T1 b 2 − b − 2 > 0 TAkr = 2T1 . Aus der letzten Bedingung folgt TAkr = 1,0 s. Die Bedingung a1 < −1− a0 liefert die Lösung TA > 0. Normalerweise wird für die Abtastzeit der kleinste Wert gewählt; d. h. TA < 0,25 s. 2.5 1.4 KK =1,5 = 1,5 PR x(kT) 1.2 K x(kT) PR PR = 13 2 1 1.5 0.8 1 0.6 0.5 0.4 0 0.2 0 0 10 20 30 40 50 k 60 -0.5 0 10 20 30 40 50 k 60 Bild 11.20 Sprungantworten des digitalen Regelkreises bestehend aus dem PI-Regler und einer P-T2-Strecke bei einem Einheits-Eingangssprung der Führungsgröße 11.5 Beschreibung von digitalen Systemen im z-Bereich 343 11.5 Beschreibung von digitalen Systemen im z-Bereich 11.5.1 Die z-Transformation In zeitkontinuierlichen Regelkreisen wirkt ein analoger Signal auf den Eingang eines kontinuierlichen Elements. Die kontinuierliche Funktionen f(t) werden nach Laplace transformiert. ∞ f (t ) ⋅ e f (s) = − st ⋅ dt (11.21) −∞ In digitalen Regelkreisen wirkt eine Impulsfolge auf den Eingang eines kontinuierlichen Elements: ( f k ) = f 0 ⋅ δ (t ) + f1 ⋅ δ (t − T ) + f 2 ⋅ δ (t − 2T ) + ... = ∞ fk ⋅ δ (t − kT ) k =0 Es entsteht eine zeitdiskrete und wertediskrete Signalfolge. Die Zeit ist durch die Abtastung t = kTA bzw. t = kT diskretisiert. Die Impulse δ(t−kT) sind zeitlich voneinander um die Abtastzeit verschoben. Die Funktion f(t) wird durch die Folge fk bzw. die folgende Summe dargestellt: ∞ f (t ) = f ( kT ) = f k δ (t − kT ) k =0 Da die Laplace-Transformation eines einzelnen Impulses ist δ(t−kT) L[δ (t − kT )] = e − skT , c−−¦ wird die Funktion f(t) bzw. die Summe von Impulsen wie folgt Laplace-transformiert: ∞ f k δ (t − kT ) ∞ c−−¦ k =0 fk e−kT ⋅s . k =0 Für die zeitdiskrete Signalfolge kann die Laplace-Transformation mit dem Ansatz z = e sT bzw. z −1 = e − sT (11.22) angewendet werden. Sie wird diskrete Laplace-Transformation oder z-Transformation genannt und wird durch Z [z] oder symbolisch wie bei kontinuierlichen Systemen bezeichnet: t c−−¦ kT ∞ f (t ) c−−¦ f (t ) = fk ⋅ e− skT k =0 344 11 Digitale Regelung Dasselbe gilt für die Rücktransformationen bzw. Z−1 [z]: ∞ f (kT ) ¦−−c f ( z) = fk z −k k =0 Wie die Laplace-Transformation wird die z-Transformation durch Sätze und Rechenregeln definiert. Unten in der Tabelle sind nur einige wichtige Funktionen dargestellt. Zeitfunktion u(t) Laplace-Transformierte L[u(t)] = U(s) Dirac-Impuls δ (t ) bei t = 0 0 Dirac-Impuls bei t = kT δ (t − kT ) Rechteckimpuls a0δ (t ) a der Höhe 0 bei t = 0 T 1 0 1 T 1 a1 T 0 2 u (t ) = 1 − e t T1 k T 1 k 2 1 2 a L[a1δ (t − kT )] = 1 e − skT T k 1 1 s L[σ (t − kT )] = 1 2 k L[t ] = 1 0 1234 − z −k L[σ (t )] = 0 Exponente L[δ (t − kT )] = e − kT a (1 − e − sT ) = 0 T 1 0 Anstiegfunktion u (t ) = t 1 L[σ (t ) − σ (t − T )] = Rechteckimpuls a1δ (t − kT ) a der Höhe 1 bei t = kT T Einheitssprung σ (t ) = 1 bei t = T k a0 T 0 Einheitssprung σ (t ) = 1 bei t = 0 L[δ (t )] = 1 k 2 2 z-Transformierte Z[u(k)] = Uz(z) k 1 0 1234 k a0 T a1 − k z T z z −1 1 − sT e s z 1 ⋅ z −1 = z −1 z −1 1 Tz s2 ( z − 1) 2 1 L[u (t )] = s (1 + sT1 ) (1 − e − T T1 )z ( z − 1)( z − e − T T1 ) Im Anhang sind die Sätze der z-Transformation komplett aufgeführt sowie die Zeitfunktionen f(t), die Laplace-Transformierten f(s) und die z-Transformierten f(z) gegenübergestellt. Die z-Rücktransformation für die Funktionen, die in dieser Tabelle nicht vorhanden sind, erfolgt, wie bei Laplace-Rücktransformation, mit Hilfe der Partialbruchzerlegung. 11.5 Beschreibung von digitalen Systemen im z-Bereich 345 Einige häufig auftretende Regeln für Funktion f(t) bzw. Z [ f (t )] = Fz ( z ) sind unten aufgelistet: • • Verschiebung im Zeitbereich: xk −1 c−−¦ 1 X z ( z ) bzw. z −1 X z ( z ) z xk c−−¦ X z ( z) xk +1 c−−¦ zX z ( z ) bzw. z +1 X z ( z ) Differenzbildung im Zeitbereich f(t) − f(t−TA): ( f k ) − ( f k −1 ) • c−−¦ 1 1 − Fz ( z ) z Summation im Zeitbereich ( f 0 ), ( f 0 + f1 ), ( f 0 + f1 + f 2 ),... • c−−¦ z Fz ( z ) z −1 Beispiel 11.9 Gegeben ist die z-Transformierte eines Ausgangssignals y(t): a) Yz ( z ) = 3z ; z −1 b) Yz ( z ) = 5z z − 0,2 Gesucht ist die zugehörige Wertefolge (yk). Zu a): Laut Korrespondenztabelle gilt für Eingangsprung σ(t) =1 z 1 Z = , s z − 1 d. h. der gegebene Signal y(t) stellt einen Eingangsprung von der Höhe σ(t) =3. Daraus folgt für die zeitdiskrete Wertefolge yk = 3. Zu b): Laut Korrespondenztabelle gilt Z [e − at ] = z z − e − aT . Nach Anpassung an die gegebene Funktion e − aT = p ln e − aT = ln p − aT = ln p a = − ln p ergeben sich die z-Transformation Z [e − at ] = Z [e − akT ] = Z [ p k ] und die gesuchte Folge: yk = 5 ⋅ (0,2) k . T 346 11 Digitale Regelung 11.5.2 Die z-Übertragungsfunktionen Das Konzept der Digitalisierung und die Transformationen für ein LZI-Glied sind in Bild 11.21 schematisch dargestellt. Auf den Eingang des kontinuierlichen Gliedes wirkt die Eingangssfolge xe (kTA ) = 1 , die aus einem mit der Abtastzeit TA digitalisierten Eingangssprung entsteht. Analog der Laplace-Transformation x(s) = L[x(t)] kann die z-Transformierte des Ausgangssignals xa(z) = Z[xa(kTA)] als Reaktion des Elements auf das Eingangssignal xe(z) = L[xe(kTA)] mittels z-Übertragungsfunktion beschrieben werden: xa ( z ) = G ( z ) ⋅ xe ( z ) (11.23) Um die z-Übertragungsfunktion GS(z) aus der „analogen“ Übertragungsfunktion GS(s) zu ermitteln, wird der Eingang als Folge von idealen Eingangsimpulsfunktion δ(t) betrachtet. Die Reaktion des Gliedes auf ein Impuls δ (t) ist die Gewichtsfunktion g(t). Durch die Folge der Gewichtsfunktionen g(kTA) wird das Ausgangssignal xa(kTA) beschrieben und z-transformiert. Aus (11.23) folgt dann die z-Übertragungsfunktion. xe(s) = L [xe(t)] x (s) G( s) = a xe ( s ) xa(s) = L [xa(t)] Laplace-Transformation xe(t) xa(t) t t Differentialgleichung Digitalisierung xe(kTA) kTA Differenzengleichung xa(kTA) Bild 11.21 Schematische Darstellung von Transformationen eines kontinuierlichen LZI-Gliedes in analogen und digitalen Regelkreisen kTA z -Transformation xe(z) = Z [xe(kTA)] x ( z) G( z) = a xe ( z ) xa(z) = Z [xa(kTA)] Der Zusammenhang zwischen einer Differenzengleichung ( m ≤ n ; k = 0,1,2,... ) anvk − n + ... + a2vk − 2 + a1vk −1 + a0vk = bmuk − m + ... + b1uk −1 + b0uk (11.24) 11.5 Beschreibung von digitalen Systemen im z-Bereich 347 und entsprechenden z-Übertragungsfunktionen kann hergeleitet, indem man die beiden Seiten der Gl. (11.24) unter Beachtung des Verschiebungssatzes z-transformiert: vk c−−¦ Vz (z ) uk c−−¦ U z (z ) vk −1 c−−¦ z −1Vz ( z ) uk −1 c−−¦ z −1U z ( z ) vk − 2 c−−¦ z −2Vz ( z ) uk − 2 c−−¦ z −2U z ( z ) Es ergibt sich an z − nV z ( z ) + ... + a1z −1V z ( z ) + a0Vz ( z ) = bm z − mU z ( z ) + ... + b1z −1U z ( z ) + b0U z ( z ) ( an z − n + ... + a1 z −1 + a0 )V z ( z ) = (bm z − m + ... + b1 z −1 + b0 )U z ( z ) , was zur folgenden Übertragungsfunktion resultiert: V ( z ) bm z − m + ... + b1z −1 + b0 Z ( z ) = = . Gz ( z ) = z U z ( z ) an z − n + ... + a1z −1 + a0 N ( z ) Nach der Multiplikation des Zählers und des Nenner mit zn wird daraus V ( z ) b0 z n + b1z n −1 + ... + bm z n − m Z ( z ) = n = . Gz ( z ) = z U z (z) N (z) z + a1z n −1 + ... + a1z + a0 Ermittelt man die Polstellen zp1, zp2, ... zpn aus der charakteristischen Gleichung Z(z) =0 und die Nullstellen z01, z02, ... zol aus der Gleichung Z(z) = 0, kann die Übertragungsfunktionen durch Linearfaktoren dargestellt werden: Gz ( z ) = • Vz ( z ) ( z − z01 )( z − z02 )...( z − z0l ) Z ( z ) = b0 = mit l = n − m U z ( z) ( z − z p1 )( z − z p 2 )...( z − z pn ) N ( z ) Beispiel 11.10 (wk) 4 (xk) 4 3 3 2 2 1 1 0 Lösung: 1 2 3 k Gegeben: Die Wertefolgen der Regelgröße (xk) und der Führungsgröße (wk). Gesucht: Die gungsfunktion 0 1 2 3 k Gz ( z ) = z-Übertra- X z ( z) . Wz ( z ) Wz ( z ) = 2 z 0 + 2 z −1 + 2 z −2 + 2 z −3 X z ( z ) = 4 z 0 + 3 z −1 + 2 z −2 + 2 z −3 Gz ( z ) = X z ( z ) 4 + 3 z −1 + 2 z −2 + 2 z −3 = Wz ( z ) 2 + 2 z −1 + 2 z − 2 + 2 z − 3 bzw. G z ( z ) = 4 z 3 + 3z 2 + 2 z + 2 2z3 + 2z 2 + 2z + 2 348 11 Digitale Regelung 11.5.3 Digitale Übertragungsfunktionen von einzelnen Elementen In einem digitalen Regelkreis sind die kontinuierlichen Elemente mit den digitalen Elementen verknüpft. Wie bei analogen Systemen ist die Darstellung von allen Elementen des Regelkreises mit z-Übertragungsfunktionen möglich, jedoch nachfolgend werden die Übertragungsfunktionen von Reglern und Regelstrecken nach verschiedenen Ansätzen erstellt. Zunächst wird angenommen, dass ein digitaler Regelkreis aus folgenden Elementen besteht, wie in Bild 11.22 gezeigt ist: Regler, Strecke, A/D-Wandler (Abtaster) und D/A-Wandler (Halter). Der digitale Regler wird gemeinsam mit dem Abtaster als rein digitaler Element betrachtet. Die kontinuierliche Regelstrecke wird gemeinsam mit dem Halteglied auch als digitaler Element betrachtet. Die z-Übertragungsfunktion einer Reihenschaltung der analogen Regelstrecke mit dem digitalen Halteglied wird GHS(z) bezeichnet und als z-Transformierte von GHS(s) ermittelt wird: G HS ( z ) = Z [G HS ( s )] = Z [G H ( s ) GS ( s )] . w(t) e(t) Abtaster + e(kTA) Regelalgorithmus (11.25) yR(kTA) Halteglied Regelstrecke x(t) − Laplace-Transformation yR(s) Bild 11.22 Wirkungsplan eines digitalen Regelkreises im Zeitbereich und die schematische Darstellung von Transformationen einer Verknüpfung: G HS ( s ) = G H ( s ) GS ( s ) G HS ( z ) = G H ( z ) GS ( z ) x(s) GH(s) GS(s) z-Transformation yR(z) x(z) GHS(z) a) Digitale Übertragungsfunktionen von digitalen Elementen (Reglern) yk ek 0 1 2 k GR(z) 0 1 2 k Bild 11.23 Darstellung eines digitalen Reglers mit Wertefolgen und z-Übertragungsfunktion Ein digitaler Regler hat am Eingang und am Ausgang (Bild 11.23) die zeitdiskreten Folgen der Regeldifferenz (ek) und der Stellgröße (yk), die nach der z-Transformation zur Ez(z) und Yz(z) umgewandelt werden, woraus die Übertragungsfunktion des Reglers folgt: Yz ( z ) = GR ( z ) E z ( z ) 11.5 Beschreibung von digitalen Systemen im z-Bereich 349 Die z-Übertragungsfunktionen von Standard-Regelalgorithmen sind unten aufgeführt. GR(z) GR(s) Regler P GR ( s ) = K P I GR ( s ) = D GR ( s ) = sK D PI GR ( s) = K P + idealer PD GR ( s ) = K P + + sK D Parameter GR ( z ) = K p KIT z −1 KD z −1 ⋅ GR ( z ) = T z KI s GR ( z ) = KI s c ( z − c* ) GR ( z ) = 1 z −1 c ( z − c* ) GR ( z ) = 1 z KI = KP Tn K D = K PTv c1 = K P c2 = K P − K IT K c1 = K P + D T KD c2 = T c c* = 2 c1 c c* = 2 c1 KD c c* = 2 ; T + T1 c1 T1 KD c2 = K P + ; T + T1 T + T1 c1 = K P + realer PD bzw. PD-T1 GR ( s ) = K P + sK D + 1 + sT1 d1 = GR ( s ) = K P + idealer PID realer PID bzw. PIDT1 c ( z − c* ) GR ( z ) = 1 z − d1 K + I + sK D s GR ( s ) = K P + + KI sK D + s 1 + sT1 T1 T + T1 c1 = K P + KD ; T c2* = c2 c1 c ( z 2 − c2* z + c3* ) 2K D GR ( z ) = 1 c2 = K P + − K IT ; z ( z − 1) T c T K c3 = D = K P v ; c3* = 3 T T c1 c1 = K PT T1 + T T1 + Tv 1 + + 2Tn T + T1 T c2 = 2(T1 + Tn ) K PT T − − 1 T + T1 2Tn T c ( z 2 + c*2 z + c3* ) GR ( z ) = 1 2 K T T + Tv T z − zd1 − d 2 − 1 c3 = P 1 T + T1 T 2Tn d1 = 1 + d2 = T1 T + T1 T1 T + T1 350 11 Digitale Regelung b) Digitale Übertragungsfunktionen von kontinuierlichen Elementen (Strecken) Eine kontinuierliche Strecke GS(s) wird gemeinsam mit einem Halteglied GH(s) betrachtet. Setzt man die Übertragungsfunktion des Haltegliedes GH ( s) = 1 − e − sTA . s (11.26) in die Gl. (11.25), so ergibt sich nach der z-Transformation 1 − e − sTA e − sTA G (s) G HS ( z ) = Z ⋅ GS ( s ) = Z S − Z ⋅ GS ( s ) . s s s Aus dem Verschiebungssatz der z-Transformation (s. Anhang) folgt, dass eine Verschiebung um TA im Zeitbereich einer Multiplikation im z-Bereich entspricht, d. h. G (s) Z S −Z s e − sTA G ( s) ⋅ GS ( s ) = (1 − z −1 ) ⋅ Z S . s s Daraus ergibt sich die z-Übertragungsfunktion GHS(z) der Strecke mit dem Halteglied: G HS ( z ) = • z −1 G (s) ⋅Z S . z s (11.27) Beispiel 11.11 Für eine P-T1-Strecke mit Halteglied GS ( s ) = K PS 1 + sT1 soll die z-Übertragungsfunktion ermittelt werden. Mit Halteglied GH(s) wird die Strecke GS(s) im z-Bereich nach (11.27) wie folgt abgebildet G HS ( z ) = z −1 ⋅Z z K PS . s (1 + sT1 ) Gemäß der Beziehung 10 der Korrespondenztabelle für z-Transformation wird: GHS ( z ) = (1 − e − k1 ) ⋅ z 1 − e − k1 z −1 T ⋅ K PS ⋅ = K ⋅ mit k1 = A PS − k − k T1 z ( z − 1)( z − e 1 ) z −e 1 −k Mit Bezeichnungen sowie a1 = e 1 und b0 = 1 − a1 resultiert die gesuchte Übertragungs- funktion der P-T1-Strecke mit dem Halteglied zu G HS ( z ) = K PS b0 . z − a1 11.5 Beschreibung von digitalen Systemen im z-Bereich 351 11.5.4 Digitale Führungsübertragungsfunktionen Für Grundschaltungen von Regelkreiselementen (Reihen-, Parallel-, Kreisschaltung) gelten für z-Übertragungsfunktionen die gleichen Regeln wie im analogen Fall. Allerdings dürfen die Abtast- und Halteglieder im Kreis nicht beliebig verschoben werden, wie es für Glieder eines analogen Kreises der Fall ist. Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Regelkreises (Bild 11.22) mit dem digitalen Regler GR(z) und der Reihenschaltung Halteglied/Regelstrecke GHS(z) lautet G0 ( z ) = G R ( z )G HS ( z ) . Daraus folgt die Führungsübertragungsfunktion im z-Bereich Gw ( z) = • G0 ( z ) x( z ) . = w( z ) 1 + G0 ( z ) Beispiel 11.12 Es soll die Führungsübertragungsfunktion eines Regelkreises, bestehend aus einer P-T1-Strecke GS ( s ) = K PS 1 + sT1 und einem digitalen P-Regler mit der Abtastzeit TA ermittelt werden. Die Übertragungsfunktion der P-T1-Regelstrecke mit Halteglied wurde bereits im Beispiel 11.11 im z-Bereich transformiert: G HS ( z ) = K PS ⋅ 1− e z −e T − A T1 T − A T1 . Die z-Übertragungsfunktion des digitalen P-Reglers ist G R ( z ) = K PR . Damit ist z-Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises G0 ( z ) = G R ( z )G HS ( z ) = K PR K PS ⋅ 1− e z−e T − A T1 T − A T1 . Daraus folgt die z-Übertragungsfunktion des geschlossenen Kreises 352 11 Digitale Regelung Gw ( z) = 1− e G0 ( z ) = K PR K PS 1 + G0 ( z ) z −e T − A T1 T − A T1 + K PR K PS (1 − e T − A T1 , ) die mit Bezeichnungen K 0 = K PR K PS ; k1 = e T − A T1 ; a1 = e − k1 ; b0 = 1 − a1 und a 0 = b0 K 0 − a1 vereinfacht dargestellt werden kann: Gw ( z) = K 0 b0 . z − a0 Die mit MATLAB simulierte Sprungantwort mit Kennwerten KPS = 0,8; T1 = 0,5 s; KPR = 1,5 und TA = 0,1 s bei einem Einheitssprung der Führungsgröße ist in Bild 11.24 gezeigt. MATLAB-Skript 0 .7 x (k T ) T1 = 0.5; TA = 0.1; KPS = 0.8; KPR = 1.5; a1 = exp (–TA/T1); K0 = KPR * KPS; b0 = 1– a1; a0 = b0*K0 – a1; num = [b0*K0]; 0 .6 0 .5 0 .4 0 .3 0 .2 den = [1 −a0]; 0 .1 0 0 2 4 6 8 10 12 14 dstep (num, den, ’k’); k Bild 11.24 Sprungantwort des digitalen Kreises bestehend aus P-Regler mit P-T1-Strecke 11.5.5 Stabilitätskriterien für digitale Regelkreise a) Stabilitätsbedingung im z-Bereich Ein kontinuierlicher Regelkreis wird dann stabil, wenn alle Pole der Übertragungsfunktion in der linken Hälfte der s-Ebene liegen, d. h. wenn alle Pole einen negativen Realteil haben. Diese Stabilitätsbedingung ist allgemein und gilt auch für digitale Systeme. Da diese durch die z-Übertragungsfunktionen beschrieben werden, soll die Lage der Pole im zBereich untersucht werden. Die komplexe s-Ebene (Bild 11.25) soll dafür in die kom- 11.5 Beschreibung von digitalen Systemen im z-Bereich 353 plexe z-Ebene abgebildet werden. Diese Abbildung kann aus Ansätzen für die Laplace-Transformation und z-Transformation für − ∞ < ω < + ∞ hergeleitet werden: s = σ + jω z = e sTA σ Polstellen in s-Ebene z Abbildung in z-Ebene jωTA Imaginäre Achse σ =0 Linke s-Halbebene σ <0 z = eσTA e jωTA Kreise mit dem Radius r = e innerhalb des Einheitskreises σ >0 z = eσTA e jωTA σT Kreise mit dem Radius r = e A > 1 außerhalb des Einheitskreises Rechte s-Halbebene z=e Einheitskreis r = 1 jω ω =+∞ σ<0 stabil 2π TA <1 Im σ>0 instabil r< 1 stabil 1,0 Stabilitätsgrenze bei σ = 0 ωA = σTA Stabilitätsgrenze bei r= 1 r σ 0 −1,0 r> 1 instabil 0 1,0 Re ω s-Ebene ω =−∞ z-Ebene Bild 11.25 Zusammenhang zwischen s-Ebene und z-Ebene Die Stabilitätsbedingung im z-Bereich lautet: Ein digitaler Regelkreis wird dann stabil, wenn alle Pole der z-Übertragungsfunktion innerhalb des Einheitskreises der z-Ebene liegen, d. h. wenn alle Pole einen Betrag kleiner Eins haben. Allerdings ist die Abbildung der imaginären Achse der s-Ebene in einen Einheitskreis der z-Ebene wegen des periodischen Charakters der Fourier-Transformation nur für einen begrenzten Frequenzbereich von − • π TA <ω < π TA eindeutig. Beispiel 11.13 Es soll die Stabilität eines digitalen Regelkreises mit der folgenden Führungsübertragungsfunktion untersucht werden (s. Beispiel 11.12): K PR K PS (1 − e Gw ( z) = z −e T − A T1 T − A T1 ) + K PR K PS (1 − e T − A T1 = ) Z ( z) . N ( z) 354 11 Digitale Regelung Die charakteristische Gleichung N(z) = 0 hat einen reellen Pol z1 = e Bei T − A T1 (1 + K PR K PS ) − K PR K PS bzw. z1 = a (1 + K PR K PS ) − K PR K PS . z1 < 1 wird der Kreis stabil. Die Stabilitätsgrenze liegt bei z1 = 1 bzw. bei a (1 + K PR K PS ) − K PR K PS = 1 (11.28) a (1 + K PR K PS ) − K PR K PS = −1 . (11.29) Da die Bedingung (11.31) entfällt, ergibt sich aus der Gl. (11.29) die Stabilitätsgrenze zu TA − 1 1+ a , mit a = e T1 . K PRkr = ⋅ K PS 1 − a b) w-Transformation Um die imaginäre Achse der s-Ebene für digitale Signale eindeutig abzubilden, wird neben dem Ansatz (11.22) z = e jωTA (z-Transformation) ein weiterer Ansatz z= 1+ w 1− w (11.30) eingeführt. Diese bilineare Transformation ist als w-Transformation bekannt. Das Innere des Einheitskreises der z-Ebene wird damit in die linke Halbebene der wEbenen transformiert (Bild 11.26). Im(z) 1,0 r< 1 stabil r −1,0 0 ω Im(w) ω r> 1 instabil Stabilitätsgrenze bei r = 1 1,0 z-Ebene ⏐z ⏐ < 1 stabil Re(z) ⏐z ⏐ > 1 instabil Stabilitätsgrenze bei ⏐z ⏐ = 1 0 Re(w) w-Ebene Bild 11.26 Zusammenhang zwischen z-Ebene und w-Ebene Durch das Einsetzen von (11.30) in die Differenzengleichung (11.7) und Multiplikation mit (1 − w) n kann die charakteristische Gleichung (11.9) P ( z ) = a n z n + a n −1 z n−1 + ... + a1 z 1 + a 0 z 0 = 0 11.5 Beschreibung von digitalen Systemen im z-Bereich 355 in eine neue Polynomgleichung transformiert werden: P ( w) = An w n + An −1 w n−1 + ... + A1 w1 + A0 w 0 = 0 . (11.31) Unten sind die Koeffizienten Ai der Gl. (11.31) für Systeme mit n = 1, 2, 3 aufgelistet. n A0 A1 A2 A3 1 a0 + a1 − a0 + a1 - - 2 a0 + a1+ a2 − 2a0 + 2a2 a0 − a1+ a2 - 3 a0 + a1+ a2 + a3 − 3 a0 − a1 + a2 + 3 a3 3a0 − a1 − a2 + 3a3 − a0 + a1 − a2 + +a3 c) Hurwitz-Stabilitätskriterium Durch die w-Transformation gelingt es, das Stabilitätskriterium nach Hurwitz, wie bei analogen Systemen, anzuwenden: Für Stabilität eines digitalen Regelkreises müssen alle Koeffizienten Ai der charakteristischen Gleichung P(w) = 0 (11.31) vorhanden und größer Null sein, d. h. Ai ≠ 0 und Ai > 0 für i = 1, 2, ..., n. Beispielsweise kann man für das System 2. Ordnung P ( z ) = a 2 z 2 + a1 z + a 0 = 0 bzw. P ( w) = A2 w 2 + A1 w + A0 = 0 nach Hurwitz-Kriterium die Stabilitätsbedingungen (11.20) aus der obigen Tabelle für a2 = 1 herleiten: A2 = a 0 − a1 + 1 > 0 A1 = − 2a 0 + 2 > 0 A = a + a + 1 > 0 0 1 0 a1 < 1 + a 0 a0 < 1 a > −1 − a . 0 1 d) Nyquist-Stabilitätskriterium Wie im analogen Fall kann das Stabilitätskriterium nach Nyquist auch für digitale Systeme durch die Winkeländerung des Zeigers [1+G0( jω)] im Bereich ω = 0 ... ∞ abhängig von der Polverteilung von G0(z) gezeigt werden. Im digitalen Fall wird jedoch der Frequenzbereich 0 ≤ ω ≤ ∞ durch einen Streifen 0 ≤ ω ≤ ωA ersetzt, wobei ωA = 2π / TA ist. Die vereinfachte Fassung des Nyquist-Kriterium für den Fall, dass die Übertragungsfunktion G0(z) keine Pole außerhalb des Einheitskreises der z-Ebene besitzt, lautet: 356 11 Digitale Regelung Der geschlossene digitale Regelkreis ist genau dann stabil, wenn der vom kritischen Punkt (−1, j0) an die Ortskurve G0( jω) gezogene Fahrstrahl beim Durchlaufen der Ortskurve im Bereich 0 ≤ ω ≤ ωA eine Winkeländerung von Δϕ = 0 beschreibt. e) Wurzelortskurve Das in Kapitel 7 für kontinuierliche Regelkreise beschriebene WOK-Verfahren in der s-Ebene kann ebenso auf diskrete Regelkreise in der z-Ebene angewandt werden. Dafür soll die z-Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises G0(z) in Linearfaktoren zerlegt vorliegen: G0 ( z ) = K ( z − z N1 ) ( z − z N 2 )...( z − z Nm ) . ( z − z P1 ) ( z − z P 2 )...( z − z Pn ) Darin sind z Ni (i = 1, 2, …, m) Nullstellen und z Pj ( j = 1, 2, …, n) Polstellen der Übertragungsfunktion G0(z) in der z-Ebene. Die Stabilität wird wie im kontinuierlichen Fall untersucht. Ein mit MATLAB erzeugtes Beispiel ist im Bild 11.27 dargestellt. MATLAB-Skript B1 = 2; B0 = − 1; A2 = 1; A1 = −0.67−0.82; A0 = 0.67 * 0.82; num =[B1 −B0 ]; den=[A2, A1, A0] zgrid ('new'); rlocus(num, den) Bild 11.27 WOK eines Regelkreises G0 ( z ) = K b1 z − b0 mit P-Regler und P-T2( z − a1 )( z − a 2 ) Strecke mit K0 = 1,2; b1 = 1,67; b0 = 0,82; a1 = 0,67; a2 = 0,82. Mit dem Befehl k = locfind (num, den) wird Kkr = 0,57 als Schnittpunkt der WOK mit dem Einheitskreis abgelesen. 357 12 Intelligente Regelung Unter intelligenten Regelsystemen versteht man Systeme mit Elementen (z. B. Regler, Messfühler), die zwecks optimaler Prozessführung mit eigenen mathematischen oder logischen Algorithmen, d. h. mit eigenen CPU’s und Speichern, ausgestattet sind. Solche Elemente reagieren flexibel auf mögliche Fehler und Parameteränderungen. Nachfolgend werden die intelligenten Regelalgorithmen in zwei Gruppen eingeteilt: • modellbasierte Regelalgorithmen, die das mathematische Streckenmodell als Bestandteil des Reglers enthalten; • wissensbasierte Regelalgorithmen, die experimentell aus der Analogie mit biologischen Systemen oder menschlichem Verhalten gewonnen werden. 12.1 Modellbasierte Regelung Mit einem Mikroprozessor, einem PC oder einer SPS als Regler ist man nicht mehr an die klassischen PID-Algorithmen gebunden und kann die komplizierteren Regelalgorithmen entwickeln. In erster Linie versucht man das Modell der Regelstrecke in einem Regelalgorithmus zu berücksichtigen, um die Eigenschaften der Strecke noch vor dem Eintreten eines Störsignals bzw. vor der Bildung der Stellgröße zu berücksichtigen. Voraussetzung sind, dass ein exaktes Modell der Strecke vorliegt und dass die Antwortzeit des Reglers durch die Bearbeitung des Algorithmus nicht drastisch verzögert wird. Solche Verfahren, bei denen das Streckenmodell ein Bestandteil des Reglers ist, nennt man modellbasierte Verfahren. 12.1.1 Kompensationsregler Das Konzept der Kompensationsregelung ist sehr einfach, nämlich die Übertragungsfunktion der Strecke GS(s) soll durch die des Reglers GR(s) so kompensiert werden, dass daraus eine gewünschte Übertragungsfunktion GM(s) des geschlossenen Regelkreises entsteht. Der Kompensationsregler GR(s) besteht also aus zwei Teilen. Der erste Teil beinhaltet die reziproke Übertragungsfunktion 1/GS(s), mit dem die Übertragungsfunktion der Strecke GS(s) kompensiert wird. Der zweite Teil wird anhand der gewünschten Übertragungsfunktion GM(s) bestimmt: Gw (s) = G R ( s ) GS ( s ) = GM (s) 1 + G R ( s )GS ( s ) (12.1) Aus Gl. (12.1) folgt die Übertragungsfunktion des Reglers (Bild 12.1): GR ( s) = GM (s) 1 . ⋅ 1 − G M ( s ) GS ( s ) S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_12, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2014 (12.2) 358 12 Intelligente Regelung Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises hängt nicht mehr von der Strecke ab: G0 ( s ) = G R ( s )GS ( s ) = GM ( s) GM ( s) 1 . ⋅ ⋅ GS ( s ) = 1 − G M ( s ) GS ( s ) 1 − GM (s) Regler + w + – GM + Strecke x 1 GS GS (12.3) Bild 12.1 Wirkungsplan des Regelkreises mit Kompensationsregler Der Kompensationsregler nach (12.2) ist nur für Führungsverhalten und nur für stabile Strecken mit Ausgleich und ohne Totzeit anwendbar. Bei der Wahl der gewünschten Übertragungsfunktion GM(s) soll berücksichtigt werden, dass das Nennerpolynom der Gl. (12.3) keine Polstellen in der rechten s-Halbebene besitzen darf. Das Kompensationsprinzip hat folgender Nachteil: die Zeitkontanten der industriellen Regelstrecken führen bei der reziproken Übertragungsfunktion der Strecke zu mehreren differenzierenden Anteilen des Reglers. Die D-Anteile erschweren die Realisierung des modellbasierten Reglers und verschlechtern die Regelung. • Beispiel 12.1 Gegeben: a) Die Parameter der P-T2-Regelstrecke KPS = 5, T1 = 1,25 s, T2 = 0,2 s; b) Die gewünschte Übertragungsfunktion des Regelkreises mit Tw = 0,02 s GM ( s ) = 1 . (1 + sTw ) 2 Gesucht: die Übertragungsfunktion des Kompensationsreglers. Die Lösung erfolgt nach Gl. (12.2) GR ( s) = 1 (1 + sT1 )(1 + sT2 ) (1 + sT1 )(1 + sT2 ) ⋅ = 2 K PS 2 K PS ⋅ sTw (1 + 0,5 ⋅ sTw ) (1 + sTw ) − 1 GR ( s) = T1 (1 + sT1 )(1 + sT2 ) . ⋅ 2 K PSTw sT1 (1 + s ⋅ 0,5Tw ) bzw. Dies entspricht der Übertragungsfunktion eines PID-T1-Reglers GR ( s) = K PR (1 + sTn )(1 + sTv ) sTn (1 + sTR ) mit Kennwerten Tn = T1 = 1,25 s, TR = 0,5⋅Tw = 0,01 s Tv = T2 = 0,2 s, T1 K PR = = 6,25 . 2 K PSTw 12.1 Modellbasierte Regelung 359 12.1.2 Smith-Prädiktor Für eine industrielle Regelstrecke mit Totzeit ist das Kompensationsprinzip nicht anwendbar, weil die reziproke Übertragungsfunktion der Regelstrecke nach Gl. (12.2) mit der positiven Potenz vorkommt und unendlich viele Nullstellen besitzt. GS ( s ) = e − sTt 1 = e sTt GS ( s ) Um das Prinzip des Kompensationsreglers doch auch auf Strecken mit Totzeit zu erweitern, wird die Regelstrecke als ein Totzeitglied und eine Teilstrecke ohne Totzeit GS(s) dargestellt (Bild 12.2a). Die Übertragungsfunktion des Regelkreises ist: Gw (s) = G R ( s ) GS ( s) e − sTt . 1 + G R ( s ) GS ( s ) e − sTt (12.4) Durch die Verschiebung der Verzweigungsstelle der Rückführung (Bild 12.2b) wird die Wirkung des Totzeitgliedes aufgehoben, so dass der Entwurf des Kompensationsreglers nach Gl. (12.2) möglich wird. So ein Regler heißt nach den Namen des Entwicklers (Berkley-University, 1957) Smith-Prädiktor. Es wird dabei angenommen, dass der als KPr bezeichnete Reglerteil das Verhalten des Regelkreises „voraussehen“ kann. Dieser Reglerteil KPr wird wie ein Kompensationsregler mit Hilfe des gewünschten Verhaltens GM(s) nach dem vorherigen Abschnitt konfiguriert. Allerdings sollen die Übertragungsfunktionen des ursprünglichen Regelkreises (12.4) und des * umformten Regelkreises Gw* ( s ) gleich bleiben bzw. G w ( s ) = G w ( s ) , wobei: * Gw (s) = K Pr ( s) GS ( s) − sTt e 1 + K Pr ( s ) GS ( s ) (12.5) Daraus folgt die Übertragungsfunktion des Reglers: GR (s) = K Pr ( s) (12.6) 1 + K Pr ( s ) GS ( s ) (1 − e − sTt ) Die Ordnung des Nennerpolynoms in der Gl (12.6) ist größer als die des Zählers, was die Realisierung des Smith-Prädiktors für Strecken mit Totzeit ermöglicht. Der Wirkungsplan des Smith-Prädiktors nach Gl. (12.6) ist in Bild 12.3 dargestellt. Strecke Regler w GS GR – -sTt x w GS KPr e -sTt – a) Bild 12.2 e b) Regelkreis mit Totzeitglied (a) und die Umformung des Wirkungsplans (b) x 360 12 Intelligente Regelung Strecke Regler w + KPr – – GS • -sTt x + GS Bild 12.3 e -sTt – e Wirkungsplan eines Regelkreises mit Smith-Prädiktor für Strecken mit Totzeit Beispiel 12.2 Bild 12.4 zeigt eine P-T2-Regelstrecke mit der Totzeit und den Smith-Prädiktor. KPr(s) ist ein PI-Regler. Das Totzeitglied e Bild 12.4 − sTt entspricht dem Block Transport Delay mit Tt = 5 s. Smith-Prädiktor mit MATLAB/Simulink Der Führungssprung w0 = 1 wird zum Zeitpunkt t = 5 s vorgegeben. Die Sprungantwort (Bild 12.5) hat die Überschwingweite von 5% und die Ausregelzeit von Taus = 15 s, was für die Regelstrecke mit T1 = 2 s, T2 = 1 s, Tt = 5 s als optimal gilt. Bild 12.5 Sprungantwort des Regelkreises mit dem Smith-Prädiktor 12.1 Modellbasierte Regelung 361 X Aufgabe 12.1 Die in Bild 12.4 gegebene Regelstrecke bestehend aus einem P-T2-Glied KPS = 0,8, T1 = 2 s, T2 = 1 s, und einem Totzeitglied Tt = 5 s wird mit einem klassischen PI-Regler (kein SmithPrädiktor) geregelt. Es soll die Sprungantwort des Regelkreises ermittelt und mit der Sprungantwort des Bildes 12.5 verglichen werden. 12.1.3 PFC (Predictive Function Control) Die Idee der prädiktiven PFC-Regelung wurde in den 70er Jahren von Jacques Richalet für P-Strecken 1. Ordnung mit Verzögerung vorgeschlagen und in [103] weiter entwickelt. Die aktuelle Sprungantwort der Regelstrecke x(t) wird an die Sprungantwort eines vorher gegebenen dynamischen Modells xM(t) TM dxM (t ) + xM (t ) = K PM yˆ dt (12.7) angepasst. Dafür wird zuerst die Gl. (12.7) bei dem vorgegebenen Anfangspunkt xM(0) gelöst: xM (t ) = xM (0)e − t TM + K PM (1 − e − t TM ) yˆ Diese Lösung gilt für die gesamte Ausregelzeit Taus als gewünschte Sprungantwort; die in n Zeitabschnitten (Prädiktionshorizonte) der Länge Th aufgeteilt wird. Daraus wird die rekursive Formel zur Berechnung des Modellausgangs hergeleitet xM k + h = α ⋅ xM k + (1 − α ) ⋅ K PM ⋅ yk , wobei α = e x(t) xMk+h xMk T − h TM ist, wie im Bild 12.6 dargestellt ist. Der PFC-Regler berechnet die Stellgröße yk zum Beginn jedes Prädiktionshorizonts k so, dass die aktuelle Sprungantwort xkan die gewünschte Sprungantwort xref (Referenztrajektorie) angepasst wird: w xM x x ref = x k + h = (1 − λ )ek + x k , xk tk+h tk 0 (12.8) Tλ t Th wobei λ = e − TȜ Taus ist. Somit wird die Abweichung ek − eMk zwischen Regeldifferenzen minimiert: ek = w − xk Bild 12.6 Aktuelle Sprungantwort x und gewünschte Sprungantwort xM eMk = w − xMk 362 12 Intelligente Regelung In anderen Worten, zum Abschluss jedes vorherigen Prädiktionshorizonts soll die aus der Gl. (12.8) ausgerechnete Regelgröße xMk mit dem aktuellen Istwert xk verglichen werden. Daraus wird die neue Stellgröße yk für den nächsten Prädiktionshorizont berechnet. Der Vorteil dieses Verfahrens besteht also darin, dass die möglichen Abweichungen der Modellparameter TM und KPM von den reellen Parametern am Ende jedes Prädiktionshorizonts erkannt und durch eine geänderte Stellgröße ausgeglichen werden. Jedoch ist der Zusammenhang zwischen Zeitkonstanten TAus, Th, TM und Tλ undurchsichtig, so dass die Wahl des Parameters Tλ dem Entwickler überlassen wird. Davon hängt die Wahl des Parameters λ λ= T − Ȝ Th e ab und folglich die Stellgröße yk, die unten ohne Herleitung gegeben ist: yk = 1 K PM 1− λ xMk + 1 − α ( w − xk ) (12.9) Für die optimalen Verhältnisse wird es in der Literatur empfohlen: 1 1 TȜ = Th oder TȜ = Th 3 5 12.1.4 SPFC (Simplified Predictive Function Control) Nimmt man abweichend vom in [103] beschriebenen PFC-Verfahren den Grenzfall TȜ = Th , so wird λ =α und die Gl. (12.9) vereinfacht sich zum folgenden Algorithmus, der nachfolgend SPFC-Algorithmus (simplified PFC) genannt wird: yk = 1 [xMk + ( w − xk )] = 1 [w − ( xk − xMk )] K PM K PM (12.10) Zwar verliert der SPFC-Regler nach der Gl. (12.10) gegenüber dem PFC-Regler nach der Gl. (12.9) an Regelgüte, ist die Realisierung des SPFC-Regelalgorithmus einfacher, wie im Bild 12.7 gezeigt ist. Die Übertragungsfunktion des Regelkreises ist Gw (s) = G0 ( s ) x( s ) , = Gv ( s) ⋅ w( s ) 1 + G0 ( s ) wobei sind: G0 ( s) = GR ( s )GS ( s ) und Gv ( s ) = 1 + GM ( s ) (12.11) 12.1 Modellbasierte Regelung ek w + 363 KPS, T1 KPR xk yk − + KPM, TM xMk Bild 12.7 − Wirkungsplan der vereinfachten PFC-Regelung bei Tλ = Th Das im Bild 12.7 gezeigte SPFC-Verfahren stellt die Regelung im geschlossenen Regelkreis mit einem Vorfilter Gv(s) dar (Bild 12.8). Für ein gewünschtes Verhalten Gw(s) wird die Übertragungsfunktion Gv(s) des Vorfilters aus Gl. (12.11) bestimmt: Gv ( s) = G w (s) ⋅ 1 + G0 (s) G0 (s) KPM, TM KPS, T1 KPR y w + + x − Vorfilter Gv(s) Bild 12.8 Vereinfachtes PFC-Verfahren als Regelung mit einem Vorfilter Gv(s) y Beispiel 12.3 Ein SPFC-Regelkreis mit einem P-T1-Modell mit K PM = 1 und TM = 10 s ist im Bild 12.9 dargestellt. Zum Vergleich ist die Sprungantwort eines Regelkreises mit dem PI-Regler gezeigt. 1.4 1.5 mit PI-Regler (K PR 1.2 =0,55; T =35 s) n 90 s+1 W =1 Kps =1.5;Ts =90 s x(t) 1 mit SPFC-Regler 0.8 0.6 1/1.5 Gain Bild 12.9 1 10 s+1 KpM=1;TpM =10 s 0.4 0.2 0 0 100 200 300 Regelkreis und Sprungantwort nach dem vereinfachten PFC-Verfahren 400 364 12 Intelligente Regelung 12.1.5 ASA-Control (Regelung nach dem Antisystem-Approach) Nach dem Antisystem-Approach [142] wird anstelle des konventionellen Reglers eine dynamische Schaltung aus einer gewünschten Übertragungsfunktion des aufgeschnitten Regelkreises G0M(s) und der Übertragungsfunktion der Strecke GS(s) eingesetzt, woraus die Stellgröße y(s) für den Regelkreis berechnet wird. Die im Abschnitten 12.1.1 und 12.1.2 erwähnten Nachteile der Kompensationsregelung werden somit entfallen: die reziproken Übertragungsfunktionen der Regelstrecke sind nicht mehr nötig, die Regler hat keine D-Anteilen bzw. die Regelung ist realisierbar und störungsfrei. Aus diesem etwas kompliziert klingengen Konzept entsteht jedoch ein einfacher Regelkreis mit dem ASA-Regler GR(s), wie im Bild 12.10 gezeigt ist: GR ( s ) = 1 ⋅ GM0 ( s ) 1 + GS ( s ) Strecke ASA-Regler GR (s) w e + − + GM0 (s) GS (s) − x + + GS (s) Bild 12.10 Modellbasierter ASA-Regler ohne reziprocken Strecken bzw. ohne D-Anteilen y Beispiel 12.4 Das gewünschte Verhalten GM(s) des geschlossenen Regelkreises ist gegeben. Daraus werden die Übertragungsfunktionen G0M(s) und folglich GR(s) berechnet (Bild 12.11): GM ( s ) = G0M ( s) 1 = 1 + G0M ( s ) 1 + 2 s G0M ( s ) = 0. 5 s Der ASA-Regler regelt zwei Mal schneller als PID-Regler mit KPR = 200: Tn = 50 s; Tv = 10 s. Bild 12.11 Beispiel eines Regelkreises nach dem ASA-Konzept 12.1 Modellbasierte Regelung 365 12.1.6 AFIC (Adaptive Filter for Identification and Control) Eine unbekannte Regelstrecke wird zuerst mit einem Filter nach dem LMSAlgorithmus (Least Mean Squares) identifiziert und dann mit einem PID-Regler geregelt. Das Verfahren gilt für P-Strecken mit Verzögerung und mit der Totzeit. Wie im Bild 12.12 gezeigt ist, wird die Differenz zwischen der Sprungantwort der unbekannten Strecke x(t) und dem Ausgang des Filters xF(t) nach einem Eingangssprung von der Höhe ŷ gebildet und mit Hilfe der Filter-Faktoren K0, K1 und K2 minimiert. Die reelle Regelstrecke wird durch ein Filter mit diesen Faktoren abgebildet, wie im Bild 12.13 gezeigt ist. Bild 12.12 Identifizierung einer unbekannten Strecke (Unknown plant) mit dem LMSAlgorithmus. Hier sind die Faktoren: K0 = 1,31; K1 = 1.125; K3 = 0.5627. Bild 12.13 Filter mit Faktoren K0 = 1,5; K1 = 1,2; K2 = 1,8. und die Sprungantwort xF(t) nach dem Eingangssprung y = 1. Die Abtastzeit (Transport Delay) des Filters T = 2 s. 366 12 Intelligente Regelung Der adaptive Regler besteht aus einem PID-Algorithmus und einem Filter des Bildes 12.13 als Strecke, die einen Regelkreis bilden (Bild 12.14). Der PID-Regler wird anhand einer Simulation optimal eingestellt, wonach seine Kennwerte dem reellen PIDRegler, der an eine reelle Regelstrecke angekoppelt ist, übergeben werden. Bild 12.14 MATLAB/Simulink-Algorithmus eines adaptiven Reglers, bestehend aus dem PIDBlock (Simulink Library/Simulink Extras / Additional linear) und einem adaptiven Filter Der Funktionsbaustein PID hat die folgende Übertragungsfunktion: 1 GR ( s) = K PR + K I ⋅ + K D ⋅ s s (12.12) Der Filter wird folgendermaßen durch ein P-Tt-Glied GS ( s) = K PS − sTt e 1 + sT1 (12.13) angenähert, wobei seine Parameter KPS, T1 und Tt aus Filter-Parameter K0, K1 und K2 bestimmt werden, was im Bild 12.15 erläutert ist. Tt = T 2 (12.14) K1 T T ( K1 + K 2 ) bzw. T1 = = K1 + K 2 T1 K1 K PS = K 0 + K1 + K 2 yˆ Bild 12.15 Approximierung der Streckenparameter durch Filter-Faktoren (12.15) (12.16) 12.1 Modellbasierte Regelung 367 y Beispiel 12.5 Gesucht ist die optimale Einstellung des adaptiven PI-Reglers mit einer P-Tt-Strecke, die mit dem LMS-Algorithmus nach dem Bild 12.12 mit folgenden Filter-Faktoren identifiziert ist: K0 = 1,31 K1 = 1.125 K3 = 0.5627 Die Übertragungsfunktion der Regelstrecke nach Gl. (12.13) wird unter Annäherung K PS 1 1 wie folgt vereinfacht: GS ( s) = . Die Übertragungsfunktion ⋅ e − sTt ≈ 1 + sT1 1 + sTt 1 + sTt des aufgeschnitten Kreises nach der Kompensation Tn = T1 führt zu G 0 ( s ) = woraus der Regler nach dem Betragsoptimum eingestellt wird: K PR = K PR K PS , sTn (1 + sTt ) Tn . 2 ⋅ K PS ⋅ Tt Die Sprungantwort der reellen Strecke mit dem PI-Regler ist im Bild 12.16 gegeben. Die Einstellung des PI-Regler ist nach Filter-Faktoren, wie unten erklärt, berechnet. Unter Beachtung Gln. (12.14) bis (12.16) wird KPR durch die Filter-Faktoren ausgedrückt: K PR = K1 + K 2 yˆ K1( K 0 + K1 + K 2 ) Aus Gl. (12.12) ergeben sich KD = 0 und KI = K PR 1 yˆ = Tn K 0 + K1 + K 2 Bild 12.16 Sprungantwort des Regelkreises mit dem adaptiven PI-Regler. 12.1.7 Dead-Beat-Regler (Regler mit endlicher Einstellzeit) Das Konzept der Kompensationsregelung ist auch für die digitale Regelung vorstellbar. Ersetzt man die Übertragungsfunktionen der Gl. (12.2) durch die digitalisierten Abbildungen, so folgt y ( z) GM ( z) x ( z) 1 . GR ( z ) = R = ⋅ = M e( z ) 1 − G M ( z ) GS ( z ) GS ( z ) Mit xM(z) ist hierin die gewünschte Sprungantwort des Kreises bezeichnet. Ist diese vorgeschrieben und die Übertragungsfunktion GS(z) der Strecke vorhanden, kann die Übertragungsfunktion GR(z) des Reglers ermittelt werden. Man kann das gewünschte Zeitverhalten xM(t) anders als vorher formulieren, dass die Regelgröße in möglichst kurzer Zeit ihren durch die Führungsgröße w(t) vorgegebenen Wert annimmt. Dafür 368 12 Intelligente Regelung soll der Regler in der Lage sein, die Stellgröße auf einen möglichst großen Wert zu verstellen, d. h. von yRmax auf yRmin und umgekehrt, um die entsprechend schnelle Änderung der Regelgröße zu erreichen. Wegen der Anschläge des Stellgliedes beim Umschalten benutzte man dafür die Bezeichnung bang-bang-Regelung. Da dabei der Übergang der Regelgröße von einem zu dem anderen Sollwert ohne Überschwingen erfolgt, ist dieses Verfahren als Dead-Beat-Regelung (engl. aperiodisch) bekannt. Die regelungstechnische Aufgabenstellung unterscheidet sich von bisher behandelten und wird Regelung auf endliche Einstellzeit genannt. Es gibt mehrere Möglichkeiten, die genaue Lösung zu bestimmen. Eine davon besteht darin, dass die Stellgröße yR(t) und die Regeldifferenz e(t) = w(t) – xM(t) als z-Transformierte der Impulsfolgen dargestellt werden, die von der sprungförmigen (auch z-transformierten) Führungsgröße z w( z ) = w0 im Kreis verursacht sind. Für eine I-T1-Strecke mit z −1 GS ( s ) = K PS sTI (1 + sT1 ) führt dies beispielsweise zu e( z ) = w0 + d1 z −1 y R ( z ) = c0 + c1 z −1 , woraus der Regelalgorithmus mit Koeffizienten c0, c1 und d0 ermittelt wird: c z+ 1 c0 y ( z ) c0 GR ( z ) = R = ⋅ d e( z ) w0 z+ 1 w0 Für die gegebenen Kennwerte KPS = 0,5, T1 = 1 s, TI = 4 s, TA = 1 s ergibt sich GR(z) G R ( z ) = 12,656 z − 0,368 , z + 0,418 woraus die Stellgröße als Folge von zwei Impulsen berechnet wird: y R (0) = 12,656 ⋅ w0 y R (TA ) = −4,656 ⋅ w0 y R (kTA ) = 0 für k ≥ 2. Ein anderer Lösungsweg geht über die Theorie der zeitoptimalen Steuerung. Feldbaum (1972) hat nach dem Pontrjaginschen Maximumprinzip ein Satz formuliert, der den Verlauf der Stellgröße bei der Regelung auf endliche Einstellzeit als eine stückweise konstante Funktion definiert, die aus höchstens n Konstanzintervallen besteht, d. h. die Umschaltung der Stellgröße wird in höchstens n − 1 Punkten festgelegt, wobei n die Ordnung des Systems ist. Für n = 2 genügt also eine Umschaltung. 12.1 Modellbasierte Regelung • 369 Beispiel 12.6 −2 Der Ausgang eines Doppel-I-Gliedes (Bild 12.17) KIS1KIS2 = 4 s soll aus einem Anfangszustand x(0) = 0 in ein Endzustand x(TAus) = w0 = 2 innerhalb der vorgeschriebenen Zeit TAus = 0,8 s umgestellt werden. Bild 12.17 Bildung des Stellsignals eines Systems 2. Ordnung Nehmen wir an, dass die Stellreserve yRmin = − yRmax beträgt., d. h. nach dem Umschalten wird die Regelgröße symmetrisch verlaufen. Für n = 2 ist eine Umschaltung möglich. Den Umschaltpunkt legen wir in der Mitte des vorgeschriebenen Zeitintervalls fest (Bild 12.18). Bild 12.18 Verlauf der Stellgröße mit Stellreserve: yRmax = + 3,125 yRmin = − 3,125 Nun kann die Stellgröße ermittelt werden. Dafür brauchen wir die Sprungantwort: x(t ) = K IS2 K IS1 y (t ) dt = K IS2 K IS1 y (t ) t dt = K IS1 K IS2 ⋅ t2 ⋅ y (t ) . 2 Für den Umschaltpunk t = 0,5 TAus = 0,4 s folgt daraus 2 w T 1 T x Aus = K IS1K IS2 Aus y max = 0 2 2 2 2 y max = 3,125 . 370 12 Intelligente Regelung Die nach dem Bild 12.18 simulierte Sprungantwort ist in Bild 12.19 zu sehen. Die Konfigurierung des Stellsignals in MATLAB/Simulink erfolgt, wie im Bild 12.18 gezeigt, als Überlagerung von drei step-Funktionen mit folgenden Parametern: Parameter Step time Initial value Final value Sample time w01 0 0 3.125 0 w02 0.4 0 6.25 0 w03 0.8 0 3.125 0 Bild 12.19 Verlauf der Regelgröße bei der Regelung auf endliche Einstellzeit eines DoppelI-Gliedes mit TAus = 0,8 s und w0 = 2 Die Anwendung der rechnerisch ermittelten Algorithmen ist wegen der Stellgrößenbegrenzung und den Ungenauigkeiten des Streckenmodells in der Praxis erschwert. So wendet man sich an die quasioptimalen Verfahren, die auf angenäherten Streckenmodellen und vereinfachten Rechenalgorithmen basieren. Wie das Beispiel in Bild 12.20 zeigt, wird die Stellgröße auf den maximal möglichen Wert gesetzt und nach dem Erreichen des Sollwerts nach unten korrigiert. Bild 12.20 Quasioptimale Einstellung auf endliche Antwortzeit für eine P-T1-Strecke. Die Faustformel y − y R0 y RA = y R0 + Rmax 1 + xm gilt auch für die schwingungsfähigen Strecken. Hierin ist xm die zugelassene Regeldifferenz bzw. Überschwingweite. 12.2 Fuzzy-Regler 371 12.2 Fuzzy-Regler Die Fuzzy-Logik formuliert die eindeutigen Messgrößen, wie Temperatur und Druck, im Gegensatz zu numerischen Variablen nicht in Zahlen, sondern in umgangssprachlichen Begriffen, so genannten linguistischen Variablen, wie „groß“ oder „klein“, und verhilft komplexen Systemen zu einer übersichtlichen Darstellung ohne mathematischer Beschreibung. Die unscharfe Logik (engl. fuzzy bedeutet unbestimmt oder verwischt) wurde 1965 von Zadeh vorgeschlagen, von Kosko weiter entwickelt, von Mamdani und Sugeno an Fuzzy-Controller angepasst. Die regelungstechnischen Anwendungen findet man bei Frank, Kahlert, Kindl, Tilli. Die Fuzzy-Regler sind robust, d. h. sie behalten das stabile Verhalten, auch wenn die Parameter der Regelstrecke nicht konstant sind. Der Zeitaufwand und die Kosten für die Entwicklung von Fuzzy-Reglern sind niedriger als die von den „klassischen“ Reglern. So werden Fuzzy-Regler meist bei Strecken, von denen man ein robustes Verhalten erwartet, z. B. bei Kraftfahrzeugen, Haushalts- und Medizingeräten eingesetzt. 12.2.1 Funktionsweise und Aufbau eines Fuzzy-Reglers Die linguistischen Variablen werden mit Zugehörigkeitsfunktionen in Untermengen eingeteilt, die für eine Variable, z. B. Temperatur, „hoch“, „mittel“ oder „niedrig“ heißen könnten. Solche Einteilung wird als Fuzzifizierung bezeichnet. Danach werden die linguistischen Terme mit logischen Operatoren verknüpft und mit Regeln beschrieben. Daraus entsteht die so genannte Regelbasis, die die Variablen und die Regel verknüpft (Inferenz). Abschließend werden aus unscharfen Variablen die exakten Stellgrößen gebildet. Diese Operation nennt man Defuzzifizierung. Die Bausteine eines Fuzzy-Reglers nach Mamdani sind in Bild 12.21 gezeigt. Der aktuelle Wert eakt der Regeldifferenz wird am Eingang des Fuzzy-Reglers zunächst „verunschärft“. Der Regler wertet alle Regeln der Regelbasis für jeden linguistischen Wert der Regeldifferenz aus, d. h. bestimmt den Erfüllungsgrad jeder Regel. Mit Hilfe der logischen Operationen ermittelt danach der Regler die Fuzzy-Menge der Stellgrößen für jede Regel und bestimmt daraus einen resultierenden unscharfen Wert der Stellgröße. Abschließend ist aus der unscharfen Stellgröße ein scharfer Wert der Stellgröße yakt zu bilden, mit dem eine Stelleinrichtung angesteuert werden kann. If ... then w(t) μ e + Fuzzifizierung − Regelbasis e Inferenz μ x(t) y(t) y Defuzzi- Regel- fizierung strecke Bild 12.21 Wirkungsplan eines Regelkreises mit Fuzzy-Regler 372 12 Intelligente Regelung 12.2.2 Fuzzy-Mengen und Zugehörigkeitsfunktionen Eine „scharfe“ Menge A von Elementen Xi kann man durch eine Zugehörigkeitsfunktion μA(Xi), die nur zwei Werte 0 und 1 annimmt, charakterisieren. Diese Funktion wird auch als Wahrheitsgehalt einer Aussage bezeichnet, z. B. • Ist μA(Xi) =1, so ist die Aussage „Größe Xi gehört zu Menge A“ wahr. • Ist μA(Xi) = 0, so ist die Aussage „Größe Xi gehört zu Menge A“ falsch, d. h. die Größe Xi gehört nicht zu Menge A. Bei der Fuzzy-Logik sind im Gegensatz zur binären Logik fließende Übergänge zwischen Mengen möglich. Beispielsweise gibt der Zugehörigkeitsgrad μA(Xi) = 0,7 an, in welchen Maß die Größe Xi zu Menge A gehört. Ändert sich die Zugehörigkeitsfunktion zwischen 0 und 1, d. h. 0 < μA(Xi) < 1, so entsteht eine unscharfe Menge. Fuzzifizierung Unter Fuzzifizierung versteht man die Übersetzung der in Zahlenwerte angegebener Information in Wertigkeiten sprachlicher Aussagen. Dies erfolgt mit Zugehörigkeitsfunktionen, die für jede sprachliche Aussage definiert werden. Da die linguistischen Werte nicht so exakt wie Zahlenwerte sind, werden sie mit Fuzzy-Sets spezifiziert. Als Standardformen für die Fuzzy-Sets verwendet man Trapez, Dreieck, Gaußsche Funktion, Singletons usw. Ein Beispiel von Fuzzy-Sets der linguistischen Variable e μ Negativ Null Positiv (Regeldifferenz) ist in Bild 1,0 12.22 gezeigt. Für eakt = − 4 0,8 0,6 sind: 0,4 μ Negativ (− 4) = 0,8 0,2 μ Null (− 4) = 0,2 0,0 e/V -8 -6 -4 -2 0 2 4 6 8 μ Positiv(− 4) = 0. eakt Bild 12.22 Fuzzy-Sets der Eingangsgröße e μ 1,0 0,8 0,6 0,4 0,2 0,0 close open 2 4 6 8 Bild 12.23 Fuzzy-Sets der Ausgangsgröße y y / mm Man unterscheidet zwischen Fuzzy-Sets für Eingangs- und Ausgangsgrößen. Beispielsweise ist in Bild 12.23 die Fuzzifizierung der Ausgangsgröße y (Ventilhub) mit Singletons bei der Füllstandsregelung mit einem Ventil mit zwei Zuständen dargestellt. 12.2 Fuzzy-Regler 373 Verknüpfung von Fuzzy-Mengen Die Fuzzy-Mengen werden anhand von Zugehörigkeitsfunktionen dargestellt. Es ist jedoch üblich, die Fuzzy-Mengen durch die Zugehörigkeitsfunktionen zu ersetzen, um die Herleitung von Fuzzy-Logik zu vereinfachen. So werden im Folgenden diese beiden Begriffe gleichgesetzt. Die Fuzzy-Mengen lassen sich wie die klassischen „scharfen“ Mengen miteinander mit logischen Operationen verknüpfen: Eine Schnittmenge μ S zweier Fuzzy-Mengen μ1 und μ2 wird mit der logischen Verknüpfung UND gebildet und als t-Norm oder (μ1 UND μ2) bezeichnet. Da man eine Schnittmenge durch den Minimum-Operator bildet, wird der kleinste von den beiden Werten μ1 und μ2 gewählt, und als μ S = MIN (μ1, μ2) bezeichnet, wie in Bild 12.24 gezeigt ist. • μ μ1 1,0 μ μ2 1,0 0,8 0,6 0,4 0,2 0,0 0 5 10 eakt 15 20 0,8 0,6 0,4 0,2 0,0 e/V μS = MIN (μ1 , μ2 ) 0 5 10 eakt 15 20 e/V Bild 12.24 Die Zugehörigkeitsfunktionen μ1 und μ2 (links) und die t-Norm (rechts) Eine Vereinigungsmenge μV wird mit der logischen Verknüpfung ODER gebildet und als t-CoNorm bzw. als (μ1 ODER μ2) genannt. Da die Vereinigungsmenge durch den Maximum-Operator gebildet wird, gilt es μ S = MAX (μ1, μ2), d. h. es wird die größte von den beiden Funktionswerten μ1 und μ2 gewählt (Bild 12.25). • μ μ1 1,0 μ μ2 1,0 0,8 0,6 0,4 0,2 0,0 0 5 10 eakt 15 20 e/V 0,8 0,6 0,4 0,2 0,0 μS = MAX (μ1 , μ2 ) 0 5 10 eakt 15 20 e/V Bild 12.25 Die Zugehörigkeitsfunktionen μ1 und μ2 (links) und die t-CoNorm (rechts) • Das Komplement μK der Fuzzy-Menge μ wird mit dem logischen Operator NOT gebildet, d. h. μK = NOT (μ) = 1 − μ. 374 12 Intelligente Regelung 12.2.3 Regelbasis und Inferenz Regelbasis Die Fuzzy-Sets der Ein- und Ausgangsgrößen eines Fuzzy-Reglers sollen miteinander durch gewisse Regeln verbunden werden. Jede Regel besteht aus einem WENN-Teil (Prämisse bzw. Bedingung) und einem DANN-Teil (Konklusion bzw. Schlussfolgerung). Im Allgemeinen besteht die Prämisse aus zwei linguistischen Eingangswerten, dessen gemeinsamer Erfüllungsgrad mathematisch bestimmt wird. Die gebräuchlichsten Operatoren sind die UND-Verknüpfung und die ODER-Verknüpfung. Die Regelbasis ist die Gesamtheit aller Regeln. • Beispiel 12.7 Die Regelbasis einer Füllstandsregelung mit einer Eingangsgröße e = w – x (Regeldifferenz) und zwei Ausgangsgrößen (Ventil_füllen und Ventil_leeren) sieht wie folgt aus: REGEL: 1 2 3 WENN Regeldifferenz positiv negativ Null DANN Ventil_leeren open close close UND Ventil_füllen close open close Inferenz: Erfüllungsgrad jeder Regel Ziel der Inferenz ist die Auswertung der Regelbasis. Durch eine Zusammenfassung der Teilentscheidungen der einzelnen Regeln mit Operatoren wird eine Schlussfolgerung gezogen, die einer bestimmten Ausgangsvariablen zugewiesen wird. Regeln, deren DANN-Teil nicht Null ist, heißen aktive Regeln. Falls mehrere Regeln aktiv sind, muss man die Erfüllungsgrad G jeder Regel überprüfen. Der Erfüllungsgrad ist der kleinste der Zugehörigkeitsgrade der linguistischen Terme (MinimumOperator bzw. UND-Verknüpfung). Der Erfüllungsgrad der Konklusion kann maximal nur so groß werden, wie der einer Prämisse. Den Erfüllungsgrad einer Prämisse kann man z. B. mit den UND Operatoren berechnen. In der Regelbasis werden alle Regeln aufgestellt, die einen sinnvollen Zusammenhang von Eingangs- und Ausgangsvariablen darstellen. Die Gliederung der Regelbasis kann tabellarisch oder bei zwei linguistischen Eingangsvariablen auch in Matrixform erfolgen. Am Ausgang der Regelbasis erhält man eine Anzahl von Regeln, die bei einem gegebenen Eingangswert unterschiedlich erfüllt sein können. Die Zusammenfassung der verschiedenen Regeln und ihrer Ausgangsmenge zu einer unscharfen Vereinigungsmenge (ODER- Verknüpfung) nennt man Akkumulation. • Beispiel 12.8 Ein Fuzzy-Regler hat zwei Eingangsgrößen e1, e2 und eine Ausgangsgröße y. Die Fuzzy-Sets für Ein- und Ausgangsgrößen sind gegeben (Bild 12.26). Der Erfüllungsgrad jeder der nachfolgenden Regeln soll für e1akt = −4 und e2akt = −2 bestimmt werden. 12.2 Fuzzy-Regler • Regel 1: Regel 2: 375 WENN e1 Negativ WENN e1 Null • UND UND e2 Null, e2 Null, DANN y ist Klein. DANN y ist Mittel. WENN-Teil DANN-Teil Regel 1: μ1 Negativ 1,0 0,0 -8 -4 μ2 μ 1= 0,8 0 e1akt 4 1,0 8 e1 0,0 Null G = MIN (μ ,μ ) 1 1 2 = 0,6 μ2= 0,6 -8 -4 0 4 e2akt 8 e2 μy Klein Mittel Groß 1,0 0,0 0 2 4 6 8 y /V Regel 2: μ1 μ12 Null 1,0 μ2= 0,6 μ 2= 0,2 0,0 -8 -4 0 4 8 e1 e1akt 0,0 μy Null 1,0 -8 -4 G2= MIN (μ1,μ 2) = 0,2 0 4 e2akt 8 e2 Klein Mittel Groß 1,0 0,0 0 2 4 6 8 y /V Bild 12.26 Ermittlung von Erfüllungsgraden der Fuzzy-Regeln des Beispiels 12.7 Für die gegebenen aktuellen Werte der Eingangsgröße sind die Zugehörigkeitsfunktionen aus der ersten Regel: μ1 = 0,8 μ2 = 0,6. Daraus ergibt sich der Erfüllungsgrad der Regel 1: G1 = MIN (μ1, μ2) = MIN (0,8 0,6) = 0,6. Analog wird der Erfüllungsgrad der Regel 2 bestimmt: G2 = MIN (μ1, μ2) = MIN (0,2 0,6) = 0,2. 12.2.4 Defuzzifizierung Das Ergebnis der Fuzzy-Inferenz ist eine unscharfe Menge, wie der DANN-Teil in Bild 12.26 zeigt. Daraus soll nun wieder eine exakte (scharfe) Stellgröße gebildet werden. Für die Umwandlung können verschiedene Methoden angewendet werden, z. B. Maximum- oder Schwerpunktmethode. Nach der Schwerpunktmethode CoG (Center of Gravity) werden die Ausgangsterme gemeinsam als eine Fläche interpretiert und die Abszissen der Flächenschwerpunkte y1, y2, ... bestimmt. Da alle Regeln zugleich mit dem Erfüllungsgrad G1, G2, ... gelten sollen, wird die resultierende Fuzzy-Menge μres als ODER-Verknüpfung (MaximumOperator) der Ausgangstermen für jede Regel ermittelt. Der Flächenschwerpunkt yakt bildet einen festen Wert für die Stellgröße y: 376 12 Intelligente Regelung n Gi ⋅ y i y akt = i =1 . n (12.17) Gi i =1 Gl. (12.17) gibt allerdings den angenäherten Wert des Schwerpunktes an, was für die praktischen Anwendungen genügt. • Beispiel 12.9 μ a) Klein Mittel Groß 1,0 G1 = 0,6 G2 = 0,2 0,8 0,6 0,4 0,2 0,0 0 2 4 6 8 y/V μ res b) 1,0 μ res = MAX (μ Klein , μ Mittel ) 0,8 0,6 0,4 0,2 0,0 0 2 4 6 8 y/V yμ2 yμ1 Die Fuzzy-Inferenz nach dem DANN-Teil des Beispiels 12.8 ist in Bild 12.27a gezeigt. Die resultierende Menge μres wird nach dem Maximum-Operator gebildet und stellt sich somit die Einhüllende der Funktionen μ Klein und μ Mittel dar (Bild 12.27b). Die Erfüllungsgrade G1 und G2 werden vom Beispiel 12.8 übernommen: Die Schwerpunktabszissen von Termen Klein, Mittel, Groß werden aus dem Bild 12.26 bestimmt: y1 = y Klein = 2,5 V y2 = y Mittel = 5,0 V y3 = y Groß = 7,5 V. yakt Bild 12.27 Defuzzifizierung der Stellgröße y Der Flächenschwerpunkt wird nach Gl. (12.17) berechnet: y akt = G1 ⋅ y μ1 + G 2 ⋅ y μ 2 0,6 ⋅ 2,5V + 0,2 ⋅ 5V = = 3,125V . G1 + G 2 0,6 + 0,2 (12.18) Wiederholt man die Berechnung der Stellgröße yakt nach Gl. (12.18) für verschiedene Werte von Eingangsgröße yakt, so kann die statische Ausgang-/ Eingang-Kennlinie bestimmt werden. Im Anhang (siehe OnlinePlus-Bereich des Verlags) ist gezeigt, wie man einen Fuzzy-Regler mit der Fuzzy Logic Toolbox von MATLAB entwerfen kann. 12.3 Neuro-Regelung 377 12.3 Neuro-Regelung Der Begriff des künstlichen Neurons wurde erstmals von den Neurophysiologen W.S. McCulloch und dem 18-jährigen Mathematiker W. Pitts (1943) eingeführt. Das erste künstliche Neuron war nicht lernfähig und wurde als ein logisches Schwellenwertelement mit mehreren Eingängen und einem Ausgang, das nur zwei Zustände annehmen kann, aufgebaut. Grundlage des Lernverfahrens kam erst 1949 nach einer Hypothese des Psychologen Donald Hebb, die besagt, dass das Lernen im Gehirn durch Änderung der Synapsenstärken erfolgt. Das Aufkommen der Rechnertechnik hat die Möglichkeit eröffnet, die einzelnen Neuronen in ein künstlichen neuronalen Netz (KNN) zu verbinden und mit veränderlichen Parametern zu simulieren. Die Lernfähigkeit eines Netzes besteht darin, die eigenen Gewichtungen so einzustellen, dass der Fehler zwischen Ist- und Sollwert des Netzausgangs für eine bestimmte Klasse der Eingänge möglichst minimal wird. Der Einsatz von künstlichen neuronalen Netzen für die Automatisierungstechnik hat bereits seit Mitte der sechziger Jahre begonnen. In den achtziger Jahren nahm die Zahl der Anwendungen stark zu. Hieraus entstanden neue Identifikationsmethoden und neue Regelungskonzepte mit Emulator- und Actor-Netzen. Da fast alle der mehr als 20 bekannten Netzmodelle für spezielle Anwendungen wie Klassifikation, Bildverarbeitung, Muster- und Spracherkennung entwickelt worden sind, haben sich nur einige für die Automatisierungstechnik herauskristallisiert, wie Perceptronen und CMAC-Netze, Hopfield-Netze, Kosko’s BAM und Cooper’s RCE. Heute versteht man unter KNN adaptive Algorithmen, die in erster Linie für Identifikation, Klassifikation, Bild- und Sprachverarbeitung geeignet sind und als SoftwareProdukte, wie NeuroCheck, NeuroModel, NeuroSolutions, um nur einige zu nennen, angeboten werden. 12.3.1 Grundmodell eines künstlichen Neurons Das einfachste künstliche Neuron hat zwei Eingänge und einen Ausgang, der nur zwei Zustände, z. B. (−1, +1) oder (0, 1) annehmen kann (Bild 12.28). Der aktuelle Ausgang y des Neurons wird in zwei Schritten bestimmt. Im ersten Schritt wird der Aktivierungswert α mit den gegebenen Eingängen x1, x2 und Schwellenwert θ berechnet: α = W1 x1 + W2 x 2 − θ (12.19) Im zweiten Schritt wird der Ausgangswert y mit Hilfe einer Aktivierungs- bzw. Transferfunktion y = f (α) berechnet. Als f (α) kommen eine Reihe mathematischer Funktionen in Frage. Im vorliegenden Beispiel wird eine binäre Aktivierungsfunktion mit y = +1 für α > 0 und y = −1 für α < 0 betrachtet. Jeder Kombination von Eingangswerten entspricht ein bestimmtes Kriterium. Ein Kriterium kann z. B. sein, ob sich der Eingangspunkt oberhalb (Klasse A) oder unterhalb (Klasse B) einer Grenzgerade befindet, wobei der Sollwert des Neuronenausgangs für Eingangswerte aus der Klasse A d = +1 und für Klasse B d = −1 ist. 378 12 Intelligente Regelung x2 4 Schwellenwert (Bias) Gewichte W1 x1 θ α + W2 x2 + nz Gre Klasse B 2 0 Transferfunktion − Klasse A 2 y Aktivierung −1 x1 6 Sollwert f(α) +1 4 e α − Netz- + ausgang d E Fehler Bild 12.28 Struktur eines KNN mit binärem Ausgang Nehmen wir an, dass die zu erkennenden Klassen durch eine Gerade getrennt sind: x2 = a⋅x1 + b, z. B. mit a = 0,5 und b = 1. Für das Neuron wird die Grenze zwischen Musterklassen durch die Gleichung α = 0 abgebildet, d. h. α = W1x1+ W2x2 − θ = 0 bzw. W θ . x 2 = − 1 x1 + W2 W2 (12.20) Aus dem Koeffizientenvergleich mit der Gerade x2 = a⋅x1 + b folgt: θ W2 =b − W1 =a W2 Bei θ = 2 wird die Grenze korrekt mit den folgenden Gewichten abgebildet: θ 2 =2 b 1 W1 = − a ⋅ W2 = −0,5 ⋅ 2 = −1 W2 = = Die Musterklasse A ist damit durch die Aktivierung α > 0 und den Ausgang y = +1 gekennzeichnet. Für die Klasse B ergibt sich α < 0 und damit y = −1. Da dem KNN keine Gewichte vorgegeben werden, ist es die Aufgabe des Lernvorgangs, sie so lange zu verändern, bis die Grenzgerade korrekt abgebildet wird. Als Fehlermaß gilt dabei die Differenz E zwischen dem Ist-Ausgang y und dem SollAusgang d. Der Lernalgorithmus besteht in Änderung von Gewichten, z. B.: W1 (neu) = W1 + η⋅(d − y)⋅x1 W2 (neu) = W2 + η⋅(d − y)⋅x2. (12.21) (12.22) Die Iterationsschrittweite (Lernschrittweite) η bestimmt die Konvergenzgeschwindigkeit. Normalerweise gilt: 0 < η < 1. Meist wird das Fehlermaß jedoch nicht nach je- 12.3 Neuro-Regelung 379 dem Eingangspaar berechnet, sondern über alle Ein/-Ausgangs-Paare aufsummiert, um den Gesamtfehler E zu minimieren. • Beispiel 12.10 Gegeben ist ein trainiertes KNN mit der in Bild 12.28 gezeigten Struktur. Die Kennwerte sind: jω = x 2 sP1 6 sP5 4 sP3 2 −6 −4 −2 2 0 4 6 σ = x1 sP4 x1 = σ −2 x2 = jω. −4 sP2 W1 = 1 W2 = 0,5 θ = 1. Das KNN wurde trainiert, die Stabilität eines Kreises in der s-Ebene zu erkennen (Bild 12.29). Dafür sind die folgenden Eingänge dem KNN gesetzt: sP6 −6 Bild 12.29 Die Pol-/Nullstelen-Verteilung Die stabilen Zustände sind durch einen Parameter d = − 1 und die instabilen durch d = +1 gekennzeichnet. Es soll das KNN getestet werden. Zunächst überprüfen wir nacheinander die Eingänge nach dem Bild 12.29. Für die Polstelle sP1 ist die Aktivierung nach Gl. (12.19) α = x1 +0,5 ⋅ x 2 −θ = (−6) + 0,5 ⋅ 5 − 1 = −4,5 . Für α < 0 folgt aus der Transferfunktion y = −1. Da auch d = −1 gilt, ist die Erkennung korrekt. Auch für Polstelle sP3 gibt das KNN die korrekte Antwort: α = x1 +0,5 ⋅ x 2 −θ = (−3) + 0,5 ⋅ 3 − 1 = −2,5 < 0 y = −1 ⇐ d = −1 . y = −1 ⇐ d = +1 . Bei der Erkennung der Polstelle sP6 tritt jedoch der Fehler auf: α = x1 +0,5 ⋅ x 2 −θ = 3 + 0,5 ⋅ (−4,5) − 1 = −0,25 < 0 Statt alle Eingangswerte nacheinander zu prüfen, kann man die KNN-Gewichte in die Grenzgerade nach Gl. (12.20) umwandeln und in das Diagramm des Bildes 12.29 eintragen: W 1 1 θ bzw. x 2 = −2 x1 + 2 . x 2 = ax1 + b = − 1 x1 + =− x1 + W2 W2 0,5 0,5 Daraus erkennt man sofort, dass das KNN die Grenze falsch gelegt hat und soll weiter trainiert werden. In nächsten Abschnitten wird gezeigt, wie eine komplexe Grenze abgebildet wird. 12.3.2 Mehrschicht-KNN und Backpropagation Die Einteilung der Eingangsvektoren kann von einzelnen Neuronen dann durchgeführt werden, wenn die Grenze zwischen den beiden Klassen eine Gerade ist, wie es bei den logischen Verknüpfungen UND und ODER der Fall ist. Sind für die Klas- 380 12 Intelligente Regelung senbeschreibung mehrere Geraden bzw. mehrere logische Funktionen nötig wie z. B. bei der logischen XOR-Verknüpfung, wird für jede Grenzgerade ein Neuron eingesetzt. Damit entstehen die Mehrschicht-Netze, die aus Ein-, Ausgangs- und verdeckten Neuronen bestehen (Bild 12.30). Der Lernvorgang läuft nach Gln. (12.21), (12.22) ab, d. h. zuerst werden die Ausgänge einzelner Schichten nacheinander, von Ein- bis zur Ausgangsschicht, berechnet. Dann werden die Ausgangswerte y1, y2, ... , ym und die Sollwerte d1, d2, ... , dm miteinander verglichen. x1 x1´ x1´´ x2 y1 x3 ym x4 xn´´ xn´ xn Ausgangsschicht 2. verdeckte Schicht 1. verdeckte Schicht Eingangsschicht Bild 12.30 Mehrschicht-KNN mit 2 verdeckten Schichten Entsteht dabei ein Fehler Ej = dj – yj bzw. der Gesamtfehler E = E12 + E 22 + ... , werden die Gewichte schrittweise korrigiert. Das Verfahren heißt Backpropagation, da der Fehler rückwärts übertragen wird. X Aufgabe 12.2 Ein Mehrschicht-KNN mit binären Eingängen x1 und x2 ist im Bild 12.31 gezeigt. Das Ausgangsneuron y hat binäre Transferfunktion. Der Ausgang des verdeckten Neurons V wird mit einer Sigmoid-Transferfunktion v = 1 1 + e −α ermittelt und gibt die Werte 0 < v <1 aus. Wel- che logische Funktion simuliert das KNN? θv = 2,2 x1 − 6,4 + + x2 − 6,4 αv + θy = 6,3 − 4,2 1 v + + − 9,4 0 + + − 4,2 • αy 1 y 0 Bild 12.31 Trainiertes KNN mit einem verdeckten Neuron Beispiel 12.11 Gegeben ist das in Bild 12.32 gezeigte Zweischicht-Netz mit Gewichten W1 = −5; W2 = 1,5; Schwellenwerten θ1 = − 0,25; θ2 = 1,12 und mit exponentiellen Sigmoid-Transferfunktionen v = f (α ) = 1 1+ e −α und y = f (β ) = Jede Schicht besteht aus nur einem Neuron 1 1 + e −β . 12.3 Neuro-Regelung 381 Die Ein-/Ausgänge des ersten Neurons sind x und v, die Ein- / Ausgänge des zweiten Neurons sind v und y. Das KNN θ1 wird mit einer einfachen θ2 Datei, die nur zwei Sätze β − − α v y x W1 W2 enthält, trainiert: f(α) f(β) + + 1) für x = 0 ist d = 0,5 2) für x = 1 ist d = 0,3. Bild 12.32 KNN mit zwei Schichten zu Beispiel 12.11 Zuerst wird die Aktivierung und der Ausgang des verdeckten Neurons für x = 0 berechnet: α = W1⋅x + θ 1 = −5⋅0 −(− 0,25) = 0,25 v= 1 1+ e −α = 1 1 + e −0, 25 = 0,5622 , dann die Aktivierung des zweiten Neurons und der Netzausgang: β = W2⋅v + θ 2 = 1,5⋅0,5622 −1,12 = − 0,2767 y= 1 1+ e −β = 1 1+ e 0, 2767 = 0,4313 . Da für den 1. Satz d = 0,5 gilt, entsteht ein Fehler am Netzausgang: E1 = d – y = 0,5 – 0,4313 = 0,0687. Für den 2. Satz x = 1 wird die Berechnung wiederholt. In diesem Fall ergebt sich: v = 0,0086 y = 0,2484 E2 = d – y = 0,3 – 0,2484 = 0,0516. Mit der Berechnung der quadratische Gesamtfehler E = E12 + E22 = 0,0074 beginnt die Fehlerkorrektur bzw. Backpropagation. Der Fehler E wird für das verdeckte Neuron umgerechnet, z. B. Ev = E / W2= 0,0074 / 1,5 = 0,0049 und zwischen den beiden Schichten verteilt. Die Gewichte werden z. B. wie folgt korrigiert: ΔW2 = η⋅E⋅(E1⋅v1+ E2⋅v2) = η⋅0,0074⋅(0,0687⋅0,5622 + 0,0516⋅0,0086) ΔW1 = η⋅Ev⋅(E1⋅x1+ E2⋅x2) = η⋅0,0049⋅(0,0687⋅0 + 0,0516⋅1) Beträgt z. B. die Lernschrittweite η = 500, so ergeben sich die folgenden Gewichte nach dem ersten Lernschritt: W2(neu) = W2 + ΔW2 = 1,5 + 0.1444 = 1,6444 W1(neu) = W1 + ΔW1 = −5 + 0,1271 = −4,8729 Die Lernschritte werden solange wiederholt, bis der Fehler E seinen minimalen Wert erreicht: 2. Schritt: E = 0,0050 3. Schritt: E = 0,0041 4. Schritt E = 0,0036 5. Schritt: E = 0,0033 usw., Im vorliegenden Beispiel konvergieren die Gewichte zu W1= − 2 und W2 = 2. 382 12 Intelligente Regelung • Beispiel 12.12 Ein Einzelschicht-KNN mit zwei Eingängen und einem binären Ausgang (0, 1) soll für die Erkennung der logischen Funktion ODER mit Neural Network Toolbox trainiert werden. Die Struktur das aus MATLAB/Simulink-Elementen aufgebauten KNN ist in Bild 12.33 dargestellt. Bild 12.33 Struktur des KNN mit MATLAB/Simulink (Neural Network Toolbox) Die Anfangswerte von Eingängen sind: x1 = 1 und x2 = 0. Nach 5 s wird x2 sprungförmig von 0 auf 1 geändert. Die Eingabe erfolgt mit Anweisungen im MATLAB-Command-Fenster: » W [ 2,−2]; % Eingabe von Gewichten » b = −0.25 % Eingabe des Schwellenwertes » P = [ 0, 0, 1, 1; 0, 1, 0, 1]; % Eingabe von Eingangsmustern » T = [ 0, 1, 1, 1]; % Sollwerte nach ODER-Funktion » plot (y) % Simulation/Start » plotpv (P, T); » plotpc (W, b). Die mit den letzten zwei Befehlen geöffneten Grafik-Fenster zeigen die Netzzustände: • bei x1 = 1 und x2 = 0 wird y = 1; • bei x1 = 1 und x2 = 1 wird y = 0. Aus dem Vergleich mit dem Bild 12.34a erkennt man, dass das KNN die Grenze falsch gelegt hat und der Lernvorgang gestartet werden soll. Dies erfolgt mit Anweisung » [ W, b, epochs, errors] = trainp (W, b, P, T, −1); % Lernen mit Lerndatei (P, T). Nach 5 Epochen findet das Netz die korrekte Lage der Grenze (Bild 12.34b). Der Verlauf des Fehlers wird mit der folgenden Anweisung ausgegeben: » plotter (errors) a) b) Bild 12.34 Lernvorgang: a) Beginn mit W =[ 2, −2], b = −0,25; b) Ende nach 5 Schritten 12.3 Neuro-Regelung 383 12.3.3 Regelkreisstrukturen mit KNN Mit KNN als Regler sind neue Regelkreisstrukturen vorstellbar: • mit einem Netz als Regler • mit zwei Netzen: als Regler und als Beobachter • mit einem Regler und einem Netz als Beobachter Die KNN-Eingänge sind die Zustandsgrößen des Regelkreises, die Ausgänge sind je nach KNN-Funktion entweder Stellgrößen oder Kennwerte des Reglers. Für den Lernalgorithmus wird im Regelkreis eine zusätzliche „Lern-Rückführung“ eingebaut, die jedoch zeitlich von der „normalen“ Kreis-Rückführung getrennt wirkt. Ein-Netz-Verfahren Bei der neuronalen Zustandsregelung (Bild 12.35) erhält das KNN an seinem Eingang die Regeldifferenz e(t) und ihre Ableitungen, sowie die Vektoren der Stell- und Regelgrößen y(t) und x(t). w y + -e Regelstrecke A-Netz wij gewünschter Ausgang x - + d Bild 12.35 Zustandsregelung (Ein-Netz-Verfahren) Δ Regelkreis überwachtes Lernen Da der Ausgang des KNN unmittelbar die Stellgröße y(t) ist, wird das Netz in diesem Fall als Aktionsnetz, kurz A-Netz, bezeichnet. Analog dem Kompensationsregler, wird das A-Netz trainiert, eine inverse Übertragungsfunktion der Regelstrecke 1/GS(s) nachzubilden, d. h. die eigenen Gewichte Wji so einzustellen, dass die Differenz zwischen dem Ausgang d (Sollwert) der reziproken Übertragungsfunktion und dem aktuellen Netzausgang y minimal wird. • Beispiel 12.13 Die Regelgröße x(t) ist der Drehwinkel der Rotorachse eines Servomotors (Bild 12.36). Die Regelung erfolgt ohne Überschwingung. w + e - Fuzzifizierung Regelkreis FAM-Netz Defuzzifizierung überwachtes Lernen y 1, T 1 KI + xsoll - x Bild 12.36 Positionsregelung mit Ein-NetzStruktur (NeuroZustandsregelung) 384 12 Intelligente Regelung Zwei-Netze-Verfahren w+ y -e x Regelstrecke A-Netz wij E-Netz + Δ Regelkreis unüberwachtes Lernen Bild 12.37 Neuronale prädiktive Regelung (ZweiNetze-Struktur) • Beispiel 12.14 ϕ y 0 x L Das in Bild 12.37 gezeigte Verfahren ist mit zwei Netzen realisiert. Zunächst wird das Emulatornetz, kurz E-Netz, mit den Ein- und Ausgängen der Regelstrecke trainiert. Danach wird das A-Netz trainiert, wie in obigem Fall der neuronalen Zustandsregelung, jedoch wird hier über das E-Netz gelernt. Im Vergleich zur klassischen Regelung übernimmt das E-Netz die Rolle eines Beobachters und das A-Netz die eines Reglers. Die Strecke ist ein Wagen mit dem Pendel, der im stabilisierten Zustand in der Mitte der Laufbahn gehalten werden soll (Bild 12.38). Die Zustandsgrößen sind: - der Winkel des Pendels ϕ (t) - die Lage des Wagens x(t) - die Ableitung dϕ (t)/ dt - die Ableitungen dx(t)/dt. Bild 12.38 Regelstrecke: das inverse Pendel Lernen E-Netz d S Stellgröße Pendel FUZZIFIZIERUNG Lernen A-Netz Zustandsgröße Bild 12.39 Stabilisierung des Pendels mit Zwei-Netze-Struktur Die Stellgröße y(t) ist die Kraft, die schlagartig auf den Wagen wirkt (z. B. y = ±10 N). Bei der neuronalen prädiktiven Regelung (Bild 12.39) wird keine Untersuchung der Systemdynamik durchgeführt, sondern experimentell die Lerndaten gewonnen. Die Gewichtsänderung findet in einem Bereich von 162 binären Eingangssignalen (6 Bereiche für die Zustandsgröße ϕ (t) und 3 Bereiche für anderen Zustandsvariablen) statt. Erhöht man die Anzahl von Eingängen, so wird die Trainingszeit verlängert. Ansonsten geht die Qualität der Regelung verloren. Die gewünschten Ausgänge für das E-Netz sind in Bild 12.39 mit S bezeichnet. Sie werden aus Versuchen mit dem Regelkreis gewonnen. Der Ausgang des E-Netzes d wird zum Lernen des A-Netzes als gewünschter Ausgang (Sollwert) verwendet. Für eine Stellgröße, die zum stabilen Zustand führt, wird d = 0, ansonsten wird d = −1 gesetzt. 12.3 Neuro-Regelung 385 Regler-Netz-Verfahren w+ e - Regler y x Regelstrecke KPR , Tv E-Netz + Δ Regelkreis unüberwachtes Lernen Eine Regler-Netz-Struktur ist im Bild 12.40 gezeigt. Die Gewichte Wji sind die Kennwerte des Reglers KPR, Tn oder Tv, die für verschiedene Arbeitspunkte des Regelkreises durch das KNN optimal eingestellt werden. Eine weitere Modifikation dieses Verfahrens besteht darin, dass der Regler durch ein A-Netz ersetzt wird. Bild 12.40 Regler-Netz-Struktur Duale bzw. hybride Regelkreise So nennt man Regelkreise, die aus konventionellen regelungstechnischen Gliedern mit konstanten Parametern, so genannten LZI-Gliedern (lineare zeitinvariante Glieder, siehe z. B. Abschnitt 11.1) und aus wissensbasierten KNN-Elementen, die sich mit keinen mathematischen Verfahren beschreiben lassen, gebildet werden [147]. Es gibt folgende Verfahren zur Behandlung von dualen Regelkreisen: a) Kooperative Behandlung, wenn KNN offline betrieben wird, d. h. zuerst Lernen, dann Regeln, wie es in obigen Strukturen mit KNN der Fall ist. b) Hybride Behandlung, wenn KNN online als Regler gilt. Dies kann, wie das nachfolgende Beispiel zeigt, nur unter bestimmten Vereinfachungen erfolgen. • Beispiel 12.15 Eine I-T2-Strecke soll mit einem P-Regler möglichst schnell und ohne Überschwingung geregelt werden. Die Parameter sind gegeben: KPS = 1,6 , T1 = 0,1 s, T2 = 0,5 s, KIS = 0,2 s−1. Den Entwurf des Regelkreises beginnen wir mit konventionellen Methoden und ermitteln zuerst den Proportionalbeiwert KPR des P-Reglers nach dem Betragsoptimum. Aus der Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises: G0 ( s ) = K PR K PS K IS s (1 + sT1 )(1 + sT2 ) mit der Ersatzzeitkonstante TE = T1 + T2 = 0,6 s ergibt sich die optimale Reglereinstellung: G0 ( s ) = K PR K PS K IS s (1 + sTE ) K PR = 1 1 = = 2,6 2 K PS K ISTE 2 ⋅ 1,6 ⋅ 0,2 s −1 ⋅ 0,6 s Dann ergänzen wir den Regelkreis mit Neuro-Fuzzy-Elementen, wie in Bild 12.41 gezeigt ist. Die Fuzzifizierung erfolgt mit Hilfe von drei Parallelzweigen. Die Inferenz ist durch die KNN- 386 12 Intelligente Regelung Algorithmen mit der anschließenden Addition ersetzt worden. In jedem Zweig sind P-Glieder vorhanden, die aus den oben berechneten optimalen Wert KPR = K = 2,6 ermittelt werden, z. B. für den mittleren Zweig 0,5K = 1,3. Bild 12.41 Wirkungsplan des Regelkreises mit Neuro-Fuzzy-Regler in MATLAB/Simulink Mit Fuzzy- und Neuro-Elementen kann die Kennlinie des Reglers an die Strecke besser angepasst werden. Zu diesem Zweck ist im mittleren Zweig das lineare Neuron Pure linear mit kleinerer Steigung der Kennlinie als die bei den beiden Tan sigmoid Neuronen eingestellt. Die Saturation-Neuronen mit Gewichten W_sn = −W_pn bilden die benötigten Sättigungsabschnitte des Fuzzy-Sets. Die Gewichte W und Bias (Schwellenwert) b und − b richten sich nach dem optimalen KPR-Wert: W = 3 KPR und b = 0,5 KPR. Bild 12.42 Sprungantworten zum Bild 12.38 Bild 12.42 zeigt die Sprungantworten von Kreisen mit und ohne KNN auf einen Führungssprung von w0 = 0,5. Der KNN-Regler reagiert fast doppelt so schnell wie der P-Regler und hat dabei keine Überschwingung. Allerdings ist die Sprungantwort des KNN-Reglers von der Höhe des Eingangssprungs abhängig, da es sich um einen streng nichtlinearen Regler handelt. 387 13 Zustandsregelung 13.1 Zustandsebene Für die Zustandregelung ist bei Master-Studiengängen mit dem Schwerpunkt Automatisierungstechnik üblicherweise eine semesterlange Lehrveranstaltung vorgesehen. Dieses Thema in einem Abschnitt zu beschreiben ist unrealistisch, so dass nachfolgend nur deren Grundlagen kurz erläutert werden, um die praktische Anwendungen oder den Einstieg in die weiterführende Literatur, z. B. [23], [24], [31], [83], [114] und [148], zu erleichtern. Die Methoden der Zustandsregelung sind besonders effektiv für nichtlineare Strecken und Mehrgrößenstrecken. Wir beginnen jedoch die Einführung in die Zustandsregelung von einem linearen Beispiel, um zu zeigen, dass die Zustandsregelung auch ohne spezielle Kenntnisse für einfache Regelstrecken erfolgen kann. y Beispiel 13.1 Gegeben ist eine Strecke (Bild 13.1), die aus zwei I-Gliedern mit KIS1 = KIS2 = 1 s-1 besteht. Die Strecke hat messbare Zustandsvariablen x und x1. KIS1 u k + − + x1 KIS2 x k1 + k2 Bild 13.1 Regelung eines Doppel-I-Gliedes mit Zustandsrückführungen Nach einem Einheitssprung der Stellgröße u(t) soll die Regelgröße von x(0) = 0 zu einem gegebenen Endwert, z. B. x(∞) = 1 gebracht werden, und zwar so, dass sich der Dämpfungsgrad zwischen ϑ = 0,3 und ϑ = 0,4 befindet. Die dafür benötigten Polstellen p1 und p2 des geschlossenen Kreises sind unten gegeben: p1,2 = −1 ± 2 j Die Aufgabe besteht in einer geeigneten Wahl der Proportionalbeiwerten k1 und k2. Solche Verfahren, bei denen die Pole an gewünschte Stellen platziert werden, nennt man Polzuweisung oder Pole Placing. Bestimmen wir zuerst die Übertragungsfunktion des ersten, inneren Kreises 1 1 1 1 1 / k1 s , wobei Tw = ist. Gw1 ( s ) = = = = 1 k s + k 1 + sT 1 1 1 w 1 + ⋅ k1 k1 1 + s s k1 S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_13, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2014 388 13 Zustandsregelung Dann wird die Übertragungsfunktion des zweiten, äußeren Kreises bestimmt: 1 1 1 ⋅ ( 1 k s + sTw ) 1 1 s Gw ( s ) = = = 2 1 1 1 1 + Gw1 ( s ) ⋅ ⋅ k1 1 + ⋅ ⋅ k1 s + k1s + k 2 s k1 s(1 + sTw ) Gw1 ( s ) ⋅ Laut Aufgabenstellung ist die gewünschte Übertragungsfunktion GM(s) mit den gegebenen Polstellen wie folgt gegeben: GM ( s ) = 1 1 1 = 2 = 2 ( s − p1 )(s − p2 ) s − s( p1 + p2 ) + p1 p2 s + 2s + 5 Aus der Bedingung Gw ( s ) = GM (s ) folgt die Lösung: s 2 + k1s + k 2 = s 2 + 2s + 52 k1 = 2 k 2 = 5 Um den Beharrungswert x(∞) nach dem Einheitssprung u0 = 1 x (∞) = lim k ⋅ Gw ( s ) ⋅ u0 = lim s →0 s →0 k 2 s + 2s + 5 ⋅ u0 = k 5 an den gegebenen Wert x(∞) = 1 anzupassen, wird k = 5 eingestellt. 13.1.1 Zustandsebene eines linearen Systems Die vorherige Aufgabe wurde nicht wie gewöhnlich formuliert und gelöst. Die Stellgröße wurde nicht wie üblich mit y, sondern mit u bezeichnet. Anstelle eines Reglers wurden zwei Rückführungen k1 und k2 eingesetzt. Es fehlt die Führungsgröße, sie ist in der Aufgabenstellung als die Bedingung x(∞) = 1 enthalten. Zwar wurde die Aufgabe mit gewöhnlichen Methoden gelöst, ist die Lösung nur für einfache Strecken mit zwei-drei Zustandsvariablen möglich. Um das Verfahren zu verallgemeinern, soll der Wirkungsplan der Strecke anders als bisher dargestellt werden. Man sagt, die Strecke soll im Zustandsraum beschrieben werden. Betrachten wir als Beispiel eine lineare Differentialgleichung 2. Ordnung: d 2 x(t ) dt 2 + a1 dx(t ) + a0 x(t ) = k ⋅ u (t ) bzw. x + a1x + a0 x = k ⋅ u dt Für die freie, ungezwungene Bewegung des Systems bei u = 0 gilt: x + a1x + a0 x = 0 Fügen wir neue Variablen ein, nämlich: x1 = x x2 = x (13.1) 13.1 Zustandsebene 389 Unter Beachtung x = x1 und x = x2 sowie x = x2 , wird die letzte Differentialgleichung der freien Bewegung des Systems umgeschrieben: x2 + a1 x2 + a0 x1 = 0 x1 = x2 x2 = −a1 x2 − a0 x1 x1 = x2 bzw. Der Vorteil dieser Darstellung besteht einerseits darin, dass die DGL 2. Ordnung durch die DGL 1. Ordnung ersetzt wurde; andererseits folgen daraus die Gleichungen x2 = f (x1) von Trajektorien in der Zustandsebene. Um die Trajektorien zu bilden, dividieren wir die obere Differentialgleichung durch die untere dx2 dt = − a1x2 − a0 x1 dx 1 = x2 dt • x2 = x dx2 dt = − a1x2 − a0 x1 dx1 x2 x2 dt und eliminieren wir daraus die Zeit: t=0 dx2 x = −a1 − a0 1 dx1 x2 0 x1 = x Bild 13.2 Zustandsebene (13.2) Aus der letzten DGL kann man unter bestimmten Bedingungen die Trajektorien (Isoklinen) bestimmen, wobei jedem Zeitpunkt t ein Punkt der Zustandebene (x1, x2) entspricht (Bild 13.2). Die Zusammensetzung von allen Punkten, von t = 0 bis zum Endwert bei t = ∞, stellt grafisch die freie Bewegung des Systems dar. Erreicht die Zustandskurve bei t = ∞ den Wert x2 = 0 (Bild 13.3), wird das geschlosx sene System stabil. In der Gl. (13.2) handelt es sich dabei um eine Singularität 1 . 0 • x2 = x x2 = x Ruhezustand im Koordunatenanfang 0 Ruhelage auf der x - Achse 0 x1 = x x1 = x Bild 13.3 Beharrungszustände von stabilen Systemen: links (x1=0); rechts (−a0=0) 390 13 Zustandsregelung Es gilt dabei x1 = 0 bzw. x1 = const, wie es aus der Gleichung x1 = x2 folgt. Gleichzeitig ergibt sich aus der Gleichung x2 = −a1 x2 − a0 x1 die folgende Bedingung für Ruhelage: x2 = −0 − a0 x1 = 0 − a0 x1 = 0 13.1.2 Stabilitätsuntersuchung in der Zustandsebene Betrachten wir die Gleichung der Zustandskurve dx2 x = −a1 − a0 1 dx1 x2 und nehmen wir an, dass x2 und x1 miteinander linear verbunden sind: x2 = K ⋅ x1 Dies entspricht einer Geraden mit der Steigung dx2 =K. dx1 Die Zustandsgleichung wird damit zu einer quadratischen Gleichung umgewandelt und gelöst: dx2 x = K = −a1 − a0 1 dx1 x2 K 2 + a1K + a0 = 0 K 2 = −a1K − a0 a12 − 4a0 a K1, 2 = − 1 ± 2 4 Abhängig vom Vorzeichen des Terms a12 − 4a0 entstehen unterschiedliche Zustandskurven. Die typischen Zustandskurven und die Sprungantworten sind in der Tabelle 13.1 gezeigt. In der Tabelle 13.2 sind gesondert die Trajektorien einer DGL 2. Ordnung bei a1 = 0 oder a0 = 0 zusammengefasst: x + a1x = k ⋅ u Insgesamt sind folgende drei Fälle möglich: • Fall 1: a12 < 4a0 imaginäre Polstellen • Fall 2: a12 > 4a0 komplexe Polstellen (die weiteren Optionen sind in der Tabelle 13.3 zusammengefasst) • Fal 3 a12 = 4a0 reelle Polstellen 13.1 Zustandsebene 391 Verlauf der Zustandskurven bei Bedingungen a12 > 4a0 Tabelle 13.1 I II a1 > 0 a0 > 0 a1 < 0 III a0 > 0 x2 a1 > 0 a0 = 0 x2 x1 0 x1 Knotenpunkt instabil x1 a0 < 0 x2 0 0 Knotenpunkt stabil a1 > 0 x2 x1 0 IV x1 Wirbelpunkt Sattelpunkt x1 t x1 x1 t t t Zustandskurven bei a0 = 0 oder a1 = 0 Tabelle 13.2 a0 = 0 a1 = 0 dx2 = −a1 dx1 x2 = −a1x + C x2 dx2 = −a0 x1dx1 x22 x2 + 1 =1 a0C C I II III IV a1 > 0 a1 < 0 a0 > 0 a0 < 0 x2 x2 x1 x1 stabil instabil x2 x2 0 x1 Wirbelpunkt 0 x1 Asymptotisch instabil 392 13 Zustandsregelung Knotenpunkte bei der Bedingung a12 > 4a0 Tabelle 13.3 I II III IV a1 > 0 a0 > 0 a1 < 0 a0 > 0 a1 > 0 a0 < 0 K1 < 0 K2 < 0 K1 > 0 K2 > 0 K1 > 0 K2 < 0 x2 a0 < 0 K1 = − K2 x2 x2 x1 a1 = 0 V a1 < 0 a0 < 0 K1 < 0 K2 > 0 x2 x2 x1 0 x1 0 stabil x1 0 instabil instabil 0 x1 instabil 0 instabil y Beispiel 13.2 Betrachten wir das in Bild 13.4 dargestellte System zunächst unter der Annahme, dass sämtliche Glieder linear sind, so erhält man folgende Differentialgleichung mxa (t ) + bx a (t ) + cx a (t ) = Ax e (t ) . xe (13.3) Hat die Feder keine lineare, sondern z. B. eine quadratische Charakteristik A F f = c ⋅ x a2 , m so nimmt die Differentialgleichung folgende Form an xa C b mxa (t ) + bx a (t ) + cx a2 (t ) = Axe (t ) (13.4) Es handelt sich hierbei um eine DGL 2. Ordnung, aber vom 2. Grade. Im Gegensatz zu den linearen DGL, in denen xa , xa , xa , ... Bild 13.4 System 2. Ordnung: A Membranfläche, b Dämpfungskonstante, c Federkonstante, m Masse der bewegten Teile. nur in der ersten Potenz vorkommen, tritt in Gl. (13.4) xa in der zweiten Potenz auf. Generell kann man eine DGL n. Ordnung in ein System von n DGL 1. Ordnung umformen. Auf Gl. (8.64) angewandt, erhalten wir durch Einführen der Zustandsvariablen xa (t ) = x1 (t ) und x a (t ) = x1 (t ) = x 2 (t ) 13.1 Zustandsebene 393 die so genannten Zustandsdifferentialgleichungen x1 (t ) = x 2 (t ) x 2 (t ) = − (13.5) c 2 b A ⋅ x1 (t ) − x 2 (t ) + ⋅ xe (t ) . m m m (13.6) Die Lösungen der beiden DGL x1(t) und x2(t) stellen für jeden Zeitpunkt den Zustand des Systems dar. Tragen wir für t = 0 ... ∞ die Punkte x1(t) und x2(t) in einem kartesischen Koordinatensystem auf, so erhalten wir die Zustandskurve oder Trajektorie des Systems. Bild 13.5 zeigt die Trajektorienschar, die für xe(t) = xe0(t) = konst. durch Veränderung der Anfangsbedingungen x1(0), x2(0) entstehen. Für xe(t) = xe0(t) = konst. kann durch Division der Gl. (13.6) durch Gl. (13.5) die unabhängige Variable t eliminiert werden, und man erhält statt der beiden DGL (13.5) und (13.6) eine einzige Differentialgleichung 1. Ordnung dx 2 c =− ⋅ dx1 m x12 b A xe0 . − + ⋅ x2 m m x2 (13.7) x2 8 7 6 5 4 3 2 -9 -8 -7 -6 -5 -4 -3 -2 -1 -1 -2 1 2 3 4 5 6 7 8 x1 -3 -4 -5 -6 -7 -8 -9 -10 dx2 =0 dx1 -11 -12 -13 Bild 13.5 Verlauf der Trajektorien des durch die Zustandsdifferentialgleichungen (13.5) und (13.6) gegebenen Systems 394 13 Zustandsregelung Die Isoklinen dx2/dx1= K = konst. lassen sich aus Gl. (13.7) in einfacher Weise ermitteln und ergeben die Parabeln x2 = 1 [ A ⋅ x e0 − c ⋅ x12 ]. Km + b (13.8) Speziell für dx2/dx1= K = konst.= ∞ folgt x2 = 0, d. h. die Trajektorien schneiden die x1-Achse senkrecht. Ferner liegen die relativen Maxima und Minima der Trajektorien (für K = 0) auf der Parabel 1 x 2 = [ A ⋅ x e0 − c ⋅ x12 ]. b (13.9) Nimmt das System für t → ∞ eine Ruhelage ein, so müssen die zeitlichen Änderungen x1 = 0 und x 2 = 0 sein. Damit erhalten wir aus den Gln. (13.5) und (13.6) x1 (∞) = ± A ⋅ x e0 . c (13.10) Es handelt sich um zwei Knotenpunkte, von denen der mit dem positiven Vorzeichen ein stabiler und der mit dem negativen ein instabiler Knotenpunkt ist. Für x e0 ⋅ A = 2; c b = 2s ; c m = 1s2 c zeigt Bild 13.5 den Verlauf der Zustandskurven. Das schraffierte Gebiet ist der Einzugsbereich der asymptotischen Stabilität für den Knotenpunkt x1 = + A ⋅ xe0 . c 13.1.3 Zustandsrückführung eines nichtlinearen Systems Entsprechend im Linearen sucht man auch bei nichtlinearen Systemen allgemeine Stabilitätskriterien ohne die Zustandsdifferentialgleichungen (13.5) und (13.6) lösen zu müssen. Zeigen wir nun an einem Beispiel, wie man mit Hilfe der Zustandsebene einen Kreis mit einem Zweipunktregler entwerfen kann. y Beispiel 13.3 Gegeben ist ein Doppel-I-Glied, das mit einem Zweipunktregler geregelt wird (Bild 13.6). Das Stellsignal u wird zwischen zwei Werten umgeschaltet: u = +1 and u = −1. Die Differentialgleichung der Strecke mit dem Integrierbeiwert KI ist gegeben: x = K I ⋅ u Es werden neue Variablen (13.1) eingefügt und ein Gleichungssystem gebildet: x 2 = K I ⋅ u x1 = x2 Weiterhin wird die obere Gleichung durch die untere dividiert: dx2 dt = K I ⋅ u dx1 x2 dt 13.1 Zustandsebene 395 u=±1 KIS1 u w + • x2 = x KIS2 x1 = x − + k2 + Bild 13.6 Stabilisierende Rückführung des Kreises mit dem Doppel-I-Glied Es ergibt sich eine DGL 1. Ordnung mit folgender Lösung: dx2 K I ⋅ u = dx1 x2 x2 ⋅ dx2 = K I ⋅ u ⋅ dx1 x22 = K I ⋅ u ⋅ x1 + C 2 Die Lösung stellt sich in der Zustandsebene eine quadratische Parabel dar: x22 = 2 K I ⋅ u ⋅ x1 + C Nehmen wir an, dass KI = 1 ist. Die entstehenden Parabelscharen bei zwei Stellwerten u = ± 1 sind unten in der Tabelle gezeigt. u = +1 u = −1 x22 = 2 x1 + C x22 = −2 x1 + C x2 x2 C=0 0 C=0 x1 0 x1 Der Zweipunktregler schaltet ein und ab, wenn die Regeldifferenz e=w−x den Wert e = 0 erreicht. Nehmen wir zur Vereinfachung an, dass w = 0 ist. In diesem Fall wird e= −x=0 bzw. die Zustandsvariable − x1 = 0. Somit liegt die Schaltlinie direkt auf der Ordinatenachse x1 = 0, wie in Bild 13.7 links gezeigt ist. Daraus ist ersichtlich, dass ein Grenzzyklus bzw. eine Dauerschwingung mit konstanter Amplitude entsteht. Die Trajektorien nähern sich nicht dem Ursprung, sondern durchlaufen eine geschlossene Kurve. 396 13 Zustandsregelung Aus der Betrachtung der beiden Parabelscharen stellt man fest, dass eine nach links geneigte Schaltlinie, wie im Bild 13.7 rechts gezeigt ist, den Grenzzyklus in eine Spirale umwandelt. Nach jeder Umschaltung wird die Amplitude kleiner, so dass die Trajektorie nach endlich vielen Umschaltungen den Koordinatenanfang bzw. die Ruhelage erreichen wird. x2 x2 α x1 Schaltlinie x1 = 0 x1 Schaltlinie x2 = −k1x1 Bild 13.7 Zustandskurven des Regelkreises und Schaltlinien des Zweipunktreglers Die Schaltlinie x2 = − k 1 x1 mit der Steigung k1 kann in Regelkreis eingebaut werden, indem man die negative Rückführung des Kreises mit einer zusätzlichen Rückführung, wie im Bild 13.6 gezeigt, erweitert. Die Schaltlinie x2 = − k 1 x 1 wird mit dem Koeffizient k1 > 0 erzeugt: x2 + kx1 = 0 1 x2 + x1 = 0 k1 , k2 k 2 x2 + x1 = 0 In Wirklichkeit erreicht jedoch die Spirale nicht den Ursprung, sondern endet auf der Schaltgeraden. Danach rutscht der Arbeitspunkt geradlinig zum Ursprung entlang der Schaltlinie. Es wird empfohlen, die Steigung der Schaltgeraden k1 = tan α möglichst groß oder möglichst klein zu wählen. Bei großen k1 hat der Rückführkoeffizient k2 einen kleinen Wert, und folglich wird die Zeitkonstante klein. Aber mit dem Winkel α ≈ 90° steht die Schaltgerade fast senkrecht, und die Schwingungen werden erst nach mehreren Umschaltungen abklingen. Bei kleinen k1 dagegen hat die Schaltgerade sehr starke Neigung, große Schwingungsperiode, aber wenige Schnitte mit der Schaltgeraden. Im Bild 13.8 ist der oben behandelte Regelkreis mit k2 = 0,045 bzw. k1 = 22,2 und α ≈ 88° simuliert (große Steigung der Schaltgeraden). Nach 9 Umschaltungen landet die Spirale auf den Schaltgeraden und rutscht in Ursprung. 13.2 Zustandsraum 397 Bild 13.8 Simulation eines nichtlinearen Regelkreises mit Zustandsrückführung 13.2 Zustandsraum Die grafische Darstellung der Zustandsebene lässt viele Aufgaben effektiv lösen, ist jedoch für Systeme mit mehr als zwei Variablen ungeeignet. Für solche Fälle sollen Matrizen und Vektoren als Beschreibungsfunktionen einbezogen werden. Der Wirkungsplan einer solchen Mehrgrößenstrecke ist im Bild 13.9 gezeigt. Die Zustandsgleichungen der Mehrgrößenstrecke lauten: x = A x + B u Zustandsgleichung (state equation) y=C x Beobachtungsgleichung ( observation equation) Die in diesen Gleichungen vorkommenden Signale und Matrizen sind: x Zustandsvektor bzw. Regelgröße [1 × n] u Stellgrößenvektor bzw. Eingang [1 × p] y Regelgrößenvektor bzw. Ausgang [1 × q] A Systemmatrix bzw. Dynamikmatrix [n × n] B Steuermatrix bzw. Eingangsmatrix [p × n] C Beobachtungsmatrix bzw. Ausgangsmatrix [n × q] . x u B + y x C A Bild 13.9 Wirkungsplan einer Strecke mit Zustandsvariablen 398 13 Zustandsregelung y Beispiel 13.4 Ein System hat n Zustände, p Eingänge, q Ausgänge. Die Struktur bzw. die Dimension der Systemgleichungen ist unten veranschaulicht. p=2 A=[n x n] x = B=[p x n] u=[1 x p] x = D=[q x p] u=[1 x p] + x n=3 x=[1 x n] . x=[1 x n ] q=2 x C=[n x q] + x=[1 x n] y=[1 x q ] Selbstverständlich entsteht sofort die Frage: Wie kann man die gewöhnlichen Übertragungsfunktionen in die Zustandsgleichungen umwandeln und umgekehrt? Die analytische Umwandlung für Systeme 2. Ordnung ist einfach. Für Systeme mit mehreren Variablen stellt der Control System Toolbox vom MATLAB die Konvertierungsbefehle zur Verfügung, wie unten in Tabelle gegeben. Umwandlung Bezeichnung des Befehls MATLABBefehl Anwendung Übertragungsfunktion in Zustandsgleichung transfer function to state space tf2ss [A, B, C, D] = tf2ss (num, den) Zustandsgleichung in Übertragungsfunktion state space to transfer function ss2tf [num, den] = ss2tf (A, B, C, D) Beachten wir, dass auch die Matrix D in der Tabelle vorkommt, die in diesem Abschnitt nicht betrachtet wird. Die Durchgangsmatrix D führt das Stellsignal u vorwärts auf das Ausgangsignal und wird mit y addiert. Man soll auch die Bezeichnungen beachten: die Stellgröße bei Zustandsgleichungen wird als u, wie es in der Literatur über Zustandsregelung üblich ist, bezeichnet. Bei Übertragungsfunktionen wird aber für die Stellgröße die Bezeichnung y, wie überall in diesem Buch, behalten. y Beispiel 13.5 Gegeben ist ein System 2. Ordnung mit der Übertragungsfunktion G(s) = k 2 a2 s + a1s + a0 bzw. mit der Differentialgleichungen a2 x + a1 x + a0 x = k ⋅ u 13.2 Zustandsraum 399 Es werden neue Variablen eingefügt a k a u x 2 = − 1 x2 − 0 x1 + a a a 2 2 2 x1 = x2 und mit folgenden Bezeichnungen − a1 = A1 a2 − a0 = A1 a2 k =B a2 in Vektor-Matrizen-Form umgeschrieben: x2 A1 = x1 1 x1 B ⋅ x2 0 u A2 0 x x = 2 x1 A A = 1 1 A2 0 B B = 0 y Beispiel 13.6 Es sollen die Zustandsgleichungen bzw. die Matrizen A, B, C und D für gegebene Übertra10 gungsfunktion G ( s ) = 2 bestimmt werden. s + 5s + 6 Das MATLAB-Skript sieht wie folgt aus: num = [10]; den = [ 1 5 % Eingabe des Zählerpolynoms 6 ]; % Eingabe des Nennerpolynoms [A, B, C, D] = tf2ss (num, den) % Konvertierung Ausgabe: − 5 A = 1 − 6 0 1 B = 0 C = (0 10) D=0 Das entsprechende System der Differentialgleichungen ist: x1 = −5 x1 − 6 x2 + u x 2 = x1 + 0 ⋅ x2 + 0 ⋅ u y = 0 ⋅ x + 10 x + 0 ⋅ u 1 2 y Beispiel 13.7 Gegeben ist das System der Zustandsgleichungen, dass in die Übertragungsfunktion bzw. Differentialgleichung konvertiert werden soll: x1 = 10 x1 + 5 x2 + 4u x 2 = 15 x1 + 3x2 + 5u y = x + x + 0⋅u 1 2 Das MATLAB-Skript: bzw. 10 A = 15 5 3 4 B = 5 C = (1 1) D=0 400 13 Zustandsregelung A = [10, 5; 15, 3]; % Eingabe der Systemmatrix A B = [4; 5]; % Eingabe der Steuermatrix B C = [1, 1]; % Eingabe der Ausgangsmatrix C D = 0; % Eingabe der Durchgangsmatrix D [num, den] = ss2tf (A, B, C, D) % Konvertierung Ausgabe: num = [ 0 9 23 ]; den = [ 1 −13 −45 ]; % Zählerpolynom % Nennerpolynoms Die gesuchte Übertragungsfunktion und DGL des Systems mit der Eingangsgröße y(t) und der Ausgangsgröße x(t) sind somit: 9 s + 23 G ( s) = 2 s − 13s − 45 x(t ) − 13x (t ) − 45 x(t ) = 9 y (t ) + 23 y (t ) Man stellt sofort fest, dass die gegebene Strecke instabil ist, da die Koeffizienten des Polynoms 2. Ordnung negativ sind. Die Stabilitätsprüfung kann auch für Zustandsgleichungen einfach vorgenommen werden, indem man die Polstellen mit dem Befehl P = eig(A) bestimmt. 13.3 Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit Die Besonderheit von Mehrgrößensystemen besteht darin, dass sich die Strecke nicht unbedingt beobachten und steuern lässt, wie es bereits im Abschnitt 8.7.5 kurz angesprochen wurde. Dies betrifft Systeme, die sowohl mittels Übertragungsfunktionen, als auch mittels Zustandsgleichungen beschrieben sind. Ein Regelkreis ist steuerbar, wenn die Regelgröße von einem beliebigen Anfangszustand in einen gewünschten Endzustand mittels geeigneten Stellgrößen überführt werden kann. In der Literatur wird zwischen Steuerbarkeit und vollständiger Steuerbarkeit unterschieden, sowie der Begriff der Erreichbarkeit eingeführt. Die Beobachtbarkeit betrifft die Messbarkeit der Regelstrecke. Wenn nicht alle Zustandsvariablen messtechnisch zu erfassen sind, soll die für die Regelung erforderliche Information aus dem Ausgangsvektor y gewonnen werden. Dafür wird die Regelung über eine bestimmte Zeit beobachtet, um daraus abschließend die Zustandsvariablen zu rekonstruieren. Laut Kalman wird ein System mit der Dynamikmatrix A dann vollständig steuerbar, wenn eine speziell dafür gebildete Matrix SS, genannt Steuerbarkeitsmatrix SS = ( B AB A2 B ... An − 1 B), den Rang n hat, wobei n die Dimension der Systemmatrix A [n × n] ist. Mathematisch heißt es: Ein System ist vollständig steuerbar, wenn es gilt rang SS = n . Ähnlich wird die Beobachtbarkeit formuliert, nämlich: Ein System mit der Systemmatrix A ist dann beobachtbar, wenn eine speziell dafür gebildete Beobachtbarkeitsmatrix SB 13.3 Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit SB = ( C CA 401 CA2 ... CAn − 1) T den gleichen Rang hat, wie die Dimension der Dynamikmatrix A bzw. wenn es gilt: rang S B = n Die Herleitung von Matrizen SS und SB wird hier nicht diskutiert. Merken wir nur, dass die Matrix SB oben transponiert dargestellt wurde, was durch das Zeichen T angedeutet ist. y Beispiel 13.8 Gegeben ist das System 2. Ordnung: x1 = 2 x1 + 0 ⋅ x2 + 0 ⋅ u x 2 = 3x1 − 4 x2 + 3,5u y = x + 0⋅ x 1 2 bzw. 0 − 2 A = 3 − 4 0 B = 3,5 Zuerst wird der Rang des Systems bestimmt: A = [ −2, 0; 3, −4]; % Eingabe der Systemmatrix B = [ 0; 3.5]; % Eingabe der Steuermatrix C = [ 1, 0]; % Eingabe der Ausgangsmatrix length(A) % die Dimension der Matrix A bestimmen Es wird ausgegeben: length(A) = 2 Dann werden die Steuerbarkeit (Controlability) geprüft: Co = ctrb (A, B) % Controllability matrix Co Es ergibt sich: 0 0 und rank(Co) = 1 Co = 3 , 5 − 14 Dann wird die Beobachtbarkeit (Observability) geprüft: Ob = obsv (A, C) % Observability matrix Ob Es ergibt sich: 1 0 und rank(Ob) = 1 Ob = 3 − 4 Fazit: das System ist nicht beobachtbar rank(Ob) ≠ length(A), und nicht steuerbar rank(Co) ≠ length(A). C = (1 0 ) 402 13 Zustandsregelung Das kann man folgendermaßen erklären: Da die Variable x1 sich weder vom Stellsignal u, noch von der Variable x2 beeinflussen lässt, ist das System nicht steuerbar. Auch ist das System nicht beobachtbar, weil die Information über die Variable x2 im Ausgangsvektor y = x1 + 0 ⋅ x2 fehlt. Nehmen wir an, dass der Ausgangsvektor anders gegeben wird, nämlich: y = 0 ⋅ x1 + x2 In diesem Fall wird C = [ 0, 1 ], und das System wird beobachtbar: rank(Ob) = 2. Die fehlende Information über x1 kann aus der erfassbaren Variable x2 rekonstruiert werden. 13.4 Entwurf von Regelkreisen mittels Polzuweisung 13.4.1 Zustandrückführung Betrachten wir nun die Aufgabe der Polzuweisung für ein System, das mit Zustandsgleichungen gegeben ist: x = A x + B u y = C x (13.11) Gesucht ist die Zustandsrückführung K bzw. die Matrix der Dimension [n × 1], bei der die gewünschte Polstellen erreicht werden. Im Bild 13.10 ist der Wirkungsplan eines Systems mit u = −K x (13.12) dargestellt. . x u B + − + y x C Der gewünschte Polstellenvektor ist: A p1 P = ... p n K Bild 13.10 Wirkungsplan eines Systems mit Zustandsrückführung K Unter Beachtung der Rückführung transformiert sich die Zustandsgleichung zu x = ( A − BK ) x (13.13) und die Lösung ergibt sich aus der charakteristischen Gleichung: det(s I − ( A − BK )) = s I − ( A − BK ) = 0 13.4 Entwurf von Regelkreisen mittels Polzuweisung 403 y Beispiel 13.9 Für das gegebene System x1 = x1 + x2 + 2u x 2 = 5 x1 − 6 x2 + 5,5u y = 0⋅ x + x 1 2 bzw. 1 1 A = 5 − 6 2 B = 5,5 C = (0 1) mit gewünschten Polstellen p1 = −2 + j p 2 = −2 − j bzw. p P = 1 p2 soll die Matrix der Rückführkoeffizienten K = (k1 k 2 ) bestimmt werden. Mit MATLAB erfolgt die Lösung einfach durch die Eingabe des Befehls place: A = [ 1, 1; 5, −6]; % Eingabe der Systemmatrix B = [ 2; 5.5]; % Eingabe der Steuermatrix C = [ 0, 1]; % Eingabe der Ausgangsmatrix p1 = −2 + j; p2 = conj(p1); % Eingabe von gewünschten Polstellen P = [p1; p2] % Eingabe des Pollstellenvektors length(A); % Dimension der Systemmatrix A: length(A) = 2 % controlability matrix Co (Steuerbarkeitsmatrix), Co = ctrb (A, B) Ausgabe: Co = [ 2, 7.5; 5.5, −23 ]; rank(Co) % Steuerbarkeitsprüfung Ausgabe: rank (Co) = 2 bzw. das System ist steuerbar rank(Co) = length(A) % observability matrix Ob (Beobachtbarkeitsmatrix) Ob = obsv (A, C) Ausgabe: Ob = [ 0, 1; 5, −6 ]; rank(Ob) % Beobachtbarkeitsprüfung Ausgabe: rank (Ob) = 2 bzw. das System ist beobachtbar, rank(Ob) = length(A) K = place(A, B, P) % Berechnung von k1, k2 nach Pole Placing-Methode Ausgabe: K = [ 1.0602 −0.5673 ]; P = eig(A − B*K) % Lösungskontrolle. Ausgabe: p1 = −2 + j; p2 = −2 − j Das MATLAB /Simulink-Modell mit der oben bestimmten Zustandsrückführung ist im Bild 13.11 gezeigt. Im Bild 13.12 sind die Sprungantworten vor und nach der Polzuweisung gegeben. Bild 13.11 MATLAB/Simulink-Modell der Zustandsregelung einer instabilen Strecke 404 13 Zustandsregelung Bild 13.12 Die Sprungantworten der Strecke: links - ohne Zustandsrückführung, rechts - mit Zustandsrückführung K = (1,0602 −0,5673) 13.4.2 Vorfilter Haben die Regelstrecke und die Zustandrückführung keinen I-Anteil, wie es im vorherigen Beispiel der Fall war, kann die bleibende Regeldifferenz nicht abgebaut werden, es soll dafür entweder einen Vorfilter (scaling factor) eingeführt oder einen Regelkreis mit dem PI-Regler gebildet werden. Der Vorfilter (auch Nbar genannt) wird vor dem Eingangssignal u, wie im Bild 13.13 gezeigt, eingefügt. w . u N + x B + − + y x C A K Bild 13.13 Ein System mit der Zustandsrückführung K und mit dem Vorfilter N Aus der Gl. (13.12) und (13.13) werden nun u = −K x + N w (13.14) x = ( A − BK ) x + BN w . (13.15) Nach der Laplace-Transformation der Gl. (13.15) ergibt sich s ⋅ x ( s ) − ( A − BK ) x ( s ) = BNw ( s ) bzw. unter Beachtung y = C x aus Gl. (13.11): y = C ⋅ [ sI − ( A − BK )]−1 BNw 13.4 Entwurf von Regelkreisen mittels Polzuweisung 405 Für Beharrungszustand gilt bekanntlich y (∞) = lim s ⋅ y ( s ) bzw. y (∞) = C [−( A − BK )]−1 BN s →0 (13.16) Der Vorfilter soll die bleibende Regeldifferenz eliminieren: e ( ∞ ) = w − y (∞ ) = 0 (13.17) Setzten wir die Gl. (13.16) in (13.17), so ergibt sich nach Vereinfachungen: N = −(C ( A − BK ) −1 B ) −1 (13.18) y Beispiel 13.10 Gesucht ist die Zustandrückführung K und der Vorfilter N für das gegebene System A, B, C, D mit gewünschten Polstellen p1,2= −20 ± 20i, p3= −100. Die Lösung erfolgt mit dem unten gezeigten MATLAB-Skript : A = [ 0 1 0; 980 0 −2.8 ; 0 0 −100]; B = [ 0; 0; 100]; C = [ 1 0 0]; D= [0]; x0 = [0.005 0 0]; p1 = −20+20i; p2 = −20-20i; p3 = −100; K = place(A, B, [p1 p2 p3]); N = ((−C*(A−B*K)^( −1))*B)^( −1); t = 0:0.01:2; w = 0.001*ones(size(t)); u = N*w; sys_cl = ss(A−B*K, B, C, 0); [y, t, x] = lsim (sys_cl, u, t); plot (t, y) % Eingabe der Systemmatrix % Steuer- und Beobachtungsmatrizen % Anfangsbedingungen % Eingabe gewünschten Polstellen % Zustandsrückführung % Vorfilter % Zeitfenster % Eingangssprung % Eingangsgröße nach dem Vorfilter % Das geschlossene System mit K % Simulation % Grafische Ausgabe der Sprungantwort 13.4.3 Ausgangsrückführung Ist keinen Zugriff auf den Zustandsvektor x möglich, kann zwecks Stabilisierung des Systems die Ausgangsgröße über Vektor Ky zurückgeführt werden, wie im Bild 13.14 gezeigt ist. Die Gln. (13.12) und (13.13) werden dabei wie folgt umgewandelt: u = − K yC ⋅ x (13.19) x = ( A − BK y C ) ⋅ x (13.20) Aus dem Vergleicht Gln. (13.19) und (13.20) mit Gln. (13.12) und (13.13) stellt man den folgenden Zusammenhang zwischen Ausgangs- und Zustandsrückführung fest: K yC = K (13.21) Daraus kommt man zur Idee, die Ausgangsrückführung Ky so zu bestimmen, dass die gleiche Wirkung erzielt wird, wie bei der Zustandsrückführung K. 406 13 Zustandsregelung . x u B + − + y x C A Ky Bild 13.14 Ausgangsrückführung Ky Da sich der gesuchte Vektor (oder Matrix) Ky direkt aus der Gl. (13.21) nicht bestimmen lässt, wird ein Näherungs-Verfahren [83] angewendet. Es wird angenommen, dass die Zustandsrückführung K zwar nicht angewendet, aber ermittelt werden kann, und zwar ausgegangen aus den gewünschten Eigenwerten des geschlossenen Systems eig(A − BK). Aus diesen Eigenwerten bildet man eine Matrix V, mit der beide Seiten der Gl. (13.21) wie folgt multipliziert werden: K y C ⋅V = K ⋅V (13.22) Aus Gl. (13.22) wird ein Norm-Funktional J erstellt J = ( K yC − K ) ⋅V und noch mal mit einer beliebig gewählten Gewichtsmatrix G multipliziert: J = ( K y C − K ) ⋅VG (13.23) Wird nun das Funktional J minimiert, so werden die Eigenwerte des Systems mit der Ausgangsrückführung Ky nahe zu Eigenwerten des Systems mit der Zustandsrückführung K gebracht. Die optimale Lösung resultiert zur folgenden Bedingung: K y = KVG (CVG )′((CVG )(CVG )′) −1 (13.24) Die Gewichtsmatrix G wird wie Diagonalmatrix mit Elementen gij gebildet. Mittels Gewichte gij kann die Näherung an einzelne Eigenwerte pij gezielt präzisieren. Nimmt man G = V −1 , wird die Gl. (13.24) wie folgt vereinfacht: K y = KC ′(CC ′) −1 (13.25) Wenn nur wenige Ausgänge messbar sind, reduziert sich der Vektor Ky bzw. reduziert sich die Anzahl der Freiheitsgrade für die Polzuweisung. so dass die gewünschte Polverteilung kaum erreichbar ist. Das nachfolgende Beispiel zeigt, dass man drei Polstellen mit Hilfe nur einem Freiheitsgrad nie an gewünschte Stellen verteilen kann. 13.4 Entwurf von Regelkreisen mittels Polzuweisung 407 y Beispiel 13.11 Gesucht ist die Ausgangsrückführung Ky und der Vorfilter N für das gegebene System A, B, C, D mit gewünschten Polstellen p1. = p2.= p3.= − 2. Die Lösung erfolgt mit dem unten gezeigten MATLAB-Skript : A = [ 0 −1 0; 1 −2 −2 ;0 0 −1]; % Eingabe der Systemmatrix B = [ 0; 0; 10]; C = [ 1 0 0]; D= [0]; % Steuer- und Beobachtungsmatrizen P = [− 2 − 2 − 2]; % Eingabe der gewünschten Polstellen K = acker(A, B, P) % Zustandsrückführung nach Ackermann rank(obsv(A,C)) % Beobachtbarkeitsprüfung [V, q] = eig(A-B*K); % Bildung der quadratischen Matrix V % aus Eigenwerten des Systems mit K g = 1; % Eingabe des Diagonalelements von G G = diag([g g g]); % Bildung der Gewichtsmatrix KVG = K*V*G; CVG =C*V*G; % Berechnung von KVG und CVG Ky = KVG*CVG'*inv(CVG*CVG') % Berechnung Ky aus K A_cl = A−B*Ky*C; % Systemmatrix des Systems mit Ky eig(A_cl) % Eigenwerte des geschlossenen Systems N = ((−C*A_cl^(−1))*B)^( −1) % Vorfilter des Systems mit Ky t = 0:0.01:10; % Zeitfenster der Sprungantwort x0 = [0.005 0 0]; % Anfangsbedingungen w = N*ones(size(t)); % Eingangsprung sys_cl = ss(A_cl, B, C, 0); % Das geschlossene System mit Ky und N [y, t, x] = lsim(sys_cl, w, t); % Simulation plot(t, y) % Grafische Ausgabe der Sprungantwort Die Ergebnisse: Die berechnete Zustandrückführung K = [ 0.2000 −0.1500 0.3000]. Die Ausgangsrückführung Ky = 0.05. Der Proportionalbeiwert des Vorfilters N = 0.1. Die Eigenwerte des ursprünglichen Systems A sind: p1. = p2.= p3.= − 1. Die Eigenwerte des geschlossenen Systems mit der Ausgangsrückführung: p1 = −0.5000 + 0.8660i p2 = −0.5000 − 0.8660i p3 = −2.0000 Man merkt, dass nur ein Pol p3 an die gewünschte Stelle verschoben wurde. Weitere Versuche, z. B. mit Gewichten g = 10 oder g = 100, können die Lage der Polstellen nicht ändern. Das liegt daran, dass es mit nur einem Wert von Ky unmöglich ist, drei Polstellen richtig zuordnen, wie im Bild 13.15 erläutert ist. Somit verliert der Entwurf nach Polzuweisung im Fall einer Ausgangsrückführung ihren Sinn. Im Bild 13.16 sind Sprungantworten bei den berechneten und nachgestellten Ausgangsrückführungen gezeigt: nach Polzuweisung mit Ky = 0.05 und nach einem Gütekriterium (keine Überschwingung) mit Ky = 0.01. 408 13 Zustandsregelung N* u 1 s B* u C* u y w=1 bei t =0 Ausgang t Clock To Workspace 1 A* u Ky* u Bild 13.15 Regelkreis mit der Ausgangsrückführung und die Dimensionen von Parametern Bei Ky = 0.05 sind: 1.4 N = 0.1 Ky=0.05 1.2 p1= −0.5000 + 0.8660i 1 p2 = −0.5000 − 0.8660i Ky=0.01 0.8 p3 = −2.0000 Bei Ky = 0.01 sind: 0.6 N = 0.06 0.4 p1= −0.7076 + 0.5065i 0.2 p2 = −0.7076 − 0.5065i 0 0 Bild 13.16 2 4 6 8 10 p3 = −1.5848 Sprungantworten des Systems mit Ausgangsrückführung 13.4.4 Störgrößenaufschaltung Bislang wurden die Regelstrecken ohne Störgrößen betrachtet. Wirkt jedoch eine messbare Störgröße d, kann sie durch die Aufschaltung auf Eingang u mittels Vektors Kd kompensiert werden (Bild 13.17). Unter Beachtung des geänderten Eingangsvektors u = −K ⋅ x − Kd ⋅ d sieht die Systemgleichung x = A ⋅ x + B ⋅ u + E ⋅ d 13.4 Entwurf von Regelkreisen mittels Polzuweisung 409 d Kd − w E + u N B + + − . x + y x C A K Bild 13.17 Regelkreis mit Störgrößenaufschaltung Kd, Zustandsrückführung K, Vorfilter N wie folgt aus: x = A ⋅ x + B ⋅ (− Kx − K d d ) + E ⋅ d (13.26) Aus Gl. (13.26) ergibt sich x = ( A − BK ) x + ( E − BK d )d Um die Störgröße zu kompensieren, soll die Bedingung E − BK d = 0 bzw. BK d = E (13.27) erfüllt werden. Die Lösung der Gl. (13.27) gibt den gesuchten Vektor Kd aus: K d = ( B' B ) −1 B' E y Beispiel 13.12 Gesucht sind die Zustandsführung K und die Störgrößenaufschaltung Kd für das gegebene System A, B, C, D mit gewünschten Polstellen. Die Lösung mit dem MATLAB-Skript: A=[0 1 0; 980 0 -2.8 ; 0 0 −100]; B = [ 0; 0; 100]; C = [ 1 % Eingabe der Systemgleichungen 0 0]; D= [0]; E=[0; 0; 10]; p1 = −20+20i; % Die gegebene Störmatrix p2 = −20−20i; p3 = −100; % Die gewünschten Polstellen K = place(A, B, [p1 p2 p3]) % Zustandsrückführung K Kd=((B'*B)^(-1))*B'*E % Störgrößenaufschaltung: Kd A_cl = A−B*K; % Systemmatrix des Regelkreises Die Ergebnisse: K= [−775.7143 −20.6429 0.4000] und Kd = 0.1 410 13 Zustandsregelung 13.4.5 Beobachterentwurf Wenn die Regelgröße x nicht messbar ist, kann die Regelung mit Hilfe der zurückgeführten Ausgangsgröße y erfolgen. Eine andere Lösung, die als Beobachter bzw. Observer bekannt ist, wurde 1964 vom Lueneberger vorgeschlagen. Nach dem Beobachter-Prinzip wird nicht die messbare Ausgangsgröße zurückgeführt, sondern die Differenz (y – yM) zwischen der System-Ausgangsgröße y und der Modell-Ausgangsgröße yM, wie im Bild 13.18 erläutert ist. y x C S u yM xM SM CM − + y − yM L Bild 13.18 Vereinfachtes Beobachter-Prinzip Das Model SM wird genau so gebaut, wie das System S. Die Berechnung der Rückführmatrix L erfolgt genau so, wie die Berechnung der Zustandsrückführung-Matrix K, jedoch anstelle Vektors x des Systems wird der Vektor xM des Modells betrachtet. Auch die Rückführung L wird nicht zum Eingang des Blockes B geleitet, sondern zum dessen Ausgang, wie im Bild 13.19 gezeigt ist. . x B + + x y C A System S y u . xM B + + + Modell SM A xM + yM C − xM + y − yM L Bild 13.19 Wirkungsplan des Systems S mit dem Beobachter SM 13.4 Entwurf von Regelkreisen mittels Polzuweisung 411 Das System S und das Modell SM sind mit folgenden Zustandsgleichungen gegeben: x = A x + B u (System S) y = C x x M = A x M + B u + L ( y − y M ) (Modell SM) y = C xM Daraus folgt die Differentialgleichung des Beobachters: x − x M = A ( x − xM ) − L (Cx − Cx M ) bzw. x − x M = ( A − LC ) ( x − x M ) . Bezeichnet man die Differenz zwischen Zustandsvariablen des Systems x und des Modells xM als Fehler e des Beobachters e = x − xM , so folgen daraus e = x − x M e = ( A − LC ) e. Die letzte Gleichung, betrachtet gemeinsam mit der Zustandsgleichung des Systems x = A x + B u und der Rückführmatrix r = Le , führt letztendlich zur Gleichung x = ( A − LC ) x . Diese Gleichung hat für Beobachter gleiche Bedeutung, wie die Gleichung x = ( A − BK ) x im vorherigen Fall für die messbare Regelgröße x. Die gewünschten Polstellen lassen sich in beiden Fällen mit dem MATLAB-Befehl für Eigenwerte überprüfen: P = eig(A − BK) (im vorherigen Fall) P = eig(A − LC) (im Fall des Beobachters) Die Rückführmatrix L wird mit MATLAB einfach durch die Eingabe des placeBefehls oder Ackermann’s-Befehls L = acker(A’, C’, P) berechnet. Die somit erhaltene Matrix L soll für die weiteren Berechnungen, z. B. für die Bestimmung der Dynamikmatrix AM des Modells nach der Formel AM = A − LC transponiert werden. Der entsprechende MATLAB-Befehl lautet: AM = A − L’*C 412 13 Zustandsregelung y Beispiel 13.13 Gegeben sind die Zustandsgleichungen eines Systems mit messbaren Ausgangsgrößen: x = A x + B u y = C x mit 1 2 A = 5 − 5 2 B = 5,5 C = (0 1) Die Regelung soll mit gewünschten Polstellen erfolgen: p1 = −2 + j p 2 = −2 − j bzw. p P = 1 p2 Es sollen die Rückfuhrkoeffizienten L1 und L2 des Beobachters bestimmt werden. Prüfen wir zuerst, ob die Strecke ohne Zustandsrückführung stabil ist. Mit dem Befehl eig(A) erhalten wir die Polstellen des Systems A aus der charakteristischen Gleichung det(A) = 0: s1 = + 2,6533 s2 = −5,6533 Die Strecke ist instabil und soll mit Zustandrückführungen stabilisiert werden. Zeigen wir zuerst die analytische Lösung. 1 − L1 1 L1 2 2 − (0 1) = AM = A − LC = 5 − 5 L2 5 − 5 − L2 1 − L1 s − 2 s 0 2 = − s I − AM = − − L2 − 5 0 s 5 5 L1 − 1 s + 5 + L2 det( s I − AM ) = ( s − 2)( s + 5 + L2 ) − (−5)( L1 − 1) = s 2 + (3 − L2 ) s + (5 L1 − 2 L2 − 15) Die charakteristische Gleichung des Modells det(s I − AM ) = 0 s 2 + (3 − L2 ) s + (5 L1 − 2 L2 − 15) = 0 und des gewünschten Systems ( s − p1 )(s − p2 ) = ( s + 2 − j )(s + 2 + j ) = s 2 + 4s + 5 = 0 werden gleich gesetzt, woraus die Lösung ergibt: 3 − L2 = 4 5 L1 − 2 L2 − 15 = 5 L2 = 1 L1 = 4,4 Wiederholen wir die Lösung mit MATLAB-Skript und mit MATLAB / Simulink (Bild 13.20): A = [ 2, 1; 5, −5]; B = [ 2; 5,5]; C = [ 1, 0]; p1 = −2 +i; p2 = conj(p1); P = [p1; p2] Lob = acker(A', C', P); L = Lob' AM = A −L * C subplot(311); plot(t, x); % Eingabe der Systemmatrix % Eingabe der Steuer- und Ausgangsmatrix % Eingabe der gewünschten Polstellen % Der gewünschte Eigenvektor % Rückführmatrix nach Ackermann’s Formel % Rückführmatrix des Beobachters: L = [4,4 1] % Matrix des Modells AM: AM = [2 −3,4; 5, −6] % Grafische Ausgabe: Regelgröße x(t) 13.5 Optimale Zustandsregelung nach LQ-Kriterien % Sprungantwort des Modells xM(t) % Grafische Ausgabe: Fehler xe = x − xM subplot(312); plot(t, xM); subplot(313); plot(t, xe); 1 s B* u C* u Integrator M atrix G ain1 413 A* u y S ystem M atrix G ain2 t C lo ck T o W orksp ace Wo =1 L* u 1 s B* u Integrator1 M atrix G ain5 C* u M atrix G ain6 A* u xM M odell Bild 13.20 MATLAB/ Simulink-Modell des Beobachters 13.5 Optimale Zustandsregelung nach LQ-Kriterien Die Intergralkriterien, die bereits im Abschnitt 8.3 vorgestellt wurden, finden ihren Einsatz auch bei den in diesem Abschnitt beschriebenen Regelkreisen. Es wird dabei das lineare quadratische Integralkriterium (LQ) benutz, in dem die Zustandsgröße y, aber auch der Eingangssignal u, berücksichtigt werden: ∞ J = J0 + ∞ y (t )dt + u (t ) dt 2 0 2 0 Bei Systemen mit Zustandsgleichungen kommt anstelle y der Zustandsvektor x mit einer Gewichtsmatrix Q und der Eingangsvektor u mit einer Gewichtsmatrix R vor: ∞ ∞ J = J 0 + x′Qx ⋅ dt + u′Ru ⋅ dt 0 (13.28) 0 Ohne Herleitung wird sofort vorgemerkt, dass die Matrizen Q und R die bestimmen Bedingungen erfüllen sollen, nämlich: y Q ist positiv semidefinite symmetrische Matrix, deren Eigenwerte λk ≥ 0. y R ist positiv definite symmetrische Matrix, deren Eigenwerte λk > 0. 414 13 Zustandsregelung y Beispiel 13.14 Die Matrix [10 11 12; 1 2 3; 4 5 6] hat Eigenwerte λ1 = 16,9373; λ2 = 1,0627; λ3 = 0 und ist somit positiv semidefinit. Die Matrix [2 0 0; 0 0 2; 0 0 1] hat Eigenwerte λ1 = 1; λ2 = 2; λ3 = 2 und ist somit positiv definit. 13.5.1 Optimale Zustandsrückführung Die Aufgabe der optimalen Regelung besteht darin, eine Steuerung u*(t) so zu finden, dass das Kriterium J minimal wird. Zur Lösung dieser Aufgabe wird es zuerst angenommen, dass die Strecke bzw. das System A stabil ist; der Anfangswert des Intergralkriteriums J0 = 0 ist und dass u(t) = 0 ist. In diesem Fall gilt: ∞ J= x0′ ⋅xe′ ∞ A't ⋅Q ⋅e At x0 ⋅ dt = x 0 x0′ ⋅ e ∞ A't Qe At P 0 ⋅ x0 ⋅ dt = x0′ e A't Qe At dt ⋅ x0 0 P bzw. J = x0′ Px0 (13.29) unter Beachtung ∞ P = e A't Qe At dt . (13.30) 0 Die nachfolgende schrittweise Bearbeitung der Gl. (13.30) ∞ P = e A't Qe At dt = e A't QA−1e At ∞ 0 0 P = −QA ∞ − A' e A't QA−1e At d 0 −1 ∞ − A' e A't Qe At dt ⋅ A −1 0 P P = −QA−1 − A' PA−1 führt zur Gleichung A' P + PA = −Q , (13.31) die als Ljapunow’s-Gleichung genannt wird. Ist ein geschlossenes System H = A − BK mit Zustandsrückführung K, mit dem Eingang u = − K x und mit folgenden Systemgleichungen gegeben 13.5 Optimale Zustandsregelung nach LQ-Kriterien 415 x = A x + B u y =C x, so wird die Ljapunow’s Gleichung wie folgt aussehen: ~ H' P + PH = −Q , ~ wobei Q = KRK ist. Daraus wurde folgende Gleichung hergeleitet A'P + PA − PBR −1B'P + Q = 0 , die als Riccati-Gleichung bekannt ist. Die optimale Regelung wird erreicht, wenn die Lösung der Riccati-Gleichung, nämlich die Matrix P, in die Gleichung K = R −1B′P eingesetzt wird. Das ist die gesuchte Zustrandrückführung, die zum minimalen Wert des LQ-Kriterums führt. y Beispiel 13.15 Gegeben ist das System 0 1 A = 0 0 0 B = 1 C = (1 0 ) D =0. Gesucht ist die Zustandsführung K, bei der das LQ-Kriterium mit gegebenen Gewichtsmatrizen 2 1 und R = 1 Q = 1 2 minimal wird. Die Lösung mit MATLAB-Skript: A = [0 1; 0 0]; % Eingabe der Systemgleichungen B = [0; 1]; C = [1 0]; D = 0; x0 = [1; 0]; % Anfangsbedingung System = ss(A,B,C,D); % Systemgleichungen ohne Zustandsrückführung rank(ctrb(System)) % Prüfung der Beobachtbarkeit Q = [2 1; 1 2]; % Eingabe der Gewichtsmatrix Q (positv semidefinit) R = 1; % Eingabe der Gewichtsmatrix R (positiv definit) [K, P, E] = lqr(A, B, Q, R); % Minimierung des LQ-Kriteriums H = A−B*K; cl = ss(H, B, C, D); % Das geschlossene System mit der Zustandrückführung J = x0'*P*x0 % LQ-Kriterium initial(cl, x0) % Grafische Ausgabe der Sprungantwort 416 13 Zustandsregelung Die Ergebnisse: K = [1.4142 2.1974] J = 7.1333 P = [2.1075 1.4142; 1.4142 2.1974] Die Eigenwerte des geschlossenen Systems: E = −1.0987 ± 0.4551i 13.5.2 Entwurf eines optimalen Beobachters Die Berechnung der Rückführmatrix L eines LQ-optimalen Beobachters erfolgt genau so, wie die Berechnung der optimalen Zustandsrückführung K: [K, P, E] = lqr(A, B, Q, R); Jedoch anstelle Matrix A kommt die Matrix A' und anstelle Matrix B die Matrix C' zum Einsatz, d. h. [K, P, E] = lqr(A', C', Q, R); L = K' y Beispiel 13.16 Gegeben ist das System 1 2 0 A = − 2 − 3 0 − 2 0 − 1 2 1 B = 0 2 1 3 1 2 − 1 C = 2 −1 3 D =0. Gesucht ist die Zustandsführung K, bei der das LQ-Kriterium mit gegebenen Gewichtsmatrizen 2 0 0 Q = 0 2 0 0 0 2 0 .1 0 R = 0 0.1 minimal wird. Die Lösung mit MATLAB-Skript: A = [0 −1 2; −2 −5 0; −6 0 −1]; % Eingabe der Systemgleichungen B = [3 1; 0 2; 4 3]; C = [1 1 −1; 2 −1 2]; D = 0; System = ss(A,B,C,D); % Systemgleichungen rank(ctrb(System)) % Prüfung der Beobachtbarkeit Q = [2 0 0; 0 2 0; 0 0 1]; % Eingabe der Gewichtsmatrix Q (positiv semidefn.) R = [0.1 0; 0 0.1]; % Eingabe der Gewichtsmatrix R (positiv definit) [K, P, E] = lqr(A', C', Q, R); % Minimierung des LQ-Kriteriums L = K' % Umrechnung L aus K (Transponieren) 3.2442 Das Ergebnis: L = 0.1207 − 3.7540 2.1145 − 0.5387 2.7161 417 14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink Generell ist zwischen einer offline- und online-Simulation zu unterscheiden, obwohl sich die Grenze immer mehr verwischt. Dabei ist Folgendes zu beachten: • Die offline-Simulation wird mit reellen Zeitkonstanten des Regelkreises parametriert, der Verlauf der Simulation wird im PC beschleunigt oder verlangsamt. • Die online-Simulation, auch Echtzeit- oder HIL-Simulation (Hardware-in-theLoop) genannt, ist eine 1:1-Abbildung des untersuchten Regelverhaltens. Wie die Bezeichnung HIL besagt, muss dafür eine physikalische Anlage oder deren Hardware-Modell mit der gerätetechnischen Anbindung an PC vorhanden sein. Als Simulationswerkzeug für das Buch wurde MATLAB (Vertreiber MathWorks GmbH Deutschland) gewählt. Dies von der Industrie und Forschung anerkannte Programm wurde 1970 an den Universitäten von New Mexico und Stanford entwickelt. Die Software besteht aus einem Basismodul und etlichen Toolboxen für regelungstechnische Anwendungen, wie Control System, Optimization, Signal Processing, Fuzzy Logic, Neural Network. MATLAB verfügt über eine interaktive Benutzeroberfläche und einen Interpreter, so dass die textuellen Befehle direkt ausgeführt und die Quellcode-Dateien abgearbeitet werden können. Aus MATLAB können andere C-Programme aufgerufen werden. Das Regelkreisverhalten kann offline und online mit Programm-Tools wie Matlab, Simulink und Stateflow analysiert, eingestellt und visualisiert werden. In diesem Abschnitt wird auf die Grundbefehle des Basismoduls und die Menüs des MATLAB/Simulink-Programms sowie auf die Befehle der Control System Toolbox eingegangen. In den nachfolgenden Abschnitten werden auch Fuzzy Logic Toolbox und Neural Network Toolbox behandelt. 14.1 Grundlagen der MATLAB-Programmierung Wie die Abkürzung MATLAB (Matrix Laboratory) besagt, ist das Basismodul für die Operationen mit (m, n) - Matrizen wie Multiplikation oder Eigenwertberechnung geeignet. Da die skalaren Matrizen der Dimension (1, 1) sind, umfasst das Basismodul alle elementaren mathematischen und logischen Funktionen. Nach dem Aufruf des Programms öffnet sich das Fenster des Basismoduls (Workspace) und wartet auf eine Eingabe mit einem Prompt ». In diesem MATLAB-Command Fenster wird der Programmtext eingetragen oder die Funktionen aufgerufen. Alle vorher ausgeführten Anweisungen werden in einer Liste gespeichert und können von der CommandHistory in das MATLAB-Command Fenster kopiert werden. Die Blockset-Erweiterung von MATLAB ist die Toolbox MATLAB/Simulink, die über eine graphische Oberfläche zur Eingabe von Wirkungsplänen und zur Ausgabe von Simulationsergebnissen verfügt. Die Ergebnisse können durch einen Oszilloskop- S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_14, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2014 418 14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink Block in das Basismodul übertragen und dort weiter bearbeitet werden. Die Toolboxen oder die Hilfe dazu kann man durch die Eingabe im Workspace aufrufen, z. B. » simulink oder » help fuzzy Variablen und Datentyp Die Variablen sind Zeilenvektoren (1, n), Spaltenvektoren (m, 1) und Matrizen (m, n). Matrizen werden durch eckige Klammern umrahmt dargestellt, die Spalten werden dabei durch ein Komma, ein Leerraum oder einen Zeilenvorschub voneinander getrennt, z. B. für eine Matrix mit m = 2 und n = 3 G= a11 a12 a13 a 21 a 22 a 23 gilt: » G = [ a11, a12, a13; a21, a22, a23]; oder »G=[ a11 a12 a13 a21 a22 a23 ] ; Wie bei den Feldern üblich, kann auf die Elemente einer Matrix durch Indizes zugegriffen werden. Durch Eingabe G(1, 2) wird z. B. das Element a12 aufgerufen. Die Variablen dürfen aus 31 Zeichen bestehen, das erste muss eine Buchstabe sein. Es wird zwischen Groß- und Kleinbuchstaben unterschieden, was mit » casesen off oder » casesen on unterdrückt oder aktiviert werden kann. Nach jedem Befehl werden die Ergebnisse ausgegeben, es sei denn, sie sind mit einem Semikolon abgeschlossen, z. B. » y = 5 * sin (4 * pi * t); Die Konstante pi ist vordefiniert. Auch imaginäre Zahlen sind durch Variablen i oder j vordefiniert, was die Operationen mit komplexen Zahlen durchführen lässt, z. B. die Summe von zwei komplexen Zahlen s1 = a1 + jb1 und s2 = a2 + jb2: » s1 = a1 + i * b1; s2 = a2 + i * b2; s3 = s1 + s2; Von den vordefinierten Variablen soll noch eps erwähnt werden. Sie besitzt einen Wert von 2.2204e - 016, ist damit sehr klein und wird benutzt, um die nicht zugelassenen Operationen wie Dividing by zero zu vermeiden. Standardmäßig sind alle Variablen vom Datentyp Double Real mit 64 Bit (Fließkommazahlen mit doppelter Genauigkeit). Ohne Formatierung werden die Zahlen normalerweise mit 4 Nachkommastellen ausgegeben, es sei denn, dass der auszugebende Wert zu klein ist. In diesem Fall wird automatisch auf die Ausgabe mit Exponent umgeschaltet. Die Ausgabe von Zahlen kann man auch mit dem Befehl format ansteuern: » format long e; omega wird die Variable omega in Exponentenform und mit dem Befehl » format long; phase die Variable phase mit 14 Nachkommastellen ausgegeben. 14.1 Grundlagen der MATLAB-Programmierung 419 Befehle und Funktionen Die mathematischen Ausdrücke werden in Ausgabevariablen gespeichert, z. B.: » a = 2.4; » b = a + 1.2 oder mit der vordefinierten Variable ans, wie answer, ausgegeben, z. B. »a ans = 2.4 In einer Zeile können mehrere Befehle eingegeben werden. Der Übertrag eines Ausdrucks in die nächste Zeile erfolgt durch Eingabe von drei oder mehreren Punkten: » Re = −D * cos (alfa); Im = omega * (1−… D) * 0.4; Für nachfolgende Beispiele mit Matrizen-Operationen sollen zuerst m = 2 und n = 3, sowie die Matrizen G =[1, 2, 3; 4, 5, 6] und Q = [1, 2; 3, 4] eingegeben werden. Matrixfunktion MATLAB-Befehl Dimension » size (G) Rang » rank (G) Ausgabe » ans = 2 3 » ans = 2 » ans = Diagonale » diag (G) 1 5 Determinante Inverse Matrix » det (Q) » inv (Q) » ans = −2 −2.0000 1.0000 1.5000 −0.5000 » ans = Transponierte Matrix » G’ Einheitsmatrix der Dimen» eye (Q) sion (m, m) bzw. size(Q) » rand (m, n) 4 2 5 3 6 1 0 0 1 1 1 1 1 1 1 0 0 0 0 0 0 » ans = Spezielle (m, n)-Matrix, » ones (m, n) die nur Einsen enthält Spezielle (m, n)-Matrix, » zeros (m, n) die nur Nullen enthält Zufallsmatrix (m, n) 1 0.8310 0.0535 0.6711 0.0346 0.5297 0.0077 420 14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink In einer Zeile können mehrere Befehle eingegeben werden. Der Übertrag eines Ausdrucks in die nächste Zeile erfolgt durch Eingabe von drei oder mehreren Punkten: » Re = −D * cos (alfa); Im = omega * (1−… D) * 0.4; Eine Übersicht der im Programm vorhandenen Variablen wird mit dem folgenden Befehl in Form einer Liste erstellt: » who Wie es bei höheren Programmiersprachen üblich ist, bietet MATLAB die Steuerkonstrukte wie bedingte Anweisungen (if... else if…else), Auswahlanweisungen (switch...case), bedingte Schleifen (while...end) und Zählschleifen (for...end) an, z. B.: » for i = 1 : 60 xk = 2 + c1 * (z1 ^ k) + c2 * (z2 ^ k) bar (k, xk, ’w’) hold on end Neben arithmetischen Operationen gibt es Vergleichsoperationen wie < (d. h. kleiner als) und logische Operationen &, ~, | (UND, ODER, NOT). Mit diesen Befehlen werden z. B. die Elemente von Matrizen G1 und G2 wie folgt gebildet: » A = [ 2, 5; 0, 4 ]; % Eingabe: Matrix A » B = [ 0, 3; 0, 1 ]; % Eingabe: Matrix B » G1 = A & B % Ausgabe: G1 = [ 0, 1; 0, 1 ] » G2 = A | B % Ausgabe: G2 = [ 1 1; 0 1 ] Die Zeilen mit % sind Kommentarzeilen. Erstellen von Programmen und Funktionen Mit MATLAB kann man einzelne Befehle im interaktiven Modus benutzen oder eine Befehlsfolge wie ein Programm (Matlab-Skript) zusammenfassen. Das Programm kann mit dem MATLAB- oder einem beliebig anderen Texteditor geschrieben und in einer m-Datei, mat-Datei oder ASCII-Datei abgespeichert werden. Die Datei mit der Erweiterung *.m kann mit dem Menü-Befehl File/New erstellt und abgespeichert werden, z. B. aufgabe.m. Diese Datei wird dann mit dem DOS-Befehl » aufgabe % Aufruf von m-Datei wieder geladen oder mit Menü-Anweisung File/Open geöffnet. Einige nützliche Befehle für die Dateienverwaltung sind unten zusammengefasst. MATLAB-Befehl Wirkung des Befehls » fprint (id, ‘info’, X) Ausgabe der Variable X aus der ASCII-Datei mit dem Identifikator id in eine Textdatei » id = fopen (aufgabe.dat,’w’) Datei aufgabe.dat öffnen » fclose (id) ASCII-Datei mit dem Identifikator id schließen 14.2 Grafik mit MATLAB 421 14.2 Grafik mit MATLAB Ein leeres Grafik-Fenster wird in MATLAB figure genannt. Ein Grafik-Fenster kann in mehrere Unterfenster, subplot, unterteilt werden. Die Parameter von figure sind Nummer, die Parameter von subplot sind die Koordinaten zeile, spalte, zähler. Grundbefehle der Grafik-Operationen Befehl Wirkung des Befehls » figure [(h)]; Ein neues Fenster unter der laufenden Nummer h (handle) öffnen bzw. ein vorhandenes Fenster Nr. h aufrufen » plot (y); Die Grafik der Variable y erstellen » box on Das Ausgabefenster wird in zwei Teilfenster unterteilt. Position des aufgerufenen Fensters ist: 2. Zeile, 1. Spalte, Zähler = 2 Aktuelle Nummer eines Grafik-Fensters (get handle to current figure) anzeigen Eine Box für Text-Kommentar mittels s (String) auf der p Position erzeugen. Es gilt für die Position: 1 oder 2 - rechte oder linke obere Ecke; 3 oder 4 - untere Ecke usw. Die Rahmen eines Diagramms erstellen » box off Die Rahmen eines Diagramms löschen » subplot (212); » gcf » legend (s, p) Einstellen von Bereichen der Koordinaten» axis [(−5 2 –4 4)]; » titel (’Bode-Diagramm’); » text (−2, 1, ’s1’); achsen (xmin, xmax, ymin, ymax). Hier ist: −5 < x < 2 und −4 < y < 4 Überschrift der Grafik Beschriftung in einer Grafik: den Text s1 unter x = −2 und y = 1 positionieren » ylabel (’Im’); Beschriftung der Achsen. Hier ist Re für die x-Achse und Im für die y-Achse » grid Gitternetz anzeigen » hold on Eine neue Grafik zu einer vorhandenen Grafik hinzufügen (Überlappung) » hold off hold on-Betrieb abschalten » clf Aktuelle Fenster löschen (cleare current figure), früher » clg » delete (figure(2)); Fenster Nr. 2 löschen » close (3); oder » close all; Fenster Nr. 3 oder alle Fenster schließen » xlabel (’Re’); 422 14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink Die Skalierung kann mit semilogx und semilogy im logarithmischen Maßstab der xund y-Achse sowie die Ausgabe in Polarkoordinaten mit polar(Winkel, Radien, Optionsparameter) erfolgen. Mit loglog werden die beiden x- und y-Achsen logarithmisch skaliert. Für die graphische Darstellung zweidimensionaler Daten gibt es folgende Möglichkeiten: Balkendiagramm bar (x, y), Liniendiagramm stem (x, y, format), Treppenkurve stairs (x, y), Histogramm hist (x, y), Fehlerintervall errorbar (x, y, l, u ). Speichern und Drucken eines Grafik-Fensters Zum Drucken und zur Speicherung von figures ist der print-Befehl mit Syntax » print [ -ddevice] [ -options ] <filename> geeignet. Nur einige Optionen dieses Befehls sind in nachfolgender Tabelle erwähnt. Befehl » print -f1; » print -f1 -dmeta ’grafik_1’; » print -f1 -dmeta -append ’bild’; » print -f1 -depsc ’grafik_1’; Wirkung des Befehls Figure 1 auf dem Standarddrucker ausgeben Figure 1 in Metafile-Format als Datei grafik_1.emf speichern Figure 1 in die Datei bild.emf senden, nicht überschreiben Figure 1 in Color PostScript als Datei grafik_1.eps speichern Grundformen des plot-Befehls Es gibt mehrere Optionen des plot-Befehls, einige davon sind unten aufgeführt. • Mit dem Befehl plot(Y), wobei Y eine (m, n)-Matrix ist, werden die n Spalten als Vektoren betrachtet und die m Vektoren hintereinander dargestellt. • Sind x und y zwei Vektoren gleicher Art, z. B. zwei Spaltenvektoren (n, 1) mit Elementen x1, x2, ... xn und y1, y2, ... yn, so werden mit dem Befehl plot(x, y) die Punkte mit Koordinaten (xk, yk) durch Linien verbunden. • In der Grundform plot(t, y) wird die Variable y(t), z. B. y = sin(2πt), grafisch dargestellt. • Mit dem Befehl plot(t, y1, t, y2) kann man zwei Signale y1(t) und y2(t) in einem Bild darstellen, allerdings sollen die Farbe, Art der Linien oder die Markierung der Punkte zusätzlich gewählt werden. • Der Befehl plot([y1’, y2’], t) erstellt eine Grafik, die die Ausgabe des Befehls plot(t, [y1’, y2’]) um 90° gedreht darstellt (gilt nur ab Version 5). • Ist Z eine Matrix mit komplexen Elementen, so wird mit dem Befehl plot(Z) der Imaginärteil abhängig vom Realteil in der komplexen Ebene abgebildet, z. B. » a1 = 1; b1 = 2; » Z = [a1 i * b1]; » plot (Z) Nachfolgend werden die Grundformen von plot anhand von Beispielen erläutert. 14.2 Grafik mit MATLAB 423 Darstellung eines Vektors Im Fall y = [a11] wird mit plot(y , ’ *’) ein Punkt * unter x = 1 und y = a11 positioniert. Im Fall n = 2 (zwei Spalten) wird der Vektor y = [a11, a12] wie in Bild 14.1 gezeigt abgebildet. 4 3.5 3 » % Befehle 2.5 » y = [0 4] ; 2 » plot (y) 1.5 1 0.5 0 1 1.2 1.4 1.6 1.8 2 Bild 14.1 Vektor y = [a11, a12] mit zwei Spalten Farbzeichen und Linientypen Für Variablen x, y können mit dem plot - Befehl die Farbe, der Linientyp und die Markierung der Punkte eingestellt werden. Farbzeichen = blue ’m’ = magenta = cyan ’r’ = red = green ’w’ = white = black ’y’ = yellow ’b’ ’c’ ’g’ ’k’ ’-’ ’--’ ’:’ ’-.’ Linientypen = solid = dashed = dotted = dash-dot Punkten-Markierung ’+’ ’-’ ’--’ ’*’ Bild 14.2 zeigt die Ausgabe eines Programms, das die Punkte mit den Koordinaten (x1, y1), (x2, y2) und (x3, y3) durch Geraden mit Farbe black verbindet. 2 1.8 1.6 1.4 » % Befehle 1.2 1 » x = [0 1 4] ; 0.8 » y = [0 1 2] ; 0.6 » plot (x, y‚ ‘ k ‘) 0.4 0.2 0 0 0.5 Bild 14.2 1 1.5 2 2.5 3 3.5 4 Verbindung von 3 Spalten bzw. Punkten (0, 0), (1,1) und (4,2) 424 14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink Darstellung eines Signals im Zeitbereich Die Eingabe einer Zeitspanne erfolgt durch die Anweisung » t = 0:delta:max, wobei delta für die Schrittweite und max für die rechte Grenze des Zeitrasters steht. In Bild 14.3 ist die Ausgabe eines Programms gezeigt, das erst im Zeitraster 0 < t < 1 ein harmonisches Signal y(t) erzeugt und dann zu einer horizontalen Linie übergeht. 5 4 3 » % Matlab-Programm 2 » t = 0:0.01:1; 1 » y1 = 5*sin(4*pi*t); 0 » plot (t, y1); -1 » hold on; -2 » x = [0 0] ; -3 » plot (x, ‘k‘); -4 -5 0 0.5 Bild 14.3 1 1.5 2 Verknüpfung von zwei Signalen Pol-Nullstellen-Darstellung Für die Ausgabe einer Matrix G mit komplexen Elementen ist die explizite Form des plot-Befehls geeignet, z. B. mit Farbe- (black) und Punkten- (o) Markierung: » plot (real(G), imag(G), ‘ko’); Bild 14.4 zeigt die grafische Darstellung von Pol- und Nullstellen eines Regelkreises mit der Übertragungsfunktion 1 0.8 0.6 0.4 0.2 G(s) = 0 -0.2 -0.4 -0.6 -0.8 -1 -0.6 -0.5 Bild 14.4 -0.4 -0.3 -0.2 Z ( s) . N (s) Unten ist das entsprechende MATLAB-Programm gegeben. Die Bereiche der x, y - Achsen werden vom Programm automatisch eingestellt. Pol-Nullstellenverteilung » N = [ −0.5 +0.5*i, −0.5 −0.5*i, −0.2+i, −0.2−i, −0.4]; » Z = [ −0.6, −0.3]; » plot (real (Z), imag (Z),' wo', real (N) , imag (N), ‘ k * ' ) 14.2 Grafik mit MATLAB 425 Manuelle Bereichseinstellung Mit Hilfe der Funktion A = axis, die mit vier Parametern [xmin, xmax, ymin, ymax] definiert wird, können die Bereiche manuell eingestellt werden. Um z. B. nur die Grenzen xmin und ymax gegenüber der automatischen Bereichseinstellung zu ändern, könnte der Aufruf der Funktion wie folgt aussehen: » axis ( [ −6, A(2), A(3), 5 ] ); 3D-Darstellung Erweitert man den plot-Befehl zu » plot3 ( x, y, z, ‘k * ’ ); so wird die Grafik dreidimensional mit schwarzen Punkten * ausgegeben. Ein Beispiel der nichtlinearen statischen Kennlinie, die für 50 Punkte berechnet wird, » x=(0:50) / 10; » plot3 ( ( 1-x ), ( 3*x ), ( 1-0.5*x ).*( 1-0.5*x ),' k- ' ) ist in Bild 14.5 gezeigt. Mit dem Befehl » [ X, Y ] = meshgrid (x, y); wird aus Variablen x und y eine Matrix berechnet, deren Zeilen und Spalten die Vektoren x, y sind. Eine Funktion, z. B. W = (Y – 1).* (X – 1) + Y.* X; kann mit folgenden Grafikfunktionen als Maschenund Kachelplots dargestellt werden: Bild 14.5 3D-Grafik mit dem plot3-Befehl » contour (X, Y, W, N); 2D-Darstellung mit N Konturlinien » contour3 (X, Y, W); 3D-Höhenlinienplot (perspektivisch) » mesh ( X, Y, W ); 3D-Gitterdarstellung » surf ( X, Y, W ); 3D-Flächen (Kachelplot) Editieren von Grafiken Die Grafiken in Plotfenster (Figure) lassen sich mit dem MATLAB-Editor getrennt als fig-Datei abspeichern, perspektivisch manipulieren (View/Camera Toolbar) und für das Erstellen der Dokumentation nachbearbeiten (Tools/EditPlot oder Insert usw.). Beim Drucken ist File/Preferences/Figure Copy Template/Copy Options zu beachten. 426 14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink 14.3 Control System Toolbox Diese Toolbox ist ein Zusatz zu MATLAB für regelungstechnische Aufgaben. Die Ermittlung von Kennlinien erfolgt mit dem Control System Toolbox einfach durch Aufruf von Funktionen, die wahlweise unten gezeigt sind. Control System Toolbox Funktion Wirkung » step Sprungantwort » dstep » roots Sprungantwort eines digitalen Kreises Gewichtsfunktion Ortskurve Bode-Diagramm Wurzeln der charakteristischen Gleichung » pzmap Pol-/Nullstellenverteilung in der s-Ebene » rlocus Wurzelortskurve » impuls » nyquist » bode Dem Benutzer wird es lediglich überlassen, die Übertragungsfunktion des zu untersuchenden Regelkreises G(s) = Z ( s) N (s) in eine entsprechende Form zu bringen. Grundsätzlich gibt es dafür drei Möglichkeiten, die nachfolgend anhand von Beispielen erläutert werden: s m + bm−1s m −1 + ... + b2 s 2 + b1s + b0 s n + a n −1 s n−1 + ... + a 2 s 2 + a1 s + a 0 • Polynomform G(s) = • Pol/Nullstellen-Darstellung G(s) = K 0 • Linearfaktoren-Form G(s) = K ( s − s N1 )( s − s N2 )...( s − s Nm ) ( s − s P1 )( s − s P2 ) ... ( s − s Pn ) (1 + sT N1 )(1 + sT N2 )...(1 + sTNm ) . (1 + sTP1 )(1 + sTP2 )...(1 + sTPn ) Polynomform Hierfür werden Zähler und Nenner der Übertragungsfunktion als Polynome dargestellt, z. B. G(s) = 2s 2 + s + 1 Z ( s) = , N (s) s 3 + 7 s 2 + 9s + 1 die dann im MATLAB als Vektoren eingegeben werden: » num = [ 2 1 1 ]; » den = [ 1 7 9 1 ]; 14.3 Control System Toolbox 427 Für ein P-T2-Glied G(s) = 1 2 s + 2α ⋅ s + β mit D = 2 α β ist eine spezielle MATLAB-Funktion ord2(β , D) vorhanden. Sind z. B. β = 2,0 s−1 und D = 0,5, so wird die Übertragungsfunktion wie folgt eingegeben: » [num, den] = ord2 (2.0, 0.5); Ein Totzeitglied Tt wird mit einer Pade-Funktion n-ter Ordnung approximiert: G ( s ) = e − sTt = 1 − sTt + 1 1 ( sTt ) 2 − ( sTt ) 3 + ... . 2! 3! Die MATLAB-Funktion pade (Tt, n) ist z. B. für die Totzeit Tt = 0,5 s und n = 1: » [num, n] = pade (0.5, 1); Die Beispiele von MATLAB-Funktionen für die Polynomform sind unten gegeben. Control System Toolbox Funktion Wirkung » bode (num, den) Erstellen des Bode-Diagramms » dcgain (num,den) Berechnung der Kreisverstärkung K0 bzw. G(0) » printsys (num, den) Bildschirmausgabe der Übertragungsfunktion » step (num, den) Ermittlung der Sprungantwort Pol-Nullstellen-Darstellung Eine durch Pol- und Nullstellen vorgegebene Übertragungsfunktion G(s) = K 0 ( s − s N1 )( s − s N2 )...( s − s Nm ) ( s − s P1 )( s − s P2 ) ... ( s − s Pn ) wird mit der Funktion zp2tf in eine Polynomform transferiert: » z = [ sN1 sN2 … sNm ]; » p = [ sP1 sP2 … sPn ]; » k = Ko; » [ num, den ] = zp2tf ( z, p, k ); Normalform mittels Linearfaktoren Liegt die Übertragungsfunktion zerlegt in Linearfaktoren vor: G(s) = K (1 + sT N1 )(1 + sTN2 )...(1 + sTNm ) , (1 + sTP1 )(1 + sTP2 ) ... (1 + sTPn ) so sollte sie entweder in Polynomform oder Pol-/Nullstellen-Darstellung umgewandelt werden. Im letzten Fall werden die Pol- und Nullstellen ermittelt: 428 14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink z1 = − 1 z2 = − TN1 p1 = − 1 TP1 p2 = − 1 TN2 … 1 …, TP2 die dann mittels der Funktion zp2tf in die Polynomform transferiert werden: » z = [ z1 z2 … ]; » p = [ p1 p2 … ]; » k = K * (TN1 * TN2 *... ) / (TP1 * TP2 *... ); » [ num, den ] = zp2tf ( z, p, k ); • Beispiel 14.1 Es soll die Sprungantwort eines P-T1-Gliedes GS ( s) = K PS K PS k bzw. GS ( s ) = = 1 + sT1 T1 ( s + s P1 ) s + s P1 mit Kennwerten KPS = 2 und T1 = 0,5 s simuliert werden. Das MATLAB-Programm lautet: » z = [ ]; % keine Nullstellen » p = [ −2 ]; % Polstelle bei −1/T1 » k = 4; % Proportionalbeiwert k = KPS/T1 » [ num, den ] = zp2tf ( z, p, k ); » step (num, den); Alternativ dazu kann man die Übertragungsfunktion in Polynomform darstellen GS ( s ) = 0 ⋅ s + K PS 0⋅s + 2 . = 1 + sT1 0,5 ⋅ s + 1 Dann sieht das MATLAB-Programm wie folgt aus: » num = [ 0 2 ]; » den = [ 0,5 1 ]; » step (num, den) X Aufgabe 14.1 Gegeben ist die Übertragungsfunktion des geschlossenen Kreises G(s) = K0 , ( s − s P1 )( s − s P2 ) mit K0 =0,041, sp1 = −0,29, sp2 = −0,11. Die Sprungantwort des Kreises soll simuliert werden. X Aufgabe 14.2 Die Übertragungsfunktion des geschlossenen Regelkreises G(s) = K0 s 2T22 + sT1 + 1 mit K 0 = 0,4 , T22 = 0,1 s 2 und T1 = 0,6 s ist gegeben. Gesucht ist die Sprungantwort. 14.4 Bode-Diagramm mit MATLAB 429 14.4 Bode-Diagramm mit MATLAB Das Bode-Diagramm kann mit dem MATLAB-Basismodul programmiert oder mit dem Control System Toolbox aufgerufen werden. Programmieren mit Basismodul Das nachstehende Programm enthält MATLAB-Befehle zur grafischen Darstellung −2 4 des Bode-Diagramms eines P-T1-Gliedes im Frequenzbereich 10 s−1 bis 10 s−1: G ( jω ) = K , 1 + j ωT mit K = 10 und T = 1 s. Der Amplituden- und Phasengang werden nach G ( jω ) = K 1 + (ωT ) 2 ϕ (ω ) = − arctan ωT berechnet und im logarithmischen Maßstab in zwei Fenster ausgegeben. Programmtext » title (’Bode-Diagramm eines P-T1-Gliedes’); » K = 10; Kommentar % Überschrift der Grafik % Eingabe von Parametern » T = 1; » w = logspace(−2,4); % Eingabe des Frequenzbereiches ω −2 −1 4 −1 von 10 s bis 10 s . » om = w*T; % Argument ωT » absG1 = 20*log10(K); % Berechnung des Amplitudengangs % und Umrechnung mittels % 10er Logarithmen in Dezibel » absG2 = −10*log10(1+om.*om); » absG = absG1 + absG2; » subplot(211); % Das erste von zwei Fenstern öffnen » semilogx(om, absG); % Ausgabe des Amplitudengangs % im halblogarithmischen Maßstab » grid; % Gitternetz anzeigen » subplot(212); % Das zweite Fenster öffnen » phi = −atan(om); % Berechnung des Phasengangs » semilogx(om, phi*180/3.14); % Ausgabe des Phasengangs % im halblogarithmischen Maßstab % in Grad » grid; % Gitternetz anzeigen 430 14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink • Beispiel 14.2 Das Bode-Diagramms eines Totzeitgliedes G ( s ) = e − sTt mit Tt = 0,5 s soll im Frequenzbereich 0,01 s−1 < ω < 1 s−1 mit MATLAB ermittelt werden. Die Berechnung erfolgt nach folgenden Formeln: G ( jω ) = 1 ϕ (ω ) = −ωTt Programmtext » title (’Bode-Diagramm eines Tt-Gliedes’); » K = 1; Kommentar % Titel % Eingabe von Parametern » Tt = 0.5; » w = logspace (−2, 0); % Eingabe des Frequenzbereiches ω % von 10 −2 −1 s 0 −1 bis 10 s » om = w * Tt; % Argument ω Tt » absG = 20 * log10 (K); % Berechnung des Amplitudenganges % und Umrechnung mittels % 10er Logarithmen in Dezibel » subplot (211); % Das erste von zwei Fenstern öffnen » semilogx (om, absG); % Ausgabe des Amplitudenganges % im halblogarithmischen Maßstab » grid; % Gitternetz anzeigen » subplot (212); % Das zweite von zwei Fenstern öffnen » phi = −om; % Berechnung des Phasenganges % ϕ = −ω Tt » semilogx (om, phi * 180 / 3.14); % Ausgabe des Phasenganges im % im halblogarithmischen Maßstab % in Grad » grid; % Gitternetz anzeigen X Aufgabe 14.3 Für eine PID-Regeleinrichtung 1 GR ( s) = K PR 1 + + sTv mit K PR = 20 ; Tn = 10 s ; Tv = 2 s . sTn soll das Bode-Diagramm mit MATLAB erstellt und mit dem Beispiel 5.3 verglichen werden. 14.4 Bode-Diagramm mit MATLAB 431 Bode-Diagramm mit Control System Toolbox Unter Control System Toolbox wird das Bode-Diagramm durch Aufruf der Funktion » bode (num, den) berechnet und graphisch ausgegeben. Hierfür gelten alle im Abschnitt 14.3 angesprochenen Eingabeformen. • Beispiel 14.3 Für zwei in Reihe geschalteten Glieder mit den Übertragungsfunktionen G1 ( s ) = G2 (s) = K P1 s 2T22 + sT1 + 1 K P2 1 + sT3 K P1 = 8 T1 = 7 s K P2 = 4 T3 = 0,5 s T22 = 10 s 2 soll mit MATLAB das Bode-Diagramm ermittelt werden. Die Übertragungsfunktion der Regelstrecke wird in Polynomform dargestellt GS ( s ) = K P1 s 2T22 K P2 K P1 K P2 = , 3 2 2 2 + sT1 + 1 1 + sT3 s T2 T3 + s (T2 + T1T3 ) + s (T1 + T3 ) + 1 ⋅ mit MATLAB-Anweisungen programmiert und ausgegeben (Bild 14.6). Bild 14.6 Bode-Diagramm mit Control System Tollbox zum Beispiel 14.3 432 14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink T1 = 7; T22 = 10; T3 = 0.5; % MATLAB-Skript zum Beispiel 14.3 KP1 = 8; KP2 = 4; % Eingabe von Parametern b0 = KP1 * KP2; % Koeffizienten des Zählerpolynoms a3 = T22 * T3; % Koeffizienten des Nennerpolynoms a2 = T22 + T1 * T3; a1 = T1 + T3; a0 = 1; num = [b0]; % Zählerpolynom den = [a3, a2, a1, a0]; % Nennerpolynom bode (num, den, ’k’); % Ausgabe, Farbe schwarz grid; % Gitternetz einschalten Die Asymptoten, die Eckfrequenzen ω E1, ω E2, ω E3 sowie die Durchtrittsfrequenz ω d für |GS(jω d)| = 1 und die kritische Frequenz ω kr für ϕ (ω kr) = − 180° kann man mit dem MATLAB-Editor manuell eintragen. Die Auswertung des Bildes 14.6 zeigt, dass die Werte −1 ω E1 = 0,2 s , −1 ω E2 = 0,5 s , −1 ω E3 = 0,2 s , −1 ω d = 1,5 s , −1 ω kr = 1,2 s mit den entsprechenden Ergebnissen des Beispiels 5.2 übereinstimmen. 14.5 WOK mit MATLAB Die Ermittlung einer WOK mit Control System Tollbox erfolgt mit der Anweisung » rlocus (num, den); Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises G 0 ( s ) = G R ( s ) ⋅ GS ( s ) = Z (s) N ( s) soll als Funktion des Parameters K0 in einer der in Abschnitt 12.2.3 beschriebenen Eingabeformen dargestellt werden, z. B. in Pol-/Nullstellen-Form G(s) = K 0 s m + bm−1 s m −1 + ... + b2 s 2 + b1 s + b0 s n + a n −1 s n −1 + ... + a 2 s 2 + a1s + a 0 . Mit der folgenden Anweisung kann man die K0-Werte und die entsprechenden Polstellen mit 4 Nachkommastellen in den gewünschten Punkten der WOK per Mausklick anzeigen lassen (allerdings sollte die WOK vorher mit der Anweisung hold on gesichert sein): » [k, p] = rlocfind (num,den) Weiterhin gibt es eine Anweisung zum Einschalten eines Gitternetzes in der s-Ebene für kontinuierliche und in der z-Ebene für digitale Regelkreise: » sgrid (’new’); und » zgrid(’new’) ; Mit der Option new wird die alte WOK automatisch gelöscht. 14.5 WOK mit MATLAB • 433 Beispiel 14.4 Die WOK für das in Beispiel 7.2 gegebene System 3. Ordnung G0 ( s ) = K0 ; (1 + sT1 )(1 + sT2 )(1 + sT3 ) T1 = 1 s ; T2 = 2 s ; T3 = 0,5 s ; soll mit Control System Toolbox ermittelt werden. Das MATLAB-Skript ist unten gegeben, die entsprechende WOK ist im Bild 14.7 gezeigt. T1 = 1; T2 = 2; T3 = 0.5; % Parametereingabe a3 = T1 * T2 * T3; % Berechnung von Polynom-Koeffizienten a2 = T1 * T2 + T2 * T3 + T1 * T3; a1 = T1 + T2 + T3; a0 = 1; K0 = 1; num = [ 0 % Parametereingabe 0 0 K0]; % Eingabe des Zählerpolynoms den = [ a3 a2 a1 a0]; % Eingabe des Nennerpolynoms rlocus ( num, den, ’k’ ); % Aufruf der WOK, Farbe schwarz hold on; % Ausgabe halten sgrid; % Gitternetz einschalten xlabel ( ' Reelle Achse' ); % Beschriftung der x-Achse ylabel ( ' Imaginäre Achse' ); % Beschriftung der y-Achse title ( ' Beispiel: Wurzelortskurve' ); % Beschriftung des Bildes Bild 14.7 WOK eines Kreises bestehend aus drei P-T1-Gliedern 434 14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink Kombiniert man die Anweisung rlocfind (num, den) mit den anderen im Abschnitt 12.2.3 eingeführten Toolbox-Anweisungen wie step (num, den); bode (num, den); roots; usw. so kann der Entwurf eines Regelkreises mit dem WOK-Verfahren komplett am PC-Bildschirm durchgeführt werden. • Beispiel 14.5 Gegeben ist eine Strecke mit Verzögerung 4. Ordnung, die mit dem PID-Regler geregelt wird: G0 ( s ) = K PR (1 + sTn )(1 + sTv ) K PS ⋅ , sTn (1 + sT1 )(1 + sT2 )(T32 s 2 + T4 s + 1) 2 KPS = 2; T1 = 0,5 s; T2 = 0,1 s; T3 = 0,1 s 2; T4 = 0,6 s. Der Regler soll so eingestellt werden, dass die maximale Überschwingweite xm ≤ 10% beim Führungsverhalten wird. Ohne Herleitung ist in Bild 14.8 das gewünschte Gebiet der s-Ebene gezeigt, in dem die WOK positioniert werden soll. Das Gebiet ist durch das so genannte dominierende Polpaar abgegrenzt, die im vorliegenden Fall wie folgt gegeben ist: P1 D 0 α σ β 1 − D2 P2 . 1− D 2 Bild 14.8 Zunächst versuchen wir den Regler vollzukompensieren, d. h. Tn = T1 = 0,5 s ϕD zulässiger Polbereich P1, 2 = −α ± jβ 1 − D 2 = −2,156 ± j 2,202 tan ϕ D = jω s-Ebene Dominierendes Polpaar Tv = T2 = 0,1 s. Damit liegt die Übertragungsfunktion in Polynomform vor: G0 ( s ) = K 1 s 3T32 2 + s T4 + s , mit K = K PR K PS . Tn Um die WOK mit MATLAB zu ermitteln, wird K = 1 angenommen. Nachfolgend ist das Skript mit diesem Wert und dem dominierenden Polpaar gezeigt. num = [ 0 0 0 K ]; den = [T32 T4 1 % Eingabe: Zählerpolynom 0 ]; % Eingabe: Nennerpolynom rlocus (num, den, ’k’); % WOK-Ausgabe; Linienfarbe schwarz hold on; sgrid; % Grafik halten, Gitternetz einschalten pol = [ −2.156+2.202i −2.156−2.202i ]; % Eingabe: Dominantes Polpaar plot (real (pol), imag (pol), 'k+'); % Dom. Polpaar in Grafik eintragen plot ([ –2.156 –4.085 ], [ 2.202 4], ‘k‘); % Das gewünschte Gebiet anzeigen plot ([ –2.156 –4.085 ], [–2.202 -4], ‘k‘); Die Bildschirmausgabe ist in Bild 14.9 gezeigt. Man stellt fest, dass der vollkompensierte Regler nicht in der Lage ist, das gewünschte Verhalten auch bei beliebigem KPR zu erreichen, da die WOK außerhalb des gewünschten Gebietes bzw. des dominieren den Polpaares P1,2 liegt. Um die WOK in das gewünschte Gebiet zu positionieren, kann man anders kompensieren, z. B. 14.5 WOK mit MATLAB Bild 14.9 435 WOK des Regelkreises mit dem vollkompensierten Regler mit Tn = T4 = 0,6 s und Tv = T2 = 0,5 s, oder man kann das Kreisverhalten mit dem vollkompensierten Regler korrigieren, z. B. durch die Einführung einer Nullstelle sN1 = –0,67 und einer Polstelle sP4 = –6. Damit wird die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises zu G0 ( s ) = K mit TN = − 1 + sTN ( s 3T32 1 s N1 2 + s T4 + s )(1 + sTR ) = 1,5 s , TR = − = K0 s − s N1 , s ( s − s P2 )( s − s P3 )( s − s P4 ) T = 0,17 s und K 0 = K ⋅ N . sP4 TR 1 Der weitere Entwurfsvorgang wird von K0 = 1 angefangen und interaktiv durchgeführt: » roots (den) ans = % Eingabe: Polstellen s1, s2, s3 ermitteln % Bildschirmausgabe 0 % Polstelle s1 −3.0000 + 1.0000 i % Polstelle s2 −3.0000 − 1.0000 i % Polstelle s3 » k = 1; % Eingabe: Koeffizient Ko=1 z = [ − 0.67]; % Eingabe: Nullstellen z und Polstellen p p = [−3.0000 + 1.0000 i −3.0000 + 1.0000 i − 6 0]; [num1, den1] = zp2tf (z, p, k); % Zero-Pol to Polynomform umwandeln rlocus (num1, den1, ’k’); % WOK-Ausgabe; Linienfarbe schwarz hold on; % Grafik halten, sgrid; % Gitternetz einschalten 436 14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink usw. bis zur Beschriftung-Anweisungen: xlabel(' Reelle Achse'); ylabel(' Imaginäre Achse'); title ('Wurzelortskurve nach Korrektur'); Das zufriedenstellende Ergebnis ist in Bild 14.10 gezeigt. Der Koeffizient K0 wird für einen Punkt der WOK innerhalb des gewünschten Gebietes mit der folgenden Anweisung abgelesen: [k, p] = rlocfind (num1, den1) % WOK Punkte per Mausklick abfragen k= % Bildschirmausgabe 25.9443 Bild 14.10 WOK nach Einführung einer Nullstelle sN1 = –0,67 und einer Polstelle sP4 = –6 Zum Testen der Entwurfsergebnisse im Zeitbereich kann die Sprungantwort simuliert werden: » k = 25.9443; % Eingabe: Koeffizient Ko z = [ − 0.67]; % Eingabe: Nullstellen z und Polstellen p p = [−3.0000 + 1.0000 i −3.0000 + 1.0000 i − 6 0]; [num1,den1] = zp2tf (z, p, k); % Zero-Pol to Polynomform umwandeln den2 = num1+den1; %Nenner der Übertragunsgfunktion Gw(s) step(num1, den2, ’k’) % Sprungantwort: Linienfarbe schwarz Bild 14.11 zeigt die simulierte Sprungantwort für das Führungsverhalten. 14.5 WOK mit MATLAB 437 Bild 14.11 Sprungantwort des geschlossenen Regelkreises, eingestellt nach Bild 14.10 Wird der analoge Regler durch einen gleichwertigen digitalen ersetzt, wird das vorherige Programm wie folgt fortgesetzt, die Sprungantwort ist im Bild 14.12 gezeigt: » TA = 0.5; % Eingabe: Abtastschritt [dnum, dden] = c2dm (num1, den2, TA, ’zoh’); % Digitalisieren mit linker Intervallgrenze dstep (dnum, dden, ’k’); % Sprungantwort: Linienfarbe schwarz Bild 14.12 Sprungantwort des digitalen Regelkreises, digitalisiert mit der linken Intervallgrenze Im Bild 14.12 wurde die Abtastzeit TA unangemessen groß gewählt, um das Diagramm anschaulicher zu machen. Für die Digitalisierung mit rechter Intervallgrenze wird in der Anweisung anstelle des Parameters ’zoh’ (zero-order hold) der Parameter ’foh’ (first-order hold) eingesetzt. 438 14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink 14.6 Einführung in MATLAB / Simulink MATLAB/Simulink ist eine Ergänzung zum Basismodul, das vollständig in MATLAB integriert ist, jedoch eine eigene Entwicklungsumgebung hat. Man kann damit sowohl eigene C-Programme einbinden, als auch die erstellten CQuellprogramme generieren und weiter mit dem Real-Time Workshop in Echtzeitanwendungen importieren. Mit MATLAB/Simulink kann man: • die Regelkreise nach den Wirkungsplänen sofort in ein Programm umwandeln • einzelne Blöcke durch einen Doppelklick auf das Blocksymbol konfigurieren • mit der Menü-Anweisung Simulation/Parameters die Schrittweite und die Dauer der Simulation einstellen • mit der Menü-Anweisung Simulation/Starten die Simulation ausführen und in einem Scope- oder Figure-Fenster ausgeben. Ein einfaches Modell und die Bibliotheken Das Fenster der Bibliotheken wird durch die Eingabe simulink im MATLABKommandofenster aufgerufen oder über das Fenster Launch Pad eröffnet. Über das Menü File/New ruft man das neue Fenster für den Modellaufbau auf. Die Eingabe der Modellstruktur und die Parametrierung von Blöcken erfolgt in diesem Fenster. Das verfasste Modell kann durch ein MATLAB/Simulink-Menü gestartet werden. Vorher sollten die Parameter der Simulation in einem Dialogfenster Simulation Parameters: untitled eingestellt werden. Dies wird durch die Menü-Anweisung Simulation/Parameters geöffnet. Danach wird die Start- und Stopzeit, der Typ des Integrationsschrittes (Variable step oder Fixed step) und des Integrationsverfahrens (solver option) eingegeben. Ein Beispiel des Modells ist in Bild 14.13 gezeigt. Bild 14.13 Simulierter Regelkreis mit ScopeAusgabe Eine Simulation kann man auch aus dem MATLAB-Command-Fenster bzw. aus einem MATLAB-Programm mit dem plot-Befehl aufrufen. Dafür sollten die Simulationsergebnisse in Form eines Zeitvektors t, einer Zustandsmatrix x und einer Ausgangsmatrix y gebildet werden, wie beispielsweise in Bild 14.14 gezeigt ist. Man kann einen MATLAB/Simulink-Block über die Menü-Anweisung Edit/Edit-Mask oder Options/Mask in einen neuen selbstgenannten Block umwandeln. Ein Simulink-Modell, das aus mehreren Blöcken besteht, lässt sich in einen neuen benutzerdefinierten Block (Untersystem) einbinden. Dies erfolgt über die Anweisung Edit/Create-Subsystem oder Options/Group. Nach Anklicken der Menü-Zeile LookUnder-Mask wird der Inhalt des komprimierten Modells in einem Fenster angezeigt. 14.6 Einführung in MATLAB / Simulink 439 Bild 14.14 MATLAB/Simulink-Modell mit Parameterübergabe zum MATLAB-Basismodul Liegt das exakte Modell der Regelstrecke vor, kann der Wirkungsplan mit dem MATLAB/Simulink abgebildet, konfiguriert und sofort getestet werden, was für komplizierte Regelkreise besonders wichtig ist. Nachfolgend wird gezeigt, wie man verschiedene Reglerarten mit MATLAB/Simulink abbilden und behandeln kann. Digitale Regelung mit MATLAB/Simulink Ein Regelkreis mit einem digitalen Regler und kontinuierlich arbeitender Strecke kann einfach mit Hilfe von z- und s-Transferfunktionen aus den Bibliotheken Continuous und Discrete, die man in Library Browser findet, simuliert werden. Im Wirkungsplan des Bildes 14.15 ist ein digitaler P-Regler mit Verzögerung T1 als z-Übertragungsfunktion GR ( z ) = K PR (1 − a1 ) z − a1 simuliert. Der Baustein Discrete Transfer Fon berücksichtigt die dem Regler zugehörigen Abtaster und Halteglied. Ein externes Halteglied ist am Eingang des Stellglieds bzw. der Regelstrecke vorgesehen. Die Stellgröße y(kT) wird aus dem MATLABCommand-Fenster als Treppenkurve mit dem Befehl stairs(t, y, ’k’) ausgegeben. Bild 14.15 Simulationsmodell eines digitalen Regelkreises 440 14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink Die analoge Strecke 2. Ordnung mit Verzögerung ist mit gewöhnlichen Blöcken der Bibliothek Continuous im Kreis abgebildet. Die entsprechenden Sprungantworten sind in Bild 14.16 gezeigt. Die simulierte Regelgröße stellt, wie auch zu erwarten ist, ein analoges Signal dar. Sie wird auch aus dem MATLAB-Command-Fenster mittels Anweisung plot(t, x, ’k’) aufgerufen. a) Stellgröße y(kT) b) Regelgröße x(t) Bild 14.16 Sprungantworten des digitalen Regelkreises Für die Aufnahme von simulierten Signalen bietet SIMULINK mehrere Möglichkeiten, wie Scope, numerische Displays, Ports usw. an. Entscheidet man sich für die Parameterübergabe, wie in Bild 14.15 mittels To Workspace, sollten die Formate der zu übergebenden Vektoren bzw. Dimensionen gleich sein, ggf. sollt man die Datenformate von Structure auf Array umstellen. Es reicht dafür, das Symbol des Blocks To Workspace und dann Save Format zu aktivieren. Die Signalquelle, z. B. step sollte genauso auf 1D-Format unter Interpret vector parameters as 1D umgestellt werden. 441 15 Lösungen der Übungsaufgaben Aufgabe 2.1 u Aus der Übertragungsfunktion ergibt sich unter Beachtung von ue ( s) = e 0 : s ua ( s ) = ue0 1 , ⋅ T1T2 2 T +T +T 1 s s + s 1 2 3 + T1T2 T1T2 mit T1 = R1C1 = 1 s , T2 = R2C2 = 1 s T3 = R1C2 = 0,5 s . Gemäß Korrespondenztabelle setzen wir β2 = α= 1 = 1 s-2 T1T2 T1 + T2 + T3 = 1,25 s -1 . 2T1T2 -1 -1 Die Pole errechnen sich zu s1 = − 0,5 s und s2 = − 2 s . Damit wird ua ( s ) = ue0 β 2 1 . s ( s − s1 )( s − s2 ) Die Rücktransformation in den Zeitbereich liefert die gesuchte Sprungantwort 4 − 0,5 t 1 − 2 t s + e s u . u ua ( t ) = 1 − e a 3 e0 3 ue0 1,0 0,8 0,6 0,4 0,2 0 0 2 4 6 8 t /s 10 Bild A.1 Sprungantwort zu Aufgabe 2.1 (P-T2-Glied) S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_15, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2014 442 15 Lösungen der Übungsaufgaben Aufgabe 2.2 a) Aus der Übertragungsfunktion G(s) = ua ( s ) sT1 1 = − ue ( s ) 1 + sT1 1 + sT2 u folgt mit ue ( s) = e 0 s ua ( s) = ue0 1 T2 1 − . 1 1 s + T s s + 1 T2 Die Zeitkonstanten sind: T1 = L = 10 −3 s , R1 T2 = R2 C = 0,02 s . Durch Rücktransformation in den Zeitbereich folgt u a (t ) = (e − t T1 −1+ e − t T2 ) ⋅ u e0 . b) Die Werte von ua(t) für t = 0 und t = ∞ sind: ua(0) = + ue0 und ua(∞) = − ue0 . ua ue0 1,0 0 20 40 60 80 100 t /ms −1,0 Aufgabe 2.3 Mit α = −ϕ folgt aus Gl. (2.34) uˆa = uˆe 1 + (ω T1 ) 2 ⋅ sin (ω t ) . Aufgabe 2.4 Nach einem Eingangssprung xe (t ) = xe0 ⋅ σ (t ) c−−¦ 1 xe ( s ) = ⋅ xe0 s folgt die Laplace-Transformierte Ausgangsgröße Bild A.2 Sprungantwort zu Aufgabe 2.2 (Allpaß 1. Ordnung) 15 Lösungen der Übungsaufgaben xa ( s ) = G ( s ) ⋅ 443 xe0 1 + sTv = KP xe0 . s s (1 + sT1 ) Nach dem Grenzwertsatz ist lim xa (t ) = lim s ⋅ xa ( s ) = lim G ( s) ⋅ xe0 = K P t →0 s→∞ s→∞ Tv xe0 T1 und lim xa (t ) = lim s ⋅ xa ( s ) = lim G ( s ) ⋅ xe0 = K P xe0 . t →∞ s→0 s→0 Vergleicht man die Sprungantwort mit dem Verlauf der Ortskurve, so sieht man: Das System verhält sich im Zeitbereich für t = 0 wie im Frequenzbereich für ω = ∞, bzw. für t = ∞ wie im Frequenzbereich für ω = 0. G ( jω) ω =0 = KP G ( jω) ω =∞ = KP Tv . T1 Aufgabe 3.1 Aus Gl. (3.16) folgt die Übertragungsfunktion GS ( s ) = x( s ) K = PS y ( s ) 1 + sT1 bzw. der Frequenzgang GS ( jω ) = K PS x ( jω ) . = y ( jω ) 1 + jω T1 Daraus ergeben sich: Re (GS ) = Im KPS 2 2 0 -2 -4 4 Re 0 ωE 15 -6 10 2 4 8 6 ω /s −1 K PS 1 + (ω T1 ) 2 Im (GS ) = − K PS ω T1 1 + (ω T1 ) 2 Bild A.3 Ortskurvenverlauf des P-T1-Gliedes zu Aufgabe 3.1 mit KPS = 10, T1 = 0,1 s und −1 ω E = 1/T1 = 10 s Aufgabe 3.2 Aus Gl. (3.16) folgt die Übertragungsfunktion GS ( s ) = K PS = 8 GS (jω) 40 30 20 6 L K1 cnNRb ; T1 = . = R R Rm ( Ra + Rb ) R K PS mit 1 + sT1 444 15 Lösungen der Übungsaufgaben Durch die Substitution (Ra + sLa) anstelle von Ra wird die Ankerinduktivität berücksichtigt, und wir erhalten: K PS* = Mit T2 = cnNRb 1 = K PS . La R Rm ( Ra + Rb + sLa ) 1+ s Ra + Rb La ergibt sich die Übertragungsfunktion der Strecke bei Berücksichtigung von Ra + Rb La zu einem P-T2-Glied: GS* ( s ) = K PS . (1 + sT1 )(1 + sT2 ) Aufgabe 3.3 a) Aus Bild 3.19 folgt GS ( s) = n( s ) R =− ⋅ M L (s) 2π ⋅ (cΦ 0 ) 2 s 2T 1 1 + sT1 . JR JR +s +1 (cΦ 0 ) 2 (cΦ 0 ) 2 Mit den Abkürzungen K PS = 1 R = 0,00877 2 2π (cΦ 0 ) Ws 2 T1 = L = 0,2 s R T2 = JR = 0,05 s (cΦ 0 ) 2 ergibt sich die Übertragungsfunktion zu GS ( s ) = − K PS (1 + sT1 ) . s 2 T1T2 + sT2 + 1 Das negative Vorzeichen ist durch die Abnahme der Drehzahl bei zunehmender Belastung bedingt. b) Mit M L ( s ) = β2 = folgt 1 ⋅ M L0 und s 1 1 = 102 s - 2 ; α = = 2,5 s -1 ; ω = β 2 − α 2 = 9,68 s -1 2T1 T1T2 15 Lösungen der Übungsaufgaben n( s ) = GS ( s) ⋅ M L ( s ) = − K PS β 2 445 1 + sT1 M L0 . s ( s + s ⋅ 2α + β 2 ) 2 Mittels der Beziehungen 13 und 11 der Korrespondenztabelle ergibt die Rücktransformation in den Zeitbereich n(t ) = − K PS 1 − e − α t 1 − α ⋅ T2 cos ω t − sin ω t M L0 . ω T2 c) Das negative Vorzeichen soll bei der Ortskurvendarstellung unberücksichtigt bleiben. Es bedeutet, dass jeder Punkt der Ortskurve zusätzlich um 180° gedreht wird. GS ( jω ) = K PS (1 + jω T1 ) Im 1 1 − ω 2T1T2 + jω T2 2 mit der Zerlegung Re (GS ) = K PS 1 2 (1 − ω T1T2 ) 2 + (ω T2 ) 2 6 5 7 8 4 ω=∞ 8,66 Re ω=0 1 2 3 4 9 -1 9,5 16 Im (GS ) = K PS ω T1 (1 − ω 2T1T2 ) − ω T2 . (1 − ω 2T1T2 ) 2 + (ω T2 ) 2 -2 10 14 13 -3 11 12 ω /s −1 Bild A.4 Ortskurvenverlauf zu Aufgabe 3.3 (PD-T2-Glied mit KPS = 1) Aufgabe 3.4 Der Frequenzgang folgt aus Gl. (3.78) zu GS ( jω ) = 1 1 − (ω T2 ) 2 + jω T1 mit der Zerlegung: Re (GS ) = Im (GS ) = Im ω=0 ω=∞ 1,0 Re 20 1 − (ω T2 ) [1 − (ω T2 ) 2 ]2 + (ω T1 ) 2 2 − ω T1 [1 − (ω T2 ) 2 ]2 + (ω T1 ) 2 2 15 4 12 -1,0 6 10 9 8 ω /s −1 Bild A.5 Ortskurvenverlauf zu Aufgabe 3.4 (P-T2-Glied mit KPS = 1) Mit den Abkürzungen 446 15 Lösungen der Übungsaufgaben β= 1 ; T2 α= T1 ; 2T22 D= α T1 = β 2T2 folgt β2 GS ( jω ) = ( β 2 − ω 2 ) 2 + (2αω ) 2 ∂ GS ( jω ) − 4ω ( β 2 − ω 2 ) + 8α 2ω = β2 = 0. 3 ∂ω 2 [( β 2 − ω 2 ) 2 + (2αω ) 2 ] 2 Daraus folgt ω 2 − β 2= −2α 2 bzw. ω = ωr = β 1 − 2 D 2 und GS ( jωr ) = GS ( jω ) MAX = 1 2D 1 − D 2 q.e.d. 1 Im Aufgabe 3.5 Re Der Frequenzgang zu Gl. (3.85) lautet GS ( jω ) = -1 KI jω -1 Der Betrag GS ( jω ) = ω=∞ 1 KI ω wird gleich Eins für ω = KI . ω = KI -2 ω= -3 ω= 2 ω /s−1 KI 2 KI 3 Bild A.6 Ortskurvenverlauf zu −1 Aufgabe 3.5 (I-Glied KI = 1 s ) Aufgabe 3.6 Für den Zusammenhang von Strom und Spannung an einem Kondensator gilt im Zeit- und im Bildbereich i(t ) = C i(t) u(t) du (t ) dt c−−¦ i( s) = C [ s ⋅ u ( s ) − u (0)] i(s) C bzw. nach Integration u(s) 1 sC Bild A.7 Strom und Spannung an einer Kapazität im Zeitbereich (links) und im Bildbereich (rechts) 15 Lösungen der Übungsaufgaben t t i (τ ) dτ = C 0 t 0 447 du (τ ) dτ dτ i (τ ) dτ = C [u (t ) − u (0)] u (t ) = 0 1 C t i(τ ) dτ + u(0) . 0 Für Anfangswert u(0) = 0 erhalten wir 1 u (t ) = C t i(τ ) dτ c−−¦ u(s) = 0 1 i(s) . sC Aufgabe 3.7 a) Anhand von Bild 3.31 folgt sofort Fb (t ) = K [vs (t ) − v a (t )] . b) Die vom Linearmotor erzeugte Kraft dient der Beschleunigung der Masse m m dv a (t ) = K [v s (t ) − v a (t )] dt m dv a (t ) + v a (t ) = vs (t ) K dt , m dv a (t ) + K v a (t ) = K vs (t ) dt T1 dv a (t ) + v a (t ) = vs (t ) . dt T1 c) Die Übertragungsfunktion folgt durch Laplace-Transformation GS1 ( s ) = va (s) 1 . = vs ( s ) 1 + sT1 d) Der Zusammenhang zwischen Weg x und Geschwindigkeit va ist v a (t ) = dx(t ) dt c−−¦ v a ( s ) = s ⋅ x( s ) Damit erhält man GS ( s) = x( s) = GS1 ( s ) ⋅ GS2 ( s ) . vs ( s ) GS ( s) = x( s) 1 = vs ( s) s (1 + sT1 ) GS2 ( s) = x( s ) 1 = . v a (s) s 448 15 Lösungen der Übungsaufgaben v e) Mit v s ( s ) = s0 s x /m 3 folgt v 1 x( s ) = GS ( s ) ⋅ s0 = v s0 . 2 s s (1 + sT1 ) Die Rücktransformation in den Zeitbereich entspricht der Gl. (3.100) x(t ) = v s 0 [t − T1 (1 − e 2 T1 1 − t T1 0 )] . 0 1 2 3 t 4 T1 Bild A.8 Sprungantwort zu Aufgabe 3.7 (I-T1-Glied für vs0 = 1 m/s) Aufgabe 4.1 a) Aus Bild 4.17 ergibt sich die Führungsübertragungsfunktion K PR K IS x( s ) = w( s ) s + K PR K IS Gw (s) = Für w w( s ) = 0 s folgt x( s ) = K PR K IS w0 s ( s + K PR K IS ) Nach dem Grenzwertsatz gilt lim x(t ) = lim s ⋅ x( s) = w0 , t →∞ s→0 d. h. die bleibende Regeldifferenz verschwindet. e(∞) = w0 − x(∞) = 0 . b) Entsprechend folgt aus Bild 4.17 die Störübertragungsfunktion Gz ( s) = K IS x( s ) . = z ( s) s + K PR K IS Mit z z (s) = 0 s wird 15 Lösungen der Übungsaufgaben x( s ) = 449 K IS z0 s ( s + K PR K IS ) und nach dem Grenzwertsatz lim x(t ) = lim s ⋅ x( s) = t →∞ s→0 z0 . K PR In diesem Fall ist e( ∞ ) = x ( ∞ ) = z0 , K PR da in der Störübertragungsfunktion x nicht den Absolutwert, sondern nur die Änderung infolge z darstellt. c) Bei einem Führungssprung wird der vorgegebene Wert von der Regelgröße asymptotisch erreicht, d. h. die bleibende Regeldifferenz wird Null. Dagegen wird der Einfluss eines Störsprungs mit zunehmendem KPR verringert aber nicht beseitigt. Aufgabe 4.2 Die Störübertragungsfunktion lautet sK IS x( s ) = . 2 z ( s ) s + K IR K IS Gz (s) = Für z (t ) = z 0 ⋅ σ (t ) c−−¦ z z(s) = 0 s ist x( s ) = K IS 2 s + K IR K IS z0 und nach Rücktransformation folgt als Sprungantwort x(t ) = z 0 K IS ⋅ sin( K IR K IS ⋅ t ) , K IR eine Dauerschwingung mit der Amplitude z0 K IS K IR um den Nullpunkt. D. h. die mittlere Regeldifferenz wird zu e (∞ ) = 0 . 450 15 Lösungen der Übungsaufgaben Aufgabe 4.3 R R R1 − + R1 C e R2 − + yR R Bild A.9 PI-Regler mittels Operationsverstärker zu Aufgabe 4.3 − + Aus dem Schaltbild folgt die Übertragungsfunktion y ( s ) R2 1 GR (s ) = R = 1 + , e( s ) R1 sCR R2 und Tn = CR . R1 worin K PR = Aufgabe 4.4 Für Tn = T1 erhält man aus Gl. (4.71) Gz ( s) = sK PS 2 1 + K PR K PS K PR K PS + T 1 s + s T1 T12 . Daraus folgt mit β2 = D= K PR K PS T12 ; α= 1 + K PR K PS 2T1 α 1 + K PR K PS = β 2 K PR K PS 1 3 − − ∂D 1 1 = ( K PR K PS ) 2 K PS − (1 + K PR K PS ) ( K PR K PS ) 2 K PS = 0 ∂K PR 2 2 2 K PR K PS − 1 − K PR K PS = 0 K PR = 1 . K PS Die minimale Dämpfung beträgt D =1. 15 Lösungen der Übungsaufgaben 451 Aufgabe 4.5 Der Frequenzgang des PD-T2-Reglers lautet GR ( jω ) = y R ( jω ) 1 + jω Tv = K PR . e( j ω ) 1 − (ω T2 ) 2 + jω T1 Zur Kurvendiskussion wird GR(jω) in Real- und Imaginärteil zerlegt Re (GR ) = K PR 1 − (ω T2 ) 2 + ω 2T1Tv [(1 − (ω T2 ) 2 ]2 + (ω T1 ) 2 Im (GR ) = K PR ω Tv [1 − (ω T2 ) 2 ] − ω T1 . [(1 − (ω T2 ) 2 ]2 + (ω T1 ) 2 0,6 0,4 Im 10 0,2 0,8 0 -10 ∞ 10 20 30 3 2 40 - 10 Re 50 1,0 Bild A.10 Ortskurvenverlauf zu Aufgabe 4.5 (PD-T2-Glied) 3 - 20 1,2 2,0 ω /s −1 1,4 - 30 Aufgabe 4.6 Die Führungsübertragungsfunktion des Regelkreises ergibt sich zu Gw (s) = K PR K IS (1 + sTv ) x( s ) = w( s ) K PR K IS + s (1 + K PR K ISTv ) bzw. mit der Abkürzung α= K PR K IS 1 + K PR K ISTv Gw (s) = α Tv < 1 1 + sTv x( s ) =α w( s ) s +α Für w(t ) = w0 ⋅ σ (t ) c−−¦ wird x( s ) = α 1 + sTv w0 . s(s + α ) w( s ) = w0 s 452 15 Lösungen der Übungsaufgaben Nach Rücktransformation in den Zeitbereich folgt x(t ) = [1 − (1 − αTv )e −α t ] w0 . x 1 α w0 Bild A.11 Führungssprungantwort zu Aufgabe 4.6 w0αTv 0 0 t Aufgabe 6.1 a) Die charakteristische Gleichung ergibt sich aus 1 + G R ( s )GS ( s ) = 0 zu 1 + K PR K PS 1 (1 + sT1 ) 3 =0 bzw. s 3 ⋅ T13 + s 2 ⋅ 3T12 + s ⋅ 3T1 + 1 + K PR K PS = 0 . , , a3 a1 a2 a0 Nach Hurwitz ist ein System 3. Ordnung instabil für a1a 2 − a3 a 0 = 9T13 − (1 + K PR K PS )T13 < 0 bzw. K PR > 8 . K PS b) Für K PR = K PRkr = x( s ) = w 8 und w( s ) = 0 ist s K PS 8 3 s [(1 + sT1 ) + 8] ⋅ w0 = Mittels Grenzwertsatz folgt daraus lim x(t ) = lim s ⋅ x( s) = t→ ∞ s→ 0 8 w0 9 bzw. die bleibende Regeldifferenz w e(∞) = w0 − x(∞) = 0 . 9 8 T13 ⋅ 1 3 3 s s + s 2 + T1 T12 ⋅ w0 . 15 Lösungen der Übungsaufgaben 453 c) Aus Gl. (6.12) bzw. Gl. (6.13) folgt für α = 0 a0 = a2 ω = ω kr = a1 3 . = a3 T1 Aufgabe 6.2 a) Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises lautet G0 ( s) = G R ( s) ⋅ GS ( s ) = K PR K PS 1 + sTn sTn ( s 2T22 + sT1 + 1) mit der Polverteilung s 2 = 0,1 s −1 ; s1 = 0 ; s3 = 0,05 s −1 . Es ist also ni = 1 und nr = 0. Nach dem Nyquist-Kriterium (Bedingung 6.43) muss bei Stabilität die Winkeländerung Δϕ = (2n r + ni ) ⋅ π 2 =+ π 2 betragen. Wir diskutieren zunächst den Ortskurvenverlauf von G0 ( jω ) = K PR K PS 1 + jω Tn ⋅ ω Tn − ω T1 + j [1 − (ω T2 ) 2 ] mit der Zerlegung Re (G0 ) = K PR K PS T [(1 − (ω T2 ) 2 ] − T1 ⋅ n 2 Tn (ω T1 ) + [(1 − (ω T2 ) 2 ]2 Im (G0 ) = K PR K PS − ω 2TnT1 − 1 + (ω T2 ) 2 ⋅ . ω Tn (ω T1 ) 2 + [(1 − (ω T2 ) 2 ]2 Im 10 Δϕ -30 -20 -10 Asymptote G0(jω) ω Re -1 10 -10 -20 -30 Bild A.12 Stabilitätsbetrachtung nach Nyquist: P-T2-Strecke und PI-Regler (instabil) 454 15 Lösungen der Übungsaufgaben Wie der Ortskurvenverlauf zeigt, beträgt die Winkeländerung des Fahrstrahls [1 + G0(jω)] 3 2 Δϕ = − π , d. h. der Regelkreis ist instabil. b) An der Stabilitätsgrenze muss die Ortskurve G0(jω) durch den kritischen Punkt Pkr = −1 gehen, d. h. für Im [G0 ( jω kr )] = 0 Re [G0 ( jω kr )] = muss −1 sein. Daraus folgt T2 − K PR K PS 2 − 1 = −1 Tn T1 K PR K PS T2 Tn = 2 ⋅ = 5, 5 s . T1 1 + K PR K PS c) Durch die Hinzunahme des D-Anteils wird die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises G0 ( s ) = K PR K PS ⋅ s 2Tn Tv + sTn + 1 sTn ( s 2T22 + sT1 + 1)] . Die Polverteilung ändert sich gegenüber a) nicht, und die Forderung ! Δϕ =+ π 2 bleibt bestehen. Die Zerlegung des Frequenzganges G0(jω) in Real- und Imaginärteil liefert: Re (G0 ) = K PR K PS Tn [(1 − (ω T2 ) 2 ] − T1 (1 − ω 2TnTv ) ⋅ Tn (ω T1 ) 2 + [(1 − (ω T2 ) 2 ]2 Im (G0 ) = − K PR K PS ω 2TnT1 + (1 − ω 2TnTv )[1 − (ω T2 ) 2 ] ⋅ . ω Tn (ω T1 ) 2 + [1 − (ω T2 ) 2 ]2 (A.1) (A.2) An der Stabilitätsgrenze muss für Im [G0 (ω kr )] = 0 (A.3) Re [G0 (ω kr )] = −1 (A.4) sein. Die erste Bedingung (A.3) liefert mit Gl. (A.2) 15 Lösungen der Übungsaufgaben 455 2 ωkr TnT1 . 1 − (ωkrT2 ) 2 (A.5) 2 (1 − ωkr TnTv ) = − Gl. (A.5) in Gl. (A.1) unter Berücksichtigung der Bedingung (A.4), eingesetzt, ergibt Re [G0 (ω kr )] = K PR K PS = −1 1 − (ω krT2 ) 2 bzw. 2 ω kr = 1 + K PR K PS T22 = 0,03 s -2 . 2 Mit ω kr in Gl. (A.5) eingesetzt, folgt Tv = 2 ωkr 1 TnT1 ⋅ + 1 = 2, 3 s . 2 ωkr Tn 1 − (ωkrT2 ) 2 Für Tv > 2, 3 s wird die Ortskurve in der in Bild A.13 gezeigten Weise verformt. Die resultierende Winkeländerung ist dann, wie bei Stabilität gefordert, Δϕ = + Im -20 -10 G0(jω) Asymptote 2 . 10 -1 -30 π ω Re Δϕ 10 -10 Bild A.13 Stabilitätsbetrachtung nach Nyquist: P-T2-Strecke und PID-Regler (stabil) -20 -30 Aufgabe 8.1 Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises lautet: G0 ( s ) = K PR K PS (1 + sTn ) . sTn (1 + sT1 )(1 + sT2 )(1 + sT3 ) Zunächst wird die größte Zeitkonstante der Regelstrecke mit der Zeitkonstante des Reglers kompensiert, d. h. Tn = Tgrößte= T1 = 8,5 s. 456 15 Lösungen der Übungaufgaben Da T2 ≥ 5⋅T3 gilt, werden die beiden restlichen Zeitkonstanten durch eine Zeitkonstante TE ersetzt: TE = T2 + T3 = 7,7 s. Damit entspricht die Übertragungsfunktion des offenen Kreises dem Grundtyp A. Nach dem Betragsoptimum für Grundtyp A folgt: G0 ( s ) = K PR ⋅ K PSy sTn ⋅ (1 + sTE ) K PR = Tn 2 ⋅ K PSy ⋅ TE = 6,9 . Aufgabe 8.2 Für die gegebenen Werte Tv = T1 und TR = 0 ergibt sich die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises zu G0 ( s ) = K 0 1 + sT1 , 1 − sT1 worin K0 = KPR KPS ist. Es gilt nr = 1 und ni = 0. Um das Bode-Diagramm zu ermitteln, wird KPR = 1 bzw. 20 lgK0 = −12 dB angenommen. Die Null- und Polstelle haben gleiche Realteile, jedoch mit unterschiedlichen Vorzeichen. Dadurch kompensieren sich die positive und negative Steigungen des Amplitudengangs gegenseitig im Bode-Diagramm (Bild A.14). ⏐G⏐dB 0 dB 10−2 20 lgK0 ΔdB − 90° ω +20 dB/Dek 1/T1 90° 0° 100 −20 dB/Dek − 20 dB ϕ(ω) 10−1 10−2 1 S0 = + 2 − 180° 10−1 ϕ1(ω) 100 ω ϕ(ω)=ϕ1(ω)+ϕ2(ω) Bild A.14 Bode-Diagramm des offenen Kreises G0 ( s) = K 0 1 + sT1 1 − sT1 ϕ2(ω) Die Stabilitätsbedingung nach dem vollständigen Nyquist-Kriterium (6.61) (im vorliegendem Fall υp − υn = 0,5) wird erst dann erfüllt, wenn die 0-dB-Linie um ΔdB = 12 dB bzw. Δ K = 4 nach unten verschoben wird, weil dann der einzige halbe positive Schnittpunkt (S0 = + 1/2) in Betracht kommt. Der geschlossene Kreis wird bei KPR > Δ K bzw. KPR > 4 stabil. Aufgabe 9.1 Für xt = 0 ist der Regelkreis linear. Die charakteristische Gleichung folgt aus 1 + 1 = 0 bzw. G R ( s )GS ( s ) 15 Lösungen der Übungsaufgaben 457 s 3 TI T22 + s 2 TI T1 + sTI + K S = 0 . , , , a3 a2 a1 a0 Nach Hurwitz muss bei Stabilität a1a 2 − a 0 a 3 = TI2T1 − K STIT22 > 0 bzw. T2 TI > K S 2 = 0,4 s T1 sein. Demzufolge ist im Fall a) (TI < 0,4 s) das System instabil und im Fall b) (TI > 0,4 s) stabil. Aufgabe 11.1 Der Wirkungsplan des analogen Regelkreises ist im Bild A.15 gezeigt. Der geschlossene Kreis hat den P-T1-Verhalten G0 ( s ) Gw (s) = = 1 + G0 ( s) K IR K PS K IR K PS 1 s = = K IR K PS s + K IR K PS 1 s 1+ 1+ K IR K PS s mit der Zeitkonstante Tw = 1 1 = = 0,0625 s − K IR K PS 2 s 1 ⋅ 8 und dem Proportionalbeiwert KPw = 1. Beim Eingangsprung w0 =2 erreicht die Regelgröße den Beharrungszustand x(∞) = KPw ⋅w0 = 2, wie die Kurve in Bild A.16 zeigt. Wird der analoge Regler durch einen digitalen I-Regler ersetzt, kommen die Differenzengleichungen in Betracht: • Regler: e + e k −1 y k = y k −1 + K IR ⋅ TA ⋅ k 2 • Additionsstelle: e k = wk − x k • Regelstrecke: x k = K PS ⋅ y k Ersetzt man yk−1 und yk durch xk−1 und xk x y k −1 = k −1 , K PS yk = KIR w + e y KPS x − Bild A.15 Wirkungsplan des analogen Regelkreises xk , K PS so ergibt sich die Gleichung des geschlossenen Regelkreises zu xk x e + e k −1 x k −1 w − x k + wk −1 − x k −1 . = k −1 + K IR ⋅ TA ⋅ k = + K IR ⋅ TA ⋅ k K PS K PS K PS 2 2 458 15 Lösungen der Übungaufgaben Unter Beachtung wk−1 = wk für den Eingangssprung findet man schließlich die rekursive Formel für die abgetastete Regelgröße: xk = 1 − 0,5 ⋅ K IR ⋅ K PS ⋅ TA 2 ⋅ K IR ⋅ K PS ⋅ TA ⋅ x k −1 + ⋅ wk −1 1 + 0,5 ⋅ K IR ⋅ K PS ⋅ TA 1 + 0,5 ⋅ K IR ⋅ K PS ⋅ TA Daraus folgt für die Kennwerte des Regelkreises: xk = 1 − 0,5 ⋅ 2 s −1 ⋅ 8 ⋅ 0,05 s 1 + 0,5 ⋅ 2 s −1 ⋅ 8 ⋅ 0,05 s ⋅ x k −1 + 2 ⋅ 2 s −1 ⋅ 8 ⋅ 0,05 s 1 + 0,5 ⋅ 2 s −1 ⋅ 8 ⋅ 0,05 s ⋅ wk −1 bzw. x k = 0,43 ⋅ x k −1 + 0,57 ⋅ wk −1 Die Sprungantwort wird berechnet, angefangen von x0 = 0 und w0 = 2. Daraus ergibt sich das P-T1-Verhalten (Bild A.16): x1 = 0,43 ⋅ 0,00 + 0,57 ⋅ 2 = 1,14 x 2 = 0,43 ⋅1,14 + 0,57 ⋅ 2 = 1,63 x(t) 2,0 1,0 x 3 = 0,43 ⋅1,63 + 0,57 ⋅ 2 = 1,84 x 4 = 0,43 ⋅1,84 + 0,57 ⋅ 2 = 1,93 0 2TA x 5 = 0,43 ⋅1,93 + 0,57 ⋅ 2 = 1,97 x 6 = 0,43 ⋅1,99 + 0,57 ⋅ 2 = 1,99 4TA 6TA t/s Bild A.16 Sprungantworten zu Aufgabe 11.1 Aufgabe 11.2 Der gegebene analoge I-Algorithmus wird zuerst differenziert y (t ) = K I e(t ) und nach der Rechteckregel mit t = kTA unter folgendem Ansatz digitalisiert (Bild A.17): y − yk −1 y (t ) ≈ k TA 0.7 0.6 e k yk = yk −1 + K I TAek −1 , 0.5 wonach die (yk)-Folge aus der gegebenen 0.4 y (ek)-Folge ek = 2(kTA ) 2 berechnet wird. k 0.3 0.2 0.1 0 0 e(t ) ≈ ek −1 0.2 0.4 0.6 0.8 1 Bild A.17 Ein- und Ausgangsfunktionen des analogen und digitalisierten I-Algorithmus Um das Ergebnis zu prüfen, kann man die gegebene Eingangsfunktion als Step-Block e = 4 mit dem nachgeschalteten Doppel-IGlied mit MATLAB/Simulink simulieren, wie in Bild A.18 gezeigt ist. Die Begrenzung e(t) = 0,5 ist mit dem Block Saturation und die Abtastung mit Zero-Order-Hold Blöcken berücksichtigt. 15 Lösungen der Übungsaufgaben 459 To Workspace Sample time 0.1 e(t) yk Integrator 1 1 s Zero -Order 1 sample time 0.5 Saturation von 0 bis 0.5 1 s Step e =4 Integrator 2 1 s 2 Ki=2 Integrator Zero -Order sample time 0.5 k Clock Zero -Order 2 sample time 0.5 To Workspace sample time 0.1 Bild A.18 Simulation eines digitalisierten I-Reglers mit dem Eingangssignal e(t) = 2 t2. Die Treppenfunktion (yk) = f(ek), erstellt mit dem MATLAB-Befehl stairs (k, yk), ist im Bild A.17 gezeigt. Für die kontinuierliche Funktion y(t) = f{e(t)} gilt der MATLAB-Befehl plot(k, yk). Aufgabe 11.3 Die Differenzengleichung wird aus der Differentialgleichung nach dem Typ I für zwei Abtastschritte i = k und i = k − 1 abgeleitet: TR T k y Rk − y Rk −1 + y Rk = K PR e k + K PR A ei Tn i =1 TA TR T k −1 y Rk −1 − y Rk − 2 + y Rk −1 = K PR ek −1 + K PR A ei . Tn i =1 TA Daraus bilden wir den Zuwachs der Stellgröße beim Schritt k Δy Rk = y Rk − y Rk −1 bzw. y − y Rk −1 y Rk −1 − y Rk − 2 − TR Rk TA TA T = K PR (ek − e k −1 ) + K PR A Tn + Δy Rk = k −1 k e − ei . i i =1 i =1 Unter Beachtung k i =1 ei − k −1 ei = e k i =1 und mit Bezeichnungen Δy Rk −1 = y Rk −1 − y Rk − 2 und Δe k = ek − e k −1 ergibt sich die Lösung aus der letzten Gleichung zu 460 15 Lösungen der Übungaufgaben TR (Δy Rk − Δy Rk −1 ) + Δy Rk = K PR Δek + K PR TA TA ek . Tn Aufgabe 11.4 a) Nach analogem PI-Regelalgorithmus 1 y R (t ) = K PR e(t ) + Tn e(t )dt erreicht die Stellgröße den Wert yR = 6 zum Zeitpunkt t = 2,0 sec, wie aus der Sprungantwort für den Eingangssprung e0 = 2 ersichtlich (Bild A.19). yR(t) 5 KPR⋅e0 4 Bild A.19 Sprungantwort des analogen PI-Reglers 3 2 KPR⋅e0 1 0 Tn t /s 0,5 1,0 1,5 b) Der digitalisierte PI-Regelalgorithmus lautet: y Rk = y Rk -1 + K PR (ek − ek −1 ) + K PR TA ek −1 Tn T y Rk = y Rk -1 + K PR ek − 1 − A Tn ek −1 . bzw. Vor dem Eingangssprung ist k = 0 und ek-1 = 0, yk-1 = 0. Nach dem Sprung sind die abgetasteten Werte e0 = e1 =.. . = e4 = 2. Damit ergibt sich für die Stellgröße (Bild A.20): yR0 = 0,00 + 1,5⋅(2 − 0,75⋅0) = 3,0 yR1 = 3,00 + 1,5⋅(2 − 0,75⋅2) = 3,75 yRk 6 5 yR4 4 3 2 1 0 yR0 yR1 TA yR2 yR2 = 3,75 + 0,75 = 4,50 yR3 yR3 = 4,50 + 0,75 = 5,25 yR4 = 5,25 + 0,75 = 6,00 4TA t /s Bild A.20 Sprungantwort des digitalen PIReglers mit TA= 0,5 s 15 Lösungen der Übungsaufgaben 461 Aufgabe 12.1 Das MATLAB/Simulink-Programm des Regelkreises mit dem PI-Regler ist in Bild A.21 gezeigt. Der Regler hat gleiche Einstellung wie der Smith-Prädiktor in Bild 12.4. Bild A.21 MATLAB/Simulink-Programm des Regelkreises mit dem „klassischen“ PI-Regler Mit dem Befehl plot (t, y) wird die Sprungantwort ausgegeben, die in Bild A.22 dargestellt ist. Der Sprung der Führungsgröße w0 = 1 erfolgt zum Zeitpunkt t = 5 s. Aus dem Bild A.22 folgt, dass der Regelkreis mit dem PIRegler instabil ist. Bild A.22 Sprungantwort des Kreises mit PI-Regler zu Aufgabe 12.6 Aufgabe 12.2 Es werden alle vier Eingangswerte (0, 0), (0, 1), (1, 0) und (1, 1) nacheinander dem KNN vorgegeben. Die Netzantwort y = 1 wird zur Klasse A und y = 0 zur Klasse B zugeordnet. Die Lösung ist im Bild A.23 gezeigt. Daraus erkennt man sofort, dass das KNN die logische Funktion XOR gelernt hat. Charakteristisch für die Mehrschicht-KNN ist die Klassifizierung mit Hilfe von mehreren Geraden. Das entsprechende MATLAB-Programm ist unten gezeigt. x1 = 1; x2 = 1; % Eingabe für Punkt (1, 1) Av = − 6.4 * x1 − 6.4 * x2 + 2.2; % Aktivierung des verdeckten Neurons v = 1 / (1 + exp (− Av) ); % Ausgang des verdeckten Neurons 462 15 Lösungen der Übungaufgaben Ay = −4.2 * x1 −4.2 * x2 − 9.4 * v + 6.3; if Ay > 0 % Aktivierung des Ausgangsneurons % Transferfunktion y = 1; % Klasse A plot (x1, x2, ‘x’); % Graphische Darstellung mit „x“-Zeichen elseif Ay < 0 y = 0; plot (x1, x2,’o’); end hold on % Klasse B % Graphische Darstellung mit “o”-Zeichen % Ende der if-Blocks % Die Grafik im Fenster halten Bild A.23 Klasseneinteilung des trainierten KNN Aufgabe 14.1 Die Sprungantwort (Bild A.24) des Regelkreises mit Übertragungsfunktion G(s) = K0 , ( s − s P1 )( s − s P2 ) mit K0 = 0,041 sp1 = − 0,29 sp2 = − 0,11 ist nach dem folgenden Programm simuliert: » z = [ ]; » p = [ − 0.29 −0.11 ]; Bild A.24 Sprungantwort eines P-T2-Gliedes mit sp1 = − 0,29 und sp2 = − 0,11 » k = 0.041; » [ num, den ] = zp2tf ( z, p, k ) ; » step ( num, den, ’k’ ) 15 Lösungen der Übungsaufgaben 463 Aufgabe 14.2 Nach MATLAB-Anweisungen » pol = [ 0.1 0.6 1]; » roots(pol) werden die Polstellen des Nennpolynoms ermittelt ans = −3.0000 +1.0000i −3.0000 −1.0000i und in das folgende Programm eingesetzt. » z = [ ]; » p = [−3.0000+1.0000i −3.0000 −1.0000i ]; » k = 0.4; » [ num, den ] = zp2tf ( z, p, k) ; » step( num, den ) Aufgabe 14.3 Zunächst wird die Übertragungsfunktion des PID-Reglers GR(s), wie in Beispiel 5.3. gezeigt, in zwei PD-Glieder G1(s), G2(s) und ein I-Glied G3(s) zerlegt: G R ( s ) = G1 ( s ) ⋅ G 2 ( s ) ⋅ G3 ( s ) = K PR (1 + sTn′ )(1 + sTv′ ) . sTn Die Zeitkonstanten sind: Tn′ = 7,24 s ; Tv′ = 2,76 s , Tn = Tn′ + Tv′ = 10 s . Die Berechnung des Amplituden- und Phasenganges erfolgt nach folgenden Formeln: absG1 = 20 lg G1 ( jω ) = 20 lg K PR + 10 lg [1 + (ωTn′ ) 2 ] ϕ1 = arctan ωTn′ absG 2 = 20 lg G2 ( jω ) = 10 lg[1 + (ωTv′ ) 2 ] ϕ 2 = arctan ωTv′ absG3 = 20 lg G3 ( jω ) = −20 lg(ωTn ) ϕ 3 = −π / 2 . Der Verlauf des ermittelten Bode-Diagramms ist im Bild A.25 gezeigt. Die mit MATLABEditor manuell eingetragenen Asymptoten lassen die Ergebnisse auswerten. Der ω -Bereich von 10 −2 −1 s bis 10 −1 −1 s ist durch Eckfrequenzen ω E1 und ω E2 (Variablen omn, omv) unterteilt: ω E1 = 1/ T’n = 0,138 s−1 ω E2 = 1/ T’v = 0,362 s−1. −1 Der Amplitudengang des I-Gliedes soll die ω -Achse für KI0 = KPR/Tn = 2 s schneiden. Der KPR-Wert kann aus 20⋅lg (KPR) = 26 dB ermittelt werden. Für ϕ (ω 0 ) = 0° wird ω0 = 1 Tn Tv = 0,223 s -1 und G R ( jω 0 ) = K PR . 464 15 Lösungen der Übungaufgaben Das MATLAB-Programm ist unten gezeigt. K = 20; % Eingabe von Parametern Tn = 7.24; Tv = 2.76; w = logspace(−2,1); % ω-Bereich 10 omn = w*Tn; % ω Tn omv = w*Tv; % ω Tv omnv = w*(Tn+Tv); % ω (Tn + Tv) −2 −1 s 1 −1 bis 10 s absG1 = 20*log10(K)+10*log10(1+omn.*omn) ; % Berechnung des Amplitudengangs absG2 = 10*log10(1+omv.*omv); absG3 = -10*log10(omnv.*omnv); absG = absG1 + absG2+absG3; subplot(211); % Das erste Fenster öffnen semilogx(w, absG); grid; % Ausgabe des Amplitudengangs subplot(212); % Das zweite Fenster öffnen phi1= atan(omn); % Berechnung des Phasengangs phi2=atan(omv); phi3=-pi/2; phi = phi1+phi2+phi3; semilogx(w, phi*180/pi); grid; ω E1 % Der Phasengang (in Grad) K Io ω0 ω E2 Bild A.25 Bode-Diagramm eines PID-Gliedes mit K PR = 20 ; Tn′ = 7, 24 s ; Tv′ = 2,76 s Tabellen 465 Anhang Rechenregeln der Laplace-Transformation Satz Rechenregel ∞ Definition der LaplaceTransformation L [ x(t )] = x( s ) = x(t ) ⋅ e − s t ⋅ dt 0 Linearitätssatz L [a ⋅ x1 (t ) + b ⋅ x2 (t )] = a ⋅ L [ x1 (t )] + b ⋅ L [ x2 (t )] Dämpfungssatz L [e − a t ⋅ x(t )] = x( s + a) mit x(s) = L [ x(t )] Differentiationssatz d n x(t ) L = n dt = s n ⋅ L [ x(t )] − s n −1 ⋅ x(0) − s n − 2 ⋅ x (0) − ... − s ⋅ x ( n − 2) (0) − x ( n −1) (0) t 1 L x(τ ) ⋅ dτ = ⋅ L [ x(t )] s 0 Integrationssatz L [ x(t − τ )] = e − sτ ⋅ L [ x(t )] für τ ≥ 0 Verschiebungssatz lim x(t ) = lim s ⋅ x( s) Anfangswertsatz t →0 s→∞ lim x(t ) = lim s ⋅ x( s) Endwertsatz t →∞ s→0 t Faltungssatz t L [ x1(t )] ⋅ L [ x2 (t )] = x1 (τ ) ⋅ x2 (t − τ ) ⋅ dτ = x1 (t − τ ) ⋅ x2τ ⋅ dτ 0 Residuensatz für eine n-fache Polstelle in s = a [ ] 0 [ 1 d n −1 Res G ( s ) e st s = a = lim ( s − a ) n ⋅ G ( s) e st (n − 1)! s → a ds n −1 S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2014 ] 466 Anhang Korrespondenztabelle Nr. f(s) 1 1 f(t) (für t < 0 ist f (t) = 0) ∞ für t = 0 δ (t ) = 0 für t ≠ 0 1 s 1 2 3 1 t n−1 (n − 1)! sn 1 s +α 4 e−α t 1 1 s (s + α ) 5 α s 6 − t cos ω t 2 s +ω2 ω 7 (1 − e α ) sin ω t s2 + ω 2 8 1 ( s + α )(s + β ) e− β t − e−α t α −β 9 1 für n > 0 (s + α )n t n −1 ⋅ e−α t (n − 1)! 10 1 s (s + α )n n −1 1 (α t)v − α t ⋅e 1 − n α v = 0 v ! 11 ( 1 ⋅ e s1 t − e s2 t 2w 1 s 2 + s ⋅ 2α + β 2 1 ω s 2 + s ⋅ 2α + β 2 β 1 2 2 s ( s + s 2α + β ) ( D < 1) ) α e −αt ⋅ cos ω t − ⋅ sin ω t ω 1 13 ( 2 α >1 β D= ⋅ e − α t ⋅ sin ω t 1 ⋅ s1e s1 t − s2 e s 2 t 2w s 12 ) s s ⋅ 1 + 2 ⋅ e s1 t − 1 ⋅ e s2 t 2 w 2 w D= α >1 β ( D < 1) D= α >1 β 1 α ⋅ 1 − (cos ω t + ⋅ sin ω t ) ⋅ e −αt ( D < 1 ) ω β 2 In den Beziehungen 11, 12 und 13 ist: w = α 2 − β 2 ; ω = β 2 − α 2 ; s 1, 2 = − α ± w = − α ± j ω Tabellen 467 Sätze der Laplace- und z-Transformation Sätze Kontinuierliche Systeme Abtastung ∞ Faltung y (t ) = x(τ ) g (t − τ ) dτ y (nT ) = z-Transformation Laplace-Transformation Transformation f (s) = f (t ) e − st dt = L [ f (t )] ∞ f ( z) = Linearität 1 2πj f (t ) = f ( s) e st ds f (kT ) = f ( z) z 1 2πj k-1 dz = L-1 [ f ( s )] = Z -1 [ f ( z )] L [c1 f1 (t ) + c2 f 2 (t )] Z [c1 f1( kT ) + c2 f 2 (kT )] = c1 ⋅ f1 ( s ) + c2 ⋅ f 2 ( s ) = c1 ⋅ f1 ( z ) + c2 ⋅ f 2 ( z ) L [ f (t − a)] = f ( s ) ⋅ e − as Verschiebungssätze f (kT ) ⋅ z −k = Z [ x(kT )] k =0 0 Inverse Transformation x(kT ) ⋅ g[(n − k )T ] k =0 0 ∞ ∞ L [ x(t + a)] Z [ f (kT − nT )] = f(z) ⋅ z − n Z [ x(kT + nT )] n −1 a = [ f ( s) − f (t ) e − st dt ] e as = [ f ( z) − f (qT ) z −q ]z n q=0 0 Dämpfungssatz L [ f (t ) ⋅ e − st ] = f ( s + a ) Z [ f (kT ) ⋅ e − akT ] = f ( z ⋅ e aT ) Anfangswertsatz f (+0) = lim s ⋅ f(s) f (0) = lim f(z) Wenn lim f (t ) existiert, dann ist Wenn lim f (kT ) existiert, dann ist Endwertsatz s→∞ t →∞ lim f (t ) = lim s ⋅ f(s) t →∞ s→0 ∞ Stabilität g (t ) dt < ∞ 0 Alle Pole von G(s) in der linken s-Halbebene z →∞ k →∞ z −1 f ( z) z →1 z lim f (kT ) = lim k →∞ ∞ g (kT ) < ∞ k =0 Alle Pole von G(z) im Inneren des Einheitskreises der z-Ebene 468 Anhang Tabelle der Laplace- und z-Transformation Für t < 0 ist f(t) = 0 Nr. Funktion im Zeitbereich f (t) Laplace-Transformierte im Bildbereich f (s) 1 1 1 s z z −1 t 1 Tz 2 s2 ( z − 1) 2 3 t2 2 T 2 z ( z + 1) s3 ( z − 1) 3 4 t3 6 T 3 z ( z 2 + 4 z + 1) s4 ( z − 1) 4 n! tn 5 s n+ 1 Diskrete Laplace-Transformierte nach z-Transformation f (z) ∂n z n s1→ 0 ∂ s z − e s1T 1 lim − zT ⋅ bzw. ∂ {Z [(kT ) n −1 ]} ∂z z 6 e − at 1 s+a z − e − aT t ⋅ e − at 1 7 e − aT ⋅ Tz ( s + a) 2 ( z − e − aT ) 2 t 2 ⋅ e − at 2 8 e − aT ⋅ ( z + e − aT ) T 2 z ( s + a) 3 ( z − e − aT ) 3 n! ∂n z ∂ s1n z − e s1T 9 10 n t ⋅e s1t 1 − e − at ( s − s1 ) n + 1 a s ( s + a) (1 − e − aT ) z ( z − 1)( z − e − aT ) Tabellen 469 Fortsetzung Tabelle der Laplace- und z-Transformation Funktion im Zeitbereich f (t) LaplaceTransformierte im Bildbereich f (s) 11 at − 1 + e − at a2 (aT − 1 + e − aT ) z 2 + (1 − aTe − aT − e − aT ) z s 2 ( s + a) ( z − 1) 2 ( z − e − aT ) 12 e − at − e − bt b−a ( s + a )( s + b) (e − aT − e − bT ) z Nr. Diskrete Laplace-Transformierte nach z-Transformation f (z) ( z − e − aT )( z − e − bT ) z ( a − b) + + be − at − 13 − ae − bt ab(a − b) s ( s + a)( s + b) ( z − 1)( z − e − aT )( z − e −bT ) ⋅ ⋅ {(a − b − ae −bT + be − aT ) z + + [(a − b)e −( a +b)T − ae − aT + + be −bT ]} ab(a − b) ⋅ t + 14 + (b 2 − a 2 ) − − b 2 e − at + ab(a − b)Tz a 2 b 2 ( a − b) s 2 ( s + a )(s + b) + a 2 e − bt 15 sin ω t 16 cos ω t 17 e − at sin ω t 18 e − at cos ω t e − b2 z z − e − aT ω 2 s +ω s +ω z − e −bT z − 2 z ⋅ cos ωT + 1 z ( z − cos ωT ) 2 2 ( s + a) + ω 2 z − 2 z ⋅ cos ωT + 1 z ⋅ e − aT ⋅ sin ωT 2 ( s + a) + ω z 2 − 2 z ⋅ e − aT ⋅ cos ωT + e − 2aT z 2 − z ⋅ e − aT ⋅ cos ωT s+a ⋅ cos(ω k T ) = (−e a2z 2 ω 2 + (b 2 − a 2 ) z − z −1 z ⋅ sin ωT 2 s 2 Spezialfall: ωT = π − akT ( z − 1) 2 + 2 z 2 − 2 z ⋅ e − aT ⋅ cos ωT + e − 2aT z − aT k ) z + e − aT 470 Anhang Tabelle der wichtigsten Regelkreisglieder Regelkreisglied Differentialgleichung Übertragungsfunktion x (s) G( s) = a xe ( s) Sprungantwort xa xa (t ) = K P xe (t ) P GS ( s ) = K P KP xe0 t xa P-T1 KP 1 + sT1 T1 x a (t ) + xa (t ) = K P xe (t ) T1 0,63 xa(∞) KP xe0 t T1T2 xa (t ) + (T1 + T2 ) x a (t ) KP (1 + sT1 )(1 + sT2 ) + xa (t ) = K P xe (t ) aperiodischer Verlauf bei D ≥ 1 mit D = P-T2 1 β 2 xa (t ) + 2D β α β gedämpft schwingend bei 0 < D < 1 xa (t ) = K I s 2T22 = Tu xa t xm + sT1 + 1 KP xe0 KPβ 2 s 2 + s ⋅ 2α + β 2 KI s xe (t ) dt Tg KP xe0 KP e − sTu 1 + sTg KP x a (t ) + xa (t ) = K P x e (t ) I ≈ xa t xa KI xe0 xe0 1/KI I-T1 T1 x a (t ) + xa (t ) = K I xe (t ) dt KI s (1 + sT1 ) 1 t xa KI xe0 T1 1 t Tabellen 471 Ortskurve Bode-Diagramm Pol-NullStellenVerteilung jω ⏐G⏐dB Im 20 lgKP KP Re Im ω=0 KP ω=∞ Re ω ωE = 1/T1 ϕ(ω) ⏐G⏐dB s - Ebene ω σ Beispiel R1 xe ϕ(ω) jω ω 20 lgKP 1/T1 -20 dB/Dek σ s1 xe 1 T1 D=0 0<D <1 D>1 ⏐G⏐dB 20 lg KP xa T1= RC ω R1 σ s2 s1 R2 xe C 1 C2 xa ω=0 KP - 40 dB/Dek Re 1/T2 C R jω ∞ xa 0° 0° -90° Im R2 ϕ (ω ) ω 0° -90° jω ω D=0 0<D<1 R L s1 D >1 σ -180° xe xa C s2 ⏐G⏐dB Im ω = ∞ Re -1 ω = KI ω= ∞ ω =1/T1 Re KI T1 ω=0 - 20 dB/Dek 0° -90° ω=0 Im ϕ(ω) -20 dB/Dek 0 dB KI -90° -180° s1 xe = n σ a = 1/ KI ⏐G⏐dB ϕ( ω ) xa jω ω KI jω ω -40 dB/Dek 1/T1 s1 1 T1 s2 xe σ xa 472 Anhang Fortsetzung Tabelle der wichtigsten Regelkreisglieder Regelkreisglied Differentialgleichung Übertragungsfunktion xa (t ) = K D x e (t ) s ⋅ KD Sprungantwort xa D 1 ε ε→0 t xa D-T1 s ⋅ KD 1 + sT1 T1 x a (t ) + x a (t ) = K D x e (t ) KD x T1 e0 T1 PI PI-T1 xa (t ) = 1 = K P x e (t ) + T n xe (t ) dt T1 x a (t ) + xa (t ) = 1 = K P x e (t ) + T n x e (t ) dt 1 K P 1 + sTn t xa bzw. KP xe0 1 + sTn KP sTn KP xe0 K P (1 + sTn ) sTn (1 + sT1 ) Tn xa t T1 KP xe0 KP xe0 Tn t xa PD xa (t ) = K P [xe (t ) + Tv x e (t )] K P (1 + sTv ) KP xe0 t xa PD-T1 mit Tv > T1 T1 x a (t ) + x a (t ) = = K P [x e (t ) + Tv x e (t )] 1 + sTv KP 1 + sT1 T KP Tv xe0 1 T1 KP xe0 t Tabellen 473 Ortskurve Bode-Diagramm 1 KD ⏐G⏐dB Im ω → ∞ ϕ(ω) Re ω=0 90° 0° 1/T1 0 ω ∞ Re KD/T1 Im Re ω KP ω=0 Im ϕ(ω) ⏐G⏐dB ω Im KP ω→∞ ω ω=0 Re ω Im 0 1/T1 ω ∞ KPTV/T1 20 lgKP 1/Tn σ sN1 ω T1= RC 1/T1 sN1 −20dB/Dek ω 1/T1 1/Tv 90° 0° σ xa + xe s1 s2 σ jω sN1 ω σ - + ω ω s1 1/Tv xa xa TG - C jω 1/T1 sN1 - Rp xe = α 1/Tv +20dB/Dek 1/Tv 1/T1 R C + 20lgKP M 1/Tn +20 dB/Dek ϕ(ω) s1 xe=F jω 20 lgKP 1/Tn xa 1/Tn 20 lgKP 90° 0° R xe sN1 1/T1 −20dB/Dek ⏐G⏐dB ϕ(ω) C jω dB -20 Dek ⏐G⏐dB KP σ s1 0° -90° 0° -90° xe C jω + 20 dB/Dek ϕ(ω) Re ⏐G⏐dB T KP (1− 1 ) Tn ϕ(ω) ∞ sN1 ω 1/T1 90° 0° ω=∞ i = xa ω 1 KD Beispiel jω ω + 20 dB/Dek ⏐G⏐dB Im Pol-NullStellenVerteilung σ xe R1 R2 T1 = (R1⏐⏐R2)⋅C xa 474 Anhang Fortsetzung Tabelle der wichtigsten Regelkreisglieder Glied Differentialgleichung Übertragungsfunktion Sprungantwort xa T 1 PP-T1 T x (t ) + x (t ) = 1 a a KP = K P [x e (t ) + Tv x e (t )] mit Tv < T1 1 + sTv 1 + sT1 KP xe0 Tv KP T xe0 1 t Additive Form: 1 + sTv K P 1 + sTn x a (t ) = K P x e (t ) + PID + KP 1 Tn xa KP xe0 xe (t ) dt KP xe0 Multiplikative Form: + K P Tv x e (t ) K P′ Tn (1 + sTn′ )(1 + sTv′ ) sTn′ t Additive Form: T1 x a (t ) + x a (t ) = = K P x e (t ) 1 + KP x e (t ) dt Tn + K P Tv x e (t ) KP s 2Tn Tv + sTn + 1 sTn (1 + sT1 ) PID-T1 xa 1 mit T′ K P = K P′ 1 + v Tn′ Tn = Tn′ + Tv′ T ′T ′ Tv = n v Tn′ + Tv′ Tt xa (t ) = x e (t − Tt ) T KP T v xe0 KP xe0 KP xe0 t T1 Tn Multiplikative Form: K P′ (1 + sTn′ )(1 + sTv′ ) sTn′ (1 + sT1 ) G(s) = e − sTt xa xe0 Tt t Tabellen 475 Ortskurve Bode-Diagramm ⏐G⏐dB Im ∞ ω 0 1/T1 ϕ(ω) ⏐G⏐dB KP ω -20dB/Dek 1/Tv 90° 0° -90° KPTv/T1 ω Re KP(1-T1/Tn) Im ω Re σ -20dB/Dek +20 ω 1/Tn 1/Tv 1/T1 ω ⏐G⏐dB ω 0° -90° -180° jω ω 90° 0° -90° ϕ(ω) C 1/Tt π/Tt -57,3° 1 T1 s2 jω 1 Tv′ σ 1 Tn′ jω s1 sN1 σ sn sNn − xe + xa ... ... ...... x xa .. e l ... ... .... ........ .... .... v Tt = l / v ...... ω=0 1 Tv′ xa .. 1 ϕ(ω) R2 xe 1 Tn′ 20 lgKP KP σ s1 sN1 1 +20 ω 1/Tn ϕ(ω) ⏐G⏐dB R1 T1 20 lgKP Re Im ω 1/T1 1/Tv 0° -90° KP Im 1 jω Tv -20dB/Dek 20lgKP KPTV/T1 Beispiel Pol-Nullstellen 476 Literaturverzeichnis Literaturverzeichnis [1] Abel, D; Bollig, A.: Rapid Control Prototyping, Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg. 2006 [2] Ackermann, J.: Abtastregelung, Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg / New York, 3.Auflage, 1988 [3] Adamy, J.: Nichtlineare Regelungen, Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg, 2009 [4] Albertos, P.; Sala A: Multivariable Control Systems, Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg / New York, 3th Edition (engl), 2004 [5] Altrock von, C.: Fuzzy-Logic, Verlag R. 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Oldenbourg, München, Band II, 2002 483 English-German Symbols Directory A area, cross-section, crosssectional area, magnitude Fläche, Querschnitt, Amplitude AR gain margin Betragsreserve (Amplitudenreserve) a0, a1... coefficients of differential equations and transfer functions (for output) damping factor Koeffizienten von Differentialgleichungen und Übertragungsfunktionen (bezogen auf Ausgangsgröße) Dämpfungskonstante b0, b1... coefficients of differential equations and transfer functions (for input) Koeffizienten von Differentialgleichungen und Übertragungsfunktionen (bezogen auf Eingangsgröße) C capacitor, concentration Kapazität, Kondensator, Konzentration C0 binding factor, coefficient, integration constant Koppelfaktor, Koeffizient, Integrationskonstante c spring constant, specific heat damping, determinant Federkonstante, spezifische Wärme b D d Dämpfungsgrad, Determinante e thickness, reference output of neuron output error of an artificial neural network error, control deviation Fehler eines künstlichen neuronalen Netzes Regeldifferenz e(∞) retained error bleibende Regeldifferenz e(t) bei t → ∞ F force Kraft f function, frequency Funktion, Frequenz G compliance degree of a fuzzy-rule, also matrix Erfüllungsgrad einer Fuzzy-Regel, auch Matrix G(jω) |G(jω)| frequency response and its absolute value Frequenzgang und dessen Betrag |G(jω)|dB amplitude response of bode-plot in decibel Amplitudengang im Bode-Diagramm in Dezibel: |G(jω)|dB = 20⋅log|G(jω)| G(s) transfer function Übertragungsfunktion E Dicke, Sollwert eines Neuronausgangs 484 English-German Symbols Directory G(z) z-transfer function z-Übertragungsfunktion Ggesch(s) closed-loop transfer function Übertragungsfunktion des geschlossenen Kreises GH(s) transfer function of hold Übertragungsfunktion des Haltegliedes GHS(z) z-transfer function of a plant with the hold z-Übertragungsfunktion einer Strecke mit dem Halteglied G0(s) open loop transfer function Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises GM(s) desired closed-loop transfer function Übertragungsfunktion des gewünschten Regelverhaltens GR(s) controller’s transfer function Übertragungsfunktion der Regeleinrichtung GS(s) plant’s transfer function Übertragungsfunktion der Regelstrecke Gvorw(s) feed-forward transfer function Übertragungsfunktion des Vorwärtszweigs Gw(s) closed-loop transfer function by reference step Führungsübertragungsfunktion Gz(s) closed-loop transfer function by disturbance step impuls response, gravitational constant Störübertragungsfunktion H height, level, magnetizing force Höhe, Füllstandshöhe, magnetische Feldstärke h Abstand, Höhe (Abweichung vom Arbeitspunkt), Übergangsfunktion I distance, height (deviation from operating point), transient response unit matrix Einheitsmatrix i electric current Strom ia armature current Ankerstrom ie field current Erregerstrom J inertial torque Massenträgheitsmoment j imaginary unit imaginäre Einheit j = − 1 g Gewichtsfunktion, Erdbeschleunigung English-German Symbols Directory 485 K gain, coefficient, factor, constant Übertragungsbeiwerte, Koeffizienten, Konstante KD differentiation transfer factor Differenzierbeiwert KI integration transfer factor Integrierbeiwert Kkr critical gain kritischer Proportionalbeiwert K0 gain of the open loop Kreisverstärkung KP gain Proportionalbeiwert KPR controller gain Proportionalbeiwert des Reglers KPr gain of smith-predictor Proportionalbeiwert des SmithPrädiktors KPS plant’s gain, transfer factor Proportionalbeiwert der Strecke KPw gain of the closed loop by reference response Proportionalbeiwert des geschlossenen Kreises (Führungsverhalten) KPSy transfer factor of the plant (gain) by input step Proportionalbeiwert der Strecke beim Stellverhalten KPSz transfer factor of the plant (gain) by disturbance step Proportionalbeiwert der Strecke beim Störverhalten KS transfer factor (gain) of the plant Übertragungsbeiwert der Strecke k heat transmission coefficient, also constant power, performance, inductivity, also lenght Wärmedurchgangszahl, Konstante L[...] Laplace-transform of [...] Laplace-Transformierte von [...] l length Länge M mass, weight, also torque Masse, Moment m order of numerator’s polynomial, also mass Ordnung des Zählerpolynoms der Übertragungsfunktion, Masse N number of turns of a winding Windungszahl einer Wicklung N(s) denominator’s polynomial Nennerpolynom N ( xˆe ) discribing function Beschreibungsfunktion L Leistung, Induktivität, Länge 486 English-German Symbols Directory n revolutions per minute (RPM), also number of halfwaves, degree of transfer function Drehzahl, Anzahl von Halbwellen, Ordnung der Übertragungsfunktion ni number of zero-poles Anzahl der Pole auf der imaginären Achse nl number of negativ poles Anzahl der Pole in der linken s-Ebene nr P number of positiv poles Anzahl der Pole in der rechten s-Ebene power, pressure Leistung, Druck P(w) w-characteristic polynomial (in w-domain) Polynom der charakteristischen Gleichung im w-Bereich P(z) z-characteristic polynomial (in z-domain) Polynom der charakteristischen Gleichung im z-Bereich Pe electrical heating power elektrische Heizleistung p pressure, also pole Druck, Polstelle Q heat quantity, flow intencity, performance index Wärmemenge, Durchflußmenge, Güteindex Qabs integral of absolute error Betrag der linearen Regelfläche QITAE intergral of time multiplied by absolute error zeitgewichtete Betragsfläche Qlin integral of error lineare Regelfläche Qsqr q R intergral of quadratic error quadratische Regelfläche flow resistor, also gas constant RF r static error ratio Durchfluss elektrischer bzw. magnetischer Widerstand, Gaskonstante statischer Regelfaktor radius Radius S0, S1... intersection points of Nyquist- or Bode plot Schnittpunkte der Ortskurve bzw. des Bode-Diagramms s complex variable komplexe Variable s = σ+jω sN zero Nullstelle sP T pole Polstelle time constant, period (lenght, duration) Zeitkonstante, Periodendauer English-German Symbols Directory 487 TA sample data period, scan period Abtastzeit Tan , Taus rise time, settling time Anregelzeit, Ausregelzeit TE equivalent time constant Ersatzzeitkonstante Te period duration of oscillations Schwingungsperiode Tg time delay of the plant Ausgleichszeit TI integration time constant Integrierzeit Tn reset time Nachstellzeit TR time delay of controller Verzögerungszeitkonstante des Reglers Tt dead (delay) time Totzeit Tu dead time of the plant Verzugszeit Tv t derivative time, rate time time Vorhaltzeit Zeit ta time when off Ausschaltzeit te time when on Einschaltzeit tw turning point’s coordinate Koordinate des Wendepunktes t10, t50… time percentage points of steady output’s state value (10%, 50% …) Zeitpunkte für die Regelgröße von 10%, 50% ... stationäres Wertes U voltage Spannung u voltage deviation from operating point uD amplifier differential input mode valve, volume, also gain zeitlich veränderliche Spannung (Abweichung vom Arbeitspunkt) Differenzspannung des Operationsverstärkers V Ventil, Volumen, Verstärkungsgrad V(s) MIMO transfer function in V-canonical form Übertragungsfunktion einer Mehrgrößenstrecke in V-kanonischer Struktur v velocity, also output of hidden neuron Geschwindigkeit, Ausgang verdecktes Neurons W weight of neuron Gewicht eines Neurons 488 English-German Symbols Directory w reference signal, set-point, bilinear transform operator Führungsgröße, Sollwert, Operator der bilinearen Transformation w0 reference step value Höhe des Sollwertsprungs X controlled variable, plant output, also distance Regelgröße, Weg Xh controller ranges Regelbereich x Regelgröße (Abweichung vom Arbeitspunkt), Weg x(t) controlled variable (deviation from operating point), distance step response Sprungantwort x(∞) steady state value Beharrungswert bei t → ∞ xa output Ausgangsgröße (allgemein) x̂ a output magnitude Amplitude der Ausgangsgröße xB saturation margin (zone) Sättigungszone xE final value Endwert xe input Eingangsgröße (allgemein) xe0 input step Eingangssprung x̂ e input magnitude Amplitude der Eingangsgröße 2xL hysteresis (width) Hysteresebreite xMA average deviation Mittelwertabweichung xm overshoot (peak) Überschwingweite 2x0 oscillation margin (width) Schwankungsbreite xr feedback (signal) Rückführgröße xs set-point Sollwert xt dead zone tote Zone x50 time-percentage characteristic actuating ranges Zeit-Prozentkennwert Yh Y0 actuating signal in operating point Stellbereich Stellgröße im Arbeitspunkt English-German Symbols Directory 489 y actuating signal Stellgröße yR controller output, also average (value) Stellgröße am Ausgang der Regeleinrichtung, Mittelwert yR (t ) average of pulse Mittelwert der Impulsfunktion yR(t) Z disturbance, impedance Störgröße, auch Impedanz Z0 Störgröße im Arbeitspunkt Z [...] disturbance in operating point z-transform of [...] Laplace-Transformierte von [...] Z(s) numerator polynomial Zählerpolynom z disturbance, complex operator of z-transform, zero using MATLAB disturbance step value Störgröße, komplexe Variable bei z-Transformation, Nullstelle bei MATLAB-Anwendungen Höhe des Störsprungs z0 Greek characters α ring out factor, activity, scaling factor, angle Abklingkonstante, Aktivierung, Skalierungsfaktor, Winkel β characteristic angular frequency, frequency of undamped system, also time scaling, neuron activity Kennkreisfrequenz, Kreisfrequenz des ungedämpften Systems, Zeitskalierungsfaktor, auch Aktivierung eines Neurons γ specific weight spezifisches Gewicht Δ deviation Kennzeichnung von Größenänderung δ pulse, impulse response Impulsfunktion η toughness of gas, also learning factor Zähigkeit von Gasen, auch Lernschrittkonstante ϑ temperature Temperatur λ roots of homogenious differential equation Wurzel der homogenen Differentialgleichung, Wärmeleitfähigkeit μ (...) ρ membership function Zugehörigkeitsfunktion density Dichte σ unit step Einheitssprung τ time Zeit 490 English-German Symbols Directory υ number of intersections of Nyquist- or Bode-plot Anzahl der Schnittpunkte der Ortskurve bzw. des Phasengangs ĭ heat flow, flow, also field current Wärmestrom, Fluss, auch Erregerfluss ϕ angle, phase shift Winkel, Phasenverschiebungswinkel ϕ Rd phase margin Phasenreserve ϕ (ω) phase response Phasengang ω angular frequency Kreisfrequenz, Winkelgeschwindigkeit ωd crossover (angular) frequency Durchtritts(kreis)frequenz ωE break angular frequency Eck(kreis)frequenz ωe mode angular frequency Eigenkreisfrequenz ω kr critical angular frequency kritische Kreisfrequenz Subindexes A armature- Anker- a outflow-, propagation- Abfluss- , Ausbreitung- akt current value aktueller Wert C spring- , capacitor- Feder- , Kondensator- D damper-, differentiating- Dämpfer- , Differenzier- G weight- Gewicht- HT higher-lower Höher-Tiefer M motor-, torque- Motor- , Moment- loop-performance „with controller“ / „without controller“ „mit Regler“/ „ohne Regler“-Verhalten n, p negative, positive negativ, positiv 0 initial point, operating point, open loop, no load Anfangspunkt- , Arbeitspunkt- , aufgeschnittener (offener) Kreis, Leerelauf TG tachogenerator- Tachogenerator- W water- Wasser- m.R. / o.R. 491 Fachwörter Deutsch-Englisch A Abfluss outflow Abgas waste gas Abgeleitete Funktionsbausteine derived functionsbloks Abklingkonstante ring out (fade out) factor Abkühlung cooling, refrigeration Abkühlungskurve cooling curve Ableitung (Zeitableitung) derivative (time derivative) abschalten cut off, disable, deactivate, switch off Abschaltkurve power down curve Abstand distance Abtast- und Halteglied sample & hold Abtastfrequenz sampling rate, sampling frequency Abtastzeit sampled-data period (time), scan period Abweichung deviation A/D-Wandler A-to-D converter, analog/digital converter aktueller Wert current value Allpass all-pass Amplitude magnitude, amplitude Amplitudengang magnitude plot, amplitude response Amplitudenreserve gain margin Anfangsbedingung initial condition Ankerstrom armature current A-Netz action-network Anregelzeit rise time Antenne antenna Anti-Windup-Maßnahme anti-windup arrangement Antrieb drive Anzahl number aperiodisch aperiodic Arbeitspunkt operating point aufgeschnittener Regelkreis open (control) loop Auflösung (digital) resolution (digital) 492 Fachwörter Deutsch-Englisch equalization, compensation Ausgleich Ausgleichszeit equalizing (compensating) time Ausregelzeit settling time ausschalten turn off, disconnect, switch off B Begrenzung limitation, restriction Beharrungswert steady-state value Beharrungszustand (Ruhelage) equilibrium state Beiwert coefficient Beschreibungsfunktion describing function Betrag absolute value Betragsoptimum optimum magnitude Beobachter observer Bildbereich complex variable domain bleibende Regeldifferenz retained error, steady state error Bode-Diagramm bode-plot Brückenschaltung bridge circuit C CAE Computer-Aided-Engineering charakteristische Gleichung characteristic equation charakteristisches Polynom characteristic polynomial D Dämpfung damping Dämpfungsgrad damping factor D-Anteil derivative term D/A-Wandler D-to-A converter, digital/analog converter Datenaustausch data interchange Dauerschwingung undamped oscillation Defuzzifizierung defuzzification Dekade decade Determinante determinant Dezibel decibel Dicke thickness Fachwörter Deutsch-Englisch 493 Differentialgleichung differential equation Differenzierungsbeiwert differentiation coefficient Drehmoment torque Drehzahl revolutions per minute, RPM Drehzahlregelung revolution (speed) control Dreieck-Zugehörigkeitsfunktion triangle membership function Dreipunktregler three-step controller Drossel (induktiv.) inductor Drosselklappe choke flap Druck pressure Dynamik dynamic Durchfluss flow Durchflußmenge flow intencity Durchmesser diameter Durchtrittsfrequenz crossover frequency Düse nozzle E Eckfrequenz corner frequency Eigenfrequenz oscillation frequency Eigenvorgang mode Eingangsfunktion input function, immitanz Eingangsgröße input (quantity immitanz) variable Einheitsimpuls unit discrete pulse Einheitskreis unit circle Einheitsmatrix unit matrix Einheitssprung unit step Einschwingvorgang building-up transient Einstellung tuning elektronischer Verstärker electronics amplifier Empfindlichkeit sensivity Endwert final value E-Netz emulator network Entkopplungsmatrix decoupling matrix Entwurf design Erdbeschleunigung gravitational constant, acceleration of gravity, 494 Fachwörter Deutsch-Englisch compliance (degree) Erfüllungsgrad Erfüllungsgrad von Fuzzy-Regeln compliance degree of fuzzy-rules Erregerkreis field (energizing) circuit Erregerstrom field current Ersatzzeitkonstante equivalent time constant Erwärmungskurve heating curve F Faltungssatz convolution theorem Farbstoff colorant Feder spring Federkonstante spring constant Federkraft spring-damping system Feder-Dämpfer-System spring force Fehler error Fehlerdiagnose fault diagnosis Fehlerkorrektur error correction Festwertregelung set-value control, fixed command control Fläche area Flüssigkeit liquid Folge sequence, progression Folgeregler follow-up (tracking, servo) controller Fourier-Transformation Fourier transform Frequenz frequency Frequenzbereich frequency domain Frequenzgang frequency response Frequenzkennlinie frequency characteristic Funktionsbausteinsprache (FBS) functions block diagram (FBD) Funktionsbausteine elementary functions blocks Führungsgröße reference signal (value), set-point Führungsregler master controller Führungsübertragungsfunktion reference transfer function Führungsverhalten reference performance, common response Füllstandshöhe filling level Funktion function Fuzzy-Regel fuzzy rule Fachwörter Deutsch-Englisch 495 G Gegenkopplung negative feedback Generator generator Storm- electric generator Wechselstrom- as generator Gleichstrom- dc generator Geschwindigkeitsalgorithmus rate (velocity) algorithm Gewicht weight Gewichtsfunktion impulse response Gewichtskoeffizient weight factor Gleichgewicht equilibrium Gleichstrom dc (direct current) Grenze limit, bound Grenzfall borderline case, worst case Grundlast base load Grundstrukturen framework, basic structure Güte Q-factor, quality Güteindex performance index Gütekriterium control criterion H Halbwelle halfwave Halteglied hold Handregelung manual control Hauptregelkreis main control loop Heizleistung heatpower Hilfsregelgröße objective (secondary) controlled variable HIL-Simulation hardware-in-the loop simulation Hintereinander in-line Hintereinanderschaltung series connection Höhe height Höher-Tiefer Taster high-low pushbutton Hurwitz-Stabilitätskriterium Hurwitz stability criterion hydraulischer Regler hydraulic controller 496 Fachwörter Deutsch-Englisch I I-Glied I-type system imaginäre Einheit imaginary unit Impuls pulse Inferenz inference Integralkriterien integrated criterion Integrationskonstante integration constant Integrator integrator I-Regler integral controller ITAE integral of time multiplied absolute value of error K kanonische Form canonical form Kapazität capacitor Kaskadenregelung cascade (sequence) control Kenngröße characteristic Kennkreisfrequenz characteristic (identifications) angular frequency Kennlinie characteristic, diagram, graph statische static response der Regelstrecke characteristic curve of the plant des Reglers characteristic curve of the controller Kennwert characteristic (quantity), parameter Knickfrequenz break point frequency Kompensation compensation, pole-zero cancellation vollständige complete compensation phasenanhebende lead compensation phasenabsenkende lag compensation komplexer Regelfaktor complex error ratio Kondensator capacitor Konfigurierung configuration Konzentration concentration Koppelstrecke coupling block Koppelfaktor coupling factor Fachwörter Deutsch-Englisch 497 Korrekturglied compensator Korrespondenztabelle correspondence table Kraft force Kreisfrequenz angular frequency Kreisverstärkung (closed) loop gain kritisch critical Künstliche Neuronale Netze (KNN) artificial neural networks (ANN) L Lageregelung position control Laplace-Operator laplacian Last load Lastmoment load torque Leistung power, performance Leistungsverstärker power amplifier Lernschrittweite learning constant Linearisierung linearization graphische- graphical analytical analytischeLinearität linearity linguistische Variable linguistic variable LSB least significant bit LZI-Glied linear-timeinvariant block (LTI) M Magnetschwebekörper body floating in magnet field Masse mass, weight Massendurchfluss mass flow Massenträgheitsmoment inertial torque, moment of inertia maximale Überschwingweite maximum overshoot Mehrgrößenregelung multivariate control Menge sets scharfe unscharfe sharp fuzzy Messfühler sensor, measuring set, measuring device minimalphasiges System minimumphase system 498 Fachwörter Deutsch-Englisch Mischbehälter mixture container Mitkopplung positive feedback Mittelwert average (value) Motor engine N Nachstellzeit reset time Näherung approximation Nebenprodukt byproduct Nennlast nominal load Netz network Netzanschluss power connection Nichtlinearität nonlinearity Nivea level Normalform (controllable, normalized) standard form Normiert normalized Notausschalter emergency switch Nullstelle zero Nyquist-Stabilitätskriterium Nyquist stability criterion O obere Grenze upper limit obere Kante top edge oberer Speicherbereich high memory Oberfläche surface Ofen stove ohmischer Widerstand ohmic resistor Ohmsches Gesetz Ohm’s low Ölkühlung oil cooling Ordnung order OPC-Server open process control server Operationsverstärker op amp (operational amplifier) Optimierung optimization Ortskurve locus, Nyquist-plot, Nyquist-contour Fachwörter Deutsch-Englisch 499 P Parallelschaltung parallel connection Partialbruchzerlegung partial fraction expansion Pendel pendulum Periodendauer period duration, period length P-Glied type 0 system phasenabsenkendes Korrekturglied lag compensator phasenanhebendes Korrekturglied lead compensator Phasengang phase response, (Bode) phase plot Phasenreserve phase margin Phasenverschiebung phase shift, phase deviation Phasenwinkel phase angle PD-Regler PD controller (proportional-plus-derivativ) PID-Regler PID controller (proportional-plus-integralplus-derivative controller) PI-Verhalten proportional-plus-integral performance P-kanonische Struktur P-canonical form pneumatisch gesteuert pressure operated pneumatischer Regler pneumatic controller Polpaar konjugiert conjugate pole paar Polstelle pole Polstellenverteilung pole points distribution, partitioning Polynom polynomial Positionsregelung position control P-Regler proportional controller Produktionssystem manufacturing system Proportionalbeiwert gain Q quer cross Querschnitt cross-section Quecksilber mercury Quecksilbersäule mercury column Quadrat square Quadratfunktion quadratic function 500 Fachwörter Deutsch-Englisch Qualität quality Quelldatei source file R Rampenfunktion ramp function, speed-of-response Raumtemperatur environmental temperature Rauschen noise Reaktionskessel reactive boiler Reaktor reactor Rechteckregel rectangle rule Rechteck-Zugehörigkeitsfunktion rectangle membership function Regelabweichung control deviation Regelalgorithmus, digitaler control algorithm, digital Regelbarkeit settability Regelbasis rule base Regeldifferenz error Regeldifferenz, bleibende (permanent) retained error Regeleinrichtung controller Reglereinstellung tuning (of controller) Regelfaktor error ratio komplexer complex error ratio reeller / statischer real /static error ratio Regelfläche performance index, (control area) Regelgröße controlled variable, also plant output Regelkreis, digitaler closed loop, digital Regelstrecke plant Regelstrecke, instabile plant, unstable Regelung feedback control, process control Regelung, neuronale neural control Regelung, quasikontinuierliche quasi continuous control Regelverhalten loop performance Regler controller Reihenschaltung series connection Relais relay Resonanz resonance Rückführung feedback Fachwörter Deutsch-Englisch 501 S Sättigung saturation Satz theorem Schaltdifferenz hysteresis Schalter switch Scheibe disk Schnittfrequenz crossover frequency Schwebekörper floating field Schwellenwert threshold value Schwingungsversuch oscillating experiment, try Sicherheit safety, security Skalierung scaling Spannung voltage spezifisches Gewicht specific weight spezifische Wärme specific heat Sprungantwort, - funktion step response, step function Stabilität stability Stabilitätsgebiet stability domain Stabilitätsgrenze stability bound Stabilitätskriterium stability criterion Standardfunktion standard function stationäres Verhalten steady-state response statische Kennlinie static diagam, input-output description Stellglied actuator, final control element Stellgröße actuating signal (variable), also plant input Stellungsalgorithmus stand (position) algorithm Stellverhalten actuator-input behaviour Steuerbarkeit controllability Steuerung open loop control, feedforward control Störgröße disturbance Störgrößenaufschaltung disturbance attenuation Störgrößenvorregelung disturbance feed-forward rejection Störübertragungsfunktion disturbance transfer function Störverhalten disturbance response (performance) Strom electric current Symmetrisches Optimum symmetric optimum 502 Fachwörter Deutsch-Englisch T Taktgeber timing generator Taster pushbutton Temperaturregelung temperature control Thermoelement thermocouple Tiefpassfilter lowpass filter Toleranzbereich tolerance range Totzeit dead time, time delay, latency Trägheitsmoment inertial torque Trapezregel trapezium rule Treppenkurve staircase curve, step curve U Übergangsfunktion transient response Überlagerungsprinzip superposition principle Überlauf overflow Überschwingung overshoot Überschwingweite overshoot width, peak Übersetzungswerte translation, turns ratio Übertragungsfunktion transfer function gewünschte- desired transfer function des Korrekturgliedes correcting term transfer function Umrichter converter unstetige Regelung discontinuity control V Variable linguistische variable linguistic variable Ventil valve Vermaschte Regelung mesh control Vereinfachung simplification, aggregation Vergleichsstelle comparison block Verhalten performance, response, behaviour Verstärker amplifier Verstärkungsfaktor des offenen Kreises open loop gain Fachwörter Deutsch-Englisch 503 verdeckte Neuronen hidden neurons Verzögerung delay Verzugszeit delay time V-kanonische Struktur V-canonical form Vorhaltzeit rate time, derivative time Vorwärtszweig feed-forward path Vorzeichenumkehr sign inversion W Waage balance Wandler converter, transducer Wahrscheinlichkeit probability Wärmeaustauscher heat exchanger Wärmedurchgangszahl heat transmission coefficient Wärmemenge heat quantity Wärme, spezifische specific heat Welle (mech) shaft Welle (Schwingung) wave Wendepunkt inflection point, turning point Wendetangente inflection point tangent Werkstück workpiece Werkzeugmaschine machine tool Wert value Wicklung winding Widerstand (elektr.) ohmic resistor Windungszahl number of turns Winkel angle Winkeländerung angle alteration, modification Winkelgeschwindigkeitsregelung angular velocity control Winkelregelung angle control Wirkungsplan block-diagram Umformung transformation of block diagram Vereinfachung simplification, aggregation Wirkungsweg action path offener open geschlossener closed Wurzelortskurve root locus 504 Fachwörter Deutsch-Englisch Z Zähigkeit toughness Zähler / Nenner numerator / denumerator Zählerpolynom numerator polynomial z-Bereich z-domain z-Ebene z-plane Zeiger pointer Zeitbereich time domain Zeitkonstante time constant Zeit-Prozentkennwert time-percentage characteristic Zeitverhalten time-response Zentrifugalregulator centrifugal controller z-Übertragungsfunktion z-transfer function Zugehörigkeitsfunktion membership function, fuzzy sets Zustand state Zustandsraum state space Zustandsregelung state space control Zustandsrückführung state feedback Zustandsvariable state space variable Zweipunktregler two-point controller Zweitanksystem two tank system Zykluszeit cycle time 505 Sachwortverzeichnis A Abklingkonstante 65, 66 Abkühlungskurve 297, 298 Abschaltkurve 302 Abtaster 321, 326, 348, 439 Abtast-/Halteglied 321 Abtastperiode 319, 320, 327, 338 Abtastregelung 319 f. Abtastsystem 320, 325, 330 f, 341 Abtastung 321, 324 f., 335, 343 Abtastzeit 319 f., 437 Abweichung 4, 8, 16, 44 f., 148, 223, 253, 271, 297 f., 362 Ackermann 407, 411, 412 Adaptive Filter 365 Adaptive Regelung 315 Additionsschaltung 103 Additionsstelle 5, 43, 457 Additionstheorem 32, 78 A/D 316, 321, 324, 348 AFIC 365 Aktivierung 378, 379, 381, 461, 462 Aktivierungsfunktion 377 Aktivierungswert 377 Algorithmus 336, 338, 362, 365, 366, 458 Allpaßglied 29 Amplitude 30 f., 81, 167, 193, 233, 275, 276, 288, 292, 297, 300, 395, 396, 449 Amplitudenabsenkung 185 Amplitudenänderung 162 Amplitudengang 143 ff. Amplitudenlineal 156, 193 Amplitudenreserve 221 Amplitudenverhältnis 143, 144, 148 Amplitudenverteilung 21 Amplitudenwert 151 Analog-Digital Wandler 321 A-Netz 383, 384, 385 Anfangsbedingung 22, 25, 29, 30, 55, 84, 332, 393, 405, 407, 415 Anfangspunkt 240, 361 Anfangstemperatur 53, 297 Anfangswertsatz 465, 467 Ankerinduktivität 70, 76, 86, 444 Ankerspannung 12, 76 Ankerstrom 12, 57, 60, 76, 87 Ankerwiderstand 70, 76, 86 Anregelzeit 223, 327 Ansprechempfindlichkeit 271 f., 282 f. Anstiegsfunktion 19, 20 Anstiegswinkel 214, 218 Antisystem-Approach 364 Antriebsdrehzahl 57 Anzeige-/Bedienkomponente (ABK) 317 Aperiodischer Fall 66, 67 Arbeitsbewegung 295, 298 Arbeitspunkt 16, 44 f., 253 f., 385, 396 ASA-Control 364 ASA-Regelung 364 ASA-Regler 364 Ast 203, 208 ff. Asymptote 41, 89, 139 f., 214, 218, 249 f., 432, 453, 455, 463, Ausbreitungsgeschwindigkeit 92, 95 Ausgangsgröße 5, 15 ff. Ausgangsrückführung 405, 406, 407, 408 Ausgangssignal 5, 15, 19, 20 f., 43, 92 f., 127, 129, 258, 322, 338, 345, 346, 458 Ausgangsspannung 11 f., 27 f., 102, 104 Ausgangswiderstand 101, 103 Ausgleich 15, 52, 83, 358, Ausgleichszeit 64, 72, 225, 296, 324, 327, Ausregelzeit 221, 223, 232, 360, 361 Ausschaltzeit 301, 303, 307 Austrittwiderstand 9 Austrittswinkel 214, 218 Automatisierungspyramide 2 Autotuning 318, 319 B Backpropagation 379, 380, 381 Bedien-/Beobachterkomponente 317 Begrenzung 271, 272, 273, 458 Begrenzungsgröße 258 Begrenzungsregelkreise 258 Begrenzungsregelung 255, 258, 259 Begrenzungsregler 258, 259 Beharrungszustand 15, 16, 47, 52, 64, 80, 100, 134, 167, 222, 223, 308, 312, 327, 341, 389, 405, 457 506 Beharrungszustandwert 40 Beiwerte 16, 18, 51, 52, Beobachtbarkeit 400, 401, 415, 416 Beobachtbarkeitsmatrix 400, 403 Beobachter 383, 384, 410 ff. Beobachterentwurf 410 Beobachterkomponente 317 Beschreibungsfunktion 275 ff. Betragsanpassung 230 Betragsoptimum 240 f., 246, 266, 367, 385, 456 Betragsregelfläche 233, 234 Betriebsleitebene 2 Bildbereich 26, 27, 40, 42, 70, 94, 110, 133, 234, 235, 320, 322, 325, 446 Bilineare Transformation 354 Bimetallregler 100, 272 Bio-Kybernetik 3 Bleibende Regeldifferenz 47, 48, 109 f., 174, 221 f., 272, 273, 309 f., 311, 405, 448, 449, 450 Blocksymbol 5, 15, 438, BNK 316, 317 Bode-Diagramm 41 f., 136, 143 ff., 185 f., 244, 247 f., 328 f., 421 f., 456, 463 f. Brückenschaltung 29 Bus 316 Buskommunikation 317 Bus-Konzept 270 Buskopplung 317 Bussysteme 317 Bustechnologie 1 C Charakteristische Gleichung 169 f., 178, 209, 273, 288, 332, 333, 354, 412, 452, 456, Client-Server-Prinzip 317 Computational Intelligenz 3 Cosinusfunktion 32, 78 CPU 315, 316, 357 D Dämpfung 10, 65, 67, 75 f., 109 ff., 167, 173, 191, 221, 223, 232 f., 271, 327, 328, 450 Dämpfungseinrichtung 17, 69 Dämpfungsbeiwert 82 Sachwortverzeichnis Dämpfungsglied 82 Dämpfungsgrad 273, 387 Dämpfungskonstante 29, 70, 392 Dämpfungssatz 465, 467 D/A 316, 320, 321, 348 D-Anteil 127, 133, 134, 172 f., 185, 222, 300, 318, 335, 338, 364, 454 D-Verhalten 125, 250 DAQ 316 Data Mining 3 Datenaustausch 315 Dauerschwingung 66, 67, 106, 118, 125, 169, 170, 173, 224, 225, 231, 232, 288, 291 f., 312, 328, 395, 449 DDC 315, 316, 317, 318, 319 Dead-Beat-Regelung 368 Defuzzifizierung 371, 375, 376, 383 D-Einfluss 125 Dekade 41, 143, 155, 156 Delay Line 95 Dezibel 41, 143, 156, 429, 430 δ-Funktion 20 D-Glied 125, 126, 127, 146 Diagonalregler 267 Differentialgleichung 16 f., 42 f., 167 f., 221, 234, 248, 274, 320, 330 f., 346, 388 f., 459 Differentiation 58, 63, 69, 80, 82, 126, 127, 325, 330, 336 Differentiationsregel 27 Differentiationssatz 55, 62, 70, 77, 168, 465 Differenzbildung 11, 103, 338, 345 Differenzengleichung 325 f., 457, 459 Differenzenquotient 335, 338 Differenzierbeiwert 125, 127, Differenzierglied 164 Differenzierzeit 146 Differenzschaltung 103 Digital-Analog-Wandler 315, 321 Digitale Regelung 315 f.,, 439 Digitale Regler 316, 320, 348 Digitaler Regelkreis 326, 348, 353 Digitalisierung 319, 333, 335, 346, 437 Diskretisierungszeit 325 Doppel-I-Glied 369, 370, 387, 394, 395 Doppelpol 183, 187, 190, 191, 195, 207 f. Drehzahl 1, 2, 5, 11, 12, 51, 59, 76, 85, 86, 87, 444 Drehzahlregelkreis 164, 166 Sachwortverzeichnis Drehzahlregelstrecke 75 Drehzahlregelung 1, 11, 336 Drehzahlregler 11, 12, 165 Dreipunktregler 272, 285 f., 312 f. Drossel 68, 69 Drosselbohrung 68 Drosselklappe 10 Drosselquerschnitt 68 Drosselventil 17 Drosselwiderstand 9 Druckregelstrecke 95, 289 Druckregelung 9, 288 Durchlauferhitzer 309, 312 Durchtrittsfrequenz 189 f., 240 f., 327, 328, 432 Düse-Prallplatte-System 9, 107 D-Verhalten 125, 250 Dynamikmatrix 397, 400, 401, 411 Dynamisches Verhalten 15, 253 E Eckfrequenz 39, 40, 148, 149, 151, 154, 156, 157, 158, 160, 162, 192, 195, 243, 249, 250, 432, 463 e-Funktion 23, 296, 297, 302, 310, 314 Eigenkreisfrequenz 78, 117 Eingangsamplitude 291 Eingangsfunktion 19, 21, 30, 33, 92, 224, 332 Eingangsimpulsfunktion 346 Eingangsgröße 5, 15, 17 ff. Eingangssignal 5, 20, 21, 33, 43, 92, 224, 279, 322, 338, 346, 384, 404, 413, 458, 459 Eingangssprung 19, 22, 28, 40, 52, 53, 85, 93, 113, 119, 126, 128, 130, 133, 331, 332, 339, 342, 346, 365, 386, 405, 442, 458, 460 Eingangssprungfunktion 333 Eingangswiderstand 103 Einheitskreis 95, 192, 353, 354, 355, 356 Einheitssprung 19, 20, 30, 344, 352, 387, 388 Einplatinenrechner 316 Einschaltvorgang 27 Einschaltzeit 303 Einschwingvorgang 32, 3, 167 Einstellregeln 224 ff., 327, 328 Eintrittswinkel 214, 215 507 Einzelfrequenzgang 153 Elektronische Regler 101 Elektropneumatischer Wandler 17 Elementarfläche 336, 337 Endliche Einstellzeit 367, 368, 370 Endwertsatz 465, 467 E-Netz 384, 385 Entkopplung 268 Entkopplungsbedingung 269 Entkopplungsblöcke 14 Entkopplungsfilter 270 Entkopplungsglied 267, 268, 270 Entkopplungsregelung 266, 267 Erfüllungsgrad 371, 374, 375, 376 Erregerfluss 86 Erregerkreis 57, 58, 59 Erregerspannung 57 Erregerstrom 60, 271 Erregerwicklung 57, 272 Erwärmungskurve 298 Erwärmungsvorgang 56 Ethernet 315, 317 Euler-Verfahren 337 F Faltungssatz 465 Feder-Masse-Dämpfer System 28, 264 Feldbus 315 Feldebene 2 Festwertregelung 13 Festwert-Verhältnisregelung 12 Filter 14, 317, 365, 366 Filter-Faktoren 366, 367 Filtermembran 14 Filterwirkung 276 Flüssigkeitsstandregelstrecke 90, 91 Flüssigkeitsstandregelung 99 Folge 320 f. 335, 336, 343 f. Folgeregelkreis 14 Folgeregler 14, 256, 257 Föttinger-Kupplung 82 Fourier-Transformation 325, 353 Fourier-Zerlegung 276 Freistrahldüse 9 Fremderregung 11, 75 Frequenz 21, 32 ff. Frequenzgang 26, 34 ff. Frequenzbereich 34 ff. Frequenzkennlinienverfahren 143 ff. 508 Sachwortverzeichnis Führungsgröße 7, 13, 48, 99, 104, 105, 114, 115, 125, 256, 331, 342, 347, 352, 367, 368, 388, 461 Führungsregler 14, 256, 257 Führungsübertragungsfunktion 104, 105, 108, 111, 114, 117, 121, 124, 132, 141, 240, 351, 353, 448, 451 Führungsverhalten 47, 48, 104 ff., 221 ff., 328, 358, 434, 436 Füllstands-Regelstrecke 84 Funktionsbaustein 335, 366 Fuzzifizierung 371, 372, 383, 385 Fuzzy-Logik 3, 371 f. Fuzzy-Menge 371, 372, 373, 375 Fuzzy-Regelung 315, 318 Fuzzy-Regler 371, 373, 374, 375, 386 Heizleistung 53, 54, 312 Hilfsenergie 99 Hilfsregelgröße 252, 254, 255, 256, 259 Hilfsregelgrößenaufschaltung 255 Hilfsregler 13, 14, 256 HIL-Simulation 417 Hintereinanderschaltung 53, 59, 70, 71, 143 Höher-Tiefer-Taster 10 Hurwitz-Determinante 170, 173 Hurwitz-Stabilitätskriterium 212, 273, 355 Hydraulische Regeleinrichtung 114 Hysterese 271, 272, 282, 285, 286, 295, 299, 302 f. Hysteresebreite 303 Hysteresekennlinie 282, 283 G I Gaußsche Zahlenebene 38 Gegenkopplung 44, 107 Generator 57, 59, 60 Genetische Algorithmen 3 Gesamtfrequenzgang 143 ff. Geschwindigkeitsalgorithmus 336 f. Gewichtsfunktion 20, 326, 346, 426 Gewichtsmatrix 406, 407, 413, 415, 416 Gleichspannungsverstärker 101 Gleichstromantrieb 11, 12 Gleichstromgenerator 57, 59, 70 Gleichstrommotor 11, 75, 77, 81, 86, 164, 165 Grenzfall 66, 67, 150, 246, 362 Grenzgerade 377, 378, 379, 380 Grenzwert 258 f., 272, 297, 298, 312, 313 Grenzwertsatz 40, 110 f., 121, 125, 133, 134, 141, 234, 443, 448, 449, 452 Grenzzyklus 395, 396 Grundschwingung 275 ff. Güteindex 233 Gütekriterium 233, 407 Güteparameter 221, 241 I-Algorithmus 338 I-Regelalgorithmus 458 I-Anteil 120, 141, 142, 158, 162, 185, 221, 222, 231, 241, 336, 404 I-Einfluss 116 I-Glied 88, 144, 145, 148, 156, 157, 169, 222, 242, 250, 252, 313, 314, 369, 370, 387, 394, 395, 446, 463 I-Regeleinrichtung 106, 112, 113, 114, 116, 118, 123, 125 I-Regler 113, 117, 118, 122, 124, 331, 457, 458, 459 I-Strecke 52, 83 f., 106, 112, 117, 118, 124, 125, 135, 198 Identifikation 21, 64, 224, 228, 230, 377 Identifikationsmethoden 377 Identifizierung 365 IEC 61131 318 Image-Prozessing 3 Impedanzwandler 103, 137 Impulsantwort 20 Impulsfolge 320, 323, 326, 343, 368 Impulsfunktion 20, 21, 224, 307, 325 Impulsgeber 320 Impulsgenerator 20 Industrie-PC 316 Induktivität 22, 27, 30, 57 Inferenz 371, 374, 375, 375, 385 Infinitesimalrechnung 24 Instabilität 2, 8, 106, 109, 122, 167 f., 181, 182, 195, 221, 251 f., 318, 327 H Halteglied 321 f., 348 f., 439 Handregelung 4 Handy 10 Hardware 315, 317, 318, 319, 417 Hauptregler 13, 14, 255 f. Sachwortverzeichnis Integralkriterien 233 ff. Integration 22, 24, 84, 164, 282, 325, 330, 336, 446 Integrationsbereich 282 Integrationsgrenze 94 Integrationskonstante 22, 84 Integrationssatz 465 Integrationsschritt 438 Intergrationsverfahren 438 Integrierbeiwert 84, 86, 88, 225, 331, 394 Integrierzeit 144 Inverse Ortskurve 195, 198, 200, 276, 288 Inverse Transformation 467 Invertierende Schaltung 102, 103 Impedanzwandler 103, 137 IPC 316 Isokline 389, 394 Istdrehzahl 11 Istwert 3, 4, 7, 8, 45, 259, 321, 362 Istwertfolge 321 ITAE-Kriterium 233 K Kalman 400 Kaskadenregelung 13, 14, 255, 256, 257 Kenngrößen 51, 64, 123, 167, 173, 192, 224, 240, 327 Kennlinie 16, 45, 46, 47, 50, 92, 107, 249, 271 ff., 318, 376, 386, 425, 426 Kennlinienfeld 46, 48, 50, 253 Kennwerte 15, 51, 72, 73, 230, 231, 232, 242, 257, 318, 328, 332, 339, 342, 352, 358, 366, 368, 379, 383, 385, 428, 458 Kettenschaltung 28, 60 KNN 377 ff. Knottenpunkt 391, 392 Kompensation 102, 191, 251 f., 367 Kompensationsbedingung 260 Kompensationsregler 357, 358, 359, 383 Kondensator 11, 18, 86, 127, 446 Kondensatormotor 289 Konfigurierung 318, 319, 370 Konfigurierungsfenster 318 Konfigurierungstool 315 Konfigurierungswerkzeug 319 Kontaktthermometer 295, 296 Koppelstrecke 263 Koppelfaktor 267 509 Korrespondenztabelle 26, 30, 56, 58, 62, 78, 117, 118, 123, 345, 350, 441, 445 LQ-Kriterium 413, 415, 416 Kreisfrequenz 21, 32, 33 ff., 118, Kritischer Punkt 179 f. Künstliche neuronale Netze 3, 377 Kybernetik 3 L Ladebrücke 252 Laplace-Transformation 25, 27, 29, 55, 58, 62, 69, 70, 83, 85, 94, 110, 119, 125, 128, 136, 169, 234, 263, 264, 320, 326, 343, 344, 346, 348, 353, 404, 447, 465, 467 − diskrete 326, 343, 468 Lastmoment 11, 76 Lastwiderstand 101 Least Mean Squares 365 Leistungsverstärker 7, 254, 320 Lernalgorithmus 378, 383 Lernschrittweite 378, 381 Linearfaktor 116, 121, 122, 132, 136, 140, 141, 162, 163, 175, 176, 201, 202, 347, 356, 426, 427 Linearisierung 48 f., 274 Linearität 467 Linearitätssatz 465 Linearmotor 92, 447 Linearverstärker 101 Linguistische Variable 371 Linienbild 37 Liniendarstellung 34 Ljapunow’s Gleichung 415 LMS-Algorithmus 365, 367 f. Lueneberger 410 Luftdruckregelung 10 LZI-Glied 320, 346, 385 M Magnetisierungskurve 57 Magnetschwebekörper 252, 253, 254 Massenträgheitsmoment 87 MATLAB 164, 166, 203, 204, 211, 213, 220, 231, 272, 273, 299, 334, 352, 356, 360, 366, 370, 376, 382, 386, 398, 399, 403, 405, 407, 409, 411, 412, 413, 415, 416, 417 ff. 510 Mehrgrößenregelung 14, 262 ff. Membranteller 9, 17, 68 Membranventil 68, 70 Messblende 13 Messfühler 2, 4, 6, 7, 8, 96, 99, 271, 273, 288, 290, 292, 318, 357 Messumformer 5, 6, 288, 321 Mikrocontroller 316 Mikroprozessor 2, 315, 320, 327, 357 Mikrorechner 316, 321 Mischbehälter 96, 192, 262 Mitkopplung 44, 252 Mittelwertabweichung 297, 298 Mobiltelefon 10 Molekularfilter 14 Monotone Instabilität 167 Motorspannung 289 N Nachstellzeit 118, 172, 195, 229 Negativ-inverse Ortskurve 195, 198, 200 Neurodynamik 3 Neuroregelung 315 Nichtinvertierende Schaltung 103 Nichtlineare Glieder 271 ff. Nichtlinearität 45, 195, 272 f., 287 f. Norm IEC 318 Normalform 16, 28, 97, 427 Nullstellen 26, 136, 175 f., 201 f., 213 f., 332, 347, 356 f., 424 f. Nullstellenkonfiguration 213 Nullstellenpaar 177, 214, 215 Nullstellenverteilung 175 f,, 203, 216, 426 Nyquist-Kriterium 174 ff., 243, 250, 355, 453, 456 O ODER 373, 374, 375 OLE 317, 318 OPC-Server 316, 317, 318 Operationsverstärker 2, 11, 101 ff. − Ersatzschaltbild 101 Optimierung 221, 234, 240, 243 Optimierungsproblem 33 Optimierungsverfahren 255 Ortskurve 36 ff., 248 f. Ortskurvendarstellung 41, 143, 185, 445 Sachwortverzeichnis Ortskurvenverlauf 64, 75, 91, 119, 131, 140, 180 f., 443 f. Oszillatorische Instabilität 167 Overrideregelung 255, 258, 259 P Pade-Funktion 427 P-Anteil 120 f., 231, 335, 336 Parallelschaltung 43, 310 Parasitische Zeitkonstante 129, 138 Partialbruchzerlegung 26, 62, 344 PC 51, 315, 316, 357, 417 PC-Bildschirm 434 PC-Simulation 231 PD-Glied 150, 151, 153, 154, 463 PD-Regeleinrichtung 127, 128, 131 f. PD-Regler 129, 135, 228, 309, 329 PD-Verhalten 306, 307 Pendel 252, 384 − invertiertes 252, 253, 254 PFC-Regler 361 PFC-Verfahren 362 P-Glied 144, 147, 195, 222, 247, 331, 386 Phasengang 148 ff., 225, 243 f., 429 f., 463, 464 Phasenlineal 156, 193 Phasenrand 191 f., 243 Phasenreserve 192, 196, 221, 245, 246, 327, 328, 329 Phasenverschiebung 39, 144, 176, 191, 250, 285 Phasenverschiebungswinkel 32, 33 Phasenwinkel 33, 34, 37, 39, 41, 143, 145, 147, 158, 159, 160, 161, 176, 177, 182, 191, 195, 242, 248, 276 PI-Algorithmus 337 PID-Algorithmus 366 PID-Glied 153, 163, 464 PID-Regelalgorithmus 321, 335 PID-Regeleinrichtung 135 f., 161, 168, 169, 430 PID-Regler 137 ff.., 311, 327 f., 364, 365, 366, 434, 455, 463, PID-Stellungsalgorithmus 338 PID-Verhalten 125 PI-Glied 148, 150, 195 PI-Regelalgorithmus 337, 339, 460 Sachwortverzeichnis PI-Regeleinrichtung 118 ff., 119, 120, 122, 124, 172, 192, 338 PI-Regler 119, 124, 135, 203, 224 f., 273, 328, 332, 342, 360 f., 404, 450, 453, 460, 461 P-kanonische Form 263, 265, 266, 268, 269 Pneumatische Regeleinrichtung 9, 107 PNK 316, 317 Poiseull'sches Gesetz 68 Pol 30, 31, 65, 66, 123, 132, 142, 175 ff., 246, 352, 353, 355, 387, 441 Pole Placing 387, 403 Pol-Nullstellen-Darstellung 424, 427 Pol-Nullstellenverteilung 175 ff. Polpaar 169, 213, 214, 434 Polstelle 26, 66, 77, 136, 177, 178, 188, 201, 213 f., 245 f., 272, 333, 347, 353, 356 f., 379, 387, 388, 390, 400 ff. Polstellenvektor 402 Polverteilung 65, 132, 169, 175, 201, 246, 355, 406, 453, 454 Polzuweisung 387, 402 f. Polynomform 163, 426 ff. Positionsregelung 7, 383 positiv definierte Matrix 413 positiv semidefinierte Matrix 413 Prädiktionshorizont 361 Prädiktive PFC-Regelung 361 P-Regeleinrichtung 106 ff., 174 P-Regler 106 ff., 198 f., 224 f, 261, 328, 329, 351, 352, 356, 385, 386, 439 Produktionssystem 2 PROFIBUS 317 Programm 231, 319, 321, 335, 417, 420, 423 ff., 461 f. Programmiersprache 318, 420 Programmierung 318, 417 Proportionalbeiwert 46 f., 106, 118, 127, 193, 195, 226, 228, 229, 250, 251, 252, 308, 328, 329, 385, 387, 407, 428, 457 Prozessleitebene 2, 315 Prozessleitsystem 315, 316, 317, 318 Prozessrechner 1, 315 P-Strecke 52 ff., 134, 135, 141, 167, 197, 198, 221, 229, 296 f., 302 f., 361, 365 P-T1-Strecke 55, 56, 70, 71, 86, 95, 108, 114, 120, 124, 132, 160, 252, 297, 298, 350 f., 370 511 P-T2-Strecke 59, 62 f., 110, 131, 132, 140, 172, 174, 198, 199, 235, 257, 342, 453, 455 Q Quasioptimale Verfahren 370 Querwiderstand 61 R RAM 316 Rampenfunktion 20, 224, 259 Rang 400, 401, 419 Raumtemperaturregelung 3, 4, 9 RCL-Brückenschaltung 29 RCL-Vierpol 262 Reaktionskessel 13, 14 Rechentotzeit 323 Rechteckregel 336, 337, 339, 458 Referenztrajektorie 361 Regelalgorithmus 255, 320, 323, 331, 335, 348, 357, 368 f. Regelbarkeit 226, 227, 264 Regelbasis 371, 374 Regeldifferenz 4, 5, 7, 11, 12, 47, 48, 99, 106 ff, 167, 174, 221, 222, 233 f., 255, 260, 265, 272, 273, 289, 295 f., 361 f., 371 f., 395, 405, 448 f. Regeldifferenzfolge 321 Regeleinrichtung 1 f., 15, 42, 51 f. 99 ff., 221 − I 106, 112 ff., 118, 123 f. − P 106 ff., 174 − PD 127 ff. − PI 118 ff., 172 − PID 135 ff., 183 Regelfaktor 47, 48 Regelfläche 233, 234 − lineare 234, 235 − quadratische 233 − zeitgewichtete 234 Regelgröße 1 f., 44 f., 51 f., 99 f., 167 f., 221 f., 292, 295 f., 315 f., 387 f, 440, 449, 457, 458 Regelkreis 2 f., 15 ff. − digitaler 326, 348, 353 Regelkreisglieder 21 f., 33 f., 143, 271 Regelkreisstruktur 240, 383 512 Regelstrecke 2 f., 42 f. , 51 f., 99 f., 167 f., 221 f., 273, 289 f., 315 f., 357 f., 387 f., 431, 439, 455, 457 − 1. Ordnung 53, 59, 86, 96, 108, 147 − 2. Ordnung 59, 75, 110, 152 − höherer Ordnung 70, 296 − instabile 247 ff. − mit Ausgleich 52 − mit Totzeit 92, 174, 296 − ohne Ausgleich 15, 52, 83, 124 Regelung 1 ff., − quasikontinuierliche 327 f. Regelgüte 14, 173, 221, 233, 272, 318, 362 Register 10 Regler 1 ff. Reglerkennlinie 47 Reihenschaltung 42, 43, 68, 86 f., 127, 138, 153 f., 224, 252, 346, 351 Reihenschwingkreis 18, 27 Rekursion 325, 331, 339 Relais 271, 272, 295, 301, 312, 320 Residuensatz 26, 30, 62, 88, 130, 138, 142, 465 Resonanzfrequenz 83 reziproke Strecke 364 reziproke Übertragungsfunktion 359 Riccati-Gleichung 415 ROM 316 Robustes Verfahren 371 Rückführglied 305 f. Rückführimpedanz 120 Rückführung 128, 137, 305 f., 359, 383, 388, 395, 396, 402, 410, Rückführungsschaltung 44 Rüskführungswiderstand 101 Rückführungszweig 105 Rückkopplung 2, 137 Rückkopplungsschaltung 44 Rückkopplungszweig 1 f. Rücktransformation 26, 30, 62, 108, 130, 137, 138, 326, 333, 344, 441 ff. Rücktransformationsgleichung 78 S Sattelpunkt 391 Sättigung 57, 271, 272, 277 f. SCADA 317 scaling factor 404 Sachwortverzeichnis Schaltfrequenz 304 ff. Schaltlinie 395, 396 Schnittpunkt 80, 131, 143, 145, 149, 152, 184 f., 210 f., 356, 456 Schwankungsbreite 297 f. Schwellenwert 271, 377, 378, 380, 382, 386 Schwerpunkt 214, 253, 376, 387 Schwerpunktmethode 375 Schwingamplitude 293, 298, 305, 309 Schwingdauer 299 f. Schwingungsamplitude 21, 32 Schwingungsperiode 21, 396 Schwingung 30, 33, 276 − aperiodische 59, 66 − aufklingende 66 f., 169, 291, 293 − gedämpfte 66, 75, 77, 83, 117 s-Ebene 66, 169, 175, 176, 179, 201 ff., 246 f., 352 f., 379, 426, 432, 434 Sendeleistungsregelung 10 Sender 10 SPFC-Algorithmus 362 SPFC-Verfahren 363 Signal 5 f., 92 f., 255 f., 320 f., 335, 343, 345, 354, 397, 417, 422, 424, 440 simplified PFC 362 Simulation 231 f., 299 f., 366, 382, 397, 405, 407, 417, 438, 459 Simulink 231, 272, 273, 299, 360, 366, 370, 382, 386, 403, 412 f., 417 ff. Sinusfunktion 20, 36 Sinusschwingung 21, 32 f., 275, 276 Smith-Prädiktor 359, 360 Soft-Computing 3 Soft-SPS 316 Software 315, 316, 377, 417 Solldrehzahl 11, 12 Sollwert 2 f., 45, 47, 99 f., 221 f., 271 f., 295, 317, 318, 368 f. Sollwertgeber 7, 11 Sollwertsprung 274, 309 Spannung 1 ff., 18, 57, 99, 101, 113, 137 Speicher 68, 315 Speicherprogrammierbare Steuerung 316 SPFC-Algorithmus 362, 363 Sprung 20, 126, 222, 225, 307, 308, 310, 313, 314, 331, 460, 461 Sprungantwort 21 ff. Sprungfunktion 19 ff., 322, 332 Sachwortverzeichnis SPS 2, 8, 11, 316, 317, 318, 338, 357 SPS-Regler 316 Stabilität 51, 167 f., 273, 342 Stabilitätsbedingung 225, 243, 251, 274, 276, 331, 341 f., 352 f. , 456 Stabilitätsgebiet 341 Stabilitätsgrenze 170 f., 201 f., 224, 288, 328, 353, 354, 454 Stabilitätsgüte 191, 192 Stabilitätskriterien 2, 167 f., 201, 221, 274, 341, 352, 394 − mittels Bode-Diagramm 185 ff. − mittels Zweiortskurvenverfahren 195 − nach Hurwitz 168 f. , 355 − nach Nyquist 174 f., 355 Stationärer Endwert 63, 133, 141 Stationärer Endzustand 109 Statische Kennlinie 16, 45, 107, 277, 279, 295 Statisches Verhalten 15, 16, 44 Steigung der Asymptote 157 f. Steigungsänderung 157 Stellbereich 100, 295 Steller 2 Stellglied 6, 99, 107, 254, 255, 312, 320, 368, 439 Stellgröße 1 ff. Stellgrößenbegrenzung 370 Stellreserve 369 Stellsignal 68, 258, 318, 321, 369, 370, 394, 398, 402 Stellungsalgorithmus 335, 336 Stellventil 4, 5, 6, 13, 14, 68 Stetigähnliche Regelung 305 Stetige Regeleinrichtung 100, 295 Steuerbarkeit 400 f. Steuermatrix 397, 400, 401, 403 Steuerung 2, 8, 11, 316, 317, 318, 368, 414 Störfunktion 19, 21 Störgröße 4 ff. Störgrößenaufschaltung 255, 260 f., 408 f. Störgrößensprung 227 Störgrößenvorregelung 255 Störsprung 116, 125, 235, 260, 449 Störsprungantwort 134, 142 Störverhalten 44 f., 104 f., 167, 192, 221 f., 256 513 Störübertragungsfunktion 106, 109, 115, 121, 134, 141, 167, 174, 235, 448, 449 Streckenkenngrößen 230 Strecke reziproke 364 Stromistwert 12 Stromrückführung 164, 165 Stromwandler 12 Strukturinstabil 167 Strukturoptimierung 255 Summierer 120, 128, 137 Symmetrisches Optimum 242, 244 Systembus 315 Systemmatrix 397, 400, 401, 403, 406, 407, 409, 412 T Tachogenerator 5, 11 Taktgeber 320 Taktgenerator 316 Temperaturabkühlungskurve 297 Temperaturausgleich 259 Temperaturregelkreis 6 Temperaturregelung 9 f., 296, 309, 312 f. Thermoelement 13, 258, 319 T-Glied 128, 137 Thyristor 11, 95, 295, 317 Tiefpass-Filter 11 Toleranz 100 Toleranzbereich 221, 223 Toleranzgrenze 232 Tote Zone 271, 272, 273, 275, 279, 281 Totzeit 92 f., 182, 192, 194, 195, 201, 231, 296 f., 322 f., 359 f., 427 Totzeitänderung 194 Totzeitglied 94 f., 174 f., 192, 193, 224, 225, 323, 326, 329, 359, 427 Totzeitkreis 182 Totzeitsystem 174, 182 Trägheitsmoment 82, 86, 253 Trajektorie 389, 390, 393, 393, 395, 396 Trajektorienschar 393 Transferfunktion 377 f., 439, 462 Transport Delay 360, 365 Trapezregel 331, 336, 337 Trendfenster 318 Treppenkurve 321, 322, 336, 422, 439 Triac 295 T-Summen-Regel 228 Tustin-Verfahren 337 514 Sachwortverzeichnis U W Übergangsverhalten 19, 65, 224 Überschwingweite 221, 223, 232, 240, 246, 360, 370, 434 Übertragungsbeiwert 23, 58 Übertragungsfunktion 25 f., 42 f., 51 ff. − des aufgeschnittenen Kreises 174, 178, 180 f., 201 f., 432 f., 453 f. Übertragungsfunktion reziproke 359 Übertragungsmatrix 267 UND 373, 374, 375 Unknown plant 365 Unstetige Regelung 295 ff. Unstetige Regeleinrichtung 100, 295 Wandelzeit 322 Wandler 17, 68, 315 f., 348 Wärmeaustauscher 13, 14 Wärmewiderstand 54 Warmwasserbehälter 53 Wasserdurchlauferhitzer 296 w-Ebene 354 Wendepunkt 63, 64, 229 Wendetangente 64, 72, 73, 225, 228, 229 Werkzeugmaschine 85 Werkzeugschlitten 86, 87 Widerstand 9 f., 54 f., 103, 127, 262, 263 Widerstandskraft 29, 263 Widerstandsthermometer 312 Winkeländerung 175 f., 355, 356, 453 f. Winkelbedingung 202, 210, 211 Wirbelpunkt 391 Wirkungsplan 5 ff. Wirkungsrichtung 5 Wirkungslinie 5 ff. WOK 201, 356, 432 w-Transformation 354, 355 Wurzelortskurve 201 ff., 356, 433, 436 Wurzelortskurvenast 212 Wurzelortskurvenverfahren 201 Wurzelschwerpunkt 214, 218 V Ventilhub 45, 90, 372 Ventilstellung 4, 68, 84 Vergleichsstelle 9 Verhältnisregelung 12, 13 Vermaschte Regelkreise 12, 13 Verschiebungssatz 94, 347, 350, 465, 467 Verstärker 5, 9, 11, 101, 271, 306, 310 Verstärkermaschine 59, 60 Verzögerte Rückführung 306 ff. Verzögert-nachgebende Rückführung 310 Verzögerung 13, 53 f., 96 ff., 127 ff., 192, 198, 247, 260, 276, 296, 305, 306, 310, 327, 338, 361 f., 434, 439, 440 Verzögerungsglied 38, 40, 41, 72, 73, 97, 98, 224, 225, 296 Verzögerungsleitung 95 Verzögerungsstrecke 240 Verzögerungszeit 5, Verzögerungszeitkonstante 257, 324 Verzugszeit 64, 225, 227, 324, 327 Verzweigungspunkt 207, 210, 213 ff. Verzweigungsstelle 5, 165, 359 Vierpol 28, 60, 262 Virtuelle Masse 102, 103, 129 Visualisierung 318, 319 V-kanonische Form 264, 265, 268, 269 Vordrossel 9, 107 Vordrosseldurchmesser 107 Vorfilter 363, 404, 405, 407, 409 Vorhaltzeit 128, 134, 329 X XOR 380, 461 Z Zähigkeit 69 Zählerpolynom 178, 201 f., 399 f., 432 f. z-Bereich 343 ff. z-Ebene 203, 353, 354, 355, 356 Zeigerbild 37 Zeigerdarstellung 34 Zeitbereich 25, 26, 27, 30, 58, 62, 108, 123, 130, 137, 138, 168, 221, 234, 320, 325, 330 f., 345, 350, 424, 436, 441 f. Zeitkonstante 18 f., 58, 63 f., 113, 118, 127 f., 225 f., 296 f., 385 f., 417, 442 f. Zeit-Prozentkennwert 229, 230 Zeitverhalten 5, 11, 15, 51, 106 ff., 143, 221, 257, 305, 313, 324, 367 Zeitverzögerung 255 Zentrifugalregulator 1 Sachwortverzeichnis Ziegler-Nichols-Verfahren 224 f, 225, 328 z-Transformation 325 ff. z-Übertragungsfunktion 326, 346 ff. Zugehörigkeitsfunktion 371 ff. Zustandsdifferentialgleichung 393, 394 Zustandsebene 274, 387 f. Zustandskurve 389, 390 f. Zustandsregelung 383, 384, 387 ff. Sachwortverzeichnis 515 Zustandsrückführung 387 f. Zustandsvariable 384 ff., 400, 411 Zustandsvektor 397, 405, 413 Zweiortskurvenverfahren 195 f., 276 ff. Zweipunktregler 100, 285, 295 ff. Zweipunktverhalten 272 Zweispeichersystem 59 Zweitanksystem 262