Institut für Mess- und Regelungstechnik Leibniz Universität Hannover Prof. Dr.-Ing. E. Reithmeier Regelungstechnik I – Skript Lineare zeitinvariante analoge Regelsysteme 9. Dezember 2010 Inhaltsverzeichnis I Inhaltsverzeichnis I DEFINITIONEN / GRUNDBEGRIFFE 1 I.1 Das Übertragungsglied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 I.1.A Mathematische Formulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 I.1.B Darstellung (eines Übertragungsgliedes) durch den Signalflussplan . . . 5 Die Regelstrecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 I.2.A Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 I.2.B Führungsgrößen der Strecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 I.2.C Referenzstörungen der Strecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 I.2.D Referenz- / Nominalbetrieb der Strecke . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 I.2.E Linearisierung der Strecke um den Referenzbetrieb . . . . . . . . . . . 18 I.3 Regler und Regelkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 I.4 Zielorientierte Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 I.2 II ANALYSE LINEARER, ZEITINVARIANTER ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM FREQUENZBEREICH 34 II.1 Die Übertragungsfunktion (eines beliebigen lin. zeitinv. Übertragungsgliedes) . 35 II.1.A Multi-Input Multi-Output (MIMO) Systeme . . . . . . . . . . . . . . . 35 II.1.B Single–Input –Single–Output (SISO) Systeme . . . . . . . . . . . . . . 45 II.2 Antwort von SISO-Systemen bei Anregung mit Testfunktionen . . . . . . . . . 49 II.2.A Antwort auf Impulsanregung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 II.2.B Antwort auf Sprunganregung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 II.2.C Antwort bei harmonischer Anregung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 II.3 Antworten einfacher Übertragungsglieder bei Anregung durch Testfunktionen . 69 II.3.A PI-Glied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 II.3.B PD-Glied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 Inhaltsverzeichnis II II.3.C PID-Glied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 II.3.D PT1 -Glied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 II.3.E PT2 -Glied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 II.3.F Tt -Glied (Totzeitglied) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 II.4 Charakteristisches Übertragungsverhalten allgemeiner SISO-Systeme . . . . . 99 II.4.A Charakteristisches Sprungverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 II.4.B Charakteristisches P-Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 II.4.C Charakteristisches I-Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 II.4.D Charakteristisches D-Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 II.5 Stabilität linearer zeitinvarianter Übertragungsglieder . . . . . . . . . . . . . . 107 II.5.A MIMO-Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 II.5.B SISO-Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 II.6 Stabilitätsreserven linearer zeitinvarianter Übertragungsglieder . . . . . . . . . 115 II.6.A Absolute Stabilitätsreserve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 II.6.B Relative Stabilitätsreserve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 III ANALYSE & SYNTHESE LINEARER, ZEITINVARIANTER REGELKREISE IM FREQUENZBEREICH 123 III.1 Definition und Darstellung des Standardregelkreises . . . . . . . . . . . . . . . 125 III.2 Die Führungs- und Störübertragungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 III.3 Stationäres Verhalten des Regelkreises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 III.3.A Allgemeine Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 III.3.B SISO-Regelkreis mit stationärem Führungsverhalten . . . . . . . . . . 135 III.3.C SISO-Regelkreis mit stationärem Störverhalten . . . . . . . . . . . . . 139 III.4 Stabilitätsbetrachtungen am Standardregelkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 III.4.A BIBO-Stabilität und Stabilitätsreserven . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 Inhaltsverzeichnis III III.4.B Wurzelortskurven (WOK) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 III.4.B.a Allgemeine Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 III.4.B.b Eigenschaften der WOK bei SISO-Systemen . . . . . . . . . 148 III.4.C Das Verfahren von Nyquist (zeitkontinuierlich) . . . . . . . . . . . . . 151 III.4.C.a Das allgemeine Nyquist-Kriterium . . . . . . . . . . . . . . 151 III.4.C.b Das allgemeine Nyquist–Kriterium für SISO–Systeme . . . . 152 III.4.C.c Phasenreserve des SISO–Regelkreises . . . . . . . . . . . . 158 III.4.C.d Amplitudenreserve des SISO–Regelkreises . . . . . . . . . . 160 III.5 Regelkreisentwurf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 III.5.A Anforderungen an den Regelkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 III.5.B Frequenzkennlinienverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 IV Anhang 172 IV.1 Beweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 1 I DEFINITIONEN / GRUNDBEGRIFFE I.1 I.1.A Das Übertragungsglied Mathematische Formulierung Gegenstand der Betrachtung: “Dyn. System“, bestehend aus n Objekten ( = Teilsystemen) Objekt (i) Wechselwirkungen mit anderen Objekten/ Umgebung Zustandsgröße: x(i ) w (i ) := xe(i ) , z (i ) Parameter: p ( ) (i ) “steuerbare Wechselwirkungen” “nicht steuerbare Wechselwirkungen” x(1) , ..., x(n) p := p(1) , ..., p(n) h i (1) (n) w := w(1) , ..., w(n) = xe , z(1) , ..., xe , z(n) = [xe , z] x := z (t ) xe (t ) Dyn. System F [x (t ), p , xe (t ), z (t )]= 0 xa (t ) xa := Informationen, die über das System “eingeholt“ werden ( z.B. Messgrößen) Hier betrachtete Modellklasse: ( F[x, p, xe , z] = 0 ⇔ ẋ = f (x, p, xe , z) ; xa = g (x, p, xe , z) x (0) = x0 2 I DEFINITIONEN / GRUNDBEGRIFFE Beispiel I-1: Fremderregter Gleichstrommotor als Übertragungsglied geg.: MH , MMot , ML , MW , uS , uR , RS , RR , LR , J, c, ψ(iS ), LS (iS ) d [i i ω] ges.: Zustandsvektor ẋ = dt S R Gehäuse (MH, uS) Zust.: iS Rotor M Mot , M L ) ( (u , M ) Zust.: iR ,w R W Param.: J, RR, LR Param.: RS Relationen für das Objekt “Gehäuse“: Relation R1 : Statorstromkreis dψ us = Rs · is + dt dψ s = Rs · is + di · di dt s ↓ Ls (is ) 3 I DEFINITIONEN / GRUNDBEGRIFFE mit Relation R2 : Stat. Momentengleichgewicht am Gehäuse MH + ML − MMot = 0 mit MMot = c · ψ (is ) · iR c := const. Thermische Effekte werden vernachlässigt. Relationen für das Objekt ”Rotor”: Relation R3 : Rotorstromkreis uR = uind + LR · diR + RR · iR dt mit uind = c · ψ (is ) · ω 4 I DEFINITIONEN / GRUNDBEGRIFFE Relation R4 : Drallsatz Rotor J· dω = MMot − ML − MW dt Relation R2 ist für die Dynamik des Systems nicht von Bedeutung, da das Gehäuse selbst als ruhend betrachtet wird. Die restlichen Relationen lauten nach Elimination von MMot und uind : 1 [u − R · i ] s s Ls (is ) s is d iR = L1 [uR − RR · iR − c · ω · ψ (is )] R dt ω 1 [c · ψ (i ) · i − M − M ] s R L W J d dt x = f (x, xe , z) mit (i) xe := (uR , us )T (ii) z := (ML , MW )T (iii) p := (Rs , RR , LR , c, J)T Thermische Effekte werden vernachlässigt. Als Ausgangsgröße xa wählen wir die Drehzahl ω. Es ist dann g (x, xe , z) := ω I DEFINITIONEN / GRUNDBEGRIFFE I.1.B Darstellung (eines Übertragungsgliedes) durch den Signalflussplan - Signalflussplan stellt die Zustands- und Ausgangsgrößen grafisch dar. - Signalflussplan enthält alle mathematischen Grundoperationen, aus denen sich Zustands- und Ausgangsgleichung zusammensetzen. - Grundoperationen werden durch (i) elementare Übertragungsglieder (ii) elementare Verknüpfungssymbole dargestellt. Elementare Übertragungsglieder sind im Wesentlichen: • Multiplikation eines Signals e mit einem Faktor K ( “P-Glied“ ) • zeitl. Differentiation eines Signals e ( “D-Glied“ ) • zeitl. Integration eines Signals e ( “I-Glied“ ) 5 I DEFINITIONEN / GRUNDBEGRIFFE • nichtlineare Übertragung eines Signals e Elementare Verknüpfungsglieder sind im wesentlichen: • Summation zweier Signale e1 , e2 • Vorzeichenumkehr eines Signals e • Verzweigung eines Signals e • Multiplikation zweier Signale e1 , e2 6 7 I DEFINITIONEN / GRUNDBEGRIFFE Beispiel I-2: Fremderregter Gleichstrommotor aus Kap. I.1.A Nr.2 geg.: folgende Zustandsgleichungen aus Beispiel I-1 dis = 1 [u − R · i ] s s dt Ls (is ) s diR = 1 [u − R · i − c · ω · ψ (i )] R R s LR R dt dω = 1 [c · ψ (i ) · i − M − M ] s R L W J dt Dabei war ges.: Signalflussplan (i) x := (is , iR , ω) (ii) xe := (us , uR ) (iii) z := (ML , MW ) (iv) xa := ω I DEFINITIONEN / GRUNDBEGRIFFE Ziel 8 I DEFINITIONEN / GRUNDBEGRIFFE I.2 9 Die Regelstrecke Es besteht kein struktureller Unterschied zwischen Objekt und System. Begriffssystem kann sowohl zur Analyse als auch zur Synthese eingesetzt werden. Bei Aufgliederung entstehen neue Relationen bzw. Wechselwirkungen; beim Zusammensetzen entfallen Relationen bzw. Wechselwirkungen. I.2.A Definition Ist das Gesamtsystem bzw. der Gesamtprozess in Form eines Übertragungsgliedes beschrieben, so bezeichnen wir dieses Gesamtübertragungsglied als “Regelstrecke“. Eingangsgrößen xe werden als “Steuergrößen“ bezeichnet und meist mit u abgekürzt. Ausgangsgrößen xa werden als “Regelgrößen“ bezeichnet und meist mit y abgekürzt. I.a, setzt sich das Gesamtsystem “Regelstrecke“ immer aus den drei Teilsystemen - Aktorsystem - Kernsystem - Messsystem/ Sensorsystem zusammen. 10 I DEFINITIONEN / GRUNDBEGRIFFE Dabei ist das Kernsystem das eigentlich zu regelnde System. Das Aktorsystem ist dabei meist ein “ Umsetzer“ von einer technisch einfach handhabbaren Größe (z.B. Spannungspegel) in eine entsprechende Wirkgröße (z.B. Kraft). In entsprechender Weise bildet das Messsystem die erwünschten Ausgangs- bzw. Beobachtungsgrößen des Kernsystems in technisch komfortabel handhabbare Regelgrößen ab. Beispiel I-3: Lastenkabine als Kernsystem mit fremderregtem Gleichstrommotor als Aktor und mit Tachogenerator als Drehzahlmesser geg.: reales System ges.: mathematisches Modell US Antriebsmotor MA - MA Getriebe MT - MT UR Masse m z = [m] éU ù U = ê Rú ëU S û Regelstrecke y =[UT ] Tachogenerator UT 11 I DEFINITIONEN / GRUNDBEGRIFFE I.2.B Führungsgrößen der Strecke Die “Führungsgrößen“ ȳ definieren den Sollzustand der Regelgröße. Die entsprechende Differenz ∆ y := y − ȳ wird dabei als “Regeldifferenz“ bezeichnet. Allgemein gesagt, bilden die Führungsgrößen ȳ eine einparametrige Kurve Γ im Raum Y der Regelgrößen, etwa Γ := {ȳ ∈ Y | γ (ȳ) = 0} mit γ : Y →R Beispiel I-4: Roboter “Tool-Center-point (TCP)“ auf ebener Kreisbahn geg.: Solltrajektorie eines Roboters ges.: Gegenüberstellung von Soll- und Ist-Trajektorie ( Γ := ȳ = " ȳ1 ȳ2 # ) ∈ R2 | (ȳ1 − a)2 + (ȳ2 − b)2 − r2 = 0 mit γ (y) = (y1 − a)2 + (y2 − b)2 − r2 Der Kurvenparameter ist meist die Zeit t, innerhalb eines bestimmten Zeitintervalles [t0 ,t1 ]: Γ : [t0 ,t1 ] → Y ,t → ȳ (t) mit ȳ (t0 ) = ȳ0 ȳ (t1 ) = ȳ1 12 I DEFINITIONEN / GRUNDBEGRIFFE Ziel der Regelung ist, die beobachteten bzw. messtechnisch erfassten Istgrößen y möglichst nahe an der Führungsgröße ȳ zu halten. Beispiel I-5: Gleichstrommotor aus Kap. I.1.A Nr.2 als Regelstrecke mit Drehzahl ω als Regelgröße y. geg.: Verlauf der Regelgröße ω ges.: möglicher realer Verlauf von ω In diesem Fall wäre dann ȳ (t) = ω (t) ω∗ · t t∗ = ω∗ zu wählen. für 0 ≤ t ≤ t ∗ für t ∗ ≤ t < ∞ 13 I DEFINITIONEN / GRUNDBEGRIFFE I.2.C Referenzstörungen der Strecke Die Regelstrecke soll durch die Steuergrößen u gezielt beeinflusst werden. Dazu ist es sehr nützlich, die Störungen auf das System in etwa abzuschätzen. Die Schätzung bezeichnen wir als “Referenzstörung“ z̄. Der unbekannte Störeinfluss wird dann formal durch die ‘Störgrößendifferenz“ ∆ z := z − z̄ ausdrückbar. Analog zur Definition der Führungsgrößen ȳ, können wir die Referenzstörungen z̄ als einparametrige Kurve Φ im Raum Z der Störgrößen z modellieren, d.h. Φ := {z̄ ∈ Z | ϕ (z̄) = 0} mit ϕ : Z→R Kurvenparameter ist wieder die Zeit t. Ein bestimmtes Zeitintervall [t0 ,t1 ] ist wieder von Interesse, etwa Φ : [t0 ,t1 ] → Z ,t → z̄ (t) mit z̄ (t0 ) = z̄0 z̄ (t1 ) = z̄1 14 I DEFINITIONEN / GRUNDBEGRIFFE Beispiel I-6: Gleichstrommotor aus Kap. I.1.A Nr.2 als Regelstrecke mit y = ω und z = (MW , ML ). geg.: Ergebnisse aus Beispiel I-1 ges.: Störgrößenverlauf Für das Abtriebsmoment gilt näherungsweise: MW ≈ MW := Jges · ω̇ + M0 Dabei nehmen wir an, dass ω in der Nähe der Führungsdrehzahl liegt, Jges das gesamte an der Rotorwelle auftretende Trägheitsmoment ist und M0 einen konstanten Störanteil (z.B. Lagerreibung ...) beschreibt. So ist ω ∗ · t∗ t ω (t) = ω ∗ 0 ≤ t ≤ t∗ t∗ ≤ t ≤ ∞ daraus folgt ∗ ω∗ ω̇ (t) = t 0 0 ≤ t ≤ t∗ 0 ≤ t ≤ ∞ und demnach Jges · ω∗∗ + M0 t MW (t) = M 0 0 ≤ t ≤ t∗ 0 ≤ t ≤ ∞ Skizziert ML können wir näherungsweise als konstant betrachten, z.B. ML = 0, falls ML stets klein bleibt. 15 I DEFINITIONEN / GRUNDBEGRIFFE I.2.D Referenz- / Nominalbetrieb der Strecke Wir sagen “die Regelstrecke befindet sich im Referenz- oder Nominalbetrieb“ falls (i) am Ausgang die Führungsgröße, also y = ȳ anliegt, (ii) am Störeingang die Referenzgröße, also z = z̄ anliegt, und (iii) es einen “Referenzzustand“ x̄ und eine “Referenzsteuergröße“ū gibt, so dass (a) ẋ = f (x̄, ū, z̄) (b) x̄ (0) = x0 (c) ȳ = g (x̄, ū, z̄) für alle t ∈ R gilt. Im Nominalbetrieb bilden u = ū und x = x̄ eine Lösung des differential-algebraischen Gleichungssystems der Form ẋ = α(x, u,t) (= f (x, u, z̄(t))) x(0) = x0 0 = β (x, u,t) (= ȳ(t) − g(x, u, z̄(t))) Im Falle einer Mehrdeutigkeit existieren mehr Referenzzustände x̄ und Referenzsteuergrößen ū, die die Regelstrecke auf der Führungsgröße ȳ halten. Definition: Sind im Nominalbetrieb der Regelstrecke alle Größen ȳ, z̄, x̄ und ū zeitunabhängig, dann heisst (x̄, ū, z̄) = (x∗ , u∗ , z∗ ) = const “Betriebspunkt“ oder “Arbeitspunkt“ der Regelstrecke. 16 I DEFINITIONEN / GRUNDBEGRIFFE Beispiel I-7: Fremderregter Gleichstromotor aus Kap. I.1.A Nr.2 als Regelstrecke geg.: Ergebnisse aus Beispiel I-1,5,6 (Führungs- und Störgrößenverlauf) ges.: Zustands- und Steuergröße (i) Führungsgröße ȳ (t) := ω̄ (t) ω ∗ · t∗ t ω̄(t) = ω ∗ " (ii) Referenzstörung z̄(t) := 0 ≤ t ≤ t∗ t ∗ ≤ t < ∞. # M L (t) MW (t) M L (t) = ML∗ = const Jges · ω∗∗ + M0 t MW (t) = M 0 ≤ t ≤ t∗ t ∗ ≤ t < ∞. 0 (iii) • 1 (u − R · i ) s s Ls (is ) s is iR = L1 (uR − RR · iR − c · ω · ψ (is )) R ω 1 (c · ψ (i ) · i − M − M ) s R L W J 1. Fall 0 ≤ t ≤ t ∗ ω∗ ⇒ ω̄˙ = ∗ t Eingesetzt in die dritte ZG ∗ ⇒ J · ω∗ t = = ⇒ ψ (īs ) · īR = c · ψ (īs ) · īR − M L − MW ∗ ω c · ψ (īs ) · īR − − Jges · ∗ + M0 t 1 ω∗ ∗ (J + Jges ) · ∗ + ML + M0 c t | {z } ML∗ = K∗ 17 I DEFINITIONEN / GRUNDBEGRIFFE Die erste ZG können wir in einfacher Weise dadurch erfüllen, dass wir den Statorstrom is konstant annehmen, also īs (t) = i∗s = const. setzen. Dann ist (īs (t))• = 0 und damit gemäß erster ZG ūs (t) = Rs · īs (t) = Rs · i∗s | {z } (= const.) =: u∗s zu wählen! Es bleibt dann noch die zweite ZG d dt (īR ) = ūR − RR · īR − c · ω · ψ (īs ) ∗ = ūR − RR · īR − c · ω ∗ · t∗ · K t īR Wählen wir schließlich auch für den Rotorstrom īR = const. = i∗R , so bedeutet das für ūR (t) ūR (t) = RR · i∗R | {z } =: β ∗ c · ω ∗ · K∗ + ·t t ∗ · i∗R | {z } =: α ∗ Insgesamt " ū(t) = Rs · i∗s # β ∗ + α ∗t i∗s ∗· 1 x̄(t) = K ∗ ψ(is ) ω ∗ tt∗ i∗s ist frei wählbar 18 I DEFINITIONEN / GRUNDBEGRIFFE I.2.E Linearisierung der Strecke um den Referenzbetrieb Wenn wir davon ausgehen können, dass sowohl die Störgrößen z = z̄ + ∆ z als auch die Steuergrößen u = ū + ∆ u stets in der Nähe ihrer Referenzen z̄ und ū liegen, also k∆ z(t)k 1 k∆ u(t)k 1 für alle Zeiten t ∈ R gilt, so dürfen wir aufgrund der Stetigkeit von f und von g bzgl. x, u und z dies auch für die Zustandsgrößen x = x̄ + ∆ x und die Ausgangsgrößen y = ȳ + ∆ y annehmen, d.h. k∆ x(t)k 1 k∆ y(t)k 1 ∀t ∈ R Reihenentwicklungen von f und g bis zur ersten Ordnung um den Referenzbetrieb (x, u , z) f (x, u , z) ≈ f (x̄ , ū , z̄) + A · ∆ x + B · ∆ u + E · ∆ z mit der Systemmatrix A := Dx f (x̄, ū, z̄) ∂ f1 ··· ∂ x1 . .. . . = . ∂ fn ··· ∂ x1 ∂ f1 ∂ xn .. . ∈ Rn,n ∂ fn ∂ xn (x̄,ū,z̄) falls x := (x1 , ..., xn )T sowie der Steuereingriffsmatrix B := Du f (x̄, ū, z̄) ∈ Rn,m und der Störeingriffsmatrix E := Dz f (x̄, ū, z̄) ∈ Rn,q . 19 I DEFINITIONEN / GRUNDBEGRIFFE Entsprechend ist g (x, u , z) ≈ g (x̄, ū , z̄) + C · ∆ x + D · ∆ u + F · ∆ z mit der Ausgabematrix C := Dx g (x̄, ū, z̄) ∂ g1 ··· ∂ x1 . ... . = . ∂ gr ··· ∂ x1 falls ∂ g1 ∂ xn .. . ∈ Rr,n ∂ gr ∂ xn (x̄,ū,z̄) g1 (x, u, z) .. g (x, u , z) = . gr (x, u, z) sowie der Durchgangsmatrix D := Du g (x̄, ū, z̄) ∈ Rr,m und der Störeingriffsmatrix F := Dz g (x̄, ū, z̄) ∈ Rr,q . Wegen ẋ = f (x, u, z) (x̄ + ∆ x)• = f (x̄, ū, z̄) + A · ∆ x + B · ∆ u + E∆ z und der "Kompatibilitätsbedingung für den Referenzbetrieb" x̄˙ = f (x̄, ū, z̄) folgt in 1. Näherung (∆ x)• ≈ A · ∆ x + B · ∆ u + E · ∆ z 20 I DEFINITIONEN / GRUNDBEGRIFFE Entsprechend ergibt sich wegen y = g (x, u, z) ȳ + ∆ y = g (x̄, ū, z̄) + C · ∆ x + D · ∆ u + F∆ z und der "Kompatibilitätsbedingung für den Referenzbetrieb" ȳ = g (x̄, ū, z̄) die erste Näherung für die Regeldifferenz ∆ y ≈ C · ∆ x + D · ∆ u + F · ∆ z. Wählt man schließlich noch den Anfangswert x̄ (0) = x0 für den Referenzzustand x̄ zu Zeitpunkt t = 0, so ist wegen x (0) = x̄ (0) + ∆ x (0) und x (0) = x0 der Anfangswert für ∆ x durch ∆ x (0) = 0 festgelegt. 21 I DEFINITIONEN / GRUNDBEGRIFFE Zusammengefasst ergibt sich Dz Regelstrecke Du ZG: Dx& = A × Dx + B × Du + E × Dz Dx (0 )= 0 AG: Dy = C × Dx + D × Du + F × Dz Dy Anmerkung: Ist (x̄, ū, z̄) ein Betriebspunkt, also x̄ = x∗ , ū = u∗ und z̄ = z∗ , so sind die Matrizen A, B, C, D, E und F konstant. Beispiel I-8: Fremderregter Gleichstrommotor aus Kap. I.1.A Nr.2 als Regelstrecke bei konstanter Drehzahl ω = ω ∗ geg.: Ergebnisse aus Beispiel I-1 (Zustandsgleichungen) ges.: System-, Steuereingriffs-, Störeingriffs-, Ausgabe-, Durchgangsmatrix " u∗ = u∗s # u∗R i∗s ∗ x∗ = i R ω∗ und " z∗ = ∗ MW ML∗ # 22 I DEFINITIONEN / GRUNDBEGRIFFE mit y * Y is* is is* is is* is dY Ls = dis dY A : L*s dis i* s dLs dis dLs a = dis i* * s und is • 1 Ls (us − Rs · is ) iR = L1 (uR − RR · iR − c · ω · ψ (is )) R 1 (c · ψ (i ) · i − M − M ) ω s R L W J Für die Zustandsabweichung gilt d (∆ x) = A · ∆ x + B · ∆ u + E · ∆ z dt 23 I DEFINITIONEN / GRUNDBEGRIFFE mit ∂ f1 ∂ is ∂ f2 A = ∂ is ∂ f3 ∂ is ∂ f1 | ∂ is ∗ ∂ f1 ∂ iR ∂ f2 ∂ iR ∂ f3 ∂ iR ∂ f1 ∂ω ∂ f2 ∂ω ∂ f3 ∂ω |∗ = − 1 · dLs (u − R · i ) − Rs | s s s LS ∗ Ls2 (is ) dis ∗ = − R∗s + α∗ 2 (u∗s − Rs · i∗s ) LS {z } (LS ) | = 0 im BP! ∂ f1 | ∂ iR ∗ = 0 ∂ f1 | ∂ω ∗ = 0 ∂ f2 | ∂ is ∗ dψ = − L1 · c · ω · di |∗ R s · ω ∗ · L∗ = −c L s R ∂ f2 | ∂ iR ∗ R = −R LR ∂ f2 | ∂ω ∗ = − L1 · c · ψ (is ) |∗ R c · ψ∗ =− L R ∂ f3 | ∂ is ∗ dψ = Jc · iR · di |∗ s = ∂ f3 | ∂ iR ∗ = Jc · ψ (is ) |∗ = ∂ f3 | ∂ω ∗ c · i∗R ∗ J · Ls c · ψ∗ J = 0 − R∗s LS 0 0 ∗ ⇒ A = − 1 · c · ω ∗ · LS∗ − RR − c · ψ LR LR LR ∗ c · iR c · ψ∗ ∗ · L 0 s J J 24 I DEFINITIONEN / GRUNDBEGRIFFE ∂ f1 ∂ uR ∂ f2 ∂ uR ∂ f3 ∂ uR ∂ f1 ∂ us ∂ f2 B = ∂ us ∂ f3 ∂ us 1 u s 0 = 0 0 1 LR 0 |∗ ∂ f1 ∂ ML ∂ f2 ∂ ML ∂ f3 ∂ ML ∂ f1 ∂ MW ∂ f2 E = ∂ MW ∂ f3 ∂ MW 0 0 0 0 = −1 −1 |∗ Für die Abweichung vom Referenzwert der Ausgangsgröße gilt: ∆y = C · ∆x + D · ∆u + F · ∆z i h i h = 0 0 1 C = ∂g ∂g ∂g ∂ is ∂ iR ∂ ω |∗ i h i h ∂ g ∂ g = 0 0 D = ∂ us ∂ uR |∗ h i h i ∂ g ∂ g F = = 0 0 ∂ MW ∂ ML |∗ Beispiel I-9: Beheizte Flüssigkeit mit Temperaturerfassung mittels Brückenschaltung geg.: RS , RH , c, K, R1 , R2 , R3 , α, A ges.: Zustands- und Ausgangsgleichung in Matrixschreibweise uB Oberfläche A Wärmeübergangskoeff. a iB TU iS iH R2 R1 UD T UH RH RS uS R3 RS adiabat RS ~ T (etwa RS = K× T) T 25 I DEFINITIONEN / GRUNDBEGRIFFE Wärmetransport: c · dT dt Q̇zu − Q̇ab + Q̇quell | {z } = =0 Q̇zu = uH · iH + uS · iS Q̇ab = α · A · (T − Tu ) Ohmsches Gesetz: uH = RH · iH iS = 1 uB · R + S R3 uS = RS · iS = uB · R R+S R 3 S = K ·T RS ⇒ c· dT u2 = H + uS · iS − α · A · (T − Tu ) dt RH " x = [T ] ; u = [uH ] ; z = Tu # uB Dann ergibt sich folgende Zustandsgleichung: " # K · T 1 u2H + u2B · ẋ = f (x, u, z) = · − α · A · (T − Tu ) c RH (K · T + R3 )2 Für die Ausgangsgröße gilt: y = g (x, u, z) bzw. uD R1 K ·T − = uB · (K · T + R3 ) R1 + R2 Im Betriebspunkt gilt: (x∗ , u∗ , z∗ ) := (T ∗ , u∗H , Tu∗ , u∗B ) so dass sich die Zustandsgleichung zu " # ∗ 1 (u∗H )2 K · T + (u∗B )2 · − α · A · (T ∗ − Tu∗ ) 0= · c RH (K · T ∗ + R3 )2 ergibt und die Ausgangsgleichung zu: y∗ = g (x∗ , u∗ , z∗ ) 26 I DEFINITIONEN / GRUNDBEGRIFFE bzw. u∗D = u∗B K ·T∗ R1 · − ∗ (K · T + R3 ) R1 + R2 Die Zustands- und Ausgangsgleichung sind nichtlinear. Sie können wie im vorherigen Beispiel linearisiert werden. Und zwar in der Form: d (∆ x) = A · ∆ x + B · ∆ u + E · ∆ z dt ∆y = C · ∆x + D · ∆u + F · ∆z A = = = B = = = = E = = ∂ f1 | ∂ x1 ∗ ∂f | ∂T ∗ 1 u∗ 2 · K · R3 − K 2 · T ∗ − α · A c B (K · T ∗ + R )3 3 ∂ f1 | ∂ u1 ∗ ∂f | ∂ uH ∗ 2 · uH RH · c |∗ 2 · u∗H RH · c ∂ f1 ∂ f1 | , ∂ z1 ∂ z2 ∗ α · A , 2 u∗ · B c K ·T∗ (K · T ∗ + R3 )2 " # 1 ∗ 2 K · R3 − K 2 · T ∗ 2 · u∗H ⇒ (∆ T ) = ∆ uH u · − α · A ∆T + c B (K · T ∗ + R3 )3 RH · c # " ∗ ∆ T α· A K · T u + , 2 u∗B · c (K · T ∗ + R3 )2 ∆ uB • 27 I DEFINITIONEN / GRUNDBEGRIFFE Entsprechend ergibt sich C : = = = D : = ∂g | ∂T ∗ K · R3 (K · T ∗ + R3 )2 ∂ g1 | ∂ u1 ∗ = ∂g | ∂ uH ∗ = 0 F : = = ⇒ ∆y = ∂ g1 | ∂ x1 ∗ K · R3 (K · T ∗ + R3 )2 ∂ g1 ∂ g1 | , ∂ z1 ∂ z2 ∗ 0, K ·T∗ − R R+1 R ∗ (K · T + R3 ) 1 2 ∆T + 0, ∗ K ·T R1 − ∗ (K · T + R3 ) R1 + R2 " ∆ Tu ∆ uB # 28 I DEFINITIONEN / GRUNDBEGRIFFE I.3 Regler und Regelkreis Weiterhin gilt (x̄, ū, z̄, ȳ) ist ein kompatibler Referenzbetrieb, d.h. x̄, ū, z̄ und ȳ sind bekannte Signale. Index “R“ steht für den Regler. Und schliesslich seien u und z, die im realen System eingespeisten Signale, sowie y das am realen System erfasste Ausgangssignal. D z z z u u D u y reale Strecke y D y Dann lässt sich der Zusammenhang zwischen ∆ u, ∆ z und ∆ y durch die um den Referenzbetrieb x̄, ū, z̄ und ȳ linearisierten Modellgleichungen um so besser beschreiben (a) je besser das reale System durch die Zustands- und Ausgangsgleichung beschrieben (modelliert) wird und (b) je geringer die Abweichungen ∆ u, ∆ z und ∆ y sind. Aufgabe der Regelung: Bestimmung der Stellgrößenmodifikation ∆ u(t) so, dass zu jeder Störung ∆ z(t), die Regeldifferenz ∆ y(t) “möglichst klein“ wird. Der Zusammenhang ∆y ↔ ∆u ist zu bestimmen. 29 I DEFINITIONEN / GRUNDBEGRIFFE Die Regeleinrichtung soll stets nur kleine Größen ∆ y, ∆ u und auch ∆ zR verarbeiten. D zR Regeleinrichtung D xe D xa D xR Beispiel I-10: Gegeben ist die nachfolgende Operationsverstärker-Schaltung als elektr. Modell einer linearen Regeleinrichtung geg.: R1 , R2 ,C R2 iR C iC i1 R1 + ¥ ue ua ges.: Zustands- und Ausgangsgleichung mit ∆ xR : = iR ∆ xe : = ue ∆ xa : = ua und ∆ zR : = 0 30 I DEFINITIONEN / GRUNDBEGRIFFE ue R1 i1 = ua = −iR · R2 ⇔ ua R2 iC = i1 − iR iR = − i1 = iC + iR ⇔ 1 (wegen ua = −uC = −uR2 ) u̇a = −iC · C d 1 (−R2 · iR ) = − (i1 − iR ) dt C diR 1 ue −R2 = − − iR dt C R1 1 1 diR = − · iR + · ue dt R2C R1 R2C Mit ∆ xR := iR ; xe := ue ; ∆ xa := ua ergibt sich für die Zustandsgleichung diR dt 1 1 = − RC2 iR + R1CR2 ue = AR ∆ xR + BR ∆ xe (= fR (∆ xR , ∆ xe , ∆ zR )) Ausgangsgleichung ua = −R2 · iR = CR ∆ xR (= g (∆ xR , ∆ xe , ∆ zR )) Der “Regelkreis“: zR (Führung) y - reale lin. D y Regeleinr. (Vorsteuerung) u D u u z reale Regelstrecke y Strecke und Regler werden eindeutig durch die Systemmatrizen A, B, C, ... und AR , BR , CR , ... festgelegt. Der Regelkreis wird in die Form eines Übertragungsgliedes gebracht. 31 I DEFINITIONEN / GRUNDBEGRIFFE z ( = z z ) D zR ( = zR zR ) D D y Lin. Regel- D u Lin. Regel- einrichtung D y strecke D z Lin. RegelkreisD zR modell D y Die Auswirkungen bestimmter “Teststörungen“ ( = Musterfunktionen ∆ z(t) bzw. ∆ zR (t) ) auf die Regeldifferenz sollen gewisse Eigenschaften aufweisen. Beispiel I-11: Abklingverhalten der Regeldifferenz bei sprunghaften Störungsänderungen ∆ zs der Strecke geg.: Störgröße auf einen geschlossenen Regelkreis ges.: Verhalten der Regeldifferenz D z D y D z D zR=0 t Regelkreis D y t Es geht also letztlich um die Bestimmung des dyn. Übertragungsverhaltens des Regelkreises. Außerdem wollen wir mit der einfachsten Situation beginnen, der Linearisierung um einen Betriebspunkt, die mit konstanten Matrizen A, B, ...AR , BR , ... . vollständig modelliert wird. 32 I DEFINITIONEN / GRUNDBEGRIFFE Praktische Umsetzung eines geschlossenen Regelkreises: UB Oberfläche A Wärmeübergangskoeff. a R8 R7 R6 + U0 ¥ + UH T RH RS ¥ UH R8 +¥ R2 R1 iS iH R8 iB TU UD R4 R5 + R3 ¥ D UD adiabat D UH D UH Erzeugung der Führungsgröße UD Trennverstärker Beheizte Flüssigkeit mit Temperaturerfassung D UD P-Regler UH D UH UH Strecke UD P-Regler 33 I DEFINITIONEN / GRUNDBEGRIFFE I.4 Zielorientierte Systeme Open loop: Gesteuertes System: z u=u Steuervorgabe y RS Closed loop: Feedback System: z Steuervorgabe u = u + Du y RS Feedforward System: z Steuervorgabe u = u + Du y RS Full–Information System: z Steuervorgabe u = u + Du RS y II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH II 34 ANALYSE LINEARER, ZEITINVARIANTER ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM FREQUENZBEREICH Ausganssituation ist ein beliebiges lin. Übertragungsglied mit dem Eingangsvektor ∆ xe , dem Ausgangsvektor ∆ xa , dem Störvektor auf das System ∆ z und dem inneren Systemzustandsvektor ∆ x. Die Dynamik des Übertragungsgliedes wird beschrieben durch die Modellgleichungen: ∆ ẋ = A · ∆ x + B · ∆ xe + E · ∆ z ∆ x (0) = 0 ∆ xa = C · ∆ x + D · ∆ xe + F · ∆ z . Handelt es sich bei dem Übertragungsglied also etwa um die Regelstrecke, so ist etwa ∆ xe := ∆ u ∆ xa := ∆ y zu wählen. Handelt es sich um den Regelkreis, so wäre z.B. ∆ xe := 0 ∆ xa := ∆y " ∆x := := # ∆ xR " ∆z ∆x ∆z # ∆ zR Bei Betrachtung um einen Betriebspunkt sind die Systemmatrizen A, B, ... konstante Größen. Davon gehen wir im weiteren aus. Ziel ist, den Systemzustandsvektor ∆ x aus den Modellgleichungen zu eliminieren und den Ausgangsvektor als Funktion der Eingangsgrößen ∆ xe und ∆ z darzustellen. II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH II.1 35 Die Übertragungsfunktion (eines beliebigen lin. zeitinv. Übertragungsgliedes) II.1.A Multi-Input Multi-Output (MIMO) Systeme Ausgangspunkt ist unser allgem. lin. Übertragungsglied D z Lin. Übertragungsglied D xe ZG: AG: D xa D x) = A× D x+ B× D xe + E× D z ( D x( 0) = 0 · D xa = C× D x+ D× D xe + F× D z Wenden wir auf die ZG die Laplace Transformation (LT) an, so folgt unmittelbar mit den Bezeichnungen Xe := L [∆ xe ] X := L [∆ x] Xa := L [∆ xa ] Z := L [∆ z] die algebraische Gleichung s · X − ∆ x (0+) = A · X + B · Xe + E · Z. Und für den Fall ∆ x (0+) = ∆ x (0) = 0 ergibt sich weiter (s · I − A) · X = B · Xe + E · Z. Dieses lineare inhomogene Gleichungssystem ist genau dann nach X auflösbar, falls s kein Eigenwert von A ist. D.h. X = (s · I − A)−1 [B · Xe + E · Z] ⇔ s 6= EW von A II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH 36 In diesem Fall ist X = X part die partikuläre Lösung im Frequenzbereich. Der homogene Anteil Xhom verschwindet wegen ∆ x (0) = 0. Aus der Ausgangsgleichung folgt in entsprechender Weise Xa = C · X + D · Xe + F · Z Setzen wir nun hierin X von oben ein, erhalten wir h i Xa = C (s · I − A)−1 (B · Xe + E · Z) + D · Xe + F · Z bzw. sortiert nach Xe und Z h i h i Xa = C · (s · I − A)−1 · B + D · Xe + C · (s · I − A)−1 · E + F · Z {z } | {z } | =: G(s) =: H(s) Die Koeffizientenfunktionen G (s) := C · (s · I − A)−1 · B + D und (*) H (s) := C · (s · I − A)−1 · E + F werden als “Übertragungsfunktionen“ des allgem. Übertragungsgliedes bezeichnet. Die Eigenwerte von A als “Pole“. Die Übertragungsfunktionen stellen also einen direkten Zusammenhang zwischen den Ein- und Ausgangsgrößen des MIMO-Systems her: II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH Beispiel II-1: Pole des Übertragungsgliedes “Fremderregter Gleichstrommotor“ geg.: Ergebnisse aus Beispiel I-1,8 ges.: Pole des Übertragungsgliedes D MW D ML D uR D iR ù é ê D x= D iS ú êú D w ê ú ë û D uS s + R∗S LS 0 ∗ s I − A = + LS · c · ω ∗ s + RR LR LR c · i∗ c · ψ∗ − J R · LS∗ − J 0 c·ψ LR D w ∗ ; ψ ∗ := ψ (i∗S ) s−0 RS JLR s2 + JRR s + c2 ψ ∗ 2 det(sI − A) = s + ∗ LS LR · J ; LS∗ dψ i∗S := diS 37 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH ⇒ s1 = − R∗S LS q −JRR + J 2 R2R − 4 LR J c2 ψ ∗ 2 = 2LR · J q −JRR − J 2 R2R − 4 LR J c2 ψ ∗ 2 = 2LR · J s2 s3 Beispiel II-2: Beheiztes Medium und Temperaturerfassung (vgl. Beispiel I-9) geg.: Ergebnisse aus Beispiel I-9 ges.: Übertragungsfunktionen uB Oberfläche A Wärmeübergangskoeff. a iB TU iS iH R2 R1 UD T UH RH RS uS R3 RS adiabat RS ~ T (etwa RS = K× T) T h i ∗ ∗ ∗ ∗ ∗ ∗ ∗ := T ; uH ; TU ; uB x ; xe ; z xa∗ := u∗D " # h i ∆z 1 ∆˙x = [a11 ] · ∆ x + [b11 ] · ∆ xe + e11 , e12 · ∆ z2 = A · ∆ x + B · ∆ xe + E · ∆ z h i ∆ xa = [c11 ] · ∆ x + f11 , f12 · = C ·∆x+F·∆z " # ∆ z1 ∆ z2 38 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH • ZG : (∆ T ) = # " 2 · u∗H 1 ∗ 2 K · R3 − K 2 · T ∗ − α · A ∆T + u · ∆ uH c B (K · T ∗ + R3 )3 RH · c | {z } {z } | B A # " ∗ ∆ T K · T α ·A u , 2 u∗B · + ∗ 2 c (K · T + R3 ) ∆ uB | {z } E ∆ T (0) = 0 ( = ∆ T (−0) = ∆ T (+0)) # " ∆ Tu K ·T∗ R1 K · R3 ∆T + 0, − (K · T ∗ + R3 ) R1 + R2 (K · T ∗ + R3 )2 | {z } ∆ uB | {z } F C AG : ∆ uD = Mit Xe := L [∆ uH ] X := L [∆ T ] " !# " # ∆ TU L [∆ Tu ] Z := L = ∆ uB L [∆ uB ] folgt wegen L [(∆ T )• ] = s · L [∆ T ] − ∆ T (+0) | {z } =0 39 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH aus der ZG: s · X = A · X + B · Xe + E · Z In analoger Weise ergibt sich mit Xa := L [∆ uD ] mit " ∆ uD = # K · R3 (K · T ∗ + R3 )2 ∆ T + 0, # " ∆ Tu R1 K ·T∗ · − (K · T ∗ + R3 ) R1 + R2 ∆ uB aus der AG: Xa = ⇒ Xa = = C·X +F·Z h i −1 C (s · I − A) (B · Xe + E · Z) + F · Z h i C · B X + C · E +F Z e s−A s−A ⇒ G (s) = B·C s−A H (s) = 1 1,2 s − A [C · E + (s − A) · F] ∈ C ∈ C1,1 40 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH 41 Die Bildung der Inversen (s · I − A)−1 ( für jedes s 6= Pol ) ist i.A. nur noch mit einem Rechner möglich. Unter Umständen erleichtert eine Variante der Darstellung der Übertragungsfunktion G und H diese Inversenbildung. Ist nämlich etwa ∆ x ∈ Rn und ∆ xe ∈ R m , ∆ z ∈ Rq , ∆ xa ∈ Rr , so gibt es geeignet gewählte Matrizen Ak ∈ Rr,r , Bk ∈ Rr,m , Ck ∈ Rr,q , für k = 0, ..., n derart, dass zwischen ∆ xe , ∆ z und ∆ xa ein Zusammenhang der Form n ∑ Ak k=0 d k ∆ xa = dt k n ∑ Bk k=0 d k ∆ xe + dt k n ∑ Ck k=0 dk∆ z dt k existiert. Hierauf lässt sich nun wieder die LT anwenden. Wir erhalten i k−1 d ∆ x k k − i − 1 a (0+) = ∑ Ak s · Xa − ∑ s dt i i=0 k=0 i n k−1 d ∆ x k k − i − 1 e (0+) + ∑ Bk s · Xe − ∑ s dt i i=0 k=0 n k−1 i d ∆ z k k − i − 1 (0+) ∑ Ck s · Z − ∑ s dt i i=0 k=0 n bzw. ! n ∑ Ak · sk n ∑ Bk · sk · Xa = k=0 ! ! n · Xe + k=0 ∑ C k · sk · Z + r (s) k=0 mit n r (s) := " k − 1 ∑ ∑ k=0 i=0 Ak · i i i d ∆ xe d ∆ xa d ∆z − Bk · − Ck · i i dt dt dt i # (0+) sk − i − 1 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH 42 Führen wir nun noch die Abkürzungen n N (s) := ∑ Ak · sk k=0 n P (s) := ∑ Bk · sk k=0 und n Q (s) := ∑ Ck · sk k=0 ein, so folgt schliesslich Xa (s) = N−1 (s) · P (s) Xe (s) + N−1 (s) · Q (s) Z (s) + N−1 (s) · r (s) und damit nach Koeffizientenvergleich mit der Darstellung (*) von Seite 36: G (s) = N−1 (s) · P (s) H (s) = N−1 (s) · Q (s) und r (s) = 0 unter der Voraussetzung, dass det (N (s)) 6= 0 gilt. D.h. die singulären Punkte des Nennerpolynoms N(s) sind wieder die Eigenwerte von A bzw. die Pole von G und H. In vielen Fällen sind die Übertragungsfunktionen G bzw. H über diesen Weg einfacher zu ermitteln. Er setzt jedoch voraus, dass die Koeffizienten Ak , Bk und Ck explizit vorliegen bzw. bestimmt werden. Beispiel II-3: Beheiztes Medium geg.: Ergebnisse aus Beispiel I-9, bzw. folgende Zustands- und Ausgangsgleichung in Matrixschreibweise " ZG: (∆ T )• = A · ∆ T + B · ∆ uH + E · " AG: ∆ uD = C · ∆ T + F · ∆ Tu ∆ Tu # ∆ uB # ∆ uB ges.: Darstellung in der Form n ∑ Ak k=0 d k ∆ xa = dt k n ∑ Bk k=0 d k ∆ xe + dt k n ∑ Ck k=0 dk∆ z dt k II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH " • • ⇒ (∆ uD ) = C · (∆ T ) + F · " ∆ Ṫu # ∆ u̇B " = C · A · ∆ T + B · ∆ uH + E · " aus AG ⇒ C · ∆ T = ∆ uD − F · " " • ⇒ (∆ uD ) = A · ∆ uD − F · ∆ Tu " +F· ∆ uB # ∆ Ṫu ∆ u̇B ∆ uB ∆ Tu ## " + C · B · ∆ uH + C · E · ∆ uB " ⇒ (∆ uD ) − A · ∆ uD = C · B · ∆ uH + C · E · | {z } | {z } n k n k (∆ u d d (∆ uD ) | H) = ∑ Bk · = ∑ Ak · k dt k ## ∆ Tu # • k=0 43 ∆ Tu " −A·F· {z dt k=0 n = ∑ Ck · k=0 # ∆ uB # ∆ uB ∆ Tu dk dt k ∆ Tu " +F· # ∆ uB " Die Nullstellen des Nennerpolynoms N(s) sind zugleich die Eigenwerte der Koeffizientenmatrix A, d.h. det (N (s)) = 0 ⇔ det (s · I − A) = 0 Die entsprechenden Nullstellen s1 , ... , sn werden auch als “Pole“ von G(s) und H(s) bezeichnet. Beispiel II-4: geg.: folgende Matrizen " A= 1 2 3 4 # " , B= 1 2 3 4 # " , C= 1 2 3 4 ges.: Übertragungsfunktion G(s) = Xa (s) = C · (s · I − A)−1 · B Xe (s) # , D=0 # ∆ u̇B +F· ∆ uB ∆ Tu ∆ Ṫu ∆ Ṫu # ∆ u̇B } II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH " (s · I − A) = −2 −3 s−4 1 · = 2 s − 5s − 2 " 1 (s · I − A)−1 · B = 2 · s − 5s − 2 " 1 · C · (s · I − A)−1 · B = 2 s − 5s − 2 " Xa (s) 1 G(s) = = 2 · Xe (s) s − 5s − 2 " (s · I − A)−1 ⇔ s−1 # # s−4 2 3 s−1 s+2 2s 3s 4s + 2 7s + 2 # 10s + 4 # 15s + 6 22s + 8 7s + 2 10s + 4 15s + 6 22s + 8 # 44 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH II.1.B 45 Single–Input –Single–Output (SISO) Systeme SISO-Systeme ( = Single – Input - Single – Output ) sind Systeme, die nur einen Eingang ( d.h. ∆ xe (t) ∈ R ), einen Ausgang ( d.h. ∆ xa (t) ∈ R ) und nur eine Störgröße ( d.h. ∆ z(t) ∈ R ) aufweisen. In diesem Fall reduzieren sich die Koeffizientenmatrizen Ak , Bk und Ck zu gewöhnlichen konstanten Koeffizienten ak , bk und ck . Wir können daher auch schreiben G (s) = n P (s) = bn · sn + ... + b1 · s + b0 an · s + ... + a1 · s + a0 N (s) H (s) = n Q (s) = cn · sn + ... + c1 · s + c0 an · s + ... + a1 · s + a0 N (s) und Es gilt: det (s · I − A) = 0 ⇔ an · sn + ... + a1 · s + a0 = 0 D.h. die Pole der Übertragungsfunktionen G(s) und H(s) sind die Nullstelllen des Nennerpolynoms N(s). Bezeichnen wir diese Nullstellen mit s1 , ... , sn , so hat die Linearfaktorzerlegung von N(s) die Darstellung N (s) = an · (s − sn ) · ... · (s − s1 ) Auf Basis dieser Faktorisierung lässt sich für G(s) und H(s) - unter der Voraussetzung, dass grad P ≤ grad N und grad Q ≤ grad N - eine Partialbruchzerlegung durchführen. Sind die Nullstellen s1 , ... , sn alle einfach, so lautet diese G (s) = P (s) β β = s −n s + ... + s −1 s n 1 N (s) H (s) = Q (s) γ γ = s −n s + ... + s −1 s n 1 N (s) und wobei βi ∈ C und γi ∈ C geeignet gewählte Konstanten sind. Anmerkung: Bei mehrfachen Eigenwerten (= Nullstellen si ) ergeben sich entsprechende Darstellungen. II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH Beispiel II-5: Hydraulisches SISO–System geg.: ρ, AB , p0 , R, K, g ges.: Übertragungsfunktionen AB po r pe B pa h pa R V&e V&a Ziel: Höhe h = const. (etwa h∗ ) Steuergröße: xe = u = R (z. B. stufenlos verstellbares Magnetventil) Störgröße: z = pe Physikalische Zusammenhänge: Drosselventil: V̇e = 1 (pe − pa ) R Innendruck am Boden: pa = ρgh + p0 Ausflussrohr: V̇a = K (pa − p0 ) Tank: V̇ = AB ḣ Kontinuitätsgleichung: V̇ = =AB ḣ ⇒ V̇e − V̇a | {z } = R1 (pe −pa )−K(pa −p0 ) 1 (pe − pa ) − K (pa − p0 ) R 1 (pe − p0 − ρgh) − K · ρgh = R AB · ḣ = po 46 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH Betrachtung um den statischen Punkt (h∗ , R∗ , p∗e ): ⇒ 1 ∗ (p − p0 − ρgh∗ ) − K · ρgh∗ = 0 R∗ e Vorsteuerung: R∗ = p∗e − p0 − ρgh∗ K · ρgh∗ Linearisieren um einen statischen Wert: h = h∗ + ∆ h pe = p∗e + ∆ pe R = R∗ + ∆ R 1 1 AB · (∆ h) = − 2 (pe − p0 − ρgh) · ∆ R + · ∆ pe − R R ∗ ∗ • ⇔ 1 ρg + Kρg ∆h R ∗ 1 1 ∗ ∗ AB · (∆ h) + ∗ + Kρg · ∆ h = − ∗2 (pe − p0 − ρgh ) · ∆ R + ∗ · ∆ pe R R R • ρg ⇔ a1 ∆˙h + a0 ∆ h = b0 ∆ R + c0 ∆ pe 1 ⇔ ∑ ak k=0 1 1 d k ∆ xa d k ∆ xe dk∆ z = b + c k k ∑ ∑ dt k dt k dt k k=0 k=0 Mit: a0 := ρg R∗ + Kρg b0 := − R1∗2 (p∗e − p0 − ρgh∗ ) c0 := 1 R∗ a1 := AB b1 := 0 c1 := 0 47 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH Z(s)=L [D pe(t)] H S (s) Xe(s)=L [D R(t)] GS ( s ) Xa(s)=L [D h(t)] b0 a1 s + a0 c0 HS (s) = a1 s + a0 ⇒ GS (s) = ∆ pe ist zufälliger Natur. ∆ R ist deterministischer Natur, aber nicht bekannt. ⇒ Testfunktionen verwenden! 48 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH II.2 49 Antwort von SISO-Systemen bei Anregung mit Testfunktionen Wir gehen im Folgenden davon aus, dass die Testanregung des Übertragungsgliedes am Steuergrößeneingang erfolgt, also etwa ∆ xe (t) = ∆ˆxe · δ (t) oder ∆ xe (t) = ∆ˆxe · σ (t) oder ∆ xe (t) = ∆ˆxe sin (ωt) gilt. D.h. wir setzen für die Störung ∆ z = 0 an. Alle Testanregungen lassen sich aber auch für den Störgrößeneingang verwenden. In diesem Fall setzen wir dann ∆ xe = 0. Das Vorgehen erfolgt analog. D.h. für ∆ xe 6= 0 und ∆ z = 0 erhalten wir die Übertragungseigenschaften von G und für ∆ xe = 0 und ∆ z 6= 0 erhalten wir die Übertragungseigenschaft H. II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH II.2.A Antwort auf Impulsanregung Situation: ⇒ Xa (s) = G (s) · Xe (s) = G (s) · L ∆ˆxe · δ (t) = G (s) · ∆ˆxe = n β ∑ s −k sk ∆ˆxe k=1 ⇒ ∆ xa (t) = L −1 [Xa (s)] = h i n ∑ βk · L −1 s −1 sk ∆ˆxe k=1 = ∑ βk · esk · t ∆ˆxe · σ (t) n k=1 Wir erhalten als Antwort die homogene Lösung unseres Übertragungssystems: ∆ xa (t) = ∆ˆxe · ∆ xa,h (t) wobei ∆ xa,h (t) die Lösung der homogenen Dgl. n ∑ ak k=0 ist. d k ∆ xa = 0 dt k 50 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH 51 Wegen ∆ xa (t → 0+) = n ∑ βk ∆ˆxe · σ (t) k=1 =: K ∈ R und ∆ xa (t → ∞) = 0 und für den Fall, dass Re {sk } < 0 ∀ k = 1, ... , n gilt, ergibt sich das folgende qualitative Antwortverhalten: Beispiel II-6: Viskoser Dämpfer als Übertragungsglied geg.: m , c ges.: Impulsantwort ẋ (t) m · ẍ = F − c · ẋ c · ẋ = F ⇒ ẍ + m m Definiere F m xe∗ := 0 (ii) xa := ẋ xa∗ := 0 (i) xe := c (iii) T1 := m II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH ⇒ ∆ ẋa + T1 · ∆ xa = ∆ xe ⇒ Xa (s) · s + T1 = Xe (s) ⇒ Xa (s) = 1 · X (s) e 1 s+ T Erfolgt nun ein Kraftstoß F (t) = F0 · δ (t), so ergibt sich wegen n = 1 1 ∆ xa (t) = ∑ βi · esi t · ∆ˆxe · σ (t) i=1 mit 0 ∆ˆxe = F m s1 = − T1 β1 = 1 F0 − t ·e T ⇒ ẋ (t) = m · σ (t) Beispiel II-7: Viskoser Dämpfer mit Feder als Übertragungsglied geg.: m , c , k ges.: Impulsantwort xa (t) m · ẍ = F − c · ẋ − k · x c k F · ẋ + · ẋ = ⇒ ẍ + m m m 52 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH F · x m k c Definiere F m z∗ := 0 (ii) xa := x xa∗ := 0 (iii) xe := 0 xe∗ := 0 . c = (iv) m 2Dω0 k . 2 m = ω0 (i) z := ⇒ ẍa + 2Dω0 ẋa + ω02 xa = Z ⇒ s2 Xa + 2Dω0 sXa + ω02 Xa = Z ⇒ H (s) = 1 s + 2Dω0 s + ω02 2 mit s2 + 2Dω0 s + ω02 = (s − s1 ) · (s − s2 ) wobei h i p s1,2 = ω0 −D ± j 1 − D2 Partialbruchzerlegung A 1 B . = + s − s1 s − s2 (s − s1 ) · (s − s2 ) ⇓ A (s − s1 ) + B (s − s2 ) (s − s1 ) · (s − s2 ) 53 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH ⇒ (i) (A + B) · s = 0 (ii) − As2 − Bs1 = 1 ⇒ A = −B ⇓ B (s2 − s1 ) ⇓ h i p B − j2ω0 1 − D2 1 p 2ω0 1 − D2 ⇒ B = ⇒ A = B̄ ! j bzw. β1 = A ; β2 = Ā Kraftstoß . z (t) = δ (t) ⇒ Z (s) = 1 ⇒ Xa (s) = A Ā + s − s1 s − s2 ·1 ⇒ xa (t) = β1 es1t + β2 es2t · σ (t) = Aes1t + Āes2t 54 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH Sei ⇒ p := s1 ⇒ 55 s2 = p̄ xa (t) = Ae pt + Āe p̄t = Ae pt + Ae pt = 2 · Re{Ae pt } ( = 2 · Re ) −1 p j eRe{pt} cos (Im{pt}) + j sin (Im{pt}) 2 2ω0 1 − D eRe{pt} p = sin (Im{pt}) ω0 1 − D2 xa t II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH II.2.B Antwort auf Sprunganregung Situation: ⇒ Xa (s) = G (s) · Xe (s) = G (s) · L ∆ˆxe · σ (t) G (s) · ∆ˆxe s 1 βn β1 = + ... + ∆ˆxe s s − sn s − s1 n ∑ βk /sk β /s β1 /s1 n n ˆ k=1 = + ... + − ∆ xe s − sn s s − sn = ⇒ ∆ xa (t) L −1 [Xa (s)] h i h i n β 1 1 k −1 −1 = −L ∆ˆxe ∑ sk L s s − s k k=1 = n (esk ·t − 1) σ (t) · ∆ˆxe k=1 n s · t k = K · σ (t) + ∑ β̃k · e · σ (t) = ∑ βk sk k=1 mit n β K := ∑ s k · ∆ˆxe ∈ R k k=1 β β̃k := s k · ∆ˆxe ∈ C k Dabei ist ∆ xa (t = 0) = 0 56 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH 57 und ∆ xa (t → ∞) = K für den Fall, dass Re {sk } < 0 ∀ k = 1, ... , n gilt. Es ergibt sich qualitativ folgendes Übertragungsverhalten: Beispiel II-8: Modell eines Kfz Federbeines als Übertragungsglied geg.: c , k , m , g ges.: Sprungantwort ∆ xa (t) m · ÿ = − m · g − k · (y − x − y0 ) − c · (y − x)• Feder sei entspannt, wenn y(t) − x(t) = y0 gilt. Wähle Referenzlage so, dass y0 = c c k k ⇒ ÿ + · ẏ + ·y = · ẋ + ·x m m m m m·g k gilt. II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH k , sowie 2 · D · ω = c . Wähle weiter ω02 := m 0 m ω0 wir Eigenkreisfrequenz genannt. D wird Dämpfungsmaß genannt. ⇒ ÿ + 2 · D · ω0 · ẏ + ω02 · y = 2 · D · ω0 · ẋ + ω02 · x ⇒ G (s) = 2 · D · ω0 · s + ω02 s2 + 2 · D · ω0 · s + ω02 falls xe := x ; xe∗ = 0 xa := y ; xa∗ = 0 gewählt wird. Nun ist s2 + 2 · D · ω0 · s + ω02 = (s − s1 ) (s − s2 ) mit h i p s1, 2 = ω0 − D ± j 1 − D2 Desweiteren folgt aus der Partialbruchzerlegung von G(s) 2 · D · ω0 · s + ω02 A · (s − s2 ) + B · (s − s1 ) = s −A s + s −B s = 1 2 (s − s1 ) (s − s2 ) (s − s1 ) (s − s2 ) ⇒ 2 · D · ω0 · s + ω02 = (A + B) · s − A · s2 − B · s1 ⇒ (i) A + B = 2 · D · ω0 (ii) A · s2 + B · s1 = − ω02 Setz man hierin s1 und s2 ein und löst die Gleichungen nach A und B auf, so folgt: 58 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH 1 2 −D ⇒ B = ω0 D + j p2 1 − D2 1 2 −D ⇒ A = ω0 D − j p2 1 − D2 A + Ā ⇒ G (s) = s − p s − p̄ (= B̄) mit p := s1 ⇒ ∆ xa (t) = K · σ (t) + β̃1 · es1 · t + β̃2 · es2 · t h i Ā · σ (t) + A · e p · t + Ā · e p̄ · t = − A + p p p̄ p̄ = h i A Ā A A p · t p · t − p + p̄ · σ (t) + p · e + p ·e = n o n o A A p · t − 2 · Re p · σ (t) + 2 · Re p · e 59 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH II.2.C Antwort bei harmonischer Anregung Situation: ⇒ Xa (s) = G (s) · Xe (s) = G (s) · L ∆ˆxe · sin (ω · t) ˆ G (s) · ω2 · ∆ xe2 s +ω βn β1 ω · ∆ˆxe = s − sn + ... + s − s1 (s − j · ω) (s + j · ω) = Für sk 6= ± j · ω gilt βk 1 = · 2 s − sk s + ω 2 βk 2 ω + s2k · 1 s sk − 2 − 2 2 s − sk s +ω s + ω2 Dementsprechend ergibt sich für die Antwort Xa (s) n Xa (s) = ω · ∑ k=1 βk 2 ω + s2k · und daher für die Antwort im Zeitbereich 1 s sk − 2 − 2 2 s − sk s +ω s + ω2 ∆ˆxe 60 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH n ∆ xa (t) = βk 2 ω + s2k h i s 1 s −1 −1 −1 k −L ∆ˆxe · L s − sk − L s2 + ω 2 s2 + ω 2 βk 2 ω + s2k h i s s · t k k · e − cos (ω · t) − ω sin (ω · t) ∆ˆxe ω · ∑ k=1 n = ω · ∑ k=1 = 61 ∆ xa ,h (t) + ∆ xa ,p (t) mit n βk ω 2 + s2k βk 2 ω + s2k ∆ xa, h (t) = ω · ∑ k=1 und n ∆ xa ,p (t) = − ω · ∑ k=1 Gilt nun Re {sk } < 0 · esk · t · ∆ˆxe · cos (ω · t) + sk ω sin (ω · t) ∆ˆxe ∀ k = 1, ... , n, ist also das System asymptotisch stabil, dann klingen für t → ∞ die Eigenformen ab und wir erhalten demnach für t 1 als Antwort n ∆ xa (t) ≈ ∆ xa ,p (t) = − ∑ k=1 βk 2 ω + s2k · [ω · cos (ω · t) + sk · sin (ω · t)] · ∆ˆxe = α · cos (ω · t) + β · sin (ω · t) mit βk · ∆ˆxe α : = −ω ∑ 2 2 k=1 ω + sk n βk · sk β: = − ∑ · ∆ˆxe 2 2 ω + s k=1 k n Wählen wir zudem ∆ˆxa := p α2 + β 2 und tan (ϕ) := α β II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH 62 so können wir auch schreiben ∆ xa (t) ≈ ∆ˆxa · sin [ω · t + ϕ] Sowohl die Amplitudenverschiebung ∆ˆxa als auch die Phasenverschiebung ϕ der Antwort ∆ xa (t) können wir in sehr einfacher Weise aus der Übertragungsfunktion gewinnen. Es gilt nämlich ∆ˆxa = |G ( jω)| · ∆ˆxe und ϕ = arg {G ( jω)} Beweis: Xe(s) Xa(s) G(s) Dxa Dxe a t t -A ∆ xe (t) = a · sin (ωt) ⇒ Xe (s) = a · t 1 ω s + ω2 ⇒ 2 ⇒ ⇒ ∆ xa (t) ≈ A · sin (ωt + ϕ) Xa (s) = s · sin (ϕ) + ω · cos (ϕ) ·A s2 + ω 2 Xa (s) = G(s) · Xe (s) s · sin (ϕ) + ω · cos (ϕ) ω = G(s) · a · 2 2 2 s +ω s + ω2 A [s · sin(ϕ) + ω · cos(ϕ)] ⇒ G(s) = a·ω A· II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH ⇒ G( jω) = A a·ω 63 [ω · cos(ϕ) + j · ω · sin(ϕ)] A (cos(ϕ) + j · sin(ϕ)) a A jϕ = ·e a = ⇒ A = |G( jω)| a und ϕ = arg {G( jω)} Die Parameterdarstellung der Kurve ω 7→ G ( jω) ∈ C in der komplexen Zahlenebene wird als “Ortskurve“ bezeichnet. Im £ arg {G( jw)} w =0 w =¥ Re w G( jw) G( jw) Wird im Gegensatz dazu |G ( jω)| und arg {G ( jω)} separat über ω aufgetragen, so spricht man vom “Frequenzgang“ des Übertragungsgliedes. G ( jw ) w arg {G ( jw )} w II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH 64 Bei SISO-Systemen verwendet man meist nicht die kartesische Frequenzgangdarstellung, sondern skaliert die Achsen noch entsprechend. Der Vorteil der logarithmischen Skalierung im Amplitudengang liegt u. a. darin, dass man komplexe Amplitudengänge durch Addition einfacher Amplitudengänge darstellen kann. Ist nämlich etwa G(s) durch eine Reihenschaltung der weniger komplexen Übertragungsglieder G1 (s), ... , Gl (s) gegeben, also G (s) = G1 (s) · ... · Gl (s) so folgt zunächst wegen Gi ( jω) = |Gi ( jω) | · e j · arg{Gi ( jω)} die Darstellung l ∑ j · arg{Gi ( jω)} G ( jω) = |G1 ( jω) | · ... · |Gl ( jω) | · ei=1 und damit l (i) lg |G ( jω) | = ∑ lg |Gi ( jω)| i=1 l (ii) arg {G ( jω)} = ∑ arg {Gi ( jω)} i=1 Zur direkten grafischen Summation reicht es daher, die Beträge |Gi ( jω)| logarithmisch skaliert aufzutragen und anschließend im Diagramm zu addieren. Beispiel II-9: Bode–Diagramm eines sogenannten IT1 –Übertragungsgliedes geg.: IT1 -Glied bestehend aus I- und PT1 -Glied (ω1 und ω2 sind bekannt) ges.: Konstruktion der Gesamtübertragungsfunktion im Bodediagramm Das IT1 –Glied G(s) := K s · (1 + T s) II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH 65 lässt sich als Reihenschaltung eines I–Gliedes G1 (s) := und eines PT1 –Gliedes G2 (s) := 1+ ω1 s 1 mit ω1 := K s ω2 mit ω2 := 1 T interpretieren. Betrachten wir zunächst das I–Glied, für dieses gilt: G1 ( jω) = ω1 jω ω1 ω1 ω = ω0 ⇒ |G1 ( jω)| = ω ω0 ω ω1 − lg ⇒ lg |G1 ( jω)| = lg ω0 ω0 Dadurch, dass nun beide Achsen logarithmisch skaliert sind, bedeutet dies, dass der Amplitudengang des I–Gliedes eine Gerade mit der Steigung −1 darstellt, die den Wert 0 bei ω = ω1 annimmt. Für das Argument gilt: arg {G1 ( jω)} = arg ( = = ω1 jω ) ω1 ω0 arg − ω · j ω (ω 0 ) 1 π ω arg ω0 · e− j 2 ω0 = − π 2 (= const!) Damit ist der Frequenzgang von G1 im Bode–Diagramm vollständig dargestellt. 66 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH Sehen wir uns nun das PT1 –Glied an: 1 1 + j ωω2 G2 ( jω) = ⇒ ⇒ 1 2 1 + ωω2 |G2 ( jω)| = r 2 ! 1 ω lg |G2 ( jω)| = lg 1 − lg 1 + 2 ω2 2 ω ω0 1 = − lg 1 + 2 2 ω2 ω0 Aus dieser funktionellen Darstellung können wir zunächst zwei Asymptoten ableiten. 1) ⇒ ω ω0 ω2 ω0 1 lg |G2 ( jω)| < − lg 1 ≈ 0 2 2) ⇒ ω ω0 ω2 ω0 2 ω ω0 ω2 ω 1 − lg lg |G2 ( jω)| ≈ − · lg 2 ≈ lg 2 ω0 ω0 ω2 ω0 D. h. für ω ω0 ω2 ω0 verhält sich das PT1 –Glied wie ein P–Glied (Steigung 0) und für wie ein I–Glied (Steigung −1). Der Amplitudengang verläuft unterhalb der beiden Asymptoten. Für den Phasengang von G2 ( jω) ergibt sich arg{G2 ( jω)} = arg 1 ω ω0 1 + j ω2 ω0 ( ) ω ω = arg 1 − j ω02 ω0 ω ω0 ω2 ω0 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH 67 Auch hier können wir zwei Asymptoten ausmachen: 1) ⇒ ω ω0 ω2 ω0 arg{G2 ( jω)} ≈ arg{1} = 0 2) ⇒ ω ω0 ω2 ω0 ( arg{G2 ( jω)} ≈ arg − j ω ω0 ω2 ω0 ) =− π 2 Den Gesamtfrequenzgang G( jω) erhalten wir jetzt einfach durch Addition der beiden Frequenzgänge in den jeweiligen Diagrammen. Dabei ist zu beachten, dass sich die Addition im logarithmischen Amplitudengang auf die Exponenten bezieht! Zur Vereinfachung dieser Addition geht man häufig direkt auf die [dB]–Skalierung über, wo nur die Exponenten aufgetragen werden, genauer der Wert |Gi ( jω)|dB := 20 · lg |Gi ( jω)| Der Vorfaktor 20 hat hierbei rein historische Bedeutung, die darauf zurückzuführen ist, dass die ersten Bode–Diagrammdarstellungen im Zusammenhang mit frequenzabhängingen Leistungspegeln in der Akustik Verwendung fanden. Häufig ist es zweckmäßig, die Frequenz ω auf eine Referenzfrequenz ω0 zu beziehen und das Verhältnis ω ω0 auch logarithmisch aufzutragen: II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH 68 Anmerkung: Der Einfachheit halber verwendet man statt der tatsächlichen Frequenzlinienverläufe oft nur deren Asymptoten und addiert diese. II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH II.3 69 Antworten einfacher Übertragungsglieder bei Anregung durch Testfunktionen SISO-Systeme, die sich aus zwei oder drei elementaren Übertragungsgliedern, d.h. P-, I- oder D-Gliedern zusammensetzen, wollen wir als “einfache Ü-Glieder“ bezeichnen. Die wichtigsten dieser Art sind das - PI-Glied - PD-Glied - PID-Glied sowie das - Verzögerungsglied 1. Ordnung (PT1 -Glied) - Verzögerungsglied 2. Ordnung (PT2 -Glied) und das - Totzeitglied (Tt -Glied) Im Folgenden findet sich eine Zusammenfassung der Antworten dieser einfachen Ü-Glieder in bezug auf eine (i) Impulsanregung für t 1, (ii) Sprunganregung für t 1 und (iii) harmonische Anregung für t 1. Bei der harmonischen Anregung wollen wir unterscheiden zwischen der Ortskurvendarstellung, der Frequenzgangdarstellung und dem Bodediagramm. II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH II.3.A PI-Glied KP x (t ) T Bereich : y (t ) y (0) KI × K dt ò ( ) = KI × L + KP ò Beispiel II-10: (PI-Regler mit idealem OPV, invertierende Grundschaltung) geg.: R1 , R2 , C ges.: Übertragungsfunktion Ua (s) Ue (s) , Impuls- und Sprungantwort, Ortskurve, Frequenzgang, Bodediagramm i = ua ua ue R2 Zt 1 = −i · R1 − i(τ) · dτ mit i(0) = 0 C 0 Zt R1 1 = − · ue + ue (τ) · dτ R2 C · R2 0 ⇒ R1 KP = − R2 1 KI = − C · R2 Ua (s) R1 1 = − + Ue (s) R2 R2Cs 70 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH (i) Impulsantwort (t 1) X (s) = 1 ⇒ Y (s) = KP + KsI ⇒ y (t) = KP · δ (t) + KI · σ (t) (ii) Sprunganantwort (t 1) X (s) = 1s ⇒ Y (s) = KsP + K2I s ⇒ y (t) = (KI · t + KP ) · σ (t) (iii) Ortskurve (t 1) G ( jω) = = I KP + K jω I KP − j K ω Im C KP Re w=¥ w 71 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH (iv) Frequenzgang (t 1) r |G ( jω)| = arg {G ( jω)} = = KP2 + KI ω 2 n o I arg KP − j K ω i h K 1 I − arctan K · ω P (v) BODE-Diagramm (t 1) Wähle: K := KP und ω0 := KI KP r ω0 ω 2 ⇒ |G ( jω)| = K · ⇒ 2 1 0 lg |G ( jω)| = lg K + 2 · lg 1 + ω ω ω ω0 1+ ω ⇒ lg |G ( jω)| ≈ lg K − lg ω 0 ⇒ lg |G ( jω)| ≈ lg K 0 arg {G ( jω)} = − arctan ω ω ω ω0 72 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH ω ω0 ⇒ arg {G ( jω)} ≈ − π2 ω ω0 ⇒ arg {G ( jω)} ≈ 0 73 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH II.3.B PD-Glied ⇒ G (s) = KP + KD · s Beispiel II-11: (PD-Regler mit idealem OPV) geg.: R1 , R2 , C ges.: Impuls- und Sprungantwort, Ortskurve, Frequenzgang, Bodediagramm i = − i = ua ua R1 ue due +C · R2 dt R1 due = − · ue +C · R1 · R2 dt KP = − R1 R2 KD = −C · R1 74 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH (i) Impulsantwort X (s) = 1 ⇒ Y (s) = KP + KD · s ⇒ y (t) = KP · δ (t) + KD · δ̇ (t) X (s) = 1s ⇒ Y (s) = ⇒ y (t) = KP + K D s h i L −1 KsP + KD Zu δ̇ (t) vgl. Anhang. (ii) Sprungantwort = KP · σ (t) + KD · δ (t) (iii) Ortskurve G ( jω) = KP + j (KD ω) Im £ w =0 · Kp Re 75 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH (iv) Frequenzgang (t 1) x (t) ⇒ ŷ (ω) ϕ (ω) = x̂ · sin (ω · t) = x̂ · |G ( jω)| = x̂ · |KP + KD · jω| = q x̂ · KP2 + KD2 · ω 2 = arg (G ( jω)) = arg (KP + j (KD · ω)) 76 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH (v) BODE-Diagramm (t 1) 77 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH II.3.C PID-Glied G (s) = KI + KP + KD · s s Beispiel II-12: (PID-Regler mit idealem OPV) geg.: R1 , R2 , C1 , C2 ges.: Impuls- und Sprungantwort, Ortskurve, Frequenzgang, Bodediagramm i ua ua ue due +C2 · R2 dt Zt 1 i(τ) · dτ mit i(0) = 0 = −i · R1 − C1 0 Zt R1 C2 due 1 = − + · ue − R1C2 · − ue (τ) · dτ mit ue (0) = 0 R2 C1 dt C1 · R2 = 0 KD = −R1 ·C2 1 KI = − C1 · R2 R1 C2 KP = − + R2 C1 78 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH (i) Impulsantwort X (s) = 1 ⇒ Y (s) = G (s) ⇒ y (t) = KI · σ (t) + KP · δ (t) + KD · δ̇ (t) Zu δ̇ (t) vgl. Anhang. (ii) Sprungantwort X (s) = 1s ⇒ Y (s) ⇒ y (t) KI + KP + K D s s2 h i = L −1 K2I + KsP + KD s = = (KI · t + KP ) · σ (t) + δ (t) (iii) Ortskurve KI G ( jω) = KP + j KD · ω − ω Im £ w= KP KI KD Re w 79 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH (iv) Frequenzgang (t 1) x (t) ⇒ ŷ (ω) = x̂ · sin (ω · t) = x̂ · |G ( jω)| I = x̂ · K jω + KP + KD · jω K I = x̂ · KD ω − ω j + KP r = x̂ · ϕ (ω) 2 I KP2 + KD ω − K ω = arg (G ( jω)) K I = arg KP + j KD · ω − ω 80 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH (v) BODE-Diagramm (t 1) 81 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH II.3.D PT1 -Glied (T · ẏ + y = K · x) G (s) = K 1+T ·s ; K, T ∈ R+ Beispiel II-13: (permanenterregter Gleichstrommotor) geg.: R , c , Φ , J ges.: Impuls- und Sprungantwort, Ortskurve, Frequenzgang, Bodediagramm ue = R · i + ui mit ui = c·Φ ·ω 2π cΦω 1 ⇒ i = · ue − R 2π J · ω̇ = M mit M = c·Φ ·i 2π ⇒ J · ω̇ = cΦ (cφ )2 ω c ue − mit c0 = 2 2πR 2π (2π) R ⇒ J · ω̇ = c0 · Φ (c0 · Φ)2 · ue − ·ω R R 82 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH J ·R 1 · ue · ω̇ + ω = c0 · Φ (c0 · Φ)2 K= T= 1 c0 · Φ J ·R (c0 · Φ)2 (i) Impulsantwort X (s) = 1 ⇒ Y (s) = G (s) ⇒ y (t) − t = K · T1 · e T · σ (t) (ii) Sprungantwort K X (s) = 1s ⇒ Y (s) = s · (1 + T · s) − t ⇒ y (t) = K · 1 − e T · σ (t) 83 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH (iii) Ortskurve K 1 + jT ω K (1 − jT ω) Z(ω) = = N(ω) 1 − T 2ω 2 Tω K − j· = 2 2 1−T ω 1 − T 2ω 2 G ( jω) = lim G( jω) = K ω→0 lim G( jω) = 0 ω→∞ dG Z 0 (ω)N(ω) − N 0 (ω)Z(ω) = dω N 2 (ω) dG dω [− jT ][1] − [0][K] 1 ω=0 = − jT = Im £ w ® ¥ K w = 0 Re dG = jT dt w = 0 G ( jw ) 84 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH (iv) Frequenzgang (t 1) x (t) ⇒ ŷ (ω) = x̂ · sin (ω · t) = x̂ · |G ( jω)| = x̂ · 1 + j K· T · ω = p K · x̂ 1 + ω2 · T 2 ϕ (ω) = arg (G ( jω)) 1 = arg 1 + jω ·T 1 − jω · T = arg ω2 · T 2 + 1 = arg (1 − jω · T ) 85 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH (v) BODE-Diagramm (t 1) 86 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH II.3.E PT2 -Glied ÿ + 2 · D · ω0 · ẏ + ω02 · y = K · x K2 K K1 · = 2 G (s) = s − s1 s − s2 s + 2 · D · ω0 · s + ω02 mit √ s1 := − ω0 · D + j ω0 1 − D2 √ s2 := − ω0 · D − j ω0 1 − D2 K := K1 · K2 Beispiel II-14: (elastischer Antriebsstrang eines PKW) geg.: JM , JF , K ∗ , k , C∗ , c , cR , kR ges.: Impuls- und Sprungantwort, Ortskurve, Frequenzgang, Bodediagramm Ersatzmodell: g g j1 c j2 JF cR * K ×Va C* × F k JM kR Reifenelastizität 87 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH 88 (i) JM · ϕ̈1 = K ∗ · ∆ α − k · ∆ ϕ − c · ∆ ϕ̇ ; ∆ ϕ = ϕ1 − ϕ2 (ii) JF · ϕ̈2 = k · ∆ ϕ + c · ∆ ϕ̇ − C∗ · F (i) − (ii) ⇒ K∗ ∆ ϕ̈ = · ∆α − JM ∆ xa := ∆ ϕ ∆ xe := ∆ α ∆ z := F ∗ K := K JM k k + JM JF · ∆ϕ − c c + JM JF · ∆ ϕ̇ + C∗ ·F JF ∆ ẍa + 2 · D · ω0 · ∆ ẋa + ω02 · ∆ xa = K · ∆ xe + 2 · D · ω0 := c · J1 + J1 M F 1 1 2 ω0 := k · J + J F C ⇒ Xa (s) = G(s) · Xe (s) + H(s) · Z(s) mit G(s) = K s2 + 2Dω0 s + ω02 und H(s) = C∗ JF s2 + 2Dω0 s + ω02 Im Weiteren betrachten wir den Übertragungsweg ∆ xe → ∆ xa mit ∆ z = 0. Entsprechendes gilt für den Übertragungsweg ∆ z → ∆ xa C∗ ·∆ z JF II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH 89 (i) Impulsantwort ⇒ Xe (s) = 1 ⇒ Xa (s) = G (s) K · e− D · ω0 · t · sin (γ · t) falls D < 1 γ ∆ xa (t) = K · e− D · ω0 · t · sinh (γ · t) falls D > 1 γ √ γ := ω0 1 − D2 wobei sinh(x) = 1 x e − e−x 2 D xa D< 1 D xe t G t G D xa D> 1 t (ii) Sprungantwort Xe (s) = 1 s ⇒ Xa (s) = K s · s + 2 · D · ω0 · s + ω02 2 h i D < 1, 12 1 − e− 2 · D · ω0 ·t · 1γ (D · ω0 · sin (γ · t) + γ cos (γ · t)) ω0 h i ⇒ ∆ xa (t) = 12 1 − e− 2 · D · ω0 ·t · 1γ (D · ω0 · sinh (γ · t) + γ cosh (γ · t)) D > 1. ω0 p γ := ω0 1 − D2 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH D xa D< 1 1 w02 D xe t G 1 t G D xa D> 1 1 w02 t (iii) Ortskurve 2 1 − ωω0 − j 2D ωω0 K G( jω) = 2 2 2 2 ω0 1 − ωω0 + 2D ωω0 K 1 − τ 2 − j (2Dτ) G(τ) = 2 ω0 1 − τ 2 2 + (2Dτ)2 G(0) = Z(τ) = N(τ) K ω02 1 1 2D − 2 − j 3 4 K τ τ τ G(∞) = lim 2 2 τ→∞ ω 1 1 2 0 −1 + 2D 2 τ2 τ =0 dG N(τ)Z 0 (τ) − Z(τ)N 0 (τ) = dτ N 2 (τ) K 2τ τ 4 − 2τ 2 − 4D2 + 1 + j2D 3τ 4 + 2 2D2 − 1 τ 2 − 1 = 2 2 2 ω0 2 2 1−τ + (2Dτ) dG dτ K 1 · [0 − 2D j] − 1 · 0 1 ω=0 ω02 K = −2D j · 2 ω0 = 90 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH G(τ) ω=ω0 dG dτ Orientierung des Tangentialvektors dG(τ) Re dτ ~ d G(τ) = dτ dG(τ) Im dτ = G(1) K j =− 2Dω02 =0 ω→∞ ~ d G(τ) dτ für τ → ∞: = 1 K · · 2 2 ω0 τ 4 + 2 2D2 − 1 τ 2 + 1 2τ τ 4 − 2τ 2 − 4D2 + 1 2D 3τ 4 + 2 2D2 − 1 τ 2 − 1 Winkel α zur reellen Achse: dG(τ) Im dτ α(τ) = arctan dG(τ) Re dτ ! 2D 3τ 4 + 2 2D2 − 1 τ 2 − 1 2τ τ 4 − 2τ 2 − 4D2 + 1 lim α(τ) = lim arctan τ→∞ τ→∞ 144D = lim arctan τ→∞ 240τ (l’Hospital) = 0◦ (iv) Frequenzgang (t 1) ∆ xe (t) = ∆ x̂e · sin (ω · t) ⇒ ∆ x̂a (ω) = |G ( jω)| · ∆ x̂e 1 ω02 2 !2 ω 2 ω 1− + 2·D· ω0 ω0 K · ∆ x̂e · = v u u t 91 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH Im £ K w02 w ® ¥ Re w = 0 dG d Re d Im =+ j w = 0 d tt d dt t = 0 w æ K ö = 2D 2 ÷ j ç 0 ø èw w = w o G ( jw ) K 0j 2 2 Dw 0 " ω ϕ (ω) = arg (G ( jω)) = arg 1 − ω0 2 ω − j · 2D ω0 D xˆ a K ×D xˆe w0 2 w0 w j w - p 2 -p # 92 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH (v) BODE–Diagramm (t 1) K ω02 |G( jω)| = s 2 2 2 ω ω 1 − ω0 + 2D ω0 " ω arg (G ( jω)) = arg 1 − ω0 ⇒ Fall 1: 2 ω − j · 2D ω0 # |G( jω)|dB = 20 · lg |G( jω)| 2 !2 2 ω 1 ω K − lg 1 − + 2D = 20 · lg 2 2 ω0 ω0 ω0 ω ω0 1 ⇒ 1 K − lg 1 |G( jω)|dB = 20 · lg 2 ω02 K = 20 · lg ω02 arg (G ( jω)) = arg [1] = 0◦ 93 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH Fall 2: ω ω0 1 ⇒ K |G( jω)|dB = 20 · lg ω02 4 ! 1 ω − lg 2 ω0 K ω = 20 · lg − 2 lg 2 ω0 ω0 " ω arg (G ( jω)) = arg 1 − ω0 " = arg ω ω0 2 1 ω ω0 ω − j · 2D ω0 ω − − j · 2D ω0 ω = arg − − j · 2D ω0 = −180◦ # !# 94 95 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH 20 × lg(G ( jw )) D1 D1 < D2 < D3 < 1 D2 D3 æ K ö 20 × lgçç 2 ÷÷ è w0 ø 10-3 10 -2 10 -1 100 101 10 2 ... w w0 arg{G ( jw )} w w0 D1 - D2 D3 p 2 -p dB 40 æ K ö 20 20 × lgçç 2 ÷÷ è w0 ø 0 -20 -40 10 -3 10 -2 10 -1 10 0 1 10 10 2 ... w w0 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH II.3.F Tt -Glied (Totzeitglied) Zeitbereich: x(t ) Frequenzbereich: X (s) Tt e-sTt y (t ) := x(t - Tt ) Y (s) Beispiel II-15: (Tt -System) geg.: L , ν ges.: Impuls- und Sprungantwort, Ortskurve, Frequenzgang, Bodediagramm L ha (t) = he t − v L Tt = v (i) Impulsantwort x (t) = δ (t) ⇒ y (t) = x (t − Tt ) = δ (t − Tt ) 96 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH (ii) Sprungantwort x (t) = σ (t) ⇒ y (t) = x (t − Tt ) = σ (t − Tt ) (iii) Ortskurve G ( jω) = e− jωTt Im £ j 1 -1 w -j Re 97 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH (iv) Frequenzgang (t 1) x(t) = x̂ · sin (ω · t) ⇒ ŷ(ω) = |G ( jω)| · x̂ = e− jωTt · x̂ = x̂ (v) BODE-Diagramm (t 1) 98 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH II.4 Charakteristisches Übertragungsverhalten allgemeiner SISO-Systeme Ausgangssituation: Beliebiges (lin.) Ü-Glied mit einem Eingang und einem Ausgang. Frage: 99 Übertragungsverhalten ∆ xe (t) → ∆ xa (t) für (a) t → 0+ (b) t → ∞ Allgemeine Antwort (zu a) Anfangswertsatz: lim ∆ xa (t) t→0+ = lim s · Xa (s) s→∞ = lim s · G (s) · Xe (s) s→∞ = lim G (s) · (s · Xe (s)) s→∞ = lim G (s) · lim (s · Xe (s)) s→∞ s→∞ = lim G (s) · lim ∆ xe (t) s→∞ = ⇒ ∆ xa (0+) = t→+0 lim G (s) · ∆ xe (0+) s→∞ lim G (s) · ∆ xe (0+) s→∞ (zu b) Endwertsatz: lim ∆ xa (t) t→∞ = lim s · Xa (s) s→0 = lim s · G (s) · Xe (s) s→0 = lim G (s) · lim (s · Xe (s)) s→0 s→0 = G (0) · lim ∆ xe (t) t→∞ ⇒ ∆ xa (t → ∞) = G (0) · ∆ xe (t → ∞) II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH 100 Als repräsentative Testfunktion für ∆ xe (t) wählt man i.d.R. die Sprungfunktion, d.h. ∆ xe (t) = ∆ˆxe · σ (t) . In diesem Fall sind die Grenzwerte sehr leicht zu bilden, nämlich ∆ xe (0+) = 1 · ∆ˆxe , ∆ xe (t → ∞) = 1 · ∆ˆxe . Zur Bildung der Grenzwerte G(s → 0) und G(s → ∞) wollen wir eine normierte Schreibweise verwenden, nämlich G (s) = P(s) N(s) = bn ·sn +...+b1 ·s+b0 an ·sn +...+a1 ·s+a0 = b0 a0 = K0 · 1+o(s) 1+o(s) b 1+ b1 ·s+...+ bbn ·sn · 1+ a01 ·s+...+ a0n ·sn a0 a0 wobei die Koeffizienten ai und bi beliebige reele Werte, also insbesondere auch den Wert 0 annehmen können. II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH 101 II.4.A Charakteristisches Sprungverhalten Wir sprechen von einem “charakteristischen Sprungverhalten“ des Übertragungsgliedes, falls für ∆ xe (t) = ∆ˆxe · σ (t) die Antwort ∆ xa (t) die Eigenschaft ∆ xa (0+) − ∆ xa (−0) = K0 · ∆ˆxe ∈ R \ {0} hat. PD2T2 mit 0 < D< 1 D xa D xe K0 D xˆe D xˆe PDT1 G (s) DT1 t t t Nun ist ∆ xa (−0) = 0 und ∆ xa (0+) = ∆ xe (0+) · lim G (s) s→∞ n = ∆ˆxe · lim bn · sn + ... + b1 · s + b0 s→∞ an · s + ... + a1 · s + a0 0 falls bn = 0 und an 6= 0 ∞ falls bn 6= 0 und an = 0 = bn an falls bn 6= 0 und an 6= 0 Allgemein: Das Übertragungsglied besitzt genau dann die Sprungeigenschaft, wenn grad P = grad N gilt. In diesem Fall ist dann K0 := bann . II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH 102 Beispiel II-16: geg.: Übertragungsfunktion G(s) ges.: K0 bei dem die Übertragungsfunktion sprungfähig ist G(s) = s4 + 3s2 + 5s + 1 2s4 + 11s3 + 6s2 + 9s + 4 gradP = 4, gradN = 4 ⇒ II.4.B 1 Das System ist sprungfähig mit K0 = . 2 Charakteristisches P-Verhalten Wir sprechen von einem “charakteristischen P-Verhalten“ des Übertragungsgliedes, falls für ∆ xe (t) = ∆ˆxe · σ (t) die Antwort ∆ xa (t) die Eigenschaft lim ∆ xa (t) = K∞ t→∞ ∈ R \ {0} hat. Wegen lim ∆ xa (t) = G (0) · ∆ˆxe t→∞ = = bn · sn + ... + b1 · s + b0 | · ∆ˆxe an · sn + ... + a1 · s + a0 s = 0 0 falls b0 = 0 und a0 6= 0 ∞ falls b0 = 6 0 und a0 = 0 b0 ˆ a0 · ∆ xe falls b0 6= 0 und a0 6= 0 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH 103 ist das offensichtlich genau dann der Fall, wenn sowohl P(s) als auch N(s) keine Nullstelle im Ursprung von C aufweisen. Mit anderen Worten, wenn sich G(s) in der Form G (s) = K∞ · 1 + o (s) 1 + o (s) mit o (s) := α1 · s + α2 · s2 + ... ; αi ∈ R \ {0} sprich “Terme der Ordnung s und höher“ schreiben lässt, dann liegt charakteristischen P-Verhalten vor. Beispiel II-17: geg.: Übertragungsfunktion G(s) ges.: charakteristisches Verhalten G(s) = 4s2 + s + 2 1 + 0,5s + 2s2 = 2 · 5s3 + 3s2 + 7s + 1 |{z} 1 + 7s + 3s2 + 5s3 K∞ ⇒ Das System zeigt charakteristisches P–Verhalten. II.4.C Charakteristisches I-Verhalten Wir sprechen von einem “charakteristischen I-Verhalten“ des Übertragungsgliedes, falls für ∆ xe (t) = ∆ˆxe · σ (t) die Antwort ∆ xa (t) die Eigenschaft lim ∆ ẋa (t) = K∞ t→∞ ∈ R \ {0} hat. D.h., falls die Sprungantwort für t 1 linear mit der Zeit zunimmt. II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH 104 Wegen lim ∆ ẋa (t) = lim s · L [∆ ẋa ] t→∞ s→0 = lim s · [s · Xa (s) − ∆ xa (0+)] s→0 = lim s2 · Xa (s) − lim s · ∆ xa (0+) s→0 s→0 | {z } =0 = lim s · G (s) · lim s · Xe (s) s→0 s→0 = lim s · G (s) · ∆ˆxe s→0 bn · sn + ... + b1 · s + b0 = ∆ˆxe · lim s · s→0 an · sn + ... + a1 · s + a0 = 0 falls a0 6= 0 b0 ˆ a · ∆ xe falls b0 6= 0, a1 6= 0 und a0 = 0 1 Mit anderen Worten, wenn sich G(s) in der Form G (s) = K∞ · 1 1 + o (s) · s 1 + o (s) mit o (s) := α1 · s + α2 · s2 + ... ; αi ∈ R \ {0} schreiben lässt, dann liegt charakteristisches I-Verhalten vor. Beispiel II-18: geg.: Übertragungsfunktion G(s) ges.: charakteristisches Verhalten G(s) = 4s2 + s + 2 2 1 1 + 0,5s + 2s2 = · · 5s3 + 3s2 + 7s |{z} 7 s 1 + 37 s + 57 s2 K∞ ⇒ Das System zeigt charakteristisches I–Verhalten mit der Steigung K∞ = 27 . II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH 105 II.4.D Charakteristisches D-Verhalten Wir sprechen von einem “charakteristischen D-Verhalten“ des Übertragungsgliedes, falls für ∆ xe (t) = ∆ˆxe · σ (t) die Antwort ∆ xa (t) die Eigenschaft Zt ∈ R \ {∞} ∆ xa (τ) dτ = K∞ lim t→∞ 0 hat. D.h. u.a., dass die Sprungantwort für t → ∞ auf Null abklingt. Wegen Rt lim ∆ xa (τ) dτ = lim s · L t→∞ 0 s→0 R ∆ xa (τ) dτ 0 = lim s · s→0 t 1 · Xa (s) s 1 · G (s) · s · Xe (s) s→0 s G (s) = lim · ∆ˆxe s→0 s 1 bn · sn + ... + b1 · s + b0 = ∆ˆxe · lim · s→0 s an · sn + ... + a1 · s + a0 = lim ˆ b1 ∆ xe a =: K∞ 0 = ∞ falls b1 6= 0, a0 6= 0 und b0 = 0 falls a0 6= 0 und b0 6= 0 Mit anderen Worten, wenn sich G(s) in der Form G (s) = K∞ · s · mit 1 + o (s) 1 + o (s) II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH 106 o (s) := α1 · s + α2 · s2 + ... ; αi ∈ R \ {0} schreiben lässt, dann liegt charakteristisches D-Verhalten vor. Beispiel II-19: geg.: Übertragungsfunktion G(s) ges.: charakteristisches Verhalten G(s) = 4s2 + s 1 + 4s = |{z} 1 ·s · 3 2 5s + 3s + 7s + 1 1 + 7s + 3s2 + 5s3 K∞ ⇒ Das System zeigt charakteristisches D–Verhalten. II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH 107 II.5 Stabilität linearer zeitinvarianter Übertragungsglieder Ein grundlegendes Beurteilungskriterium für das dynamische Verhalten eines linearen Übertragungsgliedes ist dessen Stabilität. II.5.A MIMO-Systeme Ausgangssituation ist ein lineares zeitinvariantes Übertragungsglied der Form Dz beliebiges Übertragungsglied Dxe ZG: Dx& = A × Dx + B × Dxe + E × Dz Dx(0) = 0 AG: Dxa = C × Dx + D × Dxe + F × Dz Dxa A, B, C, ... = const.! Definition: (“BIBO-stabil“) Das o.g. Übertragungsglied wird als BIBO-stabil (Bounded–Input, Bounded–Output) bezeichnet, wenn gilt k∆ z (t)k ≤ α < ∞ ∀ t ∈ R :⇒ k∆ xa (t)k ≤ γ < ∞ ∀ t ∈ R und k∆ x (t)k ≤ β < ∞ ∀ t ∈ R e Anmerkung: Diese Definition gilt ganz allgemein, d.h. auch für zeitvariante und/oder nichtlineare Übertragungsglieder. Aus dieser Definition lässt sich mit Hilfe der Theorie linearer gewöhnlicher Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten folgende - wesentlich einfacher zu handhabende - Stabi- II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH 108 litätsaussage ableiten: Satz: Ein lineares zeitinvariantes Übertragungsglied ist BIBO-stabil, falls gilt: (i) alle Eigenwerte λi (A) ; i = 1, ... , n sind einfach, d.h. es gilt λi (A) 6= λ j (A) ∀ i 6= j und (ii) alle Eigenwerte von A liegen in C− , d.h. es gilt Re {λi (A)} < 0 ∀ i ∈ {1, ... , n} . Stellt man das lineare zeitinvariante Übertragungsglied durch deren Übertragunsfunktionen im Laplacebereich dar, d.h. mit G (s) = C · (s · I − A)−1 · B + D, H (s) = C · (s · I − A)−1 · E + F, so ist das Übertragungsglied BIBO-stabil falls (i) alle Pole von G(s) (und damit auch von H(s)) einfach sind und (ii) alle Pole von G(s) in C− liegen Dabei ist C− := {s ∈ C | Re {s} < 0}. II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH 109 Beispiel II-20: Fremderregter Gleichstrommotor aus Kap. I.2.E geg.: Ergebnisse aus Beispiel I-1,8 ges.: Überprüfung auf BIBO-Stabilität Danach war Linearisiert um den BP ∗ [x∗S , u∗ , z∗ ] = [(i∗S , i∗R , ω ∗ ) , (u∗S , u∗R ) , (ML∗ , MW )] ergab − RS LS∗ 0 0 L∗ RR c · ψ∗ ∗ S A = − · c · ω − + L LR LR R ∗ ∗ ∗ c · iR · LS c·ψ 0 J J mit II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH 110 y LS * = y* dy diS * · is* is Frage: Ist das Übertragungsglied BIBO-stabil und damit der BP (x∗s , u∗ , z∗ ) stabil? Antwort: Berechnung der Eigenwerte von A ⇒ 0 = ˙ = ⇒ λ1 = det (λ · I − A) RR c · ψ∗ RS λ + LR − LR λ + ∗ · det c · ψ∗ LS − λ J RS − ∗ < 0 , da RS > 0 und LS∗ > 0 LS ⇒ Re {λ1 } < 0 stets. Ferner 0 (c · ψ ∗ )2 RR = λ λ + − LR J · LR ⇒ λ2, 3 = 1 RR − ± 2 LR ⇒ λ2 = 1 RR − + 2 LR s RR LR s 2 RR LR +4· 2 +4· ψ ∗ )2 (c · J · LR ψ ∗ )2 (c · > 0 ! stets. J · LR ⇒ Re {λ2 } > 0 stets. II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH 111 ⇒ λ3 = 1 RR − − 2 LR s RR LR 2 +4· ψ ∗ )2 (c · < 0 ! stets. J · LR ⇒ Re {λ3 } < 0 stets. Insgesamt: λ1 6= λ2 6= λ3 aber Re {λ2 } > 0 ⇒ BP ist instabil. Jedoch lässt sich der BP durch Einsatz eines Reglers stabilisieren. (vgl. Kap. III) Beispiel II-21: Temperaturerfassung in beheizter Flüssigkeit geg.: Ergebnisse aus Beispiel I-9,II-2 ges.: Überprüfung auf BIBO-Stabilität uB Oberfläche A Wärmeübergangskoeff. a iB TU R1 iS iH R2 UD T UH RH adiabat RS uS R3 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH 112 Es war # " 1 ∗ K · R3 − K 2 · T ∗ − α ·A A = u · c B K · T ∗ + R3 2 · u∗H RH · c α ·A K ·T∗ ∗ E = , 2 uB · c (K · T ∗ + R3 )2 B = C = K · R3 (K · T ∗ + R3 )2 D = 0 F = 0, K ·T∗ R1 − ∗ (K · T + R3 ) R1 + R2 ⇒ G (s) = C · (s · I − A)−1 · B = 2 · u∗H · K · R3 RH (s · c · K · T ∗ + s · c · R3 − u∗B · K · R3 + u∗B · K 2 · T ∗ + α · A · K · T ∗ + α · A · R3 ) · (K · T ∗ + R3 ) −u∗B · K · R3 + u∗B · K 2 · T ∗ + α · A · K · T ∗ + α · A · R3 ⇒ Pol s1 = − c · (K · T ∗ + R3 ) II.5.B SISO-Systeme Bei den SISO Systemen vereinfacht sich die Sache insofern, als dass G(s) und H(s) eine gebrochen rationale Funktion bilden. G (s) = P (s) Q (s) und H (s) = N (s) N (s) mit N (s) = an · sn + ... + a1 · s + a0 Die BIBO-Stabilität ist damit durch die Nullstellen von N(s) bzw. deren Lage in C bestimmt. II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH 113 Beispiel II-22: “Aktives“ Kfz-Federbein geg.: c , k , m , g , α ges.: liegt ein stabiles System vor δ̇ ∼ V̇ =: u ⇒ u = α · δ̇ Newton : m · ẍF = − m · g − k [xF − xR − δ − x0 ] − c d [xF − xR − δ ] dt Feder ist entspannt, wenn xF − xR − δ = x0 gilt. Zweimalige Differentiation der Bewegungsgleichung (mit y = ẍF ) liefert u̇ ü m · ÿ = − k y − z − − c ẏ − ż − α α ⇒ ÿ + c c k k k ẏ + y = ü + u̇ + ż + z m m α ·m α ·m m m c ⇒ Y (s) = G (s) · U (s) + H (s) · Z (s) II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH 114 mit s 2 · D · ω0 · s + ω02 1 1 + 0(s) = · s · = sprungfähig mit char. D-Verhalten G (s) = α 2 α 1 + 0(s) s2 + 2 · D · ω0 · s + ω0 H (s) = 2 · D · ω0 · s + ω02 1 + 0(s) = = nicht sprungfähig mit char. P-Verhalten 2 2 1 + 0(s) s + 2 · D · ω0 · s + ω0 und ⇒ ω02 = c k ; 2 · D · ω0 = m m ⇒ Pole s1, 2 = h i √ ω0 −D ± j 1 − D2 System in jedem Fall stabil. 0<D<1 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH 115 II.6 Stabilitätsreserven linearer zeitinvarianter Übertragungsglieder Ausgangspunkt: bzw. Δ x (0 ) Z H Xe X a, part G ⇒ C (sI - A)-1 X a,hom Xa ∆ xa (t) = ∆ xa, hom (t) + ∆ xa, part (t) mit ∆ xa, hom (t) = c1 · es1 · t + ... + cn · esn · t , wobei s1 , ..., sn die Pole von G bzw. H sind und c1 , .... , cn ∈ Cn geeignet gewählte Konstanten. Ist das Übertragungsglied stabil, so gilt Re {si } < 0 ∀ i und ∆ xa, hom (t) → 0 für t → ∞. Durch die Lage der Pole in C wird also das Abklingverhalten der Eigenformen - und damit deren Auswirkung auf ∆ xa (t) - bestimmt. Wie wir gleich im Anschluss sehen, können wir diese zwei unterschiedlichen Phänomene (Abkling- und Einschwingverhalten) durch zwei Kenngrößen, nämlich die (a) absolut Stabilitätsreserve und (b) die relative Stabilitätsreserve recht gut charakterisieren. II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH 116 II.6.A Absolute Stabilitätsreserve Da das Übertragungsglied a priori stabil sein soll, gilt für die Pole si von G(s) bzw. H(s) si = − δi + jωi mit δi > 0 und ωi ∈ R ⇒ ∆ xa, hom (t) n ∑ ci · esi · t = i=1 n ≤ ∑ kci k · e− δi · t · e j · ωi · t | {z } i=1 =1 " # n · e− δmin · t ∑ kcik ≤ i=1 | {z } =: K = const. ≤ K · e− δmin · t mit δmin := min δi i D. h., die Eigenbewegungen klingen im wesentlichen mit der am geringsten gedämpften Eigenform cmin · e− δmin · t ab. II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH 117 Dementsprechend wird die Kenngröße δmin als “absolute Stabilitätsreserve“ bezeichnet. Im £ x x x si sk x x sj - dmin Re si x Beispiel II-23: geg.: Übertragungsfunktion G(s) ges.: absolute Stabilitätsreserve δmin G(s) = 1 (s + 2) · (s + 1) · (s2 + 6s + 18) · (s2 + 8s + 17) Pole bei: −2; −1; −3 ± j · 3; −4 ± j δmin = min δi = 1 Im £ x x -4 1 -3 x x x -2 x -1 1 Re II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH 118 II.6.B Relative Stabilitätsreserve Die Pole von G und H sind entweder rein reell oder sie sind konjugiert komplex. Das Schwingbzw. Einschwingverhalten der Eigenformen wird dabei ausschliesslich durch die konjugiert komplexen Polpaare si , s̄i bestimmt. Die entsprechenden Linearfaktorpaare des char. Polynoms det (s · I − A) = 0 = · (s − s ) (s − s )(s − s̄ ) j i i ∏ ∏ {z } |j6=i {z } |i konj. kompl. Polpaare einf. Pole lassen sich dabei stets darstellen in der Form (s − si ) · (s − s̄i ) = s2 + (2 · Di · ωi ) · s + ωi2 Hierin ist Di > 0 der sog. “Dämpfungsgrad“ der i-ten Eigenform, die mit der Frequenz ωi schwingt, falls zudem Di < 1 gilt. Andernfalls, d.h. für Di > 1 zeigt die i-te Eigenform aperiodisches Verhalten (rein reelles Polpaar). Der Zusammenhang zwischen Di , ωi und si lässt sich wie folgt ausdrücken: ωi = |si | Di = − Re{si } |si | Das ausgeprägte Einschwingverhalten wird also die Eigenform zeigen, die den geringsten Dämpfungsgrad aufweist. D.h. das Einschwingverhalten von ∆ xa, hom (t) ist im wesentlichen durch Dmin := min Di i bestimmt. Wegen si s̄i ) q 2 = ωi − Di ± j 1 − Di folgt für ϕi := arg {si } tan (ϕi ) | √ {z } sin(ϕi ) = cos(ϕi ) ⇒ 1−cos2 (ϕi ) cos(ϕi ) = Im {si } Re {s } |√{z i } 2 1−Di −Di cos ϕi = −Di II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH 119 und q q 2 sin ϕi = 1 − cos ϕi = 1 − D2i ⇒ cos (ϕmin ) = −Dmin bzw. Dmin = − cos (ϕmin ) Die Kenngröße ϕmin definiert dabei die “relative Stabilitätsreserve“ und stellt ein Maß für das Einschwingverhalten dar. Im £ x x j min x x Re x x Beispiel II-24: geg.: Übertragungsfunktion G(s) ges.: relative Stabilitätsreserve ϕmin G(s) = s2 + 6s + 18 s2 + 8s + 17 1 (s + 2) · (s + 1) · (s2 + 6s + 18) · (s2 + 8s + 17) √ 18 ⇒ √ ⇒ ω0 = 17 ⇒ ⇒ ω0 = Dmin = 0,707 D= D= 6 √ 2· 18 8 √ 2· 17 = √1 2 ≈ 0,707 ≈ 0,97 ϕmin = arccos {−Dmin } = 135 II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH 120 Im £ x 2 x 1 x jmin = 135° x Re -1 x x Pole bei: −1; −2; −3 ± 3 j; −4 ± j Zusammengefasst: Gegeben: Xe G (s ) = Xa P (s ) N (s ) oder Xe ⇒ Pole G (s ) = C × (sI - A ) × B + D -1 s1 , . . . , sn mit si = −δi + jωi ; δi > 0 und δi Di = q δi2 + ωi2 Xa II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH 121 Relative Stabilitätsreserve: cos ϕmin = −Dmin Absolute Stabilitätsreserve: δmin = min{δi } i Im £ j min d min Re Beispiel II-25: geg.: Übertragungsfunktion G(s) ges.: relative und absolute Stabilitätsreserve G(s) = = 3s2 + 5s + 7 s5 + 15s4 + 97s3 + 329s2 + 552s + 306 P(s) N(s) s1 = −1 N(s) = 0 ⇒ s2,3 = −3 ± j · 3 s4,5 = −4 ± j II ANALYSE LIN., ZEITINVAR. ÜBERTRAGUNGSGLIEDER IM LAPLACEBEREICH 122 N(s) = (s2 + 6s + 18) · (s2 + 8s + 17) · (s + 1) | {z } | {z } ⇒ 2 1 ∏ (s2 +2Di ωi s+ωi2 ) ∏ (s−sk ) i=1 k=1 Wegen si = δi ± jωi folgt δ1 = 1 ; ω1 = 0 δ2 = 3 ; ω2 = 3 δ3 = 4 ; ω3 = 4 ⇒ δmin = 1 Und wegen Di = − Re{si } |si | folgt D1 = 1 ⇒ 1 D2 = √ ≈ 0 707 2 4 D3 = √ ≈ 0 97 17 1 Dmin = √ ⇒ 2 Maß für Einschwingverhalten ϕmin = 135◦ Im £ j min Re Maß für Abklingverhalten d min 123 III ANALYSE & SYNTHESE LINEARER, ZEITINVARIANTER REGELKREISE IM FREQUENZBEREICH In Kapitel I.3 wurde die qualitative Struktur des Regelkreises im Zeitbereich vorgestellt. u = u* DzR y = y* - Dy reale lin. Regeleinrichtung Du zS u reale Regelstrecke y Zur Analyse oder Synthese werden mathematische Modelle für den Regler und die Strecke verwendet. Nach einer Linearisierung des math. Streckenmodelles um einen Betriebspunkt können Regler und Strecke im Zeitbereich durch entsprechende Zustands- und Ausgangsgleichungen beschrieben werden: III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH Entsprechend kann auch für den Regler verfahren werden: Dz R Dy reale Regeleinrichtung Du ~ = Annahme Dz R Dy Lin Reglermodell Du ~ = L ZR HR Y GR U 124 125 III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH III.1 Definition und Darstellung des Standardregelkreises Schalten wir die beiden Modelle für Regler und Strecke im Frequenzbereich zusammen, so ergibt sich der Regelkreis. Z R (s ) Z S (s ) H S (s ) H R (s ) Z (s ) Y (s ) W (s ) U (s ) Xa (s) GS (s ) G R (s ) Regler Y (s ) Regelstrecke Da nun die in den Regelkreis eingeleiteten Störungen ZR und ZS i.a. unbekannt (und auch zufälliger Natur !) sind, gilt dies auch für die Ausgangsgrößen Z und W, trotz evtl. bekannter (und deterministischer !) Übertragungsfunktionen HR und HS . D.h. die konkrete, explizite Berücksichtigung der Übertragungsfunktionen bringt nur dann einen Vorteil, wenn über die Natur der Störeinwirkungen mehr bekannt ist. Wir können daher i.a. Z(s) und W(s) als die tatsächlich relevanten Störgrößen des Regelkreises betrachten. Wählen wir zudem noch die Vorzeichenkonvention G (s) := − Gs (s) , So erhalten wir den sogenannten “Standardregelkreis“. Z Y W - GR U G Xa III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH 126 Anmerkung: Offensichtlich beeinflusst die Störung W unmittelbar die Regelabweichung Y, also die Abweichung von der Führungsgröße Y ∗ = L [y∗ ] . Aus diesem Grund wird W häufig als (Änderung bzw. Störung der) Führungsgröße interpretiert. Bei dieser Interpretation ist allerdings darauf zu achten, dass eine Änderung der Führungsgröße y∗ und damit eine Änderung des BP (x∗ , u∗ , z∗ ) keine Auswirkung (d.h. Änderung) auf das - ggf. durch Linearisierung entstandene - Streckenmodell hat. Beispiel III-1: SISO–System geg.: R1 , R2 , R4 , R(ϑR ) ges.: Übertragungsfkt. G(s), Störungsübertragungsfkt. H(s), Reglerübertragungsfkt. GR (s) R = k1 + k2 · ϑR III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH • Annahme ∗ +∆ϑ ϑM = ϑM M |∆ ϑM | << 1 • Wärmeleitung zwischen Widerstand und Medium c· dϑR = α · A (ϑM − ϑR ) dt c := Wärmekapazität von R α := Wärmeübergangskoeffizient A := benetzte Oberfläche von R α ·A Mit α ∗ := c ⇒ dϑR = α ∗ (ϑM − ϑR ) dt • Widerstandsbrücke ua = ue R R1 − R + R4 R1 + R2 • Notation im Sinne der Systemtechnik x := ϑR (Zustandsgröße) z := ϑM (Störgröße) xe := ue (Eingangsgröße) xa := ua (Ausgangsgröße) dx = α ∗ (z − x) dt R1 R(x) − Ausgangsgleichung: xa = xe R(x) + R4 R1 + R2 ⇒ Zustandsgleichung ist bereits linear, Ausgangsgleichung muss linearisiert werden Zustandsgleichung: • Linearisierung erfolgt um den Betriebspunkt ∗ ) (x∗ , xe∗ , z∗ ) := (ϑR∗ , u∗e , ϑM Aus der Zustandsgleichung im Betriebspunkt, nämlich dx∗ = α ∗ (z∗ − x∗ ) dt |{z} = 0 im Betriebspunkt 127 128 III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH folgt unmittelbar z∗ = x∗ . xe∗ = const. ist beliebig wählbar. Damit ergibt sich für die Ausgangsgröße im Betriebspunkt: xa∗ = xe∗ R1 R∗ − ∗ R + R4 R1 + R2 mit R∗ = k1 + k2 · x∗ Für die Zustandsgleichung erfolgt sofort ”linearisiert” um den Betriebspunkt d∆ x = α ∗ (∆ z − ∆ x) dt Für die Ausgangsgleichung ergibt sich wegen xa∗ + ∆ xa ≈ g(x∗ , xe∗ , z∗ ) + ∂g ∂x mit g(x, xe , z) := xe ·∆x+ BP ∂g ∂ xe · ∆ xe + BP R(x) R1 − R(x) + R4 R1 + R2 ∂g ∂z ·∆z BP und ∂g ∂x ∂g ⇒ ∂x ∗ ∂g ∂ xe ∂g ∂ xe ∗ ∂g ∂z ∗ R0 (x) R0 (x) · R(x) xe − R(x) + R4 (R(x) + R4 )2 xe∗ · k2 R∗ 1− ∗ =: C R∗ + R4 R + R4 R(x) R1 − R(x) + R4 R1 + R2 R∗ R1 − =: D ∗ R + R4 R1 + R2 = = = = = 0 Insgesamt folgt damit: Zustandsgleichung ∆ ẋ = α ∗ ∆ z − α ∗ ∆ x Ausgangsgleichung ∆ xa = C · ∆ x + D · ∆ xe xe · R0 (x) R(x) = 1− R(x) + R4 R(x) + R4 III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH • Ein- / Ausgangsgleichung im Laplace-Bereich s · X(s) − ∆ x(0) = α ∗ · ZS (s) − α ∗ · X(s) | {z } = 0 n.V. ⇒ (α ∗ + s) · X(s) = α ∗ · ZS (s) Xa (s) = C · X(s) + D · Xe (s) α ∗ ·C · Zs (s) + D · Xe (s) α∗ + s α ∗ ·C ·Z (s) Xa (s) = |{z} D · Xe (s) + ∗ | {z } α + s s | {z } =: G(s) U(s) =: H(s) | {z } =: W (s) ⇒ Xa (s) = bzw. mit T := 1 α∗ • Ergänzung zum Standard-Regelkreis 129 III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH G(s) = D = const ! GR (s) = ? Temperatur-Übertragungsfunktion FM : ZS 7→ Y Y = W − G(s) ·U = HS · ZS + D · (ZR + GR (s) ·Y ) = HS · ZS + D · ZR + D · GR (s) ·Y ⇒ (1 − D · GR (s))Y (s) = HS · ZS + D · ZR D HS ·ZS + ·ZR ⇒ Y (s) = 1 − D · GR (s) 1 − D · GR (s) | {z } | {z } FM FZ C ⇒ FM (s) = (1 + T · s)(1 − D · GR (s)) Wunsch wäre direkt proportionales Übertragungsverhalten, d.h. . FM (s) = K C . ⇒ = K (1 + T · s)(1 − D · GR (s)) C ⇒ (1 + T · s)(1 − D · GR (s)) = K 1 − D · GR (s) = GR (s) = = = = C K · (1 + T · s) 1 C − −1 D K · (1 + T · s) 1 C − K · (1 + T · s) − D K · (1 + T · s) 1 C − K + K · T · s) − D·K 1+T ·s K −C 1 + T̂ · s KT mit T̂ := · K} 1 + T · s K −C |D{z K̂ GR (s) = K̂ 1 + T̂ · s 1+T ·s 130 III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH Beispiel III-2: PDT1 -Regler (OPV in inv. Grundschaltung) geg.: R0 , C0 , R1 , C1 ges.: Reglerübertragungsfunktion GR (s) Z1 C1 Z0 C0 R0 R0 + ¥ D y= D ua D u= D ue U(s) R1 Z1 (s) 1 + (R0C0 )s GR (s) := = − − · Y (s) R0 1 + (R1C1 )s Z0 (s) Koeff.vgl. liefert . R1 (i) K̂ = − R0 . (ii) T̂ = R0C0 . (iii) T = R1C1 Z0 (s) = R0 1 + R0C0 s Z1 (s) = R1 1 + R1C1 s 131 III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH III.2 132 Die Führungs- und Störübertragungsfunktion In den meisten Anwendungsfällen ist die Streckenübertragungsfunktion G gegeben und die Regelübertragungsfunktion GR geeignet zu “entwerfen“. Eine wesentliche Anforderung bei der Bestimmung von GR ist es, der Regelabweichung Y nach einer Einleitung von Störungen W und / oder Z stets eine “abklingende Tendenz“ zu geben. Was uns also bei der Konstruktion von GR interessiert, ist die Auswirkung von W und Z auf Y; d.h. (W, Z) 7→ Y. Dieser Zusammenhang ergibt sich nach einigen algebraischen Umformungen der Übertragungseigenschaften im Regelkreis zu Y = (I + G · GR )−1 · W − (I + G · GR )−1 · G · Z = FW · W + FZ · Z mit FW := (I + G · GR )−1 als “Führungsübertragungsfunktion“ und FZ := − (I + G · GR )−1 · G als “Störungsübertragungsfunktion“. Anmerkung: In der Literatur wird häufig der Zusammenhang (W, Z) 7→ Xa betrachtet, woraus sich eine etwas veränderte Führungs - und Störgrößenübertragungsfunktion ergibt. Der “Nenner“ bleibt jedoch erhalten, so dass dieser Unterschied in der Stabilitätsbetrachtung für den Reglerentwurf diesbezüglich keine Bedeutung hat. III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH 133 Das Produkt Go := G · GR wird als Übertragungsfunktion des offenen Kreises bezeichnet. Mit Hilfe von FW und FZ lässt sich der Regelkreis als Parallelschaltung zweier Übertragungsglieder darstellen: Ausserdem haben FW und FZ dieselben Pole und damit das gleiche Eigenverhalten. Ein Beweis ist im Anhang zu finden. Beispiel III-3: SISO–System geg.: G(s) , GR (s) ges.: Go (s) , FW (s) , FZ (s) PT1 –System: G(s) = PI–Regler: GR (s) = 2 + 1 s+1 3 2s + 3 = s s 1 2s + 3 2s + 3 · = 2 1+s s s +s 2 1 s +s s(s + 1) FW (s) = = = 2 1 + Go s2 + 3s + 3 s + 3s + 3 −G −s2 − s −s FZ (s) = = = 2 1 + Go s3 + 4s2 + 6s + 3 s + 3s + 3 Go (s) = III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH III.3 III.3.A 134 Stationäres Verhalten des Regelkreises Allgemeine Definition Werden in den Regelkreis Störungen ∆ w (t) mit ∆ z (t) mit lim ||∆ w (t) || ≤ w∞ ∈ R+ − {∞} t→∞ und lim ||∆ z (t) || ≤ z∞ ∈ R+ − {∞} t→∞ eingeleitet, so sprechen wir vom “stationären Verhalten“ des Kreises, falls für die durch die Störungen ∆ w und ∆ z hervorgerufene Regeldifferenz ∆ y die Bedingung lim ||∆ y (t) || = 0 t→∞ gilt. Aus dem Endwertsatz der Laplace-Transformation folgt: lim ||∆ y (t) || = || lim s · Y (s) || t→∞ s→0 = || lim s · [FW (s) · W(s) + FZ (s) · Z(s)] || s→0 = || lim FW (s) · lim s · W (s) + lim FZ (s) · lim s · Z (s) || s→0 s→0 s→0 s→0 ≤ || lim FW (s) · lim ∆ w (t) || + || lim FZ (s) · lim ∆ z (t) || s→0 ⇒ t→∞ s→0 t→∞ ≤ ||FW (0) || · lim ||∆ w (t) || + ||FZ (0) || · lim ||∆ z (t) || ≤ ||FW (0) || · w∞ + ||FZ (0) || · z∞ t→∞ t→∞ lim ||∆ y (t) || = 0 ⇐ FW (0) = 0 ∧ FZ (0) = 0 t→∞ III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH 135 Ist daher rg FW (0) < ny = dim(∆ y) w∞ ∈ Ker FW (0) := {w ∈ Rnw | Fw (0) · w = 0} und sowie rg FZ (0) < ny = dim(∆ y) z∞ ∈ Ker FZ (0) := {z ∈ Rnz | Fz (0) · z = 0} und dann liegt damit eine hinreichende Bedingung für stationäres Regelkreisverhalten vor. Soll darüber hinaus stationäres Verhalten für beliebige Störungen w∞ ∈ Rn und z∞ ∈ Rn vorliegen, so ist zwangsläufig FW (0) = 0 und FZ (0) = 0 zu fordern. MIMO-Systeme besitzen demnach viele Möglichkeiten und Bedingungen für Stationärität. Wir wenden uns hier allerdings nur dem einfachsten Fall zu, nämlich den SISO-Systemen. III.3.B SISO-Regelkreis mit stationärem Führungsverhalten Wir bezeichnen den Regelkreis “im Führungsverhalten stationär“, falls für w∞ 6= 0 und z∞ = 0 die Bedingung lim (∆ y (t)) = 0 t→∞ erfüllt ist. III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH 136 Als hinreichende Bedingung folgt hierzu aus dem Endwertsatz lim FW (s) = 0 s→0 Wegen FW (s) = (I + G (s) · GR (s))−1 = 1 1 + G (s) · GR (s) heisst dies aber lim ∆ y (t) = 0 ⇔ lim (1 + G (s) · GR (s)) = ∞ t→∞ s→0 und damit lim G (s) · GR (s) = ∞ s→0 D.h. Go (s) = G (s) · GR (s) muss mindestens charakteristisches I-Verhalten aufweisen: Go (s) . α0 + α1 · s + ... + αn · sn −sTt = ·e β1 · s + ... + βn · sn = α0 β1 K =: s · α1 α0 αn α0 1 1 sn · s + ... + · 1 1+ · e−s · Tt β β n 2 n−1 s 1+ β · s + ... + β · s 1 + o (s) 1 + o (s) · e−s · Tt ( e−sTt ist ein ggf. vorhandener Totzeitterm des “offenen“ Kreises. Wir lassen ihn im weiteren fort, weil er in diesem Zusammenhang keine Relevanz hat.) III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH Hierfür gibt es nun zwei Möglichkeiten: 1. Möglichkeit • Die Regelstrecke hat charakteristisches P-Verhalten, d.h. G (s) = K p · 1 + o (s) 1 + o (s) • Der Regler erhält charakteristisches I-Verhalten, d.h. GR (s) = ⇒ Go (s) ⇒ lim Go (s) s→0 KI 1 + o (s) · s 1 + o (s) = G (s) · GR (s) = KP · = KP · KI (1 + o (s)) (1 + o (s)) · s (1 + o (s)) (1 + o (s)) = K 1 + o (s) · s 1 + o (s) = ∞ 1 + o (s) KI 1 + o (s) · · 1 + o (s) s 1 + o (s) Beispiel III-4: PT1 -Regelstrecke mit PI-Regler geg.: G(s) , GR (s) ges.: Übertragungsfunktion des offenen Regelkreises KS - Regelstrecke: PT1 -System mit G(s) = 1 + Ts - Regler: PI-System mit GR (s) = 2 + 3s Z Y W - 3 2+ s KS 1+ Ts 137 III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH 138 KS 2s + 3 · 1 + Ts s KS 3 + 2s = · s 1+Ts 2 3KS 1 + 3 s = · s 1+Ts ⇒ Go (s) = 1 + o(s) K = · ; K := 3KS s 1 + o(s) 2. Möglichkeit • Die Regelstrecke hat charakteristisches I-Verhalten, d.h. G (s) = KI 1 + o (s) · s 1 + o (s) • Der Regler erhält charakteristisches P-Verhalten, d.h. GR (s) = K p · ⇒ Go (s) ⇒ lim Go (s) s→0 1 + o (s) 1 + o (s) = G (s) · GR (s) = KP · = KP · KI 1 + o (s) · s 1 + o (s) = ∞ 1 + o (s) KI 1 + o (s) · · 1 + o (s) s 1 + o (s) Ein Regler mit charakteristischem I-Verhalten erfüllt diese Bedingung jedoch auch. Mit anderen Worten, Regler mit charakteristischem I-Verhalten erzwingen im Regelkreis stets stationäres Führungsverhalten. III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH III.3.C SISO-Regelkreis mit stationärem Störverhalten Geg. Z=L[D z(t)] W=L[D w(t)] Y - U GR w∞ = lim ∆ w(t) = 0 t→∞ z∞ = lim ∆ z(t) 6= 0 t→∞ Bedingung lim ∆ y(t) = 0 t→∞ Hinreichend lim ∆ FZ (s) = 0 s→0 Lösung (Weg analog zu stat. Führ.verh.) G(s) hat kein char. I-Verhalten (=Normalfall) ⇒ GR (s) muß char I-Verhalten aufweisen d.h. GR (s) = KI 1 + o(s) · s 1 + o(s) Beispiel III-5: Hydraulisches SISO–System geg.: Ergebnisse aus Beispiel II-5 ges.: Führungs- und Störungsübertragungsfunktion Steuergröße u := R Störgröße zS := pe Regelgröße y := h (Ventilstellung) G 139 140 III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH AB r pe pa po B h pa R V& e V& a ergibt nach Linearisierung um u∗ , zS , y∗ mit Stellgrößenmodifikation ∆ u := u − u∗ (= ∆ R) y − y∗ (= ∆ h) Regeldifferenz ∆ y := zuf. Störanteile ∆ zS := zS − z∗S (= ∆ pe ) folgende Regelstrecke: Zs(s)=L[D pe(t)] KZ 1+ TZ × s W(s) U(s)=L[D R(t)] K GS ( s ) =S 1+ TS × s (p∗e − p0 − ρgh∗ ) R∗ ρg(1 + K ∗ · R∗ ) A · R∗ TS := 1 + K ∗ · R∗ 1 KZ := ρg(1 + K ∗ · R∗ ) KS := TZ := TS Y(s) po III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH III.4 III.4.A 141 Stabilitätsbetrachtungen am Standardregelkreis BIBO-Stabilität und Stabilitätsreserven Nach Kap. III.2 lässt sich der lineare zeitinvariante Regelkreis mittels der Führungs- und Störübertragungsfunktion FW (s) = [I + Go (s)]−1 und FZ (s) = − [I + Go (s)]−1 · G (s) als Parallelschaltung zweier linearer zeitinvarianter Übertragungsglieder formulieren, die beide die selben Pole besitzen. Wir können daraus sofort folgenden Schluss ziehen: Satz 4: Der lineare zeitinvariante Regelkreis ist genau dann BIBO-stabil, wenn die Pole von FW (s) (und damit auch die von FZ (s)) in C− liegen. Dabei ist si ∈ C ein Pol von FW (s) bzw. FZ (s), wenn det [I + Go (si )] = 0 gilt. Anmerkung: Für SISO-Systeme, d.h. falls G (s) = P (s) N (s) GR (s) = PR (s) NR (s) und gilt, geht die Determinantenbedingung über in si Pol von FW (s) ⇔ N (si ) NR (si ) + P (si ) PR (si ) = 0 denn det (I + G (s) · GR (s)) = 0 ⇔ 1 + G (s) · GR (s) = 0 ⇔ 1+ P (s) PR (s) · = 0 ⇔ N (s) · NR (s) + P (s) · PR (s) = 0 N (s) NR (s) Die Begriffe “absolute Stabilitätsreserve“ und “relative Stabilitätsreserve lassen sich direkt auf den Regelkreis übertragen. III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH III.4.B 142 Wurzelortskurven (WOK) Dass die Lage von - zumindest bestimmten - Polen der Führungs- bzw. Störübertragungsfunktion Aussagen über das (dynamische) Regelkreisverhalten liefert, geht bereits aus der Diskussion über die Stabilitätsreserve (vgl. Kapitel II.6.) hervor. Im folgenden nehmen wir nun an, dass die Übertragungsfunktion des offenen Kreises Go = G · GR einen variablen Parameter K ∈ R aufweist und fragen nach dem Einfluss dieses Parameters auf das Stabilitätsverhalten des Kreises. Eine Aussage hierzu werden dann die sogenannten Wurzelortkurven liefern. III.4.B.a Allgemeine Definition Nach Kap. III.4.A. ist die BIBO-Stabilität des lin. Regelkreises bestimmt durch die Lage der Pole von FW bzw. FZ . Sie bestimmen sich aus der charakteristischen Gleichung det (I + Go (s)) = 0 Hängt nun Go (s) insbesondere von einem Parameter K ab, so folgt unmittelbar aus det (I + Go (s, K)) = 0, dass die Pole si ∈ C selbst wieder eine Funktion des Parameters K sein müssen: si : K 7→ si (K) Jeder Pol si bildet damit eine einparametrige Kurve in C Sie ist stets spiegelsymmetrisch zur reellen Achse. III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH 143 Wegen det [I + Go (si (K) , K)] = 0 ∀ K ∈ R und ∀ i ∈ {1, ..., n} ist jeder Punkt auf einer der Kurven ein Eigenwert bzw. eine Wurzel des char. Polynoms. Die Kurven si (K) beschreiben damit den Ort aller Wurzeln. Sie werden deshalb als “Wurzelortskurven“ bezeichnet. In der Anwendung interessieren die Parameterwerte K ∈ R, für die eine oder mehrere der Wurzelortskurven entweder die Grenzen der Stabilitätsreserven Im £ · · · Re III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH oder die imaginäre Achse Im £ · · · Re · durchlaufen. Beispiel III-6: PT1 -System mit I-Regler geg.: GR (s) , G(s) ges.: Wurzelortskurve ⇒ 0 = det (I + Go (s, K)) = det (1 + G (s) · GR (s, K)) = det 1 + = K 1 1+ · 2 s · (s + 2) = 2 · s · (s + 2) + K 2 · s · (s + 2) K 1 · s+2 2·s 144 145 III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH ⇒ 2 · s2 + 4 · s + K = 0 K 2 = 0 = 1 2 ⇒ s2 + 2 · s + ⇒ s1,2 (K) r −2 ± K 4−4· 2 r = −1 ± 1− ! K 2 r K 1− ∈ R 2 r K −1 ∈ C = −1 ± j · 2 K ≤ 2 ⇒ s1,2 = −1 ± K ≥ 2 ⇒ s1,2 Beispiel III-7: Hydraulisches SISO–System geg.: Ergebnisse aus Beispiel II-5,III-5 ges.: Wurzelortskurve AB r pe pa R V& e po B h pa V& a po III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH Z W Y - U KI KP + s KS 1+ TS × s KS := p∗e − p0 − ρgh∗ ρgR∗ (1 + K ∗ R∗ ) TS := A · R∗ 1 + K ∗ R∗ WOK 0 = 1 + G(s) · GR (s) KP s + KI = 1+ s KS 1 + TS · s KI KP KS s + KP ; KP 6= 0 = 1+ · TS s 1 + s | {z } Ts :=K = 1+K · (s − p1 ) (s − q1 ) (s − q2 ) K := KP KS TS p1 := − KI KP q1 := 0 q2 := − 1 TS . ⇒ (s − q1 ) (s − q2 ) + K · (s − p1 ) = 0 ⇒ s2 − sq2 + K · s − K · p1 . =0 ⇒ s2 + (K − q2 ) s − K · p1 =0 146 III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH ⇒ s1,2 ⇒ s1 ⇒ s2 q 2 = 12 − (K − q2 ) ± (K − q2 ) + K · p1 q 2 1 = − 2 (K − q2 ) + (K − q2 ) + K · p1 q 2 1 = − 2 (K − q2 ) − (K − q2 ) + K · p1 Verzweigung der Pole für (K − q2 )2 + K p1 = 0 ⇐⇒ K 2 − 2Kq2 + q22 + K p1 = 0 ⇐⇒ K 2 + (p1 − 2q2 ) K + q22 = 0 q 2 1 2 K1,2 = 2 (2q2 − p1 ) ± (2q2 − p1 ) − 4q2 q h i 1 2 = 2 (2q2 − p1 ) ± −2p1 q2 + p1 h i p = 12 (2q2 − p1 ) ± p1 (p1 − 2q2 ) ⇐⇒ Es gilt stets p1 < 0 ; q2 < 0 1 2 " KI 2 − KP TS 1 = 2 " KI 2 − KP TS = s # KI 2 KI · ± − − TS KP KP s ± KI KP KI 2 − KP TS # Es muss für K ∈ R gelten: 2 KI − > 0 KP TS ⇐⇒ KI 2 > KP TS 147 III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH III.4.B.b 148 Eigenschaften der WOK bei SISO-Systemen Bei SISO-Systemen stellt sich sowohl die Strecken- als auch die Reglerübertragungsfunktion meist als gebrochen rationale Funktion dar: G (s) = P (s) N (s) GR (s) = PR (s) NR (s) mit grad P ≤ grad N und Bedingung für die Bestimmung der Pole: 1+ P (s) · PR (s) = 0 N (s) · NR (s) Nach Zerlegung der Polynome P, PR , N, und NR in ihre Linearfaktoren folgt m ∏ (s − pi ) 1+K · i=1 n ∏ s − qj = 0 j=1 für eine geeignete Konstante K ∈ R. Als Bedingungsgleichung für die WOK’en erhalten wir daraus: n ∏ j=1 m s − qj + K · ∏ (s − i=1 pi ) = 0 III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH 149 Beispiel III-8: PDT2 -Strecke mit I-Regler geg.: G(s) , GR (s) ges.: Bedingungsgleichung für die WOK’en GR (s) = KI 2s KP · s + 2 s2 + 4s + 3 G(s) = ⇒ 0 = 1 + GR (s) · G(s) = 1+ KI KP · s + 2 · 2s s2 + 4s + 3 (s + K2P ) KI · KP = 1+ · 2 } (s − 0)(s + 3)(s + 1) | {z | {z } =:K m ∏ (s − pi ) i=1 n ∏ (s − qi ) j=1 ⇒ s(s + 3)(s + 1) + K · (s + K2P ) = 0 Ist nun n ≥ m, so ergeben sich aus dieser Gleichung offensichtlich n WOK’en s1 (K) , ... , sn (K) . Der Parameter K ∈ R ist dabei variabel. Desweiteren gehen wir von einfachen Polen aus, d.h. si (K) 6= s j (K) ∀ i 6= j und ∀ K ∈ R Ausgehend von diesen Annahmen lassen sich eine Reihe von Regeln für die WOK’en ableiten. Repräsentativ seien hier zwei der Regeln erwähnt. Weitere Regeln finden sich im Formelblatt 4 und im Anhang. Regel 1: Es gibt n unterschiedliche WOK’en s1 (K) 6= s2 (K) 6= ... 6= sn (K) ∀ K ∈ R. Dabei lässt sich die Nummerierung der WOK’en so wählen, dass si (K = 0) = qi ∀ i ∈ {1, ... , n} gilt. III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH 150 Anmerkung: Da q1 , ... , qn die Pole von Go (s) sind, ist Regel 1 gleichbedeutend damit, dass die WOK sk (K) für K = 0 durch den Pol qk von Go (s) verläuft. Beispiel III-9 PT1 -System mit I-Regler (siehe Beispiel III-6) geg.: GR (s) , G(s) ges.: Wurzelortskurve des geschlossenen Regelkreises Go (s) = K 2s(s + 2) Für K = 0 liegen die Pole des geschlossenen Kreises in den Polen des offenen Kreises, d.h. für die einzelnen WOK’en gilt: s1 (K = 0) = q1 = 0 s2 (K = 0) = q2 = −2 Regel 2: Ist K → si (K) die i-te WOK von FW (s), so gilt lim si (K) = pk |K|→ ∞ für ein geeignetes k ∈ {1, ... , m} Anmerkung: Regel 2 ist gleichbedeutend mit: “Höchstens m WOK’en enden für |K| → ∞ in einer der Nullstellen pk von Go (s).“ Mehrere WOK’en können nicht in ein und denselben Punkt pk ; k ∈ {1, ... , m} laufen. Beispiel III-10 Fortsetzung von Beispiel III-9 Pole des offenen Kreises: 0; −2 ⇒ n = 2 Nullstellen des offenen Kreises: keine ⇒ m = 0 D.h. keine WOK endet in einer Nullstelle des offene Kreises (m = 0). III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH III.4.C 151 Das Verfahren von Nyquist (zeitkontinuierlich) Gegeben: MIMO–Standardregelkreis Y = (I + Go )−1 W − [(I + Go )−1 G]Z Go := G · GR Die Übertragungsfunktion des offenen Kreises darf dabei die Totzeitterme der Form esT ; T > 0 enthalten. Darüber hinaus sollen die Pole der Führungs- bzw. Störübertragungsfunktion s1 , . . . , sn einfach sein. Die Pole qi der Übertragungsfunktion Go , d.h. det[Go (qi )] = 0, können jedoch durchaus mehrfach auftreten. Die Vielfachheit der Pole qi von Go wollen wir mit ϑi ∈ N bezeichnen. III.4.C.a Das allgemeine Nyquist-Kriterium Ausgehend von dieser Situation können wir nun eine Stabilitätsaussage für den geschlossenen Regelkreis machen: Sei (i) lim Go (s) = 0 s→∞ (ii) D (s) := det(I + Go (s)) ∈ C (iii) qi eine Polstelle von Go mit der Vielfachheit ϑi (iv) n0 := ∑ ϑi | Re{q j } = 0 i n+ := ∑{ϑ j | Re{q j } > 0} j dann ist der Regelkreis stabil, wenn für die Ortskurve D (s = jω) mit D ( jω) = |D ( jω)|e j arg{D ( jω)} Anmerkung zu (i): Für SISO-Systeme mit G0 (s) = P0 (s) N0 (s) bedeutet dies grad(N0 ) > grad(P0 ). III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH 152 folgende Bedingung gilt π argω=∞ ω=0 {D ( jω)} = n0 · 2 + n+ · π Anmerkung: Alle Ortskurven ω 7→ D ( jω) enden für ω → ∞ im Punkt 1 + 0 · j. Denn: lim D ( jω) = ω→∞ lim det (I + Go ( jω)) ω→∞ = det ( lim (I + Go ( jω))) ω→∞ = det (I + 0) (wegen det Go (s) = 0 für alle Wege von s) s→∞ = det I = 1 III.4.C.b Das allgemeine Nyquist–Kriterium für SISO–Systeme Da D ( jω) für ω → ∞ stets in den Punkt 1 + 0 · j läuft, ist es bei SISO-Systemen zweckmäßig statt der Ortskurve D ( jω), die nun um den Wert 1 + 0 · j nach links verschobene Kurve D̃ ( jω) := D ( jω) − 1 153 III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH zu verwenden. Dann enden alle Ortskurven D̃ ( jω) im Nullpunkt und es gilt D̃ ( jω) = D ( jω) − 1 = det(1 + Go ( jω)) − 1 = 1 + Go ( jω) − 1 = Go ( jω) D.h., wir verwenden statt D̃ ( jω) gleich die Übertragungsfunktion Go ( jω) des offenen Kreises. Das allg. Nyquist Kriterium lautet damit für SISO Systeme: Sei (i) lim Go ( jω) = 0 ω→∞ (ii) qi eine Polstelle von Go mit der Vielfachheit ϑi (iii) n0 := ∑ {ϑi | Re{ϑi } = 0} i n+ := ∑{ϑ j | Re{ϑ j } > 0} j dann ist der Regelkreis stabil, falls argω=∞ ω=0 {Go ( jω)} = n0 · Im {s} π + n+ · π 2 { } Im D% (s ) £ w ®¥ + £ · - D% ( jw ) arg {D ( jw )} · w =0 -1· Re {s} · · · w ®¥ w =0 · { } Re D% (s ) · + · arg {D ( jw )} D% ( jw ) - 154 III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH PT 2 Tt –Strecke mit PIDT 1 –Regler Beispiel III-11 geg.: Übertragungsfunktionen von Strecke und Regler ges.: Stabilität des Regelkreises Z W KR × a + b s + s2 s (g + s ) Strecke: Ks > 0; ω0 > 0; Regler: KR > 0; α, β , γ > 0 K S e - sTt w 02 + 2 Dw 0 s + s 2 D > 1; Tt > 0 Wegen D > 1 gibt es ein T1 > 0 und ein T2 > 0 derart, dass ω02 + 2Dω0 s + s2 = (1 + T1 s)(1 + T2 s) · ω02 K(α + β s + s2 ) e−sTt ⇒ Go (s) = s(γ + s)(1 + T1 s)(1 + T2 s) ⇒ n0 = 1 mit K := KR KS ω02 und n+ = 0 Nun ist Für (i) α = 1 2 (ii) K = 1 20 Go ( jω) → 0 − j ∞ für ω →0 Go ( jω) → 0 + j 0 für ω →∞ β = 1 Tt = ; ; T1 = T2 = 1 2 ; γ =1 1 10 ergibt sich qualitativ: Im {GO ( s )} £ 0.08 0.06 0.04 0.02 -0.1 -0.08 -0.06 -0.04 -0.02 0 -0.02 -0.04 -0.06 -0.08 -0.1 0.02 0.04 0.06 0.08 Re {GO ( s )} III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH π ⇒ argω=∞ ω=0 {D ( jω)} = + 2 = +n0 · π2 155 ⇒ Der Regelkreis ist stabil, solange sich Go ( jω) nicht um den “kritischen Punkt“ −1 + 0 j windet. Beispiel III-12: geg.: Übertragungsfunktion des offenen Regelkreises ges.: Stabilität des Regelkreises Z(s) W(s) - Kse-sTt G(s)= s²(1-Ts) GR(s)= KR ⇒ Go (s) = KR · Ks · e−sTt s2 (1 − T · s) mit KR , Ks ∈ R ; T > 0 (i) lim Go (s) = 0 s→∞ (ii) Pole von Go : q1 = 0 ; q2 = 0 ; q3 = + T1 ⇒ n0 = 2 ; n+ = 1 ⇒ n0 · π2 + n+ · π = 2π Bestimmung der Ortskurve Go ( jω) Go ( jω) = |KR · Ks | e j arg{KR Ks } − jωTt ·e 1 1 + jωT · − 2· ω 1 + (ωT )2 mit 1 + jωT = p und − 1 + (ωT )2 · e j·arctan(ωT ) 1 1 + jπ = e ω2 ω2 156 III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH Im 1+jωT ωT arctan(ωT) 1 sowie ( arg {KR · Ks } = +π falls KR · KS < 0 0 KR · KS > 0 |Go ( jω)| }| |K| z ⇒ Go ( jω) = ω2 p Re 1 + (ωT )2 falls !{ j [arg {K} + π + arctan(ωT ) − ωTt ] | {z } arg{Go ( jω)} e Mit K := KR · Ks 1.Fall K > 0 ⇒ arg{K} = 0 ⇒ Go ( jω) = ω2 |K| p 1 + (ωT )2 ! e j[π+arctan(ωT )−ωTt ] 3 p 2 ωTt p arctan(ωT)-ωTt <0 1 p 2 arctan(ωT) ω* arctan(ωT)-ωTt >0 ω 157 III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH K (ω*)² 1+ (w *T )2 Im Go (jω) -1 Re π+arctan(ωT)-ωTt Im gezeichneten Fall gilt ω=∞ arg {1 + Go ( jω)} = −π 6= n0 ω=0 π + n+ π 2 Und je nach Verstärkung K > 0 gilt allgemein ω=∞ arg {1 + Go ( jω)} = (1 − 2k) π ω=0 mit einem geeigneten k ∈ {0, 1, 2, ...} III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH 158 2.Fall: K < 0 ⇒ arg{K} = π ⇒ ! |K| ω2 p 1 + (ωT )2 e j[2π+arctan(ωT )−ωTt ] Im Go (jω) -1 Re 2π+arctan(ωT)-ωTt Im gezeichneten Fall gilt: ω=∞ arg {1 + Go ( jω)} = 0 ω=0 Und je nach Verstärkung von K < 0 gilt allgemein: ω=∞ arg {1 + Go ( jω)} = −2k · π 6= n0 · ω=0 π + n+ π 2 für ein geeignetes k ∈ {0, 1, 2, ...} ⇒ Regelkreis nicht stabil für alle K ∈ R III.4.C.c Phasenreserve des SISO–Regelkreises Annahme: Der Regelkreis ist stabil, d.h. arg∞ ω=0 {Go ( jω) + 1} = n0 π + n+ π 2 Die Phasenreserve wird als Maß für das Stabilitätsverhalten des Regelkreises hinsichtlich einer Phasenmodifikation von Go ( jω) herangezogen. Der Regelkreis wird dazu um ein in Serie geschaltetes Allpassglied GA ( jω) = e jψ(ω) mit ψ(ω) := arg{GA ( jω)} erweitert: III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH 159 Der modifizierte Frequenzgang lautet dann = GA ( jω) · Go ( jω) G̃o ( jω) = e j · ψ(ω) · |Go ( jω)| · e j · arg{Go ( jω)} = |Go ( jω)| · e j · (ψ(ω) + arg{Go ( jω)}) D.h., durch das Allpassglied GA wird die Ortskurve Go ( jω) verformt. So läuft die Ortskurve G̃o ( jω) z.B. durch den kritischen Punkt skrit = −1 + 0 · j, falls es ein ωP ∈ [0, ∞] gibt, derart dass (i) G̃o ( jωP ) = 1 (ii) −ψ (ωP ) + arg (Go ( jωP )) = −π bzw. ψ (ωP ) = +π − arg (Go ( jωP )) gilt. Dabei heißt ωP : “Phasendurchtrittsfrequenz“ ψ (ωP ) : “Phasenreserve“ Im £ y (w ) P -1 · · · w = wP - + · Re · + - · arg {Go ( jw P )} Go ( jw ) III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH Beispiel III-13 160 Phasenreserve geg.: Übertragungsfunktion des offenen Regelkreises ges.: Phasenreserve Go (s) = 1 s2 + s + 1 ⇒ Pole von FW : s1/2 = √ i 1h −1 ± j 7 ⇒ Regelkreis stabil 2 Phasenreserve tritt auf bei: 1 |Go ( jωP )| = 1 = ⇒ −ωP2 + jωP + 1 2 −ωP2 + 1 + ωP2 = 1 ωP4 − 2ωP2 + 1 + ωP2 = 1 ωP4 − ωP2 = 0 ⇒ ωP = 1 ∧ ωP = 0 ⇒ ⇒ (ωP = 0 ist nicht relevant) Hier gilt: −ψ(ωP ) + arg{G( jωP )} = −π ωP −ωP2 + 1 1 = +π − arctan 0 π = +π − 2 π = + 2 ψ(ωP ) = +π − arctan Die Phasenreserve ψ(ωP ) beträgt also + π2 . III.4.C.d Amplitudenreserve des SISO–Regelkreises Annahme: Der Regelkreis ist stabil. Wie die Phasenreserve so wird auch die sog. Amplitudenreserve als Maß für das Stabilitätsverhalten des Regelkreises herangezogen. Der Regelkreis wird dazu um ein in Serie geschaltetes Nullphasenglied (reines P-Glied) GV ( jω) = V > 0 = const. erweitert. Der modifizierte Frequenzgang lautet so III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH G̃o ( jω) 161 = GV ( jω) · Go ( jω) = V · |Go ( jω)| · e j · arg{Go ( jω)} Auch hierdurch lässt sich die Ortskurve offensichtlich beeinflussen und damit das Stabilitätsverhalten verändern. Die Ortskurve G̃o ( jω) (Fall 2, siehe Skizze) läuft durch den kritischen Punkt skrit = −1, falls es ein ωA ∈ [0, ∞[ gibt, derart dass (i) arg {Go ( jωA )} = −π (ii) G̃o ( jωA ) = 1 ⇒ |V · Go ( jωA )| = 1 ⇒ |Go ( jωA )| = V1 gilt. Dabei heißt ωA : “Amplitudendurchtrittsfrequenz“ V: “Verstärkungsreserve“ bzw. V = 1 |Go ( jωA )| III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH Im -1 · · w = wA £ Fall1 Fall2 w =0 · · · w =0 Re Go ( jw ) 1 V V × Go ( jw ) = G% o ( jw ) Anmerkung: (1) Wird der Regelkreis unter Vorgabe von ψ (ωP ) und V in seinen variablen Reglerparametern festgelegt, so spricht man von “Loop-shaping“. (2) Hat die Ortskurve etwa folgenden qualitativen Verlauf, Im · 1 Vmin -1 £ w =¥ · w =0 · Re 1 Vmax so ist die Stabilität nur für Verstärkungsreserven Vmin ≤ V ≤ Vmax garantiert. 162 III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH 163 Beispiel III-14: Amplitudenreserve geg.: Übertragungsfunktion des offenen Regelkreises ges.: Amplitudenreserve z w G R (s ) = K - G (s ) = i) Go (s) = e-sTt s(1+ s) Ke−sTt s(1 + s) ii) Pole von Go : q1 = 0 ; q2 = −1 ⇒ ⇒ RK stabil n0 = 1 ; n+ = 0 ⇔ arg∞ ω=0 {1 + Go ( jω)} = π 2 iii) (1 − jω) e− jωTt e− jωTt =K· jω( jω + 1) jω(1 + jω)(1 − jω) − jωT t ( j + ω) e −K · ω(1 + ω 2 ) K − · ( j + ω) · (cos ωTt − j · sin ωTt ) ω(1 + ω 2 ) K [ j · cos ωTt + sin ωTt + ω · cos ωTt − jω · sin ωTt ] − ω(1 + ω 2 ) K K − (sin ωTt + ω · cos ωTt ) + j (ω · sin ωTt − cos ωTt ) ω(1 + ω 2 ) ω(1 + ω 2 ) Go ( jω) = K · = = = = III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH ⇒ −K(sin ωTt + ω · cos ωTt ) ω→0 ω + ω3 Tt · cos ωTt + cos ωTt − ωTt · sin ωTt = −K lim ω→0 1 + 3ω 2 = −(1 + Tt )K lim Re{Go ( jω)} = ω→0 lim K(ω · sin ωTt − cos ωTt ) ω→0 ω(1 + ω 2 ) = −∞ lim Im{Go ( jω)} = ω→0 lim lim Re{Go ( jω)} = 0 ω→∞ lim Im{Go ( jω)} = 0 ω→∞ iv) e− jωTt jω( jω + 1) 1 |Go ( jω)| = K · √ ω 1 + ω2 q 1 ⇒ V = · ωA · 1 + ωA2 K Go ( jω) = K · ⇒ Skizze: (K > 0) ⇒ argω→0 {1 + Go ( jω)} = − π2 ⇒ argω→∞ {1 + Go ( jω)} = 0 π arg∞ ω=0 {1 + Go ( jω)} = 0 − − 2 ⇒ = ⇒ π 2 Regelkreis stabil Amplitudenreserve: ⇒ ωA · sin ωA Tt − cos ωA Tt = 0 ⇒ ωA = ⇒ tan(ωA Tt ) = cosωA Tt sin ωA Tt 1 ωA 164 III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH G o ( jw) arg {1 + G o ( jw)} -1 -(1 + Tt ) K 1 V w ® ¥ tan(wTt ) 1 w w p 2Tt p 2 Tt wA V = = 1 |Go ( jωA )| ωA q 1 + ωA2 |K| 165 III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH 166 Anmerkung: Totzeitelemente neigen bei zunehmender Totzeit Tt zur Destabilisierung des geschlossenen Regelkreises ⇔ Nullstellen von 1 + Go (s) ∈ C− 1 + Go (s) = 0 ⇔ s(1 + s) + Ke−sTt = 0 ⇔ s(1 + s)esTt = −K III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH III.5 167 Regelkreisentwurf III.5.A Anforderungen an den Regelkreis Typische Anforderungen an den Regelkreis sind: (1) BIBO Stabilität des Regelkreises, auch bei Veränderung in den Parametern (Robustheit) (2) Definiertes stationäres Verhalten der Regelgröße lim ∆ y (t) = 0 t→∞ für typische Anregungen, wie etwa W (s) = 1 1 und / oder Z (s) = s s (3) Definiertes dynamisches Verhalten (z.B. durch Polvorgabe) - absolute Stabilitätsreserve - relative Stabilitätsreserve III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH Im x x £ x j grenz x - d grenz x Re x x ⇒ Sprungantwort auf w(t) = ŵσ (t) Dy (t ) » Ke -d grenz t ŵ t (4) Unterdrückung von Störrauschen im Regelkreis (z.B. induziert durch Messrauschen) Gegenmaßnahme: analoge und digitale Filter im Messsystem 168 169 III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH III.5.B Frequenzkennlinienverfahren Zur Erfüllung der unter Kap. A genannten Anforderungen, lässt sich der Frequenzgang der Strecke, G( jω), heranziehen. GR ( jω) wird nun so festgelegt, daß der Frequenzgang Go ( jω) u.a. erwünschte Phasen- und Amplitudendurchtrittsfrequenzen aufweist. Man spricht hier auch von Frequenzkennlinienverfahren. Im Im 1 V £ 1 V £ · · · w =0 · YP · Re · · -1 · w =0 · YP · · G0 G0 Re III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH (1) Stabilitätsverbesserung durch Erhöhung von ψ (ωP ) (2) Gutes stationäres Verhalten −G 1 ·W+ ·Z Y = |{z} 1 + Go 1 + Go L [∆ y] ⇒ bei Sprunganregung (W = 1 1 und / oder Z = ) folgt für die Regeldifferenz s s lim ∆ y (t) → 0 ⇔ lim (Y (s) · s) → 0 t→∞ s→0 1 −G + lim → 0 s→0 1 + Go s→0 1 + Go ⇔ lim ⇒ Go (0) → ∞ D.h., je größer Go (0), desto besseres stationäres Verhalten stellt sich ein. 170 III ANALYSE LIN., ZEITINVAR. REGELKREISE IM LAPLACEBEREICH (3) Gutes dynamisches Verhalten 171 1 1 oder Z = ) erfolgt mit geringer s s 1 Schwingneigung, falls das dominante Polpaar von nahe der reellen Achse liegt. 1 + Go Dann nämlich gilt für den Dämpfungsgrad D der dominanten Eigenschwingung Das Einschwingen (z.B. nach Sprunganregung W = D≈1 (aperiodischer Grenzfall der dominanten Eigenform) 1 δ2 ≈ 1 + Go (s + δ )2 s 2 ⇒ 1 + Go ≈ 1 + δ ω 2 P |G 1+ j· ⇒ −1 o ( jωP )| ≈ δ ⇒ ⇒ falls δ steigt, dann auch ωP bei |Go ( j · ωP )| = 1 = const. (4) Rauschunterdrückung ⇒ |Go ( jω)| fällt, falls ω steigt. 172 IV Anhang IV.1 Beweise Satz: Wird ein SISO-Übertragungsglied mit der Übertragungsfunktion G (s) = = P (s) Q (s) n β ∑ s −k sk k=1 si 6= s j ∀ i 6= j und Re {sk } < 0 ∀ k harmonisch mit ∆ xe (t) = ∆ˆxe · sin (ω · t) ∈ Rm angeregt und gilt für die Anregungsfrequenz ω ω 2 6= s2k so antwortet das System für t 1 mit der partikulären Lösung ∆ xa (t) ≈ ∆ xa,p (t) . Dabei gilt ∆ xa,p (t) = ∆ˆxe · |G ( jω)| · sin [ω · t + arg {G ( jω)}] Beweis: Bei der Anregung des Systems mit ∆ xe (t) = ∆ˆxe · sin (ω · t) antwortet dieses mit ∆ xa (t) = ∆ xa, h (t) + ∆ xa, p (t) wobei für ein geeignetes ∆ˆxa und ϕ ∆ xa, p (t) = ∆ˆxa · sin [ω · t + ϕ] eine partikuläre Lösung der Dgl. n-ter Ordnung n ∑ ak k=1 ist. d k ∆ xa = dt k n ∑ bk k=1 d k ∆ xe dt k 173 Für die entsprechende Laplace Transformierte gilt dann Z∞ Xa, p (s) = ∆ˆxa · sin (ω · t + ϕ) · e−s · t dt 0 bzw. mit τ := ω · t + ϕ ⇒ Xa, p (s) = ∆ x̂a · R∞ sin τ · e−s · ( τ −ω ϕ ) dτ ω ϕ s ˆ = ∆ωxa · e ω ∞ ·ϕ R s sin τ · e−( ω ) · τ dτ ϕ ·τ − ˆ s s e ( ) = ∆ωxa · e ω · ϕ · sin τ − cos τ − s 2 ω 1+ ω s ω = 2 2 cos ϕ + ω · sin ϕ ∆ x̂a s +ω s ω Andererseits gilt Xa (s) | {z } Xa, p (s) + Xa, h (s) {z } | = ω (cos ϕ + ( ωs ) sin ϕ ) ∆ ˆxa + Xa, h (s) s2 + ω 2 ⇒ G (s) = ∆ˆxa ∆ˆxe G (s) · Xe (s) | {z } ˆ G (s) · L ∆ xe · sin (ω · t) {z } | |∆ ˆx | · ω G(s) · 2 e 2 s +ω cos ϕ + ωs sin ϕ + s2 + ω 2 ∆ˆxe · ω · Xa, h (s) Für s = j · ω folgt hieraus offensichtlich G ( jω) = = = ∆ˆxa ∆ˆxe h i j·ω cos ϕ + sin ϕ + ω ∆ˆxa · (cos ϕ + j sin ϕ) ∆ˆxe ∆ˆxa · e jϕ ∆ˆxe ! ω 2 + ( j · ω)2 · Xa, h ( j · ω) ∆ˆxe · ω | {z } =0 174 Wegen G ( jω) = |G ( jω) | · e j arg{G( jω)} folgt damit schliesslich unmittelbar aus dem Koeffizientenvergleich ˆ (i) |G ( jω)| = ∆ˆxa ∆ xe (ii) arg {G ( jω)} = ϕ Q.E.D. 175 Satz: Lassen sich die Übertragungsfunktionen G und GR im Standardregelkreis als gebrochen rationale Funktionen darstellen, gilt G(s) = N−1 (s) · P(s) und GR (s) = N−1 R (s) · PR (s) so haben die Führungs- und Störübertragungsfunktionen identisch gleiche Pole. Beweis: G = N−1 · P = I + N−1 · P · GR ⇒ I + G · GR = N−1 (N + P · GR ) −1 = N−1 (N + P · GR ) ⇒ (I + G · GR )−1 = (N + P · GR )−1 · N ⇒ (I + G · GR )−1 · G = (N + P · GR )−1 · N · N−1 · P = (N + P · GR )−1 · P ⇒ (i) FW = (N + P · GR )−1 · N (ii) FZ = − (N + P · GR )−1 · P ( ⇒ (i) s Pol von FW ⇔ det (N (s) + P (s) · GR (s)) = 0 (ii) s Pol von FZ ⇔ det (N (s) + P (s) · GR (s)) = 0 ⇒ s Pol von FW ⇔ s Pol von FZ Q.E.D. 176 Weitere Regeln zur Konstruktion der Wurzelortskurven Gemäß Abschnitt III.4.B.b. kann die charakteristische Gleichung 1 + Go (s) = 0 zur Bestimmung der Pole nach Linearfaktorzerlegung in die Form m ∏ (s − pi ) Go (s) = K · i=1 n ∏ s − qj = −1 (4.1) j=1 bzw. n ∏ m s − qj + K · j=1 ∏ (s − pi ) = 0 (4.2) i=1 überführt werden. Alle Punkte s der komplexen Ebene müssen dieser Gleichung genügen, um als Wurzelort zu gelten. Die komplexe Gleichung ist wiederum äquivalent zu dem reellen Gleichungspaar |Go (s)| = 1 ±2rπ arg {Go (s)} = ± (2r + 1) π (4.3) für K < 0 (4.4) für K > 0 wobei r ∈ Z gilt. Somit kann Gleichung (4.1) in die Form m ∏ (|s − pi |) K · i=1 n = 1 ∏ |s − q j | j=1 ±2rπ m n ∑ arg {s − pi} − ∑ arg s − q j = i=1 j=1 ± (2r + 1) π (4.5) für K < 0 (4.6) für K > 0 überführt werden. Auch hier gilt r ∈ Z. Diese beiden Ausdrücke werden als Betrags- und Argumentengleichung bezeichnet. Alle Punkte der s-Ebene, die der Argumentengleichung genügen, sind Wurzelort. Das zugehörige K kann über die Betragsgleichung bestimmt werden. 177 Regel 3: Jeder Ort auf der reellen Achse, auf dessen rechter Seite die Summe von Polen und Nullstellen gerade (K < 0), ungerade (K > 0) ist, ist ein Wurzelort. Beweis: Gegeben seien zwei reelle Pole qu und qv . squ sqv qv s qu Re Für den Fall K > 0 ist laut Regel 3 jeder Ort auf der reellen Achse, auf dessen rechter Seite sich eine ungerade Anzahl an Polen und Nullstellen befindet, ein Wurzelort. Wird nun ein Punkt s zwischen den beiden Polen betrachtet, muss dieser die Argumentengleichung erfüllen, um ein Wurzelort zu sein. Im konkreten Fall kann aus Gleichung (4.6) − (0◦ + 180◦ ) = −180◦ entnommen werden, dass die Argumentengleichung für beliebige s zwischen den beiden Polen erfüllt ist. Regel 4: Es enden n − m Äste der Wurzelortskurve im Unendlichen. Somit existieren auch n − m Asymtoten. Beweis: Gleichung (4.6) wird zunächst in die Form n ∏ |s − q j | j=1 m = K (4.7) ∏ (|s − pi |) i=1 überführt. Damit K → ∞ gilt, muss entweder die Bedingung s = pi oder die Bedingung s = ∞ erfüllt sein. Da s = ∞ eine n − m-fache Nullstelle von Go (s) ist, müssen n − m Äste der Wurzelortskurve im Undenlichen enden. Regel 5: Die Wurzelortskurve ist symmetrisch zur reellen Achse. 178 Beweis: Diese Regel lässt sich vergleichsweise einfach durch folgende Überlegung beweisen. Alle Nullstellen der charakteristischen Gleichung sind entweder reell und liegen somit auf der reellen Achse oder konjugiert komplex, wobei sie in diesem Fall symmetrisch zur reellen Achse sind. Regel 6: Die Winkel der Asymtoten zur reellen Achse φr ergeben sich aus φr = 2rπ n−m für K < 0 (4.8) φr = (2r − 1) π n−m für K > 0 (4.9) mit r = 1,2, ..., n − m. Beweis: Ausgehend von einem Punkt der Wurzelortskurve, der im Unendlichen liegt (s = ∞) werden alle Winkel arg {s − pi } und arg {s − qi } gleich dem Asymtotenwinkel φr . Somit lässt sich Gleichung (4.6) für K > 0 vereinfachen zu m · φr − n · φr = 2rπ . Es ist deutlich zu erkennen, dass es sich dabei um Gleichung (4.8) handelt. Regel 7: Der Schnittpunkt der Asymtoten auf der reellen Achse, auch Wurzelschwerpunkt genannt, kann mit der Formulierung n m j=1 i=1 ∑ q j − ∑ pi σw = n−m (4.10) bestimmt werden. Beweis: Für den Beweis von Gleichung (4.10) wird wie folgt vorgegangen: Zunächst wird eine Tangente an die Wurzelortskurve gelegt. Nachdem der Berührungspunkt mit der Wurzelortskurve ins Unendliche verlagert worden ist, handelt es sich bei der Tangente um die Asymtote der Wurzelortskurve und bei ihrem Schnittpunkt mit der reellen Achse um den Wurzelschwerpunkt. 179 Betrachtet wird ein laufender Punkt s = δ + jω und ein fester Punkt s f = δ f + jω f . Der Winkel von s − s f kann mit der Gleichung ω −ωf arg s − s f = arctan δ −δf (4.11) bestimmt werden. Handelt es sich bei s f um die Pole und Nullstellen der charakteristischen Gleichung, kann Gleichung (4.6) für K < 0 überführt werden in m n ω − ωq j ω − ω pi G (δ , ω) = ∑ arctan − ∑ arctan = ±2rπ δ − δ pi δ − δq j i=1 j=1 (4.12) mit r ∈ Z. Nach ω aufgelöst ergibt sich der Zusammenhang δ → ω (δ ) Für einen beliebigen Punkt (x, y) der Tangente, kann die Tangentengleichung bestimmt werden mit y − ω = ω 0 (δ ) (x − δ ) . (4.13) Der Schnittpunkt mit der reellen Achse kann für y = 0 mit ω ω0 x = δ − (4.14) bestimmt werden. Durch Differentiation von G(δ , ω(δ )) = ±2rπ nach δ und ω ∂G ∂G + ω0 = 0 ∂ δ ∂ ω |{z} |{z} Gδ (4.15) Gω kann Gδ (4.16) Gω bestimmt werden. Eingesetzt in (4.14) ergibt sich für den Schnittpunkt der Tangente mit der ω0 = − reellen Achse δ Gδ + ωGω . Gδ Der Wurzelschwerpunkt σw wird mittels Grenzwertbildung (s → +∞) x = (4.17) δ Gδ + ωGω s→+∞ Gδ σw = lim (4.18) bestimmt, wobei zunächst die partiellen Differentialquotienten Gδ und Gω ermittelt werden müssen. Wird Gleichung (4.12) differenziert, ergibt sich m Gδ = − ∑ i=1 (δ − δ pi )2 + (ω − ω pi )2 m Gω = ∑ (δ − δ i=1 n ω − ω pi pi ) ∑ j=1 n δ − δ pi 2 + 2 + (ω − ω pi ) − ∑ j=1 ω − ωq j 2 2 δ − δq j + ω − ωq j δ − δq j 2 2 δ − δq j + ω − ωq j (4.19) . (4.20) 180 Mit r2pi ,q j = δ − δ pi ,q j 2 + ω − ω pi ,q j 2 werden (4.19) und (4.20) in (4.18) eingesetzt. Es ergibt sich die Formulierung ω − ω pi +δ −δ ∑ r2pi i=1 m σw = lim n m ω − ωq j δ − δp ∑ rq2 + ω ∑ r2p i − ω j=1 i=1 j i ω − ω pi + −∑ r2pi i=1 m s→+∞ n ω − ωq j ∑ rq2 j=1 j n δ − δq j 2 j=1 rq j ∑ , (4.21) die im Anschluss mit δ 2 + ω 2 /ω erweitert wird. Die sich daraus ergebende Gleichung | {z } r2 δ ω " 2 2 # m 2 n n r 2 r r r − ∑ δ pi + ∑ δq j ∑ ω pi r p − ∑ ωq j rq r pi rq j i j i=1 i=1 j=1 j=1 # " (4.22) m n n r 2 r 2 r 2 r 2 1 m −∑ +∑ ∑ ω pi r p − ∑ ωq j rq ω i=1 i j i=1 r pi j=1 j=1 rq j σw = lim s→+∞ kann mit lim m r s→+∞ r pi ,q j m,n = 1 und ∑ ω pi ,q j = 0 (nur konjugiert komplexe Pole und Nullstellen) in i, j=1 die Form n m j=1 i=1 ∑ δq j − ∑ δ pi σw = (4.23) n−m überführt werden. Es handelt sich dabei um eine Vereinfachung von Gleichung (4.10), die ebenfalls auf die konjugiert komplexen Pole und Nullstellen zurückzuführen ist, denn imaginäre Anteile kürzen sich in (4.10) raus. 181 Regel 8: Der Aus- bzw. Eintrittswinkel Θ der Wurzelortskurve aus bzw. in eine kritische Stelle (Pol oder Nullstelle) ergibt sich, indem ein Punkt auf der Wurzelortskurve in direkter Nähe der kritischen Stelle angenommen wird und dann die Argumentengleichung (4.6) angesetzt wird. Beweis: Gleichung (4.6) wird nicht bewiesen, da sie bereits zu Beginn des Abschnitts hergeleitet wurde. Für ein tieferes Verständnis seien noch einige Überlegungen bzgl. der Anwendung von Regel 8 angestellt. Gegeben sei folgende Pol-Nullstellen-Verteilung: q2 b a p1 q1 Re g q3 Soll nun der Austrittswinkel Θ aus q2 für K < 0 bestimmt werden, ergibt sich aus der Argumentengleichung α − (β +Θ + γ) = 2π . Der Austrittswinkel kann daraus leicht ermittelt werden Θ = α − 2π − β − γ Regel 9: Alle (von den Nullstellen und Polen des offenen Kreises verschiedenen) Verzweigungspunkte a der Wurzelortskurve erfüllen die Gleichung: n 1 ∑ a−qj = j=1 m 1 ∑ a − pi i=1 Umgekehrt sind Lösungen dieser Gleichung nur dann Verzweigungspunkte, wenn sie - für reelle a der Regel 3 genügen. (4.24) 182 - für komplexe a der Argumentengleichung genügen. Beweis: Verzweigungspunkte müssen durch ihre Eigenschaft einer mehrfachen Wurzel sowohl die charakteristische Gleichung Go (s) + 1 = 0 als auch deren Ableitung Go (s)0 = 0 erfüllen. Wird nun Gleichung (4.1) logarithmiert, ergibt sich m ln Go (s) = ln k + n ∑ ln (s − pi) − i=1 ∑ ln s − q j (4.25) j=1 und durch Differentiation nach s Go (s)0 = Go (s) m 1 ∑ s − pi i=1 n − 1 ∑ s−qj . (4.26) j=1 Da Go (s)0 = 0 gilt, ergibt sich für einen Verzweigungspunkt s = a Gleichung (4.24). Regel 10: Die Verstärkung K für einen Punkt s1 der Wurzelortskurve kann mit der Betragsgleichung n ∏ |s1 − q j | K = j=1 m (4.27) ∏ (|s1 − pi |) i=1 bestimmt werden. Falls keine Nullstellen auftreten, ist der Nenner gleich 1 zu setzen. Beweis: Auch diese Regel wird nicht bewiesen, da Gleichung (4.27) bereits zu Beginn dieses Abschnitts im Rahmen der Definition der Wurzelortskurve hergeleitet wurde.