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Harriot Mathematiker

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Thomas Harriot als Mathematiker*
von J. A. LOHNE**
1. Logarithmische Spiralle und Loxodrome
Thomas Harriot (1560-1621) war in Oxford geboren und ausgebildet.
Nach beendeten Studien wurde er Lehrer und wissenschaftlicher Berater
fur die Schiffskapitane Walter Raleighs. Weil englische Seeleute vor 1550
keine wirklich grossen Seefahrten unternommen hatten, waren sie bis
dahin in der ozeanischen Navigation ziemlich unerfahren. Deshalb wurden unterweilen junge Mathematiker und Astronome auf ozeanische
Reisen mitgenommen, so auch Harriot und sein Freund Robert Hues.
Von den verschiedenen Problemen der Hochseefahrt beschaftigte sich
Harriut imbesonderen mit den Problemen der Loxodrome. Diese Kurslinie bildet mit allen Meridianen denselben Winkel. 1569 hatte Gerhard
Mercator die erste Seekarte mit geradlinigen Loxodromen veroffentlicht.
In seiner Projektion sollten eigentlich die Meridianteile, oder die Abstiinde von Aquator, mit dem Integral
1secq .dq
Q, = geographische Breite
0
wachsen, aber wie zu erwarten war, hatte Mercator die rein mathematischen Probleme seiner Karte nicht vollstiindig gelost, und die Meridianteile seiner Karte wurden deshalb ungenau. In der Folgezeit bemuhten
sich mehrere Mathematiker, die Meridanteile durch die Summe
secq Ag, zu approximieren, aber dabei addierten sich systematische
Fehler, so dass sie fiir grosse Breiten ganz lastig wurden. A l s extremes
Beispiel dafiir nehmen wir die Angaben verschiedener Autoren fiir den
Meridianteil der Breite 89'59':
2
-
Erweiterte Fassung eines Vortrags. der am 22. Sept. 1964 in dem mathematischen
Institut Oberwolfach gehalten wurde.
* Flekkefjord, Norway.
Cutawur 1965: vol. 11: no. I : pp. 19-43
2'
20
J. A . Lohne
Wright (1 599)
Hamot (ca. 1600)
Oughtred (ca. 1650)
Sir Jonas More (1681)
32 348’,5279
30 374‘,963
30 349’,8
30 364’,3
Als Einheit ist hier die Liinge einer Aquatorminute gewahlt. Die vier
Autoren stimmen schlecht iiberein, und anderes ware wohl in der Zeit
kaum zu erwarten. Desto bemerkenswerter ist d a m die Leistung Harriots,
denn bei ihm sind alle acht Stellen richtig. Uber Harriots Arbeit mit
Loxodromen schrieb Robert Hues:
Uber die Erzeugung, die Natur und den Gebrauch der Loxodrome erwarten wir
einen vollsthdigen Traktat voa Thomas Hurriot, der in der Mathematik und der
gesamten Philosophie sehr erfahren ist. Von ihm ist iiber diesen Gegenstand vie1
Griindliches und Scharfsinniges ausersonnen, welches mit grossem Fleiss ausgearbeitet, mit grosser Sorgfalt dargestellt und fiir die Geographie genau erwogen ist. Wir
hoffen nachstens eine Veroffentlichung davon. Inzwischen dieses.
Trucfurusde Globis (1 593)
..
Die angekiindigte Veroffentlichung blieb indessen aus. Harriots Lehrbiicher, Karten und Tabellen waren nur fiir seinen Auftragsgeber RaZeigh
und dessen Schiffskapitane bestimmt, nicht fiir Raleigh Rivale. Die
meisten nautischen Manuskripten Harriots sind verschollen, aber sein
Canon Nauticus, d. h. die Tabelle iiber Meridianteile, ist erhalten. Kurz
nach Harriots Tod wurde sein schriftlicher Nachlass registriert. Er bestand hauptsachlich aus gebiindelten Papieren, die ganz unsystematisch
in einen Koffer gelegt wurden. Fiir sich allein wurde aber “A black box
full of papers on Rhombs” gelegt. Ansclieinend hat sich nachher keiner
fiir diese hochstinteressante Loxodromenpapiere gekiimmert. Doch vor
beinahe Hundert Jahre fand Horwoods Manuskriptenkommission in Petworth House dieselbe schwarze Kiste: “A black leather box containing
several hundred leaves of figures and Calculations by Harriot”. Das
schwarze Leder war urn 1950 von Wiirmern so infestiert wordzn, dass
Lord Leeonfield, der darnalige Besitzer von Pet worth House, gemngen
war die vielen Hunderte von Folien aus der Lederkiste N nehmen. Er
band sie selber in mehrere Volumen ein. Das erste Volumen enthalt
Harriots Canon Nauticus bis einschliesslich 85” nordlicher Breite und
gibt ausserst genaue Werte der Meridianteile. Die zweite Hauptkolumne
dieser Tabelle enthalt die Sekansen fiir jede Breitenminute (bis 85”). Anfanglich sind zehn Stellen angegeben, spater nur sieben oder acht. In
21
Thomas Harriot 01s Mathematiker
der dritten und letzten Hauptkolumne finden wir die entsprechenden
Meridianteile, welche mit der Funktion f(y) = secv * drp genau iiber-
5
0
einstimmen. Harriot war doch nicht nur fleissig und genau in seinen
Berechnungen, sondern zum Fleiss gesellte sich eine verfeinerte Interpolationstechnik. Ich skizziere seinen Vorgang: Zuerst bildete er fiir die
ganz kleinen Bogen die Summe
sec9 drp. Fiir das Bogenintervall n'
bis (n I)' hatte Wright
sec(n I)' benutzt, wodurch die Meridianteile zu gross ausfielen. Harriot benutzte -)[set n' sec(n I)'] - E,
eine Korrektion die am Anfang 0O
, OO OOO 007 betrug.
2
+
0.
0'.
1 '.
1,000,000,000.
42.
1,000,000,042
127. -
3'.
1,000,000,169.
212.
l,OOO,OOO,381.- -
4'.
296.
1,000,000,677. -
5'.
1,000,001,058.
--
2'.
2
+
+
381.
-
0,021.
+7
7
'.
1
1,000,152.
5.
1.OOO,157.
6
I
t
-2.+
3'.
5
1,000.168.-
-3.-
5.
1.000.173.
6
1,000.179.5.
00',003,046.
1,000,155
1. 01,003,201.
1,000.160.
02,003.361
1,000,165.
03,003,526
1,000,171.
04,003,697
1,000.176.
05,003,873
1,000,181.
1.
- 3.
6'.
-
I
1,000,163.-
5'.
-
1,000,001,284
2'.
4'.
03,000.000.381.
1,000,000,522.
04,000,000,903
1,000,000,860.
05,000,001,763
0,148.
7
0,191.7
I
0'.
1,000,000,099. -02,000,000,113.
1,000,000,268.
+
I
6'.
I.
+
0. 00',000,000.000.
1,000,000,014.
01,000,000,014.
0,063.
+7
0,106.
-
465.
-
-2.+.
-3.
-I
22
J. A . Lohne
30. 0'.
1 '.
2'.
3'.
4'.
5'.
1,154,701.194.
1,154,895.194.
1,155,089.194.
1,155.283.
195.
1,155,478.194
1,155,672.
195.
-
097
-+o. -
-
097.
-
097.
-
097.
-
097.
+
3 1. 28l.375.437.
1.1 54,798.
3 1. 29,530,235.
1,154,992.
30,685,227
1,155,186
31,840,413
1,155,381.
32,995,794
1,155.575.
34,151,369
1,155,765
6'.
56'.
57'.
58'.
59'.
85.
0'.
1 1,323.129.
37,273.
11,360.402.
37.520.
11,397,922.
37,770
11,435,692.
38,021.
11.473.713.
-
18,514.
39,028,708
20.
11,341,746.
18,637
50,370,454.
-19. -- 11,379,144
18,760. 179.
02,749,598
18.
1 1,416,790.
18,885.
13,166,388
-17. -- 11,454,685.
19,011.
24,621,073.
-
+ 47.
Ausschnitte aus dem Canon Nauticus, f. 1. 3, 59, 170
Diese kommt daher, dass secp, anfbglich nicht linear, sondern quadratisch anwachst. Folglich musste Harriot auch quadratisch interpolieren,
was durch Subtraktion von O,OOOOOOOO7 geschah. Nach 60 solchen
60'
Additionen ergab sich fiir
5 secp,
*
dp,
der sehr genaue Wert
0
60',003 046 405. Mercators Meridianteil fiir 1" nordlicher Breite ist also
etwas langer als ein Aquatorgrad. Die Abstiinde zwischen den Breitenkreisen werden immer grosser. Um mogliche Fehler bei dem langen
Rechenprozess aufmdecken und m beseitigen ersann nun Harriot etwas
sehr Geistreiches. Vom Siidpol des Globus aus projizierte er Meridiane,
Breitenkreise sowie auch Loxodrome auf die Aquatorebene. Weil diese
Kartenprojektion konform ist, schneidet die Loxodrome immer noch
alle Meridiane unter demselben Winkel wie auf dem Globus. Die Loxodrome war n i t anderen Worten in diejenige Spiralle transformiert worden,
23
Thomas Harriot als Mathcmatiker
die man jetzt die Zogurithmische nennt. Diese Kurve wurde um 1640 von
Mersenne und Descartes nachentdeckt.
Figur 1. Die Loxodrome wird durch stereographische Projektion in eine logarithmische
Spirallc verwandelt.
Infolge des Projektionsverf'ahrens kann man fiir den Radiusvektor
rn = tg (45" - hn)
setzen, und die geometrische Reihe wird
ro
1
7
rl
r2
tg(45" - hi),tg(45" - &2),
9
Y
. . - 9
-
- 9
rn
tg(45" - hn),
Wenn wir die durch 1"N.Breite und 1"Ostl. Lange gehende Spiralle
betrachten, bekommen wir ihren Schnittpunkt (2", 9 2 ) mit der zweiten
Meridiane durch die Beziehung
tg(45" - *2)
= tgZ(45" -
3
1")
und den Schnittpunkt (3", v3) durch die Beziehung
tg(45" - 9 3 ) = tg3(45" - 3 I"),
U.S.W.
24
J. A . Lohne
D a c t ist gewissermassen das Problem der Mercatorprojektion geometrisch gelost. Wir ziehen zuerst parallelle und aquidistante Meridiane
und dann eine schrage Schnittgerade, die irgendeine Loxodrome reprasentieren soll. Aus der stereographischen Planprojektion interpolieren
wir graphisch und erhalten so die Breiten (9)der Schnittpunkte. Aber
um auch den allgemeinen Zusammenhang zwischen den verschiedenen
Schnittpunktsbreiten ( y ) zu bekommen, betrachten wir wieder die geometrische Reihe der Radiusvektoren.
Figur 2. Dieselbe Loxodrome soll in der Mercatorprojektion eine Gerade sein.
Der Zusammenhang mit moderner Behandlung des Problems tritt
klarer hervor, wenn wir invertieren und die Logarithmen nehmen:
log tg(45" +yn) = n- log tg(45" 3~1).
Lognat tg(45" +p) ist bekanntlich ein Integral von secv. Aber vor
1600, also vor der Ertindung drs Integralcalculs und der Logarithmenrechnung musste Harriot anders verf'ahren. Als Beispiel seines Verfahrens
betrachten wir y1 = 1" und iz = 10, d. h.
tg(45" - +lo) = fg'O(45" - * 1")
woraus
910 = 9"57'
Gleicherweise berechnen wir mit Harriot auch andere Schnittpunkte
unserer Loxodrome, z.B.
+
+
+
+
Thomas Harriot als Mathematiker
Gcogr. Llnge
Geogr. Breite
1"
100
290
30 O
40
50
10
9057'
19"34'
28 O 39'
36O59'
uo2a*
25
Selbstverstandlich konnen wir ahnliche Schnittpunktreihen auch fiir
andere Loxodrome berechnen. Um das Gradnetz von Mercator ganz
festmlegen braucht man nur noch zu interpolieren, und darin war
Harriot ein uniibertroffener Meister. Viele Einzelheiten und Verfeinerungen seines Verfahrens miissen noch naher untersucht werden. Nach
Tafel 1. Harriots Diagamm zu seinem Beweis, dass die stereographische Projektion
winkeitreu ist.
26
I . A. Lohne
meiner Meinung verhielt sich die Sache so : Zuerst berechnete Harriot
durch Addierung von Sekansen eine vorlaufige Tabelle der Meridianteile
und benutzte dann seine Relation tg(45" - b n ) = tp(45" - +pl) zur
Kontrolle und Verbessemg vieler iiber die game Tabelle verteilten
Werte. Durch Ausgleichen wurden dann die dazwischenliegenden Werte
korrigiert.
Wir betrachten sodann das Diagramm mit welchem Harriot beweist,
dass die stereographische Projektion winkeltreu ist (Ms Add 6789, f 11).
Zur Meridianebene errichtet er die Perpendikulare CD und lasst dann
eine Pyramide BCDA die Aquatorebene im Dreieck bcd schneiden.
Harriot behauptet nun, dass der Winkel dbc (der Aquatorebene) dem
Winkel DBC (der Horizontalebene) gleich sein muss. Denn erstens sind
die Dreiecke BCD und PCD kongruent, und zweitens sind die Dreiecke
PCD und bcd homotetisch (parallela et similiu, wie Harriot sagt), und
damit ist die Winkeltreue der Projektion bewiesen.
Zuletzt etwas Merkwiirdiges: Beinahe Hundert Jahre nachher bewies
Edmond Hulley (Philosophical Transactions 1694) noch einmal, dass die
stereographische Projektion winkeltreu ist. Die Diagramme der beiden
Mathematiker illustrieren die erstaunliche jjhnlichkeit ihrer Beweisfiihrung. Man muss sich fragen, ob moglichenveise eine gemeinsame
Quelle existierte, die beide Mathematiker zu ihren Beweisen angeregt
haben kann. HuZZey schrieb, dass er den Satz von de Moivre bekommen
Figur 3. Hulfeys Diagamm in der Phil. Trans. 1694.
Thomas Harriot als Mathematiker
27
hatte. Spater habe er doch erfahren, das hnliches viele Jahre vorher
(1681) von Robert Hooke geleistet und in der Royal Society vorgefiihrt
worden war. Der Beweis des Satzes aber, behauptete Halley, sei sein
Eigentum. Von Harriot ist in Halkys Aufsatz keine Rede, auch nicht
von dem Planispharium des Ptolemaus. Bei Ptolemaus wird nicht bewiesen,
und auch nicht explizite gesagt, dass die stereographische Projektion
winkeltreu ist. In der mir zuganglichen Literatur kann ich nicht finden,
von wem die Winkeltreue dieser Projektion zuerst ausgesprochen worden
ist. Weil aber die Astrolaben im Mittelalter sehr beliebt waren, ist wohl
anzunehmen, dass mehrere Astronomen gewusst haben, dass die stereographische Projektion konform ist.
2. Areal des spharischen Dreiecks
Fiir die stereographische Projektion ist nicht nur eigentumlich, dass
sie winkeltreu ist, sondern auch, dass alle Kreise auf dem Globus auch
in der Planprojektion Kreise werden. Diese Eigenschaft war schon lange
vor Harriot in den Astrolaben benutzt und von Ctaudius Ptotemaus in
seinem Planisphurium theoretisch begriindet worden. Fiir m e r e Zwecke
betrachten wir nun (Figur 4 a) zwei Grosskreise. Die bilden vier sphiirische Zweiecke, deren Ecken A und A’ um das Kugelzentrum symmetrisch
Figur 4a. Ein sphiirisches Dreieck ABC.
28
J . A . Lohne
T'
T'
Figur 4b. Das Dreieck in der stereographischen Projektion.
sind. Wenn ein dritter Grosskreis diese beiden schneidet, entstehen im
allgemeinen acht paarweise symmetrische Dreiecke. Denn wenn wir z.B.
das Dreieck ABC und seine Ecken betrachten, finden wir a d d e r hinteren
Kugeloberflache die dam syrnmetrischen Ecken A', B' und C'. Daher
gilt offenbar A ABC z A A'B'C' oder kiirzer T 2 T'. Gleicherweise
sind TI 2 TI',T2 T2' und T3 z T3'. Urn dies alles besser zu iibersehen
projizierte Harriot stereographisch. A d der F i p 4 b sehen wir sieben
der Dreiecke innerhalb dreier Kreise liegen, wahrend das achte der Dreiecke den ganzen ausseren Bezirk bis ins Unendliche erfiillt. Je zwei der
Dreiecke, wie z.B. T und T' bilden ein Zweieck. Wenn nun dieses ZweiA
eck den Winkel A hat, muss sein Areal -- 4 x 9 sein. Das Areal des
360"
Dreiecks T ergibt sich dann wenn wir zweckmassig addieren :
T
-+-Ti - -A"
4nr2
360"
T f T2 - -B"
4721-2
360"
T
-f-T 3 - -c"
4xr2
360"
Thomos Horriot 01s Mothemotiker
29
T3) - A"+B"+C
4nr2
360"
T
A"+B"+C
-+l=
2nr2
360"
T
A"
B" C" - 180"
Halbsphiire
360"
2T+(T+Ti+T2+
+ +
Harriot schrieb:
Inveni rationem accuratam mensurandi
supeficies triangulorum sphlericonun 18.
sept. 1603 et est talis.
Adde simul omnes angulos trianguli
inde detrahe 180. quod superest fac numeratorem ad 360. Dico quod ilia fractio
exprimit partes hemisphseni quas continet
triangulum
vel quod gradus numera in circulo magno
quot sunt in numeratore et a polo illius
circuli descendunt duo quadrantes terminantes illos gradus. dico quod hoc rectangulum(?) lequatur triangulo spkrico
pr;edicto.
Ms.6002 (Br.Mus.), f 24 r
Nachlass von Charles Cavemiish
Ich fand die exakte Methode zur Ausmessung des Areals der sph&ischenDreiecke am 18. Sept. 1603. Sie ist derartig:
Addiere alle Winkel des Dreiecks und
ziehe davon 180". Das ubriggebliebene
sollst du als Zahler in einem Bruch n i t
Nenner 360" setzen. Ich behaupte, dass
dieser Bruch aussagt, wieviel Teile der
Halbsphiire das Dreieck enthalt, oder,
nimm in einem Grosskreise so vie1 Grad
wie im ZZhler steht, und Wlle vom Pole
dieses Kreises zwei Quadrante, so dass
sie die genannten Grade einschliessen.
Ich sage, dass d i m s Rektangel Wer
sph&isches Dreieck mit zwei rechten
Winkeln) dem obigen sphirischen Dreieck arealgleich ist.
-
Harriot verallgemeinerte sofort seine Messmethode und gab fiir ein
beliebiges sphiirisches Polygon diese Berechnungsvorschrift:
Canon universalis, pro supeficie cuiuslibet polygoni sphzrici.
Adde omnes angulos cuiuslibet polygoni
simul:
A summa subtrahe toties 180:
quoties possibile:
Dimidium Reliqui zquale est
supeficiei polygoni.
Ms.Add 6785,f 119
Allgemeine Regel fiir das Areal eines
beliebigen sph&ischen Polygons.
Addiere alle Winkel eines beliebigen
sphiirischen Polygons.
Ziehe von der Summe 180" ab, sovielmal,
wie es moglich ist.
Die Halfte des Ubriggebliebenen ist
gleich dem Areal des s p h ~ s c h e n
Polygons (Hier ist offenbar die gesamte
Kugeloberflache gleich 720" gesetzt).
Nicht die Seiten, sondern die Winkel, ja sogar die Winkel allein, sind
also das bequemste Mass fiir das Areal des spharischen Polygons. Diese
IdCe war offenbar den Mathematikern so fernliegend, dass es zwei
30
J. A . Lohnc
tausend Jahre bedurfte, bis man das Areal des spharischen Dreiecks
fand. Wie ist nun Hurriot auf diese scheinbar einfache, aber doch so
fernliegende Idke gekommen ? Das verraten seine Papiere Ieidet nicht.
Man sieht doch, wie Hurriot (Ms. Add 6787, f 103) ein reguliires rechtwinkliges Dreieck gezeichnet hat, das durch die drei Winkelhalbierenden
in sechs kongruente Dreiecke geteilt worden ist. Dadurch erboten sich
viele Moglichkeiten zur Uberpriifung der Messmethode. Eine andere
Bestiitigung der Arealformel ist umstandlicher, aber desto interessanter:
Bekanntlich gibt es ein halbregelmassiger Korper, dessen Oberflache aus
sechs Quadraten und 32 regularen Dreiecken besteht. Harriot betrachtete
die entsprechende Einteilung der Sphiire. Nach seiner Angabe sind die
spharischen Dreieckswinkel 65"ll' 16"32" und die Viereckswinkel
99"14'53"52". Die Arealformel gibt dann
Areal der 32 Dreiecke: 5"11'16"32"'
Areal der 6 Vierecke: 9"14'55"52"'
Gesamtareal der Kugel
*
*
3.32 = 498" 2'24"
4-6 = 221'57'33"
719'59'57"
Das Resultat weicht also nur um drei Sekunden von dem exakten
Wert 720" ab.
Hurriots Arealf'ormel wurde von Girard nachentdeckt und 1629 gedruckt, doch mit einem ziemlich unvollkommenen und umstiindlichen
Beweis. Drei Jahre nachher veroffentlichte auch Cuvulieri eine Formel
fur das spharische Dreieck. Sein Beweis fusste a d demselben Grundgedanken wie Harriofs. Doch vorher hatte Henry Briggs mindestens
zweimd die Entdeckung Harriofs bekanntgegeben. Erstens in einem
Brief an Kepler (20. Februar 1625):
"Da Thomus Harriott, ein sehr gelehrter Mann und uberaus erfahrener
Geometer, eine Methode zur Ausmessung eines beliebigen von ebenen
Winkeln begrenzten Raumwinkels entdeckte, werde ich hier die Grosse
des Raumwinkels eines Tetraeders angeben. . .
. . . weil wir nachstens ein posthumes Buch desselben Autors erwarten
und erhoffen, wo, mit vielen anderen von seinen ausserst scharfsinnigen
Schriften auch seine Behandlung dieses Problems bekanntgegeben wird,
erkliire ich nicht seine Messmethode, damit es nicht den Anschein haben
SOU, ich hatte ihm etwas vorzeitig entrissen oder nicht nach Gebiihr
dargestellt."
Zu der zweiten Ausgabe von HakewiZls "An Apologie or Declaration
Thomas Horriot 01s Mathematiker
31
etc." (1630) schrieb nun Briggs ein paar Seiten wo er die acht grossten
mathematischen Entdeckungen der damaligen Neuzeit aufrechnete. Darunter zahlte er Hurriots Arealformel als die siebente:
1". Die Astronomie des Copernicus.
2". Gulileis Entdeckung der vier Jupitermonde.
3". Die Auflosung aller algebraischen Gleichungen.
4". Die Berechnung der Sehne eines Bogens, wenn die Sehne des dreifachen Bogens bekannt ist.
5". Die trigonometrischen Tafeln, von denen Regiomontan und Reinhold
die ersten konstruierten.
6". Die Logarithmen.
7". Das Areal des sphiirischen Dreiecks oder die Grosse des Raumwinkels zu finden, "primus docuit peritissimus Geometra Thomas Hurriottus, dum ante eum nemo hoc sit assequutus".
8". Die Erfindung des Segments der Spharoide oder des Fasses.
3. Interpolation
Neben viele halbvollendete Entwiirfe hinterliess Hurriot auch einen
beinahe druckfertigenTraktat in dem er die figurierten Zahlen behandelte :
De Numeris Triangularibus
Et inde
De Progressionibus Arithmeticis
Magisteria magna
T. H.
Dieser Traktat d d t e spatestens 10 Jahre vor Hurriots Tod vorliegen,
denn 1611 schrieb sein Freund Sir William Lower :
"Die Probe, die Du mir von Deiner Doktrin uber DifTerenzen und
Dreieckszahlen gibst, erweckt in mir ein grosses Verlangen nach Dieser
Doktrin." (Br. M. Ms Add 6789, f. 429.)
Dreissig Jahre nach Hurriots Tod wendete sich der wissenschaftlich
sehr interessierte Charles Cavendish brieflich an den Mathematiker John
Pel1 und bat ihn um ein Gutachten uber Hurriots Doktrin. Pell antwortete :
"Dennoch, wenn Sir Thomas Aylesbury mir diesen Traktat schicken
32
J. A . b h n e
G.
d.
c.
b.
-I
a.
I
3.
44.
17.
82.
20.
3.
3.
,222.
n=2
i--
F.
-I B.
234.
693.
956.
702.
1.257.
I
1.395.
I
2.351.
n=3
3,608.
5,066.
2,616.
D.
2. I
7,682.
3.608.
I A.
243.1
459.
301.
3,222.
992.
I
263.
1,965.
772.
258.
I
2,080.
1,844.
220.
38.
'96.1-j
698.
1,266.
1,142.
587.
35.
A.
320.
814.
1.257.
185.
3.
I
378.
568.
629.
434.
32.
,142.
B.
224.
246.
823.
153.
3.
82.
I
190.
513.
310.
29.
328.
328.
212.
124.
3.
44.
C.
154.
301.
98.
26.
82.
164.
137.
23.
D.
36. I
164.
75.
3.
26.
82.
55.
1
56.
38.
38.
3.
26.
18.
24.
3.
F.
20.
15.
20.
14.
I
11.
13.
3.
6.
9.
7.
11.
3.
rr
fi
8.
I
c.
B.
18.
20.
44.
62.
82.
I A.
24.1
68.
130.
212. I
-
I
1
Fol. 118, Ms. Add 6782 (Br.Mus.)
n=2
C.
5.
I
B.
119.
266.
390.
I A.
147.1
I
I
7 =
B.
33
Thomas Harriot als Mathematiker
sollte, wiirde ich es als keine Behinderung ansehen. Ja, es konnte sogar
sein, dass er sehr gelegen kame. Denn ich vermute, dass die Papiere mit
denen ich mich zur Zeit befasse, auf dasselbe hinzielen, wie die Spekulationen Harriots.”
Diese “Spekulationen” sind in Wirklichkeit sehr instruktive Ausfiihrungen iiber Interpolation. Harriot will z.B. die Theorie der Einschiebung von n-I Zwischenwerten in eine arithmetische Reihe untersuchen. Wie so oft bei ihm, ist auch hier seine Arbeitsweise die des
Aufbaus oder der Konstruktion. Zuerst baut er von konstanten Differenzen a aus eine arithmetische Reihe hoherer Ordnung auf, z.B. die
Reihe g des Folios 118. Von dieser Reihe nimmt er dann jede rite Zahl
und erhalt so die Zahlenfolge G, woraus er dann wieder die Differenzenreihen F, D, C, B und A bilden kann. Durch diesen gewissenhaften
Aufbau wird, wie aus Folio 118 ersichtlich, auch der inverse Prozess klar,
namlich das Einschieben von n-I Zwischenwerten. Aus seinen Beispielen
ist leicht zu sehen, wie man von den Differenzen der Zahlenfolge G
unmittelbar die Differenzen der Zahlenfolge g bilden kann.
Als Probestuck von dem sonstigen InhaIt dieses interessanten Traktats
wahlen wir eine zu interpolierende Reihe C mit den DBerenzenreihen B
und A :
k
k
n
C
3 I
45
I
A
48
I
C
3
b
1
5
a
I
2 1
8
95
143
I
7 1
50
IS
288
50
2
11
50
35
2
13
245
728
2
24
195
483
I
9
145
48
Daneben finden wir vier interpolierte Zwischenwerte (n = 5 ) in der
Kolumne c. Harriot verallgemeinert und fuhrt auch die entsprechende
Interpolationsformel an :
3
CENTAURUS. VOL. XI
34
J. A . Lohnc
C+kB+k-1,n
Modern geschrieben
:
k
+-’n
oder
k
c +-Bn
+
I
A
(k - n)k A
1.2.n*
k(k - 1)
+n
n
A
Allgemeiner schreibt er die Interpolationsformel so
D + k - 2,n C + k - 3,n B 3- k - 4,n A
k - 2,n
k - 3,n
k - 1,n
k
k - 1,n
k - 2,n
1,n
2,n
3,n
k
k
k
- 1,n
1,n
2,n
3J
4,n
etc.
54
In diesem Traktat erweist sich Hurriot wieder als Grossmeister der
Konstruktion und Handhabung von Tabellen. Professor H. W.TurnbuN
bezeichnete einst die Interpolation als ein typisch englisches Gebiet der
Mathematik, worin Briggs, Newton und viele ihrer Landsmanner gam
Hervorragendes geleistet hatten. Dabei sollte aber Hurriot nicht vergessen werden.
4. Ein Extremwertproblem
sin i
Im Jahr 1601 entdeckte Harriot das Brechungsgesetz -= p. Seiner
smr
Gewohnheit gemass begann er auch hier sofort Tabellen zu berechnen.
Wir werden hier einen Ausschnitt aus seiner Brechungstabelle fiir Luft/
Wasser studieren.
35
Thomas Harriot als Mathematiker
Anguli
incidentiiz
56.
57.
58.
59.
60.
61.
62.
Anguli
refracti
38.23.
32.
38.55.
31.
39.26.
30.
39.56.
30.
40.26.
29.
40.55.
29.
41.24.
28.
Anguli
refractionis
17.37.
28.
18. 5.
29.
18.34.
30.
19. 4.
30.
19.34.
31.
20. 5.
31.
20.36.
32.
.nAt
Figur 5. Der Strahlengang im Regentropfen. PT ist der “arcus egressionis”.
Fiir jeden Grad des Einfallswinkels i gibt die Tabelle den Brechungswinkel r, den Ablenkungswinkel i-r und die Differenzen Ar = 32’, 31’,
30‘, 30’,29’, 28’. Aus diesen liisst sich ein angenaherter Wert fiir den
anguliiren Radius des Regenbogens finden. Dieser ist bekanntlich (Fig. 5 )
das Maximum der Funktion 4r-2i, und deshalb durch die Beziehung
2 Ar = Ai zu bestimmen. Weil in Harriors Tabelle Ai immer 1” ist,
suchen wir in der Differenzenkolumne die Zeile wo Ar = 30’ ist. Dort
36
J . A . Lahne
Tafel 2. Hurriots Tafeln zur Bestimmung des angulBren Radius dts Regenbogens und des
Bogen vom "Kristallkugelregen".
sind i und r 59" bzw. 39'56', woraus sich sofort der angulare Radius R
des Regenbogens ergibt :
Folio 289 (siehe Tafel 2) zeigt nun, dass Harriot nicht (4r - 2i)moc
sondern (2r - i),,,= suchte. Dafiir ergab die Tabelle 20'52'. Darunter
finden wir aber den hochstinteressanten Vermerk : "Radius tropicus
ver?', mit io = 59'17' und 2ro - io = 20"53'. Wie kann nun Harriot
diesen verbesserten Wert 59"17' anstatt 59" erhalten haben ? Selbstversthdlich hatte er alles durch umstiindlichere Tabellenkonstruktion, z.B.
mit A r = 1' anstatt 1" machen konnen, aber Hurriot hat augenscheinlich
die Theorie des Problems allgemeiner angreifen wollen, und ist dadurch
37-
Thomas Harriot als Mathemariker
tg io
bis zur Relation -= 2 vorgestossen. Diese Relation ist fur den Regentg ro
bogenstrahl eigentiimlich und unabhangig von der Brechzahl. Aber in
sin i
Verbindung mit dem Brechungsgesetz -= p gibt sie sofort den Radius.
sinr
des Regenbogens. Doch fur die Herleitung der Tangensrelation mussten:
wir die Differenzialrechnung zu Hilfe nehmen. Unsere Frage wird destg io
halb, wie wohl Harriot ohne Differenzialrechnung zu -= 2 gefiihrt
worden ist.
tg ro
De refractionibus
Ab aere per spharam aqueam ad aerem
Refractionis
duplum
Arcus
egressionis
10.
20.
30.
40.
50.
60.
70.
80.
90.
5. 4'.
10.18'.
16. 0'.
22.26'.
29.58'.
39. 8.
50.32'.
64.56'.
83. 0'.
4.56'.
9.42'.
14. 0'.
17.34'.
20. 2'.
20.52'.
19.28'.
15. 4'.
7. 0'.
61.
62.
59.
58.
51.
56.
40.10'.
41.12'.
38. 8'.
37. 8'.
36.10'.
35.14'.
20.50'.
20.48'.
20*52'*
20.52'.
20.50'.
20.46'.
radius
tropicus
Radius tropicus vere
59.17'.
38.24'.
20.53'.
Die friihzeitigen infinitesimalen Betrachtungen waren nicht ausschliesslich geometrisch, sondern bestanden wohl unterweilen in einer Analyse
von Tabellen und Tabellendifferenzen. Einem Mathematiker von Harriots Rang war es sicher gelaufig, dass die Sinusdifferenz dem entsprechenden Kosinus proportional ist. Die beiden stehen ja oft nebeneinander in
38
J. A . Lohne
trigonometrischen Tabellen. Nachdem er in seiner Brechungstabelle die
Differenz n r = 3" lokalisiert hatte, konnte er aus der Konstanz der
Sinusproportion dieses folgern :
+ 1") ---sinio - sin(i0 + I") - s k i o
sin(r0 + 3") sinro sin(r0 + 3") - sinro
sin(i0
Hier sind die Sinusdifferenzen durch Kosinusse z u ersetzen, woraus
-
sin io - cos io 1 "
'gi0 -oder - 2.
sinro cosro 9"
tg ro
Q. e. i.
Leider hat Harriot selber die Herleitung seiner Tangensproportion
nicht angegeben, so dass die obige Rekonstruktion seines Vorgangs eine
tg io
blosse Konjektur ist. Mit -= 2 gleichwertige Beziehungen wurden
tg ro
spater von Huygens und besondm von Newton angegeben. Wahrscheinlich kannten sie nicht die Ergebnisse Harriots. Doch schon 1606 waren
gewisse Nachricliten von diesen Untersuchungen bis nach Prag gedrungen. Dort hatte KepZer neulich (1604) eine grosse Optik veroffentlicht,
aber leider mit einem Brechungsgesetz, das ihn selber nicht ganz befriedigte. Kepler hoffte nun iiber das Mass der Brechungen und iiber die
Regenbogenfarben von seinem englischen KoIlegen unterrichtet zu
werden :
Aber Du wiirdest mich ubergliicklich machen, wenn Du mir freigebig eine aufrichtige Mitteilung iiber diese Messungen in verschiedenen Flussigkeiten gabtest,
und ganz im besonderen wenn du hinzufugtest, wie man Deiner Meinung nach die
Grossen der Brechungen geometrisch darstellen kann. Ich erfahre, dass Deine Experimente um zwei oder drei Grad von den von mir benutzten Experimenten Vitellios
abweichen.
. . . Ich hatte beinahe den Regenbogen vergessen. Belehre mich iiber die Ursache
der Farben in den Lichtbrechungen, und zeige mir die Messwerte der Brechungen
in allen Deinen Experimenten an.
2. Oktober I606
Leider war Harriot in diesem Falle nicht freigebig:
Uber die geometrische Darstellung der Brechungen schreibe ich bei dieser Gelegenheit nichts mehr als die folgende Argumentation:
. .. Was den Farben betrifft, stecken in ihrem Verhalten grosse Mysterien, die
39
Thomas Harriot a h Mathematikcr
hier nicht blosszulegen sind. Aber wenn ich iiber den Regenbogen geschrieben haben
werde, wirst Du die unmittelbaren und nkhsten formellen Ursachen und Prinzipien
(rationes) einsehen.
2. Dezember 1606
Ganz ohne jeden Einfluss waren doch Harriofs Brechungsmessungen
nicht. Sie wurden 1613 und 1627 von Schiilern und Kollegen weitergefiihrt.
5. Koordindengeometrie
In seinem Ringen urn das Brechungsgesetz beschaftigte sich Harriot
sehr vie1 mit dem uralten dioptrischen Problem: Welche geometrische
Form hat die Bildkurve von einem Stab der waagerecht im Wasser liegt?
Fiir die gluckliche Beantwortung dieser Frage ist die Lage des Auges
ausschlaggebend. Harriof verlegte das Auge in a, dicht iiber dem Wasserspiegel, aber dmnoch in der Luft. Alle vom Stabe kommenden Sehstrahlen werden dann nur in eitzem Punkte (a) gebrochen. Unter dieser
Voraussetzung bewies nun Harriof, dass die Bildkurve des Stabes eke
Ellipse wird. Uns interessiert hier Harriofs eigentiimliche vertikale Anordnung seiner mathematischen Deduktion, die auf der nachsten Seite
reproduziert ist.
,
3
II
h
Figur 6. Diagramm zu Harriots Herleitung der Bildkurve eines waagerechten Stabes, der
unter Wasser liegt. Die Brechzahl p des Wassers findet man in folgenden Verhzltnissen
wieder
40
J. A . b h n e
Harriots “analytische” Darstellung der Ellipse
y2 =
2x(A
- x ) B ~ (A - ~)2B2
4- A2
A2
ist besonders ansprechend und einfach. Sie sieht so aus:
am
am
H
2,ao
+ od
od
ag
od
ag
a--6
a-c
a-d
a -f
= O
Durch Ausmultiplizieren wird dann sofort klar, wie die Gleichungskoeffizienten aus den Wurzeln -6, c, d und f aufgebaut sind.
Noch zu behandeln waren eigentlich auch Harriots Symbole und seine
ihm charakteristische Disponiemg der mathematischen Operationen.
Harriofs Beweis, dass die gestrichelte Linie der Figur 6 eine Ellipse sein muss
-+
41
Thomas Harriot als Mathematiker
Harriots Beweis
am - -
Unsere Transskription
(y2
=omZ=)
- a02
am2
am
H
- aoz
a&
a&
Ii
an
an
on2 * tg2
tg
*g
- a02
ad2
ad
ad
U
ah
ah
tg
+
ad
a0
a0
ah2 . rg2
rg
ad2
rg2
- aoz
a0
-
i
ad
ad
+
ag2 *
ad2 * a02
ag+---
ad-ag
ad ag
ao a0
H
a0
7
ad2
t4
ZL-.
ag
ag
a0
a02
ad
H
ad
ad
+-
adz
- a02
a02
ad2
a0
2
ad
ao
ao
+ 2,ao + od +
od
od
ag
ag
4g
sag
ad
ad
ad
ad
I
1
.
a02 ag2
=-
adz
a0
+2
.od .ag2
ad2
ag2
+-odzadz- ag2 + - -ad2
*
a02
ad
ad
2,ao
od
ag
ag
ad
ad
+ od
od
og
'g
ad
ad
(om2 =) 2
ao od . ag2
ad2
+-odz
*
agz
ad2
002
a02
42
J. A . Lohnc
Es muss aber hier geniigen, dass ich seine Zeichen fiir Gleichheit und
Ungleichheit erwahne. Tropfke, Cujori and andere schreiben ihm die
Zeichen =, < und > zu. Diese wurden aber von Harriot selber nie
benutzt, nur von Warner,der die Artis anulyticcepruxis herausgab. Tropfke
vermutet, dass Harriot den Doppelstrich = von Robert Recorde iibernahm. Aber in allen Manuskripten benutzte Harriot fiir Gleichheit nur
das Zeichen ==,welches bei ihm auch vertical und schrag stehen konnte.
Ja, einer der parallelen Striche konnte beliebig verlangert werden und,
wenn notig, auch umgebogen werden. Man muss vermuten, dass die
Setzer des Buches sich wider ein solches flexibles Zeichen revoltierten.
Jedenfalls kommt in Wurners Ausgabe der Algebra nur das bekannte =
vor. Gleicherweise wurden Hurriots + und > in < und > verwandelt.
Harriot ist selten mitteilsam, und es bleibt oft verborgen von wem,
oder durch welche Erwagungen er auf seine Idten gekommen ist. Auf
folio 449 v. des Ms. Add 6789 findet sich doch “A Note of the papers
and bookes in Mr Harriots truncke delivered to Mr Torporley”. (Torporley war von Harriot selber als Herausgeber vorgesehen, aber er wurde
von Walter Warner ersetzt.) Das Veneichnis ist seht undeutlich und
schnell geschrieben, mit vielen Abbreviaturen, aber ein Auszug wird
wohl trotzdem den Historiker der Mathematik interessieren.
Es geht hervor, dass Harriot sich auch mit vielen klassischen mathematischen Problemen beschaftigte. Was nicht aus dem Verzeichnis hervorgeht, ist sein Interesse unter anderem fiir die von Neper konstruierten
Logarithmen, seine Versuche fur das Alhazenische Problem eine befriedigende Losung zu finden, sowie seine Versuche binare Zahlen zu
addieren und zu multiplizieren.
Hurriot war so vielseitig, dass ein kurzer Zeitschriftaufsatz seinen
mathematischen Leistungen unmoglich gerecht werden kann. Ich habe
hauptsachlich beabsichtigt, die Historiker der Mathematik auf den Schatz
seiner Papiere aufmerksam zu machen. Wenn ich dies erreicht habe, und
womoglich einen oder mehrerc von ihnen zu vollstandigerem Ausforschen
dieses Schatzes angeregt habe, ist mein Ziel erreicht. 1st doch, trotz seiner
Schweigsamkeit iiber innere Gedanken und Absichten Harriots Nachlass
in dem Sinne alleinsteliend, dass man hier, wie nie sonst unter seinen
Zeitgenossen, sogzr nicht bei dem ausserst mitteilsamen Kepler, in die
Thomas Harriot als Mathematiker
43
geistige Werkstatt eines aussergewohnlichen Mannes gucken kann, wenn
man nur seine in mathematischer Sprache geschriebenen Papiere sorgfaltig studied.
3. b. (i. e. bundles) on Vietaes zetetiques with a few miscellaneous pages
de Inclinationibus & porismatis
datis 3bus laterib. quaruntur Anguli. de tactib. 1 b.
Supplementum Vietz. lb.
De Apotomis polygonorum. Responsum Vieta. 1 b.
De inclinac6ib. 1 b.
In Aluarurn propositiones Elementares de Motu. 1 b.
Ex Pappo. 1 b. proposic6ns.
Ex Menelao. 1 b.
De triangulis laterum rationalibus. 1 b.
In Apollonium. 2 b.
De determinata sectione 1 b.
De cub0 Binomij. I b.
De resectione Spacij. 1 b.
De puncto reflectionis in spharico convexo, p. 16.
Combinac6ns and transpositions.
Sphaeras solidas bisecare secundum datam (proportionem?).
De subtensis alias subtensis componentibus. 1 b.
Demonstrata Archimedea. 1 b.
De Tactibus 1 b.
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
Munimen adversus Cyclom. 1
Adri. Romani respons.
in a little fol.
Vieta
Pseudomesolabium.
de quadrilat.
Lansberg, Cyclometria 4to.
Anderson Angular . . . section 4to.
Vieta: Zetet. fol. with 9 pages of loose papers.
Numerosa potestate, Vieta, foi./4 loose papers in it.
&chimed. S Comandino/l 1 loose papers in it.
Vieta Apoll. gallus cum appendicula, with two bundles of papers in it.
de Inclinationibus, and at the end, another bundell of papers pinned.
{
}
I
Auszug aus dem Verzeichnis, das von Harriots schriftlichern Nachlass gemacht wurde.
1.A. Lohne
44
LITERATUR
1. Logarithmische Spiralle und Loxodrome.
Harriot Canon Nauticus. Petworth House Mss H.M.C. 240, f 1-170. Brit. Mus. Ms
Add 6786, f 164; Add 6789, f 18. The doctrine of Nautical triangles Compendious
Petworth House Mss H.M.C. 241, p. 1-40
Ptolemaus Planisphurium, Ubersetzung von J. Drecker in Isis 9, 1927
Taylor Thomas Hariot's Manuscript
Journal of the Inst. of Navigation. Vol. 6, 1953 p. 131-140
Sadler Calculating the Meridional Parts.
J.I.N. Vol. 6, 1953, p. 141-147
Halley An Easie Demonstration of the analogy of the Logarirhmick Tangents to the
Meridian Line or Sum of rhe Secants.
Philosophical Transactions 1694, p. 202-214
Waters The Art of Navigation in England in Elizabethan and Early Stuart Times, London 1958
Hofmann Nicolaus Mercator
Franz Steiner Verlag, Wiesbaden 1950, p. 10-11
Whiteside Patterns of Mathematical Thought
Springer Verlag 1961, p. 282-3
2. Areal des spharischen Dreiecks.
Harriot Brit. Mus. Ms. Add 6785, f 119-120; Add 6787, f 86 und 106, sowie 138-140.
Pells Ms 4280, f 135
Hakewill An Apologie or Declaration etc.
London 1630 & 1635. p. 301-2 by Henry Briggs.
Vacca Sui Manoscritti Inediti di Thomas Harriot
Bolletino die Bibl. e Storia delle scienze matematice Torino 1902, Auch. Bibl.
Math. IIV, 1902, pp. 191-7
Girard Invention nouvelle en algebre, 1629, Anhang.
Cavalien Directorium generale uranometricum
Bononig 1632, p. 315-317
Brozek Iohannis Broscii Apologia pro Aristotele etc. 1652, p. 63 U. 78-79
Huygens Oeuvres I. p. 370, 516 et passim.
3. Interpolation.
Harriot Brit. Mus. Ms. Add 6782, f 107-146
Mss. Add 6782-6789, passim.
Turnbull The Math. Discoveries of Newton
London and Glasgow 1947, p. 46-48
4. u. 5. Extremalproblem und Koordinatengeometrie.
Harriot Brit. Mus. Ms. Add 6785, f 1 ; Add 6789, f 90
Kepler Ges. Werke (Max Caspars Ausgabe) Bd. 15, Miinchen 1951 p. 348-352 u.
365-368
Lohne Zur Geschichte des Brechungsgesetzes.
Sudhoffs Archiv 1963. p. 152-1 72
Harriot Brit. Mus. Ms Add 6782.
Thomas Harriot als Mathematiker
45
Harriot Artis analytica praxis
London 1632
Tropfke Geschichtr der Elementarmathematik II
Berlin u. Leipzig 1933, p. 31-33
Cajori A History of Mathematical Norations
London 1928, p. 199-200 et passim.
Norwegische Forschungsorgane, insbesondere Norges Almenvitenskapefige Forskningsrdd und Forskningsfondet av 1919 haben in grossziigiger Weise meine Untersuchungen iiber Harriot unterstiitzt. Fur wertvolle Anregungen und Kritik bin ich
Dr. D. T. Whiteside (Cambridge) sehr verpflichtet. Ich danke auch Dr. H. Hermelink
(Munchen) und Professor f. E. Hofmann (Ichenhausen) fiir Literaturhinweise und
sonstige Hilfe.
Harriots Papiere wurden mir in dem Britischen Museum und in den Archiven
von Petworth House (Sussex) bereitwillig zur Verfiigung gestellt, wofiir ich den
Trwtees des Museums und dem Baron John Wymihammeinen besten Dank ausspreche.
Die photographische Abteilung des Museums besorgte mir zwei Tafeln, die hier mit
ihrer Erlaubnis reproduziert wurden.
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