E N TWI C K LU N G Assistenzsysteme Aktive Geschwindigkeitsregelung mit Stop&Go-Funktion im BMW 5er und 6er Wird im BMW 3er, 5er, 6er, 7er bereits eine aktive Geschwindigkeitsregelung angeboten, so ist in den aktuell erhältlichen Modellüberarbeitungen von 5er und 6er eine Weiterentwicklung, die aktive Geschwindigkeitsregelung mit Stop&Go-Funktion, verfügbar (ACC-Stop&Go). Diese entlastet den Fahrer auch bei als besonders unangenehm empfundenen Aufgaben, wie dem Fahren im Stau und in stockendem Verkehr mit häufigem Wiederanfahren. 900 ATZ 10I2007 Jahrgang 109 1 Einleitung Fahrerassistenzsysteme gewinnen nicht nur durch erhöhte Medienpräsenz, sondern vor allem durch ein erhöhtes Bewusstsein der Fahrer für den vorhandenen Nutzen (zum Beispiel deutlich mehr Komfort, gesteigerte Sicherheit) zunehmend an Bedeutung. Die BMW Group antwortet auf dieses Marktbedürfnis bei Komfortsystemen mit einer konsequenten Weiterentwicklung der aktiven Geschwindigkeitsregelung (ACC, Active Cruise Control) zur aktiven Geschwindigkeitsregelung mit Stop&Go-Funktion (ACC-Stop&Go), die seit März 2007 erhältlich ist und einen weiteren Meilenstein der BMW Group Fahrerassistenz-Strategie darstellt. Durch die nun verfügbare, automatische Geschwindigkeits- und Abstandsregelung bis in den Stillstand und das automatische Wiederanfahren sowie weiterer funktionaler Erweiterungen und Anpassungen wird der Nutzbereich für den Fahrer deutlich erweitert. 2 Kundennutzen und Funktionsbeschreibung War der Einsatzbereich herkömmlicher Systeme, wie der Geschwindigkeitsregelung mit Bremsfunktion (DCC, Dynamic Cruise Control) oder der ACC, auf den Geschwindigkeitsbereich oberhalb von 30 km/h beschränkt, so bietet die aktive Geschwindigkeitsregelung mit Stop&Go-Funktion nun erstmals eine durchgehende Unterstützung bis in den Stillstand, Bild 1 rechts. Als Ausgangspunkt der nun vorliegenden Weiterentwicklung diente das bekannte, auf einer Fernbereichssensorik basierende ACC [1], das neben der Geschwindigkeitsregelung auch eine Abstandsregelung bietet, sofern sich andere Fahrzeuge in der Spur vor dem eigenen Fahrzeug befinden. Im letzteren Fall wird nicht die eingestellte Geschwindigkeit gehalten, sondern durch automatisches Verzögern und Beschleunigen das Fahrzeugverhalten innerhalb komfortabler Grenzen der jeweiligen Verkehrssituation angepasst. Diese ACC-Funktionalität wurde im neuen ACCStop&Go nicht nur in vielen Details optimiert, sondern auch um den bisher nicht abgedeckten Bereich von 0 bis 30 km/h erweitert [2]. Gerade die auf den ersten Blick vielleicht unscheinbar wirkende Erschließung des untersten Geschwindigkeitsbereichs stellt für den Fahrer einen deutlichen Mehrwert dar. Das Fahren im dichten, kriechenden Verkehr sowie in Stausituationen wird entspan- nter und stressfreier. Die Verwendung zusätzlicher Nahbereichssensorik, die die Verkehrsteilnehmer vor dem eigenen Fahrzeug in einem breiteren Winkelbereich erfasst sowie Teile der Nachbarspuren abdeckt, ermöglicht es, die permanenten, für den Fahrer besonders mühseligen, Anhalte-/Anfahrvorgänge an das System zu delegieren. Der Fahrer kann, sofern gewünscht oder erforderlich, jederzeit eingreifen und behält somit die Hoheit über die komplette Fahrzeugführung. In den typischen Stausituationen mit kurzen, aber oft wiederkehrenden Anhalte-/Anfahrvorgängen entfaltet das automatische Wiederanfahren (innerhalb einer beschränkten Zeitspanne nach Erreichen des Stillstands) seine volle Wirkung und sorgt dafür, dass der Fahrer selbst in solch unangenehmen, aber immer öfter vorkommenden Fahrsituationen entspannter sein Ziel erreicht. 2.1 Allgemeine Dynamikausprägung Da im unteren Geschwindigkeitsbereich die Verzögerungs- und Beschleunigungsmanöver dynamischer ausfallen als bei höheren Geschwindigkeiten, wurde die maximale Systemverzögerung auf 4 m/s² angehoben (bisheriges ACC: 2.5 m/s²). Dies stellt sicher, dass auch hohe Verzögerungen des Vordermanns bis in den Stillstand ausgeregelt werden können. Sollte diese Maximalverzögerung, etwa aufgrund einer Notbremsung des Vorderfahrzeugs, einmal nicht ausreichen, wird der Fahrer durch eine optische und akustische Warnung zur Übernahme der Fahrzeugführung aufgefordert. Die Autoren Thiemo Pasenau ist Projektleiter ACCStop&Go bei der BMW Group in München. Dr. Thomas Sauer ist Komponentenverantwortlicher für Nahbereichssensorik und Funktionsverantworlicher Sensorfusion bei der BMW Group in München. Jörg Ebeling ist Komponentenverantwortlicher für das Steuergerät Längsdynamikmanagement bei der BMW Group in München. Bild 1: Geschwindigkeitsregelung bei der BMW Group Figure 1: BMW Group Cruise Control ATZ 10I2007 Jahrgang 109 901 E N TWI C K LU N G Assistenzsysteme Bild 2: Lenkstockhebel für ACCStop&Go Figure 2: Drop arm for ACC-Stop&Go 2.3 Überholhilfe Bei Geschwindigkeiten oberhalb von zirka 80 km/h wird der Fahrer bei Überholvorgängen durch eine dynamische Überholhilfe unterstützt. Basierend auf der Blinkerbetätigung des Fahrers wird eine zusätzliche Beschleunigung eingesteuert und so das Überholmanöver und das Einfädeln in den schnelleren Verkehr auf der Nachbarspur deutlich harmonischer und flüssiger gestaltet. Diese Unterstützung nutzt die Informationen der eingebauten Verkehrssinnerkennung und wirkt somit sowohl im Rechts- als auch im Linksverkehr. 2.4 Adaptive Dynamik durch Navigationskopplung Bild 3: Kombinationsinstrument und Anzeigen für ACC-Stop&Go Figure 3: Instrument cluster and displays for ACC-Stop&Go Neben der Überholhilfe bietet die Anbindung an das Navigationssystem eine zusätzliche Möglichkeit, die Beschleunigung adaptiv auszulegen. Durch die Navigationskopplung steht die Information des aktuellen Straßentyps (Stadt, Landstraße, Autobahn) sowie des Straßenverlaufs zur Verfügung, wodurch die Systemdynamik an den jeweiligen Straßentyp und die aktuelle Kurvigkeit angepasst werden kann. 2.5 Modusumschaltung als Expertenfunktion 2.2 Automatisches Anfahren Ist das eigene Fahrzeug durch ein anhaltendes Vorderfahrzeug bis in den Stillstand abgebremst worden, erfolgt ein automatisches Anfahren, sofern das Vorderfahrzeug innerhalb von zirka 3 s wieder beschleunigt. Nach dieser Zeitspanne, die durch eine ISO-Norm festgelegt ist, reicht eine Anfahrbestätigung des Fahrers über den Bedienhebel oder ein kurzes Antippen des Gaspedals, um die Fahrt und die automatische Abstandsregelung wieder aufzunehmen. Das eigene Fahrzeug folgt daraufhin wieder automatisch dem Vorderfahrzeug. Sollte der Fahrer den Wunsch haben, auch oberhalb der maximalen Wunschgeschwindigkeit von 180 km/h mit Unterstützung der Geschwindigkeitsregelung zu fahren, ist jederzeit eine Umschaltung in den DCC-Modus möglich. Dieser Modus erschließt zusätzlich den Bereich bis 250 km/h, allerdings steht dem Fahrer hier keine Abstandsregelung zur Verfügung, Bild 1 links. 2.6 Erhöhte Verfügbarkeit Bild 4: Head-up-Display-Anzeigen für ACC-Stop&Go (aktuelle Geschwindigkeit 40 km/h / Wunschgeschwindigkeit 70 km/h) Figure 4: Head-up display (EU version) with ACC-Stop&Go (current speed 40 km/h / set speed 70 km/h) 902 ATZ 10I2007 Jahrgang 109 Da im DCC-Modus keine Abstandsregelung stattfindet, werden keine Daten der Radarsensorik benötigt. Somit ist die Expertenfunktion der Modusumschaltung auch verfügbar, wenn die Radarsensorik ganz oder teilweise ausfallen sollte (zum Beispiel aufgrund mechanischer Beschädigungen durch Parkrempler). Sollte nur die Nahbereichssensorik ausfallen oder beschädigt werden, ist auch ein normaler ACC-Betrieb, Bild 1 Mitte, im Geschwindigkeitsbereich von 30 bis 180 km/h auf Basis der Daten des Fernbereichsradars möglich. Die integrierte Linsenheizung des Fernbereichsradars beugt im Winter einem Festsetzen von Schneematsch vor, weshalb auch ein Betrieb bei Schneefall oder Schneebewurf durch Fremdfahrzeuge gewährleistet ist. 3 Anzeigen und Bedienung Trotz des deutlich gestiegenen Funktionsumfangs konnte das bisherige ACC-Bedienkonzept – zweistufige Geschwindigkeitsverstellung (±1 km/h beziehungsweise ±10 km/h) und Abstandswippe zur Einstellung der Abstandsstufen zwischen 1 s und 2,5 s – auch im neuen ACC-Stop&Go beibehalten werden, Bild 2. Die „Resume“-Taste dient nun, neben der Wiederaktivierung des Systems, ebenfalls zur Anfahrbestätigung im Stand. Die Expertenfunktion der Modusumschaltung wählt man über Langdruck der Abstandswippe an. Auffälligste Neuerung am Kombinationsinstrument ist die zweifarbige LED am Rand des Geschwindigkeitsmessers, die die aktuell gewählte Wunschgeschwindigkeit bei aktivem System durch eine grüne Markierung anzeigt, Bild 3. Bei deaktiviertem System oder nach Ablauf der Zeitspanne des automatischen Anfahrens wechselt die Farbe der LED auf orange als Zeichen dafür, dass keine Abstands- oder Geschwindigkeitsregelung ohne weitere Bedienaktion des Fahrers mehr stattfindet. Zusätzlich wird der Fahrer darüber informiert, welche Geschwindigkeit vom System nach einer erneuten Aktivierung mit der Resume-Taste eingeregelt wird. Eine sinnvolle Ergänzung der Anzeigen bietet das optionale Head-upDisplay, in das alle relevanten Informationen zu ACC-Stop&Go eingeblendet werden, Bild 4. der Längsdynamik erfüllen. Im BMW 5er werden hier die zentralen Aufgaben des ACC-Stop&Go abgearbeitet. Das LDM-Steuergerät übernimmt die Auswertung der Bedienaktionen des Fahrers, die Steuerung und Überwachung des Gesamtsystems, die Geschwindigkeits- und Abstandsregelung, die Aufteilung der berechneten Beschleunigungsvorgabe auf die Aktuatoren An- trieb und Bremse sowie die Ansteuerung der Anzeigen. Die Ausgaben des LDM an die Aktuatorik werden redundant überwacht. Dafür wurde eine Steuergerätearchitektur mit zwei Prozessoren, einem leistungsstarken Funktionsrechner (MPC 565 von Freescale) und einem Überwachungsrechner (Star12 von Freescale), gewählt, Bild 6. 04 ,!"#!2¬n¬SCHNELL¬UND¬FLEXIBEL¬TESTEN %4!3 'ROUP %4!3¬IST¬)HR¬VERLËSSLICHER¬0ART NER ¬WENN¬ES¬DARUM¬GEHT ¬%NT WICKLUNGSZEITEN¬ZU¬VERKàRZEN¬ UND¬'ARANTIEKOSTEN¬IM¬SPËTE REN¬3ERIENEINSATZ¬ZU¬REDUZIE REN¬%IN¬KOMPLETTES¬3PEKTRUM¬ STANDARDISIERTER¬%NTWICKLUNGS ¬ UND¬$IAGNOSEWERKZEUGE¬UM FASST¬DEN¬GESAMTEN¬,EBENS ZYKLUS¬EINES¬3TEUERGERËTS¬IM¬ &AHRZEUG¬n¬VON¬DER¬%NTWICK LUNG¬BIS¬HIN¬ZUM¬3ERVICE¬IN¬ DER¬7ERKSTATT 4 Technik 4.1 Systemvernetzung im Bordnetz Wie die aktive Geschwindigkeitsregelung im aktuellen BMW 3er [3], ist auch das ACCStop&Go im neuen BMW 5er als verteilte Funktion im Bordnetz realisiert, Bild 5. Die beteiligten Kernsteuergeräte sind: – die Sensoren Long-Range-Radar (LRR, 1) und Short-Range-Radar (SRR 2, 3) – ein weiterentwickeltes Längsdynamikmanagement-Steuergerät (LDM, 4) – das Schaltzentrum Lenksäule (SZL, 5) – das Kombinationsinstrument (Kombi, 6) – die Bremsanlage (DSC premium, 7) – der Antriebsstrang (DME, EGS, 8). Die Sensoren sind über den Sensor-CAN (S-CAN) an das LDM-Steuergerät angebunden. Die Kommunikation zu allen anderen beteiligten Steuergeräten ist über den Power-Train-CAN (PT-CAN) realisiert. Das LDM-Steuergerät der Continental Automotive AG bietet eine Plattform für Funktionen, die Aufgaben in der Regelung 04 ,!"#!2¬n¬UNSER¬(ARDWARE IN THE ,OOP 4ESTSYSTEM¬FàR¬0OWERTRAIN !NWENDUNGEN¬n¬ BIETET¬)HNEN¬FOLGENDE¬6ORTEILE¬ ¬¬ &LEXIBLES¬UND¬ERWEITERBARES¬3TANDARDSYSTEM¬ ¬¬ /FFENHEIT¬FàR¬ALLE¬GËNGIGEN¬3IMULATIONS MODELLE¬UND¬)NTERFACES¬ ¬¬ (OHE¬3IMULATIONS 0ERFORMANCE ¬BASIEREND¬ AUF¬-ULTI #ORE ¬-ULTI 0ROZESSOR¬0# 4ECH NOLOGIE¬ ¬¬ (OHE¬3IGNALQUALITËT¬ ¬¬ 7ELTWEITER¬3UPPORT¬ %4!3¬'MB( "ORSIGSTRAE¬ ¬3TUTTGART 4ELEFON¬ ¬¬ 4ELEFAX¬ ¬¬ SALES ETASDE )NFORMIEREN¬3IE¬SICH¬ WWWETASGROUPCOM ATZ 10I2007 Jahrgang 109 903 E N TWI C K LU N G Assistenzsysteme Bild 5: Systemvernetzung im Bordnetz für ACC-Stop&Go Figure 5: System integration within the vehicle electrical system for ACC-Stop&Go Das LDM als zentrales Steuergerät entkoppelt die Sensorebene von der Aktuatorebene. Die Vorverarbeitung der Radarrohdaten zur Berechnung der detektierten Objekte erfordert auf den Sensoren hohe Rechenleistung und findet in einem 100 ms- (LRR) beziehungsweise 40 ms-Raster (SRRs) statt. Aufgrund von Komfortaspekten muss die Aktuatorik in einem schnelleren Raster angesteuert werden. Für das LDM-Steuergerät ist es deshalb sinnvoll, zwei Rechenraster im Taskschema zu verwenden. Die sensorrelevanten Signale werden in einer 100 ms-Task ausgewertet, die Daten für die Aktuatoren werden in einer 20 ms-Task bereitgestellt. Der Vernetzungsgrad des Systems ACCStop&Go ist sehr hoch. Das LDM-Steuergerät kommuniziert mit mehr als zwölf Partnersteuergeräten, neben den oben genannten Kernkomponenten beispielsweise auch mit dem Navigationsmodul, dem Anhängermodul und der Airbagsteuerung, Bild 5 (PT-CAN, 9). Deswegen wurde ein detailliertes Konzept zur Fehlererkennung im Gesamtsystemverbund implementiert, das einen eventuell auftretenden Fehler einem speziellen Steuergerät im Funktionsverbund zuordnet. So kann im Kundendienst eine genaue Fehleranalyse und -behebung gewährleistet werden. 4.2 Sensorik Bild 6: LDM-Steuergerät mit Gehäuse und Platine Figure 6: LDM control unit with casing and circuit board Bild 7: Erfassungsbereiche des LRRs und der beiden SRRs Figure 7: Data acquisition range of the LRR and the two SRRs 904 ATZ 10I2007 Jahrgang 109 Aufgrund des im ACC-Stop&Go bis in den Stillstand erweiterten Funktionsbereichs ist die sensorische Abdeckung des Nahbereichs direkt vor dem eigenen Fahrzeug von entscheidender Bedeutung. Der Erfassungsbereich des bisher eingesetzten LRRs beginnt erst im Abstand von 2 m und erfasst die eigene Spur in einem Abstand von zirka 13,5 m vollständig. Ebenso ist die vertikale Strahlöffnung für den Nahbereich unzureichend. Diese Lücken schließen die beiden Nahbereichsradare (SRR) mit jeweils einem horizontalen Öffnungswinkel von ±40° beziehungsweise einem vertikalen Öffnungswinkel von ±8° und einer Reichweite von etwa 20 m, Bild 7, [4]. Kreative Technik für die automobile Zukunft Weniger Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen, mehr Sicherheit und Komfort, mehr Fahrspaß: Moderne Fahrzeuge müssen diesen Anforderungen gerecht werden. Und dabei gegensätzliche Trends vereinen. Wir kennen die Herausforderungen der automobilen Zukunft. Gemeinsam mit unseren Kunden arbeiten wir schon heute an Lösungen von morgen. Mit ihren Marken INA, LuK und FAG entwickelt und produziert die Schaeffler Gruppe Automotive Präzisionselemente und Systeme für Motor, Getriebe und Fahrwerk. Dazu zählen Produkte für variable Ventiltriebe und Nockenwellenverstellsysteme, Komponenten für Doppelkupplungsgetriebe und Hybridantriebe sowie reibungsreduzierte Radlager. Nutzen Sie die Systemkompetenz einer internationalen Unternehmensgruppe. Sichern wir uns unseren Weg in die Zukunft. Denn was wir heute tun, entscheidet, wie die Welt morgen aussieht. 934 024 www.schaeffler-gruppe.de E N TWI C K LU N G Assistenzsysteme Bild 8: SRR bestehend aus Abdeckung (Radom), Antenne mit HF-Schaltung auf der Rückseite, HF-Abschirmung, DSP-Platine und Gehäuse Figure 8: SRR consisting of cover (radome), antenna with RF control on the back, RF shield, DSP board and casing Bild 9: Verbauposition LRR (1) und SRRs (2, 3); Darstellung ohne Frontschürze Figure 9: Mounting position of LRR (1) and SRRs (2, 3); shown without front apron Bild 10: Blockdiagramm der Sensordatenfusion Figure 10: Block diagram of data fusion 906 ATZ 10I2007 Jahrgang 109 Als Fernbereichsradar wird das bisher bei der BMW Group im ACC-System eingesetzte vierstrahlige 77 GHz-Radar der Robert Bosch GmbH verwendet. Weder die Hardware noch die Detektionsalgorithmen wurden geändert. Lediglich die Schnittstelle nach außen wurde modifiziert: Das Radar liefert die detektierten Ziele in Form einer Objektliste zyklisch auf den S-CAN. Die zwei SRRs der Firma Tyco Electronics Corp., Bild 8, stellen die neuen Komponenten im ACC-Stop&Go-Systemverbund dar. Sie arbeiten mit einer Frequenz von 24 GHz und werden verdeckt hinter der Frontschürze verbaut, Bild 9. Die Abstandsmessung erfolgt über die Laufzeitmessung der gesendeten Pulse, die Winkel bestimmt jeder SRR – ähnlich wie beim LRR – über einen Vergleich der Empfangsamplituden verschiedener Antennenkeulen. Um komplexe Verkehrsszenarien im Nahbereich eindeutig auflösen zu können, müssen sehr kurze Sendepulse verwendet werden, was eine Bandbreite des Sendesignals von 4 GHz notwendig macht. Für die weltweite funktechnische Zulassung derart breitbandiger Sensoren sorgt das Hersteller übergreifende SARA-Konsortium [5]. 4.3 Sensordatenfusion Die Sensordatenfusion, Bild 10, fasst die Objektinformationen der drei Sensoren in Form von gefilterten „Tracks“ zusammen und leitet daraus Signale wie zum Beispiel die Beschleunigung der einzelnen Tracks ab, die im Falle einer Abstandsregelung eine entscheidende Eingangsgröße für den Regelalgorithmus darstellt [6]. Der erste Schritt der Fusion besteht darin, die einzelnen Objekte in ein gemeinsames Bezugssystem zu transformieren. Außerdem werden hier die Winkelinformationen der SRR-Daten um die ebenfalls von der Fusion geschätzten Dejustagewinkel dieser Sensoren korrigiert. Der komplexeste Schritt besteht in der Zuordnung der Einzelobjekte zu bereits bestehenden beziehungsweise neuen Tracks. Dies geschieht unter Berücksichtigung der jeweiligen Sensoreigenheiten. Sondersituationen aufgrund von Fehlmessungen wie das Aufspalten eines Tracks in mehrere einzelne Tracks („Track-Split“) werden hier abgefangen. Die gewichtete Summation der Detektionsgrößen wie Winkel und Querposition erfolgt ebenfalls unter Berücksichtigung der Messgenauigkeiten der jeweiligen Sensoren. Danach werden diese Größen gefiltert, auf den nächsten Zeitschritt prädiziert und Daten wie die Längsbeschleunigung der Tracks abgeleitet. Dazu wird ein so genanntes α-β-Filter verwendet. #BZFS.BUFSJBM4DJFODF"( -FWFSLVTFO (FSNBOZ .4 F9BTJT°.BUFSJBMJOOPWBUJPOUSJGGU7JTJPOFO F9BTJTJTUEBTESJUUF,PO[FQUGBIS[FVH EBTWPO3JOTQFFEVOE #BZFS.BUFSJBM4DJFODFFOUXJDLFMUXVSEF &JOFBVUPNPCJMF4LVMQUVSWPOFTPUFSJTDIFS5SBOTQBSFO[ EVSDITJDIUJHF,BSPTTFSJFVOE#PEFOQMBUUFBVT.BLSPMPO HFSJQQUF4JU[FMFNFOUFBVT.BLSPMPO USBOTQBSFOUF1PMZVSFUIBO(FM,PQGTUU[FOBVT5FDIOPHFM $ISPNFGGFLU-BDLJFSVOHBVG#BTJTEFS-BDLSPITUPGGF %FTNPEVS VOE%FTNPQIFO %FOLBOTUzFGSEBT4FSJFOBVUPWPONPSHFO7JTJPO8PSLT *OGPXXXBVUPDSFBUJWFDPNÁXXXSJOTQFFEDPN ,POUBLUJOGP!BVUPDSFBUJWFDPN E N TWI C K LU N G Assistenzsysteme 4.4 Objektbewertung den. Dadurch wird eine Ausgabe kritischer Werte in Richtung Aktuatorik verhindert. Besonderes Augenmerk wurde auf den neuen Betriebszustand „Stillstand“ gelegt. Eine Sicherheitsfunktion überwacht die Übergabe des Stillstandsmanagements vom LDM-Steuergerät an das Bremsen-Steuergerät. Nach Ablauf der Zeitspanne, in der automatisch angefahren werden kann, wird die Verantwortung, das Fahrzeug im Stillstand zu halten, an die Bremse übergeben. Findet diese Übergabe nicht statt, wird nach einer weiteren Wartezeit das System deaktiviert, da ein Halten des Fahrzeugs über einen längeren Zeitraum über die elektronische Schnittstelle von LDM zu Bremsensteuergerät nicht sichergestellt werden kann. Während der Entwicklungsphase ist das Sicherheitskonzept sowohl durch Simulationen als auch durch Beherrschbarkeitstests im Fahrzeug abgesichert worden. Im Fokus stand dabei jeweils die Frage, ob durch die bestehenden Sicherheitsüberwachungen ein auch im Fehlerfall jederzeit beherrschbares Fahrzeugverhalten für den Kunden sichergestellt ist. Die Simulationsergebnisse lieferten, unter Zugrundelegung von bekannten, systemimmanenten Verzögerungszeiten (beispielsweise bis zur Ausgabe von Warnungen und zum Aufbau des Bremsdrucks) sowie der angenommenen Reaktionszeiten der Fahrer, die theoretische Basis für eine Auslegung der Sicherheitsüberwachungen. Diese theoretischen Untersuchungen wurden durch praktische Fahrversuche mit unabhängigen Probanden, die mit künstlich erzeugtem Fehlverhalten des Fahrzeugs konfrontiert wurden, bestätigt. Zudem wurde das normale Systemverhalten des ACC-Stop&Go im realen Straßenverkehr durch ein unabhängiges, externes Institut sowie durch einen unternehmensinternen Großversuch bewertet und fortlaufend optimiert. Von der folgenden Objektbewertung erhalten die berechneten Tracks ein Relevanzmaß, das als Wahrscheinlichkeit verstanden werden kann, ob es sich bei dem jeweiligen Track um ein für die Abstandsregelung relevantes Objekt handelt. Je nach Situation und Bewegungszustand aller Tracks wird mit dieser Information das letztendliche Regelobjekt ausgewählt. 4.5 Antriebs- und Bremsenansteuerung Auf Basis dieses Regelobjekts wird die Antriebs- und Bremsenansteuerung vorgenommen. Die Schnittstellen zu Antrieb und Bremse basieren auf Informationen über die Soll- beziehungsweise Ist-Summen-Radmomente. Entgegen früherer Konzepte, die auf Beschleunigungen beziehungsweise Kurbelwellenmomenten basierten, ist die einheitliche Regelgröße Radmoment besser geeignet, um die Vortriebskraft, die direkt auf die Straße wirken soll, einzustellen. Das vom Motor im jeweiligen Arbeitspunkt wirkende Schleppmoment wird dabei sowohl zur Aktivierung der Schubabschaltung als auch bei der Berechnung des resultierenden Bremsmoments berücksichtigt. Die neue Generation des Bremsregelsystems (unter anderem mit Mehrkolbenpumpe und Drucksensoren) ermöglicht dabei besonders genaue, stufenlose und komfortable Regelungen. Betätigt der Fahrer während aktiver ACC-Stop&Go Verzögerungen das Bremspedal, reduzieren optimierte Algorithmen unangemessene Pedalrückmeldungen soweit, dass für den Fahrer so gut wie keine Beeinträchtigung des gewohnten Bremspedalgefühles vorhanden ist. 5 Sicherheitskonzept Das Sicherheitskonzept besteht aus Funktionen, die systematische Fehler und Hardwareausfälle anhand ihrer Auswirkung auf das Fahrzeugverhalten erkennen und das Eintreten einer kritischen Fehlerfolge unterbinden. Die Hardware des LDM-Steuergeräts ist als Zwei-Prozessor-Steuergerät ausgelegt, was diversitäres Rechnen derselben Sicherheitsfunktionen auf beiden Prozessoren erlaubt. Flash, RAM und EEPROM werden zyklisch auf fehlerhafte Zellen und Speicherinhalte geprüft. Es werden insbesondere die Pfade zur Aktuatorik (Sollmomentenausgabe), die Fahrzeugbeschleunigung, der Betriebszustand und das Stillstandsmanagement überwacht. Fehlerhafte Ausgaben der Regelfunktionen können erkannt und vor dem Versenden zu den Partnersteuergeräten abgefangen wer908 ATZ 10I2007 Jahrgang 109 Literaturhinweise [1] Prestl, W., Sauer, T., Steinle, J., Tschernoster, O.: The BMW Active Cruise Control ACC. SAE 2000-01-0344, SAE World Congress, Detroit, Michigan, 2000 [2] Mayser, C., Steinle, J.: Keeping the driver in the loop while using assistance systems. SAE 2007-01-1318, SAE World Congress, Detroit, Michigan, 2007 [3] Steinle, J., Toelge, T., Thissen, S., Pfeiffer, A., Brandstäter, M.: Kultivierte Dynamik – Geschwindigkeitsregelung im neuen BMW 3er. ATZ/MTZ extra, Vieweg Verlag, Wiesbaden, 2005, S. 122-131 [4] Richter, R.: Radar - Mehr Sicherheit im LKW. ATZ (108), Heft 9, Vieweg Verlag, Wiesbaden, 2006, S. 686-693 [5] Meinel, H. H., Wenger, J., Rollmann, G., Dominik, H., Riemann, A., Kunert, M.: 24 GHz UWB Technology for Automotive Radar Applications, Int. Workshop on UWB Technologies, Yokosuka, Japan, Dezember 2005 [6] Venhovens, E. P., Naab, K., Adiprasito, B.: Stop and Go Cruise Control. FISITA World Automotive Congress, Seoul, 2000 6 Ausblick Die beschriebene Systemarchitektur auf Basis von Nah- und Fernbereichssensorik stellt die Grundlage für weitere Entwicklungen auf dem Gebiet der aktiven Sicherheit dar. Zudem ermöglicht die Integration von Kameras und Bildverarbeitung eine umfassendere Beurteilung von Verkehrssituationen für viele Fahrerassistenzsysteme. Darüber hinaus wird künftig die zunehmende Integration von Systemen auf einem zentralen Steuergerät die Systemvernetzung erhöhen und weitere funktionale Synergien ermöglichen. Download des Beitrags online unter I Download this article online at www.all4engineers.de For an English version of this article, see ATZ Worldwide. W O R L D W I D E Das High Speed Link (HSL) Steckverbinder-System Der High Speed Link (HSL) von Tyco Electronics, eine auf Kupferleitungen basierende Datenübertragung, ermöglicht die Einbindung von Konsumergeräten im Fahrzeug, das Ansteuern von hochauflösenden Bildschirmen sowie die Vernetzung von digitalen Kameras zur Insassen-Sicherheit. Das System garantiert die vollständige Signalintegrität gängiger Systeme im Automobilbereich und unterstützt die Datenraten (Protokolle) von USB 2.0, FlexRay, Ethernet, IDB 1394 Cu ebenso wie High Speed LVDS für Kameraund Videolink. Tyco Electronics AMP GmbH AMPèrestr. 12–14 • 64625 Bensheim • Tel. (06251) 133-1181 • Fax (06251) 133-1799 www.tycoelectronics.com Das Verbindungs-System beruht auf dem Tyco Electronics MQS Kontaktsystem, daß in der Automobil-Industrie erfolgreich eingesetzt wird. Die USB Adapterlösung bietet eine USB-(Konsumer) kompatible Verbindung, erfüllt aber dennoch die automotiven Anforderungen mit Hilfe eines einfach zu tauschenden Wechseladapters. Aufgrund der HSL-Verbindung, welche den USB Steuergeräteanschluß vom Geräteanschluß entkoppelt, hat die USB Adapterschnittstelle den zusätzlichen Vorteil, unabhängig vom Einbauort zu sein. Der USB Adapter kann in kundenspezifische Umgehäuse verbaut werden.