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Kneidinger-Müller 2023. Identitätsbildung in sozialen Medien

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Identitätsbildung in sozialen Medien
Bernadette Kneidinger-Müller
Inhalt
1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2 Identitätskonstruktion als Entwicklungsaufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3 „Virtuelle Identität“ als idealisierte Selbstdarstellung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4 Identitätstheorien im Kontext sozialer Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5 Identität als Phänomen mit vielen Facetten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6 Ausdrucksformen der Identität in sozialen Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7 Potenziale und Risiken der Identitätsbildung in sozialen Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8 Fazit – Soziale Medien als Ich-Plattformen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Zusammenfassung
Die Darstellung der eigenen Identität stellt eine Grundvoraussetzung der Nutzung
sozialer Medien dar und wird dennoch sehr widersprüchlich diskutiert, beispielsweise, wenn in Massenmedien die „Selbstdarstellungskultur“ als bedenklicher
gesellschaftlicher Trend dargestellt wird. Dieser Beitrag zeigt auf, wie Identitätskonstruktion als zentrale Entwicklungsaufgabe des Menschen auch innerhalb
sozialer Medien stattfindet und welche besonderen Ausdrucksformen dabei auftreten können. Online- und Offline-Identitäten ergänzen sich gegenseitig und
bringen jeweils spezifische Chancen, aber auch Risiken mit sich, die im Rahmen
dieses Beitrags diskutiert werden.
Schlüsselwörter
Identitätskonstruktion · Soziale Medien · Selbstdarstellung · Virtuelle Identität ·
Identitätstheorien
B. Kneidinger-Müller (*)
Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Bamberg, Deutschland
E-Mail: bernadette.kneidinger-mueller@sozialstiftung-bamberg.de
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2022
J.-H. Schmidt, M. Taddicken (Hrsg.), Handbuch Soziale Medien,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-25995-2_4
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B. Kneidinger-Müller
Einleitung
„Ich zeige dir, wer ich bin . . . auf meinem Instagram-Profil.“ Derartige Sätze
scheinen in der heutigen Internetgesellschaft keineswegs mehr so abwegig. Wer
soziale Medien nutzen will, muss dafür zunächst ein gewisses Mindestmaß an
Information von sich preisgeben. Die Erstellung und anschließende Pflege von
Profilen – in welchem Maße auch immer – gehört für viele Menschen mittlerweile
zu einer wenig hinterfragten, alltäglichen Praxis. Wer in sozialen Medien wahrgenommen werden möchte, muss sich in der Online-Umgebung selbst präsentieren,
denn erst dadurch wird man für andere Nutzer innen überhaupt sichtbar. Der
Terminus „Selbstpräsentation“ löst im umgangssprachlichen Gebrauch oftmals
negative Assoziationen aus, indem er im Sinne eines sich „In-den-Vordergrunddrängens“ verstanden wird. In Anbetracht der genannten Notwendigkeiten einer
Form der Präsenzmeldung an andere Nutzer innen sollte Selbstpräsentation jedoch
zunächst komplett wertfrei gesehen werden. Sie beschreibt jenen Prozess, bei dem
eine Person ihre Existenz und Anwesenheit in einem bestimmten Onlinekontext
ausdrückt. Identität muss im Internet von den Nutzer innen stets aktiv aufgebaut
werden, anders als außerhalb des Internets, wo allein durch äußerliche Faktoren
bereits gewisse Eindrücke der eigenen Person vermittelt werden.
Die „Online-Identität“ kann sehr unmittelbar an die Offline-Identität, d. h. an die
Identität, die eine Person im „real life“ vertritt, gekoppelt sein („extended reallife“-Hypothese, Back et al. 2010), aber auch durchaus unabhängig von dieser
existieren. Wie eng die Verbindung von Online- und Offline-Identität ist, hängt –
wie noch gezeigt wird – stark vom jeweiligen Nutzungskontext ab. Im Rahmen
dieses Beitrages wird zunächst auf die Frage eingegangen, mit welchen traditionellen soziologischen Ansätzen die Identitätsentwicklung in sozialen Medien untersucht werden kann. Dass die Identitätskonstruktion längst nicht allein durch das
Ausfüllen vorgefertigter Profile erledigt ist, sondern es eine Vielzahl verbaler und
visueller, aber auch indirekter Wege der Identitätskonstruktion gibt (Zhao et al.
2008), wird anschließend gezeigt. Es wird zudem diskutiert, was Menschen eigentlich dazu bringt, sich in sozialen Medien tatsächlich detailliert und vielfältig selbst zu
präsentieren und kontinuierlich aktive Identitätsarbeit zu leisten. Abschließend werden Potenziale aber auch Risiken der Identitätskonstruktion in sozialen Medien
erörtert.
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Identitätskonstruktion als Entwicklungsaufgabe
Die Ausbildung einer eigenen Identität gehört nicht nur bei Kindern und Heranwachsenden zu einer zentralen Entwicklungsaufgabe des Lebens. Im Gegenteil, die
Identitätsentwicklung stellt einen kontinuierlich fortlaufenden Prozess dar, der auch
bei Erwachsenen nie als abgeschlossen betrachtet werden kann (Erikson 1973). Was
aber ist Identität eigentlich? Ein Blick in die Literatur zeigt ein enormes Spektrum an
teilweise sehr gegensätzlichen Definitionen. Je nach gewählter Perspektive werden
jeweils andere Aspekte der Identität hervorgehoben. So wird etwa Identität aus
soziologischer Sicht als „Besonderheit eines Individuums (in Bezug auf andere)“
Identitätsbildung in sozialen Medien
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(Krappmann 2000, S. 9) definiert, womit hier die wichtige Bedeutung der Gesellschaft als Referenzgruppe für die Identitätskonstruktion Erwähnung findet. Aus
psychologischer Sicht wird Identität definiert als „unmittelbare Wahrnehmung der
eigenen Gleichheit und Kontinuität in der Zeit, und die damit verbundene Wahrnehmung, dass auch andere diese Gleichheit und Kontinuität erkennen“ (Erikson 1973,
S. 18). Hier stehen deutlich stärker die Prozesse innerhalb des Individuums im
Mittelpunkt. Aus lexikalischer Sicht wird Identität hingegen als „Echtheit einer
Person oder Sache; völlige Übereinstimmung mit dem, was sie ist oder als was sie
bezeichnet wird“ (Duden Online 2019, https://www.duden.de/rechtschreibung/Iden
titaet. Zugegriffen am 01.07.2019) definiert. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass
Identität als Ausdruck besonderer Merkmale einer Person gesehen werden kann, die
das Individuum einerseits von anderen Individuen unterscheidbar machen, andererseits aber durchaus auch eine Zuordnung des Individuums zu gewissen sozialen
Gruppen ausdrücken (vgl. Buckingham 2008, S. 1–2).
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„Virtuelle Identität“ als idealisierte Selbstdarstellung?
Diese grundsätzlichen Merkmale von Identität treffen auch für die „virtuelle Identität“ zu. „Virtuelle Identität“ wird von Döring als „die Form, wie sich Menschen im
Rahmen computervermittelter Kommunikation selbst präsentieren“ (Döring 2000,
S. 65) bezeichnet. Auch in der Online-Umgebung liegt das Ziel darin, die besonderen Merkmale einer Person zum Ausdruck zu bringen, sich aber gleichzeitig auch
mit gewissen kollektivierenden Eigenschaften zu präsentieren, d. h. die Gruppenzugehörigkeiten als Teil der eigenen Identität auszudrücken. Bei der Bewertung „virtueller Identitäten“ werden in der Literatur sehr gegensätzliche Thesen angeführt.
Eine eher kritische Perspektive nimmt die sogenannte „Selbstmaskierungsthese“ ein,
die davon ausgeht, dass virtuelle Identität als „Scheinidentität“ bzw. als Ausdruck
einer „selbstidealisierenden Maskierung“ (Döring 2000, S. 66) anzusehen sei. „Virtuelle“ Identitäten würden „idealized selves“ (Manago et al. 2008, S. 451) darstellen
und dadurch falsche Erwartungen wecken. Die entgegengesetzte positive Sichtweise
stellt die „Selbsterkundungsthese“ (Döring 2000, S. 65) dar. Hier wird „virtuelle“
Identität als eine Möglichkeit gesehen, persönliche Identitätsfacetten auszutesten
und damit das eigene Selbst besser kennenzulernen, ohne die unmittelbaren Konsequenzen oder Irritationen derartiger Identitätsexperimente im „real life“ erleben zu
müssen (z. B. im Rahmen von „Gender Swapping“, Musfeld 1999; Lou et al. 2013).
Empirische Studien bestätigen vor allem die „extended real-life hypothesis“
(Back et al. 2010). Sie zeigen, dass die Identitätskonstruktion v. a. in Profilen von
sozialen Netzwerkplattformen meist stark in Anlehnung an die „real-life“-Identitäten
erfolgt (Gosling et al. 2007; Back et al. 2010). Das Internet erfüllt dabei eine gewisse
„Selbstvergewisserungs- und Selbststabilisierungs-Funktion“ (Misoch 2005, S. 8).
Allgemein kann für soziale Medien festgehalten werden, dass auf jenen Plattformen,
in denen die Vernetzung überwiegend mit bekannten Personen erfolgt (z. B. Facebook), die Identitätskonstruktion weniger für eine idealisierende Persönlichkeitsdarstellung verwendet wird als auf Plattformen, die verstärkt auch für die Interaktion
mit vorher unbekannten Personen genutzt werden (z. B. Instagram).
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B. Kneidinger-Müller
Identitätstheorien im Kontext sozialer Medien
Die Prozesse und Folgen individueller Identitätskonstruktion beschäftigen aufgrund
ihrer Vielfältigkeit und Dynamik seit jeher unterschiedlichste Wissenschaftsdisziplinen. Im Rahmen dieses Kapitels werden soziologische Ansätze in den Mittelpunkt
gerückt, da diese den interaktiven Prozessen in sozialen Medien am besten gerecht
werden.
Einer der wohl bekanntesten soziologischen Ansätze zur Untersuchung von
Identitätskonzepten stammt von George Herbert Mead, der als Vertreter des symbolischen Interaktionismus bereits 1934 einen theoretischen Erklärungsversuch der
Identitätsentwicklung eines Menschen vornahm. Laut Mead (1978) wird der Mensch
erst durch die Kommunikation mit anderen zu einem „sozialen Wesen“. Die personale Identität eines Menschen entwickle sich in einem Zusammenspiel von „I“, im
Sinne eines impulsiven Ichs, das stark von den eigenen Trieben geleitet wird, und
dem „Me“, das ein reflektiertes Ich darstellt und die Erwartungen der „verallgemeinerten Anderen“ an die eigene Identität ausdrückt. Für die Ausbildung der Identität
muss der Mensch immer seine eigenen Wünsche und Sichtweisen mit der Meinung
der „verallgemeinerten Anderen“, d. h. der Gesellschaft, in Einklang bringen. Dieser
Aspekt zeigt sich auch bei der Gestaltung von Profilen in sozialen Medien, indem
Nutzer innen oftmals sehr genau überlegen, welche Reaktionen und Emotionen
Veröffentlichungen bzw. Selbstbeschreibungen bei anderen Personen hervorrufen
(Kneidinger 2012).
Der Einfluss der Gesellschaft auf die Identitätsbildung steht auch bei den Ansätzen von Goffman (1969) im Zentrum. Besonders hervorzuheben ist dabei Goffmans
Bühnenmetapher (1969), derzufolge die Identitätsdarstellung jeweils davon abhängt,
in welcher Rolle sich eine Person befindet. Ähnlich wie ein/e Schauspieler in auf der
Bühne zeigt ein Individuum in unterschiedlichen gesellschaftlichen Situationen bzw.
mit unterschiedlichen Bezugspersonen jeweils andere Identitätsfacetten von sich
selbst. So wird etwa im Kontakt mit Arbeitskontakten eher die professionelle Seite
des eigenen Ichs ausgelebt, während im Privatbereich die familiäre oder freundschaftliche Seite gezeigt wird. Abgesehen von den „Auftritten auf der Bühne“ wird
in Goffmans Konzept auch ein Bereich „hinter der Bühne“ berücksichtigt. Dies ist
jener Bereich, in dem das „impression management“ weniger bewusst geschieht,
d. h. in dem keine konkrete Rolle erfüllt wird.
Interessant an Goffmans Konzept der Bühne ist auch seine Unterscheidung in
„Schauspieler in“ und „Schauspielfigur“. Das Individuum sei auf der Bühne stets
beides: Schauspieler in, indem es eine gewisse Rolle erfüllt und in dieser handelt,
und Schauspielfigur, weil es von den Menschen im Publikum dabei beobachtet wird,
und deren Reaktionen sein Verhalten beeinflussen können. Man denke an diesem
Punkt etwa an die Auswirkungen von Applaus oder Buhrufen für das weitere
Agieren eines Schauspielers oder einer Schauspielerin in seiner oder ihrer Rolle.
Dieser Faktor des sozialen Feedbacks spielt auch in sozialen Medien eine zentrale
Rolle. Das Kommentieren von Beiträgen, das Teilen oder auch der simple Klick auf
den „Gefällt mir“-Button sind direkte Formen sozialen Feedbacks. Die Besonderheit
solcher technisch vermittelten Rückmeldungen ist darin zu sehen, dass sie nicht nur
für das Individuum selbst sichtbar sind, sondern von einer teilweise sehr großen
Identitätsbildung in sozialen Medien
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Menge anderer, enger, aber auch ferner Bezugspersonen gesehen werden können.
Diese Formen sozialen Feedbacks beeinflussen somit nicht nur die Handlungen oder
Sichtweisen des Individuums in seinen Rollen, sondern werden selbst zu integralen
Bestandteilen der Identitätskonstruktion dieser Person in den sozialen Medien.
Besonders deutlich wird der Faktor des gesellschaftlichen Einflusses auf die
Identitätsentwicklung auch bei der „Social Identity Theory (SIT)“, die von Tajfel
und Turner entwickelt wurde. Ausgehend von den „minimal group“-Experimenten
aus den 1970er-Jahren (Tajfel et al. 1971), bei denen es darum ging, welche Rolle
allein die rein kognitive Gruppenzugehörigkeit für die Bevorzugung der eigenen
Gruppe spielen kann, zeigten Tajfel und Turner (1986) auf, in welchem Zusammenspiel personale und soziale Aspekte bei der Identitätskonstruktion stehen. Personale
Identität wird demnach stets in Abhängigkeit von einer sozialen Identität gebildet,
die sich etwa durch die Zugehörigkeit zu gewissen sozialen Gruppen ausdrückt.
Umgekehrt wird die soziale Identität im Sinne einer Gruppenidentität immer erst
dadurch gebildet, dass eine Vielzahl an Individuen mit ihrer jeweils personalen
Identität den Charakter der Gruppe mitformt.
Auch dieser Theorieansatz lässt sich direkt auf soziale Medien übertragen. In
unterschiedlicher Form existieren dort ebenfalls soziale Formationen, denen sich
Individuen für andere Personen sichtbar anschließen. Die Mitgliedschaften können
dabei einerseits ein Zeichen für tatsächliche Mitgliedschaften in „realen“ Gruppen (z. B. Sportverein, NGO) sein und damit eine Aussage über Interessen oder
Einstellungen des Individuums ausdrücken. Andererseits können Gruppen in sozialen Medien rein in der Online-Umgebung existierende Zusammenschlüsse sein, die
oftmals allein durch den jeweiligen Gruppennamen eine eindeutige Aussage vermitteln. Die öffentlich artikulierte Mitgliedschaft wird in jedem Fall zu einem weiteren
Baustein der Identitätsbildung innerhalb der sozialen Medien.
Als vierter Ansatz, der im Zusammenhang mit Identitätskonstruktion von hoher
Bedeutung ist, und auch in der Onlinewelt nichts an Relevanz eingebüßt hat, ist die
Theorie des sozialen Vergleichs von Festinger (1954) zu nennen. Seine zentrale
Prämisse ist, dass Identität immer im Vergleich zu anderen (Personen, Gruppen etc.)
gebildet wird. Indem wir uns mit anderen vergleichen, nehmen wir individuelle
Eigenschaften oftmals erst wahr. So stellt etwa eine Person erst durch das Beobachten anderer Menschen fest, ob die eigene Körpergröße als groß oder eher als klein
einzuschätzen ist. Ähnlich verhält es sich mit nicht rein äußerlichen oder körperlichen Merkmalen, indem auch kognitive Fähigkeiten im Vergleich mit anderen auf
einer Art innerer Skala eingeordnet werden und erst so eine besondere Qualität als
Identitätsmerkmal erhalten.
Der Prozess des sozialen Vergleichs zeigt sich auch in den sozialen Medien. Das
Betrachten anderer Profile dient nicht nur der Informationssuche über einzelne
Personen, sondern führt auch zu Vergleichsprozessen mit der eigenen Person. Im
besten Fall bedingt dies eine positive oder neutrale Evaluation der eigenen Person,
teilweise kann dies jedoch auch negative Emotionen hervorrufen (Krasnova et al.
2013; Lup et al. 2015; Tandoc et al. 2015; Vogel et al. 2015). Empirischen Ergebnissen zufolge kann die Nutzung von Facebook zu gesteigerter Unzufriedenheit und
Neid führen, indem die Nutzer innen ihre eigene Lebenssituation mit den von
anderen Nutzer innen in Facebook geteilten Beiträgen vergleichen. Da tendenziell
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eher positive Nachrichten über die soziale Netzwerkplattform vermittelt werden,
kann das Gefühl entstehen, dass die beobachtete Person deutlich weniger Probleme
zu bewältigen hätte, erfolgreicher sei und ein insgesamt positiveres Leben führe, als
man selbst (Krasnova et al. 2013). Der soziale Vergleich findet dabei oftmals als
unwillkürlicher kognitiver und emotionaler Prozess statt, d. h. die Profile anderer
Nutzer innen werden nicht gezielt betrachtet, um sich selbst mit der jeweiligen
Person vergleichen zu können, sondern dieser Prozess findet häufig unbewusst statt.
Als letzter Theorieansatz, mittels dessen Identitätskonstruktion aus einer soziologischen Perspektive beleuchtet wird, ist abschließend das Konzept des „sozialen
Kapitals“ von Bourdieu (1983) zu nennen. Es drückt die Quantität und auch
Qualität von sozialen Beziehungen aus, auf die eine Person zurückgreifen kann,
beschreibt dabei gleichzeitig aber auch einen bestimmten Aspekt der Identität einer
Person. So werden etwa die Sozialkontakte eines Menschen oftmals als Indikatoren für die Soziabilität dieser Person interpretiert. Sozialkapital drückt sich auch in
sozialen Medien aus. So werden innerhalb vieler sozialer Netzwerkplattformen für
jede Person die Anzahl ihrer „Freunde“ oder Follower im Profil angeführt. Allein
schon auf rein gestaltungstechnischer Ebene wird damit der Aspekt des Sozialkapitals zu einem integralen Bestandteil des Onlineprofils. Interessant sind in diesem
Zusammenhang auch Unterschiede zwischen sozialen Netzwerkplattformen in
Hinblick auf Art der Beziehungsnetzwerke. Während bei Facebook die Vernetzungen zwischen „befreundeten“ Nutzer innen reziprok sind, d. h. sobald eine Person
die Freundschaftsanfrage der anderen Person annimmt, sind beide Individuen
miteinander vernetzt, sind die Follower-Beziehungen in Instagram oder Twitter
nur einseitig gerichtet, d. h. eine Person folgt einer anderer Person, die dieser
Person aber nicht automatisch auch folgen muss (Lup et al. 2015). Dies wirkt sich
auch auf den Aufbau und die Art des Sozialkapitals innerhalb der Sozialen Medien
aus. Beziehungsmanagement und Identitätskonstruktion gehen somit oft eng miteinander einher. Die Studie von Walther et al. (2008) hat gezeigt, dass von den
Eigenschaften, die gewissen Personen aus der Freundesliste zugewiesen werden,
auf die Eigenschaften des jeweiligen Profilinhabers geschlossen wird. Die sozialen
Kontakte werden somit einerseits rein quantitativ in ihrer Anzahl, andererseits
auch qualitativ interpretiert, zu einem Bestandteil der Identität von Social-MediaNutzer innen.
Gemeinsam ist den vorgestellten fünf Theorien, dass sie Identitätskonstruktion
stets in einen sozialen Prozess bzw. Kontext eingegliedert sehen. Das Individuum
wird in seiner Identitätskonstruktion durch eine Vielzahl sozialer Faktoren beeinflusst. Dies können allgemeine soziale Normen sein, die sich etwa durch das
(erwartete) Feedback anderer Personen äußern, ebenso wie soziale Rollen, die
beeinflussen, welche Identitätsaspekte eine Person von sich in der jeweiligen
Situation offenbart. Identitätskonstruktion geschieht somit immer in Gesellschaft
und wird durch diese mehr oder weniger stark geformt. Dieses Faktum ist auch auf
die Identitätskonstruktion in sozialen Medien übertragbar. Jedoch muss dabei die
Besonderheit beachtet werden, dass die technischen Möglichkeiten der computervermittelten Interaktion vollkommen neue Kommunikationsräume schaffen, in
denen die unmittelbare Ko-Präsenz der Interaktionspartner nicht mehr notwendig
ist. Die soziale Komponente der Identitätskonstruktion wird somit nicht mehr
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durch direkt anwesende Personen repräsentiert, sondern auch durch virtuell präsente
Personen. Allein diese technischen Möglichkeiten führen trotz räumlicher Abwesenheit direkter Interaktionspartner zu neuen Formen der Selbstdarstellung des Individuums und des sozialen Feedbacks auf dieselbe. Da die genannten Theorien jedoch von
einer direkten Face-to-Face-Interaktion des Individuums mit der sozialen Umgebung
ausgehen, sind in diesem Punkt gewisse Modifikationen bei der Verwendung der
Theorien notwendig. Werden die Besonderheiten der neuen Kommunikationsräume
in sozialen Medien bei der Verwendung traditioneller Identitätstheorien berücksichtigt,
so bieten diese nach wie vor eine wichtige Grundlage für die Analyse von Selbstdarstellungspraktiken in sozialen Medien.
5
Identität als Phänomen mit vielen Facetten
Identität besteht seit jeher aus vielen Identitätsteilen bzw. -facetten, die je nach
Situation, Interaktionspartner oder auch Zielsetzung in unterschiedlicher Form aktiviert werden. So wies etwa bereits Simmel in seinem „Exkurs über den Fremden“
(1908) darauf hin, dass sich die Identität eines Menschen immer durch die Differenzierung der eigenen Person zu anderen „fremden“ Personen ausbildet. Die
Ausformungen von Identität hängen zudem mit den Rollen zusammen, die eine
Person in den jeweiligen Handlungssituationen innehat, was ausführlich in der
Rollentheorie behandelt wird. Als ein Vertreter dieser theoretischen Strömung zeigt
Dahrendorf in seinem Werk Homo Sociologicus (Dahrendorf 1958/2006), inwiefern
die Rollenerwartungen mitbeeinflussen, wie sich eine Person in der Gesellschaft
präsentiert. Dementsprechend führen unterschiedliche Kontexte und Interaktionspartner auch zu unterschiedlichen Darstellungen der eigenen Identität. Nicht zu
unrecht ist daher die Rede vom „Patchwork-Charakter“ der Identität, der sich in
vielen alltäglichen Situationen meist vollkommen unbewusst äußert. Während etwa
im beruflichen Kontext ganz andere Aspekte der eigenen Identität aktiviert und in
der Interaktion mit entsprechenden Kontakten ausgelebt werden, sind dies im privaten Kontext oftmals deutlich abweichende Facetten der eigenen Identität (vgl.
Goffman 1969). Diese bewusste, aber auch unbewusste Aktivierung bestimmter
Identitätsteile kann durchaus eine gewisse Herausforderung darstellen. Vor allem
in Situationen, in denen Interaktionspartner gemeinsam auftreten, die ansonsten nur
in voneinander getrennten Kontexten auftreten, stellt das Identitätsmanagement
nicht immer eine einfache Aufgabe für das Individuum dar.
Diese Problematik wird auch im Bereich sozialer Medien immer wieder deutlich.
Döring spricht in diesem Zusammenhang von sogenannten „Nutzungskontexten“
(Döring 2000), die beeinflussen, welche Identitätsfacetten aktiviert werden. Präsentiert sich eine Person innerhalb der sozialen Medien einer Reihe von Personen, mit
der sie im Offline-Kontext in sehr unterschiedlicher Beziehung steht, mit ein- und
demselben Profil, dann kann es zu einem „context collapse“ (Ellison und Boyd
2013) kommen. Dies impliziert eine Reihe von möglichen Irritationen, die dadurch
entstehen, dass plötzlich Identitätsfacetten auch in Interaktionsgruppen präsentiert
werden, in denen diese ansonsten eher ausgespart bzw. nicht aktiviert werden
(DiMicco und Millen 2008). Zusätzlich intensiviert wird diese Problematik des
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Rollenmanagements in Sozialen Medien auch dadurch, dass oftmals gar nicht mehr
klar ist, wer überhaupt die Inhalte eines Profils sehen kann, weshalb Boyd (2014)
von „invisible audience“ schreibt. Duffy und Chan (2019) beschäftigen sich daher
auch mit der Frage, inwiefern diese „vorgestellte Beobachtung“ („imagined surveillance“) durch unterschiedliche soziale Akteure in sozialen Medien die Selbstdarstellung der Nutzer innen beeinflusst.
Während die Praxis des „Ein Profil für alle“ zu Beginn der Etablierung sozialer
Medien noch als Standard anzusehen war, bieten mittlerweile viele sozialen Netzwerkplattformen auch auf technischer Ebene Optionen zu einem gezielteren Rollenmanagement an. Inhalte der Profile können somit vom einzelnen Nutzer innen
gezielt nur ausgewählten Gruppen ihrer Netzwerkkontakte zugänglich zu machen.
Erfolgte dies anfangs nur auf der Ebene einer allgemeinen Beschränkung der
Einsehbarkeit des eigenen Profils, ist mittlerweile meist eine punktuelle Anpassung
jedes einzelnen Eintrags möglich. Dies erweitert einerseits die Möglichkeiten der
Identitätskontrolle, indem von jeder/m Nutzer in gezielt gesteuert werden kann,
welche Informationen für welche Personen sichtbar sind. Andererseits stellt es auch
große Anforderungen an die Reflexionsfähigkeit in Bezug auf das Identitätsmanagement. Mehr denn je bedarf es nun (vorab) einer gezielten Überlegung, welchen
Personenkreisen ein Foto oder ein Posting zugänglich gemacht werden soll, oder
umgekehrt, welche Informationen welchen Personen besser vorenthalten werden
sollten.
Zudem zeigt sich, dass die Nutzer innen beginnen, unterschiedliche OnlineIdentitäten auf unterschiedlichen sozialen Medien zu konstruieren oder unterschiedliche Plattformen für die Kontaktpflege zu unterschiedlichen Personengruppen zu
nutzen (van Dijck 2013; Boyd 2014; Duffy Brooke 2017; Duffy und Chan 2019).
Berufliche Kontakte werden dabei etwa ausschließlich über soziale Netzwerkplattformen wie LinkedIn oder Xing gepflegt und dementsprechend wird dort auch eine
primär professionsorientierte Identität präsentiert. Umgekehrt dienen Facebook oder
Instagram eher der Pflege privater Kontakte, denen man sich wiederum mit anderen
Identitätsfacetten präsentiert (vgl. Gershon 2017).
Neben einem gewissen technischen Know-how in der Nutzung der jeweiligen
Social-Media-Angebote bedarf es somit auch eines ausgeprägten sozialen Wissens,
mittels dessen eingeschätzt wird, welche Identitätsfacetten in welcher Situation und
in welchem Interaktionskreis angemessen, positiv oder auch negativ sein können.
Dieser Prozess deckt sich mit Giddens’ Thesen zur „Identität als reflexives Projekt“
(Giddens 1991). Er wies in Form von zehn Thesen darauf hin, dass Identitätskonstruktion stets ein dynamischer und v. a. reflexiver Prozess ist, indem eben auch
mitbedacht wird, welche Konsequenzen gewisse Ausdrucksweisen der eigenen
Identität haben könnten. Genau diese aktive Gestaltung und damit auch einer
zeitweisen Beschränkung der eigenen Identitätsdarstellung gehört zum Alltag der
meisten Nutzer innen sozialer Medien dazu (Lincoln und Robards 2017). „Wie bin
ich?“, „Wie möchte ich sein?“, „Wie sehen mich die anderen?“ sind daher drei
Fragestellungen, die viele Profilbesitzer innen in sozialen Medien bewusst, aber
auch unbewusst beschäftigen.
Identitätsbildung in sozialen Medien
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Ausdrucksformen der Identität in sozialen Medien
Aktive Selbstdarstellung im Internet begann technologisch gesehen schon lange vor
Netzwerkplattformen wie Facebook oder Mikroblogging-Diensten wie Twitter, etwa
auf privaten Homepages (Chandler und Roberts-Young 2000; Vazire und Gosling
2004) oder auch im Rahmen der Chatkommunikation (z. B. bei Gebhardt 2001;
Misoch 2005). Die Selbstdarstellung endet bei sozialen Medien meist auch lange
noch nicht beim Ausfüllen des Profils oder Anlegen eines Weblogs, die Siles (2012)
als „technologies of the self“ bezeichnet. Vielmehr beginnt erst mit dem Einstieg und
den ersten Nutzungsversuchen der jeweiligen Plattform das Bewusstsein zu wachsen, dass innerhalb dieser Anwendungen eine Vielzahl an verbalen, visuellen und
auch auditiven Möglichkeiten zur Verfügung steht, mittels derer die eigene Person
unterschiedlich detailliert einem mehr oder weniger eingrenzbaren Personenkreis
präsentiert werden kann (Zhao et al. 2008, S. 1824).
Wie detailliert diese Selbstdarstellung in den sozialen Medien tatsächlich
geschieht, hängt neben gewissen individuellen Persönlichkeitsmerkmalen (z. B. Narzismus, Selbstvertrauen etc, Buffardi und Campbell 2008; Mehdizadeh 2010; Ong
et al. 2011) auch von der Art der jeweiligen Plattform (Le et al. 2010) sowie den
konkreten Nutzungsintentionen der Anwender innen (Schwämmlein und Wodzicki
2012; Rosenberg und Egbert 2011) ab. Beachtenswert ist dabei, dass die Identitätskonstruktion keineswegs nur aktiv durch den oder die Nutzer in selbst geschieht,
sondern gleichzeitig auch immer zu einem gewissen Grad durch die Interaktionen
mit und durch die Kommentare von anderen Nutzer innen mitgestaltet wird. In
welchen Formen also äußert sich die „virtuelle“ Identität in sozialen Medien?
6.1
Verbale Formen der Identitätskonstruktion in sozialen
Medien
Der erste Schritt, um seine Präsenz in sozialen Medien zum Ausdruck zu bringen,
erfolgt nahezu immer auf verbaler Ebene. Dies ist zum Großteil schon rein technisch
bedingt, da die meisten sozialen Medien vor der Nutzung eine Anmeldung und damit
das Ausfüllen eines (zumindest rudimentären) Persönlichkeitsprofils verlangen.
Diese Profile fallen je nach Anwendung und je nach Intention des/der Nutzer in
sehr informationsarm oder aber auch durchaus reich an privaten Informationen aus.
Als Grundform gilt jedoch bei nahezu allen Anwendungen, dass sich die Person mit
einem Namen (englisch auch als „nickname“ oder kurz „nick“ bezeichnet) sowie
einer E-Mail-Adresse registriert. Während Letztere anderen Nutzer innen meist
verborgen bleibt, wird der (Nick-)Name häufig zur ersten verbalen Repräsentation
der Person (Whitty 2008; Whitty und Buchannan 2010). Nutzer innen haben bei der
Auswahl des namentlichen Auftritts durchaus großen Spielraum; sie können sowohl
mittels Klarnamen einen direkten Bezug zu ihrer tatsächlichen Identität herstellen als
auch bei Verwendung eines Pseudonyms, das ein Spitzname oder auch Fantasiename
sein kann, eine weitere implizite Botschaft darüber vermitteln, wie sie sich selbst
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sehen (Stommel 2008; Gatson 2011). Untersuchungen zeigen, dass Nicknames in
den meisten Fällen sehr eindeutig auf das Geschlecht der dahinterstehenden Person
schließen lassen (Gatson 2011, S. 228). Darüber hinaus fungieren oftmals die
Nicknames als Ausdruck gewisser Identifikationen des Nutzers oder der Nutzerin
mit anderen Personen (Sportler in, Schauspieler in etc.) oder Themen (BecharIsraeli 1996; Misoch 2005, S. 18).
In Profilen, die mehr als nur den (Nick-)Namen enthalten, stellt jedes zusätzliche
schriftliche Posting, jeder Tweet und jeder Kommentar einen weiteren verbalen
Bestandteil der Online-Identität dar. Die Persönlichkeitsinformationen können dabei
sehr explizit sein, in Form einer Beschreibung der eigenen Person, oder auch implizit
vermittelt werden, indem die Veröffentlichungen indirekte Hinweise auf Interessen,
Aufenthaltsorte, Aktivitäten und ähnliche Daten der Person geben. Neben den
Inhalten, die in den Profilen ausgefüllt bzw. die bei Aktivitäten innerhalb der
sozialen Medien veröffentlicht werden, lässt auf verbaler Ebene auch noch der
Schreibstil bzw. die Schreibgeschwindigkeit gewisse Rückschlüsse auf die Person
zu (Walther und Burgoon 1992, S. 67).
6.2
Audio-visuelle Formen der Identitätskonstruktion in sozialen
Medien
Die verbale Ebene bietet zweifelsohne sehr vielfältige Möglichkeiten, anderen Nutzer innen eine Menge an Informationen über die eigene Person zu vermitteln. Es zeigt
sich jedoch zunehmend der Trend, dass (audio-)visuelle Kommunikationsformen
zur schnelleren und kompakteren Vermittlung persönlicher Informationen an Bedeutung gewinnen. Die Möglichkeiten derartiger Darstellungsweisen sind vielfältig, wie
die Aufstellung von Reißmann (2014, S. 90) eindrucksvoll zeigt. Vor allem sogenannte Selfies, also Fotos, welche die abgebildete Person von sich selbst macht,
repräsentieren eindrucksvoll eine besondere Art der visuellen Selbstdarstellung
(Lasén 2012; Rettberg 2014), weshalb Murray Selfies auch als „one of the most
effective outlets for self-definition“ (Murray 2015, S. 490) bezeichnet.
Eine erste Visualisierung der Identitätsdarstellung erfolgt häufig durch das ausgewählte Profilbild innerhalb eines sozialen Mediums. Dieses Bild erhält besonders
große Bedeutung, weil es bei (fast) allen Aktivitäten eines Nutzers oder einer
Nutzerin zusammen mit dem (Nick-)Namen angezeigt wird. Es stellt somit für die
Interaktion mit anderen Nutzer innen die zentrale visuelle Repräsentation eines
Menschen dar, die deutlich mehr implizite Informationen vermittelt, als dies rein
durch den (Nick-)Name möglich ist (Astheimer et al. 2011).
Die hohe Bedeutung des Profilbildes ist auch den Nutzer innen selbst bewusst.
Eine Reihe von Studien weist hoch aktive Selektionsprozesse der Nutzer innen bei
der Auswahl bzw. auch bei der Gestaltung dieses Bildes nach (Krämer und Winter
2008; Raacke und Bonds-Raacke 2008). Vor allem bei Jugendlichen und jungen
Erwachsenen, bei denen die visuelle Darstellung auf sozialen Netzwerkplattformen
neben verbalen Ausdrucksformen eine besonders wichtige Rolle spielt, wird dem
Profilbild auch zugleich eine gewisse Aussagekraft über die eigene Person attestiert
Identitätsbildung in sozialen Medien
201
(Autenrieth 2011; Reißmann 2014, S. 91). Zum Teil gerät dabei der Aspekt, auf dem
Foto tatsächlich auch erkannt zu werden, zur Nebensache. Vielmehr stellt die
Möglichkeit des Nicht-Erkanntwerdens oft ebenso eine Aussage dar wie die
bewusste Verwendung von Bildern, die andere Personen wie etwa Sportler innen
oder Stars zeigen. Auch die Präsentation der eigenen Person in Gesellschaft einer
oder mehrerer anderer Personen lässt sich auf Profilbildern beobachten. Auf diese
Weise sollen oftmals soziale Bindungen als integraler Bestandteil der eigenen Person
ausgedrückt werden. Das gemeinsame Bildnis wird als Symbol der Zusammengehörigkeit gesehen (Strano 2008). Verschiedene Studien haben Geschlechterunterschiede bei der visuellen Selbstdarstellung vor allem bei der jüngeren Generation
nachgewiesen (Siibak 2009, 2010; Kapidzic und Herring 2011, 2015). Junge Frauen
zeigen sich etwa auf Bildern auf sozialen Netzwerkplattformen häufig in freundlicher, lächelnder Pose, sie sehen dabei direkt in die Kamera und oftmals wird eine
Obersichtperspektive gewählt, d. h. eine Kameraposition, die die Person von oben
herab abbildet. Die jungen Männer zeigen sich auf ihren Profilbildern tendenziell
eher mit ernster bzw. ausdrucksloser Miene und blicken vergleichsweise selten
direkt in die Kamera. Während männliche Nutzer innen mit ihren Profilbildern
häufig einen gewissen Ausdruck von Stärke und Coolness vermitteln wollen, scheint
bei den jungen Frauen vor allem eine gewisse Körperlichkeit, Unschuld und Ungefährlichkeit signalisiert zu werden. Es kann dabei durchaus problematisiert werden,
dass stereotype Geschlechterbilder von den Nutzer innen sozialer Medien bei ihrer
Identitätskonstruktion nachweislich stärker aktualisiert werden, als dies bei massenmedialen Abbildungen der Fall ist (Mascheroni et al. 2015). Aber auch kulturelle
Unterschiede konnten in Studien nachgewiesen werden (Zhao und Jiang 2011).
Neben dem Profilbild nehmen Fotos und Bilder allgemein eine immer dominantere Rolle in der Online-Identitätskonstruktion ein. Die gerade bei Jugendlichen
aktuell sehr beliebte soziale Plattform Instagram basiert sogar größtenteils auf dem
kollektiven Teilen (audio-)visueller Inhalte. Während auf sozialen Netzwerkplattformen wie Facebook Fotos oftmals nur mit ausgewählten Personen oder Gruppen
geteilt werden, lebt Instagram vor allem auch vom öffentlichen Teilen von Fotos, die
durch selbst-bestimmte Hashtags öffentlich durchsuchbar und sichtbar werden.
Mittels Fotos können eigene Interessen, Erlebnisse, Ereignisse, aber auch Einstellungen oftmals ohne weitere Kommentare ausgedrückt werden (vgl. Taddicken und
Schmidt in diesem Band).
Untersuchungen zeigen, dass persönliche Fotos auch eine wichtige Funktion
erfüllen, um soziale Beziehungen zu pflegen oder gar erst aufzubauen (van Dijck
2008, S. 59; Mynatt et al. 2001). Vor allem bei geografischer Distanz spielt das
persönliche Bildmaterial oftmals eine wichtige Rolle, um den Interaktionspartner
innen ein Gefühl der gegenseitigen Partizipation am Leben der oder des jeweils
anderen zu ermöglichen (Go et al. 2000). Instagram beweist zudem sehr eindrucksvoll, wie sich rein basierend auf Fotos und Bildern soziale Beziehungen auch
zwischen vormals einander unbekannten Personen aufbauen können.
Die fortschreitenden technischen Möglichkeiten zur Integration von Videos in
sozialen Medien erweitern die zunehmende Dominanz visueller Identitätsbausteine
im Internet. Der zusätzlich zur visuellen Komponente vorhandene auditive Moment
202
B. Kneidinger-Müller
intensiviert das Gefühl des Dabeiseins und erhöht die Aufmerksamkeit. Handlungen
oder Emotionen werden nun nicht mehr nur sichtbar, sondern auch hörbar, wie etwa
das Lachen einer Person. Auch die Sprache, typische Bewegungsmuster, tatsächliche Verhaltensweisen werden mittels Video in die Online-Umgebung integriert und
somit ebenfalls zu einem weiteren Bestandteil der virtuellen Identität einer Person.
Eine besondere Form der (audio-)visuellen Identitätskonstruktion lässt sich im
Zusammenhang mit den sogenannten „Influencern“ beobachten, also jenen Personen, die sich durch gezielte Selbstdarstellung in Sozialen Medien zu einer Art
Eigenmarke machen und in der Folge eine gewisse Vorbildfunktion für ihre Fans
und Follower einnehmen können (Rasmussen 2018). Die Influencer formen ihre
Identität durch ein gezieltes Selbst-Branding zu einer Art Marke, die in der Folge
auch für ökonomische Ziele eingesetzt wird (Khamis et al. 2016). Dadurch entsteht
der Eindruck, dass jeder durch eine gezielte Selbstdarstellung in den sozialen
Medien Berühmtheit, Reichtum und Online-Ruhm erzielen könne (Khamis et al.
2016, S. 4; Marwick 2015). Diese Entwicklung wird durchaus kritisch beobachtet,
etwa wenn MacDonald (2014) soziale Medien zumindest mitverantwortlich für eine
zunehmend narzistisch veranlagte Gesellschaft sieht und Marshall (2016, S. 235)
von einer „ubiquity of the exposed self“ schreibt, durch die nicht mehr nur Prominente sondern jedes Individuum zunehmen erwartet, von anderen beobachtet zu
werden und umgekehrt auch bereit ist, private Teile des Selbst bekannten und
unbekannten Beobachtern zu präsentieren (Gamson 2011, S. 1068). Gamson konstatiert gar: „perhaps the unwatched life ist invalid or insufficient“ (2011, S. 1068).
Weitere (audio-)visuelle Selbstdarstellungsformen sind Avatare, d. h. virtuelle
Kunstfiguren im Cyberspace (vgl. Duden Online 2019, https://www.duden.de/recht
schreibung/Avatar. Zugegriffen am 01.07.2019) als visuelle Repräsentationen von
InternetNutzer innenn. Diese Avatare haben dabei oftmals äußerlich gesehen keinerlei Bezug zur jeweiligen Person. Sie übernehmen aber z. B. in Chatforen oder bei
Online-Multi-Player-Spielen eine wichtige Rolle der Verbildlichung der Gesprächsbzw. Spielpartner innen (Geser 2007). Auch hier erfolgt die Auswahl bzw. Gestaltung der Avatare oftmals nicht willkürlich, sondern mit gewissen gestalterischen
Intentionen der jeweiligen Nutzer innen (Nakamura 2009; Pearce und Artemesia
2009).
Auch das Veröffentlichen oder Teilen von Musikfiles bzw. Musikvideos stellt
v. a. für Jugendliche einen weiteren Aspekt ihrer Identitätskonstruktion in sozialen
Medien dar, da gewisse Musikrichtungen oder Musiker und Bands eine wichtige
Rolle für die eigene Person spielen können (Livingstone 2008; Wagner et al. 2009).
6.3
Systemgenerierte Identitätskonstruktion und
Identitätskonstruktion durch Dritte
Abgesehen von diesen Formen der bewussten und eigenständigen Identitätsgestaltung der jeweiligen Nutzer innen von sozialen Medien wird Identität auch von
Dritten (d. h. anderen Nutzer innen) und dem System (d. h. dem jeweiligen sozialen
Medium) mitgestaltet (Ellison und Boyd 2013). So fügen andere Nutzer innen durch
Identitätsbildung in sozialen Medien
203
ihre Aktivitäten, Kommentare und sonstigen Reaktionen wichtige Zusatzinformationen zur Selbstpräsentation einer Person hinzu, wie etwa durch den Klick auf den
„Gefällt mir“-Button oder das Re-Tweeten eines Beitrages. Dieser Mehrwert der
Information kann einerseits in der inhaltlichen Komponente eines Kommentares
gesehen werden, der zusätzliche Hinweise auf gewisse Eigenschaften, Interessen
und Einstellungen der Profilinhaber innen liefert. Andererseits kann der Informationszuwachs auch auf der sozialen Ebene angesiedelt sein, indem etwa eine gewisse
Gruppenzugehörigkeit einer Person zum Ausdruck kommt bzw. teilweise auch von
Profilbeobachter innen von den Eigenschaften der „Freunde“ auf die Eigenschaften
des Profilinhabers geschlossen wird (Walther et al. 2008). Systembasierte Identitätsfacetten werden automatisch bei der Nutzung einer Plattform generiert, wie beispielsweise Hinweise auf den konkreten Zeitpunkt einer Veröffentlichung, die Aufschluss darüber geben, zu welchen Zeiten und in welchem Ausmaß eine Person auf
der jeweiligen Netzwerkplattform aktiv ist.
7
Potenziale und Risiken der Identitätsbildung in sozialen
Medien
Abschließend stellt sich die Frage, wie all diese Entwicklungen im Bereich der
Identitätskonstruktion in sozialen Medien einzuschätzen sind. Welche Potenziale,
aber auch welche Risiken sind damit verbunden, dass sich immer mehr Menschen in
sozialen Medien selbst präsentieren? Die Meinungen dazu gehen nicht nur in der
öffentlichen Diskussion, sondern auch in der Forschung deutlich auseinander.
In der öffentlichen Diskussion wird v. a. das Thema Datenschutz sowie der
Schutz der Privatsphäre kritisch thematisiert. Durch die Selbstdarstellung in sozialen
Medien werden zwangsläufig persönliche Daten im Internet preisgegeben, die in der
Folge auch einer möglichen missbräuchlichen Verwendung zugänglich gemacht
werden. Gerade in sozialen Medien, deren zentrales wirtschaftliches „Gut“ die Daten
ihrer Nutzer innen sind, ist oftmals nur wenig transparent, was mit den persönlichen
Daten tatsächlich geschieht. Vor allem die zunehmende Vernetzung von OnlineDiensten und die sich daraus ergebende Vielfalt an persönlichen Datenspuren von
Nutzer innen, die zusammengesetzt dem Eindruck eines „gläsernen Menschen“
durchaus nahe kommen, sind als eine Herausforderung für die digitale Netzwerkgesellschaft zu sehen. Derartige personenbezogene Daten können nicht nur für personalisierte Werbung sondern auch von anderen Nutzer innen für kriminelle Aktivitäten genutzt werden. Identitätsdiebstahl, d. h. die Übernahme einer Online-Identität
durch eine andere Person, sind dabei ebenso zu nennen wie gezielte Angriffe auf die
Online-Identität im Sinne von Bloßstellungen oder anderen Formen des CyberMobbings, bei denen das Ziel verfolgt wird, das Image bzw. den Ruf einer Person
gezielt zu beschädigen (Campbell 2005; Cassidy et al. 2009; Sontag et al. 2011).
Derartige Risiken sind mittlerweile vielen Nutzer innen durchaus bekannt – das
führt zu Vermeidungsreaktionen und Selbstzensur, was wiederum ebenfalls problematisch gesehen werden muss: So kann etwa die Angst vor Anfeindungen oder
abwertenden Kommentaren dazu führen, dass Nutzer innen sich in ihrer Selbstdar-
204
B. Kneidinger-Müller
stellung bzw. in der Artikulation eigenen Ansichten und Erlebnisse ungewollt
einschränken, was der demokratischen Prämisse des Internet widerspricht. Duffy
und Chan (2019) identifizieren drei Strategien, die Nutzer innen sozialer Medien
anwenden, um die vorgestellte Beobachtung („imagined surveillance“) ihrer Profile
durch andere Akteure zu kontrollieren, nämlich 1) die bewusste Nutzung von Privatsphäre-Einstellungen und damit verbunden die intendierte Kontrolle des Publikums,
2) die bewusste Selbst-Beobachtung, um die Inhalte zu kontrollieren, und 3) die
Verwendung von Pseudonymen als Profilnamen um die Verbindung zur eigenen
Offline-Identität zu kontrollieren. Der gezielte Einsatz unterschiedlicher Strategien
der reflektierten Selbstdarstellung weist darauf hin, dass trotz eines vorhandenen
Bewusstseins möglicher problematischer Folgen der Online-Identitätspräsentation
dennoch das Bedürfnis nach einer sichtbaren und aktiven Präsenz innerhalb sozialer
Medien vorhanden ist.
Trotz einer durchaus begründeten Sorge um die Privatsphäre zeigen somit viele
Nutzer innen eine durchaus hohe Bereitschaft zur Selbstoffenbarung. Ein Phänomen, das unter dem Begriff des „privacy paradox“ (Barnes 2006; Taddicken 2014)
analysiert und diskutiert wird. Die Erklärungen für diese widersprüchlichen Einstellungs- und Verhaltensweisen sind vielfältig. Häufig wird von einem mehr oder
weniger gezielten Abwägen von Kosten und Nutzen der Veröffentlichung privater
Informationen ausgegangen. Überwiegen die erlebten oder antizipierten Benefits
resultierend aus der Selbstdarstellung in sozialen Medien die antizipierten Risiken
in Hinblick auf die eigene Privatsphäre, so zeigen sich Nutzer innen trotz vorhandener Datenschutzbedenkens dennoch bereit, persönliche Daten in sozialen Medien
zu veröffentlichen. Aber auch mangelnde Medienkompetenz und das illusorische
Gefühl einer kompletten Selbstkontrolle aller veröffentlichter Daten (Trepte und
Reinecke 2011, S. 62) oder auch eine allgemein erhöhte Bereitschaft zur Selbstoffenbarung sowie der Einfluss der Verhaltensweisen der Peers in Bezug auf Datenschutz und Privatsphäre (Taddicken 2014) werden als Erklärungsfaktoren angeführt.
Als weiteres Risiko muss angeführt werden, dass eine Gesellschaft, in der die
Selbstdarstellung im Online-Bereich zum Alltag geworden ist, auch kritische Phänomene wie die zunehmende Ausprägung von Suchterscheinungen und dem in
empirischen Studien nachgewiesenem Phänomen der sogenannten „Fear of Missing
Out“ (FOMO, Przybylski et al. 2013) begünstigt. Die Angst bei längerer OnlineAbsenz wichtige Informationen zu verpassen oder von sozialen Kontakten nicht
mehr wahrgenommen zu werden, verstärkt das Bedürfnis einer regelmäßigen und im
Extremfall nahezu lückenlosen Online-Aktivität einzelner Nutzer innen. Dies kann
Stress auslösen und gar zu suchtartigem Online-Nutzungsverhalten führen, bedingt
durch das Bestreben einer möglichst lückenlosen Online-Präsenz in sozialen Medien
(Andreassen et al. 2017; Blackwell et al. 2017; Oberst et al. 2017).
Neben diesen eindeutig als potenzielle Risiken zu thematisierenden Aspekten
lassen sich auch noch eine Reihe weiterer Merkmale der virtuellen Selbstdarstellung
in sozialen Medien anführen, die sowohl positive als auch negative Auswirkungen
haben können. Zunächst ist in diesem Zusammenhang der soziale Vergleichsprozess
zu nennen, der bei der Nutzung sozialer Medien nahezu zwangsläufig stattfindet.
Diese bewussten aber auch unbewussten Vergleiche der eigenen Person mit anderen
Identitätsbildung in sozialen Medien
205
Nutzer innen können nicht nur positive sondern auch vielfältige negative Effekte auf
das Individuum haben (de Vries et al. 2017). Letztere treten v. a. bei einer überwiegend passiven Nutzung auf, bei der die Beobachtung der Aktivitäten anderer
Nutzer innen im Vordergrund steht, weniger die eigene aktive Interaktion. Darüber
hinaus begünstigt eine sehr exzessive Nutzung der sozialen Medien Neid-Gefühle
und negative Emotionen (Tandoc et al. 2015; Vogel et al. 2015). Zu den Intensivnutzer innen sozialer Medien gehören häufig Personen, die dazu tendieren, sich
selbst mit anderen zu vergleichen, und häufig auch Angst haben, etwas zu verpassen
(„fear of missing out“), wenn sie von ihren gewohnten Kommunikationskanälen
abgeschnitten sind (Reer et al. 2019). Die exzessive Nutzung kombiniert mit Dispositionen für soziale Vergleichsprozesse und/oder für die Angst etwas zu verpassen,
können das allgemeine Wohlbefinden des Individuums reduzieren (Verduyn et al.
2015, 2017; Satici und Uysal 2015; Kross et al. 2013) und zu Depressionen
beitragen (Lin et al. 2016; Appel et al. 2016). Vergleiche, bei denen die eigene
Person positiver wahrgenommen wird als die Vergleichsperson, können hingegen
depressive Symptome reduzieren (Lup et al. 2015, S. 250). Positive Effekte des
sozialen Vergleichs auf das Wohlbefinden eines Nutzers oder einer Nutzerin zeigen
sich v. a. dann, wenn eine sehr aktive Nutzung sozialer Medien vorliegt, d. h. wenn
das Individuum sehr aktiv Online-Identitätsarbeit betreibt. Verduyn et al. (2017)
erklären dies vor allem durch den mit der aktiven Identitätsarbeit verbundenen
Aufbau und Erhalt von Sozialkapital und das damit verbundene Gefühl der sozialen
Verbundenheit. Gonzales und Hancock argumentieren zusätzlich, dass die Betrachtung des eigenen Facebook Profils zu einer Bewusstwerdung des eigenen Selbst
beitragen kann, was wiederum das eigene Selbstbewusstsein der Nutzer innen
erhöhen kann: „(. . .) selective self-presentation in digital media, which leads to
intensified relationship formation, also influences impressions of the self“.
Lup et al. (2015) identifizieren die Bedeutung der Anzahl fremder Personen,
denen auf Instagram gefolgt wird, für die Auswirkungen sozialer Vergleichsprozesse
auf das Wohlbefinden des Individuums. Im Vergleich zu Nutzer innen, die überwiegend bereits persönlich bekannten Personen folgen, führt eine intensivere Nutzung von Instagram bei jenen Nutzer innen, die eher fremden und nicht persönlich
bekannten Personen folgen, zu verstärkten sozialen Vergleichsprozessen und in
der Folge zu verstärkten depressiven Symptomen. Lup et al. (2015) erklären dies
dadurch, dass beim Folgen von fremden Profilen häufiger Attributionsfehler entstehen, die zu einer verzerrt positiven Wahrnehmung der Leben anderer Nutzer innen
führe. Dies begünstige wiederum einen negativen sozialen Vergleich, was zu Neid
und negativen psychologischen Folgen führen könne. Umgekehrt werden Inhalte,
die von bekannten Personen gepostet werden, anhand der Kenntnisse über das reale
Leben der jeweiligen Person relativiert, was positive soziale Vergleichsprozesse
erleichtere. Zudem könne die Freude über den Informationstausch von Freunden
auch Gefühle sozialer Verbundenheit auslösen, was ebenfalls positive Auswirkungen auf das Wohlbefinden hat (Lup et al. 2015). Lup et al. (2015) sehen daher auch
bei sozialen Netzwerkplattformen wie Instagram, bei denen das Folgen von und
damit auch der soziale Vergleich mit persönlich unbekannten Personen häufig der
Fall ist, höhere Risiken für negative Auswirkungen auf den individuellen Nutzer
206
B. Kneidinger-Müller
oder die individuelle Nutzerin, als bei Plattformen, auf denen Verbindungen zu
überwiegend bereits bekannten Personen gepflegt werden (z. B. Facebook).
Risiko und Chance in einem kann auch das Erleben sozialen Feedbacks auf die
individuelle Selbstdarstellung in sozialen Medien sein. Ausgehend von einer positiven Sichtweise kann ein großes Potenzial der virtuellen Identitätskonstruktion in
der Möglichkeit des Erprobens bisher eher verdeckt gehaltener Identitätsfacetten
gesehen werden. Turkle (1995) spricht in diesem Zusammenhang von einer „emotional gefahrenlosen“ Identitätskonstruktion. Die emotionalen Reaktionen, die auf
Identitätsfacetten folgen, die neu ausprobiert werden, sind in der Online-Umgebung
meist deutlich geringer als im direkten Face-to-Face-Kontakt. Soziale Medien werden als Versuchsfläche für soziale Verhaltensweisen gesehen (Ellison et al. 2006).
Kumru und Thompson (2003) sprechen von neuen Möglichkeiten des „Self Monitorings“, bei dem soziales Feedback durch andere Nutzer innen eine zentrale Rolle
spielt. In sozialen Medien gehört das Äußern von derartigem Feedback zum Alltag
und beginnt bei dem einfachen Klick auf den „Gefällt mir“-Button, um die positive
Bewertung eines Postings, Bildes oder Links auszudrücken, und reicht bis hin zum
Verfassen mehr oder weniger ausführlicher verbaler Kommentare. Die Nutzer innen
bekommen dabei Rückmeldungen von einem teilweise deutlich erweiterten Personenkreis, als dies bei Face-to-Face-Interaktionen der Fall wäre (Manago et al. 2008;
Siibak 2009; Valkenburg et al. 2006; Zhao et al. 2008). Dieses Feedback ist meist
positiv. Problematisch ist es jedoch dann, wenn negative Kommentare und Reaktionen oder auch einfach nur Missachtung auftreten, die kognitive und emotionale
Reaktionen bei den Profilinhaber innen auslösen (vgl. Kneidinger 2012).
Ein große Chance der Identitätskonstruktion im Internet und damit auch in
sozialen Medien kann auch darin gesehen werden, dass äußerliche Merkmale ebenso
wie körperliche Beeinträchtigungen an Bedeutung verlieren können, weil diese den
Interaktionspartner innen nicht direkt bzw. weniger bewusst sind. Dies kann dazu
beitragen, dass Vorurteile und Stereotypisierungen abgebaut werden, da andere
Faktoren bei der Interaktion mit der jeweiligen Person im Vordergrund stehen
(Bowker und Tuffin 2006; Söderström 2009; Thoreau 2006). Gleichzeitig aber
liefern empirische Studien Hinweise dafür, dass die Nutzer innen selbst bei ihrer
Selbstdarstellung in sozialen Medien Stereotypisierungen aufgreifen und reproduzieren (Mascheroni et al. 2015).
Zusammenfassend muss somit festgehalten werden, dass die Frage nach den
Chancen und Risiken der Identitätskonstruktion in dozialen Medien weniger durch
technische Komponenten der jeweiligen Plattformen bedingt ist, als vielmehr von
der individuellen Art und Weise der Nutzung durch die einzelne Person bestimmt ist.
8
Fazit – Soziale Medien als Ich-Plattformen?
Soziale Medien werden in der öffentlichen Diskussion häufig als Plattformen zur
eigenen Selbstdarstellung bezeichnet. Diese Zuschreibung ist bis zu einem gewissen
Grad berechtigt, wenn man von der Notwendigkeit einer Selbstpräsentation zur
Nutzung derartiger Plattformen und Netzwerke ausgeht. Nur wer sich in den sozialen
Identitätsbildung in sozialen Medien
207
Medien präsentiert, wird von anderen Nutzer innen überhaupt erst wahrgenommen.
Abgesehen von dieser eher pragmatischen Bedeutung der Identitätskonstruktion in
sozialen Medien erfüllt sie auch für die individuelle und soziale Entwicklung der
Nutzer innen eine durchaus wichtige Rolle.
Online- und Offline-Identitäten sind in sozialen Medien keine voneinander
getrennten Aspekte, sondern verschmelzen immer mehr miteinander. Die Selbstpräsentation einer Person kann für manche Bezugspersonen in sozialen Medien ein
deutlich differenzierteres Bild der Person vermitteln als der direkte Face-to-FaceKontakt. Aber auch umgekehrt wird die Identitätskonstruktion einer Person in der
Online-Umgebung für sehr enge Bezugspersonen nur als ein kleiner Ausschnitt der
Persönlichkeit dieser Person erscheinen, da bei engeren Beziehungsstrukturen mehr
Informationen und genaueres Detailwissen über eine Person vorliegen, als dies rein
durch die Identitätskonstruktion in sozialen Medien erfolgen kann.
Soziale Medien können je nach Ausrichtung Identitätskonstruktion eher zu einer
strategischen und stark reflektierten Aufgabe machen, oder aber auch eine Möglichkeit des spielerischen Erprobens von Identitätsfacetten eröffnen, die in sonstigen
Kontexten eher verborgen bleiben. Um diese unterschiedlichen Möglichkeiten der
sozialen Medien als Plattformen zur Erprobung der eigenen Identität tatsächlich
nutzen zu können, werden die Anwender innen vor neue Herausforderungen der
reflektierten Identitätskonstruktion gestellt. Anders als bei Face-to-Face-Interaktionen, bei denen allein aufgrund der visuellen Anwesenheit der übrigen Personen sehr
schnell und klar eingeschätzt werden kann, welche Personenkreise im konkreten
Augenblick die eigene Person beobachten und einschätzen können, fehlt dieses
unmittelbare Bewusstsein bei Interaktionen in sozialen Medien. Die Herausforderung besteht vor allem darin, zu abstrahieren, welche Personen eine Veröffentlichung
innerhalb des jeweiligen sozialen Mediums sehen können bzw. welche Personen
dies sehen dürfen oder sollen und was mit den online hinterlassenen Identitätsspuren
möglicherweise geschehen kann. Identitätskonstruktion geschieht somit mehr denn
je vor dem Hintergrund einer sozialen Einbettung, die in sozialen Medien deutlich
vielschichtiger, dynamischer und teilweise auch unübersichtlicher geworden ist, als
dies bei der traditionellen Offline-Identität der Fall ist.
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