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Fallstudie Controlling FINAL

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Fallstudie Controlling WS 2023/2024
Time-Driven Activity-Based Costing in der Recycling AG *
Institut für Controlling und Unternehmenssteuerung
Prof. Dr. Martin Artz
Abbildung 1: Produktionshalle der Recycling AG
*Aufgrund der besseren Lesbarkeit wird in dieser Fallstudie das generische Maskulinum verwendet.
Gemeint sind jedoch immer alle Geschlechter.
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Time Driven Activity Based Costing in der Recycling AG
Einleitung:
Es ist Herbst 2023, und für den Vorstand der Recycling AG gibt es genügend Gründe, die
Entwicklungen der letzten Jahre zu feiern. Die Firma konnte den Boom in der
Recyclingindustrie der vergangenen Jahre gut für sich nutzen und blickt auf ein starkes
Umsatzwachstum zurück. Darüber hinaus konnte die Mitarbeiterzahl während der turbulenten
COVID-19-Krise stabil gehalten werden. Aber wie der Vorstand weiß, geht es in der
Unternehmensführung nicht um die Vergangenheit; es geht darum, die notwendigen Schritte
für eine erfolgreiche Zukunft zu antizipieren und zu planen. Obwohl das Unternehmen sich in
der Vergangenheit erfolgreich durch die COVID-19-Krise manövrieren konnte, und aktuell eine
stabile Position in der Branche innehat, gibt es doch einige Probleme, die die Zukunft des
Unternehmen gefährden könnten, trotz starkem Wachstums der Branche. Vor allem im
Accounting Department gibt es einige Probleme, die dem Vorstand sorgen bereiten. Durch
steigende Konkurrenz in den vergangenen Jahren stieg auch der Preisdruck, und die bisher
treuen Kunden der Recycling AG beschweren sich mehr und mehr über zu hohe Preise bei
manchen Dienstleistungen, während andere Dienstleistungen aufgrund einer extrem hohen
Nachfrage zu günstig bepreist zu scheinen. Zudem hat der Vorstand das Gefühl, dass die
aktuelle Kostendarstellung des Unternehmens ungenau ist, und kein realistisches Abbild der
tatsächlichen Kosten vermittelt.
Um eine erfolgreiche Entwicklung in den kommenden Jahren zu ermöglichen und die
Probleme innerhalb des Accounting Departments zu beheben, hatte der Vorstand eine Gruppe
von Unternehmensberatern engagiert, die einige Empfehlungen für die Recycling AG
ausgearbeitet hatten. Vor allem der Vorschlag für die Umstellung in der Kostenverrechnung
von einer Zuschlagskalkulation auf das Time-Driven Activity-Based-Costing (TDABC) hat den
Vorstand überzeugt, weswegen dieser das Accounting Department gebeten hatte, diese für
die Kostenstelle Recycling umzusetzen. Durch die Unternehmensberater und eine erste
Vorarbeit des Leiters Controlling wurden schon einige Informationen gesammelt, jedoch wurde
die Finalisierung der Aufgabe nun an Sie weitergeleitet. Während eines ersten Meetings wurde
die Aufgabe erläutert, und es liegt nun an Ihnen, diese fertigzustellen, und die Informationen
in einem Dokument an den Leiter Controlling weiterzuleiten. In einem folgenden Meeting
werden Ihnen alle relevanten Informationen bereitgestellt.
Geschäftsmodell der Recycling AG:
Die Recycling AG ist in einer Subsparte des Metallrecycling tätig und hat vor allem
Großkunden als Zulieferer. Durch die regulatorischen Entwicklungen der letzten Jahr erhöht
sich die Nachfrage nach emissionsarmen Metallen immer weiter, sodass das Geschäftsmodell
der Recycling AG immer zukunftsfähiger wird. Die Großunternehmen nehmen alte, nicht mehr
benutzte Geräte der Konsumenten wieder zurück, anstatt dass diese von den Konsumenten
weggeworfen werden. Die zurückgenommenen Geräte werden dann von den
Großunternehmen an die Recycling AG geliefert, welche die Metalle in den Geräten recycelt
und anschließend wieder an die Großunternehmen zurückliefert. Die Großunternehmen
sparen dadurch Emissionen, und auch wenn die Kosten für recyceltes Metall aktuell noch
höher sind als für gewöhnliches Metall, wird die Relevanz dieser Branche immer bedeutender.
Die Recycling AG bepreist ihren Service nach dem Gewicht des recycelten Metalls, welches
am Ende produziert wird. Hauptkostentreiber sind neben Personalkosten vor allem die
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Time Driven Activity Based Costing in der Recycling AG
Abschreibungen, da das Metallschreddern spezielle Maschinerie erfordert. Für die Produkte
unterscheidet die Recycling AG nach vier Kategorien, welche später erläutert werden.
Prozessschritte:
Wie vorher erläutert werden die Produkte von den Kunden angeliefert, dann von der Recycling
AG verarbeitet und anschließend von den Kunden wieder abgeholt. Die Recycling AG hat
somit fünf Prozessschritte: Entladung, Säuberung und Sortierung, Trennung teurer Metalle,
Schreddern und Trennung von nicht-Metall und am Ende die Weiterverarbeitung.
Abbildung 2: Prozessschritte bei der Recycling AG
Intern wird von Gesamtgewicht gesprochen, welches das Gewicht des gesamten Produkts
entspricht (z.B. von einem Kühlschrank), sowie von Endproduktgewicht, welches nur das
Gewicht des Endproduktes, sprich des übrigbleibenden Metalls ist.
Begonnen wird der Prozess mit der Entladung der Ware nach der Anlieferung. Die Dauer
dieses Prozesses ist abhängig vom Gesamtgewicht der Ware, bei normalem Gewicht („sehr
leicht“, „leicht“, „schwer“) beträgt der Zeitaufwand 2 Minuten pro Tonne Gesamtgewicht, bei
Übergewicht („sehr schwer“) beträgt die Dauer des Prozessschrittes 3,5 Minuten pro Tonne
Gesamtgewicht.
Als nächster Schritt folgen die Säuberung und Sortierung der angelieferten Ware. Zur
Weiterverarbeitung ist eine gewisse Grundsauberkeit und Sortierung vonnöten, damit die
Maschinen in den folgenden Prozessschritten nicht blockiert werden. Die Zeit für diesen Schritt
hängt von dem Grad der Verschmutzung ab, bei einer „niedrigen“ Verschmutzung dauert die
Reinigung 2,5 Minuten, bei „hoher“ Verschmutzung 5 Minuten pro Tonne Gesamtgewicht. Ein
Ausnahmefall sind Produkte mit Übergewicht („sehr schwer“), diese benötigen, unabhängig
vom Grad der Verschmutzung, 6 Minuten Prozesszeit pro Tonne Gesamtgewicht.
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Time Driven Activity Based Costing in der Recycling AG
Als letzter vorbereitender Schritt folgt dann die Trennung teurer Metalle aus den Produkten
heraus, da diese nicht im folgenden Schritt mit dem restlichen Produkt geschreddert werden
sollen. Der Prozess dauert 1,5 Minuten pro Tonne Gesamtgewicht.
Der Hauptprozessschritt ist das Schreddern und Trennung von nicht-Metallen, bei dem die
Schnelligkeit des Prozesses von der Art des Metalls abhängt. In einer großen Maschine wird
das ganze Produkt zuerst geschreddert und dann per Magneten die Metalle rausgelöst und
die nicht-Metalle aussortiert. Bei Aluminium dauert der Schritt 2,5 Minuten, bei „normalem
Stahl“ 4 Minuten und bei „hochfestem Stahl“ 6 Minuten pro Tonne Gesamtgewicht. Da die
aktuelle Maschine Produkte wie Autos, die als „sehr schwer“ definiert werden, nicht verarbeiten
kann, muss ein Mitarbeiter diese mit einer Kettensäge in einem vorarbeitenden Schritt
zerlegen. Dieser Schritt braucht 4 Minuten pro Tonne Gesamtgewicht.
Nach dem Schreddern und Sortieren folgt die Weiterverarbeitung der Metalle, was über eine
Schmelzanlage erfolgt. Auch dieser Prozessschritt ist wieder von der Art der Metalle
abhängig. Bei Aluminium braucht dieser Prozessschritt 2 Minuten pro Tonne Endprodukt, bei
normalem Stahl 5 Minuten pro Tonne Endprodukt und bei hochfestem Stahl 7,5 Minuten pro
Tonne Endprodukt. Dieser Schritt schließt den Prozess für die Recycling AG, sodass das
Endprodukt anschließend wieder zum Großkunden gelangen kann.
Recyclingkategorien:
Abbildung 3: Recyclingkategorien
Die Recycling AG bietet das Recycling von Metallschrott für vier verschiedene Kategorien an:
Kategorie 1: Elektroschrott (z.B. Smartphones)
Das zu recycelnde Metall in Elektroschrott ist Aluminium, welches ca. 60% des
Gesamtgewichts der Ware ausmacht. Der Anteil an Edelmetall vom Gesamtgewicht
liegt bei 1%. Das Gewicht pro Produkt wird in dieser Kategorie als „sehr leicht“ definiert,
und die Verschmutzung der angelieferten Ware ist „niedrig“.
Kategorie 2: Kleine Haushaltsgeräte (z.B. Küchenmixer)
In dieser Kategorie ist das zu recycelnde Metall Edelstahl (gleiche Eigenschaften wie
„normaler Stahl“), mit einem Anteil von 70% am Gesamtgewicht der angelieferten
Ware. Es gibt kein Edelmetall und das Gewicht pro Produkt ist „leicht“, während die
Verschmutzung „hoch“ ist.
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Kategorie 3: Große Haushaltsgeräte (z.B. Kühlschrank)
Für große Haushaltsgeräte wird vor allem normaler Stahl verwendet, der einen Anteil
von 60% am Gesamtgewicht des Produktes ausmacht. Auch in dieser Kategorie gibt
es kein zu verwertendes Edelmetall, und das Gewicht der Produkte ist als „schwer“
definiert. Die Verschmutzung der Geräte ist „hoch“.
Kategorie 4: Transportwesen (z.B. Autos)
Die Kategorie Transportwesen zeichnet sich durch die Verwendung vom hochfestem
Stahl, welcher einen Anteil von 70% am Gesamtgewicht ausmacht, aus. Edelmetalle
machen in dieser Kategorie zusätzlich 0,01% des Gesamtgewichts aus. Das Gewicht
der Produkte ist als „sehr schwer“ definiert, und die Verschmutzung als „niedrig“.
Annahme: Sämtliches Metall der Produkte kann später wieder an die Unternehmen recycelt
zurückgegeben werden, es gibt keinen Materialverlust.
Kundenstruktur:
Folgende Großkunden lassen aktuell ihre Altprodukte von der Recycling AG wiederverwerten:
-
Mile: Deutscher Hersteller von Haushaltsgeräten
NMW: Deutscher Autohersteller
Philipps: Niederländisches Unternehmen für Elektrogeräte
Pear: Amerikanisches Unternehmen für Mobilgeräte, Computer und Software
Folgende Tabelle stellt das Auftragsvolumen (Gesamtgewicht in Tonnen) pro Jahr dar:
Mile
NMW
Philipps
Pear
Kategorie 1
-
-
1.200
2.500
Kategorie 2
2.200
-
1.000
-
Kategorie 3
2.800
-
1.600
-
Kategorie 4
-
6.500
-
-
Tabelle 1: Gesamtgewicht in Tonnen pro Kunde
Kostenstruktur:
In der Kostenstelle Recycling fallen insbesondere Materialkosten, Fertigungskosten und
Abschreibungen an. Diese sind in den nachfolgenden Absätzen und Tabellen für Sie
zusammengefasst.
Es fallen Materialkosten in Höhe von 129.554,54 Euro an. Diese sollen direkt auf die Produkte
zugerechnet werden. Als Schlüssel soll der Anteil der verschiedenen Kategorien am
Gesamtgewicht verwendet werden.
In der folgenden Tabelle sind die Fertigungskosten aufgezählt. Die ersten drei Positionen
(Manager Kategorien, Maschinenbediener und Reinigungskraft) können über einen
Zuschlagssatz direkt auf die verschiedenen Kategorien gemäß dem Anteil am Gesamtgewicht
verrechnet werden. Die weiteren Positionen sollen mit Hilfe des TDABC allokiert werden.
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Stelle
Anzahl
Fixgehalt
Bonus
Kosten gesamt Kalkulation
Manager Kategorien
5
31.200 Euro
100 Euro
156.500 Euro
Zuschlag
Maschinenbediener
6
29.120 Euro
100 Euro
175.320 Euro
Zuschlag
Reinigungskraft
3
24.960 Euro
-
74.880 Euro
Zuschlag
Wartungstechniker
2
33.280 Euro
100 Euro
66.760 Euro
TDABC
Aufseher
3
33.280 Euro
100 Euro
100.140 Euro
TDABC
Sicherheitsbeauftragter
1
25.040 Euro
100 Euro
25.140 Euro
TDABC
Büromitarbeiter
2
27.120 Euro
100 Euro
54.440 Euro
TDABC
Logistikbeauftragter
1
31.200 Euro
100 Euro
31.300 Euro
TDABC
IT Spezialist
1
45.520 Euro
464 Euro
45.984 Euro
TDABC
Management
1
62.400 Euro
3.500 Euro
65.900 Euro
TDABC
Tabelle 2: Fertigungsgemeinkosten
Für die Allokation mit Hilfe des TDABC stehen Ihnen zudem folgende Informationen zur
Verfügung:
Um flache Hierarchiestufen zu schaffen, sind die durchschnittlichen Arbeitszeiten aller
Mitarbeitenden identisch. Ungeachtet ihrer Stellen sind alle Mitarbeitenden 8 Stunden je 5
Tage die Woche vor Ort. Das Management geht von 48 Arbeitswochen pro Jahr aus, die
restlichen vier Wochen entsprechen dem Urlaubsanspruch der Mitarbeitenden. Außerdem fällt
jeder Mitarbeiter pro Jahr im Durschnitt für 40 Stunden aufgrund von Krankheit aus.
Unproduktive Arbeitszeit, z.B. durch Pausen, Raucherpausen, Gespräche zwischen
Mitarbeitenden betragen eine Stunde pro Tag und Mitarbeiter.
Der letzter große Kostenblock fällt durch die zahlreichen Maschinen an. In der nachfolgenden
Tabelle finden Sie die verschiedenen Maschinen aufgelistet. Abschreibungen sollen linear
über 15 Jahre erfolgen.
Nummer
Maschinentyp
Anzahl
Kaufpreis
Kosten gesamt
1
LKW
5
97.000 Euro
485.000 Euro
2
Gabelstapler
4
60.000 Euro
240.000 Euro
3
Reinigungsmaschine
2
500.000 Euro
1.000.000 Euro
4
Kärcher
2
1.000 Euro
2.000 Euro
5
Kreissäge Metall
4
1.000 Euro
4.000 Euro
6
Schreddermaschine
2
3.000.000 Euro
6.000.000 Euro
7
Sortiermaschine
2
2.000.000 Euro
4.000.000 Euro
8
Schmelzanlage
1
2.000.000 Euro
2.000.000 Euro
Tabelle 3: Kosten für Maschinen
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Outro:
Nachdem Sie nun alle benötigten Informationen durch das Folgemeeting erhalten haben, gilt
es, die Aufgabe zu lösen. Beim Verlassen des Meetings erinnert Sie der Leiter Controlling
daran, dass die Deadline für das Einreichen der 16.01.2024 um 23:59 ist und eine qualitativ
hochwertige Ausarbeitung erwartet wird. Viel Erfolg!
Die folgende Literatur könnte für die Bearbeitung hilfreich sein (kein Muss!):
Kaplan, R. S. und Anderson, S. R. (2004) Time-Driven Activity-Based Costing. Harvard
Business Review, S. 1-9.
© Institut für Controlling und Unternehmenssteuerung
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