WR-Skript zur Abiturvorbereitung Inhalt 1. Volkswirtschaftslehre .......................................................................................................................... 1 1.1 Ideal- und Realtypen der Wirtschaft ............................................................................................. 1 1.2 Das magische Viereck .................................................................................................................... 4 1.2.1 Preisniveaustabilität ............................................................................................................... 4 1.2.2 Stetiges und angemessenes Wirtschaftswachstum ............................................................... 4 1.2.3 Hoher Beschäftigungsstand.................................................................................................... 6 1.2.4 Außenwirtschaftliches Gleichgewicht .................................................................................... 8 1.2.5 Magisches Sechseck ............................................................................................................... 9 1.2.6 Vereinbarkeit von Zielen(Zielbeziehungen) ........................................................................... 9 1.2.7 Strukturwandel ..................................................................................................................... 10 1.2.8 Übungsaufgaben und Selbstcheck ....................................................................................... 10 1.3 Konjunkturpolitik ......................................................................................................................... 13 1.3.1 Der Wirtschaftskreislauf einer offenen Volkswirtschaft mit staatlicher Aktivität ............... 13 1.3.2 Expansive und Kontraktive Effekte ....................................................................................... 14 1.3.3 Der Konjunkturzyklus ........................................................................................................... 15 1.3.4 Theorie der langen Wellen ................................................................................................... 16 1.3.5 Weitere Konjunkturindikatoren ........................................................................................... 16 1.3.6 Übungsaufgaben und Selbstcheck ....................................................................................... 17 1.4 Wirtschaftspolitik ........................................................................................................................ 19 1.4.1 Nachfrageorientierte Wirtschaftspolitik .............................................................................. 19 1.4.2 Angebotsorientierte Wirtschaftspolitik................................................................................ 20 1.4.3 Aktuelle Phänomene der Wirtschaftspolitik ........................................................................ 22 1.5 Geldpolitik ................................................................................................................................... 25 2. Betriebswirtschaftslehre ................................................................................................................... 26 3. Recht .................................................................................................................................................. 38 1. Volkswirtschaftslehre 1.1 Ideal- und Realtypen der Wirtschaft Idealtypen sind Wirtschaftsformen die theoretisch unter Idealbedingungen vorliegen. Realtypen sind in der Praxis vorhandene Wirtschaftstypen. Freie Marktwirtschaft Zentralverwaltungswirtschaft WR-Skript zur Abiturvorbereitung Soziale Marktwirtschaft Aus den Idelatypen Znetralverwaltungswirtschaft und freie Marktwirtschaft lässt sich der Realtyp der sozialen Marktwirtschaft ableiten. Dieser Realtyp vereint Elemente beider Idelatypen. Die Merkmale der Idealtypen sind: Freie Marktwirtschaft Das Modell der freien Marktwirtschaft ist durch dezentrale Entscheidungsfindungen gekennzeichnet. Zentralverwaltungswirtschaft Die Zentralverwaltungswirtschaft ist durch zentrale Entscheidung, Planung und Kontrolle gekennzeichnet. In der freien Marktwirtschaft regulieren sich die Gütermärkte mit Hilfe des Preises, die Kreditmärkte mit Hilfe des Zinses und die Faktormärkte mit Hilfe des Lohns und des Pachtzinses (Marktautimatismus). Grundvoraussetzungen des Modells: - zentrale Planungsbehörde - Verteilung - keine Produktionsfreiheit, keine Gewerbefreiheit, keine Niederlassungsfreiheit - keine Konsumfreiheit → Zuteilungssystem - kein Freihandel → staatl. Außenhandel; Devisenzwangswirtschaft - keine Vertragsfreiheit - kein Privateigentum an Produktionsmitteln → Kollektiveigentum - keine freie Berufswahl, keine Arbeitsplatzwahl und keine Freizügigkeit Grundvoraussetzungen des Modells: - Nachtwächterstaat - Produktionsfreiheit, Gewerbefreiheit, Niederlassungsfreiheit - Konsumfreiheit - Freihandel - Vertragsfreiheit - Geldwirtschaft - Privateigentum an den Produktionsmitteln - freie Berufswahl, Arbeitsplatzwahl und Freizügigkeit Zusammenfassung • Die Wirtschaftsordnung ist ein Ordnungsgefüge, das sie Beziehungen der Wirtschaftssubjekte untereinander regelt und die wirtschaftlichen Handlungen der Wirtschaftssubjekte miteinander koordiniert. Vergleichskriterien Planungssystem Marktwirtschaft dezentrale Planung Zentralverwaltungswirtschaft zentrale Planung WR-Skript zur Abiturvorbereitung Koordinationssystem Motivationssystem - Haushalte - Unternehmen Eigentumsordnung Vertragsfreiheit Gewerbefreiheit Konsumfreiheit Funktion des Staates Festsetzung der Löhne und Gehälter Märkte mittels Preismechanismus Salden der Planbilanzen Nutzen Gewinn Privateigentum ja ja ja Festlegung eines Ordnungsrahmens Einzel- bzw. Kollektivverträge (Tarif) Bedarfsdeckung Grad der Planerfüllung Kollektiveigentum nein nein stark eigeschränkt umfangreiche Planungsund Steuerungsfunktion Festsetzung durch Plan Die soziale Marktwirtschaft wurde nach dem zweiten Weltkrieg in Deutschland eingeführt. Politisch setzte dies Ludwig Erhardt(1897-1977) in seiner Zeit als Wirtschaftsminister und Kanzler um. Die Theoretische Grundlage lieferte Walter Eucken (1891-1950). Für die Marktwirtschaft (MW) benannte er konstituierende Prinzipien, die den Aufbau der MW sichern. Zusätzlich gibt es noch regulierende Prinzipien, welche den Erhalt der MW sichern sollen. Innerhalb der sozialen Marktwirtschaft sollen das Individualprinzip (Freiheiten, wie Eigentum, Gewerbefreiheit) und das Sozialprinzip (sozialer Ausgleich) gelten. staatliche Eingriffe bei... Es gilt die Faustregel: So viel Markt wie möglich so viel Staat wie nötig. Anders gesagt soll der Staat nur eingreifen, wenn der Markt versagt. Mögliches Marktversagen ist: externen Effekten Informationsasymmetrie Monopolbildung Externe Effekte bewirken, dass die Kosten einer wirtschaftlichen Handlung, nicht beim Verursacher anfallen. Bsp: Umweltverschmutzung durch Großkonzerne Informationsasymmetrie liegt immer vor, wenn eine Marktseite weniger Informationen hat, als eine andere. Dies führt zum Prinzipal-Agent-Problem, bei dem der Agent für sich und nicht für den Prinzipal arbeitet. Ein Monopol ist eine Marktform, bei der auf einer Marktseite (meist Angebotsseite) nur ein Marktteilnehmer vorhanden ist. Dieser hat eine große Marktmacht, was dazu führt, dass dieser seine Macht Missbrauchen kann, durch Preis- und Mengenänderungen. WR-Skript zur Abiturvorbereitung 1.2 Das magische Viereck Das magische Viereck leitet sich aus dem „Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft“ vom 08.06.1967 ab. Die vier wesentlichen Ziele sind: • Preisniveaustabilität • Stetiges und angemessenes Wirtschaftswachstum • Außenwirtschaftliches Gleichgewicht • Hoher Beschäftigungsstand 1.2.1 Preisniveaustabilität Der Preis für Güter hat bestimmte Funktionen. Beispiele hierfür sind die Signalfunktion, die Ausgleichsfunktion und die Allokationsfunktion. Diese Funktionen können bei einem stark schwankendem Preisniveau nicht wahrgenommen werden. Ein Beispiel hierfür ist die Hyperinflation ende der 1920er Jahre. Inflation führt überdies zu einer ungerechten Einkommensund Vermögensverteilung. Weitere Folgen sind eine stetig steigende Lohn-Preisspirale, die kalte Progression und die Flucht in Sachwerte. Gründe für Inflation: • Nicht-monetäre Gründe (starker Nachfrageschub → relative Verknappung von Gütern → steigender Preis) Hier beruht die Inflation auf den mangelnden Ressourcen. • Monetäre Gründe (Erhöhung von Zentralbankgeld → mehr Kreditvergabe → mehr • Konsum → höherer Preis) Hier beruht die Inflation auf einem starken Missverhältnis von Geld- zu Gütermenge. Angebotsinflationsdruck → Kostensteigerung auf Angebotsseite verursacht höhere Preise (Bsp: gestiegene Energiepreise durch Ukraine-Krieg) In Manchen Fällen spricht man hier auch von importierter Inflation. Messung von Inflation(Indikator): Gemessen wird die Inflation am harmonisierten Verbraucherpreisindex(HVPI). Hierbei wird ein Warenkorb angenommen, der für die Haushalte repräsentativ ist und beobachtet, wie sich der Preis dieses Warenkorbs verändert. Berechenung: ππππ = ππ«ππ’π¬ ππ’ππ¬ππ¬ πππ‘π«∗πππ ππ«ππ’π¬ πππ¬π’π¬π£ππ‘π« Zielstellung: In Deutschland und dem Euroraum ist eine Inflation von knapp unter 2 % angestrebt. Dies ist einerseits eine zumutbare Preissteigerung, andererseits wird so eine Deflationsspirale vermieden. Diese hätte wirtschaftlich noch schwerwiegendere Folgen als eine leichte Inflation. 1.2.2 Stetiges und angemessenes Wirtschaftswachstum Messung von Wirtschaftswachstum (Indikator): Gemessen wird das Wirtschaftswachstum am Bruttoinlandsprodukt (BIP). Das Bruttoinlandsprodukt umfasst wertmäßig alle Waren und Dienstleistungen, die innerhalb einer zeitlichen Periode innerhalb eines Landes produziert/geleistet wurden. Zielstellung: WR-Skript zur Abiturvorbereitung Hierbei soll das Wachstum zwei Eigenschaften haben. Es soll einerseits angemessen wachsen. Angestrebt wird ein Wert von etwas mehr als 2%. Andererseits soll das Wachstum stetig sein. Es soll eben nicht ein Anstieg des BIPs von 5% im einen Jahr sein und im darauffolgenden Jahr nur ein Wachstum von 0,5%, sondern möglichst gleichbleibend. BIP und Wohlstand: Wohlstand durch Wachstum ist eine in der Wirtschaftspolitik oft benutzte Parole. Jedoch sollte man das BIP als reinen Indikator für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Landes sehen. Es kann nicht pauschal von einer Korrelation von Wachstum und Wohlstandsmehrung in der Gesellschaft gesprochen werden. Folgende Aspekte sprechen gegen das BIP als Wohlstandsindikator: • • • • • Keine Auskunft über Einkommensverteilung Immaterieller Wohlstand (Arbeitsbedingungen, Gesundheit etc…) wird nicht beachtet Reparations- und Instandhaltungsmaßnahmen fließen ein (Bsp: Reparatur der Heizung im Haus ist de facto nur Wohlstandswahrung, aber keine Mehrung. Der Geldbetrag für die Rechnung des Klempners fließt aber in das BIP ein) Keine Beachtung von ehrenamtlichen Tätigkeiten und Hausarbeiten Höheres BIP = höhere Ressourcen- und Umweltbelastung ≠ Wohlstand Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung(VGR): Das BIP kann auf mehreren Wegen berechnet werden, die im Folgenden dargestellt sind: Entstehung Produktionswert - Vorleistungen Verwendung Privater Konsum Verteilung Lohneinkommen + staatl. Konsum + Gewinn- und Vermögenseinkommen + Bruttoinvestitionen + indirekte Steuern + Exporte - Importe - Subventionen + Abschreibungen - Einkommen der Inländer im Ausland + Einkommen der Ausländer im Inland BIP Zu Marktpreisen WR-Skript zur Abiturvorbereitung Dies wird auch VGR genannt. Sie hat eine hohe Bedeutung für die Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik. Auf der Datenbasis die gewonnen wird, werden politische Entscheidungen in diesen Politikfeldern getroffen. In der Entstehungsrechnung (Produktionsansatz) wird das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ermittelt, indem die Wertschöpfung aller Produzenten als Differenz zwischen dem Wert der produzierten Waren und Dienstleistungen (Produktionswert) und dem Vorleistungsverbrauch berechnet wird und dann die Gütersteuern (wie Tabak-, Mineralöl- oder Mehrwertsteuer) hinzugefügt und die Gütersubventionen abgezogen werden. Eine andere Möglichkeit, das Bruttoinlandsprodukt (BIP) zu errechnen, setzt an der Nachfrageseite an. Im Rahmen der Verwendungsrechnung (Ausgabenansatz) werden die Ausgaben für die Endverwendung von Waren und Dienstleistungen ermittelt, das heißt private und staatliche Konsumausgaben, Investitionen sowie Außenbeitrag (= Exportüberschuss = Exporte minus Importe). Die Berechnung des Bruttoinlandsprodukt (BIP) über die Verteilungsseite ist in Deutschland wegen fehlender Basisdaten über die Unternehmens- und Vermögenseinkommen nicht möglich. Die Verteilungsrechnung zeigt die im Rahmen der Produktionstätigkeit entstandenen und geleisteten Einkommen: Arbeitnehmerentgelt der Inländer, Unternehmens- und Vermögenseinkommen, Produktions- und Importabgaben an den Staat, Subventionen des Staates, Abschreibungen, Primäreinkommen aus der beziehungsweise an die übrige(n) Welt. Unterschied BIP-BNE Man unterscheidet das BIP vom Bruttonationaleinkommen (BNE seit 1995, vorher Bruttosozialprodukt). BNE: Summe aller Güter und Dienstleistungen, die von einer Volkswirtschaft in einem Jahr erzeugt werden und zu Preisen bewertet sind. (Inländerkonzept – personenbezogen!) BIP: Summe aller Güter und Dienstleistungen, die in einer Volkswirtschaft in einem Jahr erzeugt werden und zu Preisen bewertet sind. (Inlandskonzept – gebietsbezogen!) Berechnung des BNE, Nettonational- und Volkseinkommen Bruttoinlandsprodukt (BIP) zu Marktpreisen - Einkommen der Ausländer im Inland + Einkommen der Inländer im Ausland = Bruttonationaleinkommen (BNE) zu Marktpreisen - Abschreibungen (D, Ie) = Nettonationaleinkommen (Nettosozialprodukt) zu Marktpreisen - indirekte Steuern (Tind) + Subventionen (ZU) = Volkseinkommen (Nettonationaleinkommen zu Faktorkosten) 1.2.3 Hoher Beschäftigungsstand Arbeitslosigkeit wirkt sich negativ auf die Wirtschaft, die Menschen in Arbeitslosigkeit und deren Psyche aus. Kaufkraft geht verloren, das Selbstbild wird schlechter, psychische WR-Skript zur Abiturvorbereitung Erkrankungen und die daraus resultierenden Behandlungskosten fallen an. Somit ist die Begründung eines hohen Beschäftigungsstandes und somit wenig Arbeitslosigkeit relativ klar. Messung von Arbeitslosigkeit (Indikator): Gemessen wird die Arbeitslosigkeit mit der sogenannten Arbeitslosenquote(ALQ). Sie berechnet sich nach folgender Formel: π΄πΏπ = π ππππ π‘πππππ‘π π΄πππππ‘π πππ π∗100% πππ£πππ πΈππ€ππππ ππππ ππππ Problematisch sind hierbei 2 Phänomene, die die Aussagekraft der ALQ einschränken: • • Verdeckte Arbeitslosigkeit (Menschen in Umschulung, mit Teilzeitstellen und Anspruch auf Zuschuss vom Staat, die arbeitslos und krank gemeldet sind) Stille Reserve (arbeitslose Menschen, die sich nicht arbeitslos gemeldet haben Zielstellung: In Deutschland wird das Ziel der Vollbeschäftigung verfolgt, dass meint, dass die ALQ unter 2% liegt. Der Wert muss nicht 0 sein, da es im neoklassischen Wirtschaftsverständnis(siehe Kapitel 1.4 Wirtschaftspolitik) eine natürliche Arbeitslosigkeit gibt. Zudem ist es schier unmöglich jeder potentiellen Erwerbsperson eine Arbeit zu verschaffen, beispielsweise durch friktionelle Arbeitslosigkeit. Arten der Arbeitslosigkeit: • • • • Saisonal (jahreszeitliche Produktionsschwankungen) Friktional (Umzug in neue Region, arbeitssuchend und noch nicht fündig) Konjunkturell (höhere ALQ in Depressions- und Rezessionsphasen Strukturell (bedingt durch Strukturwandel, langfristig, mehrere Erscheinungsformen) o Technologisch (technische Innovation ersetzt menschliche Arbeitskraft) o Sektoral o Regional o demografisch WR-Skript zur Abiturvorbereitung 1.2.4 Außenwirtschaftliches Gleichgewicht Import und Export stehen immer im Gleichgewicht. Der Export des einen Landes ist der Import des anderen Landes. Zusammengefasst werden alleZahlungsströme zwischen IN- und Ausland in der Zahlungsbilanz. Messung von Arbeitslosigkeit (Indikator): Gemessen wird der sogenannte Außenbeitrag, der sich aus dem Saldo aller Exporte und Importe in der Leistungsbilanz ergibt. Außenbeitrag = Export – Import Ein positiver Außenbeitrag hat unter Umständen eine importierte Inflation zur Folge. Gründe hierfür können steigende Preise der Importgüter, als auch ein Ungleichgewicht zwischen Güter- und Geldmenge sein. Bei einem negativem Außenbeitrag kommt es zu einer importierten Inflation. Die Güter werden im Ausland und nicht im Inland produziert, wodurch keine neuen Arbeitsplätze beziehungsweise bestehende wegfallen. Überdies beeinflusst der Außenbeitrag den Wechselkurs der Währung wenn zu starke Überschüsse und Defizite vorhanden sind. Dies kann den Absatz von Waren im Ausland wiederum beeinflussen. Sonderrolle Deutschlands: Die Begründung des außenwirtschaftlichen Ggw. Wurde gerade gegeben. Da Deutschland allerdings eine stark exportabhängige Wirtschaft hat, braucht es in Deutschland permanent einen positiven Außenbeitrag. Das Argument des Wechselkurses und der Inflation ist auch nur bedingt zutreffend, da Deutschland in der Eurozone ist und der Euro als ganzes und nicht nur in Deutschland auf- und abgewertet wird. WR-Skript zur Abiturvorbereitung 1.2.5 Magisches Sechseck Die Wirtschaftswissenschaften sind keine abgeschottete DIsziplin der Wissenschaft und können in einem gesamtgesellschaftlichen Kontext auch nicht isoliert betrachtet werden. SO kam es zur Erweiterung des magischen Vierecks. Problematisch hierbei ist jedoch, dass mehr Ziele auch eine erhöhte Schwierigkeit für die Erreichung aller Ziele bedeutet, da es mehr Dinge zu beachten gibt. 1.2.6 Vereinbarkeit von Zielen(Zielbeziehungen) Es gibt drei Zielbeziehungen: • • • Zielkomplementarität/Zielharmonie Zielkonkurrenz/Zielkonflikt Zielindifferenz Bei Zielharmonie verstärken sich die Erreichung der Ziele gegegnseitig. Die Indifferenz als Zielbeziehung bedeutet, dass sich die Ziele gegenseitig nicht beeinflussen. Dies ist allerdings sehr theoretisch. Durch das „lostreten“ einer Wirkungskette, kann praktisch nie davon ausgegangen werden, dass sich die Ziele nicht in irgendeiner Form (zumindest mittelbar) beeinflussen. Bei einem Zielkonflikt beeinflussen sich die Erreichung beider Ziele gegenseitig negativ. Das vielleicht prominenteste Beispiel ist die Phillips-Kurve: WR-Skript zur Abiturvorbereitung ALQ ↑ → Inflationsrate↓ Inflationsrate ↓ → ALQ ↑ Preisniveaustabilität und hoher Beschäftigungsstand stehen somit im Widerspruch zueinander. Achtung: Dieser Zusammenhang ist Teil der neoliberalen/neoklassischen angebotsorientierten Wirtschaftslehre. Zwar ist es in einer linearen Wirkungskette logisch, die Praxis zeigt aber, dass dies nicht zwnagsläufig zusammenhängen muss(siehe Ukraine-Krieg). Da Inflation manigfaltige Ursachen haben kann, kann man diesen Zusammenhang maximal lim Zuge einer Lohn-Preis-Spirale herstellen. 1.2.7 Strukturwandel Strukturwandel ist die mit der marktwirtschaftlichen Dynamik verbundenen, mehr oder weniger stetigen Veränderungen der wertmäßigen Beiträge der einzelnen Wirtschaftszweige und Wirtschaftssektoren zum Bruttoinlandsprodukt. Beispielregionen für Strukturwandel in Deutschland: • • • Ruhrgebiet (Bergbau mit schwindender Bedeutung) Lausitz (Bergbau mit schwindender Bedeutung) Eisenach (Schließung Opelwerk) Arten von Strukturwandel: Sektoraler Strukturwandel vollzeiht sich in bestimmten Wirtschaftsbereichen. Beispielsweise hat der Bergbau in Deutschland mittlerweile fast keine bedeutung mehr. Andererseits gewinnt die chemisch-pharmazeutische Industrie seit Jahren an Bedeutung für das BIP. Regionaler Strukturwandel vollzieht sich hingegen in einer bestimmten Region. So ist das Ruhrgebiet mittlerweile eine strukturschwache Region durch den Wegfall des Bergbaus. Ein Positivbeispiel ist das Teslawerk in Grünheide. Die beiden Arten des Strukturwandels treten zumeist zusammen auf. Wenn ein Wirtschaftsbereich an Bedeutung verliert, sind am meißten Regionen betroffen, in denen diese Industrie eine hohe Bedeutung hat. 1.2.8 Übungsaufgaben und Selbstcheck Folgende Skills solltest dun eben dem oben dargestellten Inhalt haben: • • • Statistiken auswerten, ggf. Indikatoren berechnen anhand von Statistiken Logische Wirkungsketten entwickeln ausgehend von einem wirtschaftlichen Ereignis Aktuelle Bezüge zu wirtschaftlichen (politischen Themen herstellen) WR-Skript zur Abiturvorbereitung Abituraufgaben zur Übung 1)Analysieren Sie die wirtschaftliche Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland im angegebenen Zeitraum anhand geeigneter Indikatoren. (10 BE) )2013 2010 2011 2012 2013 2014 107,8 111,3 105 106,2 -- Reales Bruttoinlandsprodukt1 (Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent) 4,2 3 0,7 0,7 1,6 Arbeitslosenquote, BA2 7,7 7,1 6,8 6,8 6,8 Verbraucherpreise3 (Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent) 1,1 2,1 2 1,6 1,8 -103,6 -4,1 -19,7 -0,8 4,3 0,2 2,5 0,1 12,3 0,4 6,2 6,2 7 6,8 6,9 Ifo – Geschäftsklimaindex – Jahresdurchschnittswerte Finanzierungssaldo des Staates4 in Milliarden Euro in Relation zum nominalen Bruttoinlandsprodukt (in Prozent) Leistungsbilanzsaldo in Relation zum nominalen Bruttoinlandsprodukt (in Prozent) 1 In Preisen des Vorjahres 2 Bezogen auf die zivilen Erwerbspersonen (BA) 3 Verbraucherpreisindex 4 In der Abgrenzung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (ESVG) Quellen: Angaben nationaler und internationaler Institutionen; Berechnungen des DIW Berlin 2013 und 2014: Prognose des DIW Berlin 1) Ab 1. Januar 2015 bekommen die meisten Arbeitnehmer in Deutschland einen Lohn von mindestens 8,50 Euro in der Stunde. Diskutieren Sie die Einführung des Mindestlohnes anhand von je zwei Pro-und KontraArgumenten. (5 BE) 2015 2) Beurteilen Sie den Einfluss steigender Löhne auf die Binnenwirtschaft und die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen. (8 BE) 2016 3) Beschreiben Sie die Bedeutung der volkswirtschaftlichen Gesamt-rechnungen (VGR) für die Wirtschafts- und Sozialpolitik. Erläutern Sie die Arten der Erfassung des Bruttoinlandsprodukts und beurteilen Sie dessen Aussagekraft als Maßgröße für den Wohlstand einer Gesellschaft. (10 BE) 2016 NT WR-Skript zur Abiturvorbereitung 4) Beschreiben Sie, wie der Verbraucherpreisindex in der Bundesrepublik Deutschland ermittelt wird. Beurteilen Sie, ob im angegebenen Zeitraum das volkswirtschaftliche Ziel der Preisniveaustabilität erreicht werden konnte. Stellen Sie anhand einer schlüssigen Wirkungskette mögliche Auswirkungen deflationärer Tendenzen auf die volkswirtschaftliche Entwicklung dar. 11 BE (2017) Verbraucherpreisentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland Jahr Verbraucherpreisindex (insgesamt, 2010 = 100) Veränderung gegenüber Vorjahr in % 5) 2011 2012 2013 2014 2015 102,1 104,1 105,7 106,6 106,9 2,1 2,0 1,5 0,9 0,3 Nennen Sie die wirtschaftspolitischen Ziele des „Magischen Vierecks“ (nach Karl Schiller/Ludwig Erhardt) und erläutern Sie zwei Arten von Zielbeziehungen. Stellen Sie das „neue Magische Viereck“ dar und ordnen Sie den Zielen quantitative Indikatoren zu. Beschreiben Sie die wesentlichen Unterschiede im Vergleich zum „Magischen Viereck“ (nach Karl Schiller/Ludwig Erhardt). Neue Maßstäbe für Wohlstand Fast ein halbes Jahrhundert ist es her, dass Karl Schiller, damals Wirtschaftsminister in der großen Koalition, die wirtschaftspolitischen Ziele des „Magischen Vierecks“ formulierte […]. Gilt dieser Handlungsrahmen noch? Oder muss eine Gesellschaft heute neue Ziele entwickeln, um ihre Zukunft zu sichern? Mit diesen Fragen haben sich Sebastian Dullien, Wirtschaftsprofessor an der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft und IMK-Forscher, Till van Treeck, eingehend auseinandergesetzt. Dabei herausgekommen ist ein „neues Magisches Viereck“ für das 21. Jahrhundert […]. Die vier wirtschaftspolitischen Oberziele in ihrem „neuen Magischen Viereck“ sollten gleichberechtigt sein […] und sich […] anhand von Indikatoren konkret messen lassen. Ihre Vorschläge zu den einzelnen Zielen sind: Materieller Wohlstand und ökonomische Nachhaltigkeit. Ein hohes Wirtschaftswachstum und Beschäftigungsvolumen sind weiterhin wichtige Maßstäbe [...]. Hinzu kommen als Indikatoren die privaten und staatlichen Konsumausgaben und ein symmetrisches Leistungsbilanzziel: Maximal drei Prozent Defizit oder Überschuss halten die Wissenschaftler für ungefährlich. […] Nachhaltigkeit der Staatstätigkeit und der Staatsfinanzen. WR-Skript zur Abiturvorbereitung Hier sind einige Indikatoren bereits fest vorgegeben: Die Regeln der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse sowie die Verpflichtungen auf europäischer Ebene, zum Beispiel aus dem Fiskalpakt. Als zusätzliche Messgröße empfehlen die beiden Wirtschaftswissenschaftler die Nettoinvestitionen des Staates. Soziale Nachhaltigkeit. […] Zentral sind hier zwei Verteilungsindikatoren: die Armutsquote und das Verhältnis zwischen den verfügbaren Haushaltseinkommen des obersten und des untersten Fünftels der Bevölkerung zu beachten. Verbessern ließe sich die Verteilungssituation aus Sicht der Forscher über einen Mindestlohn zur Verringerung der Lohnspreizung, Quotenregelungen für mehr Geschlechtergerechtigkeit sowie steuerpolitische Maßnahmen. Ökologische Nachhaltigkeit. Für dieses Ziel haben Dullien und van Treeck die bereits vorhandenen Vorgaben berücksichtigt, also die Reduzierung der Treibhausgasemissionen, den Ausbau der erneuerbaren Energien und die Verringerung des Primärenergieverbrauchs. Achtung: Die einzelnen Bereiche der VWL sind eng miteinander verflochten. Die Abitur-Beispielaufgaben könnten daher auch in einem anderen Bereich verortet sein. Gerade wenn es um die Analyse von Indikatoren geht sind Überschneidungen zur Konjunktur gegeben. 1.3 Konjunkturpolitik 1.3.1 Der Wirtschaftskreislauf einer offenen Volkswirtschaft mit staatlicher Aktivität Offene VWL: Handel mit dem Ausland wird berücksichtigt Geschlossene VWL: Keine Berücksichtigung des Auslands Es werden nur Geldströme beachtet, Güterströme werden in diesem Modell nicht betrachtet. (siehe Pfeilrichtung Export und Import) Wichtig ist, dass die Geldströme die in einen Sektor hineingehen wertmäßig denen gleich sind, die aus einenm Sektor hinausfließen. Bsp VV: ππ» + (π + π) = πΎπππ‘ WR-Skript zur Abiturvorbereitung Das Sparen des Staates wäre ein theoretischer Strom, der genau entgegengesetzt zur Kreditaufnahme des Staates verläuft. Da Staaten aber tendenziell eher Schulden aufnehmen, als Sparen wird dieser Strom vernachlässigt. Sollte es doch auftreten, dass der Staat spart, würde man dies mit πππ‘ abkürzen. Bezieht man sich auf Deutschland, dann kann man (X-M) als EIngagn beim Sektor VV verbuchen, siehe 1.2.4. Neben der Darstellung in einer Gleichung besteht auch die Möglichkeit die Zuflüsse und Abflüsse in einem T-Koto darzustellen (siehe Buchführung). Bsp VV: ππ» + (π + π) = πΎπππ‘ SOLL(ABFLÜSSE) HABEN(ZUFLÜSSE) π²ππΊπ ππ» (π + π) Aus dem Wirtschaftskreislauf ergibt sich auch die Berechnung des BIPs, auch Sicht der Verwendung (siehe VGR). Die gesamtwirtschaftliche Nachfrage ist: π΅πΌππ = πΆπ» + πΆππ‘ + πΌ ππ + (π − π) 1.3.2 Expansive und Kontraktive Effekte Anhand von WIrkungsketten kann aufgezeigt werden, wie sich Handlungen wirtschaftlicher Akteure auswirken können. Es handelt sich im Prinzip um „Wenn, dann…“ Beziehungen, die mehrstufig sind. Hierbei können expansive (positiv verstärkende) und kontraktive(negativ verstärkende) Effekte unterschieden werden. Bsp: Eine Erhöhung der staatlichen Nachfrage ha teine erhöhte Produktion zur Folge. Hierfür muss die Produktion ausgeweitet werden, was wiederum die Einstellung von neuem Personal zur Folge hat. Dadurch erhöht sich das Volkseinkommen und es kann mehr konsumiert werden. Diesen Gedanken könnte man ewig weiterdenken und es würde eine immer weiterführende sich selbst verstärkende Dynamik ergeben. Man nennt dies auch Multiplikatoreffekte. Achtung: Realwirtschaftlich existieren auch immer gegenläufige Effekte, die den NettoEffekt der wirtschaftlichen Handlung(Bsp: Steuersenkung/Steuererhöhung) schmälern oder sogar ganz neutralisieren. WR-Skript zur Abiturvorbereitung 1.3.3 Der Konjunkturzyklus Der Konjunkturzyklus beschreibt die wirtschasftliche Entwicklung eines Landes anhand des Bruttoinlandsproduktes und durchläuft idealtypisch 4 Phasen. • • • • Expansion (Aufschwung) Boom Rezession(Abschwung) Depression Im Folgenden sind die Charakteristika der einzelnen Phasen dargestellt. Kriterium Expansion Boom Rezession Depression Nachfrage Produktionskapazität Nimmt zu/hoch Wächst Sehr hoch Maximale Auslastung Nimmt ab Sinkt Sehr gering Am Tiefpunkt Arbeitslosigkeit Sinkt Vollbeschäftigung Steigt Am Höhepunkt Stimmung der Wirtschaft Gut Sehr gut Schlecht Am Tiefpunkt Löhne und Presie Steigen Am Höhepunkt Fallen Am Tiefpunkt Der langfristige Ansteig des BIPs wird Trend genannt. WR-Skript zur Abiturvorbereitung 1.3.4 Theorie der langen Wellen Das Konzept des konjunkturzyklus wurde vom russichen Ökonom Nikolai D. Kondratieff (* 1892, † 1938) erstmals im Jahr 1926 erwähnt. Dabei geht er davon aus, dass die Wirtschaft langen Wellen von rund 50 Jahren unterliegt. Auslöser für jeden neue Welle, also Expansion und auch Boom ist jeweils eine Basisinnovation, die die Wirtschaft langfristig ankurbelt. 1.3.5 Weitere Konjunkturindikatoren Es gibt drei Arten von Indikatoren, die der Beurteilung der wirtschaftlichen Situation dienen, die im folgenden dargestellt sind. Allerding ist die Beurteilung der Lage anhand der Indikatoren immer kritisch zu reflektieren. Einige Beispiele für Probleme der Beurteilung der wirtschaftlichen Lage anhand von Indikatoren sind im Folgenden aufgelistet: • • • Externe Effekte bleiben unberücksichtigt (Depressionen im Vorfeld des Aufschwungs) Frühindikatoren beruhen auf Prognosen, krisenanfällig Bereits veränderte Situationen führen bei Spätindikatoren zu falschen Schlussfolgerungen So muss für die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage im geeignetem Fall eine Vielzahl von Indikatoren herangezogen werden, um eine optimale Beurteilung vornehmen zu können. WR-Skript zur Abiturvorbereitung 1.3.6 Übungsaufgaben und Selbstcheck 1) Stellen Sie das Kreislaufmodell einer geschlossenen, evolutorischen Volkswirtschaft ohne staatliche Aktivität dar und beschriften Sie die Geldströme. Erläutern Sie anhand dieses Kreislaufmodells, inwiefern eine einmalige zusätzliche Nettoinvestition einen Verstärkungseffekt auslösen kann. (7 BE) 2017 2) Beurteilen Sie Subventionen anhand von je drei Pro- und drei Kontra-Argumenten. (7 BE) 2017 NT 3) Beschreiben Sie mögliche Auswirkungen eines steigenden verfügbaren Einkommens der privaten Haushalte auf die volkswirtschaftliche Entwicklung. (4 BE) 2014 4) Skizzieren Sie über eine graphische Darstellung einen idealtypischen Konjunkturzyklus und analysieren Sie die wirtschaftliche Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland im Zeitraum von 2009 bis 2012 unter Einbeziehung von vier Indikatoren. (12 BE) 2014 Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent (außer Arbeitslosenquote) 2009 2010 2011 2012 verfügbares Einkommen der privaten Haushalte -1,0 2,6 3,2 2,3 Produktion im produzierenden Gewerbe -15,5 10,3 6,7 -0,4 Auftragseingang in der Industrie -26,0 29,9 10,4 -0,7 8,2 7,7 7,1 6,8 -0,2 0,5 1,7 0,8 Bruttoanlageinvestitionen -10,1 5,5 6,2 -2,1 Exporte -14,3 14,2 7,8 4,1 Importe -9,4 13,0 7,4 2,3 0,4 1,1 2,3 2,0 -4,2 6,0 3,4 1,9 Arbeitslosenquote * Konsumausgaben der privaten Haushalte (preisbereinigt, real) Verbraucherpreisindex Volkseinkommen * Arbeitslosenquote: in Prozent; Abgrenzung der Bundesanstalt für Arbeit (BA); bezogen auf alle Erwerbspersonen 5) Analysieren Sie die konjunkturelle Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland anhand von vier geeigneten Indikatoren. Beurteilen Sie, ob die prognostizierte Entwicklung eingetreten ist. (12 BE) 2020 WR-Skript zur Abiturvorbereitung 2018 2019 20201 20211 Wachstum in % 1,5 0,6 -6,5 4,9 % 7,4 7,1 4,7 5,2 Einheit Bruttoinlandsprodukt2,3 Leistungsbilanzsaldo5 Erwerbstätige Tausend 44.854 45.236 44.762 44.585 Registrierte Arbeitslose Tausend 2.340 2.267 2.719 2.700 Arbeitslosenquote6 % 5,2 5,0 6,1 6,1 Verbraucherpreise3 Wachstum in % 1,8 1,4 0,6 1,6 Mrd. Euro 1,9 1,5 -6,0 -3,9 Finanzierungssaldo des Staates7 WR-Skript zur Abiturvorbereitung 1.4 Wirtschaftspolitik Eine Kernfrage volkswirtschaftlicher Überlegungen ist „Wie viel Staat braucht es?“. Gerade im Bereich der Wirtschaftspolitik, wird diese Frage stark diskutiert. Grundsätzlich kann man zwei theoretische Konzepte unterscheiden, die angebots- und die nachfrageorientierte Wirtschaftspolitik. DIese werden im Folgenden gegenübergestellt. 1.4.1 Nachfrageorientierte Wirtschaftspolitik 1. Der Begründer: John Maynard Keynes • • • • geboren am 5.6. 1883 in Cambridge, Studium der politischen Ökonomie in Cambridge 1936: Veröffentlichung „The general theory of employment, interest and money“ gestorben am 21.4. 1946 in Ripe/Sussex 2. Die Grundgedanken • • • Die Selbsthilfekräfte des Marktes reichen nicht aus, um Vollbeschäftigung herzustellen. Der Staat hat die Aufgabe, mit einer antizyklischen Fiskalpolitik für Vollbe-schäftigung zu sorgen. Der zentraler Ansatzpunkt für staatliche Konjunkturpolitik ist die gesamtwirtschaftliche Nachfrage. Haushalts- Haushalts- rücklage defizit 3. Das wirtschaftspolitische Konzept • • • • • Der Staat muss die gesamtwirtschaftliche Nachfrage beeinflussen. Das Hauptinstrument ist die Fiskalpolitik Initialzündung über CST Finanzierung der Konjunkturprogramme über höhere Staatsverschuldung (deficit spending) In Zeiten konjunktureller Erholung: Haushaltskonsolidierung Definition Fiskalpolitik: Das Bestreben des Staates, durch Veränderungen der Staatseinnahmen und –ausgaben stabilisierend auf den Wirtschaftsablauf einzuwirken 4. Fiskalische Maßnahmen zur Beeinflussung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage CST: Erhöhung der staatlichen Nachfrage (z.B. Bau von Straßen und öffentlichen Gebäuden, Umweltschutz, usw.) CH: direkte und indirekte Steuern(z.B. Lohn- und Einkommenssteuer, Mehrwertsteuer), Transferzahlungen (Renten, Kindergeld, Arbeitslosengeld, usw.) Ibr: Subventionen, Gestaltung der Abschreibungsmöglichkeiten (Sonderabschreibungen, erhöhte Abschreibungen), Investitionsprämien (werden mit der Einkommenssteuerschuld verrechnet) X: Exportförderungen WR-Skript zur Abiturvorbereitung 5. Kritik an der nachfrageorientierten Wirtschaftspolitik • • • • • • Die Staatsverschuldung steigt, da in Hochkonjunkturzeiten meist nicht gespart wird. Zeitproblem: Wann ist der richtige Zeitpunkt für eine Konjunkturbelebung? Umfang des Konjunkturprogramms ist nicht sicher zu bestimmen. Time-lags: Es gibt Verzögerungen bis zum Beschluss des Konjunkturprogramms (inside-lags) und Verzögerungen bis die Maßnahme in der Volkswirtschaft wirkt (outside-lags). Netto resultiert prozyklische Politik durch die zeitliche Verzögerung Strukturbedingte Wachstumsstörungen werden nicht berücksichtigt. 1.4.2 Angebotsorientierte Wirtschaftspolitik 1. Wichtigster Begründer: Milton Friedman • • • • • geboren am 31.7.1912 in Brooklyn, N.Y. amerikanischer Nationalökonom Gegenwerk zu Keynes: A Theory of the Consumption Function (1957) wichtiges Werk: Capitalism and Freedom (1962) 1976: Nobelpreis 2. Die Grundgedanken • • Die Marktkräfte bewirken mittel- bis langfristig automatisch ein Gleichgewicht bei Vollbeschäftigung. (unsichtbare Hand des Marktes) Bei funktionsfähigen Märkten ist staatliche Konjunkturpolitik überflüssig. WR-Skript zur Abiturvorbereitung • • • Der zentrale Ansatzpunkt für staatliche Wirtschaftspolitik ist das gesamtwirtschaftliche Angebot. Saysches Theorem – Überproduktion nicht möglich, das Angebot schafft sich eigene Nachfrage Langfristig ist der entscheidende Faktor für Volkseinkommen und Beschäftigung eine Veränderungen der Geldmenge. 3. Das wirtschaftspolitische Konzept • Geldpolitik: Der Staat soll sich weitestgehend zurückziehen, um Aufgabe: optimale Geldversorgung die Stabilität des privaten Sektors (H und U) nicht zu der Wirtschaft. stören. Möglich als Geldmengenpolitik oder • Das Hauptinstrument ist die Geldpolitik (kein Einfluss als Zinspolitik. des Staates) Fischer´sche Geldverkehrsgleichung: Definition Staatsquote: Das BIP reagiert auf die Veränderung der Geldmenge, wobei das Anteil der Ausgaben aller GebietskörBIP der monetären Nachfrage entspricht. perschaften und Sozialversicherungen H*P = M*U am BIP in Marktpreisen. H= Handelsvolumen P= Preis M= Geldmenge U= Umlaufgeschwindigkeit • Der Staat hat lediglich für günstige Rahmenbedingungen zu sorgen: Abbau von Staatsquote, Steuerquote und der Staatsverschuldung (letzteres wirkt sich positiv auf das Zinsniveau aus). • Nachtwächterstaat • Klare Zuordnung von Aufgaben, Instrumenten und Zuständigkeiten gemäß dem neoliberalem Assigment WR-Skript zur Abiturvorbereitung 4. Politische Maßnahmen zur Beeinflussung des gesamtwirtschaftlichen Angebots • • • • Aktivierung der Selbstheilkräfte des Marktes: z.B. langfristige Steuersenkungen, Abbau bürokratischer Hemmnisse, Senkung der Lohnnebenkosten, Abbau von Sozialleistungen, Deregulierungen, Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, ... Konsolidierung der Staatshaushaltes Privatisierung staatlicher Betriebe Senkung der Staatsquote 5. Probleme der angebotsorientierten Wirtschaftspolitik • • • • • Breiter Widerstand von Interessengruppen (z.B. Gewerkschaften) Tarifautonomie ist im Grundgesetz verankert. Schnelle Erfolge bleiben meist aus, da die Politik langfristig ausgerichtet ist. Rückführung der Staatsquote ist politisch schwer durchsetzbar. Es kann zu einer Einkommens- und Vermögensumverteilung zu Lasten der Bezieher mittlerer und niedriger Einkommen kommen. Funktioniert nur, wenn alle (Bund, Länder, Kommunen) an einem Strang ziehen 1.4.3 Aktuelle Phänomene der Wirtschaftspolitik Betrachtet man aktuelle Krisenlagen, so ist zu erkennen, dass es zwangsläufig einen aktiven Staat braucht, um wirtschaftliche Schieflagen von Unternehmen und privaten Haushalten abzufedern. Aktuelle Entlastungs- und Konjunkturprogramme im Zuge von Corona und auch der Enegieversorgungsproblematik sind klar nachfrageorientierte Maßnahmen. Dieses sogenannte deficit spending ist gleichwohl eine Belastung für den Staatshaushalt. Hier zeigt sich auch das Problem der angebotsorientierten Wipo. Historisch betrachtet gelang es nie WR-Skript zur Abiturvorbereitung Geld für schelchte Zeiten zurückzulegen, auch nicht, als die „Schwarze Null“ von der vorherigen Bundesregierung im Haushalt eingehalten wurde. Betrachtet man umweltpolitische Debatten, zeigt sich ein weiteres wirtschaftspolitisches Phänomen. Zwar werden E-Autos populärer und der Beitrag zum Umweltschutz ist anhand der konkreten AUsgestaltung jedoch fraglich. So sind viele E- und Hybrid-Autos SUVs, die hohe Materialkosten und ein hohes Gewicht haben. Dies führt zu einem höheren Energie Verbracuh beim fahren. Man spricht in diesem Kontext von „Rebound-Effekten“. Innovation und Fortschritt werden dadurch minimiert, dass auch 1.4.4 Wirtschaftspolitische Reformen Im Zusammenhang mit wirtschaftspolitischen Handlungen des Staates gibt es das Phänomen, dass kleinere Korrekturmaßnahmen vorgenommen werden, die bestehenbleiben, nachdem das Problem, die Krise vorbei ist. In diesem Zusammenhang spricht man politischer Hysterie. Die Maßnahmen verfehlen durch ihr Weiterbestehen ihre eigentliche Wirkung. Im Folgenden wird theoretisch dargestellt, wie aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht eine politische Reform aufgebaut sein muss: 1.4.5 Übungsaufgaben und Selbstcheck 1) Kennzeichnen Sie das Konzept der angebotsorientierten Wirtschaftspolitik anhand von Zielen, Trägern und wesentlichen Maßnahmen. (10 BE) 2016 NT 2) Ab 1. Januar 2015 bekommen die meisten Arbeitnehmer in Deutschland einen Lohn von mindestens 8,50 Euro in der Stunde. Diskutieren Sie die Einführung des Mindestlohnes anhand von je zwei Pro-und KontraArgumenten. (5 BE) 2014 WR-Skript zur Abiturvorbereitung 3) Stellen Sie die beiden grundlegenden Konzepte der Wirtschaftspolitik gegenüber und begründen Sie, welches wirtschaftspolitische Konzept Ihrer Meinung nach geeigneter erscheint, den bevorstehenden Strukturwandel zu bewältigen. (10 BE) 2020 Volkswagen: E-Mobilität und Digitalisierung bedeuten tiefgreifenden Strukturwandel 24.01.2019 | In: Autoindustrie, Politik 5 Kommentare […] „Elektromobilität und Digitalisierung bedeuten für unsere Branche einen tiefgreifenden Strukturwandel“, sagte Volkswagen-Personalvorstand Gunnar Kilian im Gespräch mit Heil und Nahles. „Wir werden die Transformation nur meistern, wenn Politik und Unternehmen im konstruktiven Dialog zusammenarbeiten […]“. Die Autoindustrie stehe durch Dieselskandal, Digitalisierung, Klimaschutz und eine veränderte weltwirtschaftliche Lage vor vielfältigen Herausforderungen, so Nahles. Die Politik müsse nun klare und verbindliche Anforderungen an die Branche stellen, dürfe diese „aber auch nicht überfordern“. Damit auch im nächsten Jahrzehnt „die besten Autos der Welt in Deutschland gebaut werden“, schlug sie eine „Industriepartnerschaft Automobilindustrie 2030“ vor. Bund und Industrie müssten ihre unterschiedlichen Ziele unter einen Hut bringen, dafür brauche es einen Rahmen. Volkswagen-Personalvorstand Kilian gab sich zuversichtlich, dass die Bundesregierung die richtigen Rahmenbedingungen schaffen wird. Es gehe darum, „für den Industriestandort Deutschland die Risiken zu erkennen und die Chancen zu nutzen, die sich aus Digitalisierung und Elektromobilität ergeben“. […] https://ecomento.de (05.11.2019) WR-Skript zur Abiturvorbereitung 1.5 Geldpolitik 1.5.1 Überblick Geldpolitik Die oberste geldpolitische Zielstellung ist die Preisniveaustabilität. (siehe soz. MW) Diese muss gegeben sein, damit Geld und auch der Preis seine Funktionen erfüllen kann. Zuständig für die Erreichung dieses Ziels ist die Europäische Zentralbank (EZB). Sie ist anders als Geschäftsbanken, die als Unternehmen zu charakterisieren sind, nicht gewinnorientiert sind, sondern nur für die Preisniveaustabilität zuständig sind. 1.5.2 Inflation und Deflation Sowohl Inflation als auch Deflation sind geldpolitische Phänomene, welche die Presiniveaustabilität gefährden. Die Inflation beschreibt den stetigen Anstieg des Preisniveaus einer Volkswirtschaft. Unter Deflation versteht man in der Volkswirtschaftslehre einen allgemeinen, signifikanten und anhaltenden Rückgang des Preisniveaus für Güter und Dienstleistungen. Die Auswirkungen sind im Folgenden schematisch dargestellt. WR-Skript zur Abiturvorbereitung 1.5.3 Die Geschichte des Euroraumes Die Entstehung der Eurozone reicht zurück bis in die Zeit kurz nach dem zweiten Weltkrieg. Es erfolgt eine kurze Auflistung wichtiger Stationen, die für die Entstehung der Eurozone maßgebend sind. • April 1951 Bildung der EGKS(Montanunion, Zusammenarbeit von Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien und Luxemburg im Bereich der Kohle- und Stahlwirtschaft) • 1957 Gründung der europäischen Atomgemeinschaft (Euroatom + Gründung der europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (Römische Verträge)) 1965 Zusammenfassung der bisher gegründeten Gemeinschaften zur Europäischen Gemeinschaft (EG) • • • 1970 Vorstellung des Werner-Plans (Einführung einer Wirtschafts- und Währungsunion) 1990 Erste Stufe des Stufenplans zur Euroeinführung (verstärkte Zusammenarbeit der nationalen Zentralbanken+ Ausarbeitung der „Maastricht-Verträge“) WR-Skript zur Abiturvorbereitung • • • 1994 Zweite Stufe des Stundenplans (größere Unabhängigkeit der Zentralbanken von Nationalstaaten) 1999 Dritte Stufe des Stufenplans (Umrechnungskurse Nationalwährung-Euro festgelegt) 2002 Euro erstmals ausgegeben 1.5.4 Konvergenzkriterien für den Euro-Beitritt Damit eine einheitliche Währung für alle Staaten funktioniert, braucht es auch wirtschaftliche Voraussetzungen der Einzelstaaten, die ähnlich sind. Ansonsten würden die wirtschaftlich stärkeren Staaten deutlich bevorzugt werden, da ihre Wirtschaftsleistung zu starken Export in wirtschaftlich schwache Länder führen würde. Um solche Standards zu setzen gibt es in der Eurozone die sogenannten Konvergenzkriterien. Nebenstehend sind diese Kriterien aufgelistet: WR-Skript zur Abiturvorbereitung 1.5.5 Geldpolitische Instrumente der EZB Geldpolitische Instrumente Mindestreservepflicht Offenmarktgeschäfte Ständige Fazilitäten Mindestreservepolitik Die Geschäftsbanken sind verpflichtet bei der EZB eine Mindestreserve, also einen Mindestbestand an Geld, bei der EZB zu halten. Jedoch muss dieser Wert nicht permanent vorhanden sein, sondern im Schnitt über einen bestimmten Zeitraum. Wirkung. • • • • • • Erhöhung der Mindestreserve Banken werden in ihrer Kreditvergabe begrenzt Weniger Investitionen Weniger Produktion Weniger Volkseinkommen Weniger Konsum Giralgeldschöpfung Beispielhaft wird hier einmal dargestellt, wie „Geld entsteht“. Bis auf den Mindestreservesatz darf eine Bank immer wieder das Geld neu verleihen. Netto kommt es dadurch zum Zuwachs des Geldes, welches im Wirtschaftskreislauf „kursiert“. Im Beispiel wird ein Mindestreservesatz von 10% angenommen. WR-Skript zur Abiturvorbereitung Offenmarktgeschäfte Offenmarktgeschäfte sind alle Vorgänge bei denen die EZB Wertpapiere an und verkauft. Ziel ist es damit die Liquidität und die Zinssätze am Wertpapiermarkt zu steuern. Spricht man von der Leitzinserhöhungen durch die EZB, dann geht es genau um den Leitzins für Offenmarktgeschäfte. Es gibt überdies auch einen Leitzins für ständige Fazilitäten. Im Folgenden ist die Wirkung einer Leitzinsänderung dargestellt. Mit einer Zinssenkung kann die EZB versuchen die Wirtschaft anzukurbeln, oder eine überhitzte Wirtschaft in Zeiten des Booms vor zu hoher Inflation schützen mit einer Zinserhöhung Letzteres funktioniert allerdings nur in Boomphasen(siehe Gründe für Inflation). WR-Skript zur Abiturvorbereitung Folgende Offenmarktgeschäfte gibt es: • Hauptrefinanzierungsgeschäfte Pfandkredite werden von der Zentralbank an die Geschäftsbanken vergeben. Die Bank muss Wertpapiere als Sicherheit bei der Znetralbank hinterlegen. • Längerfristige Refinanzierungsgeschäfte Einmal monatlich werden Kredite für Geschäftsbanken mit einer Laufzeit von 3 Monaten angeboten. • Feinsteuerungsoperatoren Offenmarktgeschäfte, die zur kurzfristigen Kapitalbeschaffung dienen. Sie dienen vor allem der Kompensation unerwarteter Liquiditätsänderungen. • Strukturelle Operatoren Dienen der langfristigen Beeinflussung des Bankensystems im Verhältnis zum Eurosystem. Grundsätzlich gelten die Offenmarktgeschäfte als das wichtigste geldpolitische Instrument. Jedoch ist ihr Bedeutungsverlust in den letzten Jahren sehr rasant vorangeschritten. Wie werden diese Kredite vergeben? Es gibt zwei Verfahren nach denen dies passiert. Es finden sogenannte Tender (Ausschreibungen) statt. WR-Skript zur Abiturvorbereitung Kontraktive Geldpolitik Diese Art der Geldpolitik wird durch Leitzinserhöhung und weniger Tender für Offenmarktgeschäfte verfolgt. Ziel ist es das Preisniveau stabil zu halten und keine zu hohe Inflation zu erhalten. (siehe Leitzinsveränderung) Expansive Geldpolitik Bei stagnierender Wirtschaft soll eine expansive Geldpolitik „billiges Geld“ in den Wirtschaftskreislauf bringen und somit Investitionen, Produktion und Konsum ankurbeln. Je nach wirtschaftlicher Lage muss also abgewogen werden welche Art der Geldpolitik die EZB verfolgt. Ständige Faszilitäten Das zweite große Instrument sind die ständigen Faszilitäten. Hierbei handelt es sich um über Nacht Geschäfte. Die Spitzenrefinanzierungsfasszilitäten sind dabei Übernachtkredite, die sich Geschäftsbanken bei der Znetralbank nehmen können. Einlagefaszilitäten ist eine Art Tagesgeld. Geschäftsbanken können zu einem bestimmten Zinssatz ihr Geld bei der EZB anlegen. Die Überlegung für Übernachtkredite ist ähnlich wie bei den Offenmarktgeschäften. EIne Zinserhöhung verteuert das Geld für Geschäftsbanken und damit Kredite für Unternehmen und private Haushalte. Auch eine Erhöhung der Einlagefaszilität verteuert netto die Kredite für Unternehmen. Wenn die Geldanlage für Geschäftsbanken bei der EZB attraktiver wird, ist faktisch weniger Geld für die Giralgedschöpfung da. Zinssenkungen bewirken jeweils das Gegenteil. 1.5.6 Grenzen geldpolitischer Maßnahmen Analog zur Wirtschaftspolitik kann es auch bei geldpolitischen Maßnahmen zu time-lags kommen. Dabei können folgende Arten unterschieden werden: • • • Inside lag (EZB ergreift Maßnahme zu spät) Intermediate leg (bis Zentralbankgeld im Nichtbankensektor ankommt verstreicht bei den Geschäftsbanken zu viel Zeit) Outside lag (Reaktionszeit von Nichtbanken auf Anpassungen der Zinsen verzögert sich) Maßnahmen verfehlen dadurch möglicherweise ihre Wirkung, da sie zu spät „greifen“. Zudem muss anerkannt werden, dass die Investitionstätigkeit der Unternehmen nicht nur von den Zinsen für Kredite anhängen. In Boomphasen, bei hoher Nachfrage wird eine Kapazitätserweiterung durch die Aussicht auf höhere Absätze auch bei hohen Zinsen stattfinden. Analog gilt dies für die Kreditaufnahme privater Haushalte. Der Einfluss auf deren Kreditaufnahme ist sicherlich vorhanden, aber niemand würde mi teinem Kredit für das eigene Haus 15 Jahre warten, nur um 0,8% weniger Zinsen zu bezahlen. Ebenso ist nicht zwangsläufig gegeben, dass die Geschäftsbanken die Zinsen 1:1 weitergeben. Hohe Zinsen auf Kredite für Haushalte und Unternehmen sind grundsätzlich attraktiver, da sie faktisch mehr Gewinn für Geschäftsbanken bedeuten. WR-Skript zur Abiturvorbereitung 1.5.7 Wechselkurs und Wechselkurssystem Was im Inland das Preisniveau ist im Verhältnis zum Ausland der Wechselkurs einer Währung. Der Wechselkurs gibt den Wert einer Währung ausgedrück in einer anderen Währung an. Grundsätzlich kann man dies auf zwei Wegebn ausdrücken: • • Preisnotierung (1$ = 0,90 €) – Preis einer ausländischen Währungseinheit in inländischer Währung Mengennotierung (1 € = 1,10 $) – Preis einer inländischen Währungseinheit in ausländischer Währung ausgedrückt Bekommt man für einen € mehr US $ spricht man von einer Aufwertung des €. Hingegen würde die Abnahme an US $ die man für einen Euro bekommt Abwertung genannt. Das Bucheld, welches ein Staat in ausländischer Währung besitzt nennt man Devisen. Der Wechselkurs stellt sich ähnlich ein, wie das Gleichgewicht am Gütermarkt. Somit kann man mit folgendem Marktmodell das Zustandekommen des Wechselkurses beschreiben: • • Erhöhtes Angebot und sinkende Nachfrage führen zur Abwertung Erhöhte Nachfrage und sinkendes Angebot führen zur Aufwertung Wie kommt es eigentlich das Wechselkurse schwanken? Dies ist leider nie 100 % vorherzusagen, da die EInflussfaktoren zu manigfaltig sind. Eine nicht anschließende Auflistung an EInflussfaktoren wird im folgenden dargestellt: • • • • • Import- und Exportüberschüsse (Nachfrage nach Währung in der die Güter bezahlt werden steigt) Kursspekulationen Inflationsgefälle zwischen Ländern Interventionen von Geschäftsbanken (Devisen An- und Verkäufe) Wirtschaftliche Krisen Da die Effekte nicht nur zahlreich sind, sondern theoretisch auch entgegengesetzt wirken können ist eine exakte Prognose über den Wechselkurs nicht möglich. WR-Skript zur Abiturvorbereitung Arten von Wechselkurssystemen Grundsätzlich kann zwischen flexiblen Wechselkursen(free floating) und fixen Wechselkursen unterschieden werden. Flexible Wechselkurse bilden sich alleine durch Angebot und Nachfrage, wie bereits oben dargestellt. Bei festen Wechselkursen herrscht ein relativ fester Wechselkurs. Innerhalb einer bestimmten Grenze darf dieser schwanken, jedoch gibt es ab einem bestimmten „Ausschlag“ eine Interventionspflicht der Zentralbank. WR-Skript zur Abiturvorbereitung Vor- und Nachteile verschiedener Wechselkurssysteme Wechselkurssystem im Euroraum Innerhalb der Eurozone gibt es keinen Wechselkurs, logisch, bei gleicher Währung bedarf es keines Wechselkurses. Gegenüber einigen anderen Eu-Ländern, die nicht den Euro als Währung haben gibt es den Wechselkursmechanismus II. Dieser ist relativ fix. Dieser dient dazu diese EU-Länder an den Euro heranzuführen. Der Euro bildet die Ankerwährung. In einer Bandbreite von 15% können die WK schwanken. 1.5.8 Übungsaufgaben und Selbstcheck 1)Stellen Sie die tendenzielle Wechselkursentwicklung zwischen dem Euro und dem Yen im Marktmodell dar. Nennen Sie je zwei Vor- und Nachteile des Wechselkurssystems zwischen Euro und Yen. Beschreiben Sie, wie sich die Veränderung des Wechselkurses des Euro gegenüber dem Yen auf die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Japan auswirken könnten. (11 BE) 2021 Wechselkursentwicklung: Euro - Yen Nach: https://www.onvista.de/devisen/Euro-YenYenkurs-EUR-JPY (15.07.2020) WR-Skript zur Abiturvorbereitung 2) Begründen Sie die Notwendigkeit der Preisniveaustabilität anhand von drei Aspekten und erläutern Sie das Verfahren zur Messung von Preissteigerungen. Begründen Sie die geldpolitische Zielsetzung der Europäischen Zentralbank (EZB) und beschreiben Sie die Wirkungen, welche die EZB mit den gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäften (GLRG III) verfolgt. (11 BE) 2020 Auf dem Weg in den ewigen Nullzins Kommentar von Malte Fischer 6. Juni 2019 […] Die Währungshüter der Europäischen Zentralbank (EZB) beschlossen heute, die Leitzinsen bis mindestens Mitte nächsten Jahres und in jedem Fall so lange wie erforderlich auf den aktuellen Niveaus zu belassen, um eine nachhaltige Annäherung der Inflation an ein Niveau von unter, aber nahe 2 % auf mittlere Sicht sicherzustellen. Damit verlängern die Notenbanker ihr Niedrigzinsversprechen um sechs Monate. Der Hauptrefinanzierungssatz, […] bleibt bei null Prozent. Der Einlagenzins, […] beträgt weiterhin minus 0,4 Prozent. […] Zudem beschloss die EZB, den Banken neue Geldleihgeschäfte (gezielte längerfristige Refinanzierungsgeschäfte (GLRG III)) zu günstigen Konditionen in Form zielgerichteter Langfristtender anzubieten. Diese starten im September 2019, werden quartalsweise aufgelegt und haben eine Laufzeit von zwei Jahren. Das Angebot endet im März 2021. Der Zinssatz für die Leihgeschäfte liegt 10 Basispunkte über dem durchschnittlichen Hauptrefinanzierungssatz, der während ihrer Laufzeit gilt. Derzeit wären das 0,1 Prozent. Für Banken, deren anrechenbare Nettokreditvergabe eine Referenzgröße überschreitet, wird der Zinssatz für die GLRG III niedriger sein und kann so niedrig sein wie der während der Laufzeit des Geschäfts geltende durchschnittliche Zinssatz für die Einlagefazilität zuzüglich 10 Basispunkten. 3) Stellen Sie den Ablauf eines Hauptrefinanzierungsgeschäftes nach dem Mengentenderverfahren dar und beschreiben Sie Auswirkungen der aktuellen Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) auf die privaten Haushalte und den Staat. (10 BE) 2019 Geldpolitische Beschlüsse des EZB-Rats Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat bei seiner Sitzung am 6. Juni 2019 beschlossen, den Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte sowie die Zinssätze für die Spitzenrefinanzierungsfazilität und die Einlagefazilität unverändert bei 0,00 %, 0,25 % bzw. − 0,40 % zu belassen. Der EZB-Rat geht inzwischen davon aus, dass die EZB-Leitzinsen mindestens über die erste Hälfte des Jahres 2020 und in jedem Fall so lange wie erforderlich auf ihrem aktuellen Niveau bleiben werden. [...] 4) Stellen Sie die tendenzielle Entwicklung des Wechselkurses zwischen dem Euro und dem Britischen Pfund mit Hilfe des Marktmodells dar. Nennen Sie je zwei Vor- und Nachteile des Wechselkurssystems zwischen dem Euro und dem Britischen Pfund. WR-Skript zur Abiturvorbereitung Zeigen Sie anhand einer schlüssigen Wirkungskette, warum viele Ökonomen im Falle eines harten Brexit mit einer Rezession in Großbritannien rechnen. (12 BE) 2018 Entwicklung des Wechselkurses: Britisches Pfund/Euro 2017 Nach: https://www.onvista.de (27.09.2017) 5) Beschreiben Sie die Finanzlage der öffentlichen Hand in Deutschland und Frankreich im dargestellten Zeitraum im Hinblick auf die Erfüllung des Maastricht-Kriteriums der Haushaltsdisziplin und erläutern Sie vier Probleme, die sich aus einer hohen Staatsverschuldung ergeben können. (10 BE) 2016 6) Kennzeichnen Sie das Wechselkurssystem zwischen dem Euro und dem US-Dollar und erläutern Sie einen Nachteil dieses Wechselkurssystems. Stellen Sie die Wechselkursentwicklung von Dezember 2014 bis März 2015 mit Hilfe des Marktmodells dar und leiten Sie anhand einer schlüssigen Wirkungskette mögliche Folgen für die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland ab. (12 BE) 2016 Haushaltsdefizit/-überschuss (in % des BIP) 2012 2013 2014 2015* 2016* Deutschland +0,1 +0,1 +0,7 +0,6 +0,5 Frankreich -4,8 -4,1 -4,0 -3,8 -3,5 WR-Skript zur Abiturvorbereitung Gesamtschulden (in % des BIP) 2012 2013 2014 2015* 2016* Deutschland 79,3 77,1 74,7 71,5 68,2 Frankreich 89,6 92,3 95,0 96,4 97,0 *Schätzung Nach: http://www.tagesschau.de (14.05.2015) US-Dollar je Euro http://boerse.wiwo.de (14.05.2015) WR-Skript zur Abiturvorbereitung 2. Betriebswirtschaftslehre 3. Recht