Proseminar Michael Heinecke, Prof. Dr. Frank Steinicke Human-Computer Interaction Fachbereich Informatik Universität Hamburg “A good literature review adds value. It is not just a catalog of papers you have read.” —Saul Greenberg Proseminar MCI Kapitel Literatur Prof. Dr. Frank Steinicke Human-Computer Interaction, Universität Hamburg Inhalte • Literaturrecherche • Wissenschaftliches Lesen • Literaturverwaltung • Zitate und Zitieren 4 Proseminar MCI Kapitel Literatur Literaturrecherche Human-Computer Interaction, University of Hamburg Literaturrecherche • Literaturrecherche ist grundlegender Bestandteil eines jeden Studiums • wesentliche Qualitätsmerkmal von Studierenden ist es, sich mit Fachliteratur wissenschaftlich auseinandersetzen zu können 6 Literaturrecherche Ziel • Kennenlernen eines Forschungsgebiets, dessen Grundlagen und aktuellen Stand des Wissens • Fundierte Kenntnis von wissenschaftlichen Arbeiten mit gleicher/ähnlicher Fragestellung und deren Stärken und Schwächen • Untersuchung der Relevanz einer Forschungsfrage Universität Giessen: Kleiner Leitfaden „Literaturrecherche“, 2010. 7 Literaturrecherche Ziel • Identi!kation von relevanten Problemen und eventuell Formulierung neuer Fragestellungen • Erarbeitung einer wissenschaftlich fundierten Diskussionsgrundlage •… Universität Giessen: Kleiner Leitfaden „Literaturrecherche“, 2010. 8 Quellen • Quellen sind alle Materialien, die inhaltlich in (wissenschaftliche) Arbeit eingehen - Beispiele: Fachliteratur, unverö"entlichte Texte, Vorlesungs- und Vortragsnotizen, Abbildungen, Tabellen, Archivmaterial, Briefe, Rundfunk-/Fernsehberichte, Videoaufzeichnungen … 9 Quellen Beispiel: Fachliteratur • Fachliteratur bezeichnet wissenschaftliche Publikationen, die auf Grundlage von Quellen verfasst wurden, i.d.R. Resultate der Forschungsarbeit von Wissenschaftlern darstellen und wissenschaftliche Qualitätskriterien erfüllen 10 Fachliteratur Beispiele • Fachbücher und Monogra!en • Aufsatzsammlungen und Fachzeitschriften • Habilitationen und Dissertationen • Diplom-, Bachelor- und Masterarbeiten • wissenschaftliche Publikation •… 11 Fachliteratur Fachartikel & -papiere • Wesentlichen Teil wissenschaftlicher Literatur bilden Fachartikel (engl. Article) aus wissenschaftlichen Zeitungen, Journals und Zeitschriften bzw. Fachpapiere (engl. Paper) aus Tagungsbändern (engl. Proceedings) wissenschaftlicher Konferenzen, Symposien oder Workshops 12 Fachliteratur Systematik Primärliteratur Sekundärliteratur Tertiärliteratur Erstverö"entlichung wissenschaftlicher Forschungsergebnisse Inhaltlicher Überblick über (ggf. mehrere) Originalarbeiten Zusammenstellung von Informationen verschiedener (nicht explizit zitierter) Quellen z.B. Forschungsbericht z.B. Review z.B. Lexika, Lehrbuch 13 Literaturrecherche Vorgehensweise • Literaturrecherche gliedert sich im Wesentlichen in drei Arbeitsschritte: 1. Literatursuche 2. Literaturauswahl 3. Literaturbescha!ung 14 Literaturrecherche Literatursuche „in die Breite“ Speziell „in die Tiefe“ • Überblickswerke (z.B. Enzyklopädien) • Allgemeine Handoder Lehrbücher • Überblicks- oder Reviewartikel in Zeitschriften • themenspezi!sche Fachartikel … Allgemein 15 Literaturrecherche Vorgehensweise 1. Systematisches Verfahren, z.B. Schlüsselwortsuche 2. Kumulatives Verfahren, z.B. „Schneeballsystem“ 3. Kombination beider Methoden 16 Literaturrecherche Schlüsselwortsuche • Literatursuche über Datenbanken, indem das Thema präzise mit Schlag- und Stichwörtern eingegrenzt wird • Ggf. Einbeziehung von - englischen Suchbegri"en - Synonymen - Platzhaltern (*) … 17 Literaturrecherche Bsp: ACM DL http://dl.acm.org 18 Literaturrecherche Bsp: IEEE DL http://ieeexplore.ieee.org/Xplore/home.jsp 19 Literaturrecherche Bsp: Springer DL http://link.springer.com 20 Literaturrecherche Bsp: Google Scholar https://scholar.google.com 21 Literaturrecherche Bsp: Google Books http://books.google.de/ 22 Literaturrecherche Bsp: Research Gate https://www.researchgate.net/ 23 Literaturrecherche Bsp: FBI Bibliothek https://kataloge.uni-hamburg.de/ 24 Literaturrecherche Bsp: Web of Science http://login.webofknowledge.com 25 Gruppenarbeit Finden Sie den Artikel von B. Myers: „A brief history of HCI technology“ in eine der digitalen Bibliotheken! 26 Literaturrecherche Internetquellen • Neben wissenschaftlichen Datenbanken existieren eine Reihe allgemeiner Suchmaschinen, Informationsdienste, Foren und Blogs (Google, Wikipedia, …) • Probleme: - ungeprüfter Wahrheitsgehalt der Inhalte - häu!g Meinungen statt Fakten -… 27 Literaturrecherche Internetquellen • Möglicher Einsatz: - Basis für groben Überblick Finden erster Literaturhinweise, Schlagwörter oder relevanter Verknüpfungen • Aber: Internetquellen sind in der Regel keine eigenständigen wissenschaftlichen Quellen! ➞ Vermeidung in wissenschaftlichen Arbeiten 28 Literaturrecherche Kumulative Verfahren • Kumulatives Verfahren (Schneeballsystem) bezeichnet Suchverfahren, bei dem Literaturverzeichnisse oder Quellenangaben / Fußnoten nach geeigneter Literatur durchsucht werden 29 Literaturrecherche Bsp: Kumulative Verfahren Konkrete Quelle Bibliographie [1] Referenz 1 [3] Referenz 3 [2] Referenz 2 [4] Referenz 4 Referenzierte Quelle 1 Referenzierte Quelle 3 Referenzierte Quelle 4 Bibliographie Bibliographie Bibliographie [1] Referenz 1.1 [2] Referenz 1.2 [1] Referenz 3.1 [2] Referenz 3.2 [1] Referenz 4.1 [2] Referenz 4.2 30 Literaturrecherche Kumulative Verfahren • Vorteile: - Herauskristallisieren grundlegender Werke - abfallende Aktualität der Literatur guter Überblick über relevante Literatur • Nachteile: potentielle „Zitierzirkel“ 31 Literaturrecherche Relevanz • Thematische Relevanz • Bibliometrische Messgrößen • Renommee der Zeitschrift • Renommee der Autoren • Aktualität •… 32 Literaturrecherche Bibliometrische Messgrößen • Impact Factor • Anzahl der Zitationen • Hirsch-Index (h-index) • i10-index •… 33 Literaturrecherche Beispiel: Impact Factor • Impact Factor gibt Ein#uss wissenschaftlicher Fachzeitschrift wieder: Zahl der Zitate im Bezugsjahr auf Artikel der vergangenen zwei Jahre Zahl der Artikel in den vergangenen zwei Jahren - Beispiel: Zeitschrift hat in 2013/14 insgesamt 116 Artikel publiziert, die Jahr 2015 insgesamt 224 mal zitiert wurden ➡ Zeitschrift hat 2015 Impact Factor von 1,931 34 Literaturrecherche Zitierzirkel • Zitierzirkel (oder „Zitierkartell“) entsteht, wenn sich Forscher gleicher Anschauung in ihren Werken gezielt gegenseitig referenzieren ➡ erschwert Bewertung der wissenschaft- lichen Qualität von Quellen 35 Literaturrecherche Beispiel: Impact Factor - TOCHI http://www.researchgate.net/journal/1073-0516_ACM_Transactions_on_Computer-Human_Interaction 36 Literaturrecherche Zitierzirkel - Beispiel 44 Zitierungen* Cell Transplantation Impact Factor 2006: 3,482 2010: 6,204 Medical Science Monitor 445 Zitierungen* Review (2010) mit 490 Zitierungen 96 Zitierungen* Review (2010) mit 124 Zitierungen 26 Zitierungen* The Scienti!c World Journal * alle zitierten Paper sind aus den (für den Impact Factor von 2010 relevanten) Jahren 2008/2009 P. Davis: The Scholarly Kitchen, 2012 37 Literaturrecherche Zitierzirkel - Beispiel P. Davis: Emergence of a Citation Cartel, 2012 38 Literaturrecherche Zitationen 39 Literaturrecherche Hirsch-Index • Hirsch-Index (h-index) in Höhe von n gibt an, dass insgesamt n Publikationen mindestens n mal zitiert wurden J.E. Hirsch: An index to quantify an individual’s scientific research output. Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA,102(46), 2005, 40 Literaturrecherche i10-Index • i10-index gibt Anzahl der Publikationen eines Autors an, die mindestens 10 mal zitiert wurden Google Scholar Blog: Google Scholar Citations Open To All, Google, 2011 41 Literaturrecherche Literaturauswahl • Querlesen von Inhaltsverzeichnis, Literaturverzeichnis, Einleitung oder Zusammenfassung • Berücksichtigung verschiedener Indikatoren für Relevanz der Quelle • Erstellung einer Literaturliste mit allen relevanten Quellen 42 Gruppenarbeit Bewerten Sie den wissenschaftlichen Impact quantitativ von B. Myers: „A brief history of HCI technology“! 43 Proseminar MCI Kapitel Literatur Wissenschaftliches Lesen Prof. Dr. Frank Steinicke Human-Computer Interaction, University of Hamburg Bevor es losgeht… W-Fragen • Wie lautet Titel des Artikels? • Wer hat den Artikel geschrieben? • Wo ist der Artikel erschienen? • Wann wurde der Artikel verfasst? •… 47 Gruppenarbeit Beantworten Sie die W-Fragen des Artikels! 48 Brad A. Myers: A Brief History of Human Computer Interaction Technology, ACM Interactions, Volume 5, Number 2, March, pp. 44-54, 1998 Human Computer Interaction Institute Institute for Software Research School of Computer Science Carnegie Mellon University Brad A. Myers: A Brief History of Human Computer Interaction Technology, ACM Interactions, Volume 5, Number 2, March, pp. 44-54, 1998 Association for Computing Machinery (ACM) wurde 1947 als erste wissenschaftliche Gesellschaft für Informatik gegründet 78.000 Mitgliedern, 34 Special Interest Groups, ca. 10 Magazine, Journale, Transactions … Brad A. Myers: A Brief History of Human Computer Interaction Technology, ACM Interactions, Volume 5, Number 2, March, pp. 44-54, 1998 Brad A. Myers: A Brief History of Human Computer Interaction Technology, ACM Interactions, Volume 5, Number 2, March, pp. 44-54, 1998 Lesen 4 Phasen 1. Vorbereitung 2. Informationsaufnahme 3. Informationsverarbeitung 4. Transfer B. Reysen-Kostudis: Leichter lernen: Für ein erfolgreiches Lernmanagement in Studium und Beruf, 2007 53 4 Phasen 1. Vorbereitung • inhaltliche Einstimmung - motivational und zeitlich • Vorwissen aktivieren • Fragestellung entwickeln B. Reysen-Kostudis: Leichter lernen: Für ein erfolgreiches Lernmanagement in Studium und Beruf, 2007 54 4 Phasen 2. Informationsaufnahme • Informationsaufnahme an Fragestellung orientieren • Wichtiges in Stichpunkten notieren oder markieren • Unklares markieren • Wechsel von schnell/langsam Lesen • Pausen einplanen B. Reysen-Kostudis: Leichter lernen: Für ein erfolgreiches Lernmanagement in Studium und Beruf, 2007 55 4 Phasen 3. Informationsverarbeitung • Einbettung ins Vorwissen - lineares / vertikales Denken verknüpfen - Metakognition („Wissen über eigenes Wissen“) aktivieren • schriftliche Zusammenfassung in eigenen Worten B. Reysen-Kostudis: Leichter lernen: Für ein erfolgreiches Lernmanagement in Studium und Beruf, 2007 56 4 Phasen 4. Transfer • Was habe ich gelernt? - inhaltlich, arbeitstechnisch, persönlich … • Wo stehe ich jetzt? - aus Fehlern lernen – auf Erfolgen au%auen • Was kommt als Nächstes? B. Reysen-Kostudis: Leichter lernen: Für ein erfolgreiches Lernmanagement in Studium und Beruf, 2007 57 Gruppenarbeit Lesen Sie den ersten Abschnitt! 58 PQ4R-Methode 1. Preview (Vorprüfung) 2. Questions (Fragen) 3. Read (Lesen) 4. Re#ect (Nachdenken) 5. Recite (Wiedergeben) 6. Review (Rückblick) E. Thomas & H. Robinson: Improving reading in every class: A sourcebook for teachers, 1972 60 PQ4R-Methode 1. Preview (Vorprüfung) • Kapitel über#iegen, um allgemeine Themen zu erkennen, z.B. punktuelles / diagonales Lesen • Identi!zieren und gliedern von Sinnesabschnitten • nachfolgenden Schritte 2-5 auf alle Abschnitte anwenden E. Thomas & H. Robinson: Improving reading in every class: A sourcebook for teachers, 1972 61 Gruppenarbeit Führen Sie die Stufe Preview durch! 62 PQ4R-Methode 2. Questions (Fragen) • Fragen zu Abschnitten stellen, z.B. - Welche Behauptungen werden aufgestellt? - Welche Behauptungen werden wie begründet? - Welche Beispiele sollen Argumentation belegen? -… E. Thomas & H. Robinson: Improving reading in every class: A sourcebook for teachers, 1972 63 PQ4R-Methode 3. Read (Lesen) • Abschnitt sorgfältig lessen, z.B. intensives sequentielles/lineares Lesen • Fragen gedanklich beantworten, die an Abschnitt gestellt wurden • Wichtiges in Stichpunkten notieren oder markieren E. Thomas & H. Robinson: Improving reading in every class: A sourcebook for teachers, 1972 64 PQ4R-Methode 4. Re#ect (Nachdenken) • Verstehen des Abschnitts • Inhalt des Textes in Bezug zu Vorwissen stellen • Geeignete Beispiele !nden E. Thomas & H. Robinson: Improving reading in every class: A sourcebook for teachers, 1972 65 PQ4R-Methode 5. Recite (Wiedergeben) • Text beiseite legen, sich an Informationen des Abschnitts erinnern • formulierten Fragen zum Abschnitt beantworten • bei Schwierigkeiten Abschnitte noch einmal durchlesen E. Thomas & H. Robinson: Improving reading in every class: A sourcebook for teachers, 1972 66 Gruppenarbeit Wenden Sie die PQ4R-Methode auf Abschnitt „Basic Interactions“ von Myers’ Artikel an! 67 PQ4R-Methode 1. Preview (Vorprüfung) 2. Questions (Fragen) 3. Read (Lesen) 4. Re#ect (Nachdenken) 5. Recite (Wiedergeben) 6. Review (Rückblick) E. Thomas & H. Robinson: Improving reading in every class: A sourcebook for teachers, 1972 68 PQ4R-Methode 6. Review (Rückblick) • am Ende nochmals wichtigsten Gesichtspunkte in Erinnerung rufen • erneut Fragen beantworten, die abschnittweise gestellt wurden • Zusammenfassung schreiben E. Thomas & H. Robinson: Improving reading in every class: A sourcebook for teachers, 1972 69 Proseminar MCI Kapitel Literatur Literaturverwaltung Prof. Dr. Frank Steinicke Human-Computer Interaction, University of Hamburg Literaturverwaltung Beispiel: Bibdesk 72 Literaturverwaltung Beispiel: Endnote 73 Literaturverwaltung Beispiel: JabRef 74 Literaturverwaltung Beispiel: Citavi https://www.rrz.uni-hamburg.de/services/software/rahmenvertraege/citavi.html 75 Literaturverwaltung Beispiele • Campuslizenz für Citavi Pro: https://www.rrz.uni-hamburg.de/services/software/ rahmenvertraege/citavi.html • Zotero - Plugin für verschiedene Browser 76