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EntrepreneurialManagement Seminararbeit Paul Bartelds

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Fachbereich Umweltwirtschaft/ Umweltrecht
B.A.-Studiengang Umwelt- und Betriebswirtschaft
Der Einfluss der Corona-Krise auf New Work in Deutschland
Seminararbeit im Rahmen des Proseminars Entrepreneurial Management
SS 2020
Prof. Dr. Christian Kammlott
eingereicht von:
Paul Bartelds
Matr.-Nr.: 957865
1. Fachsemester Bachelor Umwelt- und Betriebswirtschaft
Campusallee 9902, 55768 Neubrücke
Tel.: 0157 55783860
E-Mail: s19aa5@umwelt-campus.de
Tag der Abgabe: 01.07.2020
I
Inhaltsverzeichnis
1
Einleitung..................................................................................................... 1
2
New Work in Deutschland .......................................................................... 1
3
2.1
Flexibilisierung ..................................................................................... 2
2.2
Neue Organisationsformen .................................................................. 2
2.3
Enthierarchisierung .............................................................................. 3
2.4
Sinnstiftung .......................................................................................... 3
SARS-CoV-2 ................................................................................................ 3
3.1
3.2
4
Flexibilisierung ..................................................................................... 4
3.1.1
Örtliche ..................................................................................... 4
3.1.2
Zeitliche .................................................................................... 5
Organisation......................................................................................... 6
3.2.1
Selbstorganisation.................................................................... 6
3.2.2
Kommunikation ........................................................................ 7
3.3
Führung................................................................................................ 7
3.4
Sinnstiftung .......................................................................................... 8
3.5
Gesamt ................................................................................................ 9
Fazit ............................................................................................................ 10
Literaturverzeichnis ............................................................................................. II
1
1 Einleitung
Die SARS-CoV-2-Krise hat global in den nahezu allen Bereichen der Wissenschaft neue Fragen aufgedeckt. Eine noch ungeklärte Frage ist, ob und wie die
deutsche, aber auch die globale Wirtschaft die Krise überstehen wird. Eine Frage
dabei ist die Auswirkung auf den kontinuierlichen Verbesserungsprozess in
Unternehmen in Bezug auf die Arbeit selbst. Diese Seminararbeit versucht in
Mitten der Krise eine Prognose zu wagen, wie sich das Virus und seine Folgen
auf das Arbeits-umfeld auswirken. Hierbei soll die wahrscheinliche Entwicklung
in den Themen-gebieten von „New Work“ prognostiziert werden.
2 New Work in Deutschland
Der Begriff „New Work“ geht auf einen von Frithjof Bergmann um das Ende der
1970er Jahre entworfenen Denkansatz zurück. Damals wurden in der Produktion
des amerikanischen Autokonzerns General Motors aufgrund von Automatisierungen stets mehr Arbeitsplätze obsolet. Der Sozialphilosoph Bergmann machte
damals den revolutionären Vorschlag, statt der Hälfte der Mitarbeiter zu entlassen, alle Arbeiter im Unternehmen zu behalten und sie lediglich sechs von
zwölf Monaten im Jahr arbeiten zu lassen.1 Die anderen sechs Monate sollten
genutzt werden, um in einem neu geschaffenen „Zentrum für Neue Arbeit“ noch
unerschlossene Talente, so wie die Wert- und Wunschvorstellungen der Arbeiter
zu finden.2
Das Ziel des New Work Gedankens bestehe laut Bergmann „nicht darin, die
Menschen von der Arbeit zu befreien, sondern die Arbeit so zu transformieren,
damit sie freie, selbstbestimmte, menschliche Wesen hervorbringt.“3 Die New
Work Bewegung hat seitdem auf dem ganzen Globus in Unternehmen Einzug
gefunden und beschreibt ein andauerndes Bestreben, die seit der industriellen
Revolution vorherrschende Arbeitskultur der „Lohnarbeit“ von Grund auf neu zu
organisieren.4
1
Vgl. Schnell/Schnell (2019): New Work Hacks, S. 7f.
Vgl. Bergmann (2017): Neue Arbeit, Neue Kultur, S. 10.
3 Ebd., S. 12.
4 Vgl. Ebd., 10ff.
2
2
Aus einer Studie über die Umsetzung von New Work in Deutschland gehe laut
Dr. Josephine Hofmann in PERSONALquarterly hervor, dass es diverse erfolgreiche Umsetzungen in allen Arten von Unternehmen gäbe. Vor allem die digitale
Transformation sei dafür eine treibende Kraft.5 Für die Studie unterteilt sie die
Ansätze in Deutschland in die vier folgenden Stoßrichtungen.
2.1 Flexibilisierung
Als ersten Ansatz nennt sie das Bestreben in Richtung einer zeitlichen und
örtlichen Flexibilisierung der Arbeit. Der Arbeitnehmer solle freier in seiner Wahl
werden, wann und wo er arbeite. Dies erreiche eine bessere Vereinbarkeit von
Berufs- und Privatleben,6 also die viel diskutierte „Work-Life-Balance“7. Motiviert
durch eine wachsende Marktmacht der Arbeitskräfte,8 aber auch die zunehmend
internationale Arbeit, vor allem im IT-Bereich, seien diese Änderungen von den
vieren am weitesten fortgeschritten. Hindernisse seien größtenteils örtliche
Beschränkungen, wie beispielsweise beim Arbeiten in Produktionsstätten.9
2.2 Neue Organisationsformen
Der zweite Ansatz sieht eine Überarbeitung der Organisationsstrukturen im
Unternehmen vor. Die Organisation solle agiler, projektbezogener und mehr
durch die Arbeitende selbst geplant werden.10 Auch solle ein „Silodenken“, also
geringe Kommunikation und
ein Mangel an
Wissensteilung zwischen
Abteilungen, vermieden und durch ein verstärktes „Sharing“, ausgeprägter
Kommunikation und Wissensteilung am Arbeitsplatz, ersetzt werden.11 Bei der
Umsetzung hätten laut Hofmann vor allem große und alte Unternehmen
Schwierigkeiten, da diese tiefgehende und traditionelle Organisations- und
Arbeits-kulturen hätten, deren Änderung zu große Anstrengung verlange.12
Vgl. Hofmann (2020): New Work – Praktische Relevanz, S. 22-24.
Vgl. Ebd., S. 23.
7 Vgl. Hackl et al. (2017): New Work: Auf dem Weg zur neuen Arbeitswelt, S. 7, S. 23.
8 Vgl. Hofmann (2020): New Work – Praktische Relevanz, S. 24.
9 Vgl. Ebd.,
10 Vgl. Ebd., S. 22ff.
11 Vgl. Schnell/Schnell (2019): New Work Hacks, S. 12f.
12 Vgl. Hofmann (2020): New Work – Praktische Relevanz, S. 24f.
5
6
3
2.3 Enthierarchisierung
Als dritten Ansatz beschreibt sie den Wandel von einer klaren, vertikal
strukturierten Hierarchie hin zu einem mehr partizipativen und horizontalen
Führung. Neben einer Demokratisierung der Führungskultur13 und steigender
Selbstverantwortung, sollten Mitarbeiter sich selbstständig durch stellvertretende
Managementtätigkeiten einbringen. Wie auch beim Wandel der Organisation falle
es kleinen, jungen Unternehmen hier leichter die neuen Strukturen und Kulturen
zu implementieren. Ein anderes Problem der partizipativen Führung seien
zeitintensive Diskussionsrunden.14
2.4 Sinnstiftung
Das vierte Bestreben sei es, der Arbeit mehr Sinn beizufügen und sie dem
Werteverständnis der Arbeiter anzupassen.15 Neben der dadurch entstehenden
Motivation der Mitarbeiter ist auch die zunehmend wichtige Corporate Social
Responsibility ein Motivator für diesen Wandel.
3 SARS-CoV-2
Zu Beginn des Jahres 2020 wurde Deutschland von der globalen Infektionswelle
eines neuartigen Coronavirus, dem SARS-CoV-2, erfasst. Durch die hohe und
schwer kontrollierbare Übertragungsrate des Virus und der Schwere der
resultierenden Krankheit COVID-19 kam es global zu weitreichenden
Infektionsschutzmaßnahmen. In Deutschland trafen Bund und Länder diverse
Maßnahmen, um die Verbreitung zu entschleunigen, unter anderem Ausgehverbote, Mindestabstände und Maskenpflichten. Diese, wie auch eine Begrenzung der maximal pro Quadratmeter erlaubten Personen, bedeuteten für
Unternehmen, dass Mitarbeiter zu Hause bleiben, und falls möglich ihre
Tätigkeiten im Homeoffice durchführen mussten. Dies stellte die Unternehmensführungen vor bis dato nie dagewesene Herausforderungen.
Die endgültigen Folgen des Virus für den Arbeitsmarkt sind zum heutigen Stand
noch nicht ersichtlich. Fraglich ist, ob heute bereits Auswirkungen der globalen
13
Hierzu ausführlich Hackl et al. (2017): New Work: Auf dem Weg zur neuen Arbeitswelt, S. 87.
Vgl. Hofmann (2020): New Work – Praktische Relevanz, S. 24.
15 Vgl. Ebd., S. 22f.
14
4
Situation auf den Wandel hin zu New Work in Deutschland zu erkennen oder zu
prognostizieren sind. In den vier genannten Stoßrichtungen könnte es zu einer
Beschleunigung des Wandels, einer Entschleunigung oder einem Ausbleiben der
Veränderung durch den Virus kommen.
3.1 Flexibilisierung
Fraglich ist, wie die Krise den Wandel hin zu einer Flexibilisierung der Arbeitserbringung in Deutschland beeinflussen wird. New Work fordert hier, dass der
Arbeiter seine Tätigkeit verrichten darf „wann“ und „wo“ er wolle,16 also eine
stärkere örtliche und zeitliche Anpassung an die Bedürfnisse des Arbeiters.
3.1.1 Örtliche
Den wohl augenscheinlichsten Einfluss hatte SARS-CoV-2 auf den Ort der
Arbeitserbringung. Die behördlichen Anweisungen machten binnen kurzer Zeit
die Verlegung des Ortes in das Zuhause der Mitarbeiter zu einer unfreiwilligen
Realität.17 Fraglich ist, ob diese unfreiwillige, durch temporäre Legislatur bedingte
Entscheidung, einen anhaltenden Effekt auf die Arbeitswelt habe. Bei Ent-
scheidungen sei zwischen „Entscheidungsproblemen“, also von außen verursacht notwendigen und vom Entscheider selbst kreierten „Entscheidungschancen“ zu unterscheiden.18 Bei Entscheidungsproblemen tendiere man nach
Siebert und Keeney dazu lediglich reaktiv zu handeln und zu offensichtlichen und
einfachen Lösungen zu greifen. Den Arbeitern nachhaltig diese örtliche Flexibilität zuzugestehen ist eine weniger offensichtliche und einfache Lösung, als das
Arbeiten zu Hause rein als Reaktion auf äußere Einflüsse zu betrachten.
Dahingegen stellt das Ende der behördlichen Beschränkung eine Entscheidungschance im Sinne von Siebert und Keeney dar. Die Rückkehr vom Homeoffice
zurück ins Büro ist nicht verpflichtend. Unternehmen können also proaktiv und
kontrolliert entscheiden, ob und wie die Rückkehr stattfinden soll. Durch diese
Freiheit rücke das Interesse der nachhaltigen Verbesserung und die Vermeidung
ähnlicher, zukünftiger Probleme in den Vordergrund der zu treffenden Ent-
Vgl. Hofmann (2020): New Work – Praktische Relevanz, S. 22.
Vgl. Wüthrich (2020): Corona-Krise als Möglichkeitslabor, S. 164.
18 Vgl. Siebert/Keeney (2020): Entscheidungen: Probleme oder Chancen, S. 6f.
16
17
5
scheidung.19 Der Weg aus der Krise stelle eine wertvolle Möglichkeit dar, aus
dem Erlebten zu lernen und intelligente Weiterentwicklung vorzunehmen.20
Durch die Erfahrungen in der Krise wurde die Diskussion weiter angestoßen, ob
man Ort der Arbeitserbringung in Deutschland flexibler gestalten solle. Eine
eventuelle Prokrastination der Entscheidung innerhalb der Unternehmen21 wurde
durch die neuen gesetzlichen Vorgaben erschwert. Neue Informationen über die
womöglich höhere ökologische und ökonomische Effizienz beim Arbeiten im
Homeoffice im Vergleich zum Arbeiten im Büro wurden gewonnen. Unabhängig
vom Ergebnis der Diskussion ist daher der Verbesserungsprozess angestoßen
und eine Beschleunigung des Wandels wahrscheinlich.
3.1.2 Zeitliche
Undurchsichtiger ist der Einfluss des Virus auf die zeitliche Flexibilität der Arbeit.
Arbeiten im Homeoffice gewährt den Arbeitern neue Freiräume. Das Führen auf
Distanz erfordert demnach ein größeres Vertrauen des Managements an die
Arbeiter.22 Die unbeaufsichtigte Heimarbeit stellt das Management vor die
Entscheidung über einen „Wechsel von einer Inputsteuerung zu einer ergebnisorientierten Führung“.23 Eine Ergebnisorientierung beinhaltet eine Flexibilisierung
der Arbeitszeit, da der Fokus auf die fristrechte Ergebniserbringung gelegt wird
und nicht auf die einzelnen Schritte hin zum Ergebnis. Dies würde, wie auch
zuvor, durch erhaltene neue Informationen bedingt eine Beschleunigung des
Wandels bedeuten.
Dem steht jedoch gegenüber, dass es durch die Krise eine starke Neusortierung
der Arbeitszeiten in Deutschland gegeben hat. Neben zahlreichen Kündigungen
hat es starke Verschiebungen bei der Kurzarbeitszeit und einen Rückgang der
Arbeitszeiten generell gegeben.24 Demnach lässt die Situation keine verlässliche
Prognose zu.
19
Vgl. Siebert/Keeney (2020): Entscheidungen: Probleme oder Chancen, S. 7f.
Vgl. Wüthrich (2020): Corona-Krise als Möglichkeitslabor, S. 167.
21 Vgl. Siebert/Keeney (2020): Entscheidungen: Probleme oder Chancen, S. 4.
22 Vgl. Wüthrich (2020): Corona-Krise als Möglichkeitslabor, S. 165f.
23 Ebd., S. 165.
24 Vgl. Weber et al. (2020): Der Arbeitsmarkt gerät durch Corona massiv unter Druck, Kapitel 3.
20
6
3.2 Organisation
Durch die Änderung an Zeit und Ort der Erbringung von Arbeit, aber auch durch
die extremen Schwankungen der Nachfrage von Produkten und Dienstleistungen
im Markt hat SARS-CoV-2 in vielen Unternehmen eine Neuorganisation notwendig gemacht. Nicht nur die Koordination der neuen Umstände innerhalb des
Unternehmens, sondern auch das Homeoffice selbst stellt die Organisationsstrukturen vor eine Herausforderung.
3.2.1. Selbstorganisation
Das nun erzwungene Arbeiten von Zuhause erfordert ein großes Maß an Selbstorganisation und Eigeninitiative von den Arbeitenden.25 Binnen kurzer Zeit
musste jeder Arbeiter sich an seinem neuen Platz eine Struktur errichten und sich
in dieser zurechtfinden. Die Unternehmensführung kann dort, anders als im Büro,
keine vollendete Struktur aufbauen, sondern lediglich beispielsweise Hilfsmittel
zur Verfügung stellen oder den Arbeiter beraten. Dies ist zwar im Sinne der New
Work-Bewegung, die selbstständige Organisation erfordert jedoch ein hohes
Maß an Motivation und die neugewonnene Freiheit ein hohes Maß an Selbstverantwortung von den Arbeitern.26 Diese horizontale Verteilung der Verantwortung im Unternehmen sei wiederum ein wichtiger Schritt in Richtung einer „agilen“
Arbeitsweise, die New Work fordert.27
Durch die schnelle, notdürftige Implementierung der neuen Strukturen ist jedoch
davon auszugehen, dass wenig Rücksicht auf individuelle Wünsche genommen
wird. Auch sei „nicht davon auszugehen, dass jeder Mitarbeiter durch eine neue
Arbeitsorganisation per se mehr Arbeitsfreude empfindet.“28 Es sei jedoch auch
möglich, dass einige nun weniger ausgelastete Mitarbeiter selbstständig und
solidarisch ihre Hilfe anbieten. Der Erfolg einer Neuausrichtung der Organisation
sei also individuell vom betroffenen Unternehmen und seinem Personal
abhängig.29 Es ist daher schwer zu prognostizieren, ob die durch SARS-CoV-2
bedingten Erfahrungen einen beschleunigenden, keinen, oder gar einen
25
Vgl. Wüthrich (2020): Corona-Krise als Möglichkeitslabor, S. 164.
Vgl. Reuter (2019): New Work - neue Herausforderungen an die Motivation.
27 Vgl. von Appen (2020): Achtung! New Work Stolpersteine, S. 76.
28 Reuter (2019): New Work - neue Herausforderungen an die Motivation.
29 Vgl. Ebd.
26
7
hemmenden Einfluss auf den Wandel hin zur Selbstorganisation haben, da jener
Erfolg stark von Unternehmen zu Unternehmen schwankt.
3.2.2 Kommunikation
Die Abstandsregeln während der Corona-Krise haben auch zwangsläufig eine
vermehrt digitale bzw. virtuelle Kommunikation zur Folge. Diese birgt sowohl das
Potential der Verringerung als auch die Gefahr einer Verschlimmerung des
„Silodenkens“ im Sinne des New Work-Ansatzes. Die physische Distanz könne
das Vertrauen und somit das Zusammenarbeiten erschweren.30 Wie auch die
Selbstorganisation ist die Tendenz hier stark vom individuellen Unternehmen
abhängig.
Ob die Kommunikation innerhalb von Unternehmen nach der Krise eine
Überarbeitung erfahren wird, wird von den individuellen Beobachtungen
abhängen.31 Somit ist eine verlässliche Prognose nicht darüber hinaus möglich,
dass womöglich eine Diskussion von digitaler Kommunikation angeregt wurde.
3.3 Führung
Die Auswirkungen von SARS-CoV-2 auf die Führung im Unternehmen verhalten
sich derivativ zu denen in der Organisation. Neben der Sicherstellung der
Liquidität und Erhaltung des Geschäftsmodelles sei die erfolgreiche, kurzfristige
Implementierung von Homeoffice eine der zentralen Managementaufgaben in
der Krise.32 Die Unternehmensführung muss sich an die durch das Homeoffice
erhöhte Eigen- bzw. Teamverantwortung und das dadurch erforderte höhere
Maß an Vertrauen in die Mitarbeiter anpassen.
Der New Work Gedanke schlägt eine Demokratisierung der Führung vor. Dies
bedeute, dass Führungsfunktionen horizontal auf die Mitarbeiter verteilt wird und
die Führung stärker über die Zeit oder mit Projekten fluktuiert.33 Dies geht als
Nebenprodukt der durch die Selbstorganisation erhöhten Selbstführung einher.
Das Einführen von Homeoffice erreicht also automatisch eine mehr horizontale
Verteilung der Führungsverantwortung. Fraglich ist, ob diese individuelle Anpassung nach dem Ende der Krise beibehalten wird. New Work fordere daneben von
30
Vgl. Wüthrich (2020): Corona-Krise als Möglichkeitslabor, S. 165.
Vgl. Ebd.
32 Vgl. Ebd., S. 164.
33 Vgl. Kozica/Thiemann (2020): Führung in modernen Arbeitswelten, S. 57.
31
8
Führungskräften auf Augenhöhe, anstatt „von oben herab“ zu agieren. Sie sollen
Mitarbeitern als „enabler“, oder als „empowerer“34 dienen und ihnen orientierend
zu Seite stehen.35 Ein, in der Krise von der neuen Situation überforderter Arbeiter
würde fraglos einen solchen Führungsstil zu schätzen wissen.
Andererseits bergen hochgradig partizipative und demokratische Führungsstrukturen, vor allem in diesen ungewissen Zeiten, die Gefahr von zeitintensiven
Diskussionen.36 Dies steht im direkten Gegensatz zur in der Krise notwendigen
Fähigkeit zu schnellen Entscheidungen. Ziel von New Work sei es nicht, „dass
es plötzlich keine Führung mehr gibt – damit alle im Chaos arbeiten können, ...“.37
Es gilt also die richtige Balance zwischen Partizipation und Vertikalität in der
Unternehmensführung zu finden.
Während der Krise ist das Management und die Unternehmensführung jedoch
mehr beansprucht als zuvor. Die bestehende Führungsstruktur liefert, sofern sie
auch in dieser Krise funktioniert, einen wertvollen Faktor der Stabilität in der
Krise. Lediglich die Rückführung aus der Krise stellt eine Entscheidungschance38
dar, das Erlernte zu reflektieren und schrittweise kontrolliert anzuwenden.39 Aus
den bestehenden Hierarchien der Unternehmen ist während der Krise kein
relevantes Problem im Sinne von New Work ersichtlich. Somit ist von einer
geringen bis keiner nachhaltigen Beschleunigung des Wandels der Führungsstrukturen in deutschen Unternehmen durch SARS-CoV-2 auszugehen. Zu einer
Entschleunigung des Wandels käme es nur bei Unternehmen, die durch ihre
individuelle Anpassung an die Situation schlechte Erfahrung gemacht haben und
deswegen auf traditionellen Führungsstrukturen beharren.
3.4 Sinnstiftung
Fraglich ist, ob durch die Krise zukünftig dem „Warum“ der Arbeit40 eine größere
Beachtung geschenkt wird. Die in der Krise erlebte Solidarität könnte der Arbeit
eine stärkere kameradschaftliche Sinnhaftigkeit verleihen.41 Ebenso ist es
34
Hierzu ausführlich Schermuly (2020): Wann funktioniert New Work, S. 10ff.
Vgl. von Appen (2020): Achtung! New Work Stolpersteine, S. 78.
36 Vgl. Hofmann (2020): New Work – Praktische Relevanz, S. 24.
37 Schnell/Schnell (2019): New Work Hacks, S. 15.
38 Vgl. Siebert/Keeney (2020): Entscheidungen: Probleme oder Chancen, S. 7.
39 Vgl. von Appen (2020): Achtung! New Work Stolpersteine, S. 78.
40 Vgl. Ebd., S. 77.
41 Vgl. Wüthrich (2020): Corona-Krise als Möglichkeitslabor, S. 165.
35
9
möglich, dass die eigene Arbeit in Anbetracht der vielen Entlassungen und
Insolvenzen einen höheren Stellenwert erhält. Ob diese Effekte jedoch nachhaltig
über die Krise hinaus Bestand haben ist ungewiss.
Bei New Work geht es eher darum, dass der Fokus auf den Sinn der Arbeit und
die Werte der Arbeitenden ausgelegt werden. So könnte eine beispielsweise
Verlagerung der Produktion auf Masken eine langfristige Diskussion darüber,
was Corporate Social Responsibility aus Arbeiterperspektive bedeutet, inspirieren. Jedoch ist davon auszugehen, dass der Managementbedarf in und unmittelbar nach der Krise hoch ist. Ob eine derartige Diskussion stattfinden würde
ist also wiederum individuell und nicht vorhersehbar. Demnach ist langfristig
weder eine Be- noch eine Entschleunigung des Wandels ersichtlich.
3.5 Gesamt
Zusammenfassend ist es bereits während der Krise zu einer örtlichen
Flexibilisierung gekommen, deren Bestand zumindest teilweise zu erwarten ist.
Geringer, aber auch vorhanden ist eine zeitliche Flexibilisierung der Arbeit. Der
Fortbestand dieses Wandels ist jedoch aufgrund der chaotischen Arbeitsmarktsituation unsicher. Ebenso hat es durch die amtlichen Beschränkungen einen
Wandel in der Unternehmensorganisation gegeben. Ob die Änderungen an der
Kommunikation und die Schritte hin zur Selbstorganisation langfristig beibehalten
werden, wird davon abhängen, ob das Unternehmen die gemachten Erfahrungen
individuell als positiv oder negativ bewertet.
Anders ist die Situation bei der Führung. Dort hat es zwar auch Änderungen in
der Struktur durch die Einführung von Homeoffice gegeben, jedoch ist zu
erwarten, dass viele Managementkapazitäten durch die Krise in anderen Aufgaben gebunden sind und man darüber hinaus auf die Stabilität des bestehenden
Systems setzt. Dies würde eine Entschleunigung des Wandels hin zu New Work
bedeuten. Die gebundenen Managementkapazitäten bedeuten ebenso, dass die
Frage der Sinnstiftung in den Hintergrund rückt. Neue Erfahrungen der Solidarität
und Corporate Social Responsibility könnten jedoch eine neue Diskussion entfachen. Es ist hier maximal von einer leichten Beschleunigung auszugehen.
10
4 Fazit
Trägt man diese Ergebnisse zusammen, hat es den Anschein, dass trotz der
bundesweiten Vorschriften deren Umsetzung, die gemachten Erfahrung und
somit ein möglicher Wandel hin zu New Work sich individuell von Unternehmen
zu Unternehmen unterscheiden werden. Für das Entscheidungsproblem, wie
man mit der Krise als Unternehmen umgehen soll, scheint es auch im New Work
keine Musterlösung zu geben. Eine Krise mit all den Problemen, die sie mit sich
bringt, ist ein ungünstiger Zeitpunkt, um nicht zwingend notwendige Veränderungen im Herzen des Unternehmens zu vollziehen. Allerdings steht außer
Frage, dass durch die gemachten Erfahrungen Deutschland einen unfreiwilligen
Ausblick auf die viel diskutierte „Arbeit 4.0“42 erhalten hat. Dieser Ausblick könnte
nach der Wiederkehr der Normalität fraglos eine Revolution oder mindestens
eine Evolution des Arbeitsmarktes zur Folge haben. Das Ende der Krise stellt
durch die Aufhebung der Einschränkungen eine große Chance dar, die Zukunft
so zu gestalten, wie man sie möchte. Es ist zu erwarten, dass Unternehmen
Maßnahmen treffen werden, um eine erhöhte Resilienz gegen erneute Krisen zu
haben.43 Diese Maßnahmen könnten sehr wohl eine Flexibilisierung der Arbeit
und agilere Organisation im Sinne von New Work bedeuten.
Betrachtet man, dass vor allem alte, festgefahrene Betriebe Schwierigkeiten mit
dem Wandel haben, bietet Entlassungen und Insolvenzen zugleich die Chance
etwas neu und besser aufzubauen. Im Endeffekt werden manche Unternehmen
die Krise überstehen und manche nicht und die Verbesserungsmanagements die
Gründe untersuchen. Bleiben mehr Unternehmen mit Ansätzen von New Work
oder Arbeit 4.0 bestehen, so werden diese Ansätze vermehrt Einzug in Unternehmen finden. Entscheidend bleibt abzuwarten, wie sich die Krise jedoch auf
die Machtposition der Arbeiter auf dem Markt entwickeln wird.
42
43
Vgl. Hofmann (2020): New Work – Praktische Relevanz, S. 26.
Vgl. Wüthrich (2020): Corona-Krise als Möglichkeitslabor, S. 164f.
II
Literaturverzeichnis
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Deutschland, in: PERSONALquarterly, Heft Nr. 02, S. 22-26
Kozica, Arjan/Thiemann, Daniel (2020): Führung in modernen Arbeitswelten, in:
OrganisationsEntwicklung, Heft Nr. 01, S. 56-63
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Schermuly, Carsten C. (2020): Wann funktioniert New Work? Eine praktische und
psychologische Theorie zu New Work, in: PERSONALquarterly, Heft Nr. 02, S.
10-15
Schnell, Nils/Schnell, Anna (2019): New Work Hacks, Springer Fachmedien
Siebert, Johannes Ulrich/Keeney, Ralph L. (2020): Entscheidungen: Probleme oder
Chancen?, in: Wirtschaftswissenschaftliches Studium, Heft Nr. 06, S. 4-6
von Appen, Kerstin Sarah (2020): Achtung! New Work Stolpersteine, in:
OrganisationsEntwicklung, Heft Nr. 01, S. 76-78
Weber, Enzo/Bauer, Anja/Fuchs, Johann/Hummel, Markus/Hutter, Christian/Wagner,
Susanne/Zika,
Gerd/Fitzenberger,
Bernd/Walwei,
Ulrich
(2020):
Der
Arbeitsmarkt gerät durch Corona massiv unter Druck, in: IAB-Kurzbericht, Nr.
07, S. 1-12
Wüthrich, Hans A. (2020): Die Corona-Krise als »Möglichkeitslabor« für die Zukunft
begreifen!, in: Zeitschrift Führung und Organisation, Heft Nr. 03, S. 164-167
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