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FaMaPri-Praxisleitfaden-2018-Modul1---online

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Praxishilfen
zum inklusiven
Mathematikunterricht
Stand: August 2018
1
Fachgruppe
Mathematik Primarstufe
Praxishilfen zum
„Inklusiven Mathematikunterricht“
Vorwort
Sehr geehrte Schulleiterinnen, sehr geehrte Schulleiter,
sehr geehrte Lehrerinnen und Lehrer,
die Fachgruppe Mathematik in der Primarstufe hat Praxishilfen zum „Inklusiven
Mathematikunterricht“ erarbeitet.
Um Ihnen und Ihrem Kollegium Hilfen anzubieten und Anregungen zu geben, wurde dieser
Leitfaden erstellt. Unser Angebot richtet sich auch an fachfremd unterrichtende Lehrkräfte
und Betreuerinnen/ Betreuer in der Hausaufgabenhilfe in der OGS. Rückfragen und
Ergänzungen sind jederzeit möglich und ausdrücklich erwünscht. Auch soll kein Anspruch auf
Vollständigkeit erhoben werden, die aufgeführten Materialien sind mehrheitlich von den
Mitgliedern der Gruppe erprobt, jedoch ist der Einsatz immer auch abhängig von Personen
und Situationen.
Die Praxishilfen sollen möglichst auch durch Ihre Beiträge ergänzt werden. Bei Rückfragen
und Ergänzungen wenden Sie sich bitte an die Mitglieder der Fachgruppe. Mailadressen
finden Sie auf der letzten Seite.
Danken möchte ich ganz herzlich den Mitgliedern der Fachgruppe:
Jörg Franks, Julia Hacker, Gudrun Hartmann, Marion Henke, Heike Hoffmann, Bettina Wolff,
Beatrice Otto, mit Unterstützung durch Bernd Beuerbach für die Mitwirkung an der
Erstellung dieser Praxishilfen.
Mit freundlichen Grüßen
Rita Berens
Dezernat 41 Grundschule
Bezirksregierung Detmold
Rita.Berens@brdt.nrw.de
2
Fachgruppe
Mathematik Primarstufe
Praxishilfen zum
„Inklusiven Mathematikunterricht“
Inhaltsverzeichnis
VORWORT ........................................................................................................................................................ 2
INHALTSVERZEICHNIS ....................................................................................................................................... 3
TEIL I: ALLGEMEINE HILFEN UND ANREGUNGEN ZUR UNTERRICHTSGESTALTUNG IM
MATHEMATIKUNTERRICHT .............................................................................................................................. 4
LERN- UND ARBEITSVERHALTEN .................................................................................................................................. 4
Konzentration und Aufmerksamkeit ............................................................................................................... 4
Arbeitsplatzorganisation ................................................................................................................................ 7
Arbeitstempo .................................................................................................................................................. 8
Anstrengungsbereitschaft/ Durchhaltevermögen/Frustrationstoleranz ...................................................... 10
Methodenkompetenz ................................................................................................................................... 12
KOMMUNIKATION UND SPRACHE IN MATHEMATIK....................................................................................................... 14
Wortschatz ................................................................................................................................................... 14
KOGNITION UND DENKEN IN MATHEMATIK................................................................................................................. 15
Handlungsorientierung ................................................................................................................................. 15
MENTALES OPERIEREN ........................................................................................................................................... 22
Ablösung vom Material ................................................................................................................................ 22
LEISTUNGSKONZEPT ............................................................................................................................................... 25
Leistungsbewertung ..................................................................................................................................... 25
Leistungsbewertung – nicht nur an punktuellen Lernzielkontrollen ............................................................. 26
Mathebriefkasten - Aufgabe der Woche ................................................................................................................... 26
Minibücher und Forscherhefte .................................................................................................................................. 27
Eingangs- und Abschluss-Standortbestimmungen..................................................................................................... 28
Leistungsbewertung neu denken .................................................................................................................. 29
Veränderte Lernzielkontrollen ................................................................................................................................... 29
Sternchenaufgaben-Modell / modifizierte Sternchenaufgaben-Modell.................................................................... 29
Spaltenaufgaben-Modell ........................................................................................................................................... 30
Differenzierung der Anforderungsbereiche ............................................................................................................... 31
Lernen in Bausteinen, mit Lernlandkarten oder dem Mathepass ............................................................................. 31
Veränderte äußere Bedingungen ................................................................................................................. 33
Räumliche Faktoren - Veränderung der räumlichen Gegebenheiten ........................................................................ 33
Modifizierte Arbeitsmaterialien - Veränderung des Testblattes ............................................................................... 33
Zeitliche Faktoren- Konzentrationsstörung, motorische und visuelle Störungen ...................................................... 33
personelle Unterstützung .......................................................................................................................................... 34
technische Unterstützung .......................................................................................................................................... 34
3
Fachgruppe
Mathematik Primarstufe
Praxishilfen zum
„Inklusiven Mathematikunterricht“
Teil I: Allgemeine Hilfen und Anregungen zur Unterrichtsgestaltung im
Mathematikunterricht
Lern- und Arbeitsverhalten
Konzentration und Aufmerksamkeit
Mittlerweile gibt es immer mehr Kinder, die sich nur über einen sehr kurzen Zeitraum konzentrieren
können und eine hohe Ablenkungsbereitschaft besitzen. Mit gezielter Unterstützung gelingt es
diesen Kindern, ihre Aufmerksamkeit auf das Wesentliche zu richten und die
Aufmerksamkeitsspanne zu erweitern.
Außenreize reduzieren

Kopfhörer
Sie unterstützen Kinder in der Einzelarbeitsphase, ablenkende Umweltgeräusche bzw. den
Störschall zu reduzieren. Kopfhörer können nicht nur im Unterrichtsalltag, sondern auch in
der Hausaufgabenbetreuung eingesetzt werden.
Um eine positive Bewertung dieser zu erzeugen, sollte bei den Eltern, der Schülerschaft und
im Kollegium Transparenz über deren Zweck geschaffen werden.
Die Kinder dürfen über den Einsatz der Kopfhörer selbst entscheiden.
Es empfiehlt sich beim Start pro Klasse fünf Kopfhörer anzuschaffen. Alternativ können Eltern
diese, beispielsweise im Baumarkt, selber erwerben.

Sichtschutz auf Schülertischen
Sie dienen dazu, ablenkende visuelle Außenreize zu minimieren. Es können beispielsweise
selbsterstellte oder gekaufte Pappschutzwände sein. Eine günstige Alternative sind zunächst
Schulranzen.
4
Fachgruppe
Mathematik Primarstufe

Praxishilfen zum
„Inklusiven Mathematikunterricht“
Arbeitssitzplatz mit Blick zur Außenwand
Diese Arbeitsplätze bieten Kindern Rückzugsmöglichkeiten und eine Reduzierung visueller
Reize. Sie sind ein zusätzliches Angebot und sollten nicht als ein negativ besetzter Ort
genutzt werden.

„Offene Türen“
Um den Klassenraum zu einem ruhigeren Lernort werden zu lassen, ist es hilfreich vor der
Klasse bzw. in der Schule Nischen und Nebenräume zu nutzen. Hier können Kinder
beispielsweise in angemessener Lautstärke in Partner- und Gruppenarbeiten zusammen
lernen, während im Klassenraum Einzelarbeit stattfindet.

Strukturierter Klassenraum
Damit sich Kinder innerhalb der Klasse visuell besser orientieren können, ist bei der
Gestaltung des Klassenraumes eine Strukturierung in eindeutige Bereiche und das
Vermeiden von Reizüberflutung oberstes Prinzip.
5
Fachgruppe
Mathematik Primarstufe
Praxishilfen zum
„Inklusiven Mathematikunterricht“
Dabei ist es sinnvoll, die Frontwand (Tafelseite) möglichst frei zu lassen und einen festen
Platz für die Mathematikmaterialien und den Wortspeicher Mathematik einzurichten.
Aktuell nicht genutzte Materialien werden außerhalb der Sichtweite der Kinder verstaut
(Schränke etc.).
Der Klassenraum soll freundlich sein, aber auch nicht zu bunt. In Absprache mit allen Fachlehrkräften
wird überlegt, wann und wo Schülerergebnisse, wichtige Regeln oder Fachausdrücke aufhängt
werden. Es ist sinnvoll, zum Beispiel Präsentationsflächen im Flurbereich oder Plakate zum
Umblättern zu nutzen. Leinen quer durch den Raum sind eher zu vermeiden.
Literaturangaben:
VIERBUCHEN, MARIE CHRISTINE: Gelingendes Classroom Management mit dem KlasseKinderSpiel. In:
Grundschule aktuell. Zeitschrift des Grundschulverbandes, Heft 125, Februar 2014.
TOMAN, H. : Classroom-Management. Basiswissen Grundschule. Bd. 25. Baltmannsweiler: Schneider
6
Fachgruppe
Mathematik Primarstufe
Praxishilfen zum
„Inklusiven Mathematikunterricht“
Verlag Hohengehren, 2007.
Arbeitsplatzorganisation
Kinder, die einen Unterstützungsbedarf in diesem Bereich haben, fällt es oft schwer, ihren
Arbeitsplatz selbstständig so zu organisieren, dass sie möglichst störungsfrei arbeiten können.

Arbeitsplatzaufbau
Damit Kinder ihren Arbeitsplatz gut strukturieren können, ist es hilfreich, Plätze für
Federmappe, Heft, Buch, etc. zu besprechen, dabei gezielt den Aufbau zu üben und evtl.
Markierungen unterstützend auf dem Tisch einzusetzen.
In der Federmappe sollten alle notwendigen Schreibutensilien in einzelnen Einschüben
sortiert sein, damit das Kind schnell alles findet. Überflüssige Materialien und
„Schlampermäppchen“ sind für diese Kinder eher zu vermeiden. Vielen Schülerinnen und
Schülern hilft es, ein Extramäppchen für Materialien wie Schere und Kleber zu haben. In
Einzelfällen ist es sogar notwendig, die Anzahl der Schreibutensilien auf eine minimale Anzahl
zu reduzieren.

Staus und Störungen im Unterrichtsverlauf vermeiden
Damit Kinder gut und zügig an ihre Materialien gelangen, sollten diese im Klassenraum
günstig positioniert werden (z. B. Materialkisten für Gruppentische, Verteilung der
Eigentumskisten bzw. Ablagefächer im Klassenraum).
Um sich schnell und störungsfrei Hilfe holen zu können, sind Hilfekarten („Ich brauche Hilfe“)
gut. Diese können zum Beispiel an einem Wäscheklammersystem „Warteschlange“
angeheftet oder einfach auf den Tisch gelegt werden. Die Lehrkraft oder Helferkinder
können diese Kinder dann zielgerichtet unterstützen.
Eine gut strukturierte Ergebnissicherung führt zu einer störungsarmen Lernatmosphäre: z. B.
das Lerntempoduett zur Partnerkontrolle, Selbstkontrolle in Form von Lösungsblättern.
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Fachgruppe
Mathematik Primarstufe
Praxishilfen zum
„Inklusiven Mathematikunterricht“
Beispiel: Lerntempoduett
Literaturangaben:
VIERBUCHEN, MARIE CHRISTINE: Gelingendes Classroom Management mit dem KlasseKinderSpiel. In:
Grundschule aktuell. Zeitschrift des Grundschulverbandes, Heft 125, Februar 2014.
TOMAN, H. : Classroom-Management. Basiswissen Grundschule. Bd. 25. Baltmannsweiler: Schneider
Verlag Hohengehren, 2007.
Arbeitstempo
Es ist zu beobachten, dass viele Kinder Schwierigkeiten haben sich in Arbeitsphasen, unabhängig von
Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeit, die Zeit einzuteilen, bzw. ihr Arbeitstempo zu gestalten. Häufig
hilft es diesen Kindern, durch eine Visualisierung der zur Verfügung stehenden Zeitdauer ein besseres
Zeitgefühl in unterschiedlichen Zeitintervallen zu bekommen.
Durch die Schulung des Zeitverständnisses bekommen die Schülerinnen und Schüler auch Hilfen für
die Einschätzung von Zeitabläufen, Zeitnutzung und Zeiteinteilung.
8
Fachgruppe
Mathematik Primarstufe
Praxishilfen zum
„Inklusiven Mathematikunterricht“
Für den Erhalt bzw. zur Verbesserung der Motivation der Kinder ist es wichtig, den Umfang der
Aufgaben für einen bestimmten Zeitraum festzulegen bzw. den Zeitraum für die Erledigung
bestimmter Aufgaben so zu gestalten, dass es für Kinder auch leistbar ist.
Bei dem Einsatz von Unterstützungsangeboten zur Visualisierung der Zeitdauer ist immer wichtig
abzuwägen: Ist es eine Unterstützung oder eine Ablenkung (z.B.: Ticken einer Eieruhr).
Zeitdauer visualisieren:
 Eieruhr
 Wecker
 Sanduhren (mit verschiedenen Zeitintervallen von 30 Sekunden bis zu 10 Minuten)
 Countdown-Uhr für den Unterricht
Anleitung für den IKEA – Uhr Umbau:
www.halbtagsblog.de/schule/countdown-uhr-fr-den-unterricht
 Zeitdaueruhren

(Bildentnahme: www.timetex.de 28.05.2015)
9
Fachgruppe
Mathematik Primarstufe
Praxishilfen zum
„Inklusiven Mathematikunterricht“
 Zeitdauerampeln
(Bildentnahme: www.timetex.de 28.05.2015)
Literaturangaben:
TimeTEXHermedia Verlag GmbH | www.timetex.de
Anleitung für den IKEA – Uhr Umbau: www.halbtagsblog.de/schule/countdown-uhr-fr-denunterricht
Verweise / Verknüpfungen:
Praxisleitfaden: Schwerpunkt Konzentration/ Aufmerksamkeit
Anstrengungsbereitschaft/ Durchhaltevermögen/Frustrationstoleranz
Gerade Kinder mit Unterstützungsbedarf haben oft schon viele Frustrationen erlebt und sind
entmutigt, haben mangelndes Selbstvertrauen und Versagensängste. Sie benötigen eine Motivation
aus der Sache heraus, Ermunterung zu eigenen Strategien und eine Auseinandersetzung mit den
Schwierigkeiten, ohne sie zu überfordern. Der Lehrer sollte Geduld und Vertrauen in die Leistung der
Kinder aufbringen.

Verstärkerplan
Das positive Verhalten eines Kindes oder auch der gesamten Klasse wird durch einen
gemeinsam von Lehrer und Schüler/n erstellten Punkteplan systematisch verstärkt. Der Plan
muss für alle Beteiligten transparent sein und die Zusammenarbeit mit den Eltern ist
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Fachgruppe
Mathematik Primarstufe
Praxishilfen zum
„Inklusiven Mathematikunterricht“
empfehlenswert. Hilfreiche Hinweise zum Entwickeln und Durchführen von
Verstärkerplänen: www.rsb-borken.de

Gute Lernaufgaben und ergiebige Aufgabenstellungen
Sie berücksichtigen die individuellen Lernvoraussetzungen und – möglichkeiten der Schüler
und Schülerinnen, denn sie sind herausfordernd auf unterschiedlichem Anspruchsniveau
und ermöglichen so jedem Schüler, seinem individuellen Können entsprechend an einer
gegebenen Aufgabe zu arbeiten. Beispiele: PIK AS – Haus 7 „Gute Aufgaben“ (s. Verweise)

Individuell abgestimmte Aufgaben (qualitativ und quantitativ), um Erfolgserlebnisse und
Könnenserfahrungen zu ermöglichen und ein positives Selbstkonzept aufzubauen.

Angemessener Wechsel von An- und Entspannung
z.B. Bewegungspausen - allgemeine und individuelle Bewegungspausen („Flitzerunde über
den Schulhof“);
Bewegungs- und Sprechspiele „Wir gehen heute auf Bärenjagd“, „Moin, ich heiß Johannes“;
Mathespiele z.B. „Hamstern“
Spielerische Übungsangebote
Beispiel 1
11
Fachgruppe
Mathematik Primarstufe

Praxishilfen zum
„Inklusiven Mathematikunterricht“
Lösungsmöglichkeiten auf verschiedenen Ebenen ermöglichen
Durch den Einsatz von Forschermitteln heben die Schüler und Schülerinnen hervor, was
ihnen auffällt. Sie können so einen nonverbalen Weg wählen oder die Forschermittel als
Unterstützung nutzen.
Forschermittel nach PIK AS – Markieren mit verschiedenen Farben, Einkreisen, Pfeile ziehen,
Rechenstrich einsetzen, Darstellen in Diagrammen, Nutzen von Veranschaulichungs- oder
Darstellungsmitteln
Literaturangaben:
CHRISTIANI, R. (HRSG.), METZGER, K. (2004): Die Grundschul-Fundgrube für Vertretungsstunden. Berlin:
Cornelsen Scriptor.
Methodenkompetenz
Zunehmend selbstständiges und selbstgesteuertes Lernen im Mathematikunterricht erfordert den
gezielten Aufbau von Kompetenzen in den Bereichen Arbeitstechniken, Lernstrategien,
Kommunikation und Kooperation sowie personelle Kompetenzen, wie z. B. ein realistisches
Selbstkonzept, Motivation und Frustrationstoleranz.
Gerade Schüler mit besonderen Verhaltenssignalen benötigen ein hohes Maß an struktureller
Sicherheit, visueller Unterstützung bei der Einhaltung von Regeln und einer Rückmeldung über
Entwicklungsfortschritte. Dies kann mit einem gezielten Methodenlernen im Mathematikunterricht
erreicht werden.
Beispiel: Umgang mit Arbeitsmaterialien z.B. dem Lineal
In diesem Fall steht jedem Schüler ein nach unterschiedlichen Anforderungsniveaus differenzierter
Materialpool zur Verfügung. Berücksichtigung findet hier bei Bedarf eine besonders große Schrift,
eine bildgestützte Aufgabenstellung, Differenzierung im Umfang und in der Zeit zur Bearbeitung.
In einer freien Experimentierphase sammeln die Schüler zunächst Erfahrung im Umgang mit dem
Lineal.
Anschließend entwickeln die Schüler Tipps für die Arbeit mit dem Lineal. Diese werden dann mit den
Mitschülern abgeglichen und im Plenum für ein Klassenplakat gesammelt.
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Fachgruppe
Mathematik Primarstufe
Praxishilfen zum
„Inklusiven Mathematikunterricht“
Für einen abgestimmten Zeitrahmen nimmt sich jeder Schüler einen Teil oder auch alle Regeln zur
Beachtung vor.
Am Ende kann er selbst über den Erfolg im Rahmen einer Evaluation urteilen. Auch die Lehrkraft
kann so jedem Schüler eine Rückmeldung über ihre Beobachtungen im Umgang mit den Tipps geben.
Literaturangaben:
GUDJONS, H: Selbstgesteuertes Lernen der Schüler: Fahren ohne Führerschein? In: Pädagogik, Heft
5/2003
http://www.klippert-medien.de/grundschule.html
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Fachgruppe
Mathematik Primarstufe
Praxishilfen zum
„Inklusiven Mathematikunterricht“
Kommunikation und Sprache in Mathematik
Wortschatz
Wortspeicher
Möglichst visualisierte Versprachlichungshilfe die Kindern in ihren individuellen und fachlichen
Lernfortschritt notwendige Fachbegriffe, Erklärungen und geeignete Materialien zur Verfügung stellt.
Die Fachbegriffe des Wortspeichers müssen mit Handlungen, sinnstiftenden Aufgaben und
Veranschaulichungsmaterial eingeführt und angewendet werden. Der Wortspeicher unterstützt
insbesondere Kinder mit Migrationshintergrund, spracharmen Elternhaus und Kindern mit
spezifischen Sprachentwicklungsbedarf (Sprachebene Semantik Lexikalik). Ein gesicherter
Fachwortschatz ist Voraussetzung für das Erreichen des Anforderungsbereiches 3 im Fach
Mathematik und damit für den Erwerb transferfähigen Wissens.
www.pikas-dzlm.de/material-pik/themenbezogene-individualisierung/haus-6-unterrichtsmaterial/zahlenmauern-uebungsheft/index.html
[Stand: 16.06.2014]
Beispiel:
Zehner
Einer
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Fachgruppe
Mathematik Primarstufe
Praxishilfen zum
„Inklusiven Mathematikunterricht“
Kognition und Denken in Mathematik
Handlungsorientierung
Strukturierter Materialeinsatz
Die individuelle Förderung bedarf der Auswahl geeigneter Materialien und Aufgabenformate, die den
Kindern helfen einen Übergang zum mentalen Operieren zu finden und sich mathematische
Strukturen zu erarbeiten, wodurch eine Ablösung vom Material möglich wird. Daher beschäftigt sich
dieser Abschnitt mit folgenden Themen:

Auswahl des Materials - Welche Materialien nutze ich?

Auswahl des Materials - Warum begrenze ich den Materialeinsatz?

Funktionen von Material - Wofür setze ich Material ein?

Verantwortung der Lehrkraft – Planungshilfen

Beispiel für eine Auswahl an Arbeitsmitteln im Bereich Arithmetik
Auswahl des Materials – Welche Materialien nutze ich?
„Es gibt kein Material, dass selbstverständlich ist. […]Schon aus ökonomischen Gründen ist deshalb das Prinzip
von der Variation von Veranschaulichungen in Frage zu stellen. Die Anzahl der Darstellungsvarianten des
gleichen Sachverhalt sollte auf wenige, dafür aber sehr prägnante reduziert werden.“ (Schipper, 297)
Die folgenden Auswahlkriterien können helfen, die Anzahl der Materialien zu reduzieren.
1. Das Material muss das Zählen erlauben, aber auch quasi-simultane Zahlauffassungen
ermöglichen
2. Es muss eine strukturgleiche Fortsetzung im ZR bis 100 geben
3. Die Handlungen müssen den Aufbau der entsprechenden mentalen Repräsentationen
ermöglichen (vgl. ebd. , 294)
Während die Kriterien 1 und 2 noch selbsterklärend sind, soll an dieser Stelle das Kriterium 3 genauer
betrachtet werden. Nicht jede mathematische Operation kann durch ein einziges Material sinnvoll
dargestellt werden. Der Rechenrahmen eignet sich hervorragend um den Zehnerübergang zu
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Fachgruppe
Mathematik Primarstufe
Praxishilfen zum
„Inklusiven Mathematikunterricht“
thematisieren. Er bietet jedoch keine zweckmäßige Darstellung für eine Additionsaufgabe mit
„glatten Zehnern“. Eine Verknüpfung von Handlung und Material ist nicht möglich.
Beispiel für eine fehlende Verknüpfung von Handlung und Material - 23 +20 am Rechenrahmen:
Die Zahl „23“ am Rechenrahmen wie sie nach der Erarbeitung (siehe vorherige Seite) durch quasisimultane Zahlauffassungsübungen bei den Schülerinnen und Schülern als „mentales Bild“
verinnerlicht ist.
Die Lösung „43“ bei der Nutzung des Rechenrahmens 100, wenn die Vorteile der 10er Struktur
genutzt werden. Die Lösung entspricht nicht dem „mentalen Bild“ der Schülerinnen und Schüler.
Denn dieses sieht wie folgt aus:
„43“ am Rechenrahmen wie es nach der Erarbeitung (siehe vorherige Seite) durch quasi-simultane
Zahlauffassungsübungen bei den Schülerinnen und Schülern verinnerlicht ist.
Das typische „mentale Bild“ kann nur durch einen aufwändigeren Rechenweg erzeugt werden (23 +7
=30; 30+10=40; 40+3 =4). Die große Anzahl der Rechenoperationen erschwert insbesondere
16
Fachgruppe
Mathematik Primarstufe
Praxishilfen zum
„Inklusiven Mathematikunterricht“
rechenschwachen Kindern die Lösung dieser Aufgabe. Für den kürzesten Rechenweg (23+20) ist der
Rechenrahmen 100 daher ungeeignet.
Auswahl des Materials -Warum begrenze ich den Materialeinsatz?
„Wenn Arbeitsmittel nicht bloß als Zählhilfe genutzt werden sollen, dann müssen die Kinder deren
Strukturen verstanden und verinnerlicht haben.“ (Schipper 2009, 346).
Jedes Arbeitsmittel muss dementsprechend eingeführt werden. Diese „Vorarbeiten“ sind die
Grundlage für die Arbeit im Mathematikunterricht und unumgänglich. Ohne Strukturverständnis ist
der Einsatz von Arbeitsmitteln im Unterricht erfolglos. Aus diesem Grund muss für die Einführung
von Arbeitsmittel Unterrichtszeit eingeplant werden. Eine Vielzahl an Arbeitsmittel bedeutet somit
einen hohen Aufwand an Unterrichtszeit für die Einführung von Arbeitsmitteln.
Daher empfehlen wir eine Begrenzung auf wenige Arbeitsmittel. Diese sollten dafür umso intensiver
erarbeitet werden.
Dies bedeutet konkret am Beispiel Rechenrahmen:
1. Alle Schülerinnen und Schüler wissen…

…auf welcher Seite die Zahlen immer eingestellt werden

… wo die nicht genutzten Perlen immer „geparkt“ werden
Die Darstellung der „9“
blaue Perlen – links
„geparkte“ Perlen
rote Perlen - rechts
Abstand zwischen genutzten und „geparkten“ Perlen.
Ein fehlender Abstand ist für die Kinder verwirrend
und nimmt die Möglichkeit, die „geparkten“ Perlen
zu verdecken.
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Fachgruppe
Mathematik Primarstufe
Praxishilfen zum
„Inklusiven Mathematikunterricht“
Wir empfehlen, die Zahlen links einzustellen und rechts die nicht benötigten Perlen zu „parken“. So
kann eine eingestellte Zahl in „Leserichtung“ von links nach rechts aufgefasst werden. Es bietet sich
an, die Rechenrahmen immer mit den blauen Perlen links und die roten Perlen rechts aufzustellen.
So erreicht man bei allen Schülerinnen und Schülern ein einheitliches Bild.
2. Alle Schülerinnen und Schüler wissen…

… wo sich die zwanzigste Perle, die dreißigste Perle usw. befindet

… auf welcher Seite, die Zehner gezählt werden
Beispiel „43“ am Rechenrahmen 100:
10
20
30
40
Wir empfehlen die Zehner von den Schülern und Schülerinnen immer rechts („hinten“) abzählen zu
lassen. Dies erschwert folgenden Zeilenfehler bei der 43 (mit Zeilenfehler „53 “):
Beispiel für Zeilenfehler
10
20
30
40
50
1
2
3
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Fachgruppe
Mathematik Primarstufe
Praxishilfen zum
„Inklusiven Mathematikunterricht“
3. Alle Schülerinnen und Schüler kennen den Rechenrahmen und nutzen…

(mindestens) die 5er, 10er, und 50er Struktur

Dies gelingt u.a. durch Übungen zur quasi-simultanen Zahlauffassung:
http://www.uni-bielefeld.de/idm/serv/foerderkartei.pdf [Stand:14.03.2015]
Funktionen von Material- Wofür setze ich Material ein? - (vgl. Schipper 2009, 289ff)
1. Material als Rechenhilfe
Das Material hilft bei der (handelnden) Lösung einer Rechenaufgabe, z.B. durch Abzählen.
Über konkrete Objekte werden Fähigkeiten erlernt, aus denen sich Kompetenzen im
abstrakten Bereich der Zahlen entwickeln. Das Material darf niemals ausschließlich in der
Funktion als Rechenhilfe eingesetzt werden. („Es darf nicht beim Zählen bleiben“).
19
Fachgruppe
Mathematik Primarstufe
Praxishilfen zum
„Inklusiven Mathematikunterricht“
2. Material als Lernhilfe
Das Material unterstützt die Entwicklung tragfähiger Rechenstrategien (durch verinnerlichte
Handlungen) wie z.B. Verdoppeln, Halbieren1.
So kann z.B. die Rechenstrategie „Verdoppeln“ nicht ausschließlich anhand von abstrakten
Zahlen erlernt werden.
3. Material als Argumentations- und Kommunikationshilfe
Material hilft den Kindern, ihre Gedankengänge zu versprachlichen und bewusst zu machen.
Das sprachliche Ausdrucksvermögen der Kinder ist je nach Leistungsstand begrenzt (siehe
auch „Wortspeicher“). Das Material hilft den Schülerinnen und Schülern ihre Gedanken und
Rechenwege anderen verständlich mitzuteilen. Das Material wird so zur (alltäglichen)
Kommunikationshilfe und ist keine ausschließliche Hilfe für Kinder mit Lernschwierigkeiten.
2
1
Die Begriffe „Hälfte“ und „Doppelte“ werden im Alltag mehrdeutig verwendet. So kann man z.B. die „größere
Hälfte“ einer Pizza bekommen (Literaturhinweis: THOMAS ROTTMANN: Das kindliche Verständnis der Begriffe „die
Hälfte“ und „das Doppelte“ 2006, 14ff.)
20
Fachgruppe
Mathematik Primarstufe
Praxishilfen zum
„Inklusiven Mathematikunterricht“
Verantwortung der Lehrkraft – Planungshilfen
Der Umgang mit Material als alltägliches Arbeitsmittel im Unterricht ist, erfordert klare Absprachen
zwischen Lehrkräften und Schülerinnen und Schüler.

Alle Schülerinnen und Schüler sollen den Aufbewahrungsort des Materials kennen. Es sollte
für sie selbstständig erreichbar sein. Dies erleichtert den Unterrichtsalltag.

Die Arbeitsmittel müssen transportfähig sein. Einige Materialien (z.B. Rechenrahmen) sind
das automatisch durch ihre Beschaffenheit. Andere müssen dementsprechend vorbereitet
sein (z.B. Kästen für Mehrsystemblöcke)

Die Schülerinnen und Schüler sollen vor dem Einsatz des Materials die Lehrkraft fragen,
welches Arbeitsmittel sie für die Aufgaben nutzen können, da sich nicht jedes Material für
jede Aufgabe eignet (siehe Beispiel oben) Der Lehrkraft obliegt die Verantwortung den
Einsatz der Materialien sinnvoll und zielgerichtet zu koordinieren.

Nach Möglichkeit sollen sowohl Eltern durch Elternabende zum Thema Arbeitsmittel, als
auch OGS-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch geeignete Fortbildungen über den Einsatz
von Arbeitsmitteln informiert werden
Beispiel für eine reduzierte Materialauswahl im Bereich Arithmetik:
#
Typ
Beispiel
Geeignetes Material
0
E+E im ZR 10 (Zerlegungen)
6+3
Zahlenfreunde, Schüttelboxen
1
E+E und ZE-E mit Zehnerübergang
6+8; 12-7
Rechenrahmen ZR 20
2
ZE+E im ZR 100 mit Zehnerübergang
28 + 7
Rechenrahmen ZR 100
3
ZE-E im ZR 100 mit Zehnerübergang
45 - 8
Rechenrahmen ZR 100
4
ZE- Z und ZE +Z
28+30; 46-20
Mehrsystemblöcke
5
ZE+ZE und ZE-ZE mit Zehnerübergang
36+47; 42-27
Kein Materialeinsatz
„2 Materialhandlungenim Kopf“
2
Die Bezeichnungen und Beschreibungen müssen im Förderunterricht einheitlich sein. Eine weitere
Möglichkeit bietet die Variante: „Erst 6, dann noch 4, dann die restlichen 3, also 13“ (vgl. Schipper,361).
21
Praxishilfen zum
„Inklusiven Mathematikunterricht“
Fachgruppe
Mathematik Primarstufe
Mentales Operieren
Ablösung vom Material
„Die Grundidee beim Aufbau von Grundvorstellungen ist, dass konkrete Handlungen oder Bilder ab
geeigneten Materialien zu gedanklichen Operationen und Vorstellungen umgebaut werden.“ (vgl.
vom HOFE 1995 in Wartha/Schulz 2013, 62)
Der Prozess vom Konkreten zum Mentalen Operieren kann durch das folgende 4-Phasen-Modell
unterstützt werden (vgl. ebd, 63)
Phase Handlung
Hinweis
1
Handlung am geeigneten Material
mit Versprachlichung
2
Beschreibung der Materialhandlung
mit Sicht auf das Material
3
Beschreibung der Materialhandlung
ohne Sicht auf das Material
4
Üben und Vernetzen
aus: Wartha/ Schulz (2011)
Beispiel für Phase 1
3
3
Die Nennung eines Zwischenergebnisses ist für einige Schülerinnen und Schüler hilfreich. Wichtiger ist
jedoch, dass Begriffe einheitlich genutzt und Rechenwege mit den gleichen Begriffen erklärt werden. Eine
Möglichkeit für die Darstellung des Rechenweges zu der Aufgabe 7+5 ist z.B. : „Erst 7, dann noch 3, dann die
restlichen 2, also 12“ (vgl. Schipper,361).
22
Fachgruppe
Mathematik Primarstufe
Praxishilfen zum
„Inklusiven Mathematikunterricht“
Die Handlungen werden versprachlicht. Es wird darauf geachtet, dass nach Möglichkeit nicht gezählt
wird, sondern größere Einheiten durch simultane bzw. quasi-simultane Zahlauffasssung erkannt und
verwendet werden.
Beispiel für Phase 2
Das Material ist für die Schülerin/den Schüler sichtbar. Ein Abzählen findet nicht statt, da in Phase 1
die Strukturnutzung verinnerlicht wurde. Ein Schüler/eine Schülerin, der/ die in der aktiven Handlung
drei Zehner simultan bewegt, wird mental die Zehner nicht einzeln bewegen.
Beispiel für Phase 3
Die Augen können auch verbunden werden. Der Sichtschirm ermöglicht jedoch bei auftretenden
Schwierigkeiten einen kurzen Rückschritt in Phase 2. Diese Phase eignet sich besonders für
Partnerarbeit.
23
Fachgruppe
Mathematik Primarstufe
Praxishilfen zum
„Inklusiven Mathematikunterricht“
Beispiel für Phase 4
Bei Schwierigkeiten kann neben einen Rückschritt in Phase 4 auch an die mentalen Bilder erinnert
werden („Stell dir vor, dass du einen Rechenrahmen hättest. Was würdest du dann machen?“)
Verweise/ Verknüpfungen:
Materialauswahl
Literaturangaben:
SCHIPPER, W. (2009):
Handbuch für den Mathematikunterricht an Grundschulen.
Braunschweig: Schroedel.
WARTHA S. /SCHULZ A.(2013):
Rechenproblemen vorbeugen. Berlin: Cornelsen.
24
Fachgruppe
Mathematik Primarstufe
Praxishilfen zum
„Inklusiven Mathematikunterricht“
Leistungskonzept
Leistungsbewertung
"In die Leistungsbewertung fließen alle von der
einzelnen Schülerin oder dem einzelnen Schüler in
Zusammenhang mit dem Unterricht erbrachten
Leistungen ein. Dazu gehören schriftliche Arbeiten
und sonstige Leistungen wie mündliche und
praktische Beiträge sowie gelegentlich kurze
schriftliche Übungen."
Ministerium für Schule und Weiterbildung NRW, 2008, S.16
Die Richtlinien und Lehrpläne fordern eine Leistungsbewertung, die sich nicht hauptsächlich an
punktuellen Lernzielkontrollen orientiert. "Für eine umfassende Leistungsbewertung, die Ergebnisse
und Prozesse gleichermaßen mit einbezieht, sind neben punktuellen Leistungsüberprüfungen,z. B.
durch schriftliche Übungen oder Klassenarbeiten, geeignete Instrumente und Verfahrensweisen der
Beobachtung erforderlich, die die individuelle Entwicklung der Kompetenzen über einen längeren
Zeitraum erfassen und kontinuierlich dokumentieren. Dazu können Lerndokumentationen der Kinder
wie Fachhefte, Lerntagebücher und Portfolios herangezogen werden" (Ministerium für Schule und
Weiterbildung NRW, 2008, S.67).
Der folgende erste Teil zeigt beispielhaft mögliche Instrumente zur kontinuierlichen
Leistungsbewertung auf. Im anschließenden zweiten Teil werden Beispiele veränderter
Lernzielkontrollen aufgeführt. Zudem werden zu allen Themenbereichen weiterführende Lesetipps
benannt.
Literatur
MINISTERIUM FÜR SCHULE UND WEITERBILDUNG NRW (2008): Richtlinien und Lehrpläne für die
Grundschule in NRW. Elektronisch veröffentlicht unter der URL: http://www.schulwelt.de/lp_online_download.asp?sessionid=709-4002387 548510&file=2012%20
Inhalt.pdf&artikel=2012, abgerufen am 25.10.2015
25
Praxishilfen zum
„Inklusiven Mathematikunterricht“
Fachgruppe
Mathematik Primarstufe
Leistungsbewertung – nicht nur an punktuellen Lernzielkontrollen
Lernzielkontrollen sind Momentaufnahmen und bilden nur einige der geforderten Kompetenzen ab
(vgl. Sundermann, 2006, S.34). Deshalb sollten LehrerInnen sich bei der Beurteilung der Leistungen
der Kinder nicht ausschließlich auf Tests und Klassenarbeiten verlassen. Im Folgenden werden einige
mögliche Instrumente, die zur Leistungsbewertung genutzt werden können, näher erläutert.
Mathebriefkasten - Aufgabe der Woche
Einen regelmäßigen Einblick in individuelle
Lernstände erhält man beispielsweise, indem
man einen "Mathebriefkasten" einrichtet. In
diesen Briefkasten werfen die Kinder
Lösungswege zu Aufgaben, welche nicht
mehr als fünf bis zehn Minuten in Anspruch
nehmen sollten, ein. Für den
Mathebriefkasten bieten sich beispielsweise
offene Aufgaben an. PIK AS stellt neben einer
detaillierten Anleitung zur Arbeit mit dem
Mathebriefkasten auch einen Auswertungsbogen zum
Download bereit. Dieser gibt einen guten Überblick über die
individuellen Lernstände.
Literatur
http://pikas.dzlm.de/index.html (Mai 2015):» Ergiebige Leistungsfeststellung» Haus 9: UnterrichtsMaterial» Leistungen wahrnehmen - Beispiele für "Mathebriefe"
Weiterführende Lesetipps
http://pikas.dzlm.de/index.html (Mai 2015):» Ergiebige Leistungsfeststellung» Haus 9: UnterrichtsMaterial» Leistungen wahrnehmen - Beispiele für "Mathebriefe"
Anregungen für mögliche offene Aufgaben bzw. Denk- und Sachaufgaben für Mathebriefe:
Offene Aufgaben Klasse 1+2/ 3+4 von Renate Rasch
für individuelles Lernen im Mathematikunterricht. Aufgabenbeispiele und Schülerbearbeitungen
Verlag: Verlag für pädagogische Medien im Ernst Klett Verlag; Auflage: 2., Aufl. (Oktober 2009)
Offene Aufgaben 1+2
ISBN-13: 978-3120112716 / Offene Aufgaben 3+4
ISBN-13: 978-3120112723
26
Praxishilfen zum
„Inklusiven Mathematikunterricht“
Fachgruppe
Mathematik Primarstufe
42 Denk- und Sachaufgaben von Renate Rasch
Wie Kinder mathematische Aufgaben lösen und diskutieren
Verlag: Kallmeyer; Auflage: 1., Aufl. (17. März 2003)
ISBN-13: 978-3780020338
Minibücher und Forscherhefte - prozess- und inhaltsbezogene Kompetenzen
Minibücher, Übungs- und Forscherhefte wie das Zahlenmauer-Übungsheft oder das Forscherheft
zum Mal-Plus-Haus bieten eine vorstrukturierte Lernumgebung, sowohl zu bestimmten
inhaltsbezogenen, als auch zu den prozessbezogenen Kompetenzen. Anhand dieser vorstrukturierten
Lernumgebungen können alle Kinder zielgerichtet inhaltsbezogene und prozessbezogene
Kompetenzen trainieren. Die von den Kindern mithilfe von Wortspeichern und Formulierungshilfen
beschriebenen Entdeckungen im Forscherheft oder in anschließenden Mathematikkonferenzen
geben eine umfangreiche Bewertungsgrundlage - insbesondere der prozessbezogenen Kompetenzen.
Lesetipps:
Zahlenmauern-Übungsheft
Siehe: http://pikas.dzlm.de/material-pik/themenbezogene-individualisierung/haus-6unterrichts-material/zahlenmauern-uebungsheft/index.html
Forscherheft Mal-Plus-Haus
Siehe: http://pikas.dzlm.de/material-pik/herausfordernde-lernangebote/haus-8unterrichts-material/forscherheft-mal-plus-haus/index.html
27
Fachgruppe
Mathematik Primarstufe
Praxishilfen zum
„Inklusiven Mathematikunterricht“
Eingangs- und Abschluss-Standortbestimmungen
Zu Beginn eines Themas werden die vorhandenen Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten der
Kinder anhand eines schriftlichen Tests oder einer mündlichen Standortbestimmung ermittelt.
Standortbestimmungen geben der Lehrkraft einen guten Überblick über die Lernausgangslage der
Kinder und schaffen die Grundlage für die differenzierte Unterrichtsplanung und individuelle
Förderung. Die Eingangs-Standortbestimmung dient zur Diagnose der Lernausgangslage und nicht zur
Bewertung mit Punkten oder zur Benotung. Es ist sinnvoll zur Abschluss-Standortbestimmung auch
die Eingangs-Standortbestimmung zu wählen. So lässt sich der Lernfortschritt des einzelnen Kindes
besser erkennen.
Beispielseiten aus: Emmerich, Astrid: "Ein Vortest zu Gewichtsvorstellungen" in Grundschule
Mathematik 19/2008 S. 14-19
Literatur:
EMMERICH, ASTRID: "Ein Vortest zu Gewichtsvorstellungen" in Grundschule Mathematik 19/2008
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Fachgruppe
Mathematik Primarstufe
Praxishilfen zum
„Inklusiven Mathematikunterricht“
Leistungsbewertung neu denken
"Leistungsbewertung neu denken bedeutet, den Weg
vom Defizitblick hin zur Könnensperspektive zu
beschreiten. Schatzsuche statt Fehlerfahndung!"
Hecker, Ulrich (GS aktuell 129, S.11)
Veränderte Lernzielkontrollen
Angesichts der großen Unterschiede in den Lernvoraussetzungen verlangt ein inklusiver
Mathematikunterricht nach differenzierten Klassenarbeiten. Wie kann man innerhalb einer
Klassenarbeit differenzieren? Hierzu gibt es unterschiedliche Modelle. Im Folgenden wird eine
Auswahl an Modellen differenzierter Klassenarbeiten vorgestellt.
Sternchenaufgaben-Modell / modifizierte Sternchenaufgaben-Modell
Das Sternchen-Aufgaben-Modell, auch als
Fundamentum-Additum-Modell bekannt (vgl.
auch Wuschansky 1989), gliedert die
Lernzielkontrolle in zwei Teile.
Der erste, größere Teil der Arbeit (ca. zwei Drittel
des Gesamtumfangs) umfasst die
Grundlagenkenntnisse, welche allen Schülern
vermittelt werden sollten und Voraussetzungen
für ein Weiterlernen sind. Diese Aufgaben sind
den grundlegenden Anforderungen zuzuordnen.
Der zweite Teil (das Additum) (ca. ein Drittel des
Gesamtumfangs) besteht aus Aufgaben mit
weiterführenden Anforderungen. Die
weiterführenden Anforderungen sind durch ein
Abbildung: PIK AS Modifiziertes Sternchenaufgaben-Modell
Sonderzeichen (Sternchen, Blitz, Gewicht, …)
https://pikas.dzlm.de/material-pik/ergiebigeleistungsfeststellung/haus-10-unterrichts-material/klassenarbeitenver%C3%A4ndern
gekennzeichnet. Die Kinder können zunächst
die Aufgaben mit den Grundanforderungen
29
Fachgruppe
Mathematik Primarstufe
Praxishilfen zum
„Inklusiven Mathematikunterricht“
bearbeiten und anschließend einzelne oder alle Aufgaben der weiterführenden
Anforderungsbereiche. Teilweise reicht die Konzentrationsfähigkeit der Kinder nach der Bearbeitung
des grundlegenden Teils nicht mehr für die Bearbeitung der anspruchsvolleren Aufgaben aus. Das
modifizierte Sternchenaufgaben-Modell berücksichtigt dies und bietet deshalb direkt zu der Aufgabe
beide Anforderungsbereiche an.
Lesetipps
http://pikas.dzlm.de/index.html: Material PIK» Ergiebige Leistungsfeststellung» Haus 10: UnterrichtsMaterial» Klassenarbeiten verändern, (Mai 2015)
Spaltenaufgaben-Modell
Das Spaltenmodell (vgl. Wolk 1996; Radatz u.a. 1999) gliedert die Lernzielkontrolle in zwei Spalten. In
der linken Spalte stehen die Aufgaben, die den Grundanforderungen entsprechen, in der rechten
diejenigen, welche weiterführende Anforderungen an die Kinder stellen. Beim Spaltenmodell kann
das Kind bei jeder Aufgabe neu entscheiden, ob es diese in der Fassung der grundlegenden oder der
weiterführenden Anforderungen bearbeiten möchte. Nähere Informationen zum SpaltenaufgabenModell und deren Bewertung sind unter "http://pikas.dzlm.de/index.html (Mai 2015): Material PIK»
Ergiebige Leistungsfeststellung» Haus 10: Unterrichts-Material» Klassenarbeiten verändern" zu
finden.
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Fachgruppe
Mathematik Primarstufe
Praxishilfen zum
„Inklusiven Mathematikunterricht“
Abbildung: Lernzielkontrolle aus dem Lehrwerk Denken und Rechnen (Westermann 2012) / Erfolgskontrollen Denken und Rechnen
Literatur
Westermann (2012): Erfolgskontrollen zu Denken und Rechnen
Lesetipps
http://pikas.dzlm.de/index.html (Mai 2015): Material PIK» Ergiebige Leistungsfeststellung» Haus 10:
Unterrichts-Material» Klassenarbeiten verändern
Differenzierung der Anforderungsbereiche
Aufgabenformate wie zum Beispiel die Zahlenmauern, schöne Päckchen, Zahlengitter oder das MalPlus-Haus lassen eine Bearbeitung in verschiedenen Anforderungsbereichen zu. Auch in
Lernzielkontrollen können sie zur Überprüfung des Gelernten verwendet werden, da sie ein Maß an
Komplexität und Offenheit aufweisen und so alle Kinder bezogen auf ihren Lernstand einen Zugang
zur Aufgabe finden können. Darüber hinaus bieten sie die Möglichkeit zu weiteren Entdeckungen.
Lesetipps:
http://pikas.dzlm.de/index.html (Mai 2015): » Home» Material PIK» Herausfordernde Lernangebote
Lernen in Bausteinen, mit Lernlandkarten oder dem Mathepass
"Angesichts der großen Unterschiede in den Lernvoraussetzungen ist es eine Illusion, gleiche Ziele
zum gleichen Zeitpunkt für alle zu wollen" (Brügelmann, GS aktuell 129). Das Lernen in Bausteinen,
das Lernen mit Lernlandkarten oder dem Mathepass ermöglicht Kindern, in ihrem individuellen
Lerntempo Lernziele zu erreichen. Statt eines gleichschrittigen Unterrichts kann jedes Kind seinen
nächsten Schritt auf die gemeinsamen Ziele hin machen (vgl. Peters, S. 141). Alle Lernziele sind
kindorientiert auf einer Lernlandkarte, als Bausteine oder im Mathepass dargestellt. Sie zeigen schon
erreichte und geplante Lernziele auf der Basis der kompetenzorientierten Lehrpläne des Landes
NRW.
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Fachgruppe
Mathematik Primarstufe
Praxishilfen zum
„Inklusiven Mathematikunterricht“
Ausschnitt aus einer Lernlandkarte (Quelle: Schule am Nicolaitor, Höxter, Stand: 2014)
Das Erreichen eines Lernziels kann zu verschiedenen Zeitpunkten in Form eines kleinen schriftlichen
oder mündlichen Tests erbracht werden. Die Kinder können den Zeitpunkt ihres Lernbeweises selbst
wählen, so lernen sie sich selbst besser einzuschätzen und gewinnen an Selbstvertrauen. Ein
erfolgreicher Lernbeweis wird auf der Lernlandkarte oder im Mathepass dokumentiert. Sollte es noch
nicht die Anforderungen erfüllen, so bekommt es weitere Übungszeit. Das Kind übernimmt somit
Verantwortung für seinen eigenen Lernprozess. Kinder lernen auf diese Weise, ihre eigene Leistung
einzuschätzen, Lernfortschritte zu erkennen und ihr weiteres Lernen zu planen.
Literatur:
BRÜGELMANN, HANS (Februar 2015): GS aktuell 129
Lesetipps:
Grundschule aktuell (2.2015): Zeitschrift des Grundschulverbandes Heft 129
KÜPPERS, HENNY (2005): Mathematik - Pädagogische Leistungskultur: Materialien für Klasse 1 und 2;
Grundschulverband
PETERES SUSANNE, ULLA WIDMER-ROCKSTROH (Hg.) (2014): Gemeinsam unterwegs zur inklusiven Schule,
Grundschulverband
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Fachgruppe
Mathematik Primarstufe
Praxishilfen zum
„Inklusiven Mathematikunterricht“
SUNDERMANN, BEATE UND CHRISTOPHER SELTER (2006): Mathematik - Pädagogische Leistungskultur:
Materialien für Klasse 3 und 4; Grundschulverband
Veränderte äußere Bedingungen
"Nachteilsausgleiche beziehen sich in der Regel auf Veränderungen äußerer Bedingungen" (Becker,
11.2014). Auf der Rechtsgrundlage von
Art. 3 Abs. 3 Satz 2 Grundgesetz
§ 2 Absätze 5 und 7 Schulgesetz des Landes NRW
§ 126 Sozialgesetzbuch IX
können diese Veränderungen räumliche, materielle, zeitliche, personelle oder technische Faktoren
betreffen. In der Praxis kann sich dies wie folgt darstellen:
Räumliche Faktoren - Veränderung der räumlichen Gegebenheiten
Kinder, die sich nicht lange auf eine Sache konzentrieren können oder nicht fähig sind, wichtige und
unwichtige Beobachtungen zu unterscheiden, schweifen schnell mit ihren Gedanken ab. Auch in
Lernzielkontrollen fällt es den Kindern sehr schwer, sich über einen längeren Zeitraum auf die
Aufgaben zu konzentrieren. Die Fehlerhäufigkeit steigt aufgrund ihrer Konzentrationsstörung. Ein
Einzelplatz, am besten mit Blick auf eine reizarme Wand (visuelle Reize werden reduziert) eventuell
mit Kopfhörern (Reduzierung auditiver Reize) oder die Bearbeitung in einem separaten Raum hilft
den Kindern äußere Reize zu reduzieren, ihre Konzentration besser auf die Lernzielkontrolle zu
richten und ihr wahres Können zu zeigen.
Modifizierte Arbeitsmaterialien - Veränderung des Testblattes
Oft ist das Testblatt für Kinder zu unstrukturiert. Hier hilft ein Blatt zum Abdecken oder einfach mehr
Platz, indem man die Lernzielkontrolle auf zwei Seiten entzerrt.
Zeitliche Faktoren- Konzentrationsstörung, motorische und visuelle Störungen
Aufgrund von Aufmerksamkeitsschwächen, motorischen oder visuellen Störungen können einige
Kinder ihr eigentliches Potenzial nicht entsprechend umsetzen und erzielen somit häufig schlechtere
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Fachgruppe
Mathematik Primarstufe
Praxishilfen zum
„Inklusiven Mathematikunterricht“
Leistungen als erwartet. Die Verlängerung von Vorbereitungs- bzw. Übungszeit, Bearbeitungs- und
Pausenzeiten bieten in diesem Fall Abhilfe.

Vorbereitungs- bzw. Übungszeit
Das Erreichen eines Lernziels kann zu verschiedenen Zeitpunkten erfolgen. Dies bedeutet, dass
Lernzielkontrollen zu individuell unterschiedlichen Zeitpunkten geschrieben werden dürfen.
Nicht alle Kinder müssen zu einem Zeitpunkt den gleichen Test schreiben.

Bearbeitungszeit
Auch die Bearbeitungszeit kann in der Regel individuell sein. Sie spielt für die Bewertung nur eine
Rolle, wenn die Schnelligkeit bei der Bearbeitung für die Leistungsbeurteilung von Bedeutung ist,
wie es beispielsweise beim schnellen Rechnen der Fall ist (z.B. Blitzrechenaufgaben nach der
Automatisierungsphase).

Pausenzeit
Kindern mit Konzentrationsschwierigkeiten, mangelnder Ausdauer, motorischer Unruhe helfen
häufig kleine Bewegungspausen während der Lernzielkontrolle.
personelle Unterstützung
Auch während der Lernzielkontrolle kann ein Kind im sozialen und emotionalen Bereich personelle
Unterstützung (z. B. Beruhigung des Schülers, als Strukturierungshilfe oder zur Ermutigung) erhalten.
Ebenso können Kinder mit motorischen Schwierigkeiten motorische Hilfestellungen durch eine
zweite Person bekommen.
technische Unterstützung
Kinder können Hilfsmittel wie zum Beispiel Anschauungsmittel, Computer oder Wortspeicher für die
Bearbeitung der Aufgaben nutzen. Verwendete Hilfsmittel sollten auf der Lernzielkontrolle vermerkt
werden.
Literatur:
BECKER, CAROLA (11.2014): Nachteilsausgleich; Gewährung von Nachteilsausgleichen für Schülerinnen
und Schüler mit Behinderungen und/oder einem Bedarf an sonderpädagogischer
Unterstützung,Bezirksregierung Detmold Carola Becker, Bezirksregierung Detmold
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