Hai Sun Kulturmanagement und Unternehmenserfolg Kulturmanagement und Kulturwissenschaft Herausgegeben von Prof. Dr. Armin Klein Hai Sun Kulturmanagement und Unternehmenserfolg Zur Bedeutung der Kultur in deutsch-chinesischen Jointventures Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Armin Klein Deutscher Universitats-Verlag Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnetdiese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet uber <http://dnb.d-nb.de> abrufbar. Dissertation Padagogische Hochschule Ludwigsburg, 2006 I.Auflage August 2006 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitats-Verlag I GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Brigitte Siegel / Britta Gohrisch-Radmacher Der Deutsche Universitats-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschlieBlich aller seiner Telle ist urheberrechtlich geschijtzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fiir Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden diirften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, ScheSlitz Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN-10 3-8350-6033-3 ISBN-13 978-3-8350-6033-3 Geleitwort Die Bedeutung der Kultur im Management deutsch-chinesischer Jointventures „Wenn China erwacht, erbebt die Erde", erkannte schon Napoleon. Jetzt, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, scheint sich seine Prophezeiung zu erfullen. China gehort mittlerweile zu den grofiten und vor allem dynamischsten Wirtschaftsmarkten der Erde. Der Beginn der Reformpolitik seit 1978 und der WTO-Beitritt 2001 markieren die wichtigsten Stationen einer Offnungspolitik, die vielen intemationalen Untemehmen einen Marktzutritt in China erlauben. Dieser Prozess wird weiter vorangetrieben durch so markante zukiinftige Ereignisse wie die Olympischen Spiele 2008 in Peking und die Weltausstellung 2010 in Shanghai, die Milliardenprojekte moglich machen und zu einem weiteren Wachstum auslandischer Investitionen fiihren werden. Zur Zeit ist Deutschland der groBte europaische Handelspartner Chinas; die wachsende Zahl der Besuche deutscher Bundeskanzler in China legen davon ein beredtes Zeugnis ab. Im Mai 2004 haben beide Lander eine gemeinsame Erklarung veroffentlicht, worin sie ankiindigen, im Rahmen der strategischen Partnerschaft zwischen China und der Europaischen Union eine verstarkte Partnerschaft in globaler Verantwortung aufzubauen. In diesem Zusammenhang entstanden in den letzten ein, zwei Jahrzehnten eine ganze Reihe von deutsch-chinesischen Jointventures, die zum Teil sehr erfolgreich gestaltet werden konnten, zum Teil aber auch an eklatanten interkulturellen Missverstandnissen scheiterten. Neben die sog. „harten" Erfolgsfaktoren des Managements, die stimmen miissen, treten zunehmend sog. „weiche" Erfolgsfaktoren, wie kulturelles Wissen und Verstandnis, wie kulturelle Anpassung und Respekt. Unterschiedliche Formen und Auffassungen von Hoflichkeit, verschiedene Interaktionsformen, divergierende Gesprachs- und Fuhrungsstile beeinflussen nicht selten den Erfolg oder Misserfolg eines Jointventures. VI Geleitwort Damit eroffnet sich der Kulturwissenschaft und dem Kulturmanagement ein interessantes Untersuchungsfeld. Schon seit langerem werden im Rahmen verschiedener Konzepte der Untemehmens- bzw. Organisationskultur kulturwissenschaftliche Ansatze fiir die Organisationstheorie fruchtbar gemacht und spatestens seit der Veroffentlichung des Management-Bestsellers von Thomas Peters und Robert Waterman Auf der Suche nach Spitzenleistungen aus dem Jahr 1982 ist die herausragende Bedeutung kultureller Faktoren fur den Untemehmenserfolg bekannt. Diese im spezifischen Zusammenhang deutsch-chinesischer Jointventures darzustellen und zu analysieren ist das Ziel der vorliegenden Arbeit. Sie ist die erste Dissertation eines der vielen intemationalen Studierenden am Institut fur Kulturmanagement in Ludwigsburg und insofem eine Premiere. Die Studie kommt auf Grund der hohen interkulturellen Kompetenz ihres Autors zu einer Vielzahl sehr interessanter Ergebnisse, deren Relevanz fiir die Praxis unmittelbar evident wird und die die enge Verbindung zwischen „Kultur" und „Management" deutlich machen. Es ist ihr deshalb zu wunschen, dass sie eine Vielzahl von Lesem fmdet. Ludwigsburg, Mai 2006 Armin Klein Vorwort Obwohl die vorliegende Dissertation im Zeitraum von 2003 bis 2005 in Deutschland und in China erarbeitet wurde, bezieht sie dennoch einen langen Prozess der Sammlung praktischer Erfahrungen und Entwicklung theoretischer Uberlegungen in beiden Landem ein. Von Anfang bis Mitte der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts habe ich, als Schtiler, die zweite Halfte der Kulturrevolution erlebt. In diesem Zeitraum besuchte ich zahllose Kuiturveranstaltungen, die als ein Teil der Politik eng mit dem taglichen Leben verbunden waren und in verschiedenen Untemehmen stattfanden. Oft habe ich dabei mit der chinesischen Geige musiziert. Von Ende der 70er bis Mitte der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts erlebte ich, zunachst als Gymnasiast und spater als Student der Geschichte, die von Deng Xiaoping eingeleiteten Reformen, den dadurch erzielten Wirtschaftsboom, den Anfang der deutschchinesischen Jointventures in China sowie die Mitwirkung der Kulturfaktoren im engeren Sinne und fmg an, diese Phanomene aus historischer Sicht zu betrachten. Meine erste Stelle nach dem Studium war in einem groBen Staatsbetrieb, der eine enge Kooperation mit einem deutschen Untemehmen hatte. Dadurch beobachtete ich zum ersten Mai, wie sich die chinesischen KoUegen nach konfiizianischer Tradition durch Musik, Theater etc. den deutschen Kollegen annaherten und wie die deutschen Gaste daraufreagierten. In den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts war ich, neben der Tatigkeit an der Hochschule ftir Musik und Kunst der Provinz Shandong, auch in verschiedenen Untemehmen und in Projekten der GTZ landesweit in China beschaftigt. Dabei habe ich die groBe Nachfrage von staatlichen Untemehmen nach Absolventen der Hochschulen fiir Musik und Kunst und die erfolgreiche Nutzung der Kulturfaktoren zur Erreichung VIII Vorwort wirtschafllicher Ziele und zur Losung interkultureller Probleme selbst beobachten konnen. Durch das Studium des Kulturmanagements seit 2000 in Deutschland konnte ich aus kulturwissenschaftlicher und kulturanthropologischer Sicht die Rolle der Kultur in den betrieblichen Aktivitaten deutsch-chinesischer Untemehmen analysieren. Die Idee zu dieser Arbeit entstand nicht spontan, sondem war vielmehr das folgerichtige Ergebnis der o. g. Erlebnisse. Dabei habe ich bemerkt, dass die Kulturfaktoren im engeren und auch im weiteren Sinne zwar eine wichtige Rolle in deutschchinesischen Untemehmen spielen, es aber eine wissenschaftliche Forschung, die dieses tiefer beobachtet und aus den Traditionen beider Landen heraus analysiert, nicht gibt. Mit der vorliegenden Arbeit mochte ich diese Liicke schlieBen. Mein groBer Dank gilt meinem Doktorvater, Herm Prof. Dr. Armin Klein (PH Ludwigsburg). Er war ein stets ansprechbarer und zuverlassiger Betreuer. Ohne seine vielen Anregungen, Ideen und Unterstiitzung ware diese Arbeit nicht entstanden. Ebenfalls sehr dankbar bin ich Herm Prof. Dr. Thomas Knubben (PH Ludwigsburg) fur die LFbemahme des Zweitgutachtens. Herzlich mochte ich Frau Heike Sporer und Herm Jochen Raithel fur das sorgfaltige Korrekturlesen danken. Mein ganz besonderer herzlicher Dank gilt meinen zwei Familien - meinen Eltem in China und der Familie Lessmann in Deutschland. Meine Eltem unterstiitzen meine Arbeit nicht nur geistig, sondem auch bei der Beschaffung der chinesischen Literatur. In die deutsche Familie wurde ich als Familienmitglied integriert. Dort habe ich nicht nur Hilfe beim Korrekturlesen der Arbeit erfahren, sondem wurde auch standig motiviert und habe deutsche Kultur und deutsches Familienleben kennen gelemt. Ludwigburg, Mai 2006 Hai Sun Inhaltsverzeichnis Geleitwort Vorwort Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis Tabellenverzeichnis Abkurzungsverzeichnis V VII IX XIII XV XVII 1 Einleitung 1.1 Kultureller, politischer und wirtschaftlicher Hintergrund 1.2 Deutsch-chinesische wirtschaftliche Beziehungen 1.3 Deutsch-chinesische kulturelle Beziehungen 1.4 Fragestellung und Zielsetzung 1.5 Grundlegende Thesen 1.5.1 Untemehmenskultur deutsch-chinesischer Jointventures 1.5.2 Kulturfaktoren im engeren Sinne in isolierter Phase 1.5.3 Kultureller Einfluss der GlobaHsierung 1.5.4 Kulturfaktoren in ubergeordneten Zusammenhangen 1.6 Aufbau der Arbeit 1 1 5 7 11 13 14 15 15 16 17 2 Theoretische Grundlagen und Stand der Forschung 2.1 Kultur - Untemehmenskultur 2.1.1 Die Kulturbegriffe in Europa im historischen Uberblick 2.1.2 Der Begriff der Kultur in China im Vergleich zu Deutschland 2.1.3 Der Begriff der Kultur in deutsch-chinesischen Jointventures 2.1.4 Der Begriff der Untemehmenskultur 2.1.5 Der Begriff des deutsch-chinesischen Jointventures 2.1.6 Kultur - Wirtschaft - Gesellschaft - Politik 2.1.7 Kulturwandel in deutsch-chinesischen Jointventures 19 19 19 25 34 35 40 43 48 X 3 Inhaltsverzeichnis Stand der Forschung 12 2.2.1 Von kulturvergleichenden zu intrakulturellen Forschungen 2.2.2 Obertragungs- und Lemprozesse in Deutschland und China 2.2.3 Forschungen mit Schwerpunkt globales Handeln 2.2.3.1 Kulturdimensionen nach Hofstede 2.2.3.2 Meta-Analyse: Individualismus-Kollektivismus 2.2.4 Forschungen mit Schwerpunkt China 2.2.4.1 Forschungen zu Rahmenbedingungen 2.2.4.2 Das Regensburger Forschungsprojekt 2.2.4.3 Untersuchungen aus der Sicht der deutschen Partner 2.2.4.4 Untersuchungen aus der Sicht der chinesischen Partner 2.3 Kritische Zusammenfassung der bisherigen Forschungen 2.3.1 Fehlende Uberlegungen zu den Kulturfaktoren 2.3.2 Unvollstandige BerUcksichtigung chinesischer Kulturtradition 2.3.3 Fehlende Beobachtung des dynamischen Kulturwandels 2.3.4 Fehlende Beobachtung des Einflusses der Globalisiemng 2.3.5 Fehlende Beurteilung mit Hilfe der kulturellen Kriterien 2.4 Fazit 49 50 54 57 58 60 61 61 62 63 64 66 66 67 67 68 69 70 Methodisches Vorgehen und Datenerhebung 3.1 Fragestellung der Untersuchung 3.2 Theoretische Grundlage der Untersuchungsmethoden 3.2.1 Auswahl der Forschungsmuster 3.2.2 Befragung als Untersuchungsmethode 3.2.3 Beobachtung als Untersuchungsmethode 3.2.4 Erganzende Untersuchungsmethoden 3.3 Auswahl der Jointventures und Zielgruppen 3.4 Die Konstruktion der Untersuchung 3.4.1 Schriftliche Befragung 3.4.2 Miindliches Interview 3.4.3 Freies Gesprach 3.4.4 Teilnehmende Beobachtung 3.4.5 Die Befragungen im Uberblick 3.5 Probelauf der Untersuchung 71 71 72 72 74 75 76 77 78 78 85 87 89 89 90 Inhaltsverzeichnis 3.6 Die Durchfiihrung der Untersuchung 5 90 3.6.1 Zeitliche und inhaltliche Uberlegungen 90 3.6.2 Die Untersuchungsorte und -untemehmen 91 3.6.2.1 Peking 92 3.6.2.2 Jinan und Qingdao 93 3.6.2.3 Shanghai 95 3.6.2.4 Kanton 97 3.6.2.5 Hongkong 98 3.6.3 4 XI Der Untersuchungsprozess 99 3.7 Die Untersuchung im Uberblick 100 3.8 Fazit 100 Ergebnisse der Untersuchung im Uberblick 103 4.1 Allgemeines 103 4.2 Fragebogenergebnisse 104 4.3 Interview-, Gesprachs- und Beobachtungsergebnisse 112 4.4 Fazit 113 Die RoUe der Kulturfaktoren im engeren Sinne 5.1 Die Kulturrevolution und die Kulturfaktoren im engeren Sinne 115 115 5.1.1 Die GroBe Proletarische Kulturrevolution im Uberblick 116 5.1.2 Die Kulturfaktoren im engeren Sinne in der Kulturrevolution 118 5.1.3 Der Einfluss der Kulturrevolution 123 5.2 Quelle der Vorkenntnisse und Vorurteile 5.2.1 124 Geschichtliche Hintergriinde 124 5.2.2 Entwicklungsprozesse in der Volksrepublik China 126 5.2.3 Personliche Information 132 5.2.4 Theater und Teehauser 136 5.2.5 Film 138 5.2.6 Medien 145 5.3 Briicke zwischen den zwei Kulturen 150 5.4 Instrumente zur Pflege des Untemehmensimages 158 5.5 Forderung der Motivation, Unterhaltung und Beziehungspflege 164 5.6 Wege fur Kulturaustausch 173 5.7 Fazit 176 XII 6 Inhaltsverzeichnis Die RoUe der Kulturfaktoren im weiteren Sinne 6.1 Untemehmenskultur - Chinesischer Kern und westlicher Uberbau 6.2 Einfluss intemationaler Kultur 6.3 Wandel der Untemehmenskultur 6.4 „China andem oder sich andem?" 6.5 Fazit 177 177 185 188 191 194 Schlussbetrachtung und Ausblick 197 Anhang Anhang 1 Anhang 2 Anhang 3 201 201 205 206 Schriftlicher Fragebogen Themen zum miindlichen Interview Zeittafel der chinesischen Dynastien und Regierungen Quellen und Literaturverzeichnis 207 Abbildungsverzeichnis Abbildung 1-1 Abbildung2-1 Abbildung 2-2 Abbildung 2-3 Abbildung 2-4 Abbildung 2-5 Abbildung 2-6 Abbildung 2-7 Abbildung 5-1 Abbildung 5-2 Abbildung 5-3 Abbildung 5-4 Abbildung 5-5 Abbildung 5-6 Abbildung 5-7 Abbildung 5-8 Abbildung 5-9 Jahrliche Wachstumsrate des BIP Chinas (1995-2005) Kultur als deskriptives und explikatives Konzept Kulturebenen und ihr Zusammenhang Kooperationsformen, Markt und Hierarchie Untemehmenskultur in chinesischer Umgebung Das McKinsey-7S-Modell Kultur auf verschiedenen Ebenen Individualismus-Kollektivismus Beide Seiten einer typischen „Stolzkarte" „Die groBbritannischen Imperialisten niederschlagen!" Theater in der Qing-Dynastie (1644-1911) Theater nach der Grundung der Volksrepublik Kinoplakat aus dem Jahr 1980 in China „Chinesische" Kleidung und Wohnungsdekoration Eine kritische Szene aus der Olympischen Abschlussfeier Untemehmenskonzert zum Neujahrs- und Fruhlingsfest Eroffnung einer neuen Werkstatt 3 25 39 41 47 52 56 60 122 128 137 137 143 144 149 172 172 Tabellenverzeichnis Tabelle 1-1 Tabelle 1-2 Tabelle 2-1 Tabelle 2-2 Tabelle 2-3 Tabelle 2-4 Tabelle 3-1 Tabelle 3-2 Tabelle 3-3 Tabelle 3-4 Tabelle 4-1 Tabelle 5-1 Die realisierten auslandischen Direktinvestitionen in China Deutsche Direktinvestitionen in China Unterschiede zwischen culture/Kultur/civilisation/Zivilisation Hauptkategorien der kulturellen Phanomene Eigenschaften von Untemehmenskultur Die vier amerikanischen Werke und ihre Ubersetzungen Merkmale qualitativer und quantitativer Sozialforschung Untersuchungsmethoden und verwendeten Formen Verteilung der Untersuchungsschwerpunkte Die Untersuchung im Uberblick Information zur Person der Befragten Anzahl der Touristeneinreisen in die VR China 1997-2002 4 7 23 37 38 55 73 77 89 100 103 134 Abkurzungsverzeichnis BIP BIZ bzw. ceo CECIA DAAD d.h. etc. evtl. f. ff. ggf. GTZ Hrsg. i. e. ifa JV KP KPCh MBA Mrd. Mio. n. Chr. Nr. 0. a. o.g. RMB S. u. a. Bruttoinlandsprodukt Deutsches Buchinformationszentrum beziehungsweise Chief Cultural Officer China Enterprise Culture Improvement Association Deutscher Akademischer Austauschdienst e.V. das heiBt et cetera eventuell folgende (Seite) fortfolgende (Seiten) gegebenenfalls Deutsche Gesellschaft fiir technische Zusammenarbeit Herausgeber id est Institut fur Auslandsbeziehungen Jointventure kommunistische Partei die Kommunistische Partei Chinas Master of Business and Administration Milliarde(n) Million(en) nach Christus Nummer Oder ahnlich oben genannt Renminbi Seite unter anderem XVIII UNESCO usw. V. Chr. VR WTO z. B. Abkurzungsverzeichnis United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization und so weiter vor Christus Volksrepublik World Trade Organization zum Beispiel 1 Einleitung 1.1 Kultureller, politischer und wirtschaftlicher Hintergrund Im Jahr 1976 endete in der Volksrepublik China die Mao-Zeit (1949-1976) und damit auch die Kulturdiktatur sowie die Kulturrevolution (1966-1976). 1978 wurde unter der Fiihrung von Deng Xiaoping eine landesweite, tief greifende wirtschaftliche und politische Reform begonnen. Kultur, als eines der in der chinesischen Tradition wichtigsten Elemente des taglichen Lebens und der staatlichen Herrschaft, ist seitdem zeitcharakteristisch mit Wirtschaft und Globalisierung eng verbunden. Der Reformprozess in China hat sich in zwei Phasen gegliedert. Die erste Phase dauerte von 1978 bis 1992, die zweite setzte 1992 ein und dauert bis heute an. Zunachst beinhaltete der Prozess die Vorbereitung auf die ab 1992 geplante Marktwirtschaft. In dieser Phase hat die Volksrepublik China eine Wiederbelegung der vielfaltigen chinesischen Kultur und Tradition erlebt und gleichzeitig durch engen wirtschaftlichen Kontakt mit westlichen Landem auch westliche Kulturen kennen gelemt und teilweise auch akzeptiert. Die Offnung Chinas zum Westen wurde in der ersten Phase durch zwei wichtige MaBnahmen, jeweils im wirtschaftlichen und kulturellen Bereich, eingeleitet. Die eine war die Zulassung der auslandischen Direktinvestitionen in China. Dazu wurde 1979 das erste Gesetz zu Gemeinschaftsuntemehmen - Gesetz des Equity Joint Ventures^ vom Nationalen Volkskongress Chinas verabschiedet. Dieses Gesetz fordert auslandische Untemehmen in Form betrieblicher Kooperationen mit einem chinesischen Partner, in China zu investieren. Die zweite MaBnahme war die Fokussierung auf Wissenschaft und Erziehung. Voraussetzung fiir diese MaBnahme war das von Deng Xiaoping verkiindete Motto „Wissenschaft und Technik sind die erste Produktionskraft"^. Danach hat China das in der Kulturrevolution zerstorte Erziehungssystem von der Grundschule bis zur Hochschule wieder aufgebaut. Die Aufnahmepriifting fiir den Hochschulzugang und eine intemationalen MaBstaben entsprechende Hochschulordnung wurde wieder eingefiihrt. Zeitgleich wurden Tausende von Wissenschaftlem ' ^ Nationaler Volkskongress Chinas (2001), S. 28-41 Deng(1978),S. 86-87 2 Kapitel 1: Einleitung und Studierenden nach Amerika und Europa geschickt, um dort vor allem modeme Wirtschafts- und Managementtheorien zu lemen. Als Teil des Lemens des westlichen Know-hows wurde der Begriff Untemehmenskultur seit Anfang der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts von den USA und Japan in China ubemommen. Bis heute ist er immer noch in Mode. So wird es als modem angesehen, wenn ein Untemehmen eine eigene „Corporate Identity" zeigen kann oder wenn ein Untemehmensmanager einen MBA (Master of Business and Administration) -Titel fiihrt. Durch staatlich geforderte Schulungsprogramme in westlichen Untemehmensfuhrungstheorien geschulte chinesische Fuhrungskrafte treffen in der Praxis aber immer wieder auf ein traditionelles Verstandnis chinesischer Untemehmenskultur. Die Verbreitung des Einflusses der westlichen Kulturen erreichte einen Hohepunkt kurz vor der Studentenbewegung im Sommer 1989. Nach der Unterdriickung der Bewegung mit blutiger Gewalt auf dem Tiananmen-Platz kam die Kommunistische Partei zu der offiziellen Auffassung, dass die Verbreitung der westlichen Kultur die Tiananmen-Krise vemrsacht habe.^ Die Partei glaubte, dass der Einfluss westlicher Kultur auf die junge Generation in China eine der Hauptursachen der Studentenbewegung war. Westlicher Kultureinfluss dieser Art wurde derzeit in China offiziell als „kapitalistische geistige Verschmutzung""^ gekennzeichnet. Gleich nach der Studentenbewegung setzte von 1989 bis 1992 in alien staatlichen Institutionen und Unternehmen eine Bekampfung dieser kulturellen Tendenzen ein. Die chinesischen Kooperationspartner in deutsch-chinesischen Jointventures wurden durch ihre zustandige Regiemngsbehorde dabei in die Pflicht genommen, die traditionelle chinesische Kultur und ihre Elemente starker in den Jointventures einzusetzen bzw. zur Wirkung zu bringen.^ Erst seit 1992 hat sich die Situation zunehmend entspannt. Zu dieser kurzen, aber wichtigen Phase der jiingeren chinesischen Geschichte miissen an dieser Stelle zwei Bemerkungen gemacht werden. Zum einen zeigt es sich, dass die junge Generation in China westliche Kultur hoch schatzt, von ihr lemen und sie ausprobieren mochte. Dieses gilt besonders auch fur die jungen Mitarbeiter in deutsch-chinesischen ^ Vgl. Deng (1989), S. 302-308; vgl. Zhang/Link/Nathan (2001), S. 651-676 ^ Abteilung ftir historische Literatur des Zentralkomitee der KPCh (2004), S. 1273, Ubersetzung des Verfassers Vgl. Wu (2004) 4 3 Kultureller, politischer und wirtschaftlicher Hintergrund Jointventures. Zum Zweiten kann man durch eine Analyse der wirtschaftlichen Entwicklung und der kulturellen Situation in dem dreijahrigen Zeitraum im Vergleich zu der Zeit davor und danach deutlich sehen, dass die wirtschaftliche Entwicklung und die kulturelle Situation miteinander eng verbunden sind. Das Wirtschaftswachstum Chinas sank auf 4,1% im Jahre 1989 und weiter auf nur noch 3,8% im Jahr 1990. Im Vergleich dazu waren es im Jahr 1988 11,3%, 1991 9,2% und 1992 14,2%. Die zweite Phase der chinesischen Reform begann im Jahr 1992. Kempunkt dieser Phase ist die Transformation der sozialistischen Planwirtschaft in die sozialistische Marktwirtschaft. In dieser Phase sollten sich die staatlichen Untemehmen von der Planwirtschaft befreien, um ihre Wettbewerbsfahigkeit gegeniiber auslandischen Konkurrenten in der globalisierten Wirtschaft zu verbessem. Dadurch hat sich die chinesische Wirtschaft schnell entwickelt. Das Wachstum in den Jahren 2003 und 2004 iiberstieg sowohl die Werte des laufenden Fun^ahresplans (2001-2005, jeweils 1%) als auch die der unterjahrig angepassten Ziele der Regierung (8%). Die jahrliche Wachstumsrate des BIP Chinas im Zeitraum von 1995 bis 2005 stellt die folgende Abbildung dar. 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 Abbildung 1-1: Jahrliche Wachstumsrate des BIP Chinas (1995-2005)^ Zu den MaBnahmen der zweiten Phase gehorten beispielsweise der Aufbau von sozialen Versicherungssystemen, die Liberalisierung des Arbeitsmarktes, die Privatisierung der klein- und mittelstandischen staatlichen Untemehmen und Privilegien far chinesisch-auslandische Jointventures. Bin wichtiges Ergebnis dieser Phase ist der Quelle: Staatliches Statistikamt Chinas (2005) 4 Kapitel 1: Einleitung WTO-Beitritt Chinas im Jahr 2000. Vorher hat China insbesondere in der Zeit von 1992 bis 1998 zunehmend auslandische Direktinvestitionen angelockt (Tabelle 1-1). Jahr 1989 Prqjekte 5,779 Jahreswert (Mio. US$) Kumulierter Wert (Mio. US$) 3,39 15,49 1990 7,273 3,49 18,98 1991 12,978 48,764 4,37 11,01 27,52 23,35 1992 1993 1994 83,437 47,549 33,77 34,35 61,87 95,64 133,16 1995 37,011 37,52 1996 24,556 41,73 174,88 1997 21,001 45,26 220,14 1998 19,799 45,46 265,60 1999 16,918 40,32 305,92 2000 22,347 40,72 346,64 2001 2002 2003 2004 26,140 34,171 41,081 43,664 46,88 52,74 53,51 60,63 393,51 446,26 499,77 2005 44,001 60,33 620,73 560,40 Tabelle 1-1: Die realisierten auslandischen Direktinvestitionen in China^ Die wirtschaftlichen Reformen dieser Phase haben die deutsch-chinesischen Jointventures ebenfalls beeinflusst. Zum einen miissen die Jointventures wegen der erhohten Wettbewerbsfahigkeit der staatlichen Untemehmen neue Wege finden, um in der verstarkten Konkurrenz bestehen zu konnen. Die Teilnahme an den Kulturveranstaltungen im engeren Sinne und ihre Unterstutzung sind geeignete MaBnahmen, wie viele der deutsch-chinesischen Untemehmen bestatigt haben. Zum Zweiten hat der Einfluss der amerikanischen Kultur im Zuge der Globalisierung zugenommen. Aus der Tatsache, dass die USA nach wie vor wichtigster auslandischer Wirtschaftspartner Chinas sind, resultiert eine zunehmende Durchdringung der stadtischindustriellen BevolkeQuelle: Handelsministerium Chinas (2005) Kultureller, politischer und wirtschaftlicher Hintergrund rung mit der englischen Sprache. Englisch ist die wichtigste, aber auch die beliebteste Fremdsprache in China. Dieses fuhrt zu einer steigenden Nachfrage nach englischsprachigen Medien, vor allem aus den USA. Zum Dritten erfahrt vieles aus der alten chinesischen Tradition und Kultur eine neue Nutzung im Zuge der Globalisierung. So wird Material aus uralten konflizianischen Lehrbiichem wieder in Schule und Hochschule eingesetzt. 1.2 Deutsch-chinesische wirtschaftliche Beziehungen Das wirtschaftliche Engagement deutscher Untemehmen in China kann auf eine Geschichte von etwa 130 Jahren zuriick blicken. Die wichtigsten Aktivitaten waren zum Beispiel: - 1871 lieferte Krupp 3.000 Kanonen nach China. - 1872 installierte Siemens den ersten Zeiger-Telegraphen in China. - 1874 wurde die erste Lokomotive in China von Thyssen geliefert. - 1904 baute Siemens die erste strombetriebene StraBenbahn in China, die 20 km/h schnell war und in der Innenstadt Pekings betrieben wurde. - 1926 eroffnete die Lufthansa die Fluglinie Deutschland-China. Der Einfachflug dauerte ca. sechs Wochen mit zehn Zwischenstopps. - 1930 grundete Siemens die erste Tochterfirma in Shanghai. Mit rund 300 Mitarbeitem war sie die groBte Auslandstochterfirma des Konzems. Nach der Griindung der Volksrepublik China eroffnete die chinesische Regierung im Jahr 1950 in Bern die erste Botschaft in Europa. Dadurch konnten die Firmen Thyssen und Krupp ziigig wieder an ihre Verbindungen mit China anknupfen. Seit 1957 besuchen die beiden Firmen fast jedes Jahr die Internationale Messe in Kanton jeweils im April und im Oktober. Im September 1957 wurde das erste wirtschaftliche Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik China in Peking abgeschlossen,^ ohne dass schon eine offizielle diplomatische Beziehung bestand. Daraufhin hat China Jiang (1999) 5 6 Kapitel 1: Einleitung hauptsachlich Stahl, Waggons und Lokomotiven aus Deutschland importiert. 1966 lieferten die Henschel-Werke vier Lokomotiven nach China. Im Oktober 1972 haben die zwei Lander offiziell diplomatische Beziehungen aufgenommen.^ Die ersten Auftrage danach waren weitere 14 Lokomotiven der HenschelWerke. Im Jahr 1975 wurden 15 grol3e deutsche Untemehmen beauftragt in der ostlichen Binnenhafenstadt Wuhan ein altes Stahluntemehmen auszubauen. Im Jahr 1978 veroffentlichte die chinesische Regierung einen Modemisierungsplan, der Ausriistungen im Wesentlichen fiir Konzeme in den Bereichen Stahl, Erdol, Automobil usw. umfasst. 1979 hat China diesen Plan wieder aufgegeben, well nicht nur die Infrastruktur im Land noch mangelhaft war, sondem auch, weil modeme Manager und qualifizierte Arbeiter fehlten. Vielmehr kam die chinesische Regierung zu der Uberzeugung, dass die Modemisierung der chinesischen Industrie am besten im Rahmen auslandischer Investments in China und durch die Forderung eines Know-howTransfers erreicht werden konnte. Aus dieser Uberlegung heraus wurden chinesischauslandische Jointventures seit 1979 gesetzlich erlaubt.^^ Gleich danach, im Oktober 1980, hat die Siemens AG das erste deutsch-chinesische Jointventure in Shanghai gegriindet. 1981 hat die Wella AG die „mutige Entscheidung"^^ getroffen, in China auch ein Jointventure zu betreiben. Der Erfolg bestatigte diese Entscheidung: Wella wurde als erste auslandische Marke fur Kosmetik und Haarpflege landesweit in China bekannt und gehort auch heute noch zu den Marktfiihrem. Nach wirtschaftlichen Statistiken ist Deutschland flir China seit den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts der wichtigste Handelspartner in der EU. Weltweit steht Deutschland an Platz 6 der chinesischen Handelspartner. Rechnet man Hongkong und Taiwan heraus, ist Deutschland auf Platz 4 nach Japan, den USA und Stidkorea. Fur Deutschland ist China der wichtigste Handelspartner in Asien - vor Japan. Weltweit steht China an Platz 10 der deutschen Handelspartner. Aufierhalb der EU liegt China fur Deutschland nach den USA und der Schweiz an Platz 3. Die deutsche Industrie hat sich seit 1980 ^^ ^^ AuBenministerium Chinas (2005) Nationaler Volkskongress Chinas (2001), S. 28-41 Deutsche Welle (2002) 7 Deutsch-chinesische wirtschaftliche Beziehungen wieder verstarkt in China engagiert. Bis Februar 2004 haben 3.578 deutsche Unternehmen direkt in China in Jointventures und hundertprozentige Tochteruntemehmen investiert.^^ Die deutschen Investitionen (Tabelle 1-2) spielen in China eine wichtige Rolle. Jahr(e) Genehmigte Projekte Vereinbarte Investitionen (Mio. US$) Realisierte Investitionen (Mio. US$) 1978-1993 578 1,519 546 Kumulierter Bestand (Mio. US$) 546 1994 314 1,233 259 805 1995 355 1,659 386 1,191 1996 1997 256 1,000 510 1,701 221 1,008 2,709 1998 1999 207 194 628 2,374 3,696 1,025 987 1347 2000 290 2,978 1,251 5,043 6,294 2001 275 1,171 1,261 7,555 2002 272 9,15 928 8,483 2003 451 1,390 860 9,343 2004 608 2,280 1,060 10,403 Tabelle 1-2: Deutsche Direktinvestitionen in China 1.3 Deutsch-chinesische kulturelle Beziehungen Fiir eine Untersuchung iiber Kultur auf der Ebene der deutsch-chinesischen Jointventures spielen die kulturellen Beziehungen und der Kulturaustausch zwischen Deutschland und der Volksrepublik China eine wichtige Rolle. Viele in der Untemehmenskultur deutsch-chinesischer Jointventures beobachtbare Phanomene resultieren daraus. Bin Uberblick iiber die bilateralen Kulturbeziehungen und den Kulturaustausch, insbesondere im Bereich Musik, Film und Literatur, steUt Folgendes dar: Mei (2004) Quelle: Handelsministerium Chinas (2005) 8 Kapitel 1: Einleitung Wahrend die Bundesrepublik Deutschland erst 1972 diplomatische Beziehungen zu China aufnahm, vollzog die DDR diesen Schritt gleich nach der Grundung der Volksrepublik China im Jahr 1949. Allerdings hat der Kulturaustausch zwischen China und der DDR die heutige Situation nur wenig gepragt, da dieser Austausch sich einerseits im Wesentlichen auf die „sozialistische Kultur" beschrankte und andererseits durch die chinesische Kulturrevolution von 1966 bis 1976 wie fast jeder intemationaler Kulturaustausch zum Erliegen kam.^"^ Die GroBe Proletarische Kulturrevolution wurde 1966 von Mao eingeleitet. Angriffsziele dieser politisch-ideologischen Kampagne waren die „Vier Alten": alte Brauche, alte Gewohnheiten, alte Kultur und alte Denkmuster, daruber hinaus auch alle westlichen kapitalistischen Kulturen. In der zehnjahrigen Kulturrevolution gab es offiziell nur sieben Theater. Nur einige wenige Lieder, Musikstiicke und Filme standen dem Publikum in ganz China zur Verfugung. Durch dieses Kulturvakuum waren die westlichen Kulturen, die parallel mit der Offnung Chinas zum Westen nach China kamen, besonders willkommen. Die offiziellen kulturellen Kontakte zwischen der Bundesrepublik Deutschland und China wurden parallel zu der von Deng Xiaoping eingeleiteten Wirtschaflsreform aufgenommen. Im Oktober 1979 wurde beim Staatsbesuch des damaligen chinesischen Ministerprasidenten Hua Guofeng das Abkommen zwischen der Regierung Bundesrepublik Deutschland der und der Regierung der Volksrepublik China fiber kulturelle Zusammenarbeit^^ unterzeichnet. Dieses Abkommen umfasst die Bereiche Musik, Kunst, Medien, Literatur, Bildungswesen, Sprachforderung, Sport usw. Unter diesen Rahmenbedingungen sind verschiedene Austauschprogramme jeweils in Deutschland und China durchgefuhrt worden. In Deutschland haben es sich vor allem das Haus der Kulturen der Welt und der DAAD, aber auch andere Gesellschaften, Stiftungen und Vereine zur Aufgabe gemacht chinesische Kultur nach Deutschland zu vermitteln. Seit Mitte der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts werden auch chinesische Kunst- und Kulturfestivals in deutschen GroBstadten veranstaltet. So prasentierten sich zum Beispiel in Berlin beim „China '"^ Vgl. Wobst (2004), S. 26-41 AuBenministerium Chinas (2005) Deutsch-chinesische kulturelle Beziehungen Fest"^^ im Jahr 2001 etwa 500 chinesische Musiker und Kunstler in 30 Veranstaltungen und Ausstellungen. Dabei wurden vor allem traditionelle chinesische Musik, Theater und Malerei gezeigt. Inzwischen haben auch chinesische Spielfilme nach Pramierungen auf intemationalen Filmfestspielen, z. B. in Berlin, Cannes, Venedig usw., den Weg in die Kinos und das Femsehen in Deutschland gefiinden. Allerdings vermitteln viele dieser Filme nicht ein Bild der aktuellen Situation in China, sondem eher das „eines virtuellen Chinas aus westlicher Sicht"^'^, obwohl die Filme von chinesischen Regisseuren gedreht wurden. Beispiele dafiir sindRedSorghurn^, Judou^^ und The Story ofQiuju'^. Nach Angaben des deutschen Buchinformationszentrums (BIZ) Peking wurde seit den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts zwar zunehmend chinesische Literatur ins Deutsche iibersetzt, die Menge ist aber im Vergleich zu den jahrlich 80-100 Tausend Neuerscheinungen in Deutschland sehr gering. So erscheinen zurzeit weniger als zehn literarische Titel pro Jahr. ^' Das literaturinteressierte deutsche Publikum ist bei Btichem aus China auf Ubersetzungen vor allem aus dem englischsprachigen Raum angewiesen. Deutschland genieBt in China einen besonderen Ruf als Kulturland, insbesondere wegen seiner Tradition in klassischer Musik, Literatur und Philosophic. Zeitgleich zum Besuch des Ministerprasidenten Chinas in Deutschland im Oktober 1979 besuchten die Berliner Philharmoniker unter der Leitung von Herbert von Karajan Peking. Das Konzert wurde in einer Sporthalle veranstaltet, da es damals in Peking keine groBe Konzerthalle gab. Im November 2005 besuchten die Berliner Philharmoniker China emeut. Sie spielten im Rahmen des Eroffnungsprogramms in der mit 2.000 Platzen neu gebauten Konzerthalle im Shanghai Oriental Art Centre. Die chinesische Presse 16 17 18 19 20 21 Vgl. China Fest Berlin (2001) Wang (2004), Ubersetzung des Verfassers „Goldener Bar" der 38. Intemationalen Filmspiele Berlin in 1988 „Luis Bunuel Sonderpreis" der 43. Intemationalen Filmfestspiele Cannes in 1990 „Goldener Lowe" der 49. Intemationalen Filmfestspiele Venedig in 1992 Schatzung des Borsenvereins des deutschen Buchhandels 2003 (telefonische Auskunft) 9 10 Kapitell: Einleitung berichtete vorher dariiber, dass „damit China die Blamage von vor 26 Jahren endlich korrigieren kann"^^. Anfang der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts wurde der Film Einmal wird die Sonne wieder scheinen^^ mit dem damaligen deutschen Kinder- und Schlagerstar Heintje in der Hauptrolle in alien chinesischen Stadten jahrelang als einziger deutscher Film im Kino und im Femsehen vorgefiihrt. Als der erste in der Volksrepublik China offiziell gezeigte Spielfilm aus der Bundesrepublik Deutschland hat dieser Film die chinesischen 60er und 70er Generationen tief beeindruckt und lange Zeit deren Deutschlandbild gepragt. In China bemuhen sich in erster Linie die deutsche Botschaft, der DAAD und das Goethe-Institut in Kooperation mit staatlichen chinesischen Institutionen und Kulturbetrieben durch regelmaBige Programme deutsche Filme und Literatur in China zu vermitteln. So erfahrt das chinesische Publikum in Peking, Shanghai und anderen GroBstadten oft zuerst durch Vorschauen, die von einem dieser drei organisiert werden, von Filmen, wie z. B. Lola rennt'^^ oder Der Campus'^^. Nach dem Gewinn des Literatur-Nobelpreises von Giinter Grass im Jahr 1999 waren seine Werke und der Film Die Blechtrommef'^fiirein halbes Jahr Gesprachsthema in China. Dennoch hat der deutsche Film in China genau wie der chinesische Film in Deutschland im Vergleich zu amerikanischen oder franzosischen Filmen wenig Einfluss. Daneben organisieren viele rein chinesische Kulturbetriebe mit der Unterstiitzung von deutschen Organisationen deutsche Kulturveranstaltungen in China. Offizielle Kulturvermittler, wie z. B. der deutsche Kulturattache und seine Mitarbeiter, die bei Kontaktaufnahme, Ubersetzung und Sponsoring helfen konnen, gibt es nur wenige. Nach einer Forschung des Instituts fur Auslandsbeziehungen (ifa) betrug diese Zahl im Jahr 2001 in ganz China nur rund 40^^. Deswegen tibemehmen die entsprechenden Aufgaben aus wirtschaftlichen Uberlegungen oder auch in Absprache mit lokalen 22 23 24 25 26 27 Wu (2004), Ubersetzung des Verfassers Regie: Hans Heinrich, Drehjahr: 1969/1970 Regie: Tom Tykwer, Drehjahr: 1998 Regie: Sonke Wortmann, Drehjahr: 1998 Regie: Volker Schlondorff, Drehjahr: 1978 Zeeck (2002), S. 8 Deutsch-chinesische kulturelle Beziehungen Behorden oft deutsche Untemehmen in China. Dartiber wird in den folgenden Kapiteln vertiefend berichtet. Aus der ganzen Breite und Tiefe der bilateralen kulturellen Beziehungen ist vor allem Folgendes fur die Untemehmenskultur in deutsch-chinesischen Jointventures von Bedeutung: - China und Deutschland schatzen sich gegenseitig als Kultumation. Schwerpunkt des bilateralen Kulturaustauschs ist der Bereich der klassischen und traditionellen Kulturelemente. - Der Einfluss des chinesischen Films und der chinesischen Literatur in Deutschland und der Einfluss des deutschen Films sowie deutscher Literatur und Pop-Musik in China sind im Vergleich zum Einfluss amerikanischer Filme bzw. angloamerikanischer Literatur und Pop-Musik deutlich schwacher. - In China vermitteln nicht nur deutsche Organisationen in Kooperation mit chinesischen Regierungsbehorden die deutsche Kultur nach China, sondem auch viele deutsche Untemehmen. 1.4 Fragestellung und Zielsetzung Die zunehmend engere wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Deutschland und China wirfl eine Vielzahl Fragen aus kulturanthropologischer Sicht auf, wie z. B.: - Welche kulturellen Grundziige kennzeichnen die Untemehmenskultur in deutsch-chinesischen Jointventures? - Was sind die kulturellen Unterschiede zwischen einer rein deutschen oder rein chinesischen Untemehmenskultur und der von deutsch-chinesischen Jointventures? - Wie wirken die deutsche und die chinesische Kultur miteinander in einem Untemehmen? - Wie funktioniert westliches Management unter dem Einfluss chinesischer Tradition und Kultur? 11 12 Kapitel 1: Einleitung Wahrend zur Bedeutung chinesischer Untemehmenskultur in rein chinesischen Unternehmen bereits wissenschaftliche Untersuchungen durchgefuhrt wurden, gibt es Studien iiber deutsch-chinesische Jointventures nur fur iibergreifende Themen wie z. B. deutsch-chinesische interkulturelle Kommunikation aus dem psychologischen Bereich Oder wirtschaftliche und rechtliche Rahmenbedingungen des Jointventures aus dem betriebswirtschaftlichen Bereich. Ergebnisse dieser Forschungen konnen die oben gestellten Fragen nur zum Teil beantworten, da die Fragen sich nicht direkt auf den betriebswirtschaftlichen oder psychologischen Bereich beziehen, sondem auf tiefer liegende Kulturwurzeln zielen. Nur Untersuchungen aus kulturwissenschaftlicher und kulturgeschichtlicher Sicht konnen die komplexen kulturellen Grundlagen und ihre Funktionen in deutsch-chinesischen Jointventures klaren. Tief greifende Analysen iiber den stabilisierenden Einfluss der chinesischen Kulturtradition, insbesondere die Rolle der Kulturfaktoren im engeren Sinne wie zum Beispiel Musik, Theater, Film, Malerei, Literatur usw., und deren Veranderung durch Offnung zu westlichen Denkweisen auf die Untemehmenskultur deutsch-chinesischer Jointventures liegen bis heute auch nicht vor. Aus der Sicht der Kulturwissenschaft und Kulturanthropologie ist die Frage zu klaren, ob und wie die Kulturfaktoren im engeren Sinne auch eine wichtige Rolle in der Untemehmenskultur deutsch-chinesischer Jointventures spielen. Diese Thematik ist weltweit in den Untersuchungen iiber Untemehmenskultur bisher noch nicht beobachtet und untersucht worden und soil in dieser Arbeit behandelt werden. Diese Arbeit nutzt den Zugangspunkt, dass China und Deutschland jeweils eigene Kulturtraditionen haben und die Kulturfaktoren im engeren Sinne eine wichtige Rolle in der jeweiligen Kultur und Untemehmenskultur spielen. Im Weiteren gilt es zu beachten, dass China seit Anfang der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts im Zuge der von Deng Xiaoping vertretenen Politik der Offnung einem starken intemationalen kulturellen Einfluss ausgesetzt war. So haben z. B. die japanische Untemehmenskultur wegen ihrer Nahe zur chinesischen Kultur und die amerikanische Kultur auf Gmnd ihrer starken weltweiten Prasenz groBen Einfluss auf die modeme chinesische Kultur und Untemehmenskultur. Deshalb ist es ebenfalls wichtig der Frage wissenschaftlich nachzugehen, ob, in welchem MaBe und mit welcher Wirk- Fragestellung und Zielsetzung samkeit kulturelle Einfliisse von dritter Seite auf deutsch-chinesische Jointventures wirken. Von den klassischen Theorien der Untemehmenskultur sowie der Kulturanthropologie ausgehend, wird diese Arbeit durch empirische Untersuchungen in ausgewahlten deutsch-chinesischen Jointventures sowie weiterhin durch Datenerhebung und -analyse die folgenden grundsatzlichen Ziele erreichen: 1. Zusammenfassende Beschreibung des Prozesses der Griindung und Entwicklung sowie des Wandels der Untemehmenskultur in deutsch-chinesischen Jointventures 2. Beschreibung der Kulturelemente in typischen deutsch-chinesischen Jointventures, die sich in einer chinesischen Umgebung befmden, und Zusammenfassung ihrer Eigenschaften mit Berucksichtigung der jeweiligen Kulturtradition. 3. Beschreibung, Definition und Analyse der Funktion der Kulturfaktoren im engeren Sinne (Musik, Malerei, Film, Literatur usw.) in der Untemehmenskultur deutsch-chinesischer Jointventures. 4. Beschreibung und Analyse der Wirkung der Einfliisse von dritter Seite auf die Untemehmenskultur deutsch-chinesischer Jointventures. 5. Analyse der moglichen Konsequenzen und Aufzeigen von Handlungsoptionen aus kulturanthropologischer und betriebswirtschaftlicher Sicht fiir Management und Zusammenarbeit in deutsch-chinesischen Jointventures. 1.5 Grundlegende Thesen Diese Arbeit will im Folgenden die o. a. bisher nicht untersuchten Fragen durch wissenschaftliche Untersuchung der folgenden Hypothesen beantworten: 1. Die Untemehmenskultur deutsch-chinesischer Jointventures unterscheidet sich merklich von der Untemehmenskultur der jeweiligen nationalen Untemehmen mit ihren besonderen Eigenschaften. 13 14 Kapitel 1: Einleitung 2. Die Kulturfaktoren im engeren Sinne wie z. B. Musik, Malerei, Film, Literatur usw. spielen eine wichtige Rolle in der Untemehmenskultur deutschchinesischer Jointventures. 3. Die Kultur in den deutsch-chinesischen Jointventures ist eine Mischung aus drei Einflussbereichen: Die deutsche und die chinesische Kultur sowie der Einfluss der Intemationalisierung, insbesondere aus der US-amerikanischen Kultur. 4. In deutsch-chinesischen Jointventures wirken die Kulturfaktoren im engeren Sinne mit den wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Faktoren zusammen. Diese grundlegenden Thesen der Arbeit werden im Detail im Folgenden vertiefend betrachtet. 1.5.1 Untemehmenskultur deutsch-chinesischer Jointventures FUr die typische Untemehmenskultur deutsch-chinesischer Jointventures gibt es bisher keine wissenschaftliche Definition und Eigenschaftsbeschreibung, obwohl sie von Wissenschaftlem aus psychologischer, wirtschaftlicher oder Managementsicht erforscht wurde.^^ Aus den folgenden Griinden unterscheidet sich die Untemehmenskultur deutsch-chinesischer Jointventures von den Untemehmenskulturen der jeweiligen nationalen Untemehmen oder von einem Gemeinschaftsuntemehmen Deutscher mit dritten Partnem deutlich: 1. Diese Untemehmenskultur wird von zwei unterschiedlichen Volksgmppen mit total unterschiedlicher Kulturtradition gepragt. Die Kulturfaktoren im engeren Sinne spielen eine wichtige Rolle in beiden Traditionen, die deutschen und chinesischen Mitarbeiter bringen diese Kulturfaktoren auch in die Untemehmenskultur ein. 2. Obwohl diese zwei Volksgmppen enge gesellschaftliche und wirtschaftliche Beziehungen haben und unter einem Dach zusammenarbeiten, sehen sie sich nach ihren eigenen Kulturvorstellungen aber weit auseinander. In den Gemeinr 28 Vgl.Trommsdorff/Wilpert(1991); vgl. Tomas (1996); vgl. Duerkop (1996); vgl. Meng (2003); vgl. Guan (2004) Grundlegende Thesen 15 schaftsuntemehmen mochten sie intuitiv die eigene nationale Kultur weiter aufrechterhalten. 3. Dariiber hinaus wird der Managementstil des Untemehmens sowie die Denkund Verhaltensweisen der Mitarbeiter von ihren jeweiligen Kulturtraditionen gepragt. Bei Problemlosungen oder der Untemehmensstrategie zeigt sich diese Pragung deutlich. Wichtige Voraussetzung fiir den Untemehmenserfolg deutsch-chinesischer Jointventures ist demzufolge die Entwicklung und Verwirklichung einer Untemehmenskultur, die eine jeweils eigenstandige Mischung aus chinesischen, deutschen und intemationalen Elementen darstellt. Diese Mischung muss von alien Mitarbeitem mit ihrem jeweiligen nationalen kulturellen Hintergrund mitgetragen und gelebt werden konnen. 1.5.2 Kulturfaktoren im engeren Sinne in isolierter Phase In der chinesischen Geschichte spielen die Faktoren des Kulturbegriffs im engeren Sinne - Musik, Malerei, Theater, Literatur usw. als klassische sowie Film, Femsehen, Karaoke usw. als modemere Formen - eine wichtige Rolle fiir Chinesen bei der Annaherung der unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen und auch bei der Beurteilung und Annahme einer fremden Kultur. In deutsch-chinesischen Jointventures fimktionieren diese Kulturfaktoren zunachst als Zugangspunkte fiir die Beurteilung gegenseitiger nationaler Kultur und die Bereitschaft gegenseitiger kultureller Anpassung. Im Weiteren wirken sie als Ausgangspunkte fiir die Zusammenfiihrung und die Uberwindung von Vorurteilen zwischen den Untemehmen und der gesellschaftlichen und politischen Umgebung sowie zwischen deutschen und chinesischen Kollegen, Mitarbeiter und Vorgesetzten. 1.5.3 Kultureller Einfluss der Globalisierung Seit dem Opiumkrieg im Jahr 1840 bis Ende der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts war China nach aufien weitgehend abgeschottet. Aber das bedeutete nicht, dass die chinesische Kultur und die Chinesen fremde Kulturen ablehnten. Das Gegenteil ist der 16 Kapitell: Einleitung Fall. In der Geschichte hat China seit der Han-Dynastie (206 v. Chr.-220 n. Chr.) mehrfach kulturelle Integrationen erlebt. Die heutige chinesische Kultur ist in der Tat eine Mischung von urspriinglicher chinesischer Kultur und vielen ehemals fremden Kulturen. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts hat China einen Kulturbruch erlebt. Die konftizianischen Lehren in ihrer Ganzheit gelten heute fast nur noch fur die altere Generation. Der Kommunismus maoistischer Pragung wandelte sich so weit, dass sogar die Kommunistische Partei von „Sozialismus chinesischer Pragung"^^ spricht. Dieser Sozialismus chinesischer Pragung ist okonomisch orientiert und der Globalisierung sowie westlichen Einflussen gegenuber aufgeschlossen. Insbesondere fiir die jungen Menschen heute, die z. B. in den deutsch-chinesischen Untemehmen arbeiten, ist ihre ideologische Grundlage eine instabile Mischung aus uralten Traditionen, Ahnenverehrung, konfuzianischer Moral, Sozialismus und Elementen aus der Globalisierung gepaart mit einer gewissen Ellenbogenmentalitat. Auf dieser Basis ist die Kultur in den deutsch-chinesischen Jointventures eine Mischung aus drei Quellen: der deutschen und der chinesischen Kultur sowie dem Einfluss der Intemationalisierung und Globalisierung, wobei aus Sicht der konfuzianischen Tradition insbesondere viele Einfliisse aus der US-amerikanischen Kultur eher negative Auswirkungen zeigen. 1.5.4 Kulturfaktoren in uhergeordneten Zusammenhdngen Neben den klassischen Elementen einer Untemehmenskultur, wie z. B. Normen und Standards oder Symbolsystemen, wirken in deutsch-chinesischen Jointventures tibergreifende Elemente wie gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Einfliisse sowie Kulturfaktoren. Diesen Kulturfaktoren kommt eine Sonderrolle zu, zum einen weil das Zusammenwirken von Geschaft und Kultur in China Tradition hat. Dem konnen und wollen sich die deutsch-chinesischen Jointventures nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Griinden nicht entziehen. Zum anderen konnen die wenigen offiziellen Kulturvermittler den Bedarf nicht decken. Diese Kulturfaktoren haben nicht nur ^^ Jiang (1997) Grundlegende Thesen 17 die Mitarbeiter, sondem auch die betrieblichen Aktivitaten der Jointventures stark beeinflusst. 1.6 Aufbau der Arbeit Die Arbeit ist in sechs Kapitel unterteilt. In Kapitel 1 werden in einer Einleitung zunachst historische Hintergrunde im Bereich der Kultur, Politik und Wirtschaft aufgezeigt. Daruber hinaus werden die wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen zwischen Deutschland und China iiberblicksartig dargestellt. Auf dieser Basis legt die Arbeit dann vier grundlegende Thesen rund um die Rolle der Kulturfaktoren im engeren Sinne fiir deutsch-chinesische Jointventures vor. In Kapitel 2 baut die Arbeit die theoretischen Grundlagen mit drei Teilkapiteln auf. Zum Ersten definiert und grenzt die Arbeit verschiedene Begriffe im Bereich von Kultur bis Untemehmenskultur jeweils aus westlicher und chinesischer Sicht ab. Daruber hinaus werden der Kulturbegriff und seine Rahmenbedingungen innerhalb dieser Arbeit vertieft. Dazu stellt sie in Details noch die Beziehungen zwischen Kultur, Wirtschaft, Gesellschaft und Politik und dem Kulturwandel in China dar. Zum Zweiten werden die bedeutenden Ergebnisse der bisherigen empirischen Forschungen im Bezug auf interkulturelles Handeln und insbesondere auf China beschrieben. Zum Dritten analysiert die Arbeit auf dieser Basis und aus der Sicht der Kulturwissenschaft und Kulturanthropologie sowie im Vergleich zu der aktuellen Situation deutschchinesischer Jointventures in China die o. a. Ergebnisse mit kritischen Bemerkungen. Dadurch wird gezeigt, dass die Thesen der vorliegenden Arbeit und viele Fragen dazu wissenschaftlich noch nicht erforscht und beantwortet wurden. So bilden die Beantwortungen zumindest einiger dieser Fragen sowie die Verifizierung der o. a. Thesen den Schwerpunkt dieser Arbeit. In Kapitel 3 legt die Arbeit zwei zentrale Fragen zur Untersuchung jeweils iiber die Existenz und die Rolle der Kulturfaktoren im engeren Sinne in deutsch-chinesischen Jointventures vor. Auf eine Darstellung wissenschaftlicher methodischer Grundlagen folgt die Begriindung fur die Auswahl der Methoden, der Jointventures und der Zielgruppen in der Untersuchung. Im Weiteren werden alle ausgewahlten Methoden mit 18 Kapitell: Einleitung konstruierten Fragen und Interview- sowie Gesprachsthemen ausfuhrlich dargestellt und diskutiert. Danach wird die Durchfuhrung der empirischen Untersuchung ausfuhrlich dargestellt. Dabei diskutiert die Arbeit zuerst Uberlegungen zu Untersuchungszeit und -inhalt. Dann stellt die Arbeit die sechs Orte, in denen die 26 deutsch-chinesischen Unternehmen untersucht werden, im Rahmen von Kultur, Geschichte, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft vor. AnschlieBend gibt die Arbeit einen zusammenfassenden Uberblick iiber die Untersuchungsprozesse. AnschlieBend zeigt die Arbeit mit drei Kapiteln die Ergebnisse der empirischen Untersuchung. In Kapitel 4 fasst sie alle Ergebnisse, die durch Fragebogen, Interviews, Gesprache und Beobachtungen gesammelt wurden, zusammen. Dabei wird bei jeder Frage die Beantwortungsstatistik angegeben und bei jedem Thema der Interviews, Gesprache und Beobachtungen die wichtigsten Ergebnisse zusammengefasst. In Kapitel 5 wird zuerst die Kulturrevolution in China in den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts kurz vorgestellt. Mit diesem historischen Riickblick konnen insbesondere westliche Leser die heutigen Funktionen der Kultur besser verstehen. Dann legt die Arbeit auf der Basis von detaillierten Analysen und Diskussionen die funf wichtigsten Ergebnisse iiber die RoUe der Kulturfaktoren im engeren Sinne vor. Dabei werden die Funktionen von Musik, Theater, Film, Malerei, Literatur usw. als Quelle, BrUcke, Instrumente, Forderung und Wege in der Untemehmenskultur deutschchinesischer Jointventures gekennzeichnet. In Kapitel 6 zeigt die Arbeit vier weitere Untersuchungsergebnisse im allgemeinen Bereich der Untemehmenskultur sowie im Zusammenhang mit der Intemationalisierung und Globalisierung auf. Diese sind zwar nicht direkt den Kulturfaktoren im engeren Sinn zuzurechnen, aber als Erganzung zu den fiinf Hauptergebnissen im Kapitel 5 und fiir den Erfolg und die strategische Entwicklung eines deutschchinesischen Untemehmens ebenfalls von Bedeutung. 2 Theoretische Grundlagen und Stand der Forschung 2.1 Kultur - Unternehmenskultur Es ist zunachst notwendig zu klaren, was unter Kultur und Unternehmenskultur verstanden wird. Dazu wird ein allgemeiner Uberblick iiber die Entwicklung der Definition von Kultur und Unternehmenskultur gegeben. AnschlieBend wird der Fokus auf die Rolle und die Funktionen der Kulturfaktoren im engeren Sinne innerhalb deutsch-chinesischer Jointventures gerichtet. 2.1.1 Die Kulturbegriffe in Europa im historischen Uberblick Nach DUDEN ~ Deutsches Universalworterbuch^^ hat das deutsche Wort Kultur die folgenden funf Bedeutungen: Kultur, die; -, -en [lat. cultura = Landbau; Pflege (des Korpers u. Geistes), zu: cultum, jKult]: 1. a) Gesamtheit der geistigen, kiinstlerischen, gestaltenden Leistungen einer Gemeinschaft als Ausdruck menschlicher Hoherentwicklung; b) Gesamtheit der von einer bestimmten Gemeinschaft auf einem bestimmten Gebiet wahrend einer bestimmten Epoche geschaffenen, charakteristischen geistigen, kiinstlerischen, gestaltenden Leistungen; 2. a) Verfeinerung, Kultiviertheit einer menschlichen Betatigung, AuBerung, Hervorbringung; b) Kultiviertheit einer Person; 3. a) das Kultivieren (urbar machen) des Bodens; b) das Kuhivieren (als Kulturpflanze ziichten, anpflanzen, anbauen); 4. (Landw., Gartenbau, Forstw.) auf groBeren Flachen kuhivierte junge Pflanzen; 5. (Biol., Med.) auf geeigneten Nahrboden in besonderen GefaBen geziichtete Mikroorganismen od. Gewebszellen; Die nebeneinander existierenden unterschiedlichen Bedeutungen des deutschen Wortes Kultur konnen als Ergebnis eines historischen Prozesses betrachtet werden. ^^ Duden (2003) 20 Kapitel 2: Theoretische Grundlagen und Stand der Forschung Etymologisch lieB sich der deutsche Substantiv Kultur, dem lateinischen cultura entlehnt, aus dem lateinischen Verb colere herleiten. Das Verb colere hat die folgenden Bedeutungen:^^ Colere, colo, coluT, cultum 1. (Land) bebauen, bestellen; 2. bewohnen; wohnen; 3. (ver)pflegen; 4. Sorge tragen, sorgen verehren; 5. (den Korper) pflegen, schmticken; 6. (geistig) pflegen, ausbilden; 7. uben, betreiben, wahren, hochhalten; 8. anbeten; 9. schatzen, (ver)ehren 10. (Opfer, Feste) feiem, begehen In der 1., 3., 5. und 6. Bedeutung des lateinischen Verbs kann man die oben genannten 4. und 5. Bedeutungen des deutschen Wortes Kultur wieder erkennen. Von den 8. und 9. Bedeutungen des lateinischen Verbs bildete die deutsche Sprache eine eigene Ableitung - das Wort Kult. Im urspriinglichen Sinn beinhaltete das lateinische Substantiv cultura zunachst nur agrarische Tatigkeiten, die Pflege und Bearbeitung des Bodens. Spater als der Menschen begann, „seine Nahrung anzupflanzen und eine Gottheit zu verehren, deren Anbetung er beispielsweise durch kultische Hohlenzeichnungen zum Ausdruck brachte, verlieB er den Naturzustand und betrat den Raum der Kultur"^^. Im ubertragenen Sinne erhielt der Begriff der Kultur bei den Romem seine neuen Bedeutungen. In dieser Zeit wurde cultura zum einen als Anbau und Pflege im agrarischen Sinne verstanden, zum anderen aber auch als tatige Verehrung, Bildung, Fiirsorge interpretiert. So sprach Cicero (106-43 v. Chr.) von cultura animi, d. h. von der Pflege und Veredelung der korperlichen und geistigen Anlagen des Menschen. Das Wort Kultur wurde als Synonym fur ethisch-moralisch gute Sitten angesehen. ^^ ^^ PONS (1992), S. 50 Hansen (2000), S. 14-15 Kultur - Unternehmenskultur 21 In frtihchristlich-mittelalterlicher Zeit hatte cultura auBer dem rein agrarischen Verstandnis aber ebenso die Bedeutung, „dass (dem) Gott als Schopfer aller Dinge die Aufgabe des Ackermanns zukommt, der das Innere des Menschen im Sinne eines Ackerlandes zu bestellen hat"^^ In diesem Zeitraum hat sich der Kulturaspekt des Menschen von einem selbstbestimmten zu einen gottbestimmten entwickelt. „Eine nicht religios gebundene, autonome Personlichkeitskultur passte nicht in die christliche Lebensauffassung dieser Epoche/'^"^ So entstanden in der deutschen Sprache zu Beginn des 18. Jahrhunderts zuerst die Verbalformen kultiviert und kultivierten und bereiteten dem Wort Kultur den Weg. Etwa um 1760 kam das Wort Kultur im deutschen Sprachschatz auf.^^ Wahrend der Aufklamng im 18. Jahrhundert wurde das Wort Kultur zuerst zur Unterscheidung von Mensch und Tier herangezogen. Der barbarische Naturzustand war also dem der Kultur gegenubergestellt. Damit erhielt das Wort weiterhin ein pluralistisches Kulturverstandnis. Neben Giovanni Battista Vico (1668-1744) schenkten vor allem JeanJacques Rousseau (1712-1778), Voltaire (1694-1778) und Johann Gottfried von Herder (1744-1803) dem geschichtlichen Aspekt bei der Betrachtung von Kulturen Beachtung. Unter Kultur verstand man damals eine sich wandelnde, regende, ausformende und sich weiterentwickelnde Form von Gesellschaflen, Gemeinschaften, Volkem und Nationen.^^ Somit wird dem Kulturbegriff „wiederum eine gesellschaftliche Bedeutungsdimension hinzugefugt, d. h. ohne wechselseitige Verpflichtung und Rucksicht auf andere, ohne Takt, Geschmack, Anstand und Friedfertigkeit unter- und miteinander kann es nach dieser Auffassung keine Kultur geben"^^. Das Wort Zivilisation hat, wie das Wort Kultur, seine Wurzeln ebenfalls im Lateinischen. Aus dem lateinischen Substantiv civis und dem davon abgeleiteten Adjektiv civilis entlehnte es das Deutsche. Dieses Wort kam etwa 1775 im deutschen Sprachschatz auf.^^ Der Ausdruck Zivilisation entstand ebenso wie Kultur „aus dem Bedurfnis der Aufklarungsepoche, eine durch Gesittung, Bildung, Kunst, Wissenschafl und 33 34 35 36 37 38 Dormayer/Kettem (1987), S. 51. Pflaum(l967), S. 288 Ebenda, S. 294 Vgl Dormayer/Kettem (1987), S. 52 Klein (2005), S. 38 Vgl. Pflaum (1967), S.293ff. 22 Kapitel 2: Theoretische Grundlagen und Stand der Forschung Mode veredelte Seinsweise durch einen Begriff zusammenzufassen, der den gehobenen, wertvolleren Zustand des Einzelmenschen wie der Gesellschaft im Unterschied zum Naturzustand auszudrucken vermochte"^^. Bedeutend fur die Entwicklung der Kulturbegriffe in Europa ist, dass spatestens seit dem 17. Jahrhundert sich in einzelnen Landem unterschiedliche Schwerpunkte auspragten, die letztlich zu unterschiedlichen Bedeutungen fuhrten. Wahrend in England und Frankreich die Worter culture und civilisation vermischt und oft als Synonym gebraucht wurden, begann die deutliche Trennung in die beiden Bedeutungsfelder Kultur und Zivilisation in Deutschland bereits um etwa 1784/^ Diese Entwicklung fasste Norbert Elias in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts wie folgt zusammen: „Der franzosische und der englische Begriff ,Zivilisation' kann sich auf politische oder wirtschaftliche, auf religiose oder technische, auf moralische oder gesellschaftliche Fakten beziehen. Der deutsche Begriff ,Kultur' bezieht sich im Kern auf geistige, kiinstlerische, religiose Fakten und er hat eine starke Tendenz, zwischen Fakten dieser Art auf der einen Seite, und den politischen, den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fakten auf der anderen, eine starke Scheidewand zu ziehen.""^' Die Unterschiede zwischen culture!Kultur und civilisation!Zivilisation im englischen/franzosischen und im deutschen Wortgebrauch werden in Tabelle 2-1 dargestellt. Diesen deutschen Kulturbegriff, der sich auf geistige, kiinstlerische und religiose Fakten bezieht, wurde am Ende der 30er Jahre des 20. Jahrhunderts vom Sozialphilosoph Herbert Marcuse (1898-1979) als „affirmativ" kritisiert. Er kennzeichnete: „Ihr entscheidender Zug ist die Behauptung einer allgemein verpflichtenden, unbedingt zu bejahenden, ewig besseren Welt, welche von der tatsachlichen Welt des alltaglichen Daseinskampfes wesentlich verschieden ist, die aber jedes Individuum ,von innen her', ohne jene Tatsachlichkeit zu verandem, ftir sich realisieren kann. Erst in dieser Kultur gewinnen die kulturellen Tatigkeiten und Gegenstande ihre hoch iiber den AUtag emporgesteigerte Wurde: ihre Rezeption wird zu einem Akt der Feierstunde und der Erhebung.""^^ ^^ "^^ ^^ "^^ Ebenda, (1967), S. 292 Vgl. ebenda, S. 300f. Elias (1969), S. 2f. Marcuse (1968), S. 63 23 Kultur - Unternehmenskultur culture versus Kultur Englisch und Franzosisch Deutsch Vor dem 19. Jahrhundert betont das Word culture die Ausbildung. In Franzosisch meinte culture vorwiegend die geistige Ausbildung und Veredlung, wahrend es in Englisch die allseitige Ausbildung des Menschen meint. Ausdruck des Stolzes auf die eigene Leistung und das eigene Wesen. Es bezieht sich auf die geistigen, kiinstlerischen und religiosen Fakten und hat die starke Tendenz, sich von Fakten politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Art zu unterscheiden. Ausdruck der auBeren Seite des menschlichen Lebens; etwas ganz Niitzliches; Beinhaltet nicht mehr die Einhaltung der gesellschaftlichen Etikette und der zwischenmenschlichen Umgangsformen. civilisation Ausdruck des Stolzes auf die Beversus deutung der eigenen Nation und Zivilisation den Fortschritt des Abendlandes und der Menschheit allgemein. Es kann sich auf politische, wirtschaftliche, religiose, technische, moralische und gesellschaftliche Fakten beziehen. Tabelle 2-1: Unterschiede zwischen culture/Kultur/civilisation/Zivilisation^^ Dagegen wurde dieser stark normativ besetzte Kulturbegriff in der Nachkriegszeit in Deutschland unter dem Motto Kulturpflege positiv gesehen. Hermann Glaser, schrieb in seiner dreibandigen Kulturgeschichte der Bundesrepublik Deutschland: „Affinnative Kultur fiihlte sich durch die Asthetisierung der Barbarei nicht desavouiert, sondem v^eiterhin in der Lage, einer erschlagenen Nation kulturelles Selbstbewusstsein zu vermitteln."'^'* Weiterhin wurden in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts ebenfalls aus dem Gedanken an die Kulturpflege und die normativ ausgerichtete Kultur weitere Aspekte wie z. B. Restauration des kulturellen Erbes und Stiftung von Gemeinschaft und Gesellschaft der Kulturtheorie hinzugefiigt und in der Praxis ausgefuhrt."^^ Insbesondere seit dem 20. Jahrhundert fmdet sich weltweit in der Kulturanthropologie, Kultursoziologie, Kulturethnographie, Kulturmanagement sowie in der kulturvergleichenden Psychologie und nicht zuletzt in der betriebswirtschaftlichen Literatur eine Vielfalt von Kulturdefmitionen."^^ Bis zum Ende der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts nahm die Zahl an Kulturdefmitionen stark zu. Kroeber und Kluckhohn haben 44 Vgl. Eiias (1969), S. 1-7; vgl. Pflaum (1967), S.300ff; vgl. Klein (2005), S. 38f Glaser (1985), S. 20 Vgl. Klein (2003), S. 76f Vgl. Heinrichs/Klein (2001), S. 176-179; vgl. Heinz (1993), S. 47ff 24 Kapitel 2: Theoretische Grundlagen und Stand der Forschung liber 160 Kulturdefinitionen gesammelt und systematisch analysiert. Auf dieser Basis haben sie die folgende Definition von Kultur gegeben: „Culture consists of patterns, explicit and implicit, of and for behavior acquired and transmitted by symbols, constituting the distinctive achievements of human groups, including their embodiments of artifacts; the essential core of culture exists of traditional (i. e., historically derived and selected) ideas and especially their attached values; culture systems may, on the one hand, be considered as products of action, on the other as conditioning elements of further action.""^^ In den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts, Jahrzehnte nachdem die amerikanische cultural anthropology seit den 20er und 30er Jahren davon stark gepragt wurde, wurde die kulturanthropologische und ethnologische Kulturdefmition von dem britischen Ethnologen Edward Burnett Tylor (1832-1917) erstmalig in Deutschland erwahnt. Im Jahr 1871 bestimmte Tylor Kultur als komplexe Einheit von religiosen Vorstellungen, moralischen Regeln, Gesetzen, Brauchen und Sitten sowie Fertigkeiten und Haltungen. Die meisten neueren Defmitionen von Kultur verschiedener ethnologischer Schulen gehen auf diese Bestimmung zuriick. Nach Tylors Definition umfasst Kultur die Gewohnheiten einer Gesellschaft oder gesellschaftlicher Gruppen: „Culture or civilization, taken in its wide ethnographic sense, is that complex whole which includes knowledge, belief, art, morals, law, custom, and any other capabilities and habits acquired by man as a member of society. ""^^ Neben den Kulturbegriff von Tylor trat ebenfalls in den 70er Jahren des 20 Jahrhunderts die von Bronislaw Kasper Malinowski (1884-1942) fruher geschriebene Kulturdefmition. Dabei untemahm er den Versuch diese unterschiedlichen Auffassungen durch eine allgemein giiltige Begriffsfassung zu sammeln. Er fiihrt aus, dass Kultur „kollektives Gleichverhalten""^^ bedeutet und „offensichtlich jenes umfassende Ganze, das sich zusammensetzt aus Gebrauchs- und Verbrauchsgiitem, den konstitutionellen Rechten und Pflichten der verschiedenen Bevolkerungsgruppen, aus menschlichen Ideen und Fertigkeiten, aus Glaubenssatzen und Brauchen"^^, ist. "^^ ^^ "^^ ^^ Kroeber/Kluckhohn (1952), S. 181 Tylor (1874), S. 1 Malinowski (1975), S. 74ff. Malinowski (1975), S. 74ff. 25 Kultur - Unternehmenskultur In den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts haben Dormayer und Kettem zwei grundsatzlich unterschiedliche Zugange zum Kulturbegriff und auch zur Erforschung von Kultur aufgezeigt. Diese haben sehr starke Uberschneidungen mit dem Begriff der Unternehmenskultur, die ebenfalls die Rolle der Kultur in den Gemeinsamkeiten von Gruppen und ihren Werte, Normen etc. betont. Im Rahmen des einen Zugangs sind kulturelle Phanomene durch Beschreibung materieller Kulturgegenstande sowie sozialer Umgangsformen und Verhaltensweisen erklarbar. Im Rahmen des anderen Zugangs werden bestimmte kulturelle Phanomene durch die hinter den beobachtbaren Tatbestanden wirkenden Uberzeugungen, Werten, Normen und Einstellungen verstandlich. Diese soil Abbildung 2-1 verdeutlichen: Kultur Deskriptives Konzept (kulturelle „Perceptas") Explikatives Konzept (kulturelle „Konceptas") Verhalten, Handlungen und deren Ergebnisse, d. h. beobachtbare Realitat Ursachen des Handelns/Verhaltens, die uber die Verhaltens- und Handlungsergebnisse zurlickerschlossen werden miissen Kunstgegenstande, Werkzeuge, Architektur, aber auch Sitten, Gebrauche, (Organisations-) Strukturen, Institutionen, Sprache etc. Kollektiv geteilte Werte, Einstellungen und Normen, wie etwa intemalisierte Autoritatsnormen, religiose und weltanschauliche Uberzeugungen, Motivmuster etc. Abbildung 2-1: Kultur als deskriptives und explikatives Konzept ^ 2.1.2 Der Begriff der Kultur in China im Vergleich zu Deutschland Die historische Entwicklung des Kulturbegriffs in China verlief sehr unterschiedlich zu der in Europa und in Deutschland. Obwohl die heutigen Bedeutungen der Kultur im Englischen, Deutschen und Chinesischen ahnlich sind, kann man jedoch kleine aber Modifiziert nach Dormayer/Kettem (1987), S. 56 26 Kapitel 2: Theoretische Grundlagen und Stand der Forschung deutliche Unterschiede in der jeweiligen Sprache bemerken. Die folgende Beschreibung des historischen sowie des heutigen Verstandnisses des Begriffs Kultur in China ist fiir diese Arbeit wichtig, weil dieses Verstandnis von Kultur im Denken und Handeln der Chinesen tief verwurzelt ist. Diese historisch bedingte tiefe Verwurzelung hat auch groBen Einfluss auf die Kultur von Untemehmen, in denen chinesische und fremde Kulturen einander begegnen. Das deutsche Wort Kultur entspricht auf Chinesisch ^i't^^. Das chinesische Wort besteht aus zwei Schriftzeichen - X(v/en) und it(hua). Als eine Regelung der chinesischen Sprache hat jedes Schriftzeichen seine eigenen Bedeutungen und kann sowohl getrennt als auch mit einem oder mehren Schriftzeichen ein Wort bilden. Nach Modernes Chinesisches Worterbuch^^ hat X, ft und Xit, dazu noch das Wort X^R (Zivilisation), jeweils die folgenden Bedeutungen: X wen 1. ^ (Schriftzeichen); 2. ^ t ( W o r t ) ; 3. :5C^ (Text; Dokumentation); 4. Xt (chinesische Sprache in alter Form); 5. i^^it^Mi ft* Pfe'S** ili * ft ^ 1 (Zustand einer hoheren gesell- schaftlichen Entwicklung; Zivilisation); 6. W S# ^0 # # i l ^ (Riten und Sitten; musikalische Zeremonien); 7. # * # ft (^1"A"ft M) (zivil; im Gegensatz zu „Militar" ) 8. * ^ ; 7S^'!(weich) 9. g ^ # f t ^ S 5 | . # . (natiirlichePhanomene) 10. -i-^^^^Ml.. l^_h|'J:?t-^**(TatowierunginderAntike) 11. ttli^ (verstecken) 12. t t f , JHf-fS^ftftft (historische Geldeinheit aus Kupfer) 13. ii. (Familienname) 52 53 Laut des Zeichens: wen hua Forschungsinstitut fur Sprache der Akademie der Sozialwissenschaflen Chinas (1978), S. 1191f. und S. 478 Kultur - Unternehmenskultur ^hua 1. # i't; ft M ft (sich andem; verandem; verbessem; Anderung) 2. ^ f t (beeinflussen; sich an ... erbauen) 3. i t ft; i4ft (schmelzen) 4. 7^ ft; }'^ ^ (verarbeiten; verdauen; beseitigen) 5. i^ft (verbrennen) 6. (It i t ) ^ (Tod eines Bonzen oder Taoisten) 7. ft ^ 6^ffl# (Kurzform fur Chemie) (mit einem Substantiv oder einem Adjektiv ein Wort bilden, um einen veranderten oder entwickelten Zustand zu erhalten; Anderungen durch ...) ;^'fh wen hua {Kultur) # # * # * » , i^P X * . « #T. * t . # * # o (Die Gesamtheit materieller und geistiger Schopfiingen von Menschen in der geschichtlichen Entwicklung; insbesondere die geistigen Schopfungen wie z. B. Literatur, Musik und Kunst, Ausbildung, Wissenschaften etc.) #ffto (archaologisches Fachwort: historische Erfindungen, wie z. B. Werkzeuge, Technik etc. aus einem gleichen Zeitraum) 3. ^^ iS ffl ^ ^ 6^ tfe i? ^ - l i ^n It (die literarische Fahigkeit und das Wissen daruber) % ?^ wen ming (Zivilisation) 1. :^ft(l) (die 1. Bedeutung d^r Kultur) 2. ^i ^ # ^ iij ft S P^ ft ^P ^ # ft S :K: ft W (eine hoch entwickelte Gesellschaft oder eine Hochkultur) 3. «H*#*Jil'^^»W, tKJ:*W^*«P^&^aW ( A # . fW. • #f) (In der Zeit vor dem 20. Jahrhundert meint das Wort die modemen, in der Regel westlichen und kapitalistischen, Sitten, Gebrauche und Sachen) 11 28 Kapitel 2: Theoretische Grundlagen und Stand der Forschung Alle drei chinesischen Schriftzeichen - Xiwen), it{hua) und ^^(ming), die die Worter Xikj{Kultur) und X'^^{Zivilisation) bilden, gehoren zu den fruhesten Schriftzeichen, die in der Shang-Dynastie (16.-12. Jahrhundert v. Chr.) auf Orakelknochen und Schildkrotenpanzem geschrieben wurden. Bis zur Han-Dynastie (206 v. Chr.-220 n. Chr.) wurden fast alle wichtigen Bedeutungen von X und ft entwickelt und sind seitdem bis heute kontinuierlich verwendet worden. In der Entwicklung des Schriftzeichens X bedeutete das chinesische Zeichen, wenn es sich auf die geistigen Kulturfakten bezieht, von Anfang an Sprache, kunstlerische Schonheit und Musik. Bis zum Ende der Tang-Dynastie (618-907 n. Chr.) entwickelte X wieder neue Bedeutungen im geistigen Bereich wie z. B. Literatur und Moral. Die Zusammenflihrung von X und it- Xi^ -, die dem deutschsprachigen Wort Kultur entspricht, bedeutet in China urspriinglich Verdnderung, Verbesserung oder Zivilisation durch Literatur, Tradition, Bildung, Ritual, Musik usw. Urn etwa 26 v. Chr. kam Xit als eine feste Zusammenflihrung im chinesischen Sprachschatz auf. Liu Xiang (77-6 v. Chr.), ein hochrangiger Beamter fiir Literatur in der Han-Dynastie, schrieb in dem Buch Shuo Yuan (Garten der Literatur): „Der Heilige regiert zuerst durch Moralitat und nicht durch militarischen Druck. Nur wenn die Verfeinerung durch Sitten, Musik und Dokumentation nichtfiinktioniert,benutzt er die Waffen."^"^ Dieser Zusammenhang hat bis heute immer noch einen tief greifenden Einfluss auf die Menschen und die Gesellschaft in China. Bei der Ubersetzung der westlichen Werke am Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts wahlten die ersten Ubersetzer die alten chinesischen Worter Xit und X 0fl und benutzten sie jeweils als flir culture und civilisation vor allem bei Ubersetzungen aus dem Franzosischen und Englischen. Bei spateren tJbersetzungen aus dem Deutschen wurde nicht beachtet, dass diese Worter im Franzosischen/Englischen und im Deutschen unterschiedlich Bedeutungen haben konnen, sodass im Chinesischen das gleiche Wort fiir alle Bedeutungen benutzt wird. Inzwischen haben die anderen Bedeutungen der Kultur - Pflege^^ in der Landwirtschaft und Zucht (von Bakterienf^ ^"^ Liu (etwa 26 v. Chr.), S. 420, Ubersetzung des Verfassers. Original: M A ^ 7 ^ ^ T 4 , t # A ^ o ASiiM, * ^ * 4 , X^^-^k. mkJi\^Wo Chinesische Ubersetzung: ^^'^{peiyu) Chinesische Ubersetzung: i^^ipeiyang) ^Xi% Kultur - Unternehmenskultur 29 in der Medizin - ebenfalls im Chinesisch ihre Ubersetzungen gefunden. Sie sind Fachworter aus dem entsprechenden Fachgebiet und haben keinerlei Bezug zu i f t . Heute beinhaltet das chinesische Wort Xikj {Kultur) allein vor allem die Kulturfaktoren im engeren Sinne wie z. B. Musik, Theater, Film, Malerei und Literatur. Daruber hinaus bedeutet es auch die allgemeinen Wissenschaften, die aber inhaltlich in hohem MaB immer noch mit den Kulturfaktoren im engeren Sinne verbunden sind. Durch weitere Worterverbindungen, z. B. ^ X i ' t (Essens-Kultur), ^Xit (Tee-Kultur) Oder M S X f t (Kleidungs-Kultur), konnen breitere Bedeutungen geauBert werden. In diesem Fall verbinden sich diese breiteren Bedeutungen immer noch eng mit den Kulturfaktoren im engeren Sinne. So ist Essens-Kultur mit Musik und Tanzen, TeeKultur mit Theater und Kleidungs-Kultur mit Malerei und Kalligraphie verkniipft. Diesem traditionellen Prinzip folgend ist die Entwicklung und Erweiterung des Kulturbegriffs in der chinesischen Sprache stark begrenzt. Deutschen Wortschopfungen der letzten Jahrzehnte wird in China eher konservativ begegnet. Aus diesem Grund ist der Begriff der Kultur in China nicht wie in Deutschland „gnadenlos inflationar"^^ gebraucht worden. So gibt es z. B. bis heute in der chinesischen Sprache keine offizielle oder populare Verwendung von Sprachkultur, Jugendkultur usw. wie in Deutschland. Begriffe wie z. B. die Esskultur, die Bierkultur und die Kaffeekultur erscheinen zwar seit den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts ab und zu in chinesischen Zeitungen und Zeitschriften, sind aber rein chinesische Ubersetzungen der westlichen Begriffe und gelten fur die Chinesen nur als Begriffe fremder Kulturen. Daruber hinaus muss beachtet werden, dass unter der gleichen oder ahnlichen Erweiterung des Kulturbegriffs in China und Deutschland aus traditionellen und sprachlichen Griinden in der Regel auch inhaltlich Unterschiedliches verstanden wird. So ist zum Beispiel mit dem Begriff Esskultur in der deutschen Sprache im Wesentlichen die Geschichte, die Manieren, die Zubereitung etc. des Essens,^^ etwa im Rahmen was und wie isst man, gemeint. In China bezieht sich die Essens-Kultur {"kX ft) darUber hinaus auch noch darauf, wozu man isst, insbesondere wenn es um ^^ Karmasin/Karmasin (1997), S. 21 Nach Duden - Deutsches Universalworterbuch bedeutet Esskultur „Kultur des Essens (u. der Zubereitung von Speisen)". 30 Kapitel 2: Theoretische Grundlagen und Stand der Forschung Beziehungen und menschliche Probleme geht,^^ So funktionierte und fiinktioniert das Essen mit seinen kulturellen Begleitungen wie Musik, Tanzen usw. in China als Mittel zur Beziehungspflege oder zur Problemlosung. >| F1 %{Das Bankett am Hongmenf^ und ^^MM^^%{Einl6sung der militdrischen Macht durch Schnapsf^ sind in China bekannte Geschichten und Theaterstucke dieser Art. Als Fortfuhrung dieser historischen Vorbilder findet man heutzutage in der Wirtschaft und in der chinesischauslandischen Zusammenarbeit haufig, dass Essen zur Beziehungspflege und Problembzw. Konfliktlosung eingesetzt wird. Im Vergleich zu culture in der englischen sowie franzosischen und Kultur in der deutschen Sprache hat das chinesische Wort Xft vier Eigenschaften. Zum einen zeigt Xit eine starke Annaherung an die entsprechenden Bedeutungen in Franzosisch und Englisch, wenn es sich auf Ausbildung bezieht. Nach konfuzianischer Tradition soil diese Ausbildung durch die so genannten Funf Klassiker^^ - Das Buck der Lieder, Das Buck der Urkunden, Das Buck der Riten und Sitten, Das Buck der Wandlungen sowie Das Buck der Geschichte - als Lehrbucher erfolgen. Dabei spielen die Kulturfaktoren im engeren Sinne, z. B. Musik und Literatur eine bedeutende Rolle. Zum Zweiten bedeutet X f t , wenn es sich 2iuf den Stolz, auf die eigene Leistung und das eigene Wesen richtet, soviel wie Kultur in der deutschen Sprache, die geistigen, kiinstlerischen und religiosen Fakten. Bei dieser Bedeutung hat der chinesische Begriff mit dem deutschen die groBte Uberschneidung. Genau auf Grund dieser Uberschneidung wird Deutschland in China als Kultumation, deren Vertreter Dtirer, Luther, Kant, Goethe, Beethoven etc. sind, gesehen. 59 Um den Unterschied zu zeigen wird der chinesische Begriff in dieser Arbeit nicht wie Herkommlich in der deutschen Sprache als Esskulturiik'kXit), sondem als Essens-Kultur ("kX'tt) ubersetzt. Die Geschichte erzahlt, wie der Konig Han (Liu Bang) die todliche Gefahr durch eine Essenseinladung des machtigen Konig Chu (Xiang Yu) tiberlebte. Mit dieser Geschichte wird erklart, warum der schwache Konig Han den Konig Chu besiegte und die Han-Dynastie (206 v. Chr.- 220 n. Chr.) grundete. Anfang der Song-Dynastie (960 - 1279 n. Chr.) hatte der Kaiser Sorgen, dass die lokalen militarischen Fiihrer zu viel Macht besafien. Durch ein Bankett imKaiserhofwurde die militarische Macht der lokalen Fuhrer friedlich aufgehoben und zentralisiert. Original: «t#,^» , « # I I » , ( # l £ » , {#11)) , C*^)) 31 Kultur - Unternehmenskultur Zum Dritten passt sich ^ f t , wenn es sich mxfdie Beziehung zu Politik, Wirtschaft und Religion bezieht, dem Begriff civilisation im Englischen und Franzosischen an. Die in der chinesischen Bedeutung eingeschlossenen Begriffe Politik, Gesellschaft und Religion sind von groBer Wirkung auf das Verstandnis des Unterschieds zwischen dem deutschen und dem chinesischen Kulturbegriff. Wahrend in China die geistigen, kiinstlerischen und religiosen Faktoren der Kultur im Lauf der Geschichte immer mit Politik, Gesellschaft und Wirtschaft eng verbunden waren und sind, hat der deutsche Kulturbegriff die starke Tendenz, dazwischen „eine starke Scheidewand"^^ zu ziehen. So bedeutete z. B. das chinesische Wort ^^{jun zi - Edle) urspriinglich sowohl Adlige als auch Leute mit Aushildung, Riten, Sitten und Moralitdt (gleich Kultur). Zum letzten sind Kultur und culture aus der Natur abgeleitete Begriffe. Im Unterschied dazu ist das chinesische Wort von Anfang an kaum mit der Natur, aber viel mehr mit Menschen und Gesellschaft verbunden. AuBerdem gibt es ftir XiY, keinerlei Bedeutungen im landwirtschaftlichen oder medizinischen Gebiet. In China haben alle o. g. vier Eigenschaften die weiteren Wortschopfiingen und sprachlichen Zusammenftihrungen, z. B. Xi\^fk^ (^w//wrpolitik), X i't ;t #^ ^ (i^w/^wn-evolution) und d^ ^ X ft (UntemehmensA:w/rwr), beeinflusst. Durch die Bezeichnung Kultur wird in China auch der gesellschaftliche Rang und die dazugehorige Wertschatzung gekennzeichnet. In der chinesischen Tradition werden „Leute mit Kultur" als „Edle" ( ^ ^ ) und dagegen „Leute ohne Kultur" als „Gemeine" (^J^A) bezeichnet. Die Edlen gehoren zur oberen Gesellschaftsschicht. Weil sie „Leute mit Kultur" sind, erfahren sie Respekt und herrschen. „Der Edle begegnet seinen Freunden durch die Kunst und fordert durch seine Freunde seine Sittlichkeit."^"^ Ebenfalls nach Konfiizius kann ein Herrscher nur „Fehltritte vermeiden"^^, wenn er „eine umfassende Kenntnis der Literatur besitzt und sich nach den Regeln der Moral richtet"^^. ^(qin)^(qi)t(shu)t.(hua) - Musik, Schach, Literatur ^^ ^'^ ^^ Elias(1969),S. 3 Konfiizius (2000), S. 129 KonfUzius (2000), S. 79 Ebenda 32 Kapitel 2: Theoretische Grundlagen und Stand der Forschung und Malerei - waren die vier Fahigkeiten, in denen sich jeder „Edle" auskennen musste. Konfuzius verstand beispielsweise nicht nur Musik zu spielen, er tiberarbeitete auch Das Buck der Lieder. AuBerdem war er ein bekannter Musikkritiker. Nach dem Besuch eines Musiktheaters sagte er, dass er davon so begeistert gewesen sei, dass ihm das Fleisch monatelang nicht geschmeckt habe, da die Musik zu gut gewesen sei. Er sprach: „Ich habe nicht geahnt, dass Musik eine solche Wirkung haben kann."^^ Damit hat Konfuzius erstmalig Musik und Essen in einen Kontext gestellt, was dazu gefuhrt hat, dass heute noch in China gesagt wird, Musik schmeckt gut oder schlecht und dass bis heute chinesisches Essen oft von Musik und Tanz begleitet wird. Da in China die Kulturfaktoren im engeren Sinne eine bedeutende Rolle bei der Bildung und Haltung der „Edlen" spielten, scheint eine groBe Nahe zu der Verwendung des Kulturbegriffs in Deutschland zum Beispiel im 18. Jahrhundert zu bestehen. In dieser Zeit gab es in Deutschland eine deutliche Grenze zwischen „Edelmann" und „BUrger". Die Figur des Wilhelm Meister von Johann Wolfgang von Goethe (17491771) zeigt, dass er durch eine Selbstausbildung mit Hilfe des Theaters, sich mit dem „Edelmann" auf eine Stufe stellen mochte.^^ So schrieb Wilhelm Meister in seinem Abschiedsbrief an seinen Schwager Werner, der Wilhelm zu einem biirgerlichen Leben ftihren mochte, folgendes: „Ware ich ein Edelmann, so ware unser Streit bald abgetan; da ich aber nur ein Biirger bin, so muss ich einen eigenen Weg nehmen, und ich wiinsche, dass Du mich verstehen mogest. Ich weiB nicht, wie es in fremden Landem ist, aber in Deutschland ist nur dem Edelmann eine gewisse allgemeine, wenn ich sagen darf, personelle Ausbildung moglich. Ein BUrger kann sich Verdienst erwerben und zur hochsten Not seinen Geist ausbilden; seine Personlichkeit geht aber verloren, er mag sich stellen, wie er will. (...) Du siehst wohl, dass das alles ftir mich nur auf dem Theater zu fmden ist, und dass ich mich in diesem einzigen Elemente nach Wunsch ruhren und ausbilden kann. Auf den Brettem erscheint der gebildete Mensch so gut personlich in seinem Glanz als in den obem Klassen; Geist und Korper miissen bei jeder Bemuhung gleichen Schritt gehen, und ich werde da so gut sein und scheinen konnen als irgend anderswo."^^ ^^ ^^ Konfuzius (1982), S. 40 Vgl. Goethe (1998), S. 5498-6500; vgl. Klein (2005), S. 49-53 Goethe (1998), S. 5976 und S. 5979 Kultur - Unternehmenskultur 33 Uber die Bedeutung von Moral, Musik und Literatur als Inhalte der Ausbildung auBerte sich bereits etwa 1800 Jahre vor Goethe Konftizius: „Der Edle befordert das Schone der Menschen und nicht das Unschone der Menschen. Der Gemeine macht es umgekehrt."'^^ Fiir ihn ist die geistige Bildung sowohl fiir „Edle" als auch fur „Gemeine" notig, es sollen aber unterschiedliche Ziele erreicht werden: „Der Edle, wenn er Bildung erwirbt, bekommt Liebe zu den Menschen; der Geringe, wenn er Bildung erwirbt, lasst sich leicht beherrschen."^^ In der chinesischen Geschichte durfte bis zum 7. Jahrhundert im Prinzip diese Grenze zwischen „Edle" und „Gemeine" nicht iiberschritten werden. Danach konnten alle Lemende mit einer hervorragenden Ausbildung, hauptsachlich der Literatur, Musik und Malerei, durch eine Anzahl von „Staatsprufungen" offiziell als „Edle" oder „Leute mit Kultur" anerkannt werden. Fiir die Anwendung der Kulturbegriffe sowohl in Deutschland als auch in China sind zusammengefasst zwei Punkte von Bedeutung. Zum einen dominiert in beiden Landem der normativ besetzte Begriff bis in die Gegenwart. Die Betonung des „Wahren, Schonen, Guten" in der Nachkriegszeit, in der Reform der Kulturpolitik und der Versuch Kultur als Problemlosung in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts in Deutschland^^ sowie die gleiche Betonung in China nach der Kulturrevolution seit Ende des 70er Jahren und der Wiederaufbau des Konfiizianismus seit den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts zeigen diese Ahnlichkeit. Zum anderen geht sowohl die Anwendung als auch die Erweiterung der Kulturfaktoren im engeren Sinne in China viel tiefer als in Deutschland. Die in der Ausbildung integrierten musikalischen, literarischen, kiinstlerischen Kenntnisse dienen in Deutschland im Wesentlichen einem gewissen biirgerlichen Traditionalismus. Kulturfaktoren wurden und werden in China in der Wirklichkeit daneben aber viel mehr als Methoden zur Erlangung personlicher gesellschaftlicher Anerkennung, zur Forderung der eigenen gesellschafllichen Position, zur Pflege harmonischer Ordnung, als Mittel zur politischen Herrschaft und in politischen Kampfen verwendet. Diese Eigenschaft hat in China seit Konfuzius bis heute Jahrtausendelang das Volk, die Gesellschaft, die Regime, die Revolutionen, die Wirtschaft etc. stark beeinflusst. ^^ ^^ ^^ Konfuzius (2000), S. 126 Ebenda, S. 171 Vgl. Klein (2005), S. 171ff 34 Kapitel 2: Theoretische Grundlagen und Stand der Forschung So zum Beispiel hat die Tradition der vier Fahigkeiten in der Volksrepublik China nach wie vor ihre Wirkung. Das chinesische Volk ist sehr stolz darauf, dass China auf eine Kulturtradition von einigen Tausenden Jahren zuriick blicken kann. Bei chinesischen Politikem geht der Begriff „Kultumation" oder „Kulturstaat" nicht nur wie bei deutschen PoHtikem „in Sonntagsreden flussig iiber die Lippen"^^, sondem sie integrieren sich auch in die Kultur. Alle Staatsfiihrer beispielsweise haben diese Fahigkeiten mehr oder weniger absichtlich gezeigt, um dadurch zu dokumentieren, dass sie „Leute mit Kultur" sind. Mao Tse-tung, der GrUnder der VolksrepubHk China, war ein bekannter Dichter und Deng Xiaoping, Maos Nachfolger und Konstrukteur der Reform seit 1978, wurde als Spitzenspieler im chinesischen Schach anerkannt. Jiang Zemin, wahrend dessen Fiihrung von 1990 bis 2004 das BIP-Wachstum durchschnittlich bei 8,1% lag, prasentierte sich nicht nur in chinesischen, sondem auch in westlichen Medien als Kenner der Peking-Oper und westlicher Opem und als Konner am Klavier.^"^ 2.1.3 Der Begriff der Kultur in deutsch-chinesischen Jointventures Die in dieser Arbeit untersuchten Jointventures agieren in einer rein chinesischen Umgebung, d. h. in einem Umfeld aus chinesischer Bevolkerung, Sprache, Politik und Tradition. Sie sind in der VR China und Hongkong angesiedelt. Die Kultur in deutsch-chinesischen Jointventures kann sowohl breit als auch eng defmiert werden. Von der breiteren Definition her bezieht sich der Kulturbegriff in dieser Arbeit auf eine Mischung von Kulturen, namlich der deutschen Kultur, der chinesischen Kultur sowie auf eine Kombination von Interpretations-, Denk- und Handlungsmustem, die urspriinglich aus zwei verschiedenen Kulturen stammen. Beide bringen in der Regel eine starke, eigenstandige kulturelle Pragung mit, die neben mehr oder weniger guten Kenntnissen uber einander auch eine Vielzahl von Vorurteilen beinhaltet. Beide Gruppen unterliegen daruber hinaus intemationalen, insbesondere US-amerikanischen Einfliissen. Deswegen ist die Mischung der Kulturen in der Unter- ^^ ^"^ Klein (2005), S. 60 Vgl. hierzu Seitz (2000), S. 319-320 Kultur - Unternehmenskultur 35 nehmenskultur bzw. die neue Standardisierung der Unternehmenskultur ein Ausgangspunkt der Arbeit. Dariiber hinaus haben die Kulturfaktoren nach dem engen Kulturbegriff bzw. Musik, Theater, Film, Literatur usw. in den Jointventures besondere Bedeutung. Erstens nimmt vor allem die junge Generation in China Informationen aus Kulturtragem wie Film und Literatur in groBem MaB auf und lasst sich von ihnen positiv wie negativ beeinflussen. Zweitens wiirden die chinesischen Untemehmer und Mitarbeiter aus dem oben betrachteten Grund durch „Kultur" eine Anerkennung als „Edle" erfahren. Dariiber hinaus wird ein Jointventure mit Kultur ebenfalls als ein „Edelunternehmen" angesehen. Zum Dritten werden die Kulturfaktoren im engeren Sinne in deutsch-chinesischen Jointventures nicht nur zur Unterhaltung und zum Vergniigen genutzt, sondem sind auch sehr eng mit betrieblichen Aktivitaten verbunden und werden als Instrumente zur Koordination, Beziehungspflege usw. eingesetzt. 2.1.4 Der Begriffder Unternehmenskultur Im Chinesischen stellt ^ fkXit {Unternehmenskultur) wortlich eine Verbindung zwischen ^ M (Unternehmen) und Xft (Kultur) dar. Aus den bereits geschilderten Griinden ist das chinesische Wort Xft hier fur normale Chinesen eher ein Begriff etwa wie die Kultur bei Essens-Kultur oder Tee-Kultur. Im Gegensatz dazu steht der Begriffsteil -kultur beim westlichen Begriff Unternehmenskultur eher im thematischen Zusammenhang mit Organisation und Management. Deswegen defmieren viele chinesische Untemehmen ihre Unternehmenskultur haufig iiber die Kulturfaktoren im engeren Sinne. Dies gilt insbesondere fur Untemehmen in mittleren und kleinen Stadten, die die urspriinglich westliche Bedeutung des Begriffs nicht gut kennen, dieser westlichen Interpretation nicht streng folgen woUen oder ganz pragmatisch ohne einen theoretischen Uberbau vorgehen. In den USA und Europa wie auch in China zeigt sich der Begriff Kultur insbesondere in den vielfaltigen Moglichkeiten seiner Verkniipfling mit anderen Begriffen. Unternehmenskultur ist einer der wichtigsten von ihnen. 36 Kapitel 2: Theoretische Grundlagen und Stand der Forschung Jaques hat im Jahr 1951 mit seinem Buch The Changing Culture of a Factory den Kulturbegriff in die Betriebswirtschaftslehre eingefuhrt. Auf der Basis des klassischen Kulturbegriffs impliziert er viele menschliche Verhaltensweisen in Organisationen bzw. Untemehmen, z. B. berufliche Fahigkeiten, Methoden der Produktion, betriebliche Regelungen und Untemehmensziele. Er bezeichnet Untemehmenskultur als den tiblichen, traditionellen Weg, iiber Aufgaben nachzudenken und sie zu erledigen. Dieser Weg wird von alien Mitgliedem der Untemehmung mehr oder weniger akzeptiert;^ Jaques fugt so die Bedeutung von „Untemehmen" und „Kultur" zusammen. Dabei lasst sich „Untemehmenskultur" als ein dynamisches, individuelles Konstrukt beschreiben. Es besteht aus einer Vielzahl sich wechselseitig beeinflussender Faktoren. So verfugt jedes Untemehmen iiber ein bestimmtes Werte-, Normen- und Einstellungsgeftige, das sich im Laufe der Zeit herausgebildet hat. Die kulturvergleichende Managementforschung in der Zeit der 70er bis 80er Jahre des 20. Jahrhunderts hat die Kultur als Bedingungsfaktor verwendet. Der Begriff Unternehmenskultur dient in dieser Forschung zur Charakterisierung bestimmter traditionsbedingter Eigenheiten einer spezifischen Gesellschaft.^^ Auf der Basis der Forschung von Peters und Waterman betont Schein in seinem Buch Untemehmenskultur die Rolle der Kultur in Gemeinsamkeiten von Gruppen. Dabei setzt Kultur „eine Ebene struktureller Stabilitat innerhalb der Gruppe"^^ voraus und fugt „Rituale, Klima, Werte und Verhaltensweise zu einem einheitlichen Ganzen"^^ zusammen. Die Phanomene, die mit Kultur verbunden sind und in Gruppen von ihren Mitgliedem geteilt oder gemeinsam vertreten werden, werden in Tabelle 2-2 kategorisiert. 75 76 77 78 Vgl. Jaques (1951), 249ff. Vgl. Keller (1982), S. 113-137 Schein (1995), S. 22 Ebenda Kultur - Unternehmenskultur 37 Hauptkategorien Wiederkehrende Verhaltensweisen in der Interaktion Gruppennormen Inhaltliche Erklarung Die Sprache, die entstehenden Brauche und Traditionen, die in einer Vielzahl von Situationen angewandten Rituale. Die impliziten Mafistabe und Werte, die sich in Arbeitsgruppen entwickeln. Die artikulierten und offentlich vertretenen Prinzipien Bekundete Werte und Werte, die die Gruppe nach eigenem Bekunden befolgt. Die umfassende Politik und Ideologie, nach denen Offizielle Philosophie sich eine Gruppe im Umgang mit Aktionaren, Mitarbeitem, Kunden und anderen entscheidenden Personen richtet. Spielregeln Die stillschweigend akzeptierten Regeln fur das Uberleben im Untemehmen Klima Die durch das Ambiente und die Umfangsformen der Untemehmensangehorigen untereinander sowie mit Kunden und anderen AuBenstehenden hervorgerufene Stimmung innerhalb einer Gruppe Die besonderen Fahigkeiten, die GruppenmitgUeder Verwurzelte Talente zur Bewaltigung bestimmter Aufgaben benotigen; das Geschick, gewisse Dinge von Generation zu Generation weiterzugeben, ohne sie unbedingt schriftHch festhalten zu miissen. Denkgewohnheiten, Der gemeinsame kognitive Rahmen, der den Mitgeistige Modelle und/oder gliedem einer Gruppe Wahmehmungen, Gedanken linguistische Paradigmen und Sprache vorgibt und in dem die neuen MitgHeder in einem Sozialisationsprozess unterwiesen warden Die in der Interaktion der GruppenmitgUeder entGemeinsame Bedeutungen stehenden Ubereinkunfte Symbole mit Die Vorstellungen, Gefuhle und Bilder, die von Gruppen zur eigenen Charakterisierung entwickelt Integrationskraft werden, die sie nicht unbedingt bewusst wahmehmen miissen und die sich dennoch in Gebauden, in der Biiroeinrichtung und in anderen materiellen Artefakten der Gruppe manifestieren. Tabelle 2-2: Hauptkategorien der kulturellen Phanomene Auf dieser Basis hat Schein Unternehmenskultur so definiert: „Ein Muster gemeinsamer Grundpramissen, das die Gruppe bei der Bewaltigung ihrer Probleme extemer Anpassung und intemer Integration erlemt hat, das sich bewahrt hat und somit als Modifiziert nach Schein (1995) S. 2Iff. Kapitel 2: Theoretische Grundlagen und Stand der Forschung 38 bindend gilt; und das daher an neue Mitglieder als rational und emotional korrekter Ansatz fur den Umgang mit diesen Problemen weitergegeben wird."^^ Im Vergleich dazu hat Schreyogg diese und weitere Eigenschaften von Untemehmenskultur in folgender Tabelle beschrieben: Eigenschaften Implizit KoUektiv Konzeptionell Emotional Historisch Interaktiv Inhaltliche Erld^rung Gemeinsam geteilte Uberzeugungen als selbstverstandliche Annahmen, selten reflektiert. Gemeinsame Orientierungen, Werte, Handlungsmuster. Vermitteln Sinn und Orientierung in einer komplexen Welt, indem sie Muster fur die Selektion und Interpretation von Ereignissen vorgeben und Handlungsweisen vorstrukturieren. Normieren, was gehasst und was geliebt wird, was geduldig ertragen und was zuriickgewiesen wird. Ergebnis historischer Lemprozesse im Umgang mit Problemen. Kollektiver Wissensvorrat. Untemehmenskulturen befmden sich standig in Bewegung; sie sind dynamisch. Im Sozialisationsprozess meist unbewusst durch Symbole in der Kommunikation vermittelt. Tabelle 2-3: Eigenschaften von Untemehmenskultur^^ Schein versucht, die verschiedenen Ebenen einer Kultur zu ordnen und ihre Beziehung zueinander zu klaren. Mit dem in folgender Abbildung gezeigten Modell zeigt er die drei Schichten einer Kultur:^^ 80 81 Schein (1995), S. 25 Modifiziert nach Schreyogg (1999), S. 438ff. Vgl. Schein (1995), S.30ff. Kultur - Unternehmenskultur 39 Symbolsystem Sprache, Rituale, Kleidung, Umgangsformen McniDar, aoer inierpretationsbediirftig T Normen und Standards Maxime, Richtlinien, Verbote 1 ens sicniDar, leiis unbewusst t Basisannahmen Uber: Umweltbezug Wahrheit Zeit Menschen Menschliches Handeln Soziale Beziehungen 1 eus sicniDar, leiis unbewusst Abbildung 2-2: Kulturebenen und ihr Zusammenhang ' Das Symbolsystem besteht aus sicht-, hor- und fuhlbaren Strukturen und Prozessen in einem Untemehmen. Architektur, Kleidung, Rituale, Legenden und Mythen sowie Geschaftspraktiken, Managementstile und Kommunikationsformen konnen Ausdruck einer spezifischen Unternehmenskultur sein. Kulturelle Artefakte und Symbole sind relativ leicht zu beobachten, aber schwer zu klassifizieren und zu entziffem. Die Interpretation bedarf einer genauen Untersuchung der zu Grunde liegenden Werte und Pramissen. Normen und Standards: Im Zuge der Entwicklung einer Unternehmenskultur dienen die zunachst nur von einzelnen einflussreichen Organisationsmitgliedem vertretenen Werte als Basis fur Entscheidungen. Bewahren sie sich, nehmen andere Mitglieder sie an und iiberfuhren sie in das eigene Wertesystem von Untemehmenszielen, -leitbildem Modifiziert nach Schein (1984), S. 4 40 Kapitel 2: Theoretische Grundlagen und Stand der Forschung und -strategien. Werden diese Wertvorstellungen nicht mehr hinterfragt, sondem als selbstverstandlich akzeptiert, erlangen sie den Charakter von Grundpramissen. Basisannahmen umfassen routinierte Verhaltens- und Denkmuster, die nicht mehr in Frage gestellt werden. Ihre Inhalte sind spezifische Vorstellungen uber die Realitat und die in ihr bestehenden Wirkungszusammenhange menschlicher Beziehungen und Verhaltensweisen. 2.1.5 Der Begriffdes deutsch-chinesischen Jointventures Der englische Bcgriff Jointventure, im deutschsprachigen Raum auch Gemeinschaftsunternehmen oder Partnerschaftsunternehmen genannt, stellt eine spezielle Form der Kooperation von Untemehmen aus verschiedenen Wirtschaftsgebieten oder Staaten dar. Man versteht darunter eine „Kooperationsform, an der zwei oder mehrere Unternehmen (in der Kegel aus verschiedenen Landem) beteiligt sind. Geschaftsfuhrung, Risiko und Ertrag sollen geteilt werden"^"^. Von den verschiedenen betriebswirtschaftlichen Kooperationsformen ist ein Jointventure „die Kooperationsform mit der hochsten Bindungsintensitat wirtschaftlich und rechtlich unabhangiger Partner" ^^. Noch engere Formen im Sinne der Partner- und Kapitalbindung werden durch Aufgabe der Unabhangigkeit, z. B. bei Ubemahmen oder Fusionen, gebildet. Diese Entwicklungsmoglichkeiten werden in Abbildung 2-3 dargestellt. Aus kulturvergleichender Sicht ist dazu anzumerken, dass die Kooperationsphase eines Jointventures uber kulturunterschiedliche Landergrenzen hinweg genau die Phase ist, in der sich Kulturen am intensivsten begegnen, am hochsten integrieren und am haufigsten in Konflikt geraten. In deutsch-chinesischen Jointventures kann das besonders gut beobachtet werden. ^^ ^^ Stein (1991), S. 50 Trommsdorff/Schuchardt/Lesche (1995), S. 1 41 Kultur - Unternehmenskultur Partnerbindung Fusion Kapitalbindung 100%Tochtergesellschaft Akquisition Beteiligung Managementvertrag Kartellvertrag Equity Joint Venture Contractual Joint Venture Know-how-Vertrag Managementberatungsvertrag Lizenzvertrag Lieferbeziehung Liefergeschaft Markt - - Kooperation - • Hierarchic Abbildung 2-3: Kooperationsformen, Markt und Hierarchic ' In China spielen Jointventures eine wichtige Rolle bei der Zusammenarbeit chinesischer staatlicher Untemehmen mit westlichen Untemehmen. Dabei interessieren sich die westlichen Lander fur den groBen Absatzmarkt, billige Rohstoffe und Arbeitskrafte, wahrend China vor allem an westlichen Innovationen, technischem Know-how, modemem Management und ausreichendem Kapital gelegen ist. Laut Gesetz unterscheidet man in China bei Jointventures zwei unterschiedliche Hauptkooperationsformen.^'^ Equity Joint Ventures'. Gemeinschaftsuntemehmen mit chinesisch-auslandischer Kapitalbeteiligung wurden gesetzlich seit 1979 erlaubt. 1990 erfolgte eine Uberarbeitung des Gesetzes.^^ Die Equity Joint Ventures werden als Gesellschaft mit beschrankter Haftung betrieben. Dabei soil der Investitionsanteil des auslandischen Partners mindestens 25% des Kapitals betragen. Nach oben war er zunachst bis 49% und spater nach dem Motto „Markt gegen Know-how tauschen" nicht begrenzt. Gewinn und Quelle: Trommsdorff/Schuchardt/Lesche (1995), S. 1 Biiro fiir juristische Angelegenheiten des Staatsrats Chinas (2002), S. 112ff. ^^ Nationaler Volkskongress Chinas (2001), S. 28-41 42 Kapitel 2: Theoretische Grundlagen und Stand der Forschung Verlust werden von den Partnem nach Investitionsanteil geteilt. Die Zusammenarbeit deutscher Untemehmen mit chinesischen staatlichen sowie auch privaten Untemehmen erfolgt hauptsachlich in der Form von Equity Joint Ventures. Contractual Joint Ventures: Vertraglich geregelte Gemeinschaftsuntemehmen sind gesetzlich seit 1988 erlaubt.^^ Das Contractual Joint Venture hatte in der Kegel keine eigene Rechtspersonlichkeit. Nach der Genehmigung und Durchfuhrung der Uberarbeitung des Gesetzes im Jahr 2000 konnen alle Contractual Joint Ventures, die die Voraussetzung erflillten, eine Rechtspersonlichkeit vertraglich geregelt bekommen. Die Verteilung von Gewinnen und Verlusten wird ebenfalls vertraglich geregelt. ^^ Eine kleine Anzahl der deutsch-chinesischen Untemehmen arbeitet in dieser Form. Daneben gibt es die deutsch-chinesischen Untemehmen in Hongkong, die vor dem 1. Juli 1997 nach den Gesetzen der Kronkolonie GroBbritanniens gegrundet worden waren und solche, die seit dem 1. Juli 1997 nach den Gesetzen der Sonderverwaltungszone Chinas entstanden. Die meisten Jointventures in Hongkong sind entweder Equity oder Contractual Joint Ventures. Im Vergleich zu den Gesetzen uber Jointventures auf dem Festland sind die Gesetze in Hongkong intemationaler orientiert. Aus betriebswirtschaftlicher und rechtlicher Sicht bestehen klare und strenge Abgrenzungen zwischen den verschiedenen Kooperationsformen. Die vorliegende Arbeit fokussiert sich aber auf die Funktionen der Kulturfaktoren im engeren Sinne in den Jointventures. So werden deutsch-chinesische Gemeinschaftsuntemehmen aller Formen - sowohl Equity und Contractual Joint Ventures als auch andere Sonderformen, z. B. die Joint Development Ventures und Joint Stock Companies^^ - in der Volksrepublik China und in der Sonderverwaltungszone Hongkong ohne Abgrenzungen als gleichartige deutsch-chinesische Jointventures in dieser Arbeit betrachtet. Auf der Basis der allgemeinen betriebswirtschaftlichen Definition des JointventureBegriffs definiert diese Arbeit dazu den Begriff des deutsch-chinesischen Jointventures erganzt um eine kulturwissenschaftliche Uberlegung wie folgt: Unter einem deutsch-chinesischen Jointventure versteht man einerseits ein Gemeinschaftsunter^^ 91 Nationaler Volkskongress Chinas (2001), S. 12-27 Ebenda Vgl. Biiro fiir juristische Angelegenheiten des Staatsrats Chinas (2002), S. 136ff. Kultur - Unternehmenskultur 43 nehmen von deutschen und chinesischen Kooperationspartnem, das mit Sitz in China nach chinesischem Recht gegrtindet wird und in dem Geschaftsfiihrung, Risiko, Gewinn und Verlust geteilt werden. Andererseits versteht man darunter einen Gemeinschaftskulturkreis mit deutlicher Pragung der chinesischen und deutschen Kulturen und Kulturfaktoren im engeren Sinne. In einem deutsch-chinesischen Jointventure wirken betriebswirtschaftliche und multikulturelle Phanomene zusammen fur den Erfolg, aber auch fur den Misserfolg eines Untemehmens. 2.1.6 Kultur - Wirtschaft - Gesellschaft - Politik In der kultursoziologischen Auffassung stellt Gesellschaft das Sozialsystem mit spezifischen Organisationsformen dar, innerhalb derer die Menschen miteinander interagieren konnen. Die Interaktionen der Menschen in diesen Institutionen fmden unter bestimmten soziookonomischen, politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen statt. Bei dieser Verkniipfung mit Gesellschaft, Wirtschaft und Politik steuert Kultur die Werte und das Verhalten von Menschen.^^ Ein typisches deutsch-chinesisches Jointventure, das sich in einer chinesischen Umgebung befindet, besteht in der Regel aus zwei Gruppen: Deutschen und chinesischen Mitarbeitem. Demzufolge resultieren auch die Basisannahmen^^ dieser Gruppen aus ihrer jeweiligen Herkunft. Der Einfluss der Kulturfaktoren des engeren Kulturbegriffs wirkt iiber die Basisannahmen auf die jeweilige Unternehmenskultur. Obwohl der Einfluss auf der Ebene von Basisannahmen nicht immer sichtbar und bewusst ist, kann man trotzdem diesen Einfluss auf der Ebene von Normen, Standards und Symbolsystemen bemerken und beobachten. So lemen junge Menschen z. B. aus amerikanischen und europaischen Filmen, wie „der Deutsche" sich kleidet und verhalt, weiterhin iibertragen die jungen Chinesen den Kleidungsstil und das Verhaltensmodell in die Jointventures. Anderseits haben auch viele Deutsche auf diese Weise gelemt, wie „der Chinese" sein „soir'. ^^ ^^ Vgl. Mintzel (1993), S. 180ff, vgl. Meyer (2000), S. 18ff Vgl. Abbildung 2-2 44 Kapitel 2: Theoretische Grundlagen und Stand der Forschung Auch wenn ein Jointventure grundsatzlich wirtschaftlich orientiert ist, muss beachtet werden, dass derzeit im chinesischen Umfeld im Allgemeinen und in der VR China im Besonderen rein okonomische Grundsatze starker ins Gewicht fallen als in Deutschland, wo kulturelle und gesamtgesellschaftliche Aspekte, wie z. B. der Umweltschutz Oder die Menschenrechte in der Regel hohere Beachtung in den Untemehmen erfahren. Dieses wird auch auf der Ebene von Normen und Standards sowie in Symbolsystemen sichtbar. Schon immer haben in der Geschichte Chinas die Kulturfaktoren im engeren Sinne, die Politik, die Gesellschaft und die Wirtschafl zusammen gewirkt. Zum Beispiel wird Musik oft als politisches Instrument genutzt, weil sie „Zusammenhang in die gesellschaftlichen Beziehungen bringt"^"^. Die „Kulturrevolution", die landesweite politische Bewegung von 1966 bis 1976, war sowohl vom Namen her, als auch inhaltlich mit Kultur, insbesondere den Kulturfaktoren im engeren Sinn, eng verbunden. Ausloser der Kulturrevolution war eine Theaterauffuhrung. Uber alle weiteren kulturellen Gebiete hinweg breitete sie sich bis in den letzten politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und betrieblichen Winkel aus. Die hier gezeigte iiberragende Bedeutung der Kultur far China gilt auch in der jtingeren Vergangenheit und heute. Sie gilt ebenso fur Jointventures, wenn auch in abgeschwachter Form. Aus der im Kapitel 2.1.2 geschilderten Tradition der „vier Fahigkeiten" heraus zeigen die chinesischen Untemehmer und Mitarbeiter in Jointventures auch durch ihre Fahigkeiten im oder ihre Beziehung zum Kulturbereich im engeren Sinne, dass sie die gut ausgebildete Oberschicht der Gesellschaft und Leute mit Geschmack sind. Dariiber hinaus werden die Jointventures, insbesondere aus der Sicht der chinesischen Kooperationspartner, so konstruiert, dass sie neben den betrieblichen Aktivitaten auch kulturelle haben, um dadurch ein gutes Image zu bilden. Zum Beispiel nutzen viele deutsch-chinesische Jointventures klassische Musik als Schwerpunkt bei der Unternehmensvorstellung oder bei der Werbung. Ftir die meisten chinesischen Konsumenten ist ein Untemehmen mit „klassischer Musik" gleichbedeutend mit einem „Edeluntemehmen". Die enge Bindung zwischen „Musik" und „Edle" ist tief in der Q4 Li Ji (ca. 2. Jahrhundert n. Chr.), S. 132, Ubersetzung aus Wilhelm (1981), S.73 Kultur - Unternehmenskultur 45 chinesischen Tradition verwurzelt. Nach Konfuzius „kennt die Menge zwar den Ton, aber nicht die Musik. Nur der Edle vermag es, den Sinn der Musik zu verstehen"^^ Heutzutage orientiert sich die chinesische Regierung hauptsachlich an der Wirtschaftsentwicklung. So ist die politische Kontrolle der Untemehmen durch die Regierung in China deutlich schwacher als in der Mao-Zeit. Bei Jointventures gibt es nur wenig direkte politische Steuerung im Rahmen der rechtlichen und wirtschaftHchen Bedingungen. Fiir China sind die Jointventures einerseits Wege zu fortschrittlichen Technologien, andererseits aber auch Fenster direkt zum Westen, wobei eine Gefahr der „geistigen Verschmutzung" ^^ aus dem Westen gesehen wird. Deswegen sind die Kulturfaktoren die beste Moglichkeit fur die Regierung die Jointventures ideologisch und geistig zu beeinflussen. Dazu wurden und werden die Medien und das musikalische Erziehungs- und Schulsystem eingesetzt. Es ist eine alte Tradition in China, wonach „die ahen Konige bei der Gestaltung von Sitte und Musik nicht nur darauf bedacht waren, das Begehren von Mund und Magen, Ohr und Auge restlos zu erfuUen, sondem auch die Absicht hatten, das Volk zu lehren, seine Zu- und Abneigungen zu maBigen, und es auf das rechte Ziel des Menschenweges zurtickzubringen"^^. Wegen der ideologischen Schwache des derzeitigen politischen Systems wirkt die Politik heute weniger durch die Basisannahmen, sondem viel mehr direkt auf der Ebene von Normen und Standards sowie der Symbolsysteme, und zwar in Form von Kulturveranstaltungen. Fur die deutsch-chinesischen Jointventures sind die kulturellen Veranstaltungen auch effektive Wege zur Kommunikation mit der Regierung und zu direkten Verbindungen in PoHtik und Gesellschaft. Der gesellschaflHche Einfluss auf die Unternehmenskultur ist in der VR China erheblich groBer als in Deutschland, da es in China eine zu groBe Bevolkerung mit ungeheuren Unterschieden in Ausbildung und Finanzkraft gibt. Dieses wird auf der Ebene von Normen, Standards und Symbolsystemen deutlich. Nach Untersuchungsergebnissen dieser Arbeit verhalten sich zum Beispiel viele chinesische Angestellte in deutsch-chinesischen Jointventures, insbesondere in Klein- und Mittelstadten, in hohem MaBe absichtlich wie „der Westler", um damit zu zeigen, dass sie erfolgreiche Jointventuremitarbeiter sind. Li Ji (ca. 2. Jahrhundert n. Chr.), S.132, Ubersetzung aus Wilhelm (1981), S.73 Abteilung fur historische Literatur des Zentralkomitee der KPCh (2004), S. 1273 Ebenda 46 Kapitel 2: Theoretische Grundlagen und Stand der Forschung Die chinesische Gesellschafl ist im Kern eine Gesellschaft mit einem hohen MaB an KoUektivismus und Einheitlichkeit, obwohl diese Situation in vielen deutschchinesischen Jointventures nach Untersuchungsergebnissen dieser Arbeit sich allmahlich geandert hat. Aus der Sicht der normalen Burger sind alle Untemehmen, die deutsch-chinesischen Jointventures eingeschlossen, eine „Einheit" der Gesellschaft, mit der man im standigen Dialog stehen soUte. Nachweislich erzielen Untemehmen, die eine hohe Verzahnung mit ihrem gesellschaftlichen Umfeld pflegen, eine hohere Kundenbindung und hohere Gewinne als die auf diesem Gebiet weniger aktiven Untemehmen.^^ Gesellschaft und Jointventures haben sich immer gegenseitig beeinflusst. Auf der Ebene der Basisannahmen werden den Jointventures Rahmenbedingungen angeboten, die ftir die Produktion und weitere Kooperationen wichtig und hilfi-eich sind. Dariiber hinaus werden gut ausgebildete Arbeitskrafte zur Verfiigung gestellt, die gleichzeitig auch Kulturtrager im chinesischen Sinn sind. Auf der Ebene der Normen und Standards bietet das Jointventure der Gesellschaft umgekehrt neue Symbole und Standards, die normalerweise als westlich und modem gekennzeichnet werden, an. Das Modell der Kulturebenen von Schein kann ftir Kultur in der Untemehmenskultur deutsch-chinesischer Jointventures wie in folgender Abbildung entwickelt werden: ^^ Vgl. Luo/Lin (2003), S. 186-201 Kultur - 47 Unternehmenskultur Wirtschaftlicher Einfluss: Gewinnmaximierung als oberstes Prinzip Symbolsystem Einfluss von Kulturfaktoren im engeren Sinne: Musik, Theater, Film, Literatur, Malerei usw. Sprache, Rituale, Kleidung, Umgangsformen Sichtbar, aber interpretationsbediirftig Normen und Standards Maxime, Richtlinien, Verbote Basisannahmen aus deutschen und chinesischen Ouellen Uber: Umweltbezug Wahrheit Zeit Menschen Menschliches Handeln Soziale Beziehungen Teils sichtbar, teils unbewusst Teils sichtbar, teils unbewusst Gesellschaftlicher Einfluss: Rahmenbedingungen fur die Produktion, Verkaufsmarkt und Quelle der Arbeitskrafte Abbildung 2-4: Unternehmenskultur in chinesischer Umgebung alte Struktur von Schein^^ j^eue Struktur von Sun Vgl. Abbildung 2-2 Politischer Einfluss: Propaganda der offentlichen Medien, Erziehungsund Schulpolitik, politischideologische Beschrankungen 48 Kapitel 2: Theoretische Grundlagen und Stand der Forschung 2.1.7 Kulturwandel in deutsch-chinesischen Jointventures Im Vergleich zu rein chinesischen oder deutschen Untemehmenskulturen verandem sich die Untemehmenskulturen der deutsch-chinesischen Jointventures erhebhch haufiger. Dieses kann besonders im Zuge von Fusionen und Krisen sowie als Folge der GlobaUsierung beobachtet werden. Zu Veranderungen in Untemehmenskulturen kommt es immer dann, wenn herkommliche Interpretations- und Handlungsmuster in die Krise fuhren oder fuhren wiirden. Um erfolgreich zu sein, muss ein deutsch-chinesisches Jointventure sich dem Problem stellen, dass deutsche und chinesische Mitarbeiter ihre jeweiligen eigenen, herkommlichen Interpretations- und Handlungsmuster teilweise aufgeben und die jeweils anderen Muster mehr oder weniger entsprechend iibemehmen miissen. Aber auch die dynamische gesellschaftliche Verandemng der VR China zieht einen haufigen Kulturwandel in deutsch-chinesischen Jointventures nach sich. Da die ideologische Gmndlage der chinesischen Mitarbeiter aus einer sich haufig verandemden Mischung aus uralter Tradition, Ahnenverehmng, konfuzianischer Moral und Sozialismus sowie Einfliissen aus Marktwirtschaft und Globalisiemng, gepaart mit einer gewissen Ellenbogenmentalitat, besteht, sind die Untemehmenskulturen deutschchinesischer Jointventures einer tendenziellen Instabilitat ausgesetzt. Dieses wird noch dadurch verstarkt, dass sich die Belegschaften dieser Jointventures in der Mehrzahl aus Angehorigen der jiingeren Generation rekmtieren, fur die iiber das oben Genannte hinaus das Bedtirfnis, auf der Hohe der Zeit zu sein und intemationalen Standards zu folgen, eine hohe Bedeutung hat. Die Fahigkeit, solche dynamischen Verandemngen zu erkennen und deren Auswirkungen auf die Untemehmenskultur zu managen, ist also unabdingbare Voraussetzung fur den Erfolg deutsch-chinesischer Jointventures. Stand der Forschung 2.2 49 Stand der Forschung Forschungen uber Untemehmenskultur und interkulturelle Untemehmenskultur bis heute konnen in drei Phasen kategorisiert werden: Die erste Phase dauerte von Ende der 60er bis Anfang der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts und wurde als „kulturvergleichend" gekennzeichnet. Diese Phase bestand aus zwei auseinander gehenden HauptUnien, die beide zu aktuellen Forschungsthemen fiihrten. Die erste Linie beschrieb Hofstede mit seiner kulturvergleichenden Studie uber kulturelle Unterschiede zwischen vielen Landem. Die zweite Linie bestand aus US-amerikanischen Forschungen Uber die unterschiedliche Untemehmenskultur in den USA und in Japan in Bezug auf die japanischen Wirtschaftserfolge. Die zweite Phase begann in den USA durch die Veroffentlichung von Peters und Waterman im Jahre 1982 und wurde als „intrakulturell" bezeichnet. Die amerikanischen Forscher nahmen nur wenig oder gar nicht mehr auf die japanischen Erfolge Bezug, sondem konzentrierten sich direkt auf die amerikanische Untemehmenskultur. Fiir Deutschland und die Volksrepublik China war diese Phase eine Chance, durch Ubersetzung der einschlagigen Literatur und Ubertragung der Erfahmngen aus den USA und Japan zu lemen und Forschungen zu Untemehmenskultur im eigenen Land zu betreiben. Die dritte Phase der Forschungen, die am Ende der SOer Jahre des 20. Jahrhunderts begonnen hat und bis heute andauert, hat die Globalisiemng zum Anlass und Gegenstand. „Interkultureir' ist das Kennzeichen dieser Phase. Die Forscher haben sich mit interkultureller Untemehmenskultur beschaftigt. Im Vergleich zur ersten Phase sind die Schwerpunkte hier kulturelle Konflikte wahrend der interkulturellen Zusammenarbeit sowie deren mogliche Losungen. Einerseits hat sich die Zahl der in der dritten Phase betroffenen Lander und Kulturen vergroBert: War es zunachst nur der Vergleich zwischen den USA und Japan, der untersucht wurde, so wurden dann interkulturelle Untemehmenskulturen zwischen Amerika und Europa, Deutschland und Osteuropa, Deutschland und China zum Gegenstand der Forschungen. Andererseits forschte man vertieft: Neben vergleichenden Studien wurden auch Losungen bei interkulturellen Konflikten sowie Trainingsangebote entwickelt. 50 Kapitel 2: Theoretische Grundlagen und Stand der Forschung Seit Anfang der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts ist China der groBte Geschaftspartner Europas und auch Deutschlands in Asien. Aus diesem Grund sind das interkulturelle Management far deutsch-chinesische Jointventures und die Zusammenarbeit von beiden Landem erforscht worden. Diese auf China bezogenen Forschungen nahem sich ihren Gegenstanden entweder aus empirischer Managementsicht oder aus psychologischer Richtung. Letztere wiederum sind entweder vergleichende Studien oder Ursachen- und Wirkungsanalysen von interkulturellen Konflikten und deren Losungen. Es gibt keinerlei wissenschaftHche Forschungen tiber die Untemehmenskultur in einem deutsch-chinesischen Jointventure aus kulturwissenschaftlicher Sicht und mit dem Fokus auf die engeren Kulturelemente wie Film, Literatur, Musik usw. Genau damit wird sich jedoch diese Arbeit befassen. 2.2.1 Von kulturvergleichenden zu intrakulturellen Forschungen Die erste wichtige empirische Forschung uber kulturelle Unterschiede sowohl zwischen Landem als auch zwischen Organisationen begann Hofstede am Ende der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts. In einer von 1967 bis 1973 dauemden umfassenden Studie wurden insgesamt 116.000 IBM-Mitarbeiter in 40 Landem und Gebieten empirisch befragt. Ziel der Forschung war es Kulturdimensionen zu identifizieren, anhand derer Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Landem festgestellt werden konnen. Als Ergebnis dieser Forschung wurde das Buch Culture's Consequences im Jahr 1980 veroffentlicht. In diesem Buch entwickelt Hofstede vier (spater funf) Dimensionen zur Kulturanalyse: die Machtdistanz, die Unsicherheitsvermeidung, der IndividualismusKollektivismus, die Maskulinitat-Femininitat sowie die langfristige-kurzfristige Orientiemng^^^. Das Buch erlangte allerdings nur einen geringen Einfluss, obwohl es damals „kaum empirisch gestiitzte Informationen zu diesem Thema"^^^ gab. Da die Globalisiemng erst danach in den 80er Jahren ihre bis heute andauemde Bedeutung gewann, fand das Buch kein breites Leserpublikum. Ende der 70er und Anfang der SOer Jahre des 20. Jahrhunderts, parallel zur Veroffentlichung der Forschungsergebnisse von Hofstede, beschaftigten sich andere ^^^ ^^^ Vgl. Hofstede (1980b); vgl. Hofstede (2001) Hofstede (1993), S. 7 Stand der Forschung 51 Wissenschaftler auch mit dem Thema des interkulturellen Vergleichs, hauptsachlich nur zwischen Untemehmen in den zwei Landem USA und Japan. Die Wissenschaftler beschaftigten sich insbesondere mit der Frage, ob „kulturfreie" Prinzipien des Managements betriebswirtschaftlicher Organisationen festgestellt werden konnen. Auch die umgekehrte Fragestellung wurde untersucht. Der Anlass war der sich in den 70er Jahren abzeichnende phanomenale Aufstieg Japans von einer bis dahin wirtschafthch eher unterentwickelten Nation zu einer Wirtschaftsmacht ersten Ranges. Als die fiihrende Industrienation waren die Vereinigten Staaten davon besonders betroffen. Angesichts der japanischen Erfolge auf den Weltmarkten fragten insbesondere amerikanische Wissenschaftler nach dem Erft)lgsrezept japanischer Untemehmen. Beispielsweise ging man der Frage nach inwieweit die Personlichkeits-variablen des Personals einer Untemehmung kulturspezifisch gepragt waren und welche Konsequenzen sich daraus ergaben. Kultur wurde hier als Bedingungsfaktor der Funktionalitat von Strukturen und Prozessen in Untemehmungen interpretiert, insbesondere in einer bestimmten Gesellschaft mit jeweiligen kulturellen Traditionen. Im Mittelpunkt der japanisch-amerikanischen kulturvergleichenden Forschungen stehen zwei wichtige Buchveroffentlichungen im Jahr 1981, die einige Jahre spater die deutschen und chinesischen Forschungen iiber Untemehmenskultur beeinflussten. Das erste Buch Theory Z. How American Business Can Meet the Japanese Challenge von Ouchi hat an einem ausgewahlten Organisationsmodell mit sieben Variablen gezeigt, dass deutlich unterschiedliche Modellvarianten zwischen Japanem (Typ J) und Amerikanem (Typ A) bestehen. Nach Ouchi seien die Vorteile des japanischen Typs Homogenitat, Stabilitat und KoUektivismus, wahrend Typ A Heterogenitat, Mobilitat und Individualismus entsprache.'^^ Im Weiteren hat Ouchi einen Typ Z entwickelt, einen idealen Organisationstyp fiir die amerikanischen Untemehmen, um den Typ J kompensieren zu konnen. Nach der Theorie des Typs Z (Theory Z) gehoren die Werte wie Kooperationsbereitschaft, Vertrauen und gegenseitige Anerkennung zu der gewUnschten Organisationskultur. Das zweite Buch aus dem Jahr 1981 The Art of Japanese Management war von Pascale und Athos. Fiir die ft)lgenden Forschungen haben Pascale und Athos zwei '^^ ^^^ Ouchi (1981) Vgl. Ebenda, S. 58ff. 52 Kapitel 2: Theoretische Grundlagen und Stand der Forschung wichtige Uberlegungen beigetragen. Erstens haben sie im interkulturellen Vergleich mit Japan die amerikanische Untemehmung in ihrem gesellschaftlichen Umfeld gekennzeichnet. Dadurch wurden der Kulturbegriff und die konkrete Untemehmung erstmalig eng zusammengebracht. Zweitens haben sie zusammen mit Peters und Waterman bei einem Modell zwischen „harten" (Strategic, Struktur, Systeme) und „weichen" (Selbstverstandnis, Spezialkenntnisse, Stil und Stammpersonal) Instrumenten unterschieden. Dieses ,,7-S-Modeir' ist ein Systematisierungsrahmen, in dem die sieben wichtigsten Variablen, die alle mit S beginnen, ihre Interaktion und ihr Einfluss auf den Erfolg einer betriebswirtschaftlichen Organisation beschrieben werden (siehe unten stehende Abbildung). Darauf aufbauend haben Pascale und Athos das Modell als konzeptionelle Grundlage fur ihre Forschung verwendet.^^'^ Das Konzept wurde dann von der Untcmchmensberatungsgcscllschaft McKinsey erfolgreich auf amerikanische Untemehmen iibertragen und bekannt als das „McKinsey-7SModell". Abbildung 2-5: Das McKinsey-7S-Modell^' Vgl. Pascale/Athos (1981), S. 93ff. Quelle: PetersAVaterman (1984), S. 32 Stand der Forschung 53 Pascale und Athos glauben, dass die Japaner mehr Erfolge als die Amerikaner erreichten, weil sie den „weichen" Instrumenten starkere Aufmerksamkeit widmeten als die Amerikaner. ^^^ 1982 standen Deal und Kennedy mit ihrem Buch Corporate Cultures. Rites and Rituals of Corporate Life an dem Wendepunkt von kulturvergleichender zu intrakultureller Forschung. Das Buch bezieht sich hauptsachlich auf die Mikro-Ebene der Untemehmung. Im Vergleich zu den beiden zuvor angesprochenen Biichem haben die Autoren die Auffassung, dass Untemehmenskultur nicht nur gestaltet und gesteuert, sondem auch kreiert werden konne. Funktionen und Bedeutung der einzelnen Elemente der Kultur und Untemehmenskultur, wie z. B. Elemente von Symbolen, Ritualen, Mythen, kulturellem Netzwerk usw., werden ebenfalls ausfiihrlich erortert^^^. Der Begriff der Kultur in dieser Forschung, wie in alien anderen Forschungen bis zu dieser Zeit ebenfalls, bedeutete in keinem Fall die engeren Kulturinhalte wie Film, Musik, Literatur usw. Auch der Begriff der „Untemehmenskultur" in dieser Forschung war nicht ganz klar und eindeutig. Eine systematische Klarheit dariiber wurde spater von Schein durch seine Monographic entwickelt. Mit dem Buch In Search of Excellence - Lessons from America's Best-Run Companies von Peters und Waterman erfuhr die Untemehmensforschung eine intensive Vertiefung in intrakultureller Umgebung. In diesem im Jahr 1982 veroffentlichten Buch ist das ,,7-S-Konzept" von besonderer Bedeutung. Auf dieser Basis haben Peters und Waterman ihre Forschung auf rein amerikanische Untemehmen fokussiert. Sie wahlten fiinfundsiebzig hochangesehene Untemehmen aus und fiihrten bei mnd der Halfte dieser Firmen griindliche, stmkturierte Interviews durch. Als Ergebnisse haben sie acht Merkmale ermittelt, die ebenfalls als innovative Faktoren von Untemehmenskultur angesehen werden. ^^^ 106 107 108 Pascale/Athos (1981), S. 244ff Vgl. Deal/Kennedy (1987), S. 71ff. Vgl. PetersAVaterman (1984), S. 35ff 54 Kapitel 2: Theoretische Grundlagen und Stand der Forschung 2.2.2 Ubertragungs- und Lernprozesse in Deutschland und China Direkt zu kulturvergleichenden Forschungen gab es im deutschsprachigen Raum zu Beginn der 80er Jahre des 20 Jahrhunderts nur einige wenige Beitrage. Darunter waren von Bedeutung: - Hofstede: Kultur und Organisation ^ ^^ - Diilfer: Zum Problem der Umweltberiicksichtigung im „Internationalen Management''^^^ ' Gaugler und Zander: Haben uns die Japaner Uberholt?^ ^^ - Keller: Management in fremden Kulturen ^ ^ ^ - Kumar: Die multinationale Unternehmung und das Grundbediirfniskonzept^^^ Die im Kapitel 2.2.1 skizzierten amerikanischen Werke wurden nach ihrem Erscheinen allmahlich in die deutsche Sprache iibersetzt. Es folgten weitere und vertiefende Studien in Untemehmen in Deutschland. Beispielsweise hat Bruer eine fast 60-seitige „Einleitung" zu der deutschen Ubersetzung des Buches von Deal/Kennedy mit sieben Fallstudien iiber deutsche Untemehmungen geschrieben.^^"^ Die Volksrepublik China hat seit 1978 eine tief greifende politische und wirtschaftliche Reform durchgeftihrt. Dem Aufruf von Deng Xiaoping im Jahr 1978 „Lemen und Adaptieren der fortschrittlichen Managementmodelle und Verwaltungsmethoden der Welt, inklusive der westlichen Lander" ^^^ folgend veranlasste die chinesische Regierung seinerzeit die Ubersetzung westlicher Managementliteratur und eine vergleichsweise unkritische Ubemahme dieser Managementtheorien in die Betriebe. Das Konzept der Untemehmenskultur wurde bei dieser Gelegenheit zeitnah nach China importiert. Die Biicher von Pascale/Athos (1981) und PetersAVaterman (1981) wurden bereits im Jahr 1984 bzw.1985 ins Chinesische iibersetzt, veroffentlicht und landesweit als Lehrbiicher fur die Ausbildung der betriebswirtschaftlichen Manager 109 110 111 112 113 114 115 Vgl. Hofstede (1980a) VgLDulfer(1981) Vgl. Gaugler/Zander (1981) Vgl. Keller (1982) Vgl. Kumar (1982) Deal/Kennedy (1987), S. 13ff Deng (1978), S. 91, Ubersetzung des Verfassers Stand der Forschung 55 verwendet. Als eines der Ergebnisse ist bis heute die starke japanische und amerikanische Pragung der Untemehmenskulturen in chinesischen Untemehmen zu beobachten. Sie haben auch die deutsch-chinesischen Jointventures in einem groBen MaB beeinflusst. Die Erscheinungstermine der vier zuvor besprochenen amerikanischen Werke und deren deutscher bzw. chinesischer Ubersetzung sind in folgender Tabelle aufgefuhrt. Titel Autor(en) Theory Z. How American Business Can Meet the Japanese Challenge Ouchi Original in 1981 den USA Deutsche Keine Auflage Ubersetzung Chinesische 1984 Ubersetzung The Art of Japanese Management Corporate Cultures. Rites and Rituals of Corporate Life In Search of Excellence. Lessons from America's BestRun Companies Pascale/Athos Deal/Kennedy PetersAVaterman 1981 1982 1982 1982 1987 1983 1984 1989 1985 Tabelle 2-4: Die vier amerikanischen Werke und ihre Ubersetzungen Etwa Mitte bis Ende der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts, zwischen der zweiten und dritten Phase, war eine Zeit der methodologischen Einordnung. Durch einige Monographien, vor allem aus den USA, aber auch aus Deutschland, wurden die Rahmenbedingungen der Forschung liber Organisations- sowie Untemehmenskultur und ihre grundsatzlichen Definitionen festgelegt. Schein hat in seinem Buch Organizational Culture and Leadership die Definition der Untemehmenskultur systematisch zusammengefasst und eingeordnet. Dariiber hinaus hat er „die Ebenen der Kultur" entwickelt. Der Begriff „Ebene" bezieht sich hier auf „den Grad der Sichtbarkeit eines kulturellen Phanomens"^^^ Damit kann man Kultur auf verschiedenen Ebenen analysieren. Dieses Stufenmodell von Schein stellt sich wie folgt dar: Schein (1995), S.29ff. Kapitel 2: Theoretische Grundlagen und Stand der Forschung 56 Sichtbare Strukturen und Prozesse im Untemehmen (leicht zu beobachten, aber schwer zu entschltisseln) Artefakte i t Bekundete Werte \ t Grundpramissen Strategien, Ziele, Philosophic (bekundete Rechtfertigungen) Unbewusste, selbstverstandliche Anschauungen, Wahmehmungen, Gedanken und Gefuhle (Ausgangspunkt fiir Werte und Handlungen) Abbildung 2-6: Kultur auf verschiedenen Ebenen^ Dieses Stufenmodell ist von vielen deutschen Forschem als Grundlage herangezogen geworden, obwohl die deutsche Ubersetzung des Buches von Schein unter dem Titel Unternehmenskultur - Ein Handbuchfir Fuhrungskrdfte erst zehn Jahre nach seinem englischen Erscheinen in Deutschland veroffentlicht wurde. Im Gegensatz dazu kennen und verwenden nur wenige Forscher in China diese Systematik fur ihre Beobachtung und Analyse der Unternehmenskultur, da es bis heute noch keine chinesische Obersetzung des Buches gibt. Aber seine grundsatzliche Theorie war durch ihre Vorstellung in anderen Werken in China sehr bekannt. AuBer Schein hat Heinen im Jahr 1987 in Zusammenarbeit mit anderen deutschen Forschem den Titel Unternehmenskultur: Perspektiven fur Wissenschaft und Praxis veroffentlicht. In diesem Buch wird ein „entscheidungsorientierter Untemehmenskulturbegriff, dessen wesentliche Elemente Werte, Werthaltungen und Normen (Regeln, Vorschriften, technische Normen, Gebrauche, moralische Prinzipien, IdealRegeln) ^^^ sind, entwickelt. Daruber hinaus umfassen drei Dimensionen (Verankerungsgrad, UbereinstimmungsausmaB und Systemvereinbarkeit) 16 Auspragungstypen der Unternehmenskultur.^^^ Die chinesische Ubersetzung dieses Buches wurde 1990 in Peking veroffentlicht, aber der darin entwickelte „entscheidungsorientierte UntemehNach Schein (1995), S. 30 Heinen (1987), S.22ff. Ebenda, S. 26ff. Stand der Forschung 57 menskulturbegriff sowie die „16 Auspragungstypen der Untemehmenskultur" haben wenig Aufmerksamkeit in China gefunden.^^^ Wahrend des Ubersetzungs- und Lemprozesses wurden viele Werke iiber Unternehmenskultur und -management direkt aus dem Japanischen ins Chinesische iibersetzt, vor allem die Werke der Griinder erfolgreicher und bekannter japanischer Unternehmen wie Panasonic, Sony usw. Chinesische Untemehmen wurden insbesondere auf der theoretischen Ebene der Untemehmenskultur vergleichsweise mehr von Japan und den USA, aber weniger von Deutschland beeinflusst. Seit Ende der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts haben chinesische Wissenschaftler rein chinesische Untemehmen, die die japanischen oder amerikanischen Erfahmngen in der Untemehmenskultur intensiv gelemt und erprobt hatten, erforscht. Dabei ergab sich, dass die erfolgreichsten und bekanntesten Untemehmen Chinas nicht einem rein japanischen oder amerikanischen Untemehmenskultur-Modell folgen, sondem sehr auf eine tiefe nationale Pragung Wertlegen.^^^ Durch den Ubersetzungs- und Lemprozess, der in Deutschland noch eine Vertiefung in der Forschung erfuhr, waren Deutschland und China bereit tief gehende Forschungen im Rahmen der wirtschaftlichen Globalisiemng zu konfrontieren. 2.2.3 Forschungen mit Schwerpunkt glohales Handeln Angesichts kultureller Konflikte und kritischer Problemstellungen im Rahmen landertibergreifender Geschaftsaktivitaten sowie einer verstarkten Zusammenarbeit seit Ende der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts haben die Forscher wieder einmal auf die Internationale Ebene fokussiert. Aber in dieser Phase, die bis heute gilt, haben im Gegensatz zur ersten Phase die Forschungen nicht mehr nur Kulturvergleiche, sondem direkt Geschaftsaktivitaten und die Zusammenarbeit zwischen zwei oder mehr Kulturen zum Gegenstand. Man konnte sie also kennzeichnen wie Hofstedes Buch im Jahr 1991 titelte Lokales Denken, globales Handeln ^^. Es gibt dariiber hinaus zahlreiche Lite- ^^^ ^^^ ^^^ Vgl. Luo/Lin (2003), S. 110 und S. 257ff. Vgl. Hua (2000); vgl. Lu/Yao (1998) Hofstede(2001) 58 Kapitel 2: Theoretische Grundlagen und Stand der Forschung ratur zur theoretischen Einfuhrung sowie zur Losung konkreter Probleme in der interkulturellen Praxis. Darunter sind die folgenden Werke in Bezug auf diese Arbeit die wichtigsten. 2.2.3.1 Kulturdimensionen nach Hofstede Elf Jahre nach dem Erscheinen des Buches Culture's Consequences veroffentlichte Hofstede im Jahr 1991 eine tiberarbeitete Neuauflage. ^^^ Im Gegensatz zu dem Vorlaufer hat das neue Werk schnell weltweit in der Wirtschaftspraxis starkere Beachtung geftinden und wurde in kurzer Zeit in Chinesisch, Japanisch, Koreanisch usw. iibersetzt. Die deutsche Ubersetzung erschien im Jahr 1993 mit dem Titel Interkulturelle Zusammenarbeit. Kulturen - Organisationen - Management. Nach Hofstede liefert eine Analyse der flinf Dimensionen ein Bild der jeweiligen Kultur. Dabei kennzeichnet die Machtdistanz das AusmaB der in einer Gesellschaft vorfindbaren und von ihren Mitgliedem akzeptierten ungleichen Machtverteilung. Die zweite Dimension Hofstedes beschreibt die Unsicherheitsvermeidung, d. h. die kulturell gepragte Haltung, mit der die Mitglieder einer Gesellschaft unsicheren bzw. nicht eindeutigen Situationen begegnen. Die Unsicherheitsvermeidung kennzeichnet die Reaktion auf den Grad, „in dem die Mitglieder einer Kultur sich durch ungewisse Oder unbekannte Situationen bedroht fiihlen"^^"^. Im Rahmen der dritten Dimension unterscheidet Hofstede zwischen individualistischen und koUektivistischen Kulturen. In kollektivistisch gepragten Kulturen sind die Menschen in einen weiten Familienkreis oder „starke geschlossene" Gruppen integriert. Ihre Aktionen und Handlungen sind nicht nur auf das eigene Wohlergehen ausgerichtet, sondem sind untrennbar mit dem Wohl ihres gesamten sozialen Umfeldes verbunden. Wahrend sich kollektivistische Kulturen eher durch ein ausgepragtes „Wir-Gefuhr' auszeichnen, sind individualistische Kulturen durch eine „ich-bezogene" Betrachtung gekennzeichnet. ^^^ ^^"^ Hofstede (1993), S. 5-6 Ebenda, S. 133 Stand der Forschung 59 Hinsichtlich der Dimension der Maskulinitat-Feminitat fiihrt Hofstede aus, dass in Gesellschaften, die sich durch eine hohe Maskulinitat auszeichnen, die Rollen von Mann und Frau klar voneinander abgegrenzt sind. In femininen Gesellschaften tiberschneiden sich hingegen die Rollen der beiden Geschlechter und feminine Werte werden nicht geringer bewertet, sondem durchaus hoch angesehen. Ende der achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts hat Hofstede gemeinsam mit Bond zu den vier Dimensionen eine funfte Dimension erganzt. Diese Dimension beinhaltet die Zukunftsorientierung bzw. die „langfristige Orientierung" und die „kurzfristige Orientierung" der untersuchten Kulturen.^^^ Die Theorie der ftinf Dimensionen von Hofstede ist zwar bis heute immer noch eine der wichtigsten Grundlagen fiir eine interkulturelle Studie, sie kann jedoch aus den folgenden Griinden nur begrenzt auf eine Studie heutiger deutsch-chinesischer Unternehmen in der Volksrepublik China tibertragen werden. Hofstede hat seine grundsatzliche Forschung im Wesentlichen von 1967 bis 1973 durchgefiihrt und dabei die Bundesrepublik Deutschland fiir die deutsche Kultur sowie Hongkong und Taiwan als Orte der chinesischen Kultur ausgewahlt. Allein in Bezug auf Flache und Bevolkerung ist es zumindest fraglich, ob Hongkong und Taiwan typische chinesische Kulturtrager sind. Betrachtet man jedoch Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Kultur sowie deren Zusammenhange/^^ wird deutlich, dass eine Erweiterung der Betrachtung auf die Volksrepublik China dringend notig ist. So ist z. B. die gesellschaftliche und politische Entwicklung seit 1949 in der Volksrepublik vollig anders verlaufen als in Taiwan und Hongkong. Erst einige Jahre nach Abschluss der Forschung Hofstedes wurde 1980 das erste Jointventure in der Volksrepublik China offiziell gegriindet, eine Kooperation einer chinesischen Luftfahrtgesellschaft mit einem amerikanischen Partner. Das erste deutschchinesische Jointventure wurde kurz danach von Siemens in Shanghai gegrundet. Die meisten deutsch-chinesischen Jointventures sind seit Mitte der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts entstanden. Grundlegend geandert haben sich auch die Verhaltnisse in ^^^ ^^^ Vgl. Hofstede (1993), S. 190 Vgl. Meyer (2000), S. 18ff. 60 Kapitel 2: Theoretische Grundlagen und Stand der Forschung Hongkong, wahrend die Auswirkungen der deutschen Wiedervereinigung fur diese Arbeit unerheblich sind. 2.2.3.2 Meta-Analyse: Individualismus-Kollektivismus Eine der fiinf Dimensionen von Hofstede erhielt durch Oyserman, Coon und Kemmelmeier eine Erganzung. Sie fuhrten eine Meta-Analyse iiber 50 Studien (ab 1990) durch. Aus Abbildung 2-7 wird ersichtlich, dass die VR China - wie zu erwarten war hohere Kollektivismuswerte und geringere Individualismuswerte aufweist als Deutschland nach der Wiedervereinigung.^^^ Abbildung 2-7: Individualismus-Kollektivismus^^^ Die Meta-Analyse ist keine einheitliche und unabhangige Untersuchung, sondem eher eine Zusammenfassung durch Analyse der Ergebnisse vieler Studien. 127 128 Vgl. Oyserman/Coon/Kemmelmeier (2002) Quelle: Oyserman/Coon/Kemmelmeier (2002), S. 23; Samtliche Lander wurden in ihrer Abweichung zu den USA untersucht. Diese Abbildung stellt die Ergebnisse in graphischer Form dar: Die EffektgroBen ftir Individualismus und Kollektivismus wurden gegeneinander abgetragen, der Schnittpunkt der Achsen steht fur die Werte der USA (0/0). (Ger=Germany; PRC=People's Republic of China; HK=Hongkong; TAI=Taiwan; SrN=Singapore). Stand der Forschung 61 Sie baut, wie auch die vorherige Untersuchung von Hofstede, auf der Basis von Kulturvergleichen auf. Einerseits wurden konkrete Kultureigenheiten und tief liegende Kulturtraditionen der untersuchten Lander nicht genug berucksichtigt. Anderseits wurden deutsch-chinesische Untemehmen nicht extra fokussiert. Die fur diese Arbeit durchgefuhrte Befragung und deren Analyse zeigen ein deutlich individualistischeres Verhalten der chinesischen Mitarbeiter in deutsch-chinesischen Jointventures als in vergleichbaren rein chinesischen Untemehmen, In der Individualismus-Kollektivismus-Analyse waren die Individualismuswerte viel hoher und die Kollektivismuswerte erheblich niedriger als bei rein chinesischen Untemehmen. 2.2.4 Forschungen mit Schwerpunkt China 2.2.4.1 Forschungen zu Rahmenbedingungen Zu diesem Thema war die Forschung von Trommsdorff und Wilpert, die im Jahr 1991 unter dem Titel Deutsch-chinesische Jointventures: Wirtschaft - Recht - Kultur veroffentlicht wurde, von besonderer Bedeutung. In dieser Forschung wurden zunachst Bedingungen der natiirlichen und sozialen Umwelt, der kulturellen Einflussfaktoren, des Wirtschaftssystems, der politischen Hintergriinde und der Rechtsrahmen fiir Jointventures in China aufgezeigt. '^^ Daran schlieBt sich eine empirische Untersuchung iiber die Errichtung und den Betrieb deutsch-chinesischer Jointventures an. Aus historischer Sicht stellt die Forschung von Trommsdorff und Wilpert einen Meilenstein dar. Wahrend die meisten anderen Forschungen davor und danach sich nur mit den kulturellen Konflikten in der Wirtschaft und deren Losungen beschaftigen, hat sie die ca. zehnjahrige Entwicklung deutscher Untemehmen in China in einen Gesamtrahmen von Wirtschaft, Politik, Recht, Gesellschaft und Kultur gestellt. Zweifellos sind viele der damaligen Rahmenbedingungen heute nicht mehr aktuell, obwohl im Jahr 1995 Trommsdorff zusammen mit Schuchardt und Lesche ihre neue Fallstudie'^^ veroffentlicht haben, um den schnellen Entwicklungen und Verandemngen in China Rechnung zu tragen. ^^^ Trommsdorff/Wilpert (1991), S. 3ff. ^ ^^ Vgl. Trommsdorff/Schuchardt/Lesche (1995) 62 Kapitel 2: Theoretische Grundlagen und Stand der Forschung Die wirtschaftlichen und rechtlichen Bedingungen haben sich insbesondere wegen des Beitritts Chinas zur Welthandelsorganisation (WTO) im Jahr 2001 verandert. Die kulturellen Bedingungen waren dem groBen Einfluss der Intemationalisierung ausgesetzt. Auch der Regierungswechsel in China Ende 2003 fiihrte zu einer Anderung der Politik, insbesondere der Wirtschaftspolitik. Die Globalisierung ist schon immer nicht nur eine wirtschaftliche und kulturelle, sondem auch eine politische und gesellschaftliche Dimension gewesen.^^^ Deswegen wird die vorliegende Arbeit die Kulturelemente deutsch-chinesischer Untemehmen unter den Rahmenbedingungen von Wirtschaft, Politik, Gesellschaft und Kultur beschreiben und analysieren. 2.2.4.2 Das Regenshurger Forschungsprojekt Von 1991 bis 1995 hat der Regensburger Lehrstuhl fur interkulturelle Psychologie unter Leitung von Alexander Thomas das Forschungsprojekt „Handlungswirksamkeit zentraler Kulturstandards in der Interaktion zwischen Deutschen und Chinesen" durchgefiihrt.^^^ Thomas unterscheidet zentrale und kontextuelle Kulturstandards. Ein „zentraler Kulturstandard" stellt einen Standard dar, der sehr allgemein ist und in einem weiten Bereich von Situationen wirksam wird. Er reguliert weite Bereiche der Wahmehmung, des Denkens, Wertens und Handelns. Ein Beispiel hierfur ist der kollektivistische Kulturstandard. Im Gegensatz dazu konnen Kulturstandards auch enger gefasst sein, bis hin zu sehr spezifischen Verhaltensregeln. In diesem Fall spricht man von „kontextuellen Kulturstandards", die sich auf einen spezifischen Kontext beziehen und dabei wirksam werden.^^^ Drei verschiedene Gruppen wurden untersucht: deutsche Sprachdozenten, deutsche Studenten und deutsche Manager in China. Dabei wurden die VR China, Hongkong und Taiwan getrennt betrachtet. ^^^ ^^^ ^^^ Vgl. Beck (1997), S. 34 Thomas/Schenk(1996) Ebenda, S. 21-27; vgl. Thomas (1991) Stand der Forschung 63 Bei der Untersuchung wurden die drei Personengruppen in halb standardisierten Interviews nach kritischen Interaktionssituationen mit Chinesen, im privaten wie im beruflichen Bereich, befragt. Aus den in diesen Interviews identifizierten kritischen Interaktionssituationen wurde ein Teil selektiert und je zwei chinesischen und zwei deutschen Chinaexperten zur weiteren Analyse vorgelegt. Die Experten analysierten die Situationen dahin gehend, ob sie eher auf personenspezifische Eigenheiten zuruckzufuhren oder kulturell beeinflusst worden waren. War Letzteres der Fall, wurde im Weiteren versucht dieses kulturgepragte Verhalten kulturhistorisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich und politisch verankerten Ursachen zuzuordnen. Aus dieser Analyse ergab sich eindeutig, dass es unterschiedliche Kulturstandards in der Volksrepublik China, Hongkong und Taiwan gibt. Neu an dem Regensburger Forschungsprojekt ist seine Orientierung an China bzw. an der interkulturellen Kommunikation zwischen Chinesen und Deutschen. Allerdings fehlt dem Projekt eine konkrete Fokussierung auf deutsch-chinesische Untemehmen bzw. Jointventures. Normale Kommunikation und unabhangiges Verhalten zwischen Chinesen und Deutschen unterscheiden sich sehr von der eng verbundenen Zusammenarbeit in einem Jointventure. Die Funktion und Wirksamkeit der Kulturfaktoren in diesem Zusammenhang aber ist von alien ahnlichen Projekten wie dem Regensburger Forschungsprojekt nicht erforscht worden. 2.2.4.3 Untersuchungen aus der Sicht der deutschen Partner Ob das wirtschaftliche Engagement in den Jointventures in China erfolgreich durchgefiihrt werden kann, ist die wichtigste Frage fur jeden deutschen Partner. Was bedeutet „Erfolg", wie beurteilt man ihn, welche Erfahrungen konnen durch erfolgreiche Jointventures ermittelt werden? Diese Fragen hat Dtierkop in seiner Untersuchung ausfiihrlich beantwortet^^"^. Als Ergebnisse hat er unterschiedliche Kriterien zur Erfolgsbeurteilung entwickelt, entweder nach dem „Ziel-Ansatz" oder nach dem „Kontingenz-Ansatz"^^^ '^^ '^^ Vgl.Duerkop(1996) Ebenda,S. 150ff. 64 Kapitel 2: Theoretische Grundlagen und Stand der Forschung Unterzieht man Duerkops Ausfuhrungen einer kritischen Wiirdigung, so fallt sofort das Fehlen kultureller Aspekte bei den Erfolgskriterien auf. Allerdings muss darauf hingewiesen werden, dass jedes Jointventure grundsatzlich profitorientiert gefuhrt und zumindest langfristig ausschlieBlich an seinem wirtschaftlichen Erfolg gemessen wird. Auf die kulturellen Erfolgskriterien wird diese Arbeit noch in einem spateren Kapitel zuriickkommen. Viele der deutschen Forscher haben bei Untersuchungen in deutsch-chinesischen Jointventures in China bemerkt, dass die Kulturfaktoren des breiteren Begriffs wie z. B. Sprache und Kleidung auch den Betriebserfolg beeinflussen. Peill-Schoeller hat zum Beispiel durch seine Untersuchung des Problems der Sprachen in deutsch-chinesischen Jointventures in China Folgendes herausgefunden:^^^ - Mittels eines Dolmetschers kann man keine Emotionen ausdrucken und sich daher nur einer neutralen Gesprachsbasis bedienen. - Meist sprechen Chinesen und Deutsche Englisch miteinander, sodass die Probleme der Beherrschung einer Fremdsprache doppelt auftreten. Aber er erforschte nicht weiter, ob die Nutzung der englischen Sprache auch zu einem anderen Resultat, z. B. zu einer Annaherung an amerikanische Medien und dem damit einhergehenden Einfluss der amerikanischen Kultur fuhren kann. 2.2.4.4 Untersuchungen aus der Sicht der chinesischen Partner Erst seit Anfang des 21. Jahrhunderts werden systematische Forschungsergebnisse iiber deutsch-chinesischen Jointventures, vor allem auf Chinesisch, aber auch auf Deutsch, veroffentlicht. Inhaltlich konnen diese Forschungen in zwei Bereiche kategorisiert werden: Der eine ist die Zusammenfassung der etwa 20-jahrigen Erfahrungen der deutschchinesischen Kooperation und der daraus resultierenden Vorschlage oder Strategien aus der Sicht der chinesischen Beobachter.^^^ Autoren der Aufsatze in diesem Bereich sind vor allem chinesische Forscher und Beobachter von verschiedenen staatlichen ^^^ ^^^ Peill-Schoeller (1994), S. 73ff. Vgl. Meng (2003), S. 156-185 Stand der Forschung 65 Institutionen. Ihre Aufgabe bestand hauptsachlich darin, die deutsch-chinesischen Kooperationen aus der chinesischen Sicht zu beurteilen, um den zustandigen Regierungsamtem und den chinesischen Kooperationspartnem strategische Vorschlage zu machen. Die Forschungen wurden vor allem in groBen deutsch-chinesischen Unternehmen, normalerweise Kooperationen von groBen staatlichen chinesischen Untemehmen mit intemationalen deutschen Konzemen, durchgefuhrt. Bei der Grundung des von dieser Arbeit auch untersuchten deutsch-chinesischen Untemehmens Nr. 19 wurde zum Beispiel hinterfragt: Warum war es seit 20 Jahren bis 2004 kontinuierlich erfolgreich? Warum erlebt es seit 2005 eine Krise? Welche Erfolgserfahrungen von friiher gehen heute nicht mehr? Neben den Forschungsergebnissen bietet der Aufsatz Vorschlage anJ^^ Diese Aufsatze zeigen haufig starke nationale Emotionen oder einen starken Einfluss der chinesischen Tradition. Der zweite Bereich beinhaltet Forschungen mit dem Schwerpunkt auf interkulturellen Problemen und Konflikten in deutsch-chinesischen Jointventures und den moglichen Losungen. Die Autoren dieser Forschungen haben meistens interkulturellen Hintergrund, wodurch sie die Theorie des Jointventures und die Kulturen beider Lander gut kennen. Die Forschungsarbeiten wurden vor allem auf Deutsch geschrieben und veroffentlicht. Der Kulturbegriff, der in diesen Forschungen verwendet wird, ist ein Begriff mit breiteren Bedeutungen. Meng und Guan haben beispielsweise in ihren Forschungen hauptsachlich Sozio-Kultur - Konfuzianismus, Taoismus, Buddhismus und ihren Einfluss auf die deutsch-chinesischen Jointventures geschildert. Forschungsschwerpunkt in diesem Bereich ist die Bedeutung der allgemeinen chinesischen Kultur in ihrer Auswirkung auf das Arbeitsverhalten, wie zum Beispiel die Kommunikation, die Mitarbeiterfiihrung, das Motivationsmanagement, die Entscheidungsfindung und die Planung und Zielsetzung in deutsch-chinesischen Jointventures.^^^ Im Vergleich zu Ergebnissen der bisherigen westlichen Untersuchungen haben die oben genannten chinesischen Forschungen zwar den Vorteil, die chinesische Kultur und Tradition tiefer betrachten zu konnen und praktische Losungen aus der chinesischen Sicht vorzuschlagen, andererseits haben sie fast keine neueren Ergebnisse als die der deutschen Forschungen anzubieten. ^^^ ^^^ Wang/Xia (2005) Vgl. Schuchardt (1994); vgl Meng (2003); vgl. Guan (2004) 66 2.3 Kapitel 2: Theoretische Grundlagen und Stand der Forschung Kritische Zusammenfassung der bisherigen Forschungen 2.3.1 Fehlende Uherlegungen zu den Kulturfaktoren Wie das Wort Xit (Kultur) in seiner Entwicklung in der chinesischen Geschichte zeigt/"^^ ist der chinesische Kulturbegriff und damit auch der Begriff der Untemehmenskultur durchaus unterschiedlich im Vergleich zu seiner europaischen Bedeutung zu sehen. Der Kemunterschied besteht darin, dass die Kulturfaktoren des engeren europaischen Kulturbegriffs, wie Musik, Literatur, Film usw., nicht nur im normalen Kulturleben, sondem auch in der Untemehmenskultur in China eine wichtige RoUe spielen. Die bisherigen Forschungen, sowohl von westlichen wie auch von chinesischen Wissenschaftlem, haben diesen Punkt noch nicht berUcksichtigt. Die Grlinde sind wie folgt: 1. In der klassischen westlichen Forschungstheorie uber Untemehmenskultur werden Kulturfaktoren wie Musik, Film, Literatur usw. nicht direkt zur Organisations- und Untemehmenskultur gerechnet, sondem eher als historischer und gesellschafllicher Hintergmnd der jeweiligen Lander betrachtet. Chinesische Wissenschaftler haben seit Anfang der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts in der Kegel die Theorien der Untemehmenskultur aus dem Westen, vor allem aus den USA vergleichsweise unkritisch iibemommen und angewandt bzw. landesweit empfohlen, ohne mogliche Einflussfaktoren der chinesischen Kultur zu berucksichtigen. 2. In den Untemehmen ist der Einfluss der Kulturfaktoren des engeren Kulturbegriffs einerseits manchmal unsichtbar und schwer zu messen, wie z. B. die Nutzung eines Konzerts zur Losung eines interkulturellen Konflikts. Andererseits haben die engeren Kulturfaktoren wie Musik, Theater, Malerei usw. tausende Jahre die Chinesen in ihrem Leben, ihrer Arbeit und ihrem Handeln begleitet. Sie sind schon seit langem ein normaler Teil des chinesischen Lebens und deswegen in den Jointventures als eine Besonderheit zu beobachten. ^"^^ Vgl. Kapitel 2.1.2 Kritische Zusammenfassung der bisherigen Forschungen 3. Diese Kulturfaktoren sind fur das Management aus einer iiblicherweise verkiirzten betriebswirtschaftlichen Sicht uninteressant. Diese Haltung ist zwar kurzsichtig, wird aber im heutigen China durch die Dynamik des Wirtschaftsbooms tiberlagert und ist demzufolge weit verbreitet. 2.3.2 Unvollstdndige Beriicksichtigung chinesischer Kulturtradition Forschungen mit einheitHchen Untersuchungslinien, wie z. B. die, die von Hofstede in 40 Landem und Gebieten nur unter IBM-Mitarbeitem gemacht wurden/'^' konnen kaum auf die Kulturtradition eines bestimmten Landes fokussieren. Die Forschung von Hofstede hat mehr kulturvergleichende Ergebnisse im weltweiten Sinne gebracht, ohne eine tiefe Einsicht in ein bestimmtes Land und seine Kultur zu bieten. In der chinesischen Kultur haben das Verhalten der Menschen und ihre Kommunikation untereinander immer eine groBe Rolle gespielt. Daruber hinaus ist sie immer wieder auf ideologischer Ebene gepragt und mit Politik und Gesellschaft verbunden gewesen. ^"^^ In diesem Prozess spielen die Kulturfaktoren im engeren Sinne auf einer tieferen Ebene eine wichtige Rolle. Die vergleichsweise oberflachliche Untersuchung der funf Dimensionen der kulturellen Analyse nach Hofstede beriicksichtigt zu wenig die kulturellen Wurzeln und die damit verbundenen Faktoren. Manche chinesische Forscher haben die chinesische Tradition zwar betrachtet, sich aber auf eine Beschreibung beschrankt.^"^^ Dort fehlt eine zusammenhangende Uberlegung tiber die Beziehungen zwischen den Kulturfaktoren im engeren Sinne und den allgemeinen Kulturfaktoren sowie zwischen den Kulturfaktoren im engeren Sinne und der Gesellschaft und der Politik. 2.3.3 Fehlende Beobachtung des dynamischen Kulturwandels Es existiert nicht nur das Problem der Aktualisierung. Die Aktualitat einer Forschung ist fraglos wichtig, aber noch bedeutender ist es, in einer Forschung den Kulturwandel ^"^^ ^"^^ ^"^^ Vgl. Hofstede (1980b) Vgl. Kapitel 2.1.6 Vgl. Meng (2003); vgl. Guan (2004) 67 68 Kapitel 2: Theoretische Gmndlagen und Stand der Forschung abzubilden, GesetzmaBigkeiten zu entdecken, den aktuellen Kulturwandel zu beobachten und daruber hinaus die Wandlungstendenz wissenschafllich einzuschatzen. Die bisher durchgefUhrten Forschungen uber deutsch-chinesische Kultur haben den dynamischen Kulturwandel in China nur wenig oder gar nicht bemerkt. Es gibt vier Grunde dafiir: 1. Den Prozess des Kulturwandels zu beobachten und seine GesetzmaBigkeiten zu entdecken braucht eine lange Zeit, obwohl die Untemehmenskultur deutschchinesischer Jointventures eine Geschichte von nur 25 Jahren hat. 2. Der Kulturwandel in China geht iiblicherweise immer mit politischem und gesellschaftlichem Wandel einher, ganz aktuell folgt der Kulturwandel heute dem Wirtschaflswandel. Nur eine zusammenfassende Sicht kann den Kulturwandel richtig erfassen. 3. Aus politischen, demokratischen und wirtschaftlichen Griinden ist der Kulturwandel, insbesondere der Kulturwandel in den deutsch-chinesischen Untemehmen, sehr oft durch andere Faktoren verborgen. 4. Einfluss durch Kulturfaktoren im engeren Sinne ist wichtige Voraussetzung und Mittel zugleich flir Kulturwandel in deutsch-chinesischen Untemehmen. Ohne eine Beobachtung der Funktion der engeren Kulturfaktoren kann man den Kulturwandel nicht vollstandig verstehen. 2.3.4 Fehlende Beobachtung des Einflusses der Globalisierung Kulturvergleichende Forschung iiber China bedeutet nicht nur Studien uber die Beziehungen zwischen China und einem anderen Land, - wie in bisherigen Forschungen -, sondem meiner Meinung nach auch die Analyse des Einflusses von dritter Seite. Das entspricht iibrigens genau der ursprUnglichen und bildlichen Bedeutung des chinesischen Worts X{wen) - die Mischung von mehreren Sachen unter einem Dach.^^'^Auch wenn die chinesische Gesellschaft fremden Kulturen scheinbar ablehVgl.dazu: Kapitel 2.1.2 Kritische Zusammenfassung der bisherigen Forschungen 69 nend gegenubersteht, gibt es immer wieder Beispiele fur eine groBe Akzeptanz fremder kultureller Einfltisse, sofem dafiir iiberzeugende Griinde sprachen. Der japanische Kultureinfluss in den 80er Jahren und der US-amerikanische Kultureinfluss ab den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts sind solche Falle. Nach den Untersuchungen dieser Arbeit haben diese Einfltisse eine wichtige Rolle in den deutsch-chinesischen Jointventures gespielt. Sie waren so gravierend, dass einer der Untemehmensfuhrer bei dem Interview flir diese Arbeit sagte: „Die US-amerikanische KuUur macht uns kaputt". Den Einfluss der US-amerikanischen Kultur wird diese Arbeit in einem spateren Kapitel noch intensiv betrachten. 2.3.5 Fehlende Beurteilung mit Hilfe der kulturellen Kriterien Da die engeren Kulturfaktoren in der Untemehmenskultur deutsch-chinesischer Jointventures eine wichtige Rolle spielen, miissen die entsprechenden kulturellen Kriterien auch von besonderer Bedeutung sein. Kulturelle Kriterien sind die Mafistabe, die jeweils von der deutschen und der chinesischen Seite aus der Sicht der jeweiligen Kulturtradition und der Kenntnis der engeren Kulturelemente angelegt werden. Dadurch kann man einerseits die gegenseitigen Vorurteile bestatigen, korrigieren und verandem. Anderseits kann man dadurch messen: - In welchem MaB ist die deutsche Kultur in der deutsch-chinesischen Untemehmenskultur integriert? - In welchem MaB haben die deutschen und chinesischen Mitarbeiter ihre eigenen Kulturtraditionen behalten? - In welchem MaB ist ein typisches deutsch-chinesisches Untemehmen von der US-amerikanischen Kultur beeinflusst? Erfolg und Misserfolg der deutsch-chinesischen Untemehmen haben die bisherigen Forschungen ausfiihrlich analysiert, meistens mit wirtschaftlichen Kriterien, bei Diierkop zusatzlich mit sozialen Kriterien sowie Kriterien der Anpassungsfahigkeit.^'^^ Eine Forschung zur Erfolgswirksamkeit kultureller Kriterien gibt es bisher nicht. ^^^ Duerkop(1996), S. 193ff. 70 2.4 Kapitel 2: Theoretische Gmndlagen und Stand der Forschung Fazit Der geschichtliche Uberblick und die Betrachtung der Definitionen zeigen deutlich, dass der Begriff „Kultur" in China ursprunglich in den Kulturfaktoren im engeren Sinne verwurzelt und in der weiteren Entwicklung eng mit Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Globalisierung verbunden ist. In dieser Tradition und auf der Schnittstelle zweier Kulturen stehend bieten die deutsch-chinesischen Jointventures gute Voraussetzungen und Gelegenheiten, die Wirkungsbreite und -tiefe der Kulturfaktoren im engeren Sinne wissenschaftlich zu betrachten. Forschungen und Veroffentlichungen tiber allgemeines deutsch-chinesisches Verhalten sind ausreichend vorhanden. Interkulturelles Management im Rahmen gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Beziehungen ist seit etwa 1980 ein besonderes Thema im Bereich der Psychologie und der Betriebswirtschaft. Untersuchungen aus der Sicht der Psychologie und der Wirtschaft, die die deutsch-chinesischen Jointventures spezifizieren, liegen ebenfalls genugend vor. Allerdings gibt es bis jetzt keine wissenschaftliche Forschung aus der Sicht der Kulturwissenschaft und Kulturanthropologie in Bezug auf deutsch-chinesische Jointventures, in der die RoUe der Kulturfaktoren im engeren Sinne - Musik, Theater, Film, Malerei, Literatur usw. - in den interkulturellen Begegnungen und deren wirtschaftlichen Auswirkungen beobachtet und analysiert wird. Daraus ergeben sich der Ausgangspunkt und die Notwendigkeit fiir die vorliegende Arbeit. 3 Methodisches Vorgehen und Datenerhebung 3.1 Fragestellung der Untersuchung Ausgehend von den vorher besprochenen theoretischen Betrachtungen im Kapitel 1 und 2 werden hier zwei zentrale Fragen zur Untersuchung bzw. Bestatigung gestellt: - Gibt es Kultur im engeren Sinne uberhaupt in deutsch-chinesischen Jointventures? Welche Rolle spielen die Kulturfaktoren im engeren Sinne in deutschchinesischen Jointventures? Die erste der beiden zentralen Fragestellungen wird durch 6 nachgeordnete Fragen weiter konkretisiert. Mit ihnen wird untersucht, ob die Kulturelemente im engeren Sinne nicht nur von den deutschen und chinesischen Mitarbeitem, sondem auch in den Aufbau und Betrieb des Jointventures eingebracht werden. Es soil weiter geklart werden, welche Kulturen und Kulturelemente im engeren Sinne es hauptsachlich in deutsch-chinesischen Jointventures gibt. Die nachgeordneten Fragen zielen in die folgenden Richtungen: Verwenden Deutsche und Chinesen die Kulturelemente im engeren Sinn, bevor sie einander personlich treffen, um sich gegenseitig ein Bild zu machen? Werden die Kulturelemente im engeren Sinne auch noch nach dem personlichen Treffen zur Kenntnisvertiefung iiber einander benutzt? - Existieren Kulturelemente im engeren Sinne direkt in der Unternehmenskultur? - Existieren Kulturelemente im engeren Sinne in der Umgebung des Jointventures? Welche Kulturen und Kulturelemente im engeren Sinne gibt es in Jointventures? Auf der Basis der ersten zentralen Fragestellung werden durch die zweite weitere Daten iiber die Rolle und Funktion der Kulturelemente im engeren Sinn erhoben. Diese der zweiten zentralen Fragestellung nachgeordneten Fragen umfassen folgende Bereiche: 72 KapitelS: Methodisches Vorgehen und Datenerhebung - Kann ein deutsch-chinesisches Jointventure auch ohne Kultur im engeren Sinne erfolgreich betrieben werden? - Welche Rolle spielen die Kulturelemente im engeren Sinne in Jointventures? - Wie wichtig sind Kulturelemente im engeren Sinne fur den Erfolg eines Jointventures? 3.2 Theoretische Grundlage der Untersuchungsmethoden 3.2.1 A uswahl der Forschungsmuster Vor der Wahl der Erhebungsinstmmente muss zunachst geklart werden, ob die Fragestellung und Uberprufung dieser Arbeit eher im quantitativen oder eher im qualitativen Forschungsparadigma oder in einer Kombination beider anzusiedeln ist. Die qualitative Sozialforschung steht am Beginn des Forschungsprozesses, da sie die erstmalige (oder auch vertiefende) Exploration von Forschungsobjekten zum Gegenstand hat. Auf diese folgt die Theoriebildung. Fine wichtige Eigenschafl der qualitativen Forschung besteht darin, dass „die Sozialwissenschaften sich nur sehr zogerlich qualitativ orientierter Methodik offnen"^'*^ und dadurch samtliche Verfahrensschritte innerhalb der Forschung systematisch und uberpnifbar darlegen. Die quantitative Forschung dient der Uberprufung von Hypothesen. Qualitative und quantitative Forschung haben also ein unterschiedliches Erkenntnisinteresse. Ihre Hauptunterscheidungsmerkmale werden in Tabelle 3-1 im Uberblick dargestellt. Thesen und Untersuchungsdesign der vorliegenden Arbeit beruhen hauptsachlich auf qualitativen, aber teilweise auch auf quantitativen Elementen. Diese gezielte Kombination bietet fiir den vorliegenden Untersuchungsgegenstand einen wesentlichen Vorteil gegeniiber dem isolierten Einsatz nur einer der beiden Methoden, da die vorliegende Arbeit inhaltlich sowohl Theorie und Forschungsergebnisse bezuglich der Kultur und Untemehmenskultur als auch neue Erkenntnisse iiber Eigenschaften und Entwicklungen deutsch-chinesischer Jointventures behandelt. ^"^^ Mayring (2002), S. 7 Theoretische Grundlage der Untersuchungsmethoden Quantitativ 73 Qualitativ nomothetisch idiographisch Theorie priifend Theorie entwickelnd deduktiv partikular induktiv holistisch explanativ ahistorisch explorativ historisch Erklaren Verstehen Messen Beschreiben „harte" Methoden „weiche" Methoden reduktive Datenanalyse explikative Datenanalyse Tabelle 3-1: Merkmale qualitativer und quantitativer Sozialforschung^' Die qualitative Methode wurde gewahlt, weil die Begriffe Kultur und Tradition eng mit qualitativen Eigenschaften wie z. B. idiographisch, historisch, induktiv usw. verkniipft sind. Vor dem Hintergrund einer mehr als tausendjahrigen Geschichte des chinesisch-europaischen Kulturaustausches und einer seit mehr als zwei Jahrzehnten bestehenden Erfahrung in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit in Jointventures ist eine qualitative Forschung besonders geeignet neue Entwicklungen wissenschaftlich fundiert herauszufinden. Daneben beschaftigt sich diese Arbeit aber auch mit einer aktuellen Uberprlifung und ggf. Bestatigung sowie Vervollstandigung einiger alterer Forschungen in diesem Gebiet. Das ist deshalb notig, weil sich die Volksrepublik China seit Ende der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts schnell und dynamisch auch im Hinblick auf Kultur entwickelt hat. Ob und in wieweit die Ergebnisse der auf China bezogenen Forschungen seit Ende der 60er bis in die 90er Jahre des 20. Jahrhunderts noch stimmen, ist deswegen fraglich. Um dieses zu tiberpriifen und zu messen, sind besonders die quantitativen Instrumente geeignet. Nach Lamnek (2005), S. 272 74 Kapitel 3: Methodisches Vorgehen und Datenerhebung Auf der Basis der Kombination qualitativer und quantitativer Forschungsmuster hat diese Arbeit in der Untersuchung wissenschaftliche Befragung und Beobachtung als konkrete Instrumente verwendet. 3.2.2 Befragung als Untersuchungsmethode Unter einer wissenschaftlichen Befragung versteht man eine Kommunikation zwischen zwei Oder mehreren Personen, die auf systematischer Zielgerichtetheit und Theorie beruht. Sie voUzieht sich in bestimmten Situationen und wird gepragt durch gegenseitige Erwartungen. „Die Antworten beziehen sich auf erlebte und erinnerte soziale Ereignisse, stellen Meinungen und Bewertungen dar."^"^^ Die wissenschaftliche Befragung kann je nach verschiedenen Formen - z. B. Fragebogen, Gesprach usw. schriftHch oder miindlich stattfinden. Bei jeder Form kann die Befragung nach Anforderung der Arbeit von wenig bis stark strukturiert werden.^"^^ In dieser Arbeit werden sowohl schriftliche als auch miindliche Befragungsformen verwendet. Als eine stark konstruierte schriftliche Form gestaltet die Arbeit einen Fragebogen mit zehn Fragen, die hauptsachlich qualitativ sind. Damit soil die Arbeit vor allem herausfmden, ob in deutsch-chinesischen Jointventures iiberhaupt Kultur im engeren Sinne existiert. Dariiber hinaus werden in der Untersuchung auch teilweise strukturierte Interviews und wenig strukturierte freie Gesprache, die miindlich durchgeftihrt werden, verwendet. Beim teilstrukturierten Interview werden vier Gesprachsthemen, die teilweise qualitativ, teilweise quantitativ sind, angesprochen. Im Vergleich zum Fragebogen verftigt diese Form tiber mehr Freiheitsspielraum, da die Antworten der Befragten nur wenig eingeschrankt und jederzeit vertieft oder verbreitert werden konnen. AuBerdem wurden in der Untersuchung wenig strukturierte freie Gesprache durchgeftihrt. Dabei gab es keine vorbereiteten und vorformulierten Themen, vielmehr wurde die Hauptrichtung der Untersuchung - die Existenz und Rolle der Kultur^"^^ Atteslander (2000), S. 114 ^^^ Vgl. ebenda, S. 137ff Theoretische Grundlage der Untersuchungsmethoden faktoren im engeren Sinne zu untersuchen - verfolgt. Diese freien Gesprache stellten sich als sehr wertvoll far diese Arbeit heraus, da die verschiedenen Funktionen der Kulturfaktoren im engeren Sinne tief in der Tradition und breit in den betrieblichen Tatigkeiten verwurzelt und vielfaltig mit Politik, Gesellschaft und der Globalisierung verbunden sind. Nur mit Ja/Nein- oder Multiple-Choice-Antworten oder nur mit Fragen in thematisch eingeschrankten Themenbereichen ist es kaum moglich, umfassende Erkenntnisse zu erhalten. Das wissenschaftliche freie Gesprach unterscheidet sich hier deutlich von einem alltaglichen Gesprach. Einerseits wird die Zielrichtung des Gesprachs auf jeden Fall vom Interviewer kontrolliert. Andererseits kann die Gesprachsfiihrung dem Ausbildungsniveau und dem Erfahmngshorizont des jeweiligen Gesprachspartners, deutscher und chinesischer Untemehmensleiter, von Fiihrungskraften und Mitarbeitem, angepasst werden. 3.2.3 Beobachtung als Untersuchungsmethode Unter Beobachtung versteht man „das systematische Erfassen, Festhalten und Deuten sinnlich wahmehmbaren Verhaltens zum Zeitpunkt seines Geschehens" ^^^. Die wissenschaftliche Beobachtung kann ebenfalls eine qualitative oder eine quantitative Forschung sein. Die Untersuchung in dieser Arbeit bezieht beides ein. Da qualitative Beobachtungen „in erster Linie komplexere Situationen und Interaktionen in ihrer Ganzheit erfassen"'^^ konnen, sind sie ftir die Untersuchung in deutsch-chinesischen Jointventures mit ihrer Mischung von unterschiedlichen Kulturen, Traditionen, gesellschaftlichen und politischen Einfliissen besonders geeignet. Im Bezug auf die Rolle der Beobachter gibt es zwei Moglichkeiten: die Rolle als forschender Beobachter und die Teilnehmerrolle im Feld. Die quantitativ orientierten Beobachtungsdesigns betonen die Rolle als forschender Beobachter, „was meist mit einem geringen Partizipationsgrad im Feld verbunden" ist, wahrend die qualitativ orientierten Beobachtungsdesigns die Teilnehmerrolle wichtiger fmden, was einen hohen Partizipationsgrad des Forschers im Feld und die Identitat von Forscher und '^^ '^' Atteslander (2002), S. 73 Ebenda, S. 85 75 76 KapitelS: Methodisches Vorgehen und Datenerhebung Beobachter voraussetzt" ^^^. Beim Betonen der Rolle als forschender Beobachter konnen Forschungsprozess und Erfassungsprozess personell getrennt werden, da aus manchen Begrenzungen heraus - wie z. B. Sprachschwierigkeiten in einer interkulturellen Untersuchung - Forscher und Beobachter nicht dieselbe Person sind. Die daraus resultierenden Kommunikations- und Abstimmungsprobleme konnen die Untersuchungsergebnisse negativ beeinflussen.^^^ In dieser Arbeit wurde die Teilnehmerrolle betont. Dafur gibt es drei Griinde. Zum einen stellen die Beobachtungsobjekte eine Mischung von zwei Menschengruppen dar, die nicht nur von zwei Kulturen, Traditionen und Sprachen gepragt wurden, sondem dartiber hinaus dem Einfluss amerikanischer Kultur ausgesetzt waren und sind. Fiir einen Beobachter, der in der chinesischen Kultur und Tradition aufgewachsen ist und die deutsche Kultur, Tradition und Sprache aus Ausbildung und Erfahrung gut kennt, ist es ohne weiteres moglich, den Forschungs- und den Erfassungsprozess personlich und einheitlich durchzuftihren. Zum Zweiten ist die Beobachtung zwar im hohen MaB wenig strukturiert, muss aber doch dynamisch gesteuert werden, wenn z. B. entschieden werden muss, was oder wie zu beobachten ist. Zum Dritten ist diese Untersuchung so angelegt, dass jeweils wahrend des ein- bis zweiwochigen Beobachtungszeitraums in einem Jointventure sowohl schriflliche Befragungen durch Fragebogen als auch Interviews oder Gesprache personlich durchgefiihrt werden sollen. Bei dieser Kombination ist eine personliche Durchftihrung der Beobachtung besonders geeignet. 3.2.4 Ergdnzende Untersuchungsmethoden Wie in den letzten zwei Kapiteln geschildert wird die Datenerhebung dieser Arbeit hauptsachlich direkt mit personlichen Methoden durchgefiihrt. Allerdings ist wegen der groBen raumlichen Distanzen zwischen den untersuchten deutsch-chinesischen Jointventures in der Volksrepublik China der Einsatz von Post und modemer Kommunikation - Brief, Telefon, Fax und E-Mail - zur Erganzung unabdingbar. ^^^ ^^^ Ebenda, S. 86 Vgl. ebenda, S. 86-i Theoretische Grundlage der Untersuchungsmethoden 11 Die Befragung per Post, E-Mail und Telefon wird mit dem gleichen Fragebogen, aber ohne die Moglichkeit einer freien Interpretation durchgefiihrt. Dem Nachteil einer zeitlich verzogerten Antwort steht der Vorteil einer moglicherweise iiberlegteren und genaueren Beantwortung gegeniiber. Die Kombination der Methoden und der verwendeten Formen dieser Arbeit stellt die folgende Tabelle dar: \^^ Beschreibung \^^ der ^\Methoden ^\ Personlich und direkt Schriftliche Befragung Verwendete ^ \ Formen ^ \ Konstruierte Ja Fragebogen oder Themen Freie Interpretation Teilnehmende Beobachtung Indirekt Mlindliche Interviews/G esprache Beobachtung Befragung per Post/Telefon E-Mail/Fax Ja Ja Ja Ja Ja Ja - - Tabelle 3-2: Untersuchungsmethoden und verwendeten Formen 3.3 Auswahl der Jointventures und Zielgruppen Die Suche nach geeigneten Jointventures und Interviewpartnem fand mit Hilfe von Adressenmaterial statt, das u. a. aus Informationen der Deutschen AuBenhandelskammer fiir die VR China und Hongkong gesammelt wurde. Dank meiner sechsjahrigen Mitarbeit bei der GTZ (Deutsche Gesellschaft flir Technische Zusammenarbeit) in China konnte ich einige Jointventures direkt kontaktieren. Der aufwendige Auswahlprozess orientierte sich demnach an folgenden Kriterien> 1. Die Suche konzentrierte sich auf deutsch-chinesische Jointventures in der VR China und in Hongkong. Die Jointventures wurden nach folgender Verteilung ausgew^ahlt: GroBe Stadte (Peking, Shanghai, Kanton) ca. 54%; mittlere und kleine Stadte ca. 27% 78 KapitelS: Methodisches Vorgehen und Datenerhebung (Jinan, Qingdao usw.). Zu den restlichen ca. 19% zahlen Jointventures in der Sonderverwaltungszone Chinas Hongkong. 2. Bei der Befragung sollten die Antworten moglichst sowohl von deutschen als auch chinesischen Fuhmngskraften oder Mitarbeitem jeweils der gleichen Ebene bearbeitet werden, weil es bei der Antwort zwischen Fiihrungskraflen und Mitarbeitem wahrscheinlich Unterschiede gibt. Diese Arbeit aber beschaftigt sich im Wesentlichen mit den Kulturen zweier Lander. Die Unterschiede zwischen zwei Ebenen (Fuhrungskrafte und Mitarbeiter) aus einer Kultur werden hier nicht betrachtet. 3. Bei der Auswahl der Interviewpartner sollte beachtet werden, dass die folgenden Personengruppen (nicht unbedingt innerhalb eines Jointventures) bevorzugt befragt werden: - deutsche Ftihrungskrafte - chinesische Fuhrungskrafte - deutsche langfristige Mitarbeiter (mehr als ein Jahr) - deutsche kurzfristige Mitarbeiter (weniger als sechs Monate) - chinesische Mitarbeiter, die mehr als ein Jahr mit Deutschen zusammen gearbeitet haben - chinesische Mitarbeiter, die weniger als sechs Monate mit Deutschen zusammen gearbeitet haben 3.4 Die Konstruktion der Untersuchung 3.4.1 Schriftliche Befragung Die schriftliche Befragung deutscher und chinesischer Ftihrungskrafte sowie von Mitarbeitem wird durch schriftliche Fragebogen durchgeflihrt. Der Fragebogen beginnt mit der Erklamng, dass diese Befragung einer Dissertation im Rahmen der Kultur in der Untemehmenskultur deutsch-chinesischer Jointventures dient und die Befragung anonym ist. Es wird ebenfalls erklart, dass das betreffende Jointventure auf Wunsch die Untersuchungsergebnisse nach ihrer Veroffentlichung bekommt. Diese Erklamng wird miindlich wiederholt, um die Bereitschaft zur Mitwirkung zu erhohen. Die Konstruktion der Untersuchung 79 Vor der Befragung wird extra mundlich erklart, dass der Kulturbegriff in der Befragung sich hauptsachlich auf die Kultur im engeren Sinn bezieht. Hierzu wird ein Beispiel genannt, dass die Kulturveranstaltung gleich Konzert, Literaturlesung, Karaoke usw. bedeutet und mit den klassischen Elementen der Untemehmenskultur wie z. B. „Hero", „Werte" nichts zu tun hat. Diese Betonung ist notwendig, weil alle bisherigen Forschungen und Veroffentlichungen die Begriffe Kultur und Untemehmenskultur ganz anders als in dieser Arbeit verwenden. Der entscheidende Unterschied ist, ob man Kultur und Untemehmenskultur aus betriebswirtschaftlicher und psychologischer oder aus kulturwissenschaftlicher und kulturanthropologischer Sicht betrachtet.^^^ Der Fragebogen besteht aus zehn konstmierten Fragen als Ja/Nein- oder MultipleChoice-Fragen. Im Gegensatz zur Moglichkeit der freien Antwort wird dem Befragten damit die Beantwortung erleichtert. Ausgehend von den zwei zentralen Fragestellungen^^^ und deren nachgeordneten Fragen sind Ja/Nein- oder die Multiple-ChoiceAntworten besonders geeignet. So kann z. B. die Frage Bevor Sie Ihre chinesischen/ deutschen Arbeitskollegen personlich kennen lernten, hatten Sie da bereits Kenntnisse liber Chinesen/Deutsche? einfach mit Ja oder Nein beantwortet werden. Die Frage Welche Sprache sprechen Sie in den meisten Fallen mit Ihren chinesischen Mitarbeitern/Kollegen? ist durch Multiple-Choice einfach und eindeutig zu beantworten. Die einzige Ausnahme bildet die Frage nach dem Filmtitel, der am meisten beeindmckt hat. Die Befragung mit Fragebogen dauert in der Regel, mit miindlicher Erklamng, 30-40 Minuten. Im Folgenden werden alle Fragen in der Reihenfolge des Fragebogens mit den jeweiligen Antwortformen in Klammem erklart und begriindet: Erster Teil von Frage 1: Bevor Sie Ihre chinesischen/deutschen Arbeitskollegen personlich kennen lernten, hatten Sie da bereits Kenntnisse fiber Chinesen/Deutsche? a. Ja. b. Nein. 154 155 Vgl.Kapitel2.1 Vgl.Kapitel3.1 80 KapitelS: Methodisches Vorgehen und Datenerhebung Zweiter Teil von Frage 1: Stimmten diese Kenntnisse mit Ihrenpersonlichen Erfahrungen iiherein? a. Ja. b. Nein. Durch diese Frage wird bestatigt, dass die Deutschen und die Chinesen normalerweise bereits bei einem ersten personlichen Zusammentreffen Kenntnisse und Vorurteile ubereinander batten, diese aber auf Grund der Begrenzung der Kulturelemente haufig unvollstandig oder falsch waren. Frage 1 ist auch eine Vorbereitung der Frage 2. Dort wird bestatigt, ob die Kenntnisse und Vorurteile mit engeren Kulturelementen zu tun haben. Frage 2: Aus welchen Quellen stammen Ihre ersten Kenntnisse iiher Chinesen/Deutsche? a. Deutsche/Chinesische Medien b. Amerikanische Medien c. Personliche Erfahrung d. Erzdhlung von Freunden Diese Frage bezieht sich auf die Rolle der Kulturelemente vor dem Aufbau des Jointventures. Auch wenn erfahrungsgemafi Menschen und Medien sich gegenseitig beeinflussen, wird hier zunachst nur der einseitige Einfluss der Medien auf die Menschen untersucht. Der Riickkoppelung personlicher Erfahrungen mit den eigenen Kenntnissen und Vorurteilen in einem Jointventure auf die Medien wird in einer anderen Frage nachgegangen. Erster Teil von Frage 3: Wie oft haben Sie in den letzten 3 Jahren im Kino oder zu Hauseper Video/DVD einen chinesischen oder einen ausldndischen Film Uber China/Deutschland bzw. Chinesen/ Deutsche gesehen? a. Weniger als 3 Mai b. 4-6 Mai c. 7-10 Mai d. Mehrals 10 Mai 81 Die Konstruktion der Untersuchung Zweiter Teil von Frage 3: Nennen Sie bitte den Titel, der Sie am meisten beeindruckt hat: Diese Frage soil klaren, ob die engeren Kulturelemente noch eine Rolle spielen, nachdem die deutschen und chinesischen Mitarbeiter in einem Jointventure ihre Erfahrungen gemacht haben. Vermutlich ist diese Rolle auch danach noch wegen des groBen Kulturunterschiedes wichtig. Erster Teil von Frage 4: Haben Sie Freunde unter den chines is chen/deutschen Arbeitskollegen? a. Ja. b. Nein. Zweiter Teil von Frage 4: Was wurden Sie gern mit einem chines is chen/deutschen Kollegen zusammen machen, wenn Sie am Wochenende einen Nachmittag zusammen verbringen sollen? a. Reise/Ausflug b. Gesprdch fiber die Arbeit c. Besuch einer traditionellen chinesischen Kulturveranstaltung (Theater, Konzert usw.) d. Besuch und Gesprdch in einem Teehaus Der erste Teil der Frage bezieht sich darauf, inwieweit die deutsche Kultur in einem Jointventure die chinesische Kultur integriert hat. Vermutlich antworten die deutschen Mitarbeiter eher mit ,JVein'' und viele chinesische Mitarbeiter eher mit ,^a". Der Hintergrund der Frage ist wie folgt: In der chinesischen Kultur gibt es im Gegensatz zur deutschen kaum Unterschiede zwischen den Begriffen Bekannter, ArbeitskoUege und Freund. So wird ein Chinese seinen Arbeitskollegen gem als Freund bezeichnen. Der Bedeutungsunterschied dieser Begriffe beeinflusst offensichtlich Vertrauen, Harmonic und Loyalitat zwischen Mitarbeitem in einem Jointventure in besonderer Weise und wird deshalb in einem spateren Kapitel ausfiihrlicher diskutiert. Der zweite Teil der Frage bezieht sich direkt auf die Rolle der engeren Kulturfaktoren. Als Antwort werden vermutlich nicht nur die chinesischen, sondem auch die deutschen Mitarbeiter die Auswahl ,^esuch einer traditionellen chinesischen 82 KapitelS: Methodisches Vorgehen und Datenerhebung Kulturveranstaltung (Theater, Konzert usw.)'' oder ,^esuch und Gesprdch in einem Teehaus'' nehmen, obwohl es zu erwarten ist, dass die Deutschen im ersten Teil der Frage mit ,J\fein'' antworten. Mit der Frage mochte diese Arbeit herausfinden, ob die engeren Kulturveranstaltungen (Im Teehaus gibt es normalerweise zugleich Auffuhrungen traditioneller chinesischer Musik oder Tanzvorfiihrungen) tatsachlich von Deutschen oder Chinesen oder von beiden Seiten akzeptiert werden. Frage 5: Wie stellen Sie sich die Beziehungen zwischen Ihnen und Ihren deutschen/ chinesischen Kollegen vor? a. Eher egalitdr b. Eher hierarchisch c. Ich mochte eher egalitdr, aber meine chinesischen/deutschen Kollegen wollen nicht. d. Ich mochte eher hierarchisch, aber meine deutschen/chinesischen Kollegen wollen nicht. Als eines der wichtigsten Elemente des klassischen Untemehmensbegriffs ist die „Hierarchie" schon haufig erforscht worden. In dieser Arbeit wird dem Thema Hierarchie deshalb noch einmal besondere Aufmerksamkeit gewidmet, weil vermutlich in einem Jointventure fur die chinesischen Mitarbeiter Hierarchie eine groBere Bedeutung hat als fur deutsche. Im Hintergrund der Frage Nummer 4 und 5 steht eine bis heute immer noch aktuelle chinesische Tradition, die sich auf die Beziehung zwischen engeren Kulturfaktoren (beispielsweise Musik) und Sitten bezieht. Die Chinesen glauben, dass die Musik zusammenfuhrt, wahrend die Sitten zur Unterscheidung des Verschiedenen ftihren. Die Musik vereint das Gemeinsame, die Sitten verschaffen Respekt.^^^ Mit Blick auf diese Tradition konnen die Ergebnisse der Fragen 4 und 5 logisch erklart werden. Frage 6: Welche Sprache sprechen Sie in den meisten Fdllen mit Ihren deutschen/chinesischen Kollegen/Mitarbeitern/Vorgesetzten? ^^^ Vgl. Li Ji (ca. 2. Jahrhundert n. Chr.), S. 133 83 Die Konstruktion der Untersuchung a. Deutsch (direkt) b. Deutsch (durch Dolmetscher) c. Chinesisch d. Englisch Durch die Beantwortung dieser Frage sieht man einerseits die Rolle der Sprachen, andererseits den Einfluss der US-amerikanischen Kultur in einem deutsch-chinesischen Jointventure. Erster Teil von Frage 7: In Bezug auf die Einstellung zu Sex finden Sie Ihre deutschen/chinesischen Kollegen/Mitarbeiter/Vorgesetzte: a. Konservativ b. Offen c. Offener d. Viel offener Zweiter Teil von Frage 7: Diese Einschdtzung heruht auffolgender Quelle: a. Chinesische Medien b. Deutsche Medien c. Amerikanische Medien d. Personliche Erfahrung oder andere Quelle Diese Frage soil die Vermutung iiberprufen, dass Film, Literatur etc. haufig falsche und/oder nicht aktuelle Informationen transportieren und damit beim Versuch, die jeweils andere Kultur zu verstehen, eine falsche Orientierung entsteht. Diese Frage wird vermutlich von den meisten Chinesen ..Viel offener als ich'' und .Amerikanische Medien'' beantwortet, wahrend die Deutschen meistens ..Offener als ich'' und ..Chinesische Medien'' auswahlen. Frage 8: In Bezug auf Ihre Arbeit treffen Sie normalerweise Entscheidungen, a. ohne sie Ihren deutschen/chinesischen Mitarbeitern zu erldutern. b. zusammen mit Ihren deutschen/chinesischen Mitarbeitern. 84 Kapitel 3: Methodisches Vorgehen und Datenerhebung c. indem Sie zuerst die Vorschldge Ihrer deutschen/ chines is chen Mitarbeiter horen. d. nach Anweisung. Kulturwandel zu bemerken ist ein Schwerpunkt dieser Arbeit. Nach empirischen Forschungen von Hofstede, Regensburger Projekt usw. ^^^ ist China ein Land mit hohen Kollektivismus-Werten. Durch die Beantwortung dieser Frage und im Weiteren durch die Interviews wird analysiert und diskutiert, dass das klassische Verstandnis zu „hoher Werte von Kollektivismus in China"^^^ zumindest in den deutsch-chinesischen Jointventures nicht mehr stimmt. Frage 9: Bei der Losung eines schweren Problems miissen Sie mit Ihrem deutschen/ chinesischen Mitarbeiter reden. Welchen Ort bevorzugen Sie, wenn es moglich ist? a. BUro in der Arbeitszeit b. Privater Besuch in der Freizeit c. Bei einem gemeinsamen Essen d. In der Pause einer gemeinsamen Kulturveranstaltung Vermuthch spielen die Kulturelemente im engeren Sinn in den Jointventures noch eine SonderroUe: Sie fordem das Miteinander und die Motivation. Diese Funktion ist insbesondere in der chinesischen Kultur bzw. Untemehmenskultur wichtig. „Wenn eine Losung fur ein Problem immer wieder funktioniert, dann wird sie allmahlich als selbstverstandhch betrachtet."^^^ In einem Jointventure versuchen die Chinesen aber auch mit diesem Mittel Probleme mit Deutschen zu losen. Nach Scheins Theorie der „Ebenen der Kultur" gehort diese Funktion zur Orientierung der GrundpramissenEbene.^^' Frage 10: Wie wUrden Sie die Unternehmensgrundsdtze oder einen bestimmten Slogan des Jointventures in Ihrem BUroprdsentieren lassen? ^^^ ^^^ ^^^ ^^^ Vgl. Kapitel 2.2.3.1 und 2.2.4.2 Vgl. Kapitel 2.2.3 und 2.2.4 Schein(1995),S.33 Vgl. ebenda, S. 29ff. Die Konstruktion der Untersuchung a. b. c. d. 85 Als Plakat. Durch eine chinesische Malerei mit KalUgraphie. Hdufig auswendig aufsagen. Auf Biiropapier ausdrucken. Untemehmensgrundsatze wurden in der Mao-Zeit, insbesondere wahrend der Kulturrevolution, haufig auf ein Plakat geschrieben und aufgehangt. Diese Form war aber nicht traditionell chinesisch, gilt heute als „kulturrevolutionar" und ist damit negativ besetzt. Traditionell und heutzutage wieder aktuell ist eine Presentation in chinesischer Malerei und Kalligraphie. Im Vergleich zur westlichen Malerei hat die traditionelle chinesische Malerei mit Kalligraphie eine besondere Eigenschaft: Sie kann viele Bedeutungen, wie z. B. die philosophische, gesellschaftliche, politische, geschaflliche Bedeutung usw. in eine Einheit bringen. ^^^ Diese Form ist vermutlich fur die deutschen und chinesischen Mitarbeiter in einem Jointventure am besten geeignet. 3.4.2 Mundliches Interview Neben der schriftlichen Befragung ist das Interview eine andere Hauptmethode zur Datenerhebung. Das Interview wird mtindlich durchgeftihrt. Alle Personen, die interviewt werden, werden zuerst mit dem Fragebogen schriftlich befragt. Das Interview besteht aus vier Fragen zur freien Interpretation und moglicherweise auch Diskussion. Der Zweck des personlichen Interviews besteht darin, Daten fiir eine tiefere Analyse zu erheben oder Antworten zu einer komplexen Situation zu bekommen. Die Themen im Interview beziehen sich deswegen auf Fragen im Fragebogen. Zum Beispiel: Wenn der Befragte zur Frage ,^us welchen Quellen stammen Ihre ersten Kenntnisse uber Chinesen/Deutsche?'' die Antwort „Medien'' ausgewahlt hat, wird er in dem Interview gebeten ein Beispiel dafiir zu erlautem. Dann wird geklart, welches Medium genau gemeint war. Da die Interviewten schon schriftlich befragt wurden, konnen die Themenbereiche schnell und gezielt vertieft werden. Die Interviews werden jeweils einzeln durchgeftihrt. Aus Zeitgriinden werden nur zwei von vier Themen angesprochen. Die Aus^^^ Vgl. Miklos (1982), S. 200ff 86 Kapitel3: Methodisches Vorgehen und Datenerhebung wahl der Fragen richtet sich nach den Antworten der schrifllichen Befragung und der hierarchischen Ebene des Befragten (Fiihrungskrafte, Mitarbeiter usw.). Das Interview dauert in der Kegel je 20-30 Minuten. Dabei werden die folgenden vier Themenbereiche angesprochen: Thema 1: Gibt es innerhalb des Jointventures kulturelle Veranstaltungen? Hat sich das als sinnvoll herausgestellt? Warum? Unterstutzt das Jointventure aufierhalb des Unternehmens kulturelle Veranstaltungen? Warum? Das Thema ist geeignet zum Gesprach mit Fiihrungskraften des Jointventures. Von der vorab gesammelten Information her haben viele deutsch-chinesische Jointventures nicht nur kulturelle Veranstaltungen innerhalb des Untemehmens, sondem unterstiitzen auch Kulturveranstaltungen auBerhalb. Bin Gesprach iiber dieses Thema soil klaren, ob Kulturveranstaltungen die Entwicklung des Untemehmens fordem und beschleunigen. Thema 2: Stimmen Ihre Kenntnisse aus Medien ilber Deutsche/Chines en mit Ihren personlichen Erfahrungen ilberein? Konnen Sie ein Beispiel nennen? Sprechen Sie darilber mit Ihren Bekannten und Freunden oder schreiben Sie sogar darilber an offentliche Medien? Diese Frage wird teilweise schon im Fragebogen gestellt. Hier soil iiber sie tiefer diskutiert werden, um herauszufmden, aus welcher konkreten Medienform die falschen Informationen stammen. Darilber hinaus soil geklart werden, ob die Medien sich durch ein Feedback des Publikums verandert haben. Thema 3: Warum bevorzugen Sie bei einem wichtigen oder schwierigen Gesprach mit Ihren deutschen/chinesischen Kollegen/Mitarbeitern/Vorgesetzten ein Restaurant, ein Konzert oder das Bilro? Die Konstruktion der Untersuchung 87 Diese Frage wird teilweise auch im Fragebogen gestellt. Das Gesprach soil daruber hinaus tiefer analysieren, inwieweit Kulturelemente im engeren Sinn chinesischen Gepflogenheiten folgend als Instrumente zur Forderung des Miteinanders und der Motivation im jeweiligen Jointventure eingesetzt werden. Thema 4: Giht es US-amerikanische Einflusse in dem Jointventure? Konnen Sie ilber Ihre Erfahrungen herichten? Amerikanischer Kultureinfluss ist iiberall in China und in Deutschland bemerkbar. Die Kultur in deutsch-chinesischen Jointventures ist eine Mischung aus chinesischer, deutscher und amerikanischer Kultur. So sind bei Chinesen z. B. die Haltungen zu Loyalitat und Geld nicht mehr wie haufig noch von Deutschen erwartet konfuzianisch, sondem vielmehr amerikanisch gepragt. Die kritischen Einflusse der USamerikanischen Kultur werden in einem spateren Kapitel noch im Detail diskutiert. 3.43 Freies Gesprach Zum einen ist das freie Gesprach mit deutschen und chinesischen Gesprachspartnem im Vergleich zu dem mit verschiedenen Themen strukturierten Interview auch zielorientiert, aber viel flexibler. Zum anderen lasst das freie Gesprach eine breitere Sicht zu, die nicht nur den Zusammenhang von Kultur, Wirtschaft, Gesellschaft und Politik einschlieBen kann, sondem auch eine geschichtliche Sicht der Prozesse und Entwicklungen in Jointventures ermoglicht. In der Durchfiihrung des freien Gesprachs spielen neben der Befragung der Austausch von Information, die Diskussion und der Meinungsaustausch eine RoUe. So fordert das freie Gesprach sowohl eine Vertiefiing als auch eine Verbreiterung der im Fragebogen und Interview behandelten Themen. Vom freien Gesprach werden vermehrt Beispiele fiir Prozesse in der deutschchinesischen Zusammenarbeit und die Besonderheiten, die fast jedes Jointventure in seinen kulturellen Aktivitaten gezeigt hat, erwartet. 88 KapitelS: Methodisches Vorgehen und Datenerhehung Zum freien Gesprach gibt es keine vorbereiteten Fragen oder Themen. Das Gesprach wird hauptsachlich in drei Dimensionen rund um die zwei zentralen Fragen^^^ - die Existenz der Kulturfaktoren im engeren Sinne und ihre Rolle - wie folgt durchgefiihrt: Die erste Dimension befasst sich mit Wahmehmungen und Aktivitaten der deutschen und chinesischen Mitarbeiter rund um die Kulturfaktoren im engeren Sinne. Das ist eine breite Dimension, in der nicht nur die Arbeit in den Untemehmen, sondem auch das normale Leben auBerhalb der Untemehmen eingeschlossen wird. Dabei sollen Meinungen, Haltungen und Einstellungen zu sowie der Umgang mit Themen wie z. B. Literatur, Film, Sprache, Kleidung, Essen und Trinken herausgefunden werden, um die Antworten auf die grundsatzliche Frage 1. mit konkreten Hinweisen und Beispielen zu belegen. Die zweite Dimension beinhaltet die betriebliche Ebene. Die Gesprache fokussieren sich vor allem auf die Untemehmensaktivitaten, die mit Kultur zu tun haben, wie z. B. kulturelle Veranstaltungen in den Untemehmen und die Teilnahme oder Unterstiitzung von Kulturveranstaltungen in der Gesellschaft. Einfliisse und Ergebnisse der Kulturfaktoren sind dabei nicht direkt und eindeutig den betrieblichen Aktivitaten zuordenbar, sondem zeigen sich oft im Zusammenspiel mit wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Faktoren. Deswegen wird diesem traditionellen Zusammenhang in den Gesprachen besondere Aufmerksamkeit gewidmet, um dadurch die Funktion der Kulturfaktoren im engeren Sinne aus kulturwissenschaftlicher und kulturanthropologischer Sicht getrennt beurteilen zu konnen. Die dritte Dimension bezieht sich auf die theoretische Ebene. Die entsprechenden Gesprachspartner sind in erster Linie die deutschen und chinesischen Untemehmensleiter sowie ggf die Zustandigen fur Untemehmenskultur. Sie verfiigen meistens tiber eine gute AUgemeinausbildung sowie spezifische Kenntnisse und Erfahmngen im betrieblichen Management. So ist es moglich, mit ihnen nicht nur in der FrageAntwort- oder in der Frage-Erzahlungs-Form, sondem auch in der Form des Meinungsaustauschs die Gesprache zu fuhren. Diese Personengmppe hat in der Kegel groBe Erfahmng im interkulturellen Management, die sich im Weiteren in Managementtendenzen oder Strategien, die dann mit Hilfe kultureller Instmmente umgesetzt werden sollen, wiederfmden. ^^^ Vgl.Kapitel3.1 Die Konstruktion der Untersuchung 89 3.4.4 Teilnehmende Beohachtung Neben Befragung und Interview wird die personliche Beobachtung eingesetzt. In zwei ausgewahlten Jointventures soil ein langerer Zeitraum, in der Regel je ein bis zwei Wochen, zusammen mit deutschen und chinesischen Mitarbeitem verbracht werden, um dadurch interkulturelle Reaktionen, den Kulturwandel und die Integration der fremden Kultur beobachten zu konnen. Im Unterschied zum freien Gesprach orientiert sich die Beobachtung nicht an Beispielen aus der Vergangenheit, sondem an aktuellen Aktivitaten, die wahrend der Beobachtung stattfinden. 3.4.5 Die Befragungen im Uberblick Wie vorher bereits ausgeflihrt wurde, fokussiert die empirische Untersuchung dieser Arbeit im Wesentlichen auf die Kulturelemente im engeren Sinn, da dieses Thema unerforscht ist. Diese Arbeit wird deswegen mit 80% der schriftlichen Fragen und 75% der Interviewthemen auf diesen Bereich zielen. Daruber hinaus untersucht sie aber mit 20%) der schriftUchen Fragen und 25% der Interviewthemen den breiteren Kulturbegriff und den klassischen Begriff der Untemehmenskultur. Obwohl es in diesem Bereich schon empirische Forschungen gab, sollen hier neue Aspekte beigetragen werden. Eine Verteilung der Untersuchungsschwerpunkte stellt die folgende Tabelle dar: Befragungsbereiche Engerer Kulturbegriff Breiterer Kulturbegriff Befragungsschwerpunkte Rolle der Kulturelemente im engeren Sinn Fragebogen (insgesamt 10 Fragen) Bisher unvollstandig beobachtete Kulturelemente im breiten Sinn 2 Fragen (20%): Frage Nr. 5 und 8 8 Fragen (80%): FrageNr. 1, 2, 3, 4, 6, 7, 9 und 10 3 Themen (75%): 1 Thema (25%): Thema Nr. 1, 2 Thema Nr. 4 und 3 Ja Ja Interview (insgesamt 4 Themen) Beobachtung Tabelle 3-3: Verteilung der Untersuchungsschwerpunkte Klassischer Begriff der Untemehmenskultur Kulturwandel in chinesischer Gesellschaft und Jointventures 1 Frage (10%): Frage Nr. 8 Keine Ja 90 3.5 Kapitel 3: Methodisches Vorgehen und Datenerhebung Probelauf der Untersuchung Vor der eigentlichen Durchfuhrung der Untersuchung wurden im Zeitraum vom 15.-26. Dezember 2003 Probelaufe in zwei deutsch-chinesischen Jointventures durchgefuhrt. Diese beiden Jointventures befinden sich in der Hauptstadt der Provinz Shandong Jinan und in ihrer Kustenstadt Qingdao. Aus drei Griinden wurden die beiden Jointventures fur die Probelaufe ausgewahlt. Zum einen waren beide Untemehmen dem Verfasser aus einer fruheren Arbeit personlich bekannt. Zum Zweiten liefen beide Jointventures bereits seit mehr als acht Jahren. Als typische deutsch-chinesische Jointventures in mittelgroBen Stadten haben sie also Erfahrungen im Rahmen der interkulturellen Untemehmung gesammelt. Zum Dritten war beabsichtigt auf der Basis des Probelaufs und der spateren vollstandigen Befragung tief greifende Untersuchungen, wie z. B. langzeitige Beobachtungen, anzustellen. Bei den beiden Jointventures wurden insgesamt zwei Probeinterviews mit zwei Personen (einem Deutschen und einem Chinesen, jeweils mit einem Interviewthema) und vier Probebefragungen bei vier Personen (zwei Deutsche und zwei Chinesen, jeweils mit alien zehn Fragen) durchgefuhrt. Die Interviews wurden erfolgreich durchgefuhrt und alle vier Fragebogen vollstandig ausgefuUt. Die Ergebnisse der Probelaufe wurden deswegen zusammen mit den Ergebnissen der offiziellen Untersuchung fur die Datenerfassung verwendet. Bei den Probelaufen wurde die geplante Zeit um jeweils zehn Minuten iiberschritten, weil zunachst noch eine Klarung der Begriffe wie z. B. Kulturveranstaltung erfolgen musste. Aus dieser Erfahrung heraus wurde sowohl der schriftlichen als auch der miindlichen Befragung eine Begriffsklarung vorgeschaltet. 3.6 Die Durchfuhrung der Untersuchung 3.6.1 Zeitliche und inhaltliche Uberlegungen Die eigentliche Untersuchung wurde in zwei Abschnitten von je ca. zwei Monaten durchgefuhrt. Die erste Erhebung erfolgte direkt nach den Probelaufen in der Zeit zwischen dem 29. Dezember 2003 und dem 27. Februar 2004. Die zweite Erhebung Die Durchfuhrung der Untersuchung 91 erfolgte ein Jahr spater in der Zeit zwischen dem 11. Dezember 2004 und dem 10. Februar 2005. Die Untersuchung zu diesem Termin hat sich aus drei Griinden als vorteilhaft erwiesen. Erstens beinhaltet dieser Zeitraum die drei wichtigsten traditionellen Feste fur Deutsche und Chinesen - Weihnachten fiir Deutsche, das Friihlingsfest fiir Chinesen und Neujahr fur beide. Wahrend dieser Phase gibt es in Jointventures mehr Kulturveranstaltungen als sonst. Sie ist also ein geeigneter Zeitraum zur Beobachtung und zum personlichen Erleben der RoUe der engeren Kulturelemente. Zweitens wird in dieser Zeit in den Untemehmen der Jahresbericht geschrieben. Er liefert auch Informationen iiber die Funktion und RoUe der Kultur im vergangenen Jahr im Untemehmen. Drittens handelt es sich fur die deutschen Untemehmen in China nicht um eine Hauptgeschafts- oder Hauptproduktionszeit. Deswegen haben die Befragten und Interviewten Zeit die Fragen iiberlegt und in Ruhe zu beantworten. Die Befragungen konnten haufig in entspannter Atmosphare bei Kaffee oder Tee durchgefuhrt werden. Obwohl dabei gelegentlich die geplante Zeit iiberschritten wurde, kam dieses der Qualitat der Antworten zugute. Inhaltlich unterscheiden sich die erste und die zweite Untersuchung. Die erste Untersuchung beinhaltet den Schwerpunkt, die gmndlegenden Daten um die erste zentrale Frage - Gibt es iiberhaupt Kultur im engeren Sinne in deutsch-chinesischen Jointventures - zu erheben. Die zweite Untersuchung hat die Hauptaufgabe diese Thematik zu vertiefen und die zweite zentrale Frage - Was fiir eine RoUe spielt die Kultur im engeren Sinne in deutsch-chinesischen Jointventures - zu beantworten. Deswegen waren die Methoden fur die erste Untersuchung hauptsachlich Befragungen durch Fragebogen und Interviews. In der zweiten Untersuchung wurden hingegen mehr die Methoden der Beobachtung und des freien Gespraches verwendet. 3.6.2 Die Untersuchungsorte und -untemehmen Die Untersuchungen wurden bei insgesamt 26 deutsch-chinesischen Untemehmen in funf chinesischen Stadten - Peking, Jinan, Qingdao, Shanghai, Kanton - und der Sonderverwaltungszone Hongkong durchgefuhrt. Die Auswahl der Orte basiert auf folgenden Uberlegungen: 92 KapitelS: Methodisches Vorgehen und Datenerhebung - Samtliche Stadte und die Zone Hongkong befinden sich in dem wirtschaftlich hoch entwickelten Ktistenstreifen im Osten Chinas, wo sich die meisten und wichtigsten deutsch-chinesischen Untemehmen befinden. - Die heutige Hauptstadt Peking, die seit dem 10. Jahrhundert Hauptstadt von fiinf verschiedenen chinesischen Dynastien war, „spielt die Hauptmelodie". Dariiber hinaus wird sie von offiziellen Stellen das „Zentrum der chinesischen Kultur" genannt und ubemimmt damit eine Vorbildfunktion, die sie auch weitgehend erfullt. Sie ist auf jeden Fall von herausragender Bedeutung fur die chinesische Tradition und Kultur. - Die Stadte Jinan und Qingdao befinden sich in der Provinz Shandong, die als Quelle des Konfuzianismus gilt und wo bis heute immer noch traditionelle chinesische Kultur und Gebrauche eine groBe RoUe spielen. - Shanghai und Kanton sind die Stadte, die sich als erste uberhaupt in der chinesischen Geschichte nach Westen offneten. - Hongkong wurde als typische Zone mit groBen intemationalen Kultureinfliissen ausgewahlt. 3.6.2.1 Peking Peking ist die Hauptstadt von China. Die Einwohnerzahl betragt 14,1 Millionen.^^^ Peking ist nicht nur ein kulturelles und politisches Zentrum sowie auch nach Shanghai die zweitgroBte Industrie- und Handelsmetropole Chinas. Seit den achtziger Jahren haben zunehmend auslandische bzw. deutsche Untemehmen direkt in Peking investiert. In Peking wurden acht deutsch-chinesische Untemehmen (Nr. 1-8) aus den Branchen Management, Erziehung, Flugservice, Hotel, Bauelemente, Automobil, IT und Kulturbetrieb besucht und untersucht. Wie im Kapitel 2.1.6 geschildert wurde, steht die Untemehmenskultur deutschchinesischer Jointventures in einem Zusammenhang mit der politischen und sozialen Umgebung. Die deutsch-chinesischen Untemehmen verwenden die Kulturfaktoren im engeren Sinne als Instmmente, um gute Beziehungen zu politischen und sozialen Stellen zu pflegen und damit die Erreichung ihrer wirtschaftlichen Ziele zu unter^^^ Staatliches Statistikamt Chinas (2005), Kapitel 4.7 Die Durchfuhrung der Untersuchung 93 sttitzen. Im Vergleich zu Deutschland spielen politische Faktoren zur Forderung der wirtschaftlichen Aktivitaten in China eine wichtigere Rolle. Peking als das politische Zentrum Chinas bietet viele Gelegenheiten fiir Untemehmen ihre wirtschaftlichen Aktivitaten mit der notwendigen politischen Unterstiitzung zu versehen. Beispielsweise ist das untersuchte Untemehmen Nr. 8 selbst ein Kulturbetrieb im engeren Sinne. Dieser Kulturbetrieb wurde im Jahr 2002 in Peking gegriindet und anlasslich des Besuches von Bundeskanzler Gerhard Schroder im Jahr 2004 von ihm offiziell eroffnet. Durch diese Aktion hat der Betrieb landesweit eine hohe Aufmerksamkeit durch die chinesische Presse erfahren und konnte sowohl mehr Besucher als auch vor allem chinesische Spitzenkiinstler anlocken. Als kulturelles Zentrum und Fenster zum Kulturaustausch Chinas mit westlichen Landem bietet Peking zahlreiche Kinos, Theater, Museen, Konzerthauser, Karaokehallen usw. an, wo man sowohl traditionelle oder modeme chinesische Kultur als auch die aktuelle westliche Kultur erleben kann. Dieses Angebot wird auch von Unternehmen in Peking genutzt. Alle acht der dort untersuchten Untemehmen haben betriebliche Versammlungen oder Feste in Konzerthallen o. a. durchgefuhrt. 3.6.2.2 Jinan und Qingdao In der Ostprovinz Shandong bzw. in der Provinzhauptstadt Jinan und der Kustenstadt Qingdao wurden Untersuchungen bei sieben deutsch-chinesischen Jointventures (Nr. 9-15) aus den Branchen Chemie, Bodenschatze, Energie, Management, Automobil, und Bauelemente durchgefuhrt. Die Einwohnerzahl in Jinan und Qingdao betragt 5,9 Millionen^^"^ bzw. 7,3 Millionen'^^ Zu den wichtigsten Produktionsgiitem der zwei Stadte gehoren Textilien, Nahmngsmittel, Stahl, Fahrzeuge, Maschinen, Werkzeuge und chemische Erzeugnisse. Seit der Shang-Dynastie (ca. 17.-11. Jahrhundert v. Chr.) spielte die Provinz Shandong in der friiheren chinesischen Kulturgeschichte eine besondere Rolle. Die Provinz wird als Geburtsort der Philosophen Konfuzius und Mencius sowie als „Staat der Riten ^^^ Statistikamt der Stadt Jinan (2005), Kapitel 14 Ebenda, Kapitel 12 94 KapitelS: Methodisches Vorgehen und Datenerhebung und Sitten" verehrt. Sie stellt also eine der wichtigsten Quellen chinesischer Kultur dar. Aus dieser Tradition heraus ist die alte konfuzianische Kultur in diesem Gebiet mehr als in anderen Regionen Chinas bis heute ausgepragt. Zugleich zeigt sich in der Provinz aber auch der starke Einfluss europaischer Kulturen, insbesondere der deutschen Kultur. Der europaische Kultureinfluss begann durch Interventionen am Ende des 19. Jahrhunderts: Qingdao war von 1898 bis 1915 unter deutscher und von 1915 bis 1922 unter japanischer Herrschaft. Eine andere Hafenstadt, Weihai, gehorte von 1898 bis 1930 zu GroBbritannien. Qingdao entwickelte sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch den systematischen Ausbau des Hafens zu einer Industriestadt europaischen Zuschnitts. Das deutsch gepragte Stadtbild wird von einer Vielzahl reprasentativer Bauten aus der Zeit um 1900, beispielsweise prachtvoller Villen, von Fachwerkhausem und Parkanlagen, dominiert. Die deutsche Kultur hat dadurch die traditionelle chinesische Kultur beeinflusst. Zum Beispiel: Nur in Qingdao nennt man offiziell den Einlaufschacht der StraBenabwasser bis heute immer noch -i-^ ^^^ (Gully), obwohl das deutsche Wort aus dem Englischen kommt. AuBerdem baute Deutschland damals provinzweit Kirchen, Hochschulen, Krankenhauser und die erste Eisenbahn zwischen Qingdao und Jinan, die teilweise bis heute noch in Funktion sind. Die Untersuchungen in Jinan und Qingdao haben deutlich gezeigt, dass diese Einrichtungen neben den Medien wichtige Informationskanale flir die dortigen Chinesen darstellen, Deutschland, die Deutschen und vor allem aber deutsche Kultur, Qualitat und Stil kennen zu lemen. Der chinesische Geschaftsfuhrer des Jointventures Nr. 10 erzahlte beim Interview, dass er sich kaum Sorgen liber die Zusammenarbeit mit Deutschen gemacht habe, weil „wir uns schon vor 100 Jahren kannten". Im Zuge der Globalisierung haben sich seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts nahere wirtschaftliche Beziehungen zwischen Deutschland und der Provinz Shandong entwickelt. 1987 hat die Provinz mit dem Freistaat Bayem eine Partnerschaft begrundet. Seit 1991 wird jedes Jahr in Qingdao nach dem Vorbild des Miinchener Oktoberfests ein „Intemationales Bierfest" veranstaltet. Bis Ende Juli 2004 existierten in der Provinz insgesamt 414 Untemehmen mit deutschen Investitionen. Das bilaterale Handelsvolumen zwi- Laut der chinesischen Worter: gu li Die Durchfilhrung der Untersuchung schen Shandong und Deutschland betmg im Jahr 2003 knapp 1.500 Millionen USDollar.^^^ 3.6.2.3 Shanghai In Shanghai wurden vier deutsch-chinesische Jointventures (Nr. 16-19) aus den Branchen Chemie, Kommunikation und Automobil untersucht. Shanghai ist die Hafenstadt im Jangtse-Delta im Osten Chinas und eine der groBten Stadte der Welt, die groBte Stadt Chinas sowie das bedeutendste Handels- und Finanzzentrum des Landes. Wichtige Produktionszweige sind u. a. die Herstellung von Textilien, Stahl, chemischen und pharmazeutischen Erzeugnissen, Maschinen, Fahrzeugen, Papier, Druckereierzeugnissen und elektronischen Geraten. Die Einwohnerzahl betragt 16,1 MilHonen.^^^ Im Gegensatz zu Peking und Shandong blickt Schanghai auf keine lange Geschichte zuriick und hat keinerlei tief greifende Wurzeln in der konfuzianischen Kultur. Shanghai wurde erst im 11. Jahrhundert gegriindet und blieb danach lange Zeit ein kleines Fischerdorf. Seit dem 18. Jahrhundert wuchs die Stadt allmahlich an. Bedeutung erlangte sie jedoch erst nach 1842, als die Briten die Stadt im Opiumkrieg eroberten und sie fiir den AuBenhandel offneten. In der Folgezeit erhielten auch andere Lander, darunter Frankreich und die Vereinigten Staaten, extraterritoriale Rechte und Privilegien. Niederlassungen europaischer Banken und Handelsgesellschaflen wurden in Shanghai errichtet. Der Handel bluhte auf. 1860 war Shanghai der Hafen mit dem groBten Handelsaufkommen Chinas. Seit den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts unterstiitzte auslandisches Kapital die Industrie vor Ort, angezogen von der Vielzahl billiger Arbeitskrafte. 1904 begrlindete Siemens seine erste standige Niederlassung in Shanghai. In den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts erreichte Shanghai sowohl wirtschaftlich als auch kulturell einen Hohepunkt. Aus historischen Grunden ist die Kultur in Shanghai keine rein chinesische, sondem eine mit amerikanischen und europaischen Einfliissen gemischte Kultur. In den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts zahlte Shanghai eine Million Einwohner, darunter 60.000 Auslander. Obwohl in der Mitte des chine- ^^^ AuBenhandelsamt der Provinz Shandong (2004) Staatliches Statistikamt Chinas (2005), Kapitel 4.7 95 96 KapitelS: Methodisches Vorgehen und Datenerhehung sischen Kiistenstreifens liegend und auf einer chinesischen Kultur basierend, zeigen sich Einfliisse westlicher Kulturen in Shanghai durch Lebensstil, Ideologic, Architektur usw. deutlich. Mit dem wirtschaftlichen Fortschritt ist die intemationale Atmosphare auch heute in der Stadt wieder zu spiiren. Obwohl das fiir Chinesen eine neue Intemationalisierung und Globalisierung bedeutet, ist es fur den Westen „eine Renaissance ihrer Kunst und Kultur und signalisiert damit eine Riickkehr zu ihren triumphalen Tagen der Vergangenheit"^^^ Seit Anfang der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts haben die Wirtschaftsreformen, die Deng Xiaoping einleitete, zu einem enormen Anstieg der Industrieproduktion und der auslandischen Investitionen in Shanghai geflihrt. Bis Ende 2004 waren etwa 30.000^^^ auslandische Untemehmen in der Stadt vertreten - so viele wie nirgendwo sonst in einer Stadt auf dem chinesischen Festland. Gerade auch bei deutschen Untemehmen ist Shanghai besonders beliebt. Deutsche wie andere Auslander mogen an Shanghai das inter-nationale Flair, das gemaBigte Klima, die urbane Lebensqualitat und die zentrale Lage im chinesischen Markt. Bis Ende 2004 haben einige Hundert deutsche Untemehmen, damnter auch die Elite der deutschen Untemehmen, wie VW, Bayer, BASF, Siemens, Thyssen-Kmpp, in Shanghai ihre Jointventures oder Niederlassungen begrundet. Die untersuchten deutsch-chinesischen Jointventures in Shanghai sind deutlich groBer als die in den anderen besuchten Regionen. Deswegen haben sie mehr Geld fiir Veranstaltungen im Rahmen der Untemehmenskultur zur Verftigung. Neben den Kulturfaktoren im engeren Sinne, wie sie auch von den kleineren deutsch-chinesischen Jointventures betrieben werden, untersttitzen die groBen deutschen Untemehmen in Shanghai landesweit Kulturveranstaltungen im engeren Sinne. Dabei fordem sie nicht nur chinesische Spitzenkiinstler, sondem auch Unbekannte und Nachwuchs. ^^^ ^^^ Yahoo Reisefuhrer (2005) Xu (2005) Die Durchfuhrung der Untersuchung 3.6.2.4 Kanton In Kanton, der Hauptstadt der Provinz Guangdong im Siiden Chinas, wurden zwei deutsch-chinesische Jointventures (Nr. 20-21) aus den Branchen Sicherheits- und Qualitatsprufiing, Elektrowerkzeuge und Verpackungsmaschinen untersucht. Kanton ist ein bedeutendes Kultur- und AuBenhandelszentrum Stidchinas. Zu den wichtigsten Produktionsgiitem gehoren Maschinen, Fahrzeuge, Nahrungsmittel, Eisen und Stahl, chemische Erzeugnisse, Textilien, Papier und Zement. Die Einwohnerzahl betragt 7,4 Millionen.'^* Kanton blickt auf eine lange Geschichte bis zum 3. Jahrhundert v. Chr., als in Nordchina Konfuzius lebte, zuriick. In der Han-Dynastie (206 v. Chr. - 220 n. Chr.) war Kanton das friiheste AuBenhandelszentrum Chinas. Bis zum 10. Jahrhundert war die „SeidenstraBe auf dem Meer", die auf Kanton basierte, in Funktion. Damals trieben in Kanton Araber, Perser und Inder Handel. Im 16. Jahrhundert erreichten die Portugiesen Kanton. ^^^ Ein Jahrhundert spater folgten ihnen britische und im 18. Jahrhundert dann franzosische und hollandische Handler. Inzwischen entwickelte sich Kanton zu einem Kulturzentrum in Siidchina. Durch den viele Jahrhunderte lang betriebenen AuBenhandel haben auslandische Kulturen ihre teilweise tiefen Spuren hinterlassen. Besonders giU dieses fiir die europaischen Einfliisse seit dem 16. Jahrhundert. Die im Jahre 1863 gebaute katholische Kirche in der Stadt ist bis heute die groBte in Ostasien. 1924 wurde hier eine der fiihrenden Hochschulen westlichen Stils in China - die Sun Yatsen Universitat - gegriindet. Dennoch waren die westlichen Einfliisse auf Kanton nicht so stark und tief wie in Shanghai, da in Kanton die westlichen Lander keine Extraterritorien hatten und auch kaum Untemehmen betrieben. Nach der Griindung der Volksrepublik hat sich die AuBenhandelsgeschichte von Kanton weiter entwickelt. Seit 1957 finden in der Stadt kontinuierlich bis heute mehrmals jahrlich wichtige Internationale Messen statt. Sogar wahrend der Kulturrevolution in den 60er und 70er Jahren wurde davon nicht abgewichen. ^ ^ ^ Statistikamt der Stadt Kanton (2004), Kapitel 6 '^^ Vgl. Huang (2003) 97 98 Kapitel3: Methodisches Vorgehen und Datenerhebung Kulturfaktoren im engeren Sinne sind in Kanton ebenfalls als bedeutende Instrumente von deutsch-chinesischen Untemehmen verwendet worden. 3.6.2.5 Hongkong In Hongkong, der Sonderverwaltungszone Chinas, wurden fiinf deutsch-chinesische Untemehmen (Nr. 22-26) aus den Branchen Chemie, Optik und Messtechnik, Training, Versandhandel und Elektrowerkzeuge untersucht. Hongkong Hegt auf einer Halbinsel mit zahlreichen vorgelagerten Inseln. Die Flache betragt 1.092 Quadratkilometer. Die Zahl der Einwohner betragt 6,8 Millionen.^^^ Hongkong wurde bis zum 30. Juni 1997 als Kronkolonie GroBbritanniens von einem von der britischen Krone emannten Gouvemeur regiert. In der Nachkriegszeit ist Hongkong zu einem der weltweit bedeutendsten Zentren der Fertigungsindustrie, des Handels und des Finanzwesens geworden, indem es seine traditionelle Rolle als Umschlagplatz durch betrachtliche Investitionen in die Industrie ausgebaut hat. Hongkong dient auch als einer der Hauptkanale fiir den Handel und die Kapitalanlage im festlandischen China; auBerdem hat sein wirtschaftliches Interesse am Festland zugenommen, da sich die dortige Wirtschaft zunehmend entwickelt. Passend zu der kleinen, aber wirtschaftlich wichtigen Halbinsel betatigen sich die deutsch-chinesischen Untemehmen dort normalerweise im Bereich Kaufhaus oder Management. Die deutschen Untemehmen sind als Niederlassungen von groBen bekannten Firmen meist klein. Nur ein untersuchtes Untemehmen hat mehr als 100 Angestellte, die ubrigen haben jeweils nicht mehr als 25. Die Bevolkemng Hongkongs besteht zu 95% aus Chinesen, die restliche Bevolkemng setzt sich iiberwiegend aus Asiaten anderer Lander und Europaem zusammen. Die chinesische Bevolkemng wurde entweder in Hongkong geboren oder stammt vom Festland oder aus Taiwan. Deswegen ist die Kultur dort vor allem von China beeinflusst. Traditionelle Feste sind das Drachenbootfest im Herbst und das Chinesische Neujahrsfest. Durch seine Film- und Musikindustrie sowie Buch- und Zeitschriftenverlage ist Hongkong weltweit zu einer Quelle modemer chinesischer ^^^ Staatliches Statistikamt Chinas (2005), Kapitel 24.6 Die Durchfiihrung der Untersuchung Volkskultur geworden. Die kantonesischen Opemensembles, der Kunsthandel und die alljahrlichen Kunstmessen machen Hongkong auBerdem zu einem Zentrum der traditionellen Ktinste. Fur den Kulturaustausch zwischen dem Westen und China hat Hongkong als Schaufenster Chinas gedient. Diese Besonderheit haben Mitarbeiter der deutsch-chinesischen Untemehmen in ganz China, insbesondere die deutschen Mitarbeiter, geschatzt und genutzt. Nach Untersuchungsergebnissen dieser Arbeit haben 81% (17 von 21) der deutschen Befragten chinesische Filme gesehen, um sich iiber China und Chinesen zu informieren. Davon sagen 35% (6 von 17) der Personen, dass sie von einem bestimmten Hongkonger Film am meisten beeindruckt seien. 3.6.3 Der Untersuchungsprozess Die Befragung durch Fragebogen wurde hauptsachlich im Rahmen der ersten Untersuchung (29.12.2003 - 27.02.2004) erledigt. Aber auch in der zweiten Untersuchung (10.12.2004 - 11.02.2005) und in der ubrigen Zeit sind Fragebogen verteilt und beantwortet worden. Insgesamt wurden 58 Fragebogen in 26 deutsch-chinesischen Jointventures in sechs chinesischen Stadten und Regionen verteilt und beantwortet. Daneben wurden insgesamt 30 Interviews in 18 deutsch-chinesischen Jointventures durchgeflihrt. Dabei waren - wie geplant - alle 30 interviewten Personen zuvor mit dem Fragebogen schriftlich befragt worden. Die zwei Beobachtungen erfolgten in der Zeit vom 22.12.2003 bis zum 03.01.2004 und vom 10.12.2004 bis zum 26.12.2004, jeweils bei einem deutsch-chinesischen Untemehmen in Qingdao und Peking. Die Beobachtung erstreckte sich iiber durchschnittlich vier Stunden pro Tag, insbesondere bei gemeinsamen Veranstaltungen, wie z. B. Untemehmensversammlungen, Weihnachts- und Neujahrfeiem. Freie Gesprache fanden hauptsachlich wahrend der Beobachtungsphase statt. Aber auch die schriftlichen Befragungen und Interviews boten Gelegenheiten zu vertiefendem Gesprach. Um iiber eine gesprachsfordemde informelle Atmosphare zu ver- 99 Kapitel 3: Methodisches Vorgehen und Datenerhebung 100 ftigen, fanden diese Gesprache in der Regel nicht in der Werkstatt oder im Biiro statt, sondem in einem informellen Umfeld, z. B. in einem Restaurant. Auch wenn im Vergleich zur schriftlichen Befragung oder zum Interview eine streng formale Wissenschaftlichkeit nicht gegeben war, waren diese Gesprache fur ein vertieftes Verstandnis von hohem Wert. 3.7 Die Untersuchung im Uberblick Untersuchungsperiode und -zeitraum Probelauf und 1. Untersuchung: 15.12.2003 - 27.02.2004 2. Untersuchung: 10.12.2004-11.02.2005 Untersuchung in der iibrigen Zeit Untersuchte Unternehmen Orte Jinan Qingdao Peking Shanghai Kanton Hongkong Peking Jinan Peking Jinan Kanton Shanghai Erhebung Anzahl 15 - 46 Fragebogen - 22 Interviews - 1 Beobachtung 5 - 6 5 Fragebogen 4 Interviews 1 Beobachtung mehrmalige freie Gesprache - 7 Fragebogen - 4 Interviews - mehrmalige freie Gesprache Tabelle 3-4: Die Untersuchung im Uberblick 3.8 Fazit Ausgehend von zwei zentralen Fragestellungen - Gibt es iiberhaupt Kultur im engeren Sinne in deutsch-chinesischen Jointventures? und Was flir eine Rolle spielen die Kulturfaktoren im engeren Sinne in deutschchinesischen Jointventures? 101 Fazit sowie auf der Basis einer Generaliiberlegung tiber die allgemeinen Forschungstheorien werden vier Untersuchungsmethoden ausgewahlt. Diese vier Methoden - schriftliche Befragung, - miindliches Interview, - freies Gesprach und - teilnehmende Beobachtung bieten sich fiir diese Arbeit als geeignet an. Damit werden die Untersuchungen auf verschiedene Schwerpunkte wie z. B. die Existenz der Kulturfaktoren im engeren Sinne in deutsch-chinesischen Jointventures, ihre Rolle und Funktionen, tiefere Griinde fur zunachst nur oberflachlich erscheinende Situationen, Einfliisse aus breiteren und komplexeren Zusammenhangen usw. orientiert. Eine alte chinesische Philosophie, die heute als Grundlage einer modemen Managementstrategie genutzt wird, lehrt, dass „die richtige Zeit, der richtiger Ort und die richtigen Personen"'^"^ die Voraussetzung ftir den Erfolg sind. Fiir diese Arbeit wurden deshalb ausfuhrliche Uberlegungen angestellt, um den Untersuchungszeitraum und die zu untersuchenden Untemehmen sowie deren Standorte auszuwahlen. So wurde bei der Wahl des Untersuchungszeitraumes darauf geachtet, dass in den deutsch-chinesischen Jointventures genugend Kulturveranstaltungen stattfanden. Die Stadte und Regionen befinden sich alle in einem typisch wirtschaftlichen Gebiet und wurden im Weiteren so ausgewahlt, dass jede von ihnen aus geschichtlicher, kultureller oder politischer Perspektive typisch far die Entstehung und Entwicklung der Untemehmenskultur deutsch-chinesischer Jointventure ist. 174 Menzius (ca. 3. Jahrhundert v. Chr.), S.20, Ubersetzung des Verfassers 4 Ergebnisse der Untersuchung im Uberblick 4.1 AUgemeines Von 60 ausgegebenen Fragebogen wurden 58 von 21 (36%) deutschen und 37 (64%) chinesischen Fiihrungskraften oder Mitarbeitem beantwortet. Von diesen 58 Fragebogen wurden 44 personlich ubergeben und vor dem Ausfullen erklart. Die anderen 16 Fragebogen wurden nach vorheriger Vereinbarung per Fax oder Post verschickt. Von diesen 16 Fragebogen wurden 14 ausgefiillt zurtickgeschickt. Wegen fehlender personlicher Erklarung und Kontrolle wiesen diese 14 Fragebogen einige wenige fehlende Werte auf, konnten aber trotzdem fiir die Datenerfassung verwendet werden. Damit beliefen sich sowohl der Brutto-, als auch der Netto-Riicklauf auf 97%. Bei den Fragen 2, 3, 4, 6, 7, 9 und 10 ist es moglich, mehrere Antworten aus den Multiple-Choices auszuwahlen. Deswegen ist die Antwortenszahl groBer als die Befragtenzahl bei diesen Fragen. Bei dem zweiten Teil von Frage 3 ist die Antwortenszahl jedoch kleiner als die Befragtenzahl, weil viele Befragte zwar Filme gesehen, aber die Namen nicht richtig nennen konnten. Die 30 Interviews wurden mit 12 deutschen und 18 chinesischen Fiihrungskraften oder Mitarbeiten durchgefiihrt. Es gab insgesamt vier Themen ftir das Interview. Bei jedem Interview wurde mindestens uber ein, maximal iiber drei Themen gesprochen. Informationen^^^ zur Person der Befragten werden in der folgenden Tabelle dargestellt: Ftihrungskrafte 21 deutsche Befragte Mitarbeiter 8 (38,1%) 13 (61,9%) 37 chinesische Befragte 11 (29,7%) 26 (70,3%) Insgesamt 58 19 (32,8%) 39 (67,2%) Stand der Daten: Dezember 2004 8 (21,6%) 2 (5,4%) 6 (16,2%) 31 (83,8%) 13 (22,4%) 2 (3,5%) 10 (17,2%) 48 (82,8%) 21-30 4 (19,1%) 14 (37,8%) 13 (35,2%) 18 (31,0%) 25 (43,1%) Tabelle 4-1: Information zur Person der Befragten 175 51-65 0 (0%) Arbeitsjahre im Jointventure < 1 Jahr > 1 Jahr 4 17 (19,1%) (80,9%) Alter 31-40 41-50 12 5 (57,1%) (23,8%) Kapitel 4: Ergebnisse der Untersuchung im Uberblick 104 4.2 Fragebogenergebnisse Im Folgenden werden die statistischen Ergebnisse der Fragebogen in Tabellen gefasst. Erster Teil von Frage 1: Bevor Sie Ihre chines is chen/deutschen Arbeitskollegen personlich kennen lernten, hatten Sie da bereits Kenntnisse iiber Chinesen/Deutsche? a. Ja. b. Nein. Antworten (%) Zahl der Befragten Zahl der Antworten „Ja" „Nein" 21 deutsche 37 chinesische 21 17 (80,9%) 4(19,1%) 37 37 (100%) 0 (0%) Insgesamt 58 Insgesamt 58 54 (93,1%) 4 (6,9%) Zweiter Teil von Frage 1: Stimmten diese Kenntnisse mit Ihrenpersonlichen Erfahrungen Uberein? a. Ja. b. Nein. Antworten (%) Zahl der Befragten Zahl der Antworten „Ja" „Nein" 21 deutsche 21 12 (57,1%) 9 (42,9%) 37 chinesische 37 20(54,1%) 17(45,9%) Insgesamt 58 Insgesamt 58 32 (55,2%) 26 (44,8%) Frage 2: Aus welchen Quellen stammen Ihre ersten Kenntnisse iiber Chinesen/Deutsche? a. Deutsche/Chinesische Medien b. Amerikanische Medien c. Personliche Erfahrung d. Erzdhlung von Freunden Fragebogenergebnisse Zahl der Zahl der Befragten Antworten 105 Antworten (%) a. b. c. d. 21 deutsche 35 8 (22,9%) 7 (20,0%) 6(17,1%) 14 (40,0%) 37 chinesische 57 16(28,1%) 26 (45,6%) 7 (12,3%) 8 (14,0%) Insgesamt 58 Insgesamt 92 24(26,1%) 33 (35,9%) 13(14,1%) 22 (23,9%) Erster Teil von Frage 3: Wie oft haben Sie in den letzten 3 Jahren im Kino oder zu Hauseper Video/DVD einen chinesischen oder einen ausldndischen Film ilber China/Deutschland bzw. Chinesen/ Deutsche gesehen? a. Weniger als 3 Mai b. 4-6 Mai c. 7-10 Mai d. Mehr als 10 Mai Zahl der Befragten Zahl der Antworten 21 deutsche 37 chinesische Insgesamt 58 Antworten (%) a. b. c. d. 37 10 (47,6%) 2 (5,4%) 6 (28,6%) 23 (62,2%) 4(19,0%) 8 (21,6%) 1 (4,8%) 4 (10,8%) Insgesamt 58 12 (20,7%) 29 (50,0%) 12(20,7%) 5 (8,6%) 21 Zweiter Teil von Frage 3: Nennen Sie bitte den Titel, der Sie am meisten beeindruckt hat: Die fiinf Filme, die von deutschen Befragten am haufigsten genannt wurden: nach Haufigkeit 1. Land China Drehjahr 1991 2. Filme Raise the Red Lantern Red Sorghum China 1987 3. To Live China 1994 4. The Little Chinese Seamstress Beijing Bicycle China 2004 China 2000 5. Regie Yimou Zhang Yimou Zhang Yimou Zhang Shijie Dai Kategorie Spielfilm Xiaoshuai Wang Spielfilm Spielfilm Spielfilm Spielfilm 106 Kapitel 4: Ergebnisse der Untersuchung im Uberblick Die funf Filme, die von chinesischen Befragten am haufigsten genannt wurden: nach Hauflgkeit Filme 1. Einmal wird die Sonne wieder scheinen 2. Lola rennt 3. Die Blechtrommel 4. 5. Die grope Sause The Longest Day Gedreht von BR Deutschland Drehjahr 1969/ 1970 Regie Hans Heinrich Kategorie Spielfilm Deutschland 1998 Spielfilm BR Deutschland/ Frankreich Frankreich USA 1978 Tom Tykwer Volker Schlondorff 1967 1962 Spielfilm Gerard Oury Spielfilm Ken Spielfilm Annakin usw. von insgesamt 58 Befragten haben 51 (87,9%) einen Film genannt. Davon sind 35 (94,6%) chinesische und 16 (76,2%) deutsche Befragte. Die anderen 7 (12,1%) Befragten konnten keine Angaben machen. Erster Teil von Frage 4: Haben Sie Freunde unter den chinesischen/deutschen Arbeitskollegen? a. Ja. b. Nein. Antworten (%) Zahl der Befragten Zahl der Antworten „Ja" „Nein" 21 4(19,0%) 17 (81,0%) 37 chinesische 37 31 (83,8%) 6(16,2%) Insgesamt 58 Insgesamt 58 35 (60,3%) 23 (39,7%) 21 deutsche Zweiter Teil von Frage 4: Was wurden Sie gem mit einem chinesischen/deutschen Kollegen zusammen machen, wenn Sie am Wochenende einen Nachmittag zusammen verbringen sollen? a. Reise/Ausflug b. Gesprdch ilber die Arbeit c. Besuch einer traditionellen chinesischen Kulturveranstaltung (Theater, Konzert, Karaoke usw.) d. Besuch und Gesprdch in einem Teehaus Fragebogenergebnisse Zahl der Zahl der Befragten Antworten 107 Antworten (%) a. b. c. 13 (52,0%) 10 (40,0%) 22 (43,1%) 35(46,1%) 27 (52,9%) 21 deutsche 25 2 (8,0%) 0 (0%) 37 chinesische 51 1 (2.0%) 1 (2,0%) Insgesamt 58 Insgesamt 76 3 (3,9%) 1 (1,3%) d. 37 (48,7%) Frage 5: Wie stellen Sie sich die Beziehungen zwischen Ihnen und Ihren deutschen/chinesischen Kollegen vor? a. Eher egalitdr. b. Eher hierarchisch. c. Ich mochte eher egalitdr, aber meine chinesischen/deutschen Kollegen wollen nicht d. Ich mochte eher hierarchisch, aber meine deutschen/chinesischen Kollegen wollen nicht. Zahl der Befragten Zahl der Antworten Antworten (%) a. b. c. d. 21 deutsche 21 9 (42,8%) 3 (14,3%) 8(38,1%) 1 (4,8%) 37 chinesische Insgesamt 58 37 15(40,5%) 24 (41,4%) 17 (46,0%) 20 (34,5%) 5(13,5%) 13 (22,4%) 0 (0%) Insgesamt 58 1 (1,7%) Frage 6: Welche Sprache sprechen Sie in den meisten Fallen mit Ihren deutschen/chinesischen Kollegen/Mitarbeitern/Vorgesetzten? a. Deutsch (direkt) b. Deutsch (durch Dolmetscher) c. Chines is ch d. Englisch Zahl der Befragten Zahl der Antworten Antworten (%) a. b. c. d. 21 deutsche 21 2 (9,5%) 4(19,0%) 4(19,0%) 11 (52,5%) 37 chinesische 37 Insgesamt 58 2 (5,4%) 6(16,2%) 10(17,2%) 7(18,9%) 11(19,0%) 22 (59,5%) Insgesamt 58 4 (6,9%) 33 (56,9%) Kapitel 4: Ergebnisse der Untersuchung im Uberblick 108 Erster Teil von Frage 7: In Bezug auf die Einstellung zu Sex finden Sie Ihre deutschen/chinesischen Kollegen/Mitarbeiter/Vorgesetzte: a. Konservativ b. Offen c. Offener d. Viel offener Zahl der Befragten Zahl der Antworten Antworten (%) a. b. c. d. 21 deutsche 21 2 (9,5%) 5 (27,8%) 13 (61,9%) 1 (4,8%) 37 chinesische Insgesamt 58 37 Insgesamt 58 3 (8,1%) 8(21,6%) 13 (22,4%) 18 (48,7%) 31 (53,4%) 8(21,6%) 5 (8,6%) 9(15,6%) Zweiter Teil von Frage 7: Diese Einschdtzung beruht auffolgender Quelle: a. Chinesische Medien b. Deutsche Medien c. Amerikanische Medien d. Personliche Erfahrung oder andere Quelle Zahl der Befragten Zahl der Antworten Antworten (%>) a. b. c. d. 21 deutsche 37 2 (5,4%) 7(18,9%) 65 37 (56,9%) 18 (48,7%) 5 (7,7%) 10(27,0%) 37 chinesische 14(21,6%) 9 (13,8%) Insgesamt 58 Insgesamt 102 39 (38,2%) 23 (22,6%) 24 (23,5%) 16(15,7%) Frage 8: In Bezug auf Ihre Arbeit treffen Sie normalerweise Entscheidungen, a. ohne sie Ihren deutschen/chinesischen Mitarbeitern zu erldutern. b. zusammen mit Ihren deutschen/chinesischen Mitarbeitern. c. indem Sie zuerst die Vorschldge Ihrer deutschen/chinesischen Mitarbeiter horen. d. nach Anweisung. Fragebogenergebnisse Zahl der Zahl der Befragten Antworten 109 Antworten (%) a. b. c. d. 21 deutsche 21 7 (33,4%) 0 (0%) 37 13(35,1%) 12 (57,1%) 19 (51,4%) 2 (9,5%) 37 chinesische 5(13,5%) 0 (0%) Insgesamt 58 Insgesamt 58 20 (34,5%) 31 (53,5%) 7 (12,0%) 0 (0%) Frage 9: Bei der Losung eines schweren Problems mussen Sie mit Ihrem deutschen/ chinesischen Mitarbeiter reden. Welchen Ort bevorzugen Sie, wenn es moglich ist? a. Euro in der Arbeitszeit b. Privater Besuch in der Freizeit c. Bei einem gemeinsamen Essen d. In der Pause einer gemeinsamen Kulturveranstaltung Zahl der Befragten Zahl der Antworten Antworten (%>) a. b. c. d. 19 (90,4%) 0 (0%) 1 (4,8%) 49 8(16,4%) 3(6,1%) 1 (4,8%) 15(30,6%) 23 (46,9%) Insgesamt 70 27 (38,5%) 3 (4,3%) 16(22,9%) 24 (34,3%) 21 deutsche 21 37 chinesische Insgesamt 58 Frage 10: Wie wUrden Sie die Unternehmensgrundsdtze oder einen bestimmten Slogan des Jointventures in Ihrem BUroprdsentieren lassen? a. Als Plakat. b. Durch eine chinesische Malerei mit Kalligraphie. c. Hdufig auswendig aufsagen. d. Auf Papier ausdrucken. Zahl der Befragten Zahl der Antworten Antworten (%) a. b. c. d. 31 2 (6,5%) 3 (9,6%) 2 (6,5%) 24 (77,4%) 37 chinesische 57 9(15,8%) 29 (50,9%) 5 (8,8%) 14 (24,5%) Insgesamt 58 Insgesamt 88 11(12,5%) 32 (36,3%) 7 (8,0%) 38 (43,2%) 21 deutsche 110 Kapitel 4: Ergebnisse der Untersuchung im Uberblick Auf der Basis der oben prasentierten statistischen Ergebnisse konnen die folgenden sieben Punkte zusammengefasst werden: 1. (Frage 1 und 2) Bevor Deutsche und Chinesen sich personlich kennen lemten, hatten die meisten von ihnen bereits Kenntnisse iiber einander. Diese ersten Kenntnisse stammten aus verschiedenen Quellen, davon waren amerikanische Medien, insbesondere fur Chinesen, die wichtigste Quelle. Allerdings envies es sich bei spaterem personlichen Kennenlemen, dass fast die Halfte dieser Kenntnisse mit personlichen Erfahrungen nicht tibereinstimmte. 2. (Frage 3) Alle befragten Deutschen und Chinesen nutzen Filme sowohl zur Vorbereitung als auch zur Vertiefung der gegenseitigen Kenntnisse. Genau die Halfte der Befragten hat in den letzten drei Jahren 4-6 Filme dazu gesehen. Insbesondere fur Chinesen spielen Filme eine wichtige RoUe. 3. (Frage 4 und 5) Trotz der Arbeit in einem gemeinsamen Untemehmen gemischter Kultur bleibt die jeweilige Kulturtradition pragend. So gibt es in jedem Jointventure eine bestimmte Menge gemischter und jeweils rein chinesischer und deutscher Kultur. Die Breite der gemischten Kultur aber wird von beiden Seiten unterschiedlich gewiinscht. Wahrend deutsche Mitarbeiter so viel deutsche Elemente wie moglich und gemischte sowie chinesische Elemente nur so viel wie notig haben mochten, streben Chinesen ein hohes MaB an gemischten und chinesischen Elementen an. Dieses liegt zum einen an einem hoheren Kenntnisstand der Chinesen iiber westliche Kultur durch chinesische und auslandische - vor allem amerikanische - Medien. Zum anderen ist es tief in der chinesischen Kultur verwurzelt KoUegen auch als Freunde zu haben. Dieses widerspricht nicht der Beobachtung, dass Chinesen ein eher hierarchisches Verhaltnis zu ihren deutschen KoUegen bevorzugen, da es auch Teil der chinesischen Kultur ist, bei Freundschaften zu KoUegen oder Vorgesetzten Hierarchiestufen zu beachten. Die Kulturfaktoren im engeren Sinne spielen eine wichtige RoUe beim Uberwinden dieser Unterschiede. Die Antworten auf die Frage, was man gem gemeinsam in der Freizeit untemehmen mochte, zeigen ihre Bedeutung deutlich. Fragebogenergebnisse 111 94,8% der Gesamtbefragten entscheiden sich fiir Theater-, Konzert-, Teehausbesuch etc. 4. (Frage 6) Dadurch, dass in den meisten untersuchten Jointventures Englisch gesprochen wird, kommt dieser Sprache eine Briickenfbnktion zu. Dabei muss beachtet werden, dass an die Sprache gekoppelte Kulturfaktoren im engeren Sinne wie Literatur und Filme nicht nur amerikanische, sondem haufig auch die gesamte westliche Kultur transportieren. 5. (Frage 7) Medien, vor allem Zeitungen, Zeitschriften, Romane und Filme, spielen eine wichtige RoUe bei der Information tiber einander in Jointventures. Dabei wird die Erfahrung gemacht, dass Medien nicht selten ein verzerrtes Bild der Wirklichkeit liefem. So wurde gegenseitig eine offenere Einstellung zur Sexualitat erwartet, die dann nicht der erlebten Wirklichkeit entsprach. In Interviews und Gesprachen wurde dafiir die Darstellung in den Medien verantwortlich gemacht. 6. (Frage 8) Der Kulturwandel ist in China sehr dynamisch. Wahrend in friiheren Forschungen^^^ China als ein Land mit einem hohen MaB an Kollektivismus beschrieben wird, zeigen die Ergebnisse dieser Arbeit deutlich, dass sich das zumindest in deutsch-chinesischen Jointventures, vermutlich auch landesweit, verandert hat. Viele chinesische Mitarbeiter der Jointventures verhalten sich sowohl am Arbeitsplatz als auch in der Freizeit inzwischen deutlich individualistischer als in der Vergangenheit und auch im Vergleich zu ihren KoUegen aus rein chinesischen Untemehmen. 7. (Frage 9 und 10) Kulturfaktoren im engeren Sinne, wie Musik und Malerei, spielen insbesondere bei den chinesischen Partnem eine wichtige Rolle beim Losen betrieblicher Probleme. ^^^ Vgl. Hofstede (1993), S. 190ff; vgl. Oyserman/Coon/Kemmelmeier (2002) 112 4.3 Kapitel 4: Ergebnisse der Untersuchung im Uberblick Interview-, Gesprachs- und Beobachtungsergebnisse Interviews, freie Gesprache und Beobachtungen, die zur Erganzung, Verbreiterung und Vertiefung der Fragebogen durchgefuhrt wurden, brachten weitere sieben Ergebnisse: 1. Die deutsch-chinesischen Jointventures verwenden Kulturfaktoren im engeren Sinne, vor allem Musik, Theater und Malerei, um innerhalb der Untemehmen die Mitarbeiter zu motivieren sowie um nach auBen harmonische Beziehungen zu Gesellschaft und Politik zu pflegen und ein positives Untemehmensimage aufzubauen und zu verbessem. Diese Faktoren sind wichtige Instrumente fur die Erreichung des Untemehmenserfolgs, insbesondere fur Untemehmen in Gebieten mit langer chinesischer Tradition (z. B. Provinz Shandong und Peking). 2. Die deutsch-chinesischen Jointventures selber und ihre Angestellten nutzen Kultureinrichtungen wie z. B. Konzerthauser, Karaokehallen, Theater und Kinos nicht nur zur Unterhahung, sondem auch gezieh ftir betriebliche Versammlungen und Gesprache. Insbesondere fiir beiderseitige deutschchinesische Begegnungen sind die auBeren Kultureinrichtungen wichtig. 3. Dariiber hinaus spielen Kultureinrichtungen und kulturelle Veranstaltungen bei der Losung schwieriger Probleme oder Konflikte zwischen deutschen und chinesischen Partnem eine bedeutende Rolle. 4. Viele deutsch-chinesische Jointventures, vor allem groBe Untemehmen in groBen Stadten (z. B. Shanghai und Peking), organisieren oder unterstiitzen landesweit offentliche Konzerte, Kunstausstellungen, Kunstler und Sport. Diese Aktivitaten haben dabei geholfen, die wirtschaftlichen Ziele schneller zu erreichen. 5. Chinesische Volksmusik, Volkskunst, traditionelle Sitten und Gebrauche spielen eine wichtige Rolle in deutsch-chinesischen Jointventures, insbesondere bei der bilateralen Begegnung oder beim Empfang deutscher Gaste. Interview-, Gesprdchs-und Beobachtungsergebnisse 113 6. Alle 26 untersuchten deutsch-chinesischen Untemehmen haben geauBert, dass sie eine offizielle Untemehmenskultur haben. Die meisten von ihnen haben die Inhalte ihrer Untemehmenskultur oder Corporate Identity in Betriebsunterlagen dokumentiert. Aber nur wenige Jointventures sehen Kulturfaktoren im engeren Sinn als Bauteile ihrer Untemehmenskultur. 7. Neben der Wirtschaft hat die Kultur aus den USA deutsch-chinesische Jointventures und ihre Angestellten auf vielfaltige Weise beeinflusst. Viele dieser Einflixsse sind durch amerikanische Filme, Literatur, Pop-Musik usw. vor allem unter jungen chinesischen Mitarbeitem verbreitet. 4.4 Fazit Die Arbeit kommt zu dem Ergebnis, dass es mnd um die Kultur in der Untemehmenskultur deutsch-chinesischer Jointventures 14 unterschiedliche Betrachtungspunkte gibt: - Die ersten Kenntnisse von Deutschen und Chinesen iiber einander stammten insbesondere aus Medien. - Alle befragten Deutschen und Chinesen nutzen Filme sowohl zur Vorbereitung als auch zur Vertiefung der gegenseitigen Kenntnisse. - Die Kulturfaktoren im engeren Sinne spielen eine wichtige Rolle beim Uberwinden kultureller Unterschiede. - Englisch kommt als in den meisten untersuchten Jointventures gesprochen Sprache eine Briickenfunktion zu. - Medien spielen in Jointventures eine wichtige Rolle bei der Information liber einander. 114 Kapitel 4: Ergebnisse der Untersuchung im Uberblick - Viele chinesische Mitarbeiter der Jointventures verhalten sich sowohl am Arbeitsplatz als auch in der Freizeit inzwischen deutlich individualistischer. - Kulturfaktoren im engeren Sinne spielen insbesondere bei den chinesischen Partnem eine wichtige Rolle beim Losen betrieblicher Probleme. - Die deutsch-chinesischen Jointventures verwenden Kulturfaktoren im engeren Sinne innerhalb der Untemehmen zur Motivation der Mitarbeiter sowie um nach auBen harmonische Beziehungen zu Gesellschaft und Politik zu pflegen und ein positives Untemehmensimage aufzubauen und zu verbessem. - Die deutsch-chinesischen Jointventures selber und ihre Angestellten nutzen Kultureinrichtungen nicht nur zur Unterhaltung, sondem auch gezielt fur betriebliche Versammlungen und Gesprache. - Dartiber hinaus spielen Kultureinrichtungen und kulturelle Veranstaltungen bei der Losung schwieriger Probleme oder Konflikte zwischen deutschen und chinesischen Partnem eine bedeutende Rolle. - Viele deutsch-chinesische Jointventures organisieren oder unterstutzen landesweit offentliche Konzerte, Kunstausstellungen, Kiinstler und Sport, um die Erreichung ihrer wirtschaftlichen Ziele zu unterstutzen. - Chinesische Volksmusik, Volkskunst, traditionelle Sitten und Gebrauche spielen eine wichtige Rolle in deutsch-chinesischen Jointventures. - Auf den ersten Blick sehen nur wenige deutsch-chinesische Untemehmen Kulturfaktoren im engeren Sinn als Bestandteil ihrer Untemehmenskultur. - Neben der Wirtschaft hat die Kultur aus den USA deutsch-chinesische Jointventures und ihre Angestellten auf vielfaltige Weise beeinflusst. 5 Die Rolle der Kulturfaktoren im engeren Sinne 5.1 Die Kulturrevolution und die Kulturfaktoren im engeren Sinne Die Kulturrevolution ist nicht nur ein Abschnitt tief greifender politischer Veranderungen in der jiingeren chinesischen Geschichte, sondem markiert auch eine ganz besondere Phase in der chinesischen Kulturgeschichte. Darin entwickelten sich die politischen und sozialen Funktionen der Kulturfaktoren im engeren Sinne von ihrer traditionellen Basis aus mit enormer Geschwindigkeit bis ins Extreme. Die Kulturrevolution beeinflusste nicht nur die Kulturfaktoren im engeren Sinne, sondem dariiber hinaus auch das Kulturleben der ganzen Bevolkerung nachhaltig. Obwohl die Kulturrevolution bereits dreiBig bis vierzig Jahre zuriickliegt, sind ihre Einflusse bis heute noch spurbar. Der groBte Teil der chinesischen Mitarbeiter und Fuhrungskrafte in deutsch-chinesischen Jointventures gehort zu der Generation, die in der Kulturrevolution ausgebildet und aufgewachsen ist und dadurch in ihrer Haltung und Meinung zum Westen gepragt wurde. Deshalb ist ein iiberblicksartiger Exkurs zum Thema Kulturrevolution an dieser Stelle angeraten. Da die Kulturrevolution zwischenzeitlich als eine Regiekatastrophe der KPCh bewertet wird, ist sie auf dem chinesischen Festland immer noch ein sensibles Thema. Obwohl bereits im Jahr 1980 die KPCh selbst die Kulturrevolution als schweren Fehler offiziell bewertet hat, ^^^ gibt es bis heute in der Volksrepublik kaum tief greifende Forschungen dariiber, wahrend in Amerika und Europa viele mit zum Teil extremen Ergebnissen und Kritiken durchgefuhrt wurden. In diesem Teilkapitel wird diese 10-jahriche Geschichte im Wesentlichen auf kultureller Ebene neutral geschildert. Die Materialien dafur stammen in der Regel aus vier Quellen: erweiterte Gesprache auf der Basis der Fragebogen und der Interviews in der Untersuchung, personliche Erfahrungen, damalige Zeitungen und Zeitschriften sowie aktuelle, weltweite Forschungen. Vgl. Editorial der Volkstageszeitung (1981) 116 Kapitel 5: Die Rolle der Kulturfaktoren im engeren Sinne 5.1.1 Die Grofie Proletarische Kulturrevolution im Uberblick Nach der utopischen Uberzeugung von Mao Tse-tung, dass die VR China durch eine Reihe von wirtschaftlichen Sprungen die Pro-Kopf-Produktion schwerindustrieller Giiter von GroBbritannien innerhalb von 15 Jahren tibertreffen konne, wurde 19581960 im ganzen Land der „GroBe Sprung nach vom" durchgefuhrt. Dazu sollten in nahezu alien Sektoren der Wirtschaft enorme Produktionssteigerungen durch die Einfiihrung kollektiver und industrieller Arbeitsweisen erzielt werden. Dieses Ziel wurde nicht nur vollig verfehlt, vielmehr stand die chinesische Wirtschaft danach schwacher als zuvor da. ^^^ Die aus der kommunistischen Ideologic abgeleitete Annahme, dass Menschen fiir die Erreichung von Kollektivzielen motivierter und besser arbeiten als bei der Verfolgung individueller Ziele, envies sich auch in China als ein verhangnisvoller Irrtum. Um dieses Ziel zu erreichen, sollten beispielsweise in landwirtschaftlichen Gebieten Bauem mit primitiven Schmelzofen aus Schrott Eisen produzieren. Dazu wurden die Bauem in groBer Zahl von der Feldarbeit, die bis dahin noch extrem personalintensiv und sehr wenig mechanisiert war, abgezogen. Dem drohenden Produktionsausfall wollte man mit verstarkter Diingung und kollektiven Arbeitsweisen in „kommunistischem Geist" begegnen.^^^ Letzteres war ein volliger Fehlschlag. Statt besser und mehr zu arbeiten, fiihrte die Anonymisierung der landwirtschaftlichen Arbeit zu einer extrem reduzierten Leistungsbereitschaft und -fahigkeit der bauerlichen Bevolkerung. Auch der Mechanisierungsgrad der Feldbearbeitung ging zuruck, weil Maschinen eingeschmolzen wurden. Schon 1958, im ersten Jahr des „groBen Sprungs", ging die Getreideproduktion so dramatisch zuruck, dass bereits Saatgut fiir das Folgejahr als Nahrung verbraucht wurde. Die unausweichlich folgende Hungersnot dauerte drei Jahre. Ihr fielen Millionen Chinesen, vor allem Bauem, zum Opfer.^^^ 1962 trat Mao wegen zunehmender Kritik vom Amt des Staatsoberhaupts zuruck. Liu Shaoqi, eine weitere wichtige Fuhmngsperson in der kommunistischen Partei Chinas, Deng Xiaoping und deren Anhanger iibemahmen weitgehend die Macht, ohne jedoch Mao endgiiltig verdrangen zu konnen. Seine politischen Vorstellungen trafen nur noch ^^^ Vgl. Xi/Jin (1996), S. 349-352 ^'^^ Vgl. Chen (1958), S. 1-3; vgl. Kang (1958) ^^^ Vgl. Seitz (2000), S. 174-177 Die Kulturrevolution und die Kulturfaktoren im engeren Sinne 117 auf wenig Resonanz innerhalb der Partei. Deswegen versuchte Mao durch „revolutionare Krafte des Volks"^^^ und mit Hilfe der kulturellen Instrumente seine Macht und seinen Einfluss zurlickzugewinnen. Die Kulturrevolution war weitgehend ein personlicher Machtkampf Maos gegen seine innerparteilichen Gegner. Anstatt nach dem Desaster des „groBen Sprungs" das sich abzeichnende grundsatzliche Scheitem des Kommunismus zu erkennen und entsprechende Konsequenzen zu ziehen - was einige der Gegner Maos forderten - , sollte der kommunistischen Ideologie mit einer die ganze Gesellschaft erfassenden Anstrengung zum Durchbruch verholfen werden. Die Kulturrevolution dauerte von 1966 bis 1976. Der damit verbundene innerparteiliche Machtkampf flackerte immer wieder mehr oder weniger offentlich auf und endete erst mit Maos Tod. Ideologisch wurde sie als Kampf zur Sicherung der Ergebnisse der proletarischen Revolution gegen die stadtische Bourgeoisie und die Staatskapitalisten der kommunistischen Partei dargestellt. Diese zum Teil sehr hart und unmenschlich gefiihrten Auseinandersetzungen fanden landesweit auf alien Ebenen des offentlichen und insbesondere des kulturellen Lebens statt.'*^ In der Kulturrevolution spielten die Kulturfaktoren im engeren Sinne eine wichtige RoUe. Im August 1966 rief die zu dem Zeitpunkt von Mao kontrollierte Zentralregierung offiziell Studenten - die so genannten „Roten Garden des Maos"^^^ - auf „alles alte, ausbeuterische Gedankengut, alte Kultur, Gebrauche und Gewohnheiten zu vemichten"'^'^und diese durch „neue und revolutionare Kultur" ^^^ zu ersetzen. Ziel war es, durch die effektiven kulturellen Instrumente die im Volk herrschende Ideologie zu kontroUieren und damit weiterhin das Ziel der Ausschaltung der innerparteilichen Opposition zu erreichen. In Folge dieses Aufrufs wurden viele bedeutende historische und kulturelle Denkmaler beschadigt oder ganz zerstort. Die meisten traditionellen Theater waren verboten und wurden durch „revolutionares modemes Theater" ersetzt. Viele traditionelle Literatur und Malerei wurden verbrannt. Alle westlichen Filme, Literatur, Musik usw. wurden als „giftige Kulturgegenstande" kritisiert und verboten. 181 182 183 Editorial der Volkstageszeitung (1966a), Ubersetzung des Verfassers Vgl. Xi/Jin (1996), S. 352-357, vgl. Evans/Donald (1999), S.1-21 Vgl. Editorial der Volkstageszeitung (1966c) Editorial der Volkstageszeitung, Ubersetzung des Verfassers (1966b) Ebenda 118 Kapitel 5: Die Rolle der Kulturfaktoren im engeren Sinne Dariiber hinaus wurden Kulturschaffender, Lehrer und Wissenschaftler Opfer heftiger Kritik und personlicher Misshandlung. Ab 1967 begannen Mao und seine Gefolgsleute, bedeutende Fuhrungspersonen, die zum Kreis um Liu Shaoqi und Deng Xiaoping gehorten, zu entmachten. Dabei wurden auch die engeren Kulturfaktoren zu Hilfe genommen. In einer typischen Vorgehensweise wurde die ins Auge gefasste Person zunachst durch Zeitungen und Radiosendungen angegriffen und dann durch gezielt neu geschriebene Theaterstiicke und Dokumentarfilme tiefer und weiter diskreditiert. Danach lieBen die manipulierten und aufgeputschten „revolutionaren Massen" und die „Roten Garden Maos" diese Person in der Offentlichkeit durch Scheindiskussionen und -kritiken verunglimpfen und dann auch misshandeln. Erst danach kam es zu einer „offiziellen" Anklage mit anschliefiendem Schauprozess, der in der Kegel mit Verurteilung zur „Umerziehung", sprich Straflager, endete. Diese Prozesse wurden mit intensiver Propaganda in den Medien begleitet. Die Kulturrevolution fing zwar im Bereich der Kultur an, verbreitete sich aber dariiber hinaus landesweit in alle Bereiche von Gesellschaft, Wirtschafl, Bildung und Politik. Die Bezeichnung „Kulturrevolution" konnte deshalb missverstandlich sein. 5.1.2 Die Kulturfaktoren im engeren Sinne in der Kulturrevolution Die Kulturfaktoren im engeren Sinne wurden zugleich als Instrumente in der politischen Auseinandersetzung verwendet. Die Kulturrevolution selbst wurde gezielt durch eine scharfe Kritik an dem Theaterstiick Hai Rui wird seines Amtes enthoben^^^, dessen Autor der Historiker und damalige Pekinger Vizeburgermeister Wu war, ausgelost. In diesem Theaterstuck wird die Geschichte von Hai Rui, einem integren Beamten in der Ming-Dynastie (1368-1644 n. Chr.), erzahlt, der wegen Kritik an Kaiser Jiajing wegen dessen Vemachlassigung der Amtsgeschafte vom Kaiser entlassen und ins Gefangnis geworfen wurde. Es ist chinesische Tradition, durch Darstellung in den engeren Kulturfaktoren Theater, Lieder, Malerei und in der jiingeren Zeit auch Film - die Vorgange im gesellschaftlichen und politischen Leben, insbesondere Unrecht, Machtmissbrauch usw., implizit zu kritisieren. Dabei werden haufig Beziige zu bekannten historischen PerOriginaltitel: Hai Rui ha guan/'M^ H 'I', erste Vorfiihrung im Januar 1961 in Peking Die Kulturrevolution und die Kulturfaktoren im engeren Sinne 119 sonen und Begebenheiten hergestellt oder historische Begebenheiten kritisch beleuchtet. Obwohl das Theatersttick von Wu keine vorsatzliche personliche Anspielung enthielt, wurde es von der o. g. Kritik, die von Yao Wenyuan geschrieben wurde und am 10. November 1965 in der Shanghaier Literaturzeitung erschien, als versteckter Angriff auf Mao dargestellt.'^^ Danach fiigten mehrere Zeitungen diesem Artikel in akademischer Diskussion Kommentare hinzu, ohne zu wissen, dass dieser Artikel direkt von Mao mit politischer Absicht lanciert wurde. Am 21. Dezember auBerte Mao seine Meinung zu dieser offentlichen Pressediskussion, dass Yaos Artikel zwar gut sei, aber den Kempunkt, namlich iiber die Veranderung der Kultur die Politik zu verandem, „noch nicht erreiche"^^^. Die eigentliche Botschaft Maos, seine innerparteilichen Gegner ihrer Amter zu entheben, war deutlich. Dieser Artikel wurde dann von Ende 1965 bis April 1966 nach direkter Anweisung Maos landesweit in alien wichtigen Zeitungen mit gezielten politischen Kommentaren, die Maos eigentliche Botschaft aufgriffen und verstarkten, gedruckt.^^^ Als Ergebnisse des ersten Kampfs zwischen Mao und seinen Gegnem in der KP, verloren Wu, der Pekinger Biirgermeister Peng und alle Mitglieder seines Parteiausschusses ihre Amter. Abgesetzt wurde auch der Propagandachef der Partei, der einer der Hauptgegner Maos war. Damit waren die Pekinger Verwaltung und das Ministerium fur Propaganda in der Hand der radikalen Maoisten. Das Ministerium ftir Kultur - neben dem Ministerium fiir Propaganda der Partei die oberste Kulturbehorde der chinesischen Regierung - hatte in dieser Zeit einige wenige auslandische Werke importiert. Um politischen Irritationen aus dem Weg zu gehen, waren es vor allem klassische Werke der Weltliteratur, die zur Ubersetzung kamen, sowie die Synchronisation des ersten nach der Griindung der Volksrepublik und bis zum Ende der Kulturrevolution auch einzigen amerikanischen Films Salt of the Earth^^\ der einen Bergarbeiterstreik in den USA zum Thema hatte. Dennoch nahm Mao dieses als Anlass, das Ministerium fiir Kultur als „Ministerium fiir tote Aus- 187 188 189 190 Vgl. Yao (1965) Xi/Jin (1996), S. 77, Ubersetzung des Verfassers Vgl. Editorial der Volkstageszeitung (1965) Regie: H. Biberman, USA 1954. Der Film war in den USA wegen seiner Sympathien fiir die Arbeiterklasse verboten. 120 Kapitel 5: Die Rolle der Kulturfaktoren im engeren Sinne lander" ^^^ offentlich zu kritisieren. Mit Hilfe politischer Weggenossen im Zentralkomitee der kommunistischen Partei und durch Mobilisierung der roten Garden, die fiir einen Druck der StraBe sorgten, konnte Mao durchsetzen, dass dieses Ministerium im Jahr 1965 komplett mit neuen Fiihrungskraften besetzt und bis zum Ende der Kulturrevolution personlich von Maos Frau Jiang kontrolliert wurde. Im Mai 1966 griindete Mao direkt unter dem Politburo, das inzwischen von ihm kontrolliert wurde, das Komitee der Kulturrevolution. Dieses Komitee spielte die wichtigste Rolle in der Kulturrevolution. Alle funf Mitglieder dieses Komitees stammten urspriinglich aus dem Kulturbereich: die Schauspielerin Jiang (Maos Frau), die Kulturtheoretiker Kang und Chen, der Schriftsteller Zhang und der Kulturkritiker Yao, dessen Artikel in der Shanghaier Literaturzeitung Ausloser der Kulturrevolution war. Deshalb war es typisch, dass die Veranderungen und Umbriiche der Kulturrevolution, die fast alle in wirtschaftlichen, menschlichen oder kulturellen Katastrophen endeten, ihren Ausgangspunkt im kulturellen Bereich hatten. Kulturelle Ereignisse wurden zum Anlass genommen, z. B. scharfe Kulturkritiken zu schreiben, die sich zunachst zu einer politischen Kritik entwickelten und fast immer in einen heftigen politischen Kampf miindeten. Fast alle politischen Auseinandersetzungen gingen um Kultur und benutzten Kultur und Kulturfaktoren, hatten aber fast ausschlieBlich wirtschaftliche und politische Ziele. Durch diese Instrumentalisierung der Kultur hat sich in China die soziale und politische Funktion der Kultur in der Kulturrevolution ins Extreme entwickelt. Die Kulturfaktoren im engeren Sinne erfiillten wahrend der Kulturrevolution im Wesentlichen fiinf Funktionen. Zum einen sicherten sie die Zugehorigkeit der Kultur zur Politik. Die Reden von Mao bei der Aussprache uber Kultur und Kunst im Jahr 1942 wurden seitdem bis zum Ende der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts, insbesondere in der Kulturrevolution, zum Grundprinzip der Kulturpolitik der Kommunistischen Partei. In diesen Reden behauptete Mao: „In der Welt von heute ist jede Kultur, jede Literatur und Kunst einer bestimmten Klasse zugehorig, einer bestimmten politischen Linie verpflichtet. Eine Kunst um der Kunst willen, eine liber den Klassen stehende Kunst, eine Kunst, die neben der Politik einherginge oder unabhangig von ihr ware, gibt es in Wirklichkeit nicht. Die proletarische Literatur und Kunst sind ein Teil der 191 Zhao (2005), Ubersetzung des Verfassers Die Kulturrevolution und die Kulturfaktoren im engeren Sinne gesamten revolutionaren Sache des Proletariats oder, wie Lenin sagte, ,Radchen und Schraubchen' des Gesamtmechanismus der Revolution."^^^ Nach diesem Grundprinzip mussten die Kulturfaktoren im engeren Sinne, als ein Teil der Politik selbst und gleichzeitig als eines ihrer Instrumente, die politischen Anforderungen inhaltlich und formal ausfiillen. Zum Zweiten wurden sie in Form und Inhalt stark beschrankt. Es standen nur wenige populare Formen - Theater, Film, Gesang, Plakate, Radio und hauptsachlich Wandzeitungen - zur Verfugung. Inhaltlich waren nur die extremen revolutionaren Themen erlaubt. Beschreibungen der Natur, Menschlichkeit, Liebe usw. in fiktionalen Werken waren nicht zugelassen. Diese wurden als „Entfremdung von Politik und Massen, als Annaherung an kulturelle Formen des Kapitalismus und an seinem Kitsch"^^^ kritisiert. So war die Zahl der Theaterstticke, Filme, Lieder usw. in der Kulturrevolution gering. Zum Dritten hatten die engeren Kulturfaktoren fast voUstandig politischen Zielen zu dienen. Fiir diese politische Funktion wurden neue kulturelle Subformen entwickelt, zum Beispiel die „revolutionare Peking-Oper", die von Klavier und anderen westlichen („giftigen") Musikinstrumenten begleitet wurden. Dieses wurde zugelassen, well die klassische westliche Musik damals schon weit verbreitet war. Es ware nicht durchsetzbar gewesen westliche Musikformen von Grund auf zu verbieten. Eine weitere bekannte kulturelle Subform stellten die Wandzeitungen dar, handgeschriebene Plakate mit groBen Schriftzeichen. Sie waren in der Kulturrevolution eine sehr wichtige Form der offentlichen Medien. Zum Vierten fungierten die Kulturveranstaltungen als Mittel zur Belohnung und Motivation der Arbeiter und Angestellten staatlicher Untemehmen. Obwohl Eintrittskarten far Filme, Konzerte, Theater usw. nicht teuer und oft kostenlos waren, war derjenige, der wegen guter Arbeitsleistung eine Karte fiir eine Kulturveranstaltung vom Arbeitgeber bekam, darauf stolz und motiviert. Diese Eintrittskarten wurden offiziell „Stolzkarten" (Abbildung 5-1) genannt und entsprechend bedruckt. Sie wurden in Kooperation zwischen offentlichen Kultureinrichtungen und staatlichen Untemehmen vergeben. So wurden die Bindungen zwischen Kultureinrichtungen, wie ^^^ 193 Mao (1942), S. 95 Editorial der Volkstageszeitung (1952), Ubersetzung des Verfassers 121 122 Kapitel 5: Die Rolle der Kulturfaktoren im engeren Sinne z. B. Kinos und Theatem, und den Untemehmen vertieft. Diese Tradition hat sich seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts nicht nur bei staatlichen, sondem auch bei Jointventures, weiter entwickelt. Auf der Vorseite (links): „Stolzkarte als Geschenk fiir die besten Mitarbeiter" mit Datum und Sitznummer. Auf der Ruckseite (rechts): „Um Ihre ausgezeichneten Arbeitsleistungen zu belohnen, schenken wir Ihnen diese Kinokarte ..." mit Unterschriften der Untemehmensleitungen des lokalen Radiosenders und des Kinos der Stadt Pingdingshan. Abbildung 5-1: Beide Seiten einer typischen „Stolzkarte" Zum Fiinften sollten die Kulturfaktoren neben der politischen Funktion auch noch den Bedarf des Volkes nach Unterhaltung, wenn auch in stark begrenztem Umfang, befriedigen. In der Kulturpolitik der kommunistischen Partei sollten „die Einheit von Politik und Kunst, die Einheit von Inhalt und Form, die Einheit von revolutionarem politischem Inhalt und moglichst vollkommener kiinstlerischer Form"^^^ gefordert werden. In der Realitat der Kulturrevolution aber fokussierten die Kulturbehorden sich selbst und Musiker, Ktinstler usw. zuerst und fast ausschlieBlich auf „revolutionare und politische" Inhalte, weil bereits eine kleine Abweichung von der Linie Maos sehr oft die groBe Gefahr mit sich brachte nicht nur einen Karriereknick zu erleben, sondem auch unmenschlich behandelt zu werden. Anfang der 1970er Jahren Mao (1942), S. 100 Die Kulturrevolution und die Kulturfaktoren im engeren Sinne 123 5.1.3 Der Einfluss der Kulturrevolution Erst nach Maos Tod im Jahr 1976 endete die Kulturrevolution endgiiltig. Auch wenn im Jahr 1980 die kommunistische Partei die Kulturrevolution als „schweren Fehler des Genossen Mao Tse-tung in seinen letzten Jahren"^^^ bewertet, hat sie Wirtschaft und Gesellschaft und die heutige Kulturpolitik tief beeinflusst. An dem geschilderten Beispiel, das die Kulturrevolution ausloste, wird deutlich, wie tief in der Tradition verankert und bedeutend das Zusammenwirken von Politik, Gesellschaft und Kultur in China ist. Ahnliche Beispiele fmden sich auch in der jiingeren Politik in China. Insbesondere nach der Grundung der Volksrepublik China sind die Kulturfaktoren im engeren Sinne neben ihrer traditionellen Funktionen der Unterhaltung, Erziehung und Information auch als effektive Instrumente fiir politische Ziele und ideologische Einfliisse genutzt worden, obwohl in vielen Fallen diese Kulturfaktoren selbst inhaltlich mit Politik nichts zu tun hatten. Gerade aus diesem Grund haben alle chinesischen Regierungen diese Kulturfaktoren durch strenge Zensur kontrolliert, selbst nach dem Beitritt Chinas in die WTO im Jahr 2001. Bei der Grundung der Volksrepublik China wurde das sowjetische Prinzip des Primats der politischen vor der fachlichen Fiihrung bei alien Organisationseinheiten (Unternehmen, Militar, Hochschulen, Schulen, Verwaltung usw.) iibemommen. Die politische Fiihrung wurde und wird von Parteisekretaren auf alien Ebenen, von der Zentralregierung bis ins kleinste Dorf, wahrgenommen. Das Prinzip, zu dem auch gehorte, dass jedes staatliche Untemehmen, jede Organisation und jedes Institut eine Abteilung fur Propaganda und Kultur haben muss, wurde in der Kulturrevolution verbreitert und vertieft. Diesen Abteilungen, die dem jeweiligen Parteisekretar unterstanden, wurde mehr politische Macht eingeraumt, sodass sie die Fiihrungsaufgaben weitgehend ubemahmen.'^^ Ihr Einfluss ist heute noch zu sptiren. Die Abteilungen ftir Propaganda und Kultur der staatlichen Untemehmen, Organisationen und Institute haben zwar ihre Bedeutung in der politischen Auseinandersetzung verloren, sich aber in eine verbindende Funktion zwischen Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Kultur entwickelt. ^^^ Editorial der Volkstageszeitung (1980), Obersetzung des Verfassers Vgl. hierzu Tang (2004) 124 Kapitel 5: Die Rolle der Kulturfaktoren im engeren Sinne In der Kulturrevolution fanden in den offentlichen Kultureinrichtungen, zum Beispiel Kinos, Theaterhausem, Bibliotheken, auch soziale und politische Veranstaltungen statt. Die auch heute noch haufige Nutzung offentlicher Kultureinrichtungen durch Unternehmen ftir betriebliche Veranstaltungen ist darauf zuriickzufiihren. 5.2 Quelle der Vorkenntnisse und Vorurteile 5.2.1 Gesch ichtliche Hintergrunde Erziehung durch Unterhaltung (i^#i^ll) ist eine wichtige konfuzianische Tradition in China. In den tausendjahrigen Kaiserreichen Chinas funktionierten Musik, Tanz, Theater, Kabarett, Malerei etc. neben offizieller und privater Schulerziehung als wichtige Trager der Ausbildung fur das Volk, selbst in entlegenen landlichen Gebieten.^^^ So wurde zum Beispiel die einfache Bevolkerung durch Musik gelehrt, ihre „Zu- und Abneigungen zu maBigen"^^^. Frauen durften in der Kegel die Schule nicht besuchen und auch nicht an offentlichen Veranstaltungen teilnehmen und erhielten durch Malerei ein MindestmaB an Bildung. Das Theater vermittelte geschichtliches Wissen und die gesellschaftlichen Moralvorstellungen. Die Hauptgrunde dafiir waren einerseits die Betonung der gesellschaftlichen Funktion der Kulturfaktoren im engeren Sinne durch die konfiizianische Lehre,^^^ anderseits die hohe Anzahl der Analphabeten in China. So konnten im Jahr 1950 mehr als 80% der chinesischen Bevolkerung (15 Jahre und alter) nicht lesen und schreiben. Diese Zahl war in den Kaiserreichen noch hoher. Nach jtingster Statistik gab es im Jahr 2001 in der Volksrepublik China noch 85 Millionen (8,72%) Menschen (15 Jahre und alter), die nicht lesen und schreiben konnten. ^^^ Der Zugang zu Allgemeinwissen und gesellschaftlichen Regeln durch Lesen ist diesen Menschen verschlossen. Vor diesem Hintergrund fiel und fallt den Kulturfaktoren im engeren Sinne die Aufgabe zu diese Liicke zu schlieBen. 1QO 199 ^^^ ^^^ Vgi. Mao (1984), S. 126-143; vgl. TangA^an (1980), S. 207ff Li Ji (ca. 2. Jahrhundert n. Chr.), S. 132, Ubersetzung aus Wehlhelm (1981), S. 73 Vgl. Liu (1989), S. 77-81 und S. 111-115 Li/Lii (2002) Quelle der Vorkenntnisse und Vorurteile 125 Oftmals in der chinesischen Geschichte und zum Teil auch heute noch haben die Kulturfaktoren im engeren Sinne, Musik, Tanz, Theater usw., als populare Wissensund Informationsquellen fungiert. Die Themen, die Konfuzius als Historiker haufig ansprach, waren „die Lieder, die historischen Dokumente und die Riten"^^^. Die chinesische Bevolkerung hat die durch die o. g. kulturellen Formen ubermittelten Informationen stets und in hohem MaB als zuverlassig und sinnvoll wahrgenommen. In diesen kulturellen Formen bildeten sich aber auch Stimmungen und Meinungen der einfachen Bevolkerung ab. Sie stellten damit eine wichtige Informationsquelle fur die jeweiligen Regierungen dar. In der Qin-Dynastie (221-206 v. Chr.) wurde erstmalig in der chinesischen Geschichte ein Amt fiir musikalische Angelegenheiten gegrundet. Eine wichtige Aufgabe dieses Amtes war „Erfassung und Wiedergabe der Lieder aus dem Volk"^^^ um dadurch „die Zufriedenheit oder Unzufriedenheit des Volks zu kennen"^^"^. Diese Erkenntnisse flossen in die Regierungspolitik ein. Die verschiedenen kulturellen Formen - Musik, Theater usw. - wurden wiedemm auch als Informationsund Propagandainstrument der jeweils Herrschenden eingesetzt. Seit dem 8. Jahrhundert vor Chr. bis zum Ende des 19. Jahrhunderts hat jede Dynastie und Regierung auf diese Tradition vertraut und sie als Informations- und Ausbildungstrager verwendet und kontinuierlich entwickelt. Erst seit Anfang des 20. Jahrhunderts, in der Republik China^^^ und insbesondere nach der Griindung der Volksrepublik im Jahr 1949, wurde unter westlichem Einfluss allmahlich auf die kulturellen Formen in der offiziellen Schul- und Erziehungspolitik verzichtet. Dabei ist bemerkenswert, dass dieser Trennungsprozess selbst mit Hilfe der engeren Kulturfaktoren, vor allem Musik und Theater, propagiert und ausgefuhrt wurde. Ein Beispiel dafur ist die „Bewegung Schulgesang" in den ersten 20 Jahren des 20. Jahrhunderts. Diese Bewegung wurde von den in Europa und Japan ausgebildeten Chinesen gegrundet und verbreitet. Ihr Ziel war es, durch Gesang in den offiziellen Schulen landesweit liber das kapitalistische Erziehungs- und Politiksystem des Westens aufzuklaren. Meistens wurden zu ^^^ 205 Konfuzius (1982), S. 41 Ban (1991), S. 182, Ubersetzung des Verfassers Ebenda, S. 293, Ubersetzung des Verfassers In der Zeit von 1911 bis 1949 auf dem Festland, danach bis heute auf Taiwan 126 Kapitel 5: Die Rolle der Kulturfaktoren im engeren Sinne den damals bekannten westlichen Melodien, wie z. B. Der gute Kameracf^^ und Treue Liebe^^^ usw. aus Deutschland, passende Texte verfasst.'^^^ In der tausendjahrigen Geschichte war neben der Musik das Theater ein wichtiger Trager der Informations- und Wissensvermittlung. Wegen seiner visuellen Moglichkeiten gab es zwischen dem Theater und dem chinesischen Volk „eine besondere und enge Verbindung", durch die die Menschen „nicht nur die Kunst des Theaters geniefien, sondem auch die Geschichte, den Realismus, den Sinn des Lebens (...) erfahren konnen".^^^ Die Kommunistische Partei hatte bereits vor der Griindung der Volksrepublik China die soziale Funktion des Theaters erkannt und verwendet. Schon neun Jahre vor der Machtubemahme in ganz China formulierte die KP in ihrer Kulturpolitik, „Theater als die wirkungsvollste und am leichtesten zu verbreitende Form in alien kulturellen Formen einzusetzen"^^^, weil es „als Mischung von Literatur, Musik, Tanz und Malerei ein effektives Instrument zur Massenpropaganda und -erziehung ist"^^^ Die flihrende Position des Theaters wurde erst in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts von einer modemeren Form, dem Film, abgelost. 5.2.2 Entwicklungsprozesse in der Volksrepublik China Die geographische Entfemung zwischen Deutschland und China ist groB. Die zwei Lander haben jeweils eine sehr unterschiedliche Geschichte, Tradition und Sprache. Der Ausdruck „Die Welt wird immer kleiner" bezieht sich im Wesentlichen auf die hoch entwickelte Verkehrs- und Kommunikationstechnik. Einerseits gibt es zunehmende Kommunikation und Kulturaustausch zwischen den beiden Landem, historisch bedingt seit Griindung der Volksrepublik China im Jahr 1949 bis 1990 mit der DDR und seit 1979 mit der Bundesrepublik Deutschland^^^. Andererseits sind die gegenseitigen Kenntnisse, die durch personliche Kontakte oder Medien gesammelt wurden. 206 207 208 209 210 211 212 Text: Ludwig Uhland (1787-1862); Melodie: Friedrich Silcher (1789-1860) Text: Helmina von Chezy (1783-1856); Melodie: Friedrich Wilhelm Kucken(1810-1882) Vgl. Qian (2001), S. 111-163; vgl. Sun/Zhou (1993), S. 209-212 TangA'an (1980), S. 207-208, Ubersetzung des Verfassers Ebenda, S. 208, Ubersetzung des Verfassers Ebenda, Ubersetzung des Verfassers Vgl. Kapitel 1.2 und 1.3 Quelle der Vorkenntnisse und Vorurteile 111 bei normalen Biirgen und Geschaftsleuten immer noch gering, irrig oder sogar vollig falsch. Die Ursachen fur die geringen personlichen Kontakte zwischen Chinesen und westlichen Menschen sind in der Mao-Zeit (1949-1976) zu finden. Obwohl China mit den wichtigsten westeuropaischen Landem schon diplomatische Beziehungen aufgenommen hatte - China mit Frankreich seit Januar 1964, China mit GroBbritannien und der Bundesrepublik Deutschland seit Marz bzw. Oktober 1972 - , beschrankte die chinesische Regierung mit Blick auf die haufig negativen Erfahrungen in der Geschichte sowie aus politischen und ideologischen Uberlegungen personliche Kontakte mit dem Westen durch strenge Zensur und Gesetze. Bis zur Offnung Chinas zum Westen 1978 wurden Geschafts- und Dienstreisen in westliche Lander sehr streng kontrolliert. Private Reisen waren in der Regel verboten. Die zehnjahrige Kulturrevolution (1966-1976) verscharfte diese Situation. In dieser Zeit liefen jeder personliche Kontakt, jede Kommunikation mit Auslandem und jeder private Zugang zum Ausland Gefahr, als „illegale Bindung an Feinde"^^^ verdachtigt und bestraft zu werden. Bei einem Interview zu dem Thema Entstehung unserer Fremdbilder'^^ berichtete ein Interviewter zum Beispiel davon, dass er als Schiller von der Kulturrevolution gepragt worden sei und er „vor alien Auslandskontakten und Wissen aus dem Ausland Angst"^^^ hatte. Er erzahlte, dass sein Lehrer fur Fremdsprachen - ein gebildeter und sympathischer Mensch - an einem Tag plotzlich verhaftet und zu einer Gefangnisstrafe verurteilt wurde, weil er heimlich fremdsprachliches Radio und damit nach damaliger Definition eine „feindliche Radiosendung" gehort hatte.^^^ Vor der Offnung Chinas zum Westen Ende der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts konnte sich die breite Bevolkerung fast nur durch die offizielle Propaganda der Regierungen liber Geschehnisse auBerhalb Chinas informieren. Fur diese Propaganda wurden hauptsachlich Radio, Zeitungen, Malerei, Theater und Filme genutzt. ^^^ ^^^ Ge (2004), S. 182, Ubersetzung des Verfassers Ebenda, S. 180-206 215 Ebenda, S. 182, Ubersetzung des Verfassers Ebenda, S. 182-183, Ubersetzung des Verfassers 128 Kapitel 5: Die Rolle der Kulturfaktoren im engeren Sinne Bis Mitte der 1960er Jahre wurden in China einige Filme aus den anderen sozialistischen Landem - UdSSR, Rumanien, Albanien und Nordkorea - , die offiziell vorgefiihrt werden durften, gezeigt. In der dann folgenden Kulturrevolution wurde auch das unterbunden. Nur noch in wenigen chinesischen Filmen waren Informationen iiber die Welt auBerhalb Chinas enthalten oder wurden gar Themen mit Auslandsbezug angesprochen. Wenn dieses iiberhaupt geschah, waren sowohl die Themen z. B. Opiumkrieg (1840-1842, China gegen GroBbritannien), Zweiter Weltkrieg usw. als auch die Darstellung tendenzios. Die darin enthaltenen Beschreibungen und Vorstellungen iiber das Ausland waren gering, unsystematisch und haufig negativ iibertrieben. Aber dennoch war der Film die wichtigste Informationsquelle fiir die Chinesen. Damals „glaubten wir zweifellos, dass diese Informationen voUig echt und richtig waren"^^^. So berichtete ein auf dem Land aufgewachsener chinesischer Mitarbeiter bei Gesprachen im Rahmen der Untersuchungen dieser Arbeit. Abbildung 5-2: „Die groBbritannischen Imperialisten niederschlagen!" - Propagandabild aus der Kulturrevolution In der Propaganda wurde verstarkt mit Schlagworten und Klischees gearbeitet. Das dadurch bei der breiten chinesischen Bevolkerung entstandene Bild des Westens und ^^^ Ge (2004), S. 180, Ubersetzung des Verfassers Quelle der Vorkenntnisse und Vorurteile seiner Menschen war deshalb undifferenziert und der erwunschten politischen Richtung folgend. Statt zu differenzieren war in der politischen Wortwahl immer von den „amerikanischen oder britischen Imperialisten" die Rede. Dadurch bedeutete der Westen fur die meisten Chinesen selbst ein Klischee, wie auf dem bekannten Propagandaplakat aus den 1970er Jahren die Figuren der Englander (Abbildung 5-2). Auch wenn durch die eingeschrankte und tendenziose offizielle Informationspolitik der Regierung ein falsches und klischeehaftes Bild des Auslands bei der breiten chinesischen Bevolkerung entstanden war, wurde dadurch aber iiberhaupt eine Vorstellung von der Welt auBerhalb Chinas erzeugt. In der Vorstellung der meisten Chinesen „waren die Auslander nicht mehr fremd und fern, sondem echte und lebendige Existenz in der Nahe"^^^. So fiihrte zum Beispiel eine Aussage von Mao: „Das chinesische Volk soil fur die Welt mehr beitragen, (...) da zwei Drittel der Weltbevolkerung noch in Armut leben." ^'^ zu der Vorstellung „die typischen Auslander im Westen" sind entweder arm und schwach - sie brauchen dann die Hilfe des chinesischen Volks zur Befreiung - oder machtig und unmenschlich aggressiv dagegen soil das chinesische Volk kampfen. Bis zum Ende der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts batten die meisten der damaligen Schiiler, Studenten, Mitarbeiter der Untemehmen usw. deshalb ein verzerrtes, von Unwissenheit und Vorurteilen gepragtes Bild iiber den Westen und seine Menschen. Aus dieser Bevolkerungsgruppe aber rekrutieren sich heute Mitarbeiter und Fiihrungskrafte der deutsch-chinesischen Jointventures. 21 (56,8%) der insgesamt 37 chinesischen Befragten sind im Zeitraum von 1954 bis 1973 geboren. Fast zwei Drittel von ihnen batten dieses Bild vom Westen, als sie erstmals deutsche KoUegen in den Jointventures personlich trafen. Zum Beispiel berichtete ein 48-jahriger chinesischer Leiter des Jointventures im Interview, dass die Zusammenarbeit mit seinen deutschen Kollegen sein durch Filme und Ausbildung in den 1960er und 1970er Jahren negativ gepragtes Bild uber die Deutschen grundsatzlich verandert hat. Er sagte: „Die Deutschen - meine zwei Kollegen zum Beispiel - sind nicht, wie uns immer gesagt wurde, grausam, kalt und 219 Ge (2004), S. 183, Ubersetzung des Verfassers Ebenda, S. 182, Ubersetzung des Verfassers 129 130 Kapitel 5: Die Rolle der Kulturfaktoren im engeren Sinne schweigsam, sondem genau so nett und freundlich wie wir. Sie konnen mehr Witze als ich erzahlen." Bis zum Ende der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts stand nur wenig ubersetzte westliche Literatur zur Verfugung, da sich China seit den 1950er Jahren wesentlich auf die Ubersetzung der russischen Literatur konzentriert hatte. „Fast jedes bis dahin bekannte russische Werk hat seine Ubersetzung auf Chinesisch."'^^^ Bis zum Anfang der Kulturrevolution und dem damit einhergehenden Abbruch der chinesisch-sowjetischen Freundschaft waren hauptsachlich marxistische Werke und als zum kommunistischen Weltbild passend empfundene klassische westliche Literatur wie z. B. eine Auswahl der Werke von Charles Dickens (1812-1870), Mark Twain (1835-1910) u. a. ubersetzt und veroffentlicht worden. Wahrend der Kulturrevolution kamen diese verlegerischen Tatigkeiten nahezu vollig zum Erliegen. Erst mit der unter Deng Xiaoping eingeleiteten Offnung zum Westen wurden sie Ende der 1970er Jahre wieder aufgenommen. Schwerpunkte in den 1980er Jahren waren dann westliche Werke iiber Philosophic, Recht, Wirtschaft und Management. Bei Chinesen ist die Bereitschaft sich mit Hilfe iibersetzter Literatur iiber den Westen zu informieren oder ein Bild zu gewinnen im Vergleich zu Theater und Film erheblich geringer ausgepragt. Bei einer weiteren Besprechung, die sich auf die Frage 3 bezieht, haben nur zwei von den elf chinesischen Befragten, die den deutschen Film Die Blechtrommel als beeindruckenden Film genannt haben, das Buch von Giinter Grass auch nur zum Teil gelesen."^^^ Ende der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts, parallel zur politischen und wirtschaftlichen Reform in China, war es fur Chinesen allmahlich moglich direkt durch westliche Filme Kenntnisse uber den Westen zu gewinnen, zu erganzen und ggf auch zu korrigieren. 1979 lieB das Ministerium fur Propaganda einige bereits vor der Kulturrevolution importierte westliche Filme, z. B. The Million Pound Note^'^^, Fahrraddiebe^^^ etc., zur offiziellen Vorfiihrung zu.^^"^ AuBerdem durften, wenn auch zunachst 220 221 222 223 224 Chen (1989), S. 347, Ubersetzung des Verfassers Vgl. Frage 3 und die Ergebnisse, Kapitel 4.2 Regie: Gregory Peck, GroBbritannien 1953 Regie: Vittorio De Sica; Italien 1948 Li (2005), S. 29 131 Quelle der Vorkenntnisse und Vorurteile nur in geringer Zahl, wieder Filme und Femsehprogramme aus Westeuropa und Amerika importiert und synchronisiert werden. So konnte das Publikum landesweit seit Januar 1980 z. B. die Filme Einmal wird die Sonne wieder scheinen^^^. Die grofie 99^ 907 998 Sause , Das alte Gewehr , Modern Times und die TV-Serie Garrison's Gorillas^^^ sehen. In der Folge war in den Jahren 1979 und 1980 die landesweite Zahl der Filmbesuche mit jeweils uber 28 pro Einwohner und Jahr die bis heute hochste.^^^ Im Vergleich zu chinesischen werden auslandische Filme, vor allem USamerikanische, aber auch europaische, vom breiten Publikum besonders geschatzt. China hat von 1994 bis 2001 pro Jahr 10 und seit 2002 pro Jahr 20 auslandische Filme importiert und zur Auffuhrung gebracht. Von 1994 bis 2003 wurden 60% - 70% der Kasseneinnahmen durch Hollywood-Filme erzielt.^^^ Der Filmverband Chinas hat zwischen Mai und Juli 2004 in fiinf GroBstadten (Peking, Shanghai, Wuhan, Hangzhou, Kanton) eine Marktforschung durchftihren lassen, um die Zufriedenheit der Filmbesucher mit insgesamt 41 chinesischen und auslandischen Filmen, die von Januar bis Mai desselben Jahres vorgefiihrt wurden, zu ermitteln. Die Ergebnisse haben gezeigt, dass der durchschnittliche Index der Zufriedenheit fiir auslandische Filme deutlich hoher ist als flir chinesische Filme. Den Hochstwert des Zufriedenheitsindexes aller Filme erzielte mit 19,3% Der PianisP^. Der beste chinesische Film The Cell Phone^^^ erreichte mit 72,0%) Platz 4. Der durchschnittliche Index der Unzufriedenheit war bei chinesischen Filmen deutlich hoher als bei den auslandischen. Der Hochstwert des Unzufriedenheitsindexes eines auslandischen Films lag bei 19,0%), der eines chinesischen Films bei 40,4%.^^^^ 225 226 227 228 229 230 231 232 233 234 Regie: Hans Heinrich; Deutschland 1969/1970 Originaltitel: La Grande Vadrouille; Regie: Gerard Oury; Frankreich 1966 Originaltitel: Le Vieux Fusil; Regie: Robert Enrico; Deutschland/Frankreich 1975 Regie: Charlie Chaplin; USA 1936 TV-Serie in 28 Teilen, USA 1967/1968 WuAVang/Long etc. (2005), S. 22 Ni (2005) Originaltitel: The Pianist; Regie: Roman Polanski; Frankreich/Deutschland/Poland/GroBbritannien 2003 Originaltitel: f-^{Shouji); Regie: Xiaogang Feng; VR China 2003 Meng/Huang/Wang (2004) 132 Kapitel 5: Die Rolle der Kulturfaktoren im engeren Sinne 5.2.3 Personliche Information Seit 1978, parallel zur politischen und wirtschaftlichen Reform in China, war es fur die Chinesen allmahlich moglich durch Studienreisen, auslandische Filme, Literatur usw. Wissen iiber das Ausland zu gewinnen und ggf. zu erganzen und zu korrigieren. Von 1978 bis 1996 wurden 44.000 chinesische Wissenschaftler und Studierende vom Ministerium fur Erziehung Chinas in die USA und nach Europa geschickt. Daneben sind in demselben Zeitraum etwa 139.000 private und 86.000 von Universitaten finanzierte Studierende sowie von Untemehmen ausgesandte Manager in den Westen gereist.^^^ Diese 269.000 Menschen sind die ersten Chinesen, die nach der Kulturrevolution personlichen Kontakt zum Westen und seinen Menschen hatten. Im Vergleich zur Gesamtbevolkerung^^^ handelt es sich um eine sehr geringe Zahl. Vor 1991 waren private Touristenreisen ins Ausland fiir Chinesen verboten. Im August 1991 wurde die erste Touristengruppe von 37 privaten Reisenden nach Singapur, Malaysia und Thailand als ein Versuch zugelassen. Erst im Juli 1997 erliefi die chinesische Regierung die „ Anordnung iiber private Touristenreisen fur Chinesen in andere Lander'''^^^. In diesem Jahr gab es insgesamt 67 Reisebiiros, die private Touristenreisen ins Ausland vermitteln durften. Die Zahl der Reisebiiros stieg im Jahr 2002 auf 528.^^^ Eine zunehmende Zahl Chinesen macht private Touristenreisen nach Deutschland. Seit 1996 lag China auf Platz 3 (nach USA und Japan) bei den UberseeHerkunftslandem ftir die Einreise nach Deutschland. China steht 2004 mit 789.429 Ubemachtungen an 15. Stelle der Auslandstibemachtungen in Deutschland.^^^ Die zunehmenden Touristenreisen in den Westen haben aber nicht viel dazu beigetragen, die Kenntnisse der Chinesen uber westliche Lander und Leute zu vertiefen. Daflir gibt es drei Grunde. Zum einen dauert eine Touristenreise in der Regel 11-15 Tage, in denen aber moglichst viele Lander oder Stadte besucht werden. Nach einem Plug iiber zehn Stunden „seien die chinesischen Touristen nicht zufrieden, wenn sie 235 236 237 238 239 Chen (2004), S. 21 Gesamtbevolkerung Chinas: 0,96 Milliarden im Jahr 1978 und 1,22 MilUarden im Jahr 1996 Tourismusamt Chinas/Ministerium ftir offentliche Sicherheit Chinas (1997) Li/Jin/Zhuang (2003), Ubersetzung des Verfassers StatistikamtNord(2005) Quelle der Vorkenntnisse und Vorurteile 133 nur ein Land oder wenige Stadte besichtigen konnen"^"^^. Eine typische Touristenreise nach Europa flihrt in 11 Tagen in 5 Lander: Frankreich, Italien, Luxemburg, Osterreich und Deutschland. Bei einer typischen Reise nur nach Deutschland werden in 11 Tagen 8 Stadte besichtigt: Berlin, Hamburg, Koln, Heidelberg, Baden-Baden, Freiburg, Fussen und Munchen.^"^^ Die Zeit ist also zu knapp, um auBer der Besichtigung der Sehenswiirdigkeiten und Shopping noch mit den westlichen Menschen in personlichen Kontakt treten zu konnen. Zum Zweiten haben die wenigsten chinesischen Touristen in Europa und Amerika geniigend Sprachkenntnisse, um wahrend ihrer Reise mehr als nur oberflachliche Beobachtungen machen zu konnen. Zum Dritten gehort das Kennenlemen - und noch viel weniger ein Studium - der lokalen Kultur, Gesellschafl und Menschen nicht zu den Schwerpunkten einer Touristenreise. „Touristenreisen von Chinesen befmden sich zurzeit in der Anfangsphase wie dieses vor etwa zwanzig Jahren auf Japaner und vor 30 Jahren auf Amerikaner zutraf."^"*^ Neben dem Shopping von landestypischen Marken interessieren sich die chinesischen Touristen vor allem fur z. B. Architektur in Italien und Frankreich sowie „grune Natur" und historische Stadte in Deutschland. Museumsbesuche oder eine ausfiihrlichere Betrachtung des kulturellen Erbes sind nicht gewiinscht. „Ein paar Fotos von sich vor den Denkmalem zu machen stellt sie bereits zufrieden."^"^^ In der Regel verlassen sich die meisten Chinesen bei der Informationsbeschaffung wieder auf die aus ihrer Sicht zuverlassigen engeren Kulturfaktoren, vor allem auf Reiseberichte und TV-Serien. In den letzten zehn Jahren des 20. Jahrhunderts wurden dazu mehr als zehn verschiedene Bticher herausgegeben und TV-Serien sowie zahlreiche Reiseberichte veroffentlicht. Als Beispiele seien hier die romanhaft ausfuhrlichen Reiseberichte Die Pekinger in New York '^^^ , Eine Chinesin in Manhattan^^^, Die Shanghaier in Tokio^^^ mid Chinesischer Hase auf deutschem 240 241 242 243 244 Li/Jin/Zhuang (2003), Ubersetzung des Verfassers Vgl. Li/Jin/Zhuang (2003) Ebenda, Ubersetzung des Verfassers Ebenda, Ubersetzung des Verfassers; vgl. Statistikamt Nord (2005) Originaltitel: Beijingren zai Niuyue I 4b:^A4M.-^^; Autor: Guilin Cao; 1991, Peking; entsprechende TV-Serien von China Central Television, 1993, Peking Originaltitel: Manhadun de Zhongguo nuren I ft ^^M 6^ + H ^ A ; Autorin: Li Zhou; 1992, Peking Kapitel 5: Die Rolle der Kulturfaktoren im engeren Sinne 134 Rasen ^"^^ erwahnt, die ein breites Publikum erreicht haben. Diese Entwicklung hat aber zur Folge, dass personliche Kontakte und Erfahrungen einzelner Chinesen in bestimmten Orten des Westens von den meisten Chinesen, die in der Regel keine Auslandserfahrung haben, oft in unzutreffender Weise verallgemeinert werden.^"^^ Parallel zu den zunehmenden Reisen von Chinesen in westliche Lander steigt die Zahl der Einreisen aus dem Ausland nach China standig. Im Vergleich zu manchen asiatischen Landem und den USA ist die Zahl der in die VR China einreisenden europaischen Touristen in die VR China, wie in der folgenden Tabelle darstellt wird, gering. Fur alle gilt aber, dass das Sprachproblem fast immer personlichen Kontakten entgegensteht. Land Einwohnerzahl im Jahr 2002 (Millionen) Anzahl der Touristeneinreisen in die VR China (Millionen) 1997 1998 1999 2000 2001 2002 Japan 127,48 1,58 1,57 1,85 2,93 47,43 291,04 0,78 I 0,62 0,32 0,63 0,68 0,99 0,74 0,35 2,20 1,34 0,90 0,40 2,39 Siidkorea USA Singapur 1,68 0,95 0,42 2,12 1,12 0,50 0,26 0,28 0,30 0,34 0,19 0,22 0,24 0,25 0,28 0,14 0,16 0,19 0,20 0,22 4,18 GroBbritannien 59,29 0,23 Deutschland 82,41 Frankreich 59,85 0,18 0,13 0,31 0,24 Tabelle 5-1: Anzahl der Touristeneinreisen in die VR China 1997-2002^' Es war zu erwarten, dass nur bei wenigen Befragten (14,1%), davon sechs Chinesen und sieben Deutsche, die ersten Kenntnisse iiber Chinesen oder Deutsche aus personlicher Erfahrung stammen.^^^ Diese Zahl ist bei deutsch-chinesischen Jointven246 247 248 249 250 Originaltitel: ShanghairenzaiDongjingI}LI%K^^%', Autor: Xiangda Fan; 1992,Peking; entsprechende TV-Serien von Shanghaier Televion, 1995 Originaltitel: Zhongguo tuzi Deguo cao/^Mi^^i& M $ ; Autoren: Zhou, Rui/Zhou, Shuangning; 2001, Nanjing Vgl.Ge (2004), S. 191-198 Quelle: Staatliches Statistikamt Chinas (2005), 19-7 und Index 2-1 Vgl. Frage 2 und die Ergebnisse, Kapitel 4.2 Quelle der Vorkenntnisse und Vorurteile 135 tures vermutlich deshalb hoher als in anderen Untemehmen, well die Mitarbeiter in einem Jointventure in der Regel schon vorher durch Reisen, Studium o. a. Gelegenheit hatten Land und Leute kennen zu lemen. Ein weiterer Grund ist, dass bei der Auswahl neuer chinesischer Angestellte fur Jointventures Kandidaten mit Erfahrungen aus Deutschland oder deutschen Untemehmen oder mit deutschen Sprachkenntnissen bevorzugt werden. Die Halfte von den sechs chinesischen Befragten, deren erste Kenntnisse liber Deutsche und Deutschland aus personlicher Erfahrung stammen, haben diese wahrend ihres Studiums in China durch deutsche Lehrer und Mitstudierende gesammelt. Zwei von diesen sechs Befragten haben ihre ersten Kenntnisse durch Kontakt zu deutschen Besuchem in China erworben und eine Person bildete sich durch eine Reise nach Deutschland. Den Medien kommt dadurch eine hohere Bedeutung als in Deutschland zu (73,7% zu 42,9%)?^^ Dabei gibt es einen deutlichen Unterschied zwischen Deutschen und Chinesen: Deutsche halten Erzahlungen und Berichte von Freunden grundsatzlich fur glaubwiirdig. 40% der deutschen Befragten haben ihre ersten Kenntnisse iiber China und die Chinesen aus dieser Quelle.^^^ Die Einstellung gegenuber Berichten und Erzahlungen von Freunden oder Bekannten iiber fur Chinesen Fremdes ist in China traditionell anders. Sie werden in der Regel als „back alley news" (^hitS A) aufgefasst und haben eine geringe Glaubwtirdigkeit. Deshalb haben sich auch nur 14%) der chinesischen Befragten auf diesem Weg informiert.^^^ Werden diese Berichte und Erzahlungen von Freunden und Bekannten offiziell veroffentlicht, erhoht sich allein dadurch ihre Glaubwurdigkeit. Im Gegensatz zu den „back alley news" halten die Chinesen offizielle Veroffentlichungen fiir zuverlassig. Das Interview zum Thema „Entstehung unserer Fremdbilder" bestatigt, dass die heutigen Chinesen im Wesentlichen durch zwei Zugange - Biicher und Film/Femsehen - ihr Auslandswissen erwerben. Damit werden „einerseits falsche Fremdbilder korrigiert, andererseits aber neue, wiederum nur theoretische Einstellungen gefordert"^^"^. Nach der personlichen Begegnung der deutschen und chinesischen Mitarbeiter in einem Jointventure in China lauft der Prozess des gegenseitigen Kennenlemens weiter. 251 Vgl. Frage 2 und die Ergebnisse, Kapitel 4.2 Ebenda Ebenda Ge (2004), S. 191, Ubersetzung des Verfassers 136 Kapitel 5: Die Rolle der Kulturfaktoren im engeren Sinne Die Hauptaufgaben dieses Prozesses sind nun Bestatigung und eventuell Korrektur der Vorkenntnisse sowie ihre VertiefUng. Dazu tragen nicht allein die personlichen Kontakte bei, sondem viel mehr stutzt sich der Prozess auf die Hilfe der Kulturfaktoren im engeren Sinne. Die personlichen Kontakte zwischen deutschen und chinesischen Mitarbeitem sind vielfach auf das Arbeitsumfeld begrenzt. Allerdings zeigen die Ergebnisse zu Frage 4, dass insgesamt 94,8% der deutschen und chinesischen Befragten an einem Wochenende zusammen ins Theater, Konzert, Karaoke, Teehaus etc. gehen wiirden.^^^ Dieses bedeutet, dass Kontakte auBerhalb des Arbeitsumfeldes in den meisten Fallen mit Kulturveranstaltungen verbunden sind. Durch die Gesprache und Interviews wurde ebenfalls bestatigt, dass die meisten Deutschen in Jointventures neben personlichen Kontakten und Beobachtungen wegen der Sprachschwierigkeiten vor allem flexible und wiederholbare Medien - Filme, Literatur, Theater - nutzen, um in China das Land und die Chinesen weiter kennen zu lemen. 5.2.4 Theater und Teehduser Chinesische Mitarbeiter benutzen aus der traditionellen Gewohnheit heraus geme kulturelle Veranstaltungen wie Konzert, Theater, Essen und Trinken, um deutschen Kollegen die chinesische Tradition vorzustellen. Beispielsweise wurden 92,0% der deutschen und 96,0%) der chinesischen Befragten am Wochenende einen Nachmittag zusammen mit einem chinesischen/deutschen Kollegen in einem traditionellen chinesischen Theater oder Konzert oder in einem Teehaus verbringen.^^^ In China entstand die Kombination von Theater und Teevergniigen unter einem Dach im 8. Jahrhundert. Diese Tradition hatte Bestand bis Anfang des 20. Jahrhunderts. Bis dahin gab es keine „Theaterkarte", man bezahlte fiir eine Theatervorsteilung nur die Kosten des Tees. Abbildung 5-3 zeigt ein derartiges Theater in der Qing-Dynastie (1644-1911). Das Publikum setzte sich an Teetische. Die erste Filmvorfiihrung in China wurde im August 1896 von einer franzosischen Firma in einem Teehaus in Shanghai durchgeftihrt.^^^ In den folgenden Jahren bis ^^^ Vgl. Frage 4 und die Ergebnisse, Kapitel 4.2 Ebenda Qian (2005) Quelle der Vorkenntnisse und Vorurteile 137 Ende des ersten Weltkriegs fanden in den Teehausem der chinesischen GroBstadte Shanghai, Peking, Tianjin, Kanton - sowohl Filmvorfuhrungen als auch Theaterauffuhrungen statt. Bei den Filmvorfuhrungen saBen die Filmbesucher, wie die Theaterbesucher, an den Teetischen und wurden mit Tee und Imbiss bewirtet.^^^ Abbildung 5-3: Theater in der Qing-Dynastie (1644-1911)^^^ Die Modemisierung des Teehauses nach Vorbild des westlichen Theaters begann in den 1920er Jahren. Die Kombination von Theater und Teevergniigen hatte in diesen modemisierten Theatem Bestand bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts. So eine Szene stellt Abbildung 5-4 dar, in der dem Publikum wahrend der Vorfuhrung immer noch Tee serviert wird. Abbildung 5-4: Theater nach der Griindung der Volksrepublik^^^ ^^^ ^^^ Vgl. Zhong/Shu (1995), S. 5-8 Quelle: Xu (2003), S. 25 Quelle: Ebenda 138 Kapitel 5: Die Rolle der Kulturfaktoren im engeren Sinne Erst seit etwa den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts trennte sich das Teevergniigen allmahlich vom modemen Theater. Heute gibt es in Teehausem nur noch kleine Biihnen, auf denen neben Konzerten und kleinen Theaterauffuhrungen auch Modenschauen stattfinden.^^^ Die Kombination von Kulturveranstaltung und Teevergniigen wird von der seit den 1990er Jahren in China verbreiteten Unterhaltungsform Karaoke fortgesetzt. Fast alle Karaokehallen bieten neben westlichen und alkoholischen Getranken auch Tee an. 5.2.5 Film Seit GrUndung der Volksrepublik China wurden Filmvorfuhrungen als wichtige politische Aufgabe von lokalen Regierungen auf jeder Ebene im ganzen Land wahrgenommen. Statt Theater und anderen eher traditionellen kulturellen Formen fungiert der Film seitdem bis Mitte der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts als einer der wichtigsten Informations- und Propagandatrager. Aus Sicht der chinesischen Fiihrung stand eine ausgereifte Technik, die nicht nur in den Stadten, sondem insbesondere in den landlichen Gebieten leicht aufzubauen war, zur Verfiigung. Die Kosten der Filmproduktion, -vorftihrung usw. waren im Vergleich zur hohen Filmbesucherzahl niedrig. AuBerdem lieB sich der Inhalt eines Films vergleichsweise leicht kontrollieren. Deswegen sind Filmvorfuhrungen seit GrUndung der Volksrepublik von der Regierung besonders empfohlen und systematisch entwickelt worden. Filmbesuche wurden vor Ende der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts im ganzen Land haufig als Erziehungsmethode, politische Aufgabe oder Belohnung fur erfolgreiche Arbeit kostenlos, vor allem fur Schiiler, Studenten, Bauem und Angestellte bei staatlichen Organisationen sowie Untemehmen angeboten und einheitlich organisiert. Die Kinos und die mobilen Filmvorfuhrungsteams und -gerate fur Freilichtkino waren mit staatlicher Finanzierung komplettNon-Profit-Kulturbetriebe. Aus Sicht des Publikums ist ein Film nicht nur ein modemes Unterhaltungsmedium, sondem auch eine sehr lebendige Informationsquelle. Dariiber hinaus ist die Akzeptanz des Mediums Film in China sehr hoch. Dafur gibt es einige Griinde. Zum einen war Film vor und in der Kulturrevolution das einzige modeme Medium mit visueller ^^^ Vgl. hierzu Xu (2003), S. 21ff Quelle der Vorkenntnisse und Vorurteile Darstellung. Neben dem traditionellen Medium Theater war Film insbesondere bei der jungen Generation willkommen. Zum Zweiten boten die durch Film iibermittelten Informationen und Geschichten in den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts Gesprachsthemen fiir die Freizeit, die damals wenige andere Unterhaltungsmoglichkeiten bot. Durch das Interview zum Thema „Entstehung unserer Fremdbilder" wurde ebenfalls bestatigt, dass insbesondere vor der Offnung Chinas zum Westen „das Plaudem tiber fremde Lander und ihre Menschen auf der Basis von Informationen aus Filmen ein wichtiger Bestandteil des taglichen Lebens"^^^ war. Einerseits entsprach es der natiirlichen Neugier der chinesischen Bevolkerung auf fremde Menschen und Geschichte, andererseits war es politisch ungefahrlich, iiber offiziell vermittelte Informationen zu sprechen. Deswegen war Film bis Mitte der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts das wichtigste Unterhaltungsmedium in der Volksrepublik China. So lag zum Beispiel in Shanghai die durchschnittliche Zahl der Filmbesuche pro Einwohner und Jahr vor der Kulturrevolution (1949-1965) bei 9,0. Wahrend (1966-1976) und nach der Kulturrevolution (1977-1990) waren es jeweils 12,4 und 20,7.^^^ Im Vergleich zur Zahl der Filmbesuche in der Bundesrepublik Deutschland - z. B. im Jahr 1985 lag die Anzahl bei 1,7, 1989 bei 1,7 und 1990 bei 1,6^^^ - ist die Zahl in China sehr hoch. Ein weiteres Beispiel flir die Vorlieben der Chinesen ist die Haufigkeit ins Kino zu gehen oder zu Hause per Video/DVD einen Film iiber das jeweils andere Land zu sehen. 94,6% der chinesischen Befragten haben dies in den letzten drei Jahren mehr als dreimal getan. Die meisten chinesischen Befragten (62,2%) haben in den letzten drei Jahren 4-6-mal Filme tiber Deutsche/ Deutschland gesehen. Dagegen haben nur 52,4%) der deutschen Befragten in den letzten drei Jahren mehr als drei Filme mit Informationen iiber China gesehen. Die anderen 47,6% informierten sich im gleichen Zeitraum weniger als dreimal auf diesem Weg.^^^ Zum einen werden erheblich weniger Dokumentarfilme, insbesondere exakt recherchierte, iiber das jeweils andere Land als Spielfilme produziert. Synchronisiert bzw. in ^^^ ^^^ ^^"^ Ge (2004), S. 180. Ubersetzung des Verfassers Stelle flir Stadtgeschichte Shanghai (1996) Statistisches Bundesamt (1995), S. 424 Vgl. Frage 3 und die Ergebnisse, Kapitel 4,2 139 140 Kapitel 5: Die Rolle der Kulturfaktoren im engeren Sinne China eher untertitelt werden in der Kegel nur Filme mit einem hohen Grad an kunstlerischer Bearbeitung. Wahrend Deutsche den Informationsgehalt von Spielfilmen eher gering schatzen und deshalb fiir ihre personliche Information Dokumentationen und Dokumentarfilme bevorzugen, nutzen Chinesen Spielfilme durchaus als Informationsquelle. Zum anderen vermitteln Literatur und Film ihre Informationen sehr oft mit einer geographischen oder geschichtlichen Verschiebung. Was jeweils in Literatur und Filmen dargestellt wird, ist nur zu einer bestimmten Zeit, an einem bestimmten Ort und unter bestimmten Umstanden typisch, sofem es iiberhaupt typisch fur das jeweilige Land ist. Ftir Leser und Zuschauer entsteht somit ein vergleichsweise undifferenziertes oder einseitiges Bild vom anderen Land. Bei der Befragung haben 87,9% der Befi-agten den Film, der sie am meisten beeindruckt hat, genannt. Die ersten 5 Filme, die jeweils von deutschen und Chinesen am haufigsten genannt wurden, sind in den Tabellen zu den Ergebnissen der Frage 3 angegeben^^^. Bei weiteren Interviews und Gesprachen in der Untersuchung wurden diese Filme und evtl. auch bestimmte Szenen diskutiert. Der Einfluss der Filme auf die deutschen und chinesischen Befragten war tief und deutlich. Als der erste in der Volksrepublik China vorgefiihrte Film aus der Bundesrepublik Deutschland ist Einmal wird die Sonne wieder scheinen der bekannteste deutsche Film fur die chinesischen Mitarbeiter, die in den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts geboren sind. Von den 35 chinesischen Befragten, die jeder einen sie beeindruckenden Film genannt haben, gaben 17 (48,6%) diesen Film an. Einmal wird die Sonne wieder scheinen wurde in Deutschland im Jahr 1969/1970 gedreht. Der Film erzahlt eine einfache Komodie: Der Halbwaise Heintje^^^ lebt mit seinem Vater Klaus zusammen. Es entsteht ein Missverstandnis zwischen Klaus und seinem Schwiegervater, einem reichen Untemehmer. Klaus wird zu Unrecht der Unterschlagung beschuldigt und in Untersuchungshaft gesteckt. Zusammen mit Klaus' neuer Freundin macht Heintje sich auf die Suche nach der Wahrheit. Am Ende stellt Vgl. Frage 3 und die Ergebnisse, Kapitel 4.2 Gespielt von dem jungen hollandischen Popsanger Heintje. Er sang ebenfalls die Filmlieder. Quelle der Vorkenntnisse und Vorurteile 141 sich Klaus' Unschuld heraus, das Vertrauensverhaltnis zum Schwiegervater/Opa ist wiederhergestellt und vertieft und eine neue Familie entsteht. In Deutschland selbst war der Film nicht besonders erfolgreich und eher unbekannt. Aber im China der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts stellte sich die Resonanz vollig anders dar. Von 1980 bis 1986 wurde dieser Film regelmaBig in Kinos, im Femsehen und sogar im Radio in ganz China, von groBen Stadten bis zum kleinsten Dorf, vorgefiihrt. Er wird bis heute haufig wiederholt. Das Lied Kleine Kinder, kleine Sorgen, das Heintje im Film singt, war in ganzen 80er Jahren ein landesweit bekannter und beliebter Schlager und wird bis heute immer noch gesungen. Dabei wird er nicht nur mit iibersetzten Texten, sondem auch direkt auf Deutsch - ,JCleine Kinder, kleine Sorgen, und ein Haus voll Sonnenschein.'' - nachgesungen. Dieses Lied ist auch heute noch das einzige in der breiten Offentlichkeit bekannte aus dem deutschsprachigen Raum. In dem im Jahr 1996 erschienenen chinesischen Liederbuch Die hekanntesten 500 Filmlieder aus der Welt wurden alle sechs Lieder aus Einmal wird die Sonne wieder scheinen veroffentlicht. Der hohe Bekanntheitsgrad sowohl des Liedes als auch des Films resultiert aus der politischen und gesellschaftlichen Funktion des Films sowie bedingt durch die begrenzten Auswahlmoglichkeiten des Publikums aus der hohen Beliebtheit. Zum einen hatte das erste deutsch-chinesische Kulturabkommen 1979 die Moglichkeit eroffnet, deutsche Filme in China zu zeigen. Der Film Einmal wird die Sonne wieder scheinen wurde als direkte Folge des Besuchs des chinesischen Ministerprasident Hua Guofeng im Oktober 1979 in der Bundesrepublik Deutschland in kurzer Zeit synchronisiert und hielt der Zensur stand. Im Weiteren schien er der chinesischen Regierung inhaltlich fiir die damalige chinesische Situation geeignet. Anfang der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts versuchte die chinesische Regierung zielgerichtet und planvoll Fehlentwicklungen und Unrecht aus der Zeit der Kulturrevolution zu korrigieren. Dabei sollte der Film eine RoUe als positives Symbol spielen, was ihm durchaus gelang. ^^^ Xue (1996), S. 330-337 142 Kapitel 5: Die Rolle der Kulturfaktoren im engeren Sinne Nach unvollstandiger Statistik wurden in der Kulturrevolution mehr als drei Millionen staatliche Angestellte - vor allem Wissenschaftler, Lehrer, Kunstler, Musiker, Schriftsteller und Leiter der KP, von lokalen Behorden bis hin zur zentralen Regierung illegal verhaftet, bestraft oder unmenschlich behandelt. Die Gesamtzahl der zu Unrecht betroffenen Menschen betrug etwa einhundert Millionen.^^^ Die haufigen landesweiten Massenbewegungen lahmten die Ausbildung und die Wirtschaft des Landes. 1979 begann die kommunistische Partei unter der Fuhrung von Deng Xiaoping und dem damaligen Generalsekretar der kommunistischen Partei, Hu Yaobang, die Fehlentwicklungen und das begangene Unrecht aus der Zeit vor und in der Kulturrevolution zu korrigieren. Diese Phase dauerte bis 1985. Der Tradition folgend nutzte die chinesische Regierung die Kulturfaktoren im engeren Sinne, um diese neue politische Information landesweit zu verbreiten. Einige Romane, Filme, Theaterstiicke, Lieder usw. wurden fur dieses Ziel als Modell ausgewahlt, wie z. B. der chinesische Roman Der zweite Hdndedruck^^^ und der deutsche Film Einmal wird die Sonne wieder scheinen. Sie vermittelten dem Leser und Publikum den ahnlichen Inhalt, dass Fehler und Unrecht in jedem Fall korrigiert werden, wenn man es nur lange genug mit Liebe, Glauben und Selbstbewusstsein versucht. Dieser Roman und der genannte Film wurden in dieser Phase landesweit gefordert und eingesetzt. Inzwischen wurden von diesem Roman mehr als vier Millionen Exemplare verkauft. Der Film erreichte vermutlich ein mehrere Hundert Millionen zahlendes Publikum. Drittens gab es damals zu wenig auslandische Filme, insbesondere aus dem Westen, zu sehen. Zwar gab es neben Einmal wird die Sonne wieder scheinen noch einige Filme aus dem Westen,^^^ sie waren aber entweder zu alt (z. B. Modern Times), zu gewaltsam (z. B. Garrison's Gorillas) oder inhaltlich in der damaligen Situation unpassend. Ob ein Film dauemd im Kino und Femsehen vorgeftihrt werden konnte, war hauptsachlich vom zustandigen Verwaltungsamt der Regierung abhangig. Aus Sicht des Publikums war zum Beispiel die TV-Serie Garrison's Gorillas sehr willkommen. Diese TV-Serie wurde aber nur einige Monate gezeigt und dann abgebrochen, weil die Regierung sie mit der zeitgleich steigenden Kriminalitatsrate in Verbindung brachte. ^^^ Vgl. hierzu Xi/Jin (1996), S.352ff; vgl Dai (1998), S. 3-37 Originaltitel: Di er ci woshoul% Z-:/^.^^', Autor: Yang Zhang, 1979, Peking ^'^^ Vgl. Kapitel 5,2.2 Quelle der Vorkenntnisse und Vorurteile 143 Im Vergleich zu den anderen westlichen Filmen war Einmal wird die Sonne wieder scheinen deutlich „sauber": keine Gewalt, keine erotische Szene (wie z. B. in Das alte Gewehr) und keine Politik. Deswegen wurde dieser Film mit Unterstiitzung der Behorden auf alien Ebenen innerhalb einiger Jahre landesweit haufig vorgefiihrt. Abbildung 5-5: Kinoplakat aus dem Jahr 1980 in China Viele Befragten gaben an, sie batten durch diesen Film zum ersten Mai gelemt, dass beispielsweise in Deutschland der Sohn den Vater direkt mit Namen rufen darf oder dass man im Untemehmen ordentlich Anzug und Krawatte tragen soil. Zwei chinesische Ingenieure gaben an, dass die Modelleisenbahn, mit der Heintje im Film spielte, ihr Interesse am Maschinenbau geweckt babe. Einige junge chinesische Mitarbeiter berichteten, dass sie diesen Film zu Hause auf Video gesehen und die Lieder auf Kassette gehort batten, weil ihre Eltem Heintje-Fans waren. Wie mit Medien falsche Bilder vermittelt werden, wird an den Ergebnissen der Befragung zu Filmen deutlich. Wahrend die chinesischen Befragten angaben, dass die Einstellung ihrer deutschen Kollegen zum Leben und zum Sex nicht so sei, wie sie fur die Deutschen im Film wie z. B. Die Blechtrommel beschrieben werde, behaupteten viele deutsche Befragte, dass sie im heutigen China noch nie solche unzivilisierten Chinesen und ihren altmodischen Lebensstil wie in den Filmen Raise the Red Lantern (Silbemer Lowe der 48. Intemationalen Filmfestspiele Venedig 1991) oder Red Sorghum (Goldener Bar der 38. Intemationalen Filmfestspiele Berlin 1987) beschrieben gesehen batten. Die beiden o. a. chinesischen Filme sind in Europa bzw. Deutschland durch 144 Kapitel 5: Die Rolle der Kulturfaktoren im engeren Sinne ihren Preisgewinn sehr bekannt und dienen als Quelle ftir Wissen iiber China, obwohl sie tatsachlich keine aktuellen Informationen iiber China vermitteln. Es gibt einige Griinde dafiir. Erstens fehlt es bei vielen dieser Filme eine definitive Zeitangabe oder ein zeitlicher Hintergrund. Zum Beispiel gibt es im Film Raise the Red Lantern nur die Angabe von „Sommer" und „Sommer in einem Jahr", im Film Red Sorghum nur die Erklarung „Meine Oma (.,.), als ich jung war". Zweitens haben sich diese Filme auf westHche Filmpreise und westliches Publikum fokussiert. Sie nehmen oft folgenden Weg: Teilnahme an intemationalen Filmfestspielen - Preisgewinn - Vorfiihrung und Erfolg im Westen - Vorfiihrung und Erfolg in China. Drittens werden viele Dinge und Sachverhalte, die fiir Chinesen nicht oder nicht mehr typisch chinesisch sind, aber vom westlichen Betrachter fur typisch chinesisch gehalten werden, so z. B. die Kleidung oder die Wohnungsdekoration (Abbildung 5-6), im Film gezeigt. Abbildung 5-6: „Chinesische" Kleidung und Wohnungsdekoration^^^ Die Kritiker in China sehen darin eine gezielte Vorgehensweise, die die hohe Bereitschaft der Chinesen westliche Kriterien, Meinungen, Stile zu ubemehmen ausnutzt. „Ohne Erfolg im Westen kein Erfolg in China"^^^ Zuerst wiirde der Erfolg im Westen 272 273 Szene aus dem Film Raise the Red Lantern Wang (2004), Ubersetzung des Verfassers Quelle der Vorkenntnisse und Vorurteile 145 dadurch erzielt, dass westliche Vorurteile und Erwartungen iiber China so bedient wiirden, dass diese Filme Auszeichnungen erhielten. Das wiederum sei Voraussetzung fur einen kommerziellen Erfolg in China. 5.2.6 Medien Insgesamt haben 80,9% der deutschen und 100% der chinesischen Befragten bereits Kenntnisse iiber China/Chinesen oder Deutschland/Deutsche, bevor sie ihre chinesischen Oder deutschen Partner in einem Jointventure personlich kennen lemten?^"^ Die Quote ist bei chinesischen Befragten am hochsten, was daran liegt, dass die Wirkung der Medien in China hoher als in Deutschland ist. Dafiir gibt es einige Griinde. Der Hauptgrund ist: In China diirfen die Medien nicht uber alle Themen frei und uber ein Thema nur in einem bestimmten Rahmen berichten, obwohl die heutigen Begrenzungen viel geringer und gelockerter sind als Anfang der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts und davor. Deswegen konzentrieren sich die Themen iiber Deutschland und Deutsche ebenfalls in einem bestimmten Rahmen: 2. Weltkrieg, klassische Musik, Automobile, Bier usw. Nur wenige Themen haben mehr Beachtung gefiinden. Der zweite Grund ist: Die chinesischen Medien werden von oben nach unten einheitlich geordnet und kontrolliert. Es ist normal, dass ein bestimmtes Thema, wie z. B. „Besuch des deutschen Bundeskanzlers Schroder" oder „VW-Shanghai hat ein neues Modell produziert", gleichzeitig in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften von Peking bis zu einem unbekannten Kreis in Nordwestchina erscheint und dieselbe Nachricht auch noch in Radio und Femsehen verbreitet wird. Der dritte Grund hat mit der chinesischen Tradition zu tun. Einerseits sind Chinesen neugierig. Sie mochten sehr geme etwas uber Auslander wissen und reden. Andererseits verwenden viele chinesische Untemehmer Elemente der alten Kriegskunst in ihrem Managementstil. Eine wichtige Strategic in dieser Kriegskunst, die vor 2.500 Jahren von Sun Tsu gelehrt wurde, lautet: „Wenn du den Feind und dich selbst kennst, brauchst du den Ausgang von hundert Schlachten nicht zu fiirchten. Wenn du dich 274 Vgl. Frage 1 und die Ergebnisse, Kapitel 4.2 146 Kapitel 5: Die Rolle der Kulturfaktoren im engeren Sinne selbst kennst, doch nicht den Feind, wirst du fiir jeden Sieg, den du erringst, eine Niederlage erleiden. Wenn du weder den Feind noch dich selbst kennst, wirst du in jeder Schlacht unterliegen."^^^ Bin weiterer Grund ist: Das allgemeine Interesse von westlichen Menschen an China und Chinesen ist vergleichsweise nicht so hoch wie das von Chinesen am Westen und seinen Menschen. Dariiber hinaus interessieren sich Chinesen nicht nur fiir Veroffentlichungen iiber den Westen und seine Menschen, ^^^ die von Chinesen geschrieben wurden, sondem auch fur die personlichen Erfahrungen und Ansichten westlicher Menschen iiber China und Chinesen. Zum Beispiel schrieb ein Franzose 1998, der lange Zeit in China gelebt hatte, einen praktischen Reisebericht iiber China, Chinesen und seine Erfahrungen in dem Land. Kein franzosischer Verlag wollte sein Manuskript veroffentlichen, weil „der Inhalt des Buches den Leser nicht interessiere"^''^. Auch nachdem der Autor selbst diesen Reisebericht unter dem Titel 1,2 Billion Martians auf seiner Webseite ins Internet stellte, erzielte er nur wenig Aufmerksamkeit in Frankreich und in Europa. Im Jahr 2000 entdeckte ein in Frankreich lebender Chinese diesen Bericht eher zufallig im Web, hielt ihn fur chinesische Leser fiir interessant, iibersetzte das erste Kapitel und veroffentlichte es auf seiner eigenen Website in China. Dort fiel es einigen groBen Webanbietem auf, die es iibemahmen. Die Resonanz beim chinesischen Publikum war so groB, dass sukzessive alle weiteren Kapitel iibersetzt und im Internet veroffentlicht wurden. Nach Erscheinen des letzten Kapitels im Jahr 2004 und Herausgabe aller Kapitel als Buch durch einen chinesischen Verlag schrieb der Autor: „I still hope to publish in French one day."^^^ Ahnliche Veroffentlichungen gibt es noch einige. Das Buch China in den Augen westlicher Reisender^^^ war beispielsweise einer der Bestseller des Jahres 2004. In China kennt man Deutschland und die Deutschen viel mehr durch USamerikanische Medien (45,6%), auf Englisch oder Chinesisch, als durch chinesische 275 276 277 278 279 Ubersetzung nach Clavell (2001), S.35 Vgl. Kapitel 5.2.3 Girons/Zhai (2004) Girons (2004) Originaltitel: Huan yishuang yanjing kan Zhongguo - Laowai kan Zhongguol^ -— ft 0R §t ^ 4^ i - * ^ h i i + i ; Autorin: Ying Guo; 2003, Peking Quelle der Vorkenntnisse und Vorurteile 147 Medien (28,1%). Fur die deutschen Befragten sind die deutschen und amerikanischen Medien fast gleich wichtig. Die Anzahl liegt bei jeweils 22,9% und 20,0%.^^^ Der Befragung zufolge ist die Realitatsnahe der Medien kritisch zu beurteilen. Bei 42,9%) der deutschen und 45,9%) der chinesischen Befragten stimmten ihre Vorkenntnisse mit ihren personlichen Erfahrungen nicht iiberein. Obwohl die personlichen Erfahrungen auch nicht unbedingt immer voUig richtig sind, sind sie jedoch im Vergleich zu tiber Medien erworbenen Vorkenntnissen deutlich naher an der Realitat und authentischer. Die Interviews und Gesprache ergaben, dass unrichtige Vorkenntnisse meistens aus Medien stammten. Deutsche und chinesische Medien, insbesondere die Massenmedien, verfolgen jeweils eigene Interessen und Tendenzen. Wahrend deutsche Medien vorwiegend an chinesischer Wirtschaftspolitik, Umweltschutz, Volkskunde und Tourismus interessiert sind, fokussieren sich chinesische Medien eher auf deutsche Volkskunde, Musik und Lifestyle-Themen wie Autos, FuBball etc. So lauten zum Beispiel die Uberschriften aus der Stuttgarter Zeitung, einer regionalen Zeitung aus Stuttgart, der Hauptstadt des Landes Baden-Wtirttemberg, iiber China: - Die Stadt der nackten Bduche. Peking im Sommer: Fine Metropole im Umbruch und Chinesen, die das Geniefien lernen?^^ - China uberrascht mit Yuan-Aufwertung. Peking reagiert auf internationalen Druck und lockert Bindung an den Dollar - Deutsche Unternehmen reagieren zurilckhaltend. - Das Jahr der Schlange hat mit einer Volkerwanderung begonnen. Zum Fruhlingsfest reisen in China alljdhrlich viele Millionen Menschen zu ihren Familien - Mit schoner Regelmdfiigkeit bricht dabei der Verkehr zusam283 men. Zwei vergleichbare regionale Zeitungen aus der Hauptstadt der Provinz Shandong Jinan titeln uber Deutschland wie folgt: 280 ^^' ^^^ ^^^ Vgl. Frage 2 und die Ergebnisse, Kapitel 4.2 Maass (2004) Oehler (2005) Maass (2001) 148 Kapitel 5: Die Rolle der Kulturfaktoren im engeren Sinne - In Deutschland trinkt man besonderes Bier gegen das Alterwerden?^^^ VWOctavia und Superb sindfur uns da.^^^ Welche Stddte soil man in Europa besichtigen?^^^ Auf Themen, die zwischen deutschen und chinesischen Mitarbeitem schwer auszutauschen sind, haben Medien nach wie vor eine starke Wirkung. Um das zu bestatigen, hat diese Arbeit gezielt eine Frage konstruiert.^^^ Bei der Befragung iiber die Einschatzung, wie offen die Einstellung der jeweils anderen zum Thema Sex ist, haben die deutschen und chinesischen Befragten sich gegenseitig sehr hoch eingeschatzt: 61,9% der Deutschen fanden die Chinesen offener und 4,8% viel offener als sie. 48,7% der Chinesen fanden die Deutschen offener und 21,6%) viel offener als sie.^^^ Quellen dieser Einschatzung sind hauptsachlich Medien (81,1%) bei deutschen und 86,2% bei chinesischen Befragten).^^^ Obwohl 82,8%) der Befragten bis zur Zeit der Befragung mehr als ein Jahr mit chinesischen/deutschen Mitarbeitem gearbeitet hatten,^^^ blieb die Medienwirkung nachhaltig. Auch nach einer langeren Zeit des personlichen Kontakts konnten diese Kenntnisse immer noch nicht korrigiert werden, weil das Thema Sex nicht zu den allgemeinen Themen zwischen deutschen und chinesischen Mitarbeitem gehort. So bleiben zu diesem Thema die Medien die hauptsachliche Informationsquelle. Als ein Beispiel wurde von den chinesischen Befragten der Film Die Blechtrommel^^^ genannt, wahrend Deutsche auf die Durex-Studie verwiesen. Diese Studie, 2004 von dem Kondom-Produzenten Durex online und anonym durchgeflihrt, genugte bei weitem nicht wissenschaftlichen Anspruchen und hatte als ein Ergebnis, dass Chinesen den „Weltrekord" in der Zahl der Sexpartner pro Person (19,3) 284 285 286 287 288 289 290 291 Jia (2004), Ubersetzung des Verfassers Xiao (2004), Ubersetzung des Verfassers Xing (2003), Ubersetzung des Verfassers Vgl. Frage 7 und die Ergebnisse, Kapitel 4.2 Vgl. erster Teil von Frage 7 und die Ergebnisse, Kapitel 4.2 Vgl. zweiter Teil von Frage 7 und die Ergebnisse, Kapitel 4.2 Vgl. Informationen zur Person der Befragten, Kapitel 4.1 Vgl. Frage 3 und die Ergebnisse, Kapitel 4.2 Quelle der Vorkenntnisse und Vorurteile 149 halten.^^^ Obwohl als unserios anzusehen, wurde diese Studie weltweit verbreitet und zitiert. Diese gegenseitige Uberschatzung der Offenheit zum Thema Sex wird auch an der Diskussion iiber die Presentation Chinas bei der Abschlussfeier der Olympischen Spiele 2004 in Athen deutlich. Dabei zeigten chinesische Madchen in stark gektirztem traditionellem Kleid einen Tanz in stark westlich beeinflusstem Stil (Abbildung 5-7). Diese Prasentation wurde teilweise in China als erotisch und zu erotisch kritisiert. Sie vermittele ein falsches Bild der Haltung vieler Chinesen. Abbildung 5-7: Eine kritische Szene aus der Olympischen Abschlussfeier Der weltweit anerkannte Regisseur Zhang, der diese Vorfuhrung entworfen hat, verteidigte sich danach gegen die Kritik mit dem Hinweis, ihm sei es um die „Annaherung chinesischer Kultur zur westlichen Kultur"^^^ gegangen. Diese Haltung legt die Schlussfolgerung nahe, dass nicht nur viele chinesische Mitarbeiter in Jointventures, sondem viele andere Chinesen - u. a. auch Zhang - glauben, dass die offene Einstellung zu sexuellen Themen ein wichtiger Teil der westlichen Kultur ist. ^^^ 293 Durex (2004) Guo (2005), Ubersetzung des Verfassers 150 5.3 Kapitel 5: Die Rolle der Kulturfaktoren im engeren Sinne Briicke zwischen den zwei Kulturen Konzert, Theater und andere kulturelle Veranstaltungen werden traditionell in China zur Annaherung der unterschiedlichen Hierarchien und zur Begegnung mit Gasten verwendet. Viele chinesische Partner nutzen heute aus der traditionellen Basis heraus Konzerte, Theater usw. als Briicke zwischen den kulturellen Unterschieden in deutschchinesischen Untemehmen. Diese chinesische Tradition lasst sich in hohem MaBe mit dem Buch Li Ji (Buck der Riten und Sittenf^"^ begriinden. Li Ji ist ein altes chinesisches Buch, das im 2. Jahrhundert nach Christus als eine Zusammenfassung frtiher geschriebener Werke verfasst wurde. Danach wurde es bis in die erste Halfte des 20. Jahrhunderts als eines der wichtigsten offiziellen Lehrbiicher klassischer chinesischer Kultur von der Grundschule an bis zum Ausbildungsschluss uberall in China verwendet. Es lehrt wesentlich die klassischen Riten, Sitten und Brauche, die man bei gesellschaftlicher Kommunikation befolgen oder beachten soil, damit die Ordnung der Gesellschaft, der Handlung usw. hergestellt sowie aufrechterhalten werden kann. Obwohl der Konfuzianismus in der Mao-Zeit einen Niedergang erlebte, hat er sich durch die Jahrhunderte hindurch „derart mit den kulturellen Uberlieferungen und Gebrauchen sowie mit dem sozialen Verhalten identifiziert, dass er auch ohne seinen vormaligen privilegierten Status als wichtiger und erkennbarer Teil sowohl der greifbaren als auch der moralischen Landschaft"^^^ weiterlebt. Das kulturpragende Gedankengut des Buches Li Ji hat ebenfalls kontinuierliche und nachhaltige Bedeutung seit Jahrhunderten. Inhaltlich wirken immer noch manche Aspekte dieses alten Buches in der heutigen Gesellschaft und in der Globalisierung in der VR China. Deswegen wird es nach einer Unterbrechung von ca. 45 Jahren seit Mitte der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts in Ausschnitten wieder als Lehrmaterial in vielen Schulen, Hochschulen und in Trainingskursen ftir Untemehmer und Geschaftsleute eingesetzt. Es lehrt heute nach wie vor wie die Kulturfaktoren im engeren Sinne - Musik, Theater, Tanz etc. - menschliche Beziehungen pflegen und zu Harmonic fuhren konnen. Zum Beispiel: „Die Musik bewirkt Vereinigung, die Sitten bewirken Trennung. In der Ver^^^ ^^^ Vgl. Zheng/Kong (1990) Ching(1989), S.47 Briicke zwischen den zwei Kulturen einigung lieben die Menschen einander, durch die Trennung achten die Menschen einander."^^^ Mit diesem Zitat wird zuerst der Widerspruch erklart, warum einerseits 83,8% der chinesischen Befragten deutsche KoUegen zu Freunden haben wollten,^^^ aber andererseits sich viele von ihnen (46% der chinesischen Befragten) eher eine hierarchische Beziehung zu den deutschen KoUegen wiinschten?^^ Der Grund dafUr ist, dass viele chinesische Partner absichtlich eine „Trennung" haben mochten, urn dadurch die deutschen KoUegen freundlich „achten" zu konnen. Dariiber hinaus stellt diese chinesische Tradition eine effektive Methode zum Losen interkultureller Unterschiede und Konflikte fur deutsch-chinesische Untemehmen dar. Fiir 96,0%) der chinesischen Befragten und 92,0% der deutschen Befragten, die am Wochenende einen Nachmittag zusammen mit einem deutschen/chinesischen KoUegen in einem chinesischen Theater, Konzert usw. verbringen wiirden,^^^ gibt es auBer dem Grund die chinesische Kultur kennen zu lemen noch einen wichtigeren Grund: Diese kulturellen Veranstaltungen sind von beiden Seiten ohne Diskussion akzeptierbar. Ihre Bruckenfunktion wirkt in diesem Fall automatisch zwischen deutschen und chinesischen Kulturen. Fiir Chinesen ist es Tradition durch „Musik" eine Vereinigung unterschiedlicher Menschen zu erreichen. Nicht zufallig wiirden die deutschen Partner dabei auch sehr geme mitmachen, weil Musik, Theater usw. far sie traditionell auch nicht unbekannt sind, obwohl nur 19,0%o der deutschen Befragten auBerten, dass sie Freunde unter den chinesischen Arbeitskollegen hatten. Dabei iibemehmen die Kulturfaktoren im engeren Sinne die Funktion einer gemeinsamen Sprache. Im folgenden Beispiel, das wahrend der Untersuchungen beobachtet wurde, zeigen die Kulturfaktoren im engeren Sinne ihre Bruckenfunktion deutlicher: Im Untemehmen Nr. 1 hatten die deutschen und chinesischen Untemehmensfuhrer an einem Freitag eine ganztagige Sitzung. Eine Entscheidung iiber einen vom chinesischen Partner vorgelegten bedeutenden Investitionsplan musste vor Montag getroffen werden. Die deutschen und chinesischen Seiten hatten aber unterschiedliche Auffassungen. Nach ^^^ 297 298 299 Li Ji (ca. 2. Jahrhundert n. Chr.), S. 132, Ubersetzung aus Wilhelm (1981), S.75 Vgl. Frage 4 und die Ergebnisse, Kapitel 4.2 Vgl. Frage 5 und die Ergebnisse, Kapitel 4.2 Vgl. Frage 4 und die Ergebnisse, Kapitel 4.2 151 152 Kapitel 5: Die Rolle der Kulturfaktoren im engeren Sinne einer langen und harten Diskussion blieb die Entscheidung bis in den spaten Nachmittag offen. Fiir das weitere Vorgehen gab es zwei Moglichkeiten. Zum einen konnte man das Meeting beenden und damit keine Investitionsentscheidung treffen. Die deutsche Seite hatte sich damit durchgesetzt. Zum anderen blieb die Moglichkeit, die Sitzung am Wochenende weiter zu fiihren, obwohl vor allem die deutsche Seite zur Wochenendarbeit wenig bereit schien und sich neue sachliche Ansatzpunkte zur Fortfiihrung der Diskussion nicht abzeichneten. Zur Verscharfiing der Situation trug auch bei, dass diese Verhaltensmuster auch in der Vergangenheit bereits zu Konflikten gefuhrt batten. Aus der Sicht des Beobachters handelte es sich hier um eine geradezu klassische untemehmerische Entscheidungslage: Nutzung einer kurzfristigen Gewinnchance bei erhohtem Risiko versus konservative Risikovermeidung. Dabei zeigten beide Seiten ihr kulturtypisches Verhalten: Das chinesische Management wollte die Chance nutzen und versuchte das Risiko als gering darzustellen, wahrend sich die deutschen Partner bei der Abwagung risikoavers zeigten. Zu diesem kritischen Zeitpunkt, als die Sitzung hoffnungslos verfahren schien und Ungeduld und Aggressivitat aufkamen, reagierte der chinesische Untemehmensfiihrer fast automatisch, indem er seinen deutschen Partner und die anderen Kollegen zum Abendessen und danach zu einem Konzert einlud. Das Essen war typisch chinesisch auch die Brauche: Der Gastgeber legte personlich von alien auf dem drehbaren Rundtisch befmdlichen Speisen seinen Gasten vor. Im Vergleich zur Atmosphare am Nachmittag waren alle Kollegen beim Abendessen ziemlich hoflich und freundlich. Im Konzert spielten chinesische Musiker mit westlichen Instrumenten klassische Musik eine Mischung von westlichen und traditionellen chinesischen Meisterstucken. In dieser angenehmen Stimmung entspannten sich die deutschen und chinesischen Partner allmahlich. Wahrend der 20-miniitigen Pause tauschten sich dann der chinesische und der deutsche Untemehmensfiihrer noch einmal tief greifend liber den Investitionsplan aus und vereinbarten in hohem Einvemehmen die Fortfiihrung der Gesprache ftir Sonntag. Dort einigte man sich dann auf ein abgestufles Vorgehen. Diese Einigung wurde am Sonntagabend u. a. mit Karaoke gebiihrend gefeiert. Briicke zwischen den zwei Kulturen 15 3 Ein Jahr spater hatte ich Gelegenheit, mich nach dem Erfolg der seinerzeitigen Entscheidung zu erkundigen. Der abgestufte Investitionsplan hatte gut funktioniert. Ich hatte jedoch den Eindruck, dass der risikoreichere chinesische Plan einen groBeren Erfolg hatte erbringen konnen. Meiner Einschatzung nach hatten die Chinesen ein gutes Gespiir fur das fur den Erfolg notwendige Zusammenspiel von Politik, Unternehmen und gesellschaftlichem Umfeld, konnten dieses aber ihren deutschen Partnem nicht ausreichend vermitteln. Das Aufbrechen einer festgefahrenen Verhandlungssituation durch Einschieben eines Essens o. a. ist in vielen Landem und Kulturen durchaus normale Taktik. Fiir Chinesen ist es jedoch in besonderer Weise typisch. Das Abendessen, das anschlieBende Konzert und das Feiem mit Karaoke wurden nach der tief greifenden chinesischen Tradition des alten Buches Li Ji gezielt und gerade zu automatisch eingesetzt. Im Li Ji wird gelehrt: „Die Gefiihle in Einklang zu bringen und die AuBerungen zur Schonheit zu bringen, das ist die Aufgabe von Sitte und Musik."^^^ In der Praxis werden oft auBer Konzert und Karaoke auch andere Formen der engeren Kulturfaktoren wie z. B. Theater, Film, Kulturreise usw. benutzt. Dabei iibemahm das Essen die Rolle der Sitte und Konzert, Karaoke, Theater, Film, Kulturreise usw. fiillten die Rolle der „Musik'\ Kulturfaktoren im engeren Sinne sind haufig und seit langem als Instrumente zum Losen von Konflikten in rein chinesischen Untemehmen verwendet worden. In deutsch-chinesischen Untemehmen ist diese Methode zwar jung, funktioniert aber erfolgreich. Eine wichtige Voraussetzung dafiir ist, dass sowohl in der deutschen als auch in der chinesischen Kultur Musik Theater, Literatur usw. hoch geschatzt werden. Ohne diese gemeinsame Vorliebe wiirden die Menschen aus den zwei unterschiedlichen Kulturen nicht durch den „musikalischen Kanal" mehr Verstandnis fiireinander entwickeln. Diese Bruckenfunktion der Kulturfaktoren im engeren Sinne wurde durch andere Befragungen dieser Arbeit weiter bestatigt. Nach Befragungsergebnissen wiirden 83,6% der chinesischen Befragten bei der Losung eines schwerwiegenden Problems nicht im Biiro, sondem beim privaten Besuch (6,1%), beim gemeinsamen Essen (30,6%) oder in der Pause einer gemeinsamen Kulturveranstaltung (46,9%)) mit ihrem deutschen ^^° Li Ji (ca. 2. Jahrhundert n. Chr.), S. 133, Ubersetzung aus Wilhelm (1981), S.75 154 Kapitel 5: Die Rolle der Kulturfaktoren im engeren Sinne Mitarbeiter reden. Die Antworten der deutschen Befragten auf dieselbe Frage waren gegenlaufig: 90,4% bevorzugten Biiro und Arbeitszeit, niemand mochte zur Losung eines Problems seinen chinesischen Mitarbeiter in der Freizeit besuchen. Viele deutsche Untemehmensfiihrer und Mitarbeiter in den Jointventures wiirden jedoch gelegentlich diese Methode anwenden. Nur 9,6% von den deutschen Befragten mochten die chinesische Methode - gemeinsames Essen oder gemeinsame Kulturveranstaltungen - auch aktiv verwenden. In weiteren Gesprachen wurde herausgeftinden, dass diese 9,6% ahnliche Erfahrungen gemacht und durch sie gelemt hatten.^^^ Die geringe Anzahl der deutschen Untemehmensfiihrer und Mitarbeiter, die durch gemeinsames Essen und gemeinsame Kulturveranstaltungen mit ihren chinesischen Kooperationspartnem und Mitarbeitem die Losung eines Problems erreichen oder einfach nur das gegenseitige Vertrauen verstarken mochten, liegt auch daran, dass diese traditionellen chinesischen Losungsmoglichkeiten durch die engeren Kulturfaktoren bisher fast nicht von den in Deutschland veroffentlichten Managementratgebem ftir das Chinageschaft erfasst werden. Nur in sehr wenigen Erfahrungsberichten deutscher Untemehmer in China wird es mit einem einzelnen Satz empfohlen wie zum Beispiel: „Gehen Sie haufig mit ihren Partnem essen, trinken. Karaoke singen etc."^^^ oder: Das gemeinsame Essen hat „eine wichtige soziale und kommunikative Bedeutung"^^^. Diese kurzen Erfahrungsberichte gehen aber nicht weiter auf die in der chinesischen Kulturtradition liegenden Griinde ein und stellen auch keinen vertieften Zusammenhang zwischen dem gemeinsamen Singen oder Essen und der Losung eines betrieblichen Problems her. Zur Losung von Konflikten zwischen Deutschen und Chinesen in den Gemeinschaftsuntemehmen in China sind manche Tipps aus deutschen Managementbiichem im Vergleich zu den traditionellen chinesischen Losungen, wie sie im Buch Li Ji dargestellt und von chinesischen Untemehmensfiihrem wie im oben genannten Beispiel automatisch angewendet werden, oberflachlich und schwacher. Dieses zeigt sich auch in den folgenden Beispielen: ^^^ ^^^ Vgl. Frage 9 und die Ergebnisse, Kapitel 4.2 Granier(2002),S.23 Chung (1995), S. 49 Briicke zwischen den zwei Kulturen 15 5 In einem deutschen Ratgeber^^"^ wird das Beispiel eines technischen Streitgesprachs zwischen einem deutschen und einem chinesischen Mitarbeiter beschrieben: „Am Anfang meines Aufenthalts in China als Ingenieur hatte ich mit einem chinesischen KoUegen ein kleines Streitgesprach, in dem es um eine technische Auseinandersetzung ging. Ich habe den chinesischen Mitarbeiter dann wohl so in die Enge getrieben, um ihm zu beweisen, dass ich an dieser Stelle Recht hatte und dass die Fakten eben so klar auf dem Tisch Uegen, dass er nicht mehr anders konnte, als mir zuzustimmen. Aber das passierte nicht. Ja, da musste ich stattdessen erleben, dass der KoUege mir auf meine Fragen Antworten gab, die zu den Fragen einfach nicht passten. Ich sprach vom Kurzschluss, er sprach vom Wetter, und so ging das eine ganze Zeit lang, bis ich aufgab." Als Losungsstrategie schlagt dieser Ratgeber folgende Moglichkeiten vor: „Versuchen Sie zuerst zu erkunden, ob ihr Partner nicht schon weiB, dass ihm ein Fehler unterlaufen ist oder ein Mangel vorliegt. Belassen Sie die Sache als Problem, versuchen Sie nicht, daraus einen Konflikt zu machen, indem Sie einen personlich Schuldigen defmieren. Vielleicht hat der Kollege auch schon Ideen parat, wie der Missstand zu beseitigen ware. Jede Sache hat auch ihre positive Seite, selbst Fehler, denn aus ihnen lemt man bekanntlich am meisten. Stellen Sie Harmonic her, oder erhalten Sie diese, indem Sie zuerst positive Aspekte benennen und eine iibereinstimmende Vorgehensweise zur weiteren Verbesserung erarbeiteten. Dabei miissen Sie nicht das letzte Wort haben, wenn Sie es ertragen konnen, dass ein paar Tage spater Ihre Idee als die Idee Ihres Gesprachspartners wieder auftaucht. Beschleunigen konnen Sie einen Verbesserungsprozess nur durch Uberzeugung, nicht durch Uberredung oder Direktheit." Aus der Sicht der chinesischen Tradition und der klassischen Lehre des Buches Li Ji gibt es aber noch andere und bessere Moglichkeiten, die vor allem zum wahren Kern des Problems vordringen. Zum Beispiel statt ^^^ Thomas (2001), S. 98-101 156 Kapitel 5: Die Rolle der Kulturfaktoren im engeren Sinne „Versuchen Sie nicht, daraus einen Konflikt zu machen, indem Sie einen personlich Schuldigen definieren." und „Dabei miissen Sie nicht das letzte Wort haben, wenn Sie es ertragen konnen, dass ein paar Tage spater ihre Idee als die Idee ihres Gesprachspartners wieder auftaucht." sollte das Gesprach dieses konflikttrachtigen Themas nicht am Arbeitsplatz, sondem an einem Ort mit kulturellen Veranstaltungen, zum Beispiel im Teehaus oder einer Karaokebar stattfmden, um dort in entspannterer Atmosphare iiber die Konfliktpunkte zu reden. Diese Losung basiert auf der klassischen Lehre: „Die hochste Musik entfemt den Groll, die hochste Sitte entfemt den Streit. Durch Freundlichkeit und Nachgiebigkeit die Welt zu ordnen, das ist der Sinn von Sitte und Musik."^^^ Aus der Tradition heraus ist der chinesische Gesprachspartner in einer kulturellen Atmosphare viel offener fur Kritik als sonst. Das Beispiel beleuchtet sehr deutlich den fiir chinesische Gesprachspartner sehr wichtigen Unterschied zwischen einer formellen und einer informellen Kommunikation. Eine formelle Kommunikation ist nach der chinesischen Tradition in der Kegel ftir ein harmonisches Gesprach mit gemeinsamen Aspekten, das zu einem erfolgreichen Abschluss fiihrt, geeignet. Bei einem solchen Anlass iiber Fehler, Schuld oder Versagen zu sprechen bedeutet noch immer ftir viele Chinesen „Gesichtverlust". Bei informeller Kommunikation ist das nicht der Fall. Informelle Kommunikation wird traditionell ftir Gesprache mit auseinander gehenden Meinungen und Konfliktpotenzialen bevorzugt. Sie werden meistens mit einem Besuch in einem Teehaus, einer Karaokebar, einem Konzert usw. verbunden. Damit wird dem tief in der chinesischen Kultur verwurzelten Konsens- und Harmonieprinzip gefolgt. Deswegen sind die chinesischen Fuhrungskrafte und Mitarbeiter normalerweise bereit bei einer informellen Kommunikation eine Auseinandersetzung zuzulassen, Konflikte zu konfrontieren und Kritik zu auBem oder zu akzeptieren. In der Untersuchung wurde auch ein technisches Streitgesprach zwischen einem deutschen und einem chinesischen Mitarbeiter beobachtet. Im Untemehmen Nr. 1 schlug ein chinesischer Ingenieur vor zur Kostensenkung PVC-Rohre aus China statt ^^^ Li Ji (ca. 2. Jahrhundert n. Chr.), S. 133, Ubersetzung aus Wilhelm (1981), S.75 Brilcke zwischen den zwei Kulturen 157 der importierten Rohre als Bestandteil der Produkte des Jointventures zu verwenden. Die Rohrqualitat entsprach zwar dem chinesischen, aber nicht dem deutschen Industriestandard. AuBerdem bezweifelten manche deutsche Kollegen die Qualitatsstabilitat der chinesischen Produkte. Der chinesische Ingenieur versuchte zunachst mehrmals bei formellen Gelegenheiten seinen Vorschlag durchzusetzen. Mit Hinweis auf den Grundsatz, dass der deutsche Standard einzuhahen sei, wurde dieser Vorschlag jedes Mai vom deutschen Partner abgelehnt. Die tatsachlichen Beweggriinde des Verhaltens beider waren jedoch vollig andere und so gelagert, dass keiner auf der Ebene der formellen Kommunikation sie ansprechen konnte, ohne Gefahr zu laufen, sein Gesicht zu verlieren: Das Gehalt des chinesischen Mitarbeiters war an ein Teamergebnis gekoppelt, sodass er von der Kostensenkung eine Pramie erwarten durfte. Dieses im formellen Umfeld anzusprechen hatte fiir ihn Gesichtsverlust bedeutet. Diese Tatsache war zwar auch den deutschen Kollegen bekannt, einem sehr verbreiteten Vorurteil folgend vermuteten sie aber, dass der chinesische Kollege bestochen worden sei. Das ohne Beweis im formellen Rahmen anzusprechen, hatte fiir beide Seiten einen enormen Gesichtsverlust bedeutet, nicht zuletzt weil eine solche Unterstellung wohl in keiner Untemehmens- und Gesprachskultur, weder deutscher, chinesischer oder internationaler, zum guten Ton gehort. In diese Zeit fiel dann das chinesische Friihlingsfest. Dadurch hatte der chinesische Ingenieur einige Gelegenheiten mit diesem deutschen Partner und dem deutschen Teamleiter verschiedene Kulturveranstaltungen bei traditionellem Essen, in Teehausem und Karaokehallen zusammen zu feiem. Die zwei Deutschen waren zum ersten Mai in einer Karaokehalle und ziemlich iiberrascht, dass viele ihrer Lieblingsschlager aus den 70er Jahren dort gespielt wurden. Der chinesische Ingenieur nutzte die Gelegenheit zur informellen Kommunikation und fmg mit vom Alkohol gelockerter Zunge wieder an iiber den sensiblen Vorschlag zu sprechen. Das Ergebnis war dieses Mai ein vollig anderes: Motiviert und beeinflusst von der musikalischen und harmonischen Atmosphare begriindete er ausfahrlich und in Ruhe seinen Vorschlag. Sein deutscher Partner horte ohne Unterbrechung zu. Die zwei diskutierten sachlich und empathisch uber die moglichen Chancen und Risiken. Der Teamleiter kam spater hinzu. In ca. vierzig Minuten erzielten sie eine Ubereinstimmung: In die Produkte far den deutschen Markt wurden die Importrohre eingebaut, in die far den chinesischen Markt die chinesischen. Zwei Wochen spater wurde der 158 Kapitel 5: Die Rolle der Kulturfaktoren im engeren Sinne Vorschlag, der inzwischen vom chinesischen Ingenieur und seinem deutschen Partner zusammen erarbeitet worden war, von der Untemehmensleitung genehmigt. 5.4 Instrumente zur Pflege des Unternehmensimages Kulturelle Faktoren, darunter versteht man vor allem Musik und Malerei, sind in China traditionell als Instrument zur Imagepflege - die „Aui3erung zur Schonheit"^^^ - einer Person, eines Betriebs oder einer Regierung genutzt worden. Bin derartiger Einsatz der Kulturfaktoren ist bis heute immer noch sehr effektiv, weil diese konfuzianische Tradition durch verschiedene kulturelle Revolutionen seit Anfang des 20. Jahrhunderts nicht zerstort, sondem verstarkt und entwickelt wurde. Sie haben eine tiefe Verwurzelung in Politik und Gesellschaft. Erfahrungsgemai3 wird eine richtige Verwendung dieser Faktoren dem Untemehmen schnellen Erfolg und Gewinn bringen. So zeigt sich bei der Befragung auch, dass 50,9% der chinesischen Befragten die Untemehmensgrundsatze oder einen bestimmten Slogan des Jointventures durch eine chinesische Malerei mit Kalligraphie im BUro prasentieren lassen wiirden.^^^ Viele deutsch-chinesische Untemehmen, insbesondere groBe Untemehmen, haben schnell herausgefunden, dass neben Produktqualitat und wirtschaftlichem Erfolg die Verwendung der Kulturfaktoren geeignete Instmmente zur Pflege des Untemehmensimages sind. Bei der Griindung der Musikstiftung in China sagte der Sprecher des Untemehmens Nr. 19, dass die Ubemahme gesellschaftlicher Verantwortung fiir ein gutes Untemehmen sehr wichtig sei. Mit der Stiftung und ihrer Unterstiitzung musikalischer und sportlicher Veranstaltungen mochte dieses Automobiluntemehmen „sein Image in China verandem"^^^. Das Untemehmen Nr. 19 ist eines der groBten, bekanntesten und erfolgreichsten deutsch-chinesischen Jointventures in China. Es wurde 1984 in Shanghai gegriindet. Seit Ende der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts sponsert das Untemehmen Sommerkonzerte fur Jugendliche, seit 1999 kontinuierlich das Pekinger Musikfestival, einen ^^^ 307 Li Ji (ca. 2. Jahrhundert n. Chr.), S. 133, Ubersetzung aus Wilhelm (1981), S.75 Vgl. Frage 10 und die Ergebnisse, Kapitel 4.2 Lan (2001), Ubersetzung des Verfassers Instrumente zur Pflege des Untemehmensimages 159 Radiosender in Shanghai, Konzerte des Royal Philharmonic Orchestra, zwei Toumeen von Udo Lindenberg, eine vierjahrige Schulung der chinesischen FuBballnationalmannschaft durch einen bekannten deutschen Trainer etc. Bei einem Interview durch eine groBe chinesische Staatszeitung sagten der deutsche und der chinesischer Geschaftsfuhrer, dass sie beide Anhanger klassischer Musik, insbesondere von Barockmusik und Johann Sebastian Bach, seien. Fiir ein Automobiluntemehmen gibt es vor allem drei Griinde viele Jahre lang kulturelle Veranstaltungen in China zu unterstutzen. Zum einen mochte das Jointventure sein Produkt mit klassischer Musik vergleichen. Beide besitzen „auBere Schonheiten und innere Werte". Zum Zweiten soil dieses Image Kunden anlocken, weil „die meisten potenziellen Kunden zu Kunst und klassischer Musik einen besonderen Bezug haben". Zum Dritten mochte das Jointventure zeigen, dass es „eine langfristige Sicht, nicht nur fur die kulturelle Unterstiitzung, sondem auch fur seine Produkte im chinesischen Markt haf'^^^ Das Jointventure hat von 1998 bis 2004 einige Millionen US-Dollar fur die Unterstiitzung kultureller Veranstaltungen ausgegeben. Nicht zufallig ist seitdem die Produktion des Jointventures schneller gestiegen. Von 2001 bis 2003 hat das Jointventure „einen historischen Meilenstein erreicht". Die Zahl der in China produzierten Fahrzeuge war hoher als die in Deutschland und mindestens 20% des Gewinns fiir das Untemehmen weltweit kamen aus dem Jointventure in China.^^^ Die Untersuchung dieser Arbeit hat ebenfalls bestatigt, dass es tatsachlich eine Verbindung zwischen der Unterstiitzung von Kulturveranstaltungen und dem Erfolg des Jointventures gibt. Das Jointventure hat „einen guten Ruf in der Gesellschaft und gute Beziehungen zu den Regierungen auf alien Ebenen durch zahlreiche kulturelle und sportliche Veranstaltungen" gewonnen. So berichtete ein chinesischer Mitarbeiter bei einem Gesprach. Ende 2004 hielt das Jointventure 26% Marktanteil im Automobilmarkt in China. Aber dieses Untemehmen ist nicht das einzige AutomobilJointventure mit bekannten Marken in China. So gibt es noch Gemeinschaftsuntemehmen von General Motors, Toyota, Hyundai etc. Diesen „guten Beziehungen 309 ^^^ Zhu (2005), Ubersetzung des Verfassers Wang/Xia (2005) 160 Kapitel 5: Die Rolle der Kulturfaktoren im engeren Sinne zu Regiemngen auf alien Ebenen" kommt unter Konkurrenzdruck eine besondere Bedeutung zu. In Shanghai sind die stadteigene Shanghai Automotive Industrial Corp. direkte Kooperationspartner sowohl des Untemehmens Nr. 19 als auch eines seiner Konkurrenten, General Motors. Daruber hinaus betreibt Shanghai Automotive eine eigene Automobilproduktion. Es darf vermutet werden, dass diese konkurrierende Situation von der Stadtregierung Shanghai nicht nur geduldet, sondem vielmehr gewollt wird. Gerade deshalb ist eine intensive Lobbyarbeit sehr wichtig, zumal sie in der chinesischen Tradition der Beziehungspflege zwischen Untemehmen und Politik bzw. Gesellschaft steht. In China wird angenommen, dass die Annaherung zur chinesischen Tradition und die Verwendung der Kulturfaktoren dem Untemehmen Nr. 19 geholfen haben, die fuhrende Position in der chinesischen Automobilindustrie zu erreichen. Dieses Prinzip gilt nicht nur fur groBe Jointventures, ftir die Unterstutzung von Konzerten weltberuhmter Musiker oder bei der Uberwindung wirtschaftlicher Schwierigkeiten, sondem auch im Kleinen. Ein gutes Beispiel dafur ist das Untemehmen Nr. 10, das zwar in Qingdao in der Provinz Shandong seine Hauptverwaltung hat, die Produktion von Tintenschwarze aber in einer landlichen Gemeinde betreibt. Dort in der chinesischen Provinz ist es iiblich, dass sich ortsansassige Untemehmen im Rahmen des Friihlingsfestes bei kulturellen StraBenveranstaltungen engagieren und mitmachen. Das Untemehmen Nr. 10 tat dieses nicht, was keine wirtschaftlichen Probleme mit sich brachte. Allerdings ergab sich dadurch auch kein positives Untemehmensimage im Ort. Daruber hinaus wurde diese geringe Integration des Untemehmens in die ortliche Kultur von den chinesischen Mitarbeitem als Mangel und als Bmch mit chinesischen Traditionen wahrgenommen und fuhrte zu Spannungen im Betrieb. Seit das Untemehmen diesen Teil seiner Untemehmenspolitik geandert hat und sich im erwarteten und ublichen Rahmen engagiert, haben sich auch die Zufriedenheit der Mitarbeiter und ihre Motivation klar verbessert. Dieses Beispiel bezieht sich auch auf die Sozialfiinktion der Kultur, insbesondere der Kulturfaktoren im engeren Sinne. Nach westlichen Theorien iiber die Sozialfiinktion der Kultur hat die Kultur zwei paradoxe Aufgaben: Sie sorgt nach „auBen" ftir Unterscheidung und Abwehr und nach „innen" fiir Einheit und Identitat.^^^ So halten ^^^ Vgl. Baecker (2000), S. 44-57; Rieger/Leibfried (2004), S. 214-224 Instrumente zur Pflege des Unternehmensimages 161 sich unterschiedliche Kulturen gegenseitig auf Distanz. Das ist der Grund, „warum man mit Recht von Esskultur, Bekleidungskultur, Umgangskultur, Sprachkultur und so weiter spricht"^^^. Aber diese Kulturen spielen zugleich mit dem, was sie auf Distanz halten. „Sie beschworen es, sie drohen damit, sie locken damit."^^^ In der chinesischen Gesellschaft spielen die Kultur im Allgemeinen und die Kultur deutschchinesischer Jointventures im Besonderen zwar eine ahnliche RoUe, dariiber hinaus aber haben sie eigene Funktionen. Zum einen ist die Pflege der „Einheit und Harmonie" die wichtigste Aufgabe der Kultur. Nach konfuzianischer Tradition soil man „bei der Anwendung der Riten, bei der Beachtung der Umgangsformen vor allem Wert auf Harmonie legen"^^^. Zum Zweiten ist die Abgrenzung von „auBen" und „innen" dynamisch. Beispielsweise ist die deutsche Kultur im Allgemeinen fur die chinesische Kultur „auBen". Aber die Kultur in einem deutsch-chinesischen Jointventure wird in der Regel von der chinesischen Umgebung zuerst als „innere Kultur" angesehen und behandelt, obwohl es in ihr einen gewissen Teil deutscher Kultur gibt. In dem o. g. Beispiel wird das Untemehmen Nr. 10 als ein Bestandteil der lokalen Gesellschaft angesehen. Deswegen wurde es aufgefordert, sich im Rahmen des Friihlingsfestes bei StraBenveranstaltungen zu engagieren. Dabei sorgen die Kulturfaktoren im engeren Sinne vor allem fur die Identitat und Harmonie. Das Untemehmen Nr. 10 ist ein typisches Beispiel eines mittelstandischen deutschen Unternehmens in China, das die Sozialfunktion der Kultur zur Einheit und Identitat nutzt. In der Untersuchung wurde ebenfalls beobachtet, dass die groBen deutschen Untemehmen in China sich mit Hilfe der Sozialfunktion der Kultur einerseits in die chinesische Gesellschaft integrieren (zum Beispiel durch Unterstutzung von Kulturveranstaltungen), andererseits von anderen Untemehmen unterscheiden und eine eigene Untemehmenskultur zeigen. Dieses sieht man deutlich in den folgenden Untersuchungsergebnissen. In Shanghai berichtete ein chinesischer Interviewter des Unternehmens Nr. 19, dass er als Mitarbeiter eines der groBten und bekanntesten deutsch-chinesischen Jointventures sehr stolz sei. Er sagte: „In Shanghai gibt es viele Jointventures und groBe staatliche Untemehmen. Wir sind aber ganz unterschiedlich." Eine derartige Unterscheidung von ^^^ ^^^ ^^^ Baecker (2000), S. 46 Baecker (2000), S. 46 Konfuzius(1982), S. 7 162 Kapitel 5: Die Rolle der Kulturfaktoren im engeren Sinne anderen Jointventures und den groBen staatlichen Untemehmen wird in der Kegel durch verschiedene Punkte deutlich: - hohere Qualitat der Produkte effizientere Verwaltung groBerer Gewinn des Untemehmens hohere Lohne klar kommunizierte Untemehmenskultur, die nach auBen fur Unterscheidung sorgt Ein Beispiel dafiir sind die so genannten „Bonuskonzerte": Das Untemehmen kauft anlasslich besonderer Gelegenheiten wie Fruhlingsfest, Nationalfeiertag etc. teure Karten fur Konzerte, vor allem aus dem Westen, und schenkt sie seinen Angestellten, um ihre guten Arbeitsleistungen zu belohnen. Damit wird die „Stolzkartenfunktion" aus der Zeit der Kulturrevolution aufgegriffen und weiterentwickelt.^^^ Wahrend letztere eher eine ideelle Bedeutung hatte, da die Preise fur Eintrittskarten unerheblich waren, kommt bei den Karten fiir Bonuskonzerte ein handfester pekuniarer Vorteil hinzu. Diese beiden MaBnahmen haben eine gemeinsame Basis in der chinesischen Tradition, wie es in dem Buch Li Ji gelehrt wird: „So machte der Sohn des Himmels die Musik zur Ehrung der Fiirsten, die Geisteskrafle besitzen."^^^ Ein Konzert dieser Art fand zum Beispiel am 1. Oktober, dem Nationalfeiertag Chinas, im Jahr 2004 in dem neu renovierten Shanghaier Konzerthaus statt. Es war das erste Konzert nach der Renovierung. Das Royal Philharmonic Orchestra London spielte Tschaikowsky und Beethoven. Die Eintrittskarten, die 300-2.500 Yuarf'^^ kosteten, wurden zum groBen Teil vom Untemehmen Nr. 19 gekaufl und als Geschenke zur Feier des Nationaltags unter seinen chinesischen Angestellten verteilt. Der Interviewte berichtete weiter, dass seine Kollegen und er, als sie nach chinesischer Tradition mit anderen aus dem Publikum, die fiir das Konzert selbst bezahlt hatten, iiber die Programme und die Preise miteinander redeten, „als Angestellte des Untemehmens bewundert und auch beneidet wurden". ^^^ ^^^ 317 Vgl. Kapitel 5.1.2 Li Ji (ca. 2. Jahrhundert n. Chr.), S. 135, Ubersetzung aus Wilhelm (1981), S. 79 Diese entsprachen etwa 30 - 250 Euro. Zum Vergleich war das Jahresgehalt in Shanghai im Jahr 2003 durchschnittlich 27.034 Yuan (etwa 2.700 Euro). Instrumente zur Pflege des Unternehmensimages Das Konzert erfiillte damit nicht nur seine ureigene Funktion der Unterhaltung, sondem bot gleichzeitig dem Untemehmen die Moglichkeit der Gesellschaft ein eigenes Bild von sich zu zeigen und den Angestellten nach der chinesischen Tradition mehr „Gesicht" zu gewinnen. Die Unterscheidungsfunktion der Kulturfaktoren im engeren Sinne bringt zweifellos vor allem den Untemehmensangestellten Motivation, Stolz und Selbstbewusstsein. Daneben prasentiert sich das Untemehmen als attraktiver Arbeitgeber. Allerdings muss hier beachtet werden, dass die aus der Unterscheidung resultierende Distanz auch negative Aspekte haben kann. Dasselbe Konzert, zum Beispiel, und das dadurch entstandene gesellschaftliche Bild des Unternehmens Nr. 19 wurde aus der Sicht eines Shanghaier Musikfreundes negativ beurteilt. Nach dem Neueroffnungskonzert schrieb er, dass diese Veranstaltung ein feierliches Solo des Unternehmens Nr. 19 war und nichts mit den anderen Menschen zu tun hatte. „Das war nur ein Geschenk fur die Untemehmensangestellten. Als Musikfreund soUte man nur hingehen, sofem man Geld ins Wasser werfen mochte."^^^ Obwohl es auch negative Einfltisse gibt, nutzen in erster Linie die groBen deutschchinesischen Untemehmen die Sozialflinktion der Kultur im engeren Sinne als ein effektives Instmment zur Unterscheidung von konkurrierenden Untemehmen. Der Hauptgmnd liegt darin, dass nur fmanzstarke Untemehmen sich eine solche Unterscheidung leisten konnen. Angestellten teure Konzertkarten zu schenken ist ein Zeichen fiir den Untemehmenserfolg. Moglichen negativen Interpretationen wird mit anderen Aktivitaten des Untemehmens, wie z. B. Unterstutzung offentlicher Kulturveranstaltungen, begegnet. Das Untemehmen Nr. 11 hat die Funktion der Kulturfaktoren im engeren Sinne zur Unterscheidung von anderen Untemehmen und zur Integration in die Gesellschaft durch einen einzigen Prozess in geradezu optimaler Weise erreicht: Es hat ein bekanntes Ensemble fiir die Peking-Oper der Provinz Shandong, das sowohl offentliche als auch Vorstellungen fiir geschlossene Gmppen gibt, seit 2002 fur flinf Jahre gepachtet. 318 Yang (2004), Ubersetzung des Verfassers 163 164 5.5 Kapitel 5: Die Rolle der Kulturfaktoren im engeren Sinne Forderung der Motivation, Unterhaltung und Beziehungspflege Dass die Kulturfaktoren wie Musik und Theater in Fallen interkultureller Krisen in deutsch-chinesischen Untemehmen eine Bruckenfunktion haben, zeigt sich in den Beispielen im Kapitel 5.3. Innerhalb normaler Betriebszeiten werden Musik, Theater, Malerei, Karaoke usw. ebenfalls als Instrumente genutzt und zwar innerhalb des Untemehmens zur Forderung der Motivation und Unterhaltung der Mitarbeiter sowie auBerhalb zur Beziehungspflege mit der gesellschaftlichen und politischen Umgebung. Kulturfaktoren im engeren Sinne sind allgemein in der langen chinesischen Geschichte nicht nur zur Unterhaltung, sondem vielmehr als Hilfsmittel zur Erreichung politischer, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Zwecke genutzt worden. „Musik und Sitte, Strafen und Gebote sind letzten Endes dasselbe; es sind die Mittel, um die Herzen des Volks zur Gemeinsamkeit zu bringen und den Weg der Ordnung hervorzubringen."^^^ Dieser in den chinesischen Klassikem angelegte enge Zusammenhang von Musik und Politik fmdet seine Fortsetzung auch in der Gegenwart. Aus diesem Zusammenhang heraus ist es nicht erstaunlich, dass die Kultur und ihre Funktionen in der chinesischen Geschichte oft von staatlichen Eliten und Politikem so weit wie irgend moglich defmiert und auch durchgefuhrt wurden und werden, um die Kultur gezielt als Instrument zu nutzen. Aus der Sicht der westlichen Beobachter ist die „Kultur" Chinas damit „ein wesentliches dynamisches Mittel, angesichts eines bedrohlichen auBeren und inneren Wandels das Individuum und die Gemeinschaft zu bandigen, diese Veranderungen der Staatsmacht zu akkommodieren und institutionellen Umbau zu koordinieren"^^^. In China „beobachten wir also keine ,freie', sondem eher eine gelenkte Kultur"^^^ Nach der Grundung der Volksrepublik bis zum Ende der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts wurde Kultur nach Maos Definition offiziell als Teil der Politik gesehen.^^^ Gleich nach Beginn der Wirtschaftsreform und der Offnung Chinas im Jahr 1978 wurde von staatlichen Eliten ausgehend auf alien Ebenen der politischen und kulturellen Bereiche debattiert, ob Kultur in der neuen Entwicklungsphase Chinas noch als ^^^ ^^^ ^^^ ^^^ Li Ji (ca. 2, Jahrhundert n. Chr.), S. 131, Ubersetzung aus Wilhelm (1981), S.72 Rieger/Leibfried (2004), S. 213 Ebenda; vgl. dazu Ching (1989), S. 46-48 Vgl. Kapitel 5.1.2 Forderung der Motivation, Unterhaltung und Beziehungspflege 165 Teil der Politik geeignet sei. Diese Debatte dauerte zwei Jahre. Auf der Fuhrungsebene der Zentralregierung wurde dann als Ergebnis festgehalten und kommuniziert, dass die Kultur als ein Teil der Politik bei der Korrektur der Fehlentwicklungen aus der Kulturrevolution und bei der Wirtschaftsreform nicht hilfreich sei. Die Kultur Chinas und ihre Funktionen soUten deswegen in einem neuen Rahmen definiert und begrenzt werden. So wird seit Juli 1980 „Kultur und Kunst dienen dem Volk und dem Sozialismus"^^^ als dem Grundsatz der Kulturpolitik und Kulturarbeit landes-weit gefolgt. Als Hauptpunkt dieses Prinzips versteht man, dass „die Kultur der chinesischen sozialistischen Politik und Wirtschaft dienen soll"^^"^. Im Vergleich zur Mao-Zeit ist diese Kulturpolitik seit 1980 viel gelockerter und pragmatischer. Der enge Zusammenhang von Kultur und Politik blieb jedoch bestehen. Mit Hilfe von Kultur im engeren Sinne wird auch heute noch Politik gemacht. Es gibt zwei Hauptgriinde dafiir: Einerseits ist diese Tradition im chinesischen Volk tief verwurzelt. Andererseits ist sie fiir die kommunistische Regierung ein probates Mittel Ausgleich und Harmonic in die gesellschaftlichen Beziehungen bringen zu konnen. Seit der Griindung der Volksrepublik im Jahr 1949 ist in jedem staatlichen Unternehmen cine Abteilung fur Kultur und Propaganda obligatorisch. Die Aufgabe dieser Abteilung ist vor allem durch kulturelle Veranstaltungen - Konzerte, Theater, Filme, Lesungen, Malereiausstellungen usw. - die Mitarbeiter des Untemehmens zu motivieren und zu beeinflussen. Neben der Offentlichkeits- und Lobbyarbeit gehort tiblicherweise zu den Aufgaben dieser Abteilung auch, den Mitarbeitem ein umfangreiches kulturelles Programm anzubieten. Dafiir unterhalten viele mittlere und groBe staatliche Untemehmen eigene Kulturzentren und Ensembles. Bis heute sind staatliche Unternehmen immer noch wichtige Arbeitgeber fiir Absolventen der Hochschule fur Musik und Kunst. So sind kulturelle Veranstaltungen im engeren Sinne ein nicht wegzudenkender Teil des taglichen Lebens in staatlichen Untemehmen in China. Viele von ihnen haben ein eigenes Untemehmenslied, das extra fur sie komponiert und bei betrieblichen Versammlungen und anderen Veranstaltungen gesungen wird. 323 Editorial der Volkstageszeitung (1980), Ubersetzung des Verfassers Ebenda 166 Kapitel 5: Die Rolle der Kulturfaktoren im engeren Sinne Die Aufbau- und Ablauforganisation sowie der Einsatz von Personal werden traditionell in China deutlich anders als in Deutschland gehandhabt. Typische Untemehmen in China haben, insbesondere wenn sie Staatsbetriebe sind, eine hohe Fertigungstiefe, eine breite horizontale Integration, einen hohen Komplexitatsgrad und eine groBe Belegschaft. Sie haben nicht nur industrielle und wirtschaftliche Funktionen, sondem mussen nach dem Willen der chinesischen Regierung auch einen gesellschaftlichen Auftrag erfuUen. Das Zusammenwirken von Untemehmen, Regierungen und Gesellschaft in China unterscheidet sich vom ehrenamtlichen, burgerschaftlichem Engagement von Unternehmen in Deutschland. Zum einen hat die Mitverantwortung von Handwerk, Gewerbe und Industrie fur die Losung gesellschaftlicher Probleme in China Tradition, die insbesondere nach der Griindung der Volksrepublik eine wichtige Rolle gespielt hat,^^^ wahrend ein solches Engagement in Deutschland „teilweise angestoBen durch die wachsende Internationale Verflechtung und den resultierenden Kulturaustausch, teilweise in Weiterentwicklung eigener Traditionen, teilweise in Entsprechung zu einem allgemeinen Strukturwandel der Engagementbereitschaft"^^^ als „Innovation" gesehen wird.^^^ Zum Zweiten erfolgt das kulturelle Engagement der Untemehmen in China teilweise auf Dmck der Regiemng, wahrend es in Deutschland voUig freiwillig ist. Zum Dritten engagieren sich chinesische Untemehmen hauptsachlich im Kulturbereich, wahrend die Aktivitaten der deutschen Untemehmen auch in den Bereichen Schule, Jugend, Sport etc. liegen. In China verfugen viele groBe Staatsbetriebe neben den erwahnten Kulturzentren und Ensembles in der Regel auch iiber eigene Zeitungen sowie Femseh- und Radiostationen. So ist es nicht erstaunlich, dass diese Untemehmen, um ihrem kulturellen und gesellschaftlichen Auftrag nachzukommen, professionelle Musiker, Kiinstler, Joumalisten und Fachleute ftir ihre Offentlichkeitsarbeit beschaftigen. In vielen Fallen verdienen diese kulturellen Professionals in staatlichen Untemehmen mehr als bei anderen kulturellen Stellen. Deswegen werden die Untemehmen von den kulturellen Professionals als Arbeitgeber bevorzugt. ^^^ ^^^ ^^^ Vgl. Liu/Tang (1998), S. 420-425 Habisch (2003), S. 7-8 Vgl. ebenda,S. 4-13 Forderung der Motivation, Unterhaltung und Beziehungspflege 167 In Deutschland orientieren sich die Untemehmen in der Regel nur an wirtschaftlichen Zielen. Ihre betriebliche Struktur und ihr Personaleinsatz werden meist nicht an gesellschaftliche und kulturelle Uberlegungen gekoppelt. Im Vergleich zu China sind industrielle Untemehmen in Deutschland fast nie Arbeitgeber fiir Absolventen der Musik- und Kunsthochschulen oder andere Professionals aus dem Kulturbereich. Aus dieser Tradition heraus erwarten Mitarbeiter der Untemehmen in Deutschland auch nicht, direkt vom Untemehmen einen kompletten Kulturservice, wie er vor allem in chinesischen Staatsbetrieben iiblich ist, zu bekommen. In Deutschland erhalten sie ihn durch die offentlichen Kulturbetriebe, dort sind die kulturellen Professionals beschaftigt. Diese in staatlichen chinesischen Untemehmen tief verwurzelte Tradition existiert zumindest teilweise auch in deutsch-chinesischen Jointventures. Dafur gibt es verschiedene Modelle und Grunde. Zum einen waren die chinesischen Kooperationspartner von vielen heutigen deutsch-chinesischen Jointventures friiher groBe oder mittlere staatliche Untemehmen. Bei der Uberfuhmng blieb oft die Abteilung fur Kultur und Propaganda mit ihrer von den chinesischen Partnem geschatzten Funktion erhalten. Zum Zweiten haben manche Jointventures statt einer Abteilung fiir Kultur und Propaganda eine modeme betriebliche Abteilung wie z. B. die Abteilung fiir Public Relations, durch die traditionelle Kulturaufgaben wahrgenommen werden. Zum Dritten gibt es neben den chinesischen und deutsch-chinesischen Untemehmen Firmen, die Kulturveranstaltungen im engeren Sinne und rituelle Zeremonien als Dienstleistung anbieten. Viele deutsch-chinesische Jointventures, vor allem kleine Jointventures ohne eine eigene entsprechende Abteilung, nutzen diese Dienstleistung. Im Vergleich zu rein chinesischen staatlichen Untemehmen haben sich die Aufgaben der Kulturveranstaltungen in deutsch-chinesischen Jointventures geandert: Sie haben nur eine geringe oder gar keine politische, aber mehr Unterhaltungs- und Motivationsfunktion. Aus wirtschaftlichen Griinden betreiben nur wenige deutsch-chinesische Untemehmen noch ein eigenes Kulturzentmm oder haben eigene Ensembles. Sie nutzen normalerweise die Dienstleistungen von privaten und offentlichen Kulturbetrieben - Konzerthausem, Theatem, Galerien, Museen, Karaokehallen - fiir betriebliche oder auch private Versammlungen und Unterhaltung. 168 Kapitel 5: Die Rolle der Kulturfaktoren im engeren Sinne Karaoke ist eine Gesangsdarbietung bekannter Lieder zu vorgefertigter Musikbegleitung. Als Karaoke in den 1960er Jahren in Japan entstand, nutzte man lediglich Mikrophon und Musik vom Tonband. Heute wird Karaoke mit CD, DVD, Femsehen und Computertechnik betrieben. Wahrend es in Europa bis heute nicht erfolgreich ist, iibemahm das Festland Chinas diese populare Unterhaltungsform am Ende der 1980er aus Taiwan. ^^^ Bis Anfang der 1990er Jahre verbreitete sich Karaoke landesweit in China und hat sich inzwischen mit chinesischen traditionellen Sitten - Teekultur, Esskultur, Theater usw. - vermischt. So bezahlen die Besucher fur das Karaoke, das von 10 bis 30 Yuari^^^ pro Stunde pro Person kostet. Tee, westliche Softdrinks und chinesischer Imbiss werden dazu kostenlos serviert. In der Kegel braucht man nur fur alkoholische Getranke extra zu bezahlen. Wahrend die groBen deutsch-chinesischen Jointventures, zum Beispiel das Untemehmen Nr. 11 und Nr. 19, durch Belohnungskonzerte und -theater erhebliche fmanzielle Anstrengungen zur Motivation ihrer Mitarbeiter untemehmen, versuchen die mittelstandischen Jointventures dasselbe Ziel durch andere kulturelle, vor allem musikalische Formen mit geringerem Aufwand zu erreichen. Dabei ist Karaoke die am weitesten verbreitete Form. Die meisten mittelstandischen Untemehmen, aber auch einige groBe, nutzen sie. Nach einer Untersuchung der Zeitschrift Neweekly im Jahr 2002 in sieben chinesischen GroBstadten (Peking, Shanghai, Kanton, Chengdu, Wuhan, Shenzhen und Taipeh) sind Untemehmen, deren Beschaftigte und Geschaflsleute die wichtigsten Zielgmppen fiir Karaoke.^^^ Im Interview der Neweekly sagte Herr Lin, Abteilungsleiter eines staatlichen Untemehmens: „In Peking gibt es viele Kulturveranstaltungen wie z. B. Theater, Konzert, Ausstellung usw. zur Auswahl. Karaoke ist die beste Auswahl ftir eine Veranstaltung fur uns gemeinsam, weil dabei alle Kollegen in unterschiedlichem Alter eigene Lieblingslieder haben und mitmachen konnen."^^^ 328 329 330 331 Vgl. Li (2002), S. 227-231 Etwal-3 Euro. Zum Vergleich war das Jahresgehalt in Peking im Jahr 2002 durchschnittlich 21.852 Yuan (etwa 2.100 Euro). Vgl. Li (2002), S. 232-240 Ebenda, S. 232-233, Ubersetzung des Verfassers Forderung der Motivation, Unterhaltung und Beziehungspflege 169 In der Untersuchung fur diese Arbeit wurde bestatigt, dass Karaoke eine sehr praktische Veranstaltung fiir die deutsch-chinesischen Jointventures und ihre Angestellten ist. In vielen Fallen ist die Unterhaltung nur eine unwichtige Seite. Wichtig ist vor allem, dass deutsche und chinesische Ftihrungskrafle, Mitarbeiter usw. dabei ohne Biirokratie, ohne Beachtung der Hierarchie und ohne Gefahr ihr „Gesicht" zu verlieren miteinander reden, sich austauschen, sich zeigen oder beklagen, anhoren oder horen lassen konnen. AuBer den Beispielen, die wahrend der Untersuchungen zu dieser Arbeiter beobachtet wurden, ^^^ haben einige erfahrene deutsche Manager von ahnlichen Beispielen berichtet: „Hier erleben Sie den eiskalten Verhandlungspartner vom Nachmittag, Herr liber ein Stahlwerk mit 100.000 Beschaftigten, wie er mit Tranen in den Augen ein Liebeslied singt. Und dabei kein Gesicht verliert !"^^^ Deswegen wird Deutschen, die in China beschaftigt sind, empfohlen, besser gleich ein deutsches Volkslied einzustudieren. Und „ein gelungener Karaokeabend wird ein guter Meilenstein sein auf dem Weg zu einer freundschaftlichen Beziehung"^^"^ zwischen den deutschen und chinesischen Partnem. Die Karaokehallen bedienen auch gezielt Jointventures und auslandische Besucher. Viele von ihnen haben eine groBe Auswahl an Liedem aus dem Westen. Einige groBe Anbieter haben getrennte und ruhige Gesprachszimmer zur Verftigung. Viele der mittelstandischen Untemehmen, auch deutsch-chinesische Jointventures, veranstalten dort betriebliche Besprechungen, um direkt danach entspannen und feiem zu konnen. Weiterhin sind Karaoke und alle anderen Kultureinrichtungen fur die Jointventures ideale Orte zur Kundenbindung. Dadurch haben die Jointventures gute Verbindungen zu offentlichen Kultur-betrieben hergestellt. Diese offentlichen Kulturbetriebe werden iiberall in China sowohl von den Regierungen als auch von normalen Burgem hoch geschatzt und haufig genutzt. Daruber hinaus unterstiitzen die deutsch-chinesischen Jointventures offentliche Kulturveranstaltungen. Dadurch erhalten die Jointventures nicht nur gute Images, sondem auch wichtige Kommunikationskanale zu Gesellschaft und Politik auf jeder Ebene. Welche Bedeutung dieser Beziehungspflege zukommt, wird in der Begrundung fur den Untemehmenserfolg durch den Untemehmenssprecher des Untemehmens Nr. 19 332 ^^^ Vgl. Beispiele vom Untemehmen Nr. 1 im Kapitel 5.3 Vermeer (2002), S. 182 Ebenda 170 Kapitel 5: Die Rolle der Kulturfaktoren im engeren Sinne deutlich, der neben einer chinaorientierten Strategic und einem deutschen Managementkonzept die guten Beziehungen zu Politik und Gesellschaft zu den drei wichtigsten Erfolgsfaktoren zahlt.^"^^ Sind die Unterstiitzung und Teilnahme der kulturellen Veranstaltungen im engeren Sinne die einzige Methode, um gute Images und harmonische Beziehungen in China zu gewinnen? Ftir die rein staatlichen Untemehmen gibt es daneben vielfaltige Moglichkeiten, wie zum Beispiel den Bau einer Grundschule als Spende fur Erziehung im landlichen Armutsgebiet, durch Technikaustausch und -unterstiitzung unter Koordination der Regierung mit anderen staatlichen Untemehmen oder durch Guanxi (M ^ ) - die chinesische Form eines komplexen sozialen und politischen Netzwerks^^^, das vor allem auf gegenseitigem Vertrauen, Loyalitat sowie standigem Geben und Nehmen basiert. Diese Moglichkeiten sind ftir deutsch-chinesische Untemehmen, insbesondere aus der Sicht der deutschen Kooperationspartner, nicht akzeptabel: Ein Technikaustausch mit einem rein chinesischen Untemehmen ist aus Furcht vor moglicher Konkurrenz unvorstellbar. Eine Spende, zum Beispiel fur den Bau einer Gmndschule, ist zwar gut, trifft aber in der Regel nicht die Zielgmppe. Viele rein chinesische Untemehmen spenden flir so genannte „Hoffnungsgmndschulen" in armen Gebieten. Als Gegenleistung unterstiitzen die lokalen Regiemngen diese Untemehmen dabei, vor allem billige Produkte des taglichen Bedarfs in den lokalen Markten zu platzieren. Diese Untemehmen und ihre Produkte sind dann wegen der Spendeaktivitaten den lokalen Kunden auch in der Breite bekannt und willkommen. Ftir die meisten deutschchinesischen Jointventures kommt diese Vorgehensweise nicht in Frage, weil sie in der Regel hoch entwickelte Produkte anbieten, die ftir Kunden aus armeren Gebieten nicht erschwinglich sind. Obwohl das Gwa«x/-Netzwerk tiberall in China von einzelnen Personen bis zu groBen Untemehmen und Institutionen effektiv genutzt wird, bleibt es ftir die deutschen Untemehmer nur schwer oder gar nicht zuganglich. So wird z. B. von einem deutschen ^^^ ^^^ Vgl. Wang/Xia (2005) Vgl. Trommsdorff / Wilpert (1991), S. 12ff.; vgl. Schuchardt (1994), S. 80ff.; vgl. Ivens (2002), S. 105-123; vgl. Guan (2004), S. 44ff. Forderung der Motivation, Unterhaltung und Beziehungspflege 171 Ratgeber fiir Geschaftsbeziehungen darauf hingewiesen, dass deutsche Untemehmer und Geschaftsleute „in der VR China starker als in anderen Landem sich selbst personlich sowie die eigene Freizeit auBerhalb des Buros einbringen sollen und (...) es regelmaBig zu dem Versuch kommt, den Geschaftspartner unter den Tisch zu trinken"^^^. Dieses fallt deutschen Managem und Mitarbeitem vergleichsweise schwer. Weiterhin „umfassen die Beziehungsinvestitionen prestigetrachtige Auslandsreisen fur Chinesen, westliche Luxusgiiter oder gar die Finanzierung des Auslandsstudiums der Kinder (...)"^^^, was nach deutschen MaBstaben in vielen Fallen als Korruptionen gesehen wird. Zur Losung des Dilemmas, dass einerseits „Management in China in vielen Fallen automatisch Beziehungsmanagement"^^^ ist, andererseits in diesem Zusammenhang die Abgrenzung zur Korruption Schwierigkeiten bereitet, haben die deutschchinesischen Jointventures einen anderen Weg erfolgreich versucht. Dabei werden von Jointventures die Teilnahme an und die Unterstiitzung von Kulturveranstaltungen im engeren Sinne bevorzugt. Die chinesischen Partner bewegen sich dabei im Rahmen ihrer vertrauten Tradition, wahrend die deutschen das ihnen bekannte Sponsoring wieder fmden. Die Besucher solcher Kulturveranstaltungen, Jugendliche und wohlhabende Burger, sind in der Regel auch die ideale Zielgruppe fur Produkte der Jointventure, z. B. Autos, modeme Hausgerate, Kosmetik etc. Daruber hinaus pflegen die Untemehmen durch solche Veranstaltungen harmonische Beziehungen zu Politik und Gesellschaft. Sie haben zwar gesellschaftliche, politische und ideologische Bedeutung, bringen aber keinen direkten wirtschaftlichen Gewinn. Dennoch zeigen sich Politik und Gesellschaft gegentiber Untemehmen, die an Kulturveranstaltungen teilnehmen oder solche sponsem, dankbar und revanchieren sich der chinesischen Tradition folgend bei passender Gelegenheit. So ist die Unterstutzung der Kulturveranstaltungen fur deutsch-chinesische Jointventures zwar nicht die einzige, aber die beste Auswahl. Das Untemehmen Nr. 11 ist das einzige deutsch-chinesische Jointventure in den untersuchten 21 Gemeinschaftsuntemehmen auf dem Festland, dessen chinesischer Kooperationspartner nicht ein staatliches, sondem ein privates Untemehmen ist. Trotzdem ^^'^ "^ Ivens (2002), S. 118 Ebenda Ebenda, S. 109 172 Kapitel 5: Die Rolle der Kulturfaktoren im engeren Sinne gelten die oben genannten Prinzipien auch hier. Dieses Jointventure fiir Sonnenenergie und Umweltschutztechnik wurde im Jahr 2001 gegrundet. Kurz danach wurde von Mitarbeiten eigens ein Untemehmenslied komponiert, das bei betrieblichen Versammlungen, Empfangen wichtiger Gaste usw. gesungen wird. Innerhalb des Untemehmens werden kleine Konzerte und Theaterstucke mit Themen zur Motivation und Zusammenarbeit von Mitarbeitem des Jointventures selbst gespielt und vorgefiihrt. Im lokalen Bereich untersttitzt das Jointventure offentliche Kulturveranstaltungen wie zum Beispiel Pop- und Klassikkonzerte, Malereiausstellungen sowie FuBballspiele, bei denen Firmenmannschaften mitspielen. Auch bei den Gesamtversammlungen zum Jahresanfang und -ende sowie bei Jubilaumsveranstaltungen, Friihlingsfestfeiem o. a. werden lokale Gruppen und Ensembles engagiert. Haufig wird eine Mischung aus Musik, Theater und Tanz von Profis und Mitarbeitem gemeinsam vorgefuhrt (Abbildung 5-8). Beim Empfang wichtiger Gaste wie seinerzeit beim Besuch des deutschen AuBenministers Joschka Fischer bei der Eroffnung einer neuen Werkstatt dieses Jointventures im Juli 2004 werden die Vorfuhrungen durch das Tragen traditioneller Kleidung und die Beachtung strenger traditioneller Etikette und Zeremonien erganzt (Abbildung 5-9). Abbildung 5-8: Untemehmenskonzert zum Neujahrs- und Friihlingsfest Abbildung 5-9: Eroffnung einer neuen Werkstatt Auf die Frage, ob es sich lohne Geld und Zeit in interne und lokale kulturelle Veranstaltungen zu investieren, antwortete der Geschaftsfuhrer sehr iiberzeugt: „Absolut!". Unterstiitzung, Organisation, Einstudierung der Kulturveranstaltungen und ihre Vor- Forderung der Motivation, Unterhaltung und Beziehungspflege fuhrungen seien „wichtige Aufgaben des Betriebsmanagements". Er meint, dass die Nutzung von Kulturveranstaltungen im engeren Sinne Umsatz und Gewinn des Jointventures nicht direkt erhohe, aber mittelbar durchaus positiven Einfluss habe. 5.6 Wege fur Kulturaustausch Neben reinen Austauschprogrammen stellen die Kulturfaktoren im engeren Sinne in den deutsch-chinesischen Untemehmen wichtige Wege fur den Kulturaustausch zwischen Deutschland und China dar. Dabei kann man drei Kategorien unterscheiden: 1. In der Vorbereitungsphase eines Jointventures In den Untersuchungen zu dieser Arbeit wird auch von deutschen Seiten bestatigt, dass die Gesprache zwischen zwei Untemehmen iiber die Moglichkeit ein Jointventure zu formieren sehr oft wahrend verschiedener Kulturveranstaltungen stattfanden. Der deutsche Leiter des Untemehmens Nr. 10 hat Folgendes berichtet. Im Jahr 2000, als er seine Arbeit bei einem deutschen Hilfsprojekt in China beendet hatte und nach einer Stelle suchte, erhieh er eine freundliche Einladung zum intemationalen Bierfest der Provinz Shandong, das das Miinchener Oktoberfest als Vorbild hat und jahrlich in der Kustenstadt Qingdao stattfindet. „Ich dachte, das sei nur eine Einladung zur Unterhaltung wegen meines Engagements bei dem Projekt. Ich kam und stellte fest, dass das Bierfest nur ein Teil des ganzen Programms war. Parallel zum Bierfest fanden noch zwei wirtschaftliche Veranstaltungen statt." Eine von ihnen war eine Informationsmesse fiir Markt- und Kooperationsmoglichkeiten in der Provinz. Die andere beinhaltete ein vertiefendes Programm fiir die auslandischen Untemehmen, die Investitionen in dieser Provinz beabsichtigten. Er und andere Auslander mit ahnlichem Hintergmnd waren auch zu der Informationsmesse eingeladen und wurden gebeten, iiber die wirtschaftlichen Moglichkeiten in der Stadt Qingdao in ihren jeweiligen Heimatlandem zu berichten. „An einem Bierstand habe ich eine deutsche Gmppe, die zu dem vertiefenden Programm eingeladen war, kennen gelemt. Fiir das im Aufbau befmdliche Jointventure suchten sie gerade nach einem Manager in China. So hatte ich das Gliick, diese Stelle zu bekommen." 173 174 Kapitel 5: Die Rolle der Kulturfaktoren im engeren Sinne Kulturprogramme wie die oben genannten werden normalerweise von der lokalen Regierung und den Untemehmen gemeinsam organisiert. Die Programme sind in erster Linie chinesisch und traditionell wie z. B. Theater, Volkskunde, Volksmalerei. Sie werden gezielt ausgewahlt oder extra veranstaltet und dabei immer von der lokalen Regierung unterstiitzt. Dieses Vorgehen hat zum einen in China Tradition, wird aber auch durch die Uberlegung, in der kulturellen Globalisierung die chinesische Kultur zu betonen, gefordert. Dariiber hinaus gab es am Ende der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts eine landesweite Debatte, inwieweit man, um westliche Investitionen anzulocken, westliche Kultur in die chinesische integrieren oder die traditionelle chinesische Kultur betonen soil. Versuche mit „rein westlicher Kultur" westliche Investitionen anzulocken waren meistens nicht erfolgreich. Als Resultat dieser Debatte halt die Zentralregierung in Peking fest, dass „die nationale Kultur gleich der globalen Kultur" ist und schlagt weiter vor, bei solchen Kulturveranstaltungen „die Kultur mit chinesischen lokalen Merkmalen"^"^^ zu betonen. Seit Anfang der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts haben viele lokale Regierungen diesem Vorschlag folgend Kulturveranstaltungen organisiert. Ziel war es, durch diese Kulturveranstaltungen mit starker traditionell-chinesischer Pragung auslandische Untemehmer, Geschaftsleute, Investoren usw. anzulocken. Mit dieser MaBnahme hatten die lokalen Regierungen groBen Erfolg. Er zeigt sich deutlich in der Investitionsstatistik dieser Zeit. Aber der Erfolg hatte auch Nebenwirkungen: Da vor allem die alte chinesische Kultur im Westen „auf Akzeptanz stieB"^'^^ wurde sie auch haufig thematisiert. So zum Beispiel in Spielfilmen wie Raise the Red Lantern (1991) oder To Live (1994), die zwar intemationale Preise in Berlin und in Cannes gewonnen haben, aber als Quelle zur Information uber das aktuelle China wenig tauglich waren und Vorkenntnisse iiber China und Chinesen bei Deutschen eher negativ beeinflussten. Raise the Red Lantern schildert die Geschichte eines reichen Geschaftsmanns und seiner vier Frauen im armen Westchina zu Beginn des 20. Jahrhunderts. To Live beschreibt das Leben einer normalen Familie von der Zeit kurz vor der Griindung der Volksrepublik und bis zum Ende der Kulturrevolution. Das typische Leben und die typische Verhaltensweise in der damaligen Zeit sind von der heutigen grundsatzlich 340 341 Liu/Ru (1993), Ubersetzung des Verfassers Wang (2004), Ubersetzung des Verfassers Wegefur Kulturaustausch 175 verschieden. Deutsche, die diese Anderungen nicht kennen, konnen dieses nicht ohne weitere Inforaiationen unterscheiden. Hier zeigt sich ein Beispiel fiir den durch die Untersuchungen zu dieser Arbeit bestatigten durchaus auch negativen Einfluss der Medien in der Phase des Erwerbs von Vorkenntnissen iiber Chinesen und China auf potentielle Partner ftir Jointventures. 2. Binnenwirkung im laufenden Jointventure Auf Grund der engen Zusammenarbeit in einem Jointventure ist das Interesse der deutschen und chinesischen Mitarbeiter mehr iiber die jeweils andere Kultur zu erfahren ausgepragt. In dieser Phase wird es haufig nicht nur durch organisierte Kulturveranstakungen, sondem auch auf individueller und pragmatischer Basis gefSrdert. So wurde in den Untersuchungen zu dieser Arbeit beispielsweise ermittelt, dass die Geschenke, die zwischen deutschen und chinesischen Mitarbeitem und auch zwischen deutschen und chinesischen Gemeinschaftsuntemehmen ausgetauscht werden, zum groBen Teil Dinge sind, die typische deutsche oder chinesische Kultur transportieren, zum Beispiel CDs der deutschen klassischen Musik oder chinesische traditionelle Kunstwerke. Diese „kulturellen Geschenke" wurden nicht nur in den Beobachtungen zu dieser Arbeit bemerkt, deutsche Untemehmer mit China-Erfahrung berichten auch dariiber.^"^^ 3. AuBenwirkung im laufenden Jointventure Viele Jointventures befinden sich in regem kulturellen Austausch mit ihrer direkten Umgebung durch Veranstaltungen, Sponsoring usw. Durch weiteren Ausbau, wie z. B. die „German Town" in Shanghai,^"^^ das Internationale Bierfest in Qingdao^"^"^ usw., werden nicht nur neue „Buhnen" fiir neue Jointventures angeboten, sondem weitere Kanale fur den Kulturaustausch zwischen Deutschland und China genutzt. Die Beispiele auf dieser Ebene sind ebenfalls Beispiele far die Mitwirkungsfunktion der Kultur der deutsch-chinesischen Untemehmen. Kulturaustausche auf dieser Ebene wurden von Kulturwissenschaftlem Chinas als Vorbild des Mottos „nicht Kultur fur Kultur, sondem Kultur fiir Gewinn"^"^^ hoch geschatzt. Solche Austausche werden von ^"^^ Vgi. Granier (2002), S. 25 ^"^^ Vgl. Kapitel 6.4 ^"^^ Vgl. Kapitel 3.6.2.2 345 Tang (2005), Ubersetzung des Verfassers 176 Kapitel 5: Die Rolle der Kulturfaktoren im engeren Sinne den lokalen Regierungen kraftig unterstiitzt. Dadurch konnen sie eine entsprechende Infrastruktur ftir Kulturveranstaltungen auf- und ausbauen sowie wirtschaftliche und politische Erfolge erzielen. AuBerdem erhalten die lokalen Behorden in diesem Fall auch politische Unterstiitzung von hoheren chinesischen Regierungsstellen oder finanzielle Hilfe von verschiedenen deutschen Institutionen oder Stiftungen wie z. B. von der deutschen Botschaft, dem DAAD oder der Hanns-Seidel-Stiftung. 5.7 Fazit In diesem Kapitel wird zuerst ein Blick auf die Kulturrevolution - die wichtige kulturelle und politische Epoche in der Geschichte der Volksrepublik China - geworfen, um die heutige Rolle der Kulturfaktoren und ihre Entwicklung in China besser verstehen zu konnen. Im Weiteren werden aus den Untersuchungsergebnissen fur die Betrachtung der Rolle der Kulturfaktoren im engeren Sinne funf Hauptfunktionen abgeleitet: - Quelle der Vorkenntnisse und Vorurteile - Briicke zwischen den zwei Kulturen - Instrumente zur Pflege des Untemehmensimages - Forderung der Motivation und Unterhaltung - Wege fiir Kulturaustausch Die Kulturfaktoren im engeren Sinne - Musik, Theater, Film, Literatur, Malerei usw. spielen eine wichtige Rolle in der Untemehmenskultur deutsch-chinesischer Jointventures. Diese Rolle und Funktionen sind vor allem aus der Tradition der chinesischen Kultur entstanden. In deutsch-chinesischen Jointventures gibt es iiber die in alien Untemehmen mehr oder weniger ubliche Atmosphare des Arbeitens an gemeinsamem Zielen hinaus eine Mischung von Kulturen, die von deutschen und chinesischen Mitarbeitem in der Regel gemeinschaftlich akzeptiert wird. Durch die gegenseitige Anerkennung als Kulturland gehoren die Kulturfaktoren im engeren Sinne fur beide Seiten in den Jointventures zu den akzeptierten Faktoren der Untemehmenskultur. 6 Die Rolle der Kulturfaktoren im weiteren Sinne Wegen des engen Zusammenhangs der Kultur im engeren und der Kultur im weiteren Sinne haben sowohl die Untersuchung als auch die Ergebnisse dieser Arbeit unvermeidlich die Kultur im breiteren Sinne getroffen, obwohl sich die Arbeit hauptsachlich auf die Kulturfaktoren im engeren Sinne fokussiert hat. Fiir die Zielerreichung dieser Arbeit ist dieses aber sehr wichtig. Einerseits sind die Kulturfaktoren im engeren Sinne in den Untemehmen ein Teil einer Mischung aus der jeweiligen Untemehmenskultur sowie deutscher, chinesischer und globalisierter Kultur. Die drei letztgenannten werden dem breiteren Kulturbegriff zugerechnet. Anderseits hat die Kultur im weiteren Sinne in China eine naturliche Tendenz sich mit der Kultur im engeren Sinne zu vermischen. 6.1 Untemehmenskultur - Chinesischer Kern und westlicher Uberbau In der Untersuchung haben die Gesprachspartner von alien 26 deutsch-chinesischen Untemehmen angegeben, dass in ihren Untemehmen die Kulturfaktoren im engeren Sinne defmitiv existieren und bewusst genutzt werden. 21 von den 26 Untemehmen haben die Schwerpunkte ihrer Untemehmenskultur als offizielles Dokument erfasst und innerhalb des Untemehmens oder auch auf ihren Webseiten veroffentlicht. Aber nur drei von ihnen haben Kulturveranstaltungen im engeren Sinne als festen Bestandteil in die Untemehmenskultur geschrieben. Obwohl die Kulturfaktoren im engeren Sinne in den anderen 23 Untemehmen existieren und als effektive Instmmente genutzt werden, gehoren sie offiziell nicht direkt zur Untemehmenskultur des Untemehmens. Diese Beobachtung lasst sich aus der unflexiblen Ubemahme des westlichen Begriffs Untemehmenskultur erklaren. Als Begriffe wurden Untemehmenskultur, Organisationskultur usw. in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts von chinesischen Untemehmen und auch von deutschen Untemehmen in China tibemommen. Bei ihrer Ubernahme haben viele Untemehmen aber nicht versucht das westliche Modell chinesischen Eigenschaften und Traditionen im Untemehmen anzupassen bzw. mit diesen zusammenzufuhren, sondem den westlichen Begriff „einfach kopiert und als eine 178 Kapitel 6: Die Rolle der Kulturfaktoren im weiteren Sinne modeme Hulle fur die traditionelle chinesische Organisationsweise genutzt"^"^^. Dabei haben einige chinesische Untemehmen beim Aufbau einer Untemehmenskultur auch versucht nicht nur in der Praxis Kulturfaktoren im engeren Sinne zu nutzen, sondem diese auch als Teil der Untemehmenskultur zu veroffentlichen. Das wurde und wird aber bis heute von einigen chinesischen Theoretikem aus diesem Bereich als „Missverstandnis der Untemehmenskultur"^"^^ kritisiert. So besteht in vielen chinesischen und deutsch-chinesischen Untemehmen die Untemehmenskultur aus zwei getrennten Systemen. Das chinesische System bezieht sich im Wesentlichen auf die „Basisannahmen" und das „Symbolsystem" wie z. B. menschliches Handeln, soziale Beziehungen und Rituale, wahrend sich das westliche System auf „Normen und Standards" wie z. B. Produktqualitat und Selbstbewusstsein bezieht.^"^^ Das Untemehmen Nr. 19, zum Beispiel, hat einerseits eine offiziell beschriebene Untemehmenskultur, wobei es keinen Hinweis auf Nutzung und Teilnahme an Kulturveranstaltungen im engeren Sinne gibt. Andererseits hat dieses Untemehmen in der Praxis zahlreiche Konzerte, Theater, Musikfestivals usw. unterstiitzt oder daran teilgenommen.^"^^ Die Untemehmenskultur dieses Untemehmens ist wie folgt: "Spirits: - - Passion, being proactive and friendly; Efficiency, making every second count and always seeking for the better; Self-discipline, abiding by disciplines, regulations and laws, being self-learning and precise; Self-confidence, being perseverant, pioneering and innovative; Business concept: - Providing customers with best ... cars and service to ensure our leading position in China's auto market; 346 347 348 349 Being people-oriented. Talents are the most valued assets... Quality is the life of... Our purpose is to satisfy all the needs of our customers. We aim at constant innovation." Luo/Lin (2003), S. 36. Ubersetzung des Verfassers Ebenda, S. 37. Ubersetzung des Verfassers; vgl. Wei (2002), S. 6 Vgl. hierzu Kapitel 2.1.6 bzw. Abb. 2-4 Vgl. Beispiele vom Untemehmen Nr. 19 im Kapitel 5.4 Unternehmenskultur - Chinesischer Kern und westlicher Uberbau 179 Diese Niederschrift einer Unternehmenskultur ist vom formalen Wortlaut her fur ein deutsch-chinesisches Jointventure und auch fiir einen Staatsbetrieb, das den westlichen Begriff der Unternehmenskultur einfach ubemommen hat, typisch, da sich hier die iiblichen Floskeln einer modemen Managementauffassung wieder fmden. Im Gesprach waren allerdings viele Befragte der Auffassung, dass eine solche formulierte Unternehmenskultur einerseits wichtig, andererseits aber eher virtuell oder theoretisch sei. Sie sei wie eine hiibsche modeme Hiille, die ein Untemehmen heutzutage nicht zuletzt zur Imagebildung brauche. Zur Problemlosung in der praktischen Realitat eines Untemehmens wie zum Beispiel bei interkulturellen Normenkonflikten, bei kritischen Beziehungen zu Politik und Gesellschaft, Konkurrenzdruck usw. sei sie aber weniger tauglich. Auch wenn verschiedene deutsch-chinesische Untemehmen zu durchaus unterschiedlichen Losungen in den o. a. Problemlagen kommen, sind fast alle diese Losungen stark chinesisch-traditionell gepragt. Dabei spielen die Kulturfaktoren im engeren Sinn eine wichtige Rolle, wie die bereits an mehreren Stellen dieser Arbeit beschriebenen Beispiele zeigen.^^^ Der Widerspruch, dass die Kulturfaktoren im engeren Sinne in der Textfassung der Unternehmenskultur ignoriert, aber in der Praxis als wichtige Instrumente genutzt werden, wird seit etwa Mitte der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts allmahlich zunehmend (insbesondere neu gegriindeten) Staatsuntemehmen und auch deutschchinesischen Jointventures korrigiert. Dafiir gibt es zwei Grunde. Zum einen haben aufgrund der schnellen Wirtschaflsentwicklung Chinas einige selbstbewusste chinesische Untemehmer versucht Theorien der chinesischen Organisationsweise in den Begriff der Unternehmenskultur zu iibemehmen. Zum Zweiten wurden aufgrund der zunehmenden Globalisierung die Nutzung der traditionellen chinesischen Kultur bzw. die Nutzung der Kulturfaktoren im engeren Sinne von entsprechenden Behorden der chinesischen Regierung empfohlen. Im Mai 1994 wurde China Enterprise Culture Improvement Association (CECIA), der hochste offizielle Verein fur Unternehmenskultur Chinas, gemeinsam vom Ministerium to Kultur und vom Ministerium flir Propaganda gegriindet. Nach der Satzung des Vereins sind die Ziele: ^^^ Vgl.Kapitel5.3und5.4 180 Kapitel 6: Die Rolle der Kulturfaktoren im weiteren Sinne - „den Aufbau und die Verbesserung der Untemehmenskultur fiir alle Untemehmen in China zu organisieren, zu koordinieren und voran zu bringen. - den Austausch im Rahmen der Untemehmenskultur zwischen chinesischen und auslandischen Untemehmen zu unterstutzen. die Untemehmenskultur mit sozialistischen und traditionellen chinesischen Kulturfaktoren zu erganzen und zu entwickeln. den Untemehmen zu helfen, ihre Leistungen im Rahmen der sozialistischen geistigen Zivilisation zu erhohen."^^^ - Die „traditionellen chinesischen Kulturfaktoren" bedeuten hier im Wesentlichen die Kulturfaktoren im engeren Sinne, wie an der folgenden Darstellung der konkreten Aufgaben des Vereins deutlich zu erkennen ist: - „Organisieren, Ausfiihren der Kulturveranstaltungen von und fiir Untemehmen, - Bewertung der Ergebnisse beim Aufbau von Untemehmenskulturen und Verbreitung erfolgreicher Erfahmngen, Forschung iiber wichtige Themen im Bereich der Untemehmenskultur, Aufbau eines Informationsnetzwerkes fur Untemehmenskultur, Unterstiitzung wirtschaftlicher und betrieblicher Aktivitaten durch Kulturveranstaltungen wie Konzerte, Theater, Sport etc., Ausbildung von Musikern und Kunstlern fiir Untemehmen, Organisation des Austauschs der Untemehmenskultur zwischen chine- - Diese Aufgaben werden von sieben verschiedenen Abteilungen - Abteilung fur Konzepte der Untemehmenskultur, fiir Information, fur Kultur und Kunst, fiir internationale Kooperationen, fiir inlandischen Austausch, fiir Forschung und Schulung, fur Anwendung traditioneller chinesischer Kultur - ausgefiihrt. Darin beschaftigen sich die Abteilung fiir Kultur und Kunst direkt und die Abteilung fiir Anwendung traditioneller chinesischer Kultur iiberwiegend mit Kulturfaktoren im engeren Sinne. Im Jahr 2002 hat die CECIA, mit Genehmigung von und in Kooperation mit dem Ministerium far Arbeit und Sozialversicherung Chinas, eine neue Stelle - Chief China Enterprise Culture Improvement Association (1994), Ubersetzung des Verfassers Ebenda Unternehmenskultur - Chinesischer Kern und westlicher Uberbau Cultural Officer (CCO) - fiir staatliche Untemehmen eingerichtet. Ein CCO hat als Aufgabe die Fiihrung und Entwicklung der Unternehmenskultur in drei Hauptkategorien: - Klassische westliche Unternehmenskultur (Organisation, Philosophie, Identitat etc.), - Traditionelle chinesische Unternehmenskultur (Nutzung der Kulturfaktoren im engeren Sinne), - Kultur im weiteren Sinne (interkulturelles Management fur Kooperation zwischen chinesischen und auslandischen Untemehmen). Bis Ende 2004 hat CECIA 23 CCO-Kurse in zehn Stadten - dazu zahlen die Untersuchungsorte Peking, Shanghai, Jinan und Qingdao - fur staatliche Untemehmen landesweit durchgefiihrt. Die CECIA ist nicht der einzige Verein, der die Kulturfaktoren im engeren Sinne als Bestandteil der Untemehmenskultur sieht und sie fiir Aufbau und Entwicklung der Untemehmenskultur nutzt. Dariiber hinaus gab es bis Ende 2004 landesweit in China auf Provinz- und Stadtebene noch ca. einhundert unabhangige lokale Vereine fiir Untemehmenskultur. ^^^ An alien sechs Untersuchungsorten dieser Arbeit gibt es eigene Vereine fur Untemehmenskultur. Viele von ihnen versuchen in Kooperation mit lokalen Kulturbehorden die Nutzung der Kulturfaktoren im engeren Sinne in Untemehmen zu unterstiitzen. Den Hinweisen und Anregungen der CECIA und der lokalen Vereine folgend haben zunehmend Untemehmen beim Aufbau ihrer Untemehmenskultur die Kulturfaktoren im engeren Sinne in Praxis und Theorie genutzt. Daruber hinaus sind die Ergebnisse und die Anzahl der Kulturveranstaltungen, die ein Untemehmen organisiert oder engagiert, aus der Sicht der zustandigen staatlichen Behorden ein wichtiger Teil des Untemehmenserfolgs. Obwohl die CECIA und die lokalen Vereine ihre Arbeitsschwerpunkte im Wesentlichen auf staatliche Untemehmen konzentrieren, sind die Jointventures in China, insbesondere ihre chinesischen Untemehmenspartner und Mitarbeiter ebenfalls beeinflusst worden. In der Untersuchung fur diese Arbeit wurde beobachtet, dass die China Enterprise Culture Improvement Association (1994), Ubersetzung des Verfassers 181 182 Kapitel 6: Die Rolle der Kulturfaktoren im weiteren Sinne Teilnahme an Kulturveranstaltungen ftir die Mitarbeiter eines Jointventures nicht nur Unterhaltung bietet, sondem auch der Karriere forderlich sein kann. Fiir diejenigen, die sich in Kulturveranstaltungen profilieren konnten, bietet das Jointventure Vorteile, von kleinen Zuschussen, Lob im Untemehmen bis hin zum Aufstieg am Arbeitsplatz. Herr Liu, Vizedirektor des Untemehmens Nr. 10 und Leiter ftir den Aufbau der Untemehmenskultur, beantwortete die Interviewfrage „Warum sollte die Teilnahme an der Kulturveranstaltung zum Aufstieg am Arbeitsplatz fiihren?" dahin gehend, dass „ein guter Mitarbeiter, ein guter Gruppen- oder Abteilungsleiter mehrere Fahigkeiten haben soil, und weil eine kulturelle Fahigkeit bei der Organisation, der Kundenbindung und der Motivation hilft". Untersuchungsergebnisse der Zeitschrift Neweekly ^^"^ haben gezeigt, dass diese Vorgehensweise auch in normalen chinesischen Untemehmen ublich ist. Dabei berichtete eine Mitarbeiterin aus einem staatlichen Untemehmen, dass „im Betrieb sehr oft Karaoke-Wettbewerbe veranstaltet werden und die Gewinner deutlich mehr Chancen bei Aufstieg und Lohnerhohung haben" ^^^. Ein Untemehmer in Kanton berichtete, dass er pro Woche mindestens einmal zum Karaoke geht, „nicht um selbst zu singen, sondem um Kunden zu begleiten"^^^. Historisch basieren die Anfordemngen an kulturelle Fahigkeiten der Mitarbeiter auf der chinesischen Tradition, dass „Leute mit Kultur" als „Edle" bezeichnet wurden und jeder „Edle" vier verschiedene kulturelle Fahigkeiten konnen musste.^^^ Aus dieser Uberlegung und aus erfolgreichen Erfahmngen in der Praxis heraus versuchen die chinesischen Untemehmen und auch deutsch-chinesische Jointventures ihre Mitarbeiter als „Edle" auszubilden, in der Hoffnung, dadurch selbst als „edle Untemehmen" angesehen zu werden. Das Untemehmen Nr. 11, das im Jahr 2001 gegrundet wurde, macht zum Beispiel in seiner Untemehmenskultur deutliche AuBemngen tiber Kulturfaktoren im engeren Sinne: 355 356 357 Vgl. Kapitel 5.5 Li (2002), S. 238, Ubersetzung des Verfassers Ebenda, S. 234, Ubersetzung des Verfassers Vgl. Kapitel 2. L2 Unternehmenskultur - Chinesischer Kern und westlicher Uberbau 183 „Mission: - Der Entwicklung der Gesellschaft dienen. - Die Lebensqualitat der Menschen verbessem. - Eine weltbekannte Marke fiir neue Energieversorgung aufbauen. Spirit: - Immer versuchen, Produkte bester Qualitat fur den Kunden herzustellen. Selbstbewusstsein und Untemehmenstradition sind uns wertvolle Schatze. Management: - Das Untemehmen praktisch, effektiv und menschlich managen. Teamarbeit mit deutlichen personlichen Verantwortungen, gemeinsame Nutzung des Wissens und der Erfahrung sind die Voraussetzung ftir gute Leistung. Personal: - Personal ist das wichtigste Kapital. Personliche Entwicklung bedeutet zugleich Entwicklung des Untemehmens. - Kulturveranstaltungen werden vom Unternehmen angeboten. Die Teilnahme wird der Belegschaft empfohlen Lemkonzept: - Lebenslang lemen und sich entwickeln. - Lernen mit SpalJ und durch Unterhaltung."^^^ Diese Unternehmenskultur mit Nutzung der Kulturfaktoren im engeren Sinne wurde nicht nur vorgeschrieben. Viel mehr wurde ein eigenes Kulturzentrum gebaut und Personal, in der Regel Absolventen der Musik- und Kunsthochschule, eingestellt. Innerhalb des Untemehmens organisiert das Kulturzentrum regelmaBig Veranstaltungen - Ausstellungen, Konzerte, Filmevorfiihrungen, Theater, sportliche Veranstaltungen etc. Nach auBen hin agiert das Untemehmen durch Kulturveranstaltungen mit anderen Untemehmen, Behorden usw. Die anderen zwei Untemehmen, die die Kulturfaktoren im engeren Sinne in ihre Untemehmenskultur geschrieben haben, flihren zwar kein eigenes Kulturzentmm, engagieren sich aber ebenfalls in verschiedenen Kulturveranstaltungen entweder innerhalb des Untemehmens oder in offentlichen Kultureinrichtungen. Ubersetzung des Verfassers 184 Kapitel 6: Die Rolle der Kulturfaktoren im weiteren Sinne Aus der Sicht der chinesischen Regierung ist es wichtig, dass ein Untemehmen neben guten Beitragen zu „materieller Zivilisation" auch gute Leistungen im Rahmen der „geistigen Zivilisation" erbringt. Im Jahr 1979 rief die Zentralregierung landesweit dazu auf, „neben der Schopfling hoherer materieller Zivilisation auch gleichzeitig sozialistische geistige Zivilisation durch reiche und bunte Kulturangebote aufzubauen"^^^. Im Jahr 2002 wurde weiterhin aufgefordert „die materielle Zivilisation und die geistige Zivilisation gleichermaBen fest anzupacken, (...) die vorzuglichen Traditionen der nationalen Kultur zu iibemehmen, die niitzlichen Errungenschaften der auslandischen Kulturen zu absorbieren.^^^ Damit haben die in der Mao-Zeit systematisch eingerichteten Untemehmensabteilungen fur Propaganda und Kultur, deren Hauptaufgabe war, die Politik der Zentralregierung zu vertreten und durchzusetzen, neue Aufgaben im Rahmen der Wirtschaftsreform bekommen. 1980 wurden diese Hauptaufgaben fur alle zustandigen Kulturbehorden und deren Personal noch einmal und klarer darin bestatigt, dass die Kultur dem Volk, dem Sozialismus im AUgemeinen und der Wirtschaft im Besonderen dienen soll.^^^ Dabei ist die Organisation von Kulturveranstaltungen oder eine Teilnahme an ihnen ein Hauptprinzip fiir eine Leistungsbewertung. Beispielsweise vergibt die zustandige Regierungsbehorde fur Kultur, Propaganda und Untemehmen der Provinz Shandong das Pradikat „ausgezeichnete Untemehmenskultur" in zwei Kategorien: allgemeine Ergebnisse und kulturelle Ergebnisse. Fiir die allgemeinen Ergebnisse der Untemehmenskultur werden bewertet: - ^^^ „das Zusammenwirken von betrieblicher Organisation, wirtschaftlichen Aktivitaten und kulturellen Veranstaltungen, die Nutzung der Untemehmenskultur bei der Losung betrieblicher Probleme, die Entwicklung und Besonderheiten der Untemehmenskultur, die Innovation der veralteten Vorschriften, Einrichtungen und Methoden zur Anpassung an eine modeme Untemehmenskul- Deng (1979), S. 208, Ubersetzung des Verfassers Vgl. Jiang (2002) Vgl. Editorial der Volkstageszeitung (1980) Ministerium fiir Propaganda der Provinz Shandong, Untemehmensverein der Provinz Shandong etc. (2000), Ubersetzung des Verfassers Unternehmenskultur - Chinesischer Kern und westlicher Uberbau 185 Bei den kulturellen Ergebnissen geht es wesentlich um die Resultate im Bereich der engeren Kultur: - „Untemehmenszeitungen und Zeitschriften, - Kunstwerke und Propagandabilder, - Kulturveranstaltungen und Werbungen, Das Untemehmen Nr. 11 ist in dieser Provinz beispielsweise insbesondere wegen seiner erfolgreichen Nutzung der Kulturfaktoren im engeren Sinne von der Provinzregierung seit 2003 als Modelluntemehmen fur den Aufbau einer erfolgreichen Unternehmenskultur ausgezeichnet worden. 6.2 Einfluss internationaler Kultur China hat sich seit der von Deng Xiaoping eingeleiteten wirtschaftlichen und politischen Reform am Ende der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts selbstbewusst dem Dialog mit anderen Kulturen und Wertesystemen, insbesondere dem Westen gegentiber, geoffnet. Die Globalisierung hat anschlieBend in den 80er Jahren China beeinflusst, und zwar nicht allein in der Wirtschaft, sondem auch im politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Bereich. Obwohl die kulturellen Einfliisse auf China eine Mischung vor allem von hoch entwickelten Landem sind, spieh die US-amerikanische Kultur dabei eine ganz besondere Rolle. Viele bekannte Symbole kultureller Globalisierung in China, wie z. B. Popmusik, McDonalds, Hollywood, American English und das Internet, stammen vor allem aus den USA. Diese Tatsache bedeutet natiirlich nicht automatisch, dass damit US-amerikanische Werte iibemommen werden. Sie fordert aber auf jeden Fall eine deutliche Annaherung. Seit 1981 miissen alle Studenten und seit 1984 alle Schiller in China die englische Sprache im Pflichtfach erlemen. Auch staatliche Angestellte wurden und werden aufgefordert, eine Fremdsprache, in der Regel Englisch, zu beherrschen. Diese MaBnahmen wurden und werden mit Aufstieg und Lohnerhohung der Angestellten Ministerium fiir Propaganda der Provinz Shandong, Untemehmensverein der Provinz Shandong etc. (2000), Ubersetzung des Verfassers 186 Kapitel 6: Die Rolle der Kulturfaktoren im weiteren Sinne verbunden. Sie ftihrten und fiihren im chinesischen Buchmarkt zu steigenden Absatzen englischer Literatur, original und auch iibersetzt. Ein weiteres Beispiel ist der Einfluss der HoUywood-Filme in China. Im Zeitraum von 1994 bis 2003 erzielten die Hollywood-Filme, die nur 10% der Gesamtmenge der gezeigten Filme ausmachten, landesweit 60% - 70% der Kasseneinnahmen.^^^ Der Film Titanic^^^ alleine spielte 22%) der Kasseneinnahmen im Jahr 1998 ein.^^^ Die deutsch-chinesischen Untemehmen sind ebenso von der amerikanischen Kultur beeinflusst worden. Bei 35,9% der Befragten stammen ihre ersten Kenntnisse iiber Chinesen/Deutsche aus amerikanischen Medien. Zugleich haben nur 26,l%o der Befragten ihre Kenntnisse aus deutschen oder chinesischen Medien entnommen.^^^ 56,9%o aller Befragten sprechen in den meisten Fallen mit ihren deutschen/ chinesischen Kollegen Englisch. Dagegen sprechen nur 43,1%) aller Befragten Chinesisch und Deutsch oder Deutsch durch Dolmetscher.^^^ Im Gesprach haben viele Leute, insbesondere die jungen chinesischen Mitarbeiter, ihre Lieblingsmusik deutlich genannt: klassische Musik aus Deutschland und Popmusik aus den USA. Dazu haben viele Chinesen, z. B. die jungen Mitarbeiter in Jointventures, durch Publikationen amerikanische Erfolgsbeispiele als Vorbilder kennen gelemt. In dem von vielen chinesischen Hochschulen und betrieblichen Ausbildungen benutzten Lehrbuch wird das folgende Beispiel als Vorbild chinesischer Untemehmensmitarbeiter genannt, um damit zu zeigen, dass amerikanische Aktivitatsstandards flexibler und modemer als traditionelle japanische und chinesische sind. In einer Tochterfirma Sonys in den USA entdeckte Akio Morita, GrUnder und Chef der Sony Corporation, einen jungen amerikanischen Mitarbeiter, den er aufgrund seiner exzellenten Verkaufserfolge und seines Potentials als Nachwuchsfiihrungskraft forderte. Dazu gehorte eine Einladung in die Hauptverwaltung nach Tokio und deren Besichtigung sowie Treffen mit wichtigen Fiihrungspersonlichkeiten von Sony. Als der junge Mann kurz darauf von einem Konkurrenten mit doppeltem Gehalt abgeworben wurde, war Morita sehr verargert, weil dieses in der japanischen wie auch in 364 365 366 367 368 Ni (2005) Regie: James Cameron, USA 1997 Ma (2002) Vgl. Frage 2 und die Ergebnisse, Kapitel 4.2 Vgl. Frage 6 und die Ergebnisse, Kapitel 4.2 Einfluss internationaler Kultur 187 der chinesischen Tradition als Verrat angesehen wird. Einige Monate spater sah der Ex-Mitarbeiter Morita auf einer Messe. Er vermied nicht - wie Morita dachte - sich mit ihm zu treffen. Im Gegenteil, er ging absichtlich auf ihn zu, um die neuen Produkte des Konkurrenten von Sony vorzustellen. „Schuldig oder verraterisch ist er nicht. Das entspricht dem Aktivitatsstandard amerikanischer Untemehmen."^^^ Diese US-amerikanischen Aktivitatsstandards haben die deutsch-chinesischen Unternehmen, insbesondere ihre jungen chinesischen Mitarbeiter, gepragt. In einem Gesprach in Hongkong hat der deutsche Leiter des Untemehmens Nr. 23 ein ahnliches Beispiel genannt. Viele junge chinesische Spitzenkrafte, die jahrelang von dem Unternehmen ausgebildet wurden, hatten „wegen nur 50 Cent mehr das Untemehmen verlassen, um fur andere und vor allem amerikanische Firmen zu arbeiten". In Gesprachen auf dem Festland wurde das Thema mehrfach wiederholt. Die Mutterfirma des Untemehmens Nr. 6 hat sogar 2004 in Stuttgart einen Workshop mit dem Schwerpunkt Wiederherstellung der Loyalitdtstradition im Gemeinschaftsunternehmen in China organisiert. Die deutsch-chinesischen Untemehmen und insbesondere die deutschen Untemehmensleiter sehen den beschriebenen amerikanischen Einfluss sehr negativ. Fur die Konkurrenten, insbesondere die amerikanischen Firmen ist das Gegenteil der Fall. Die deutschen und US-amerikanischen Untemehmen in China bekampfen einander nicht nur mit Management, Qualitat und Geld, sondem auch mit Kulturfaktoren. Dabei wird Deutschland, wie vorher geschildert, zwar wegen der klassischen Musik und Literatur, FuBball usw. von jungen Chinesen bevorzugt, aber Nike-Schuhe zu tragen, Coca-Cola zu trinken und bei McDonalds zu essen ist in China in Mode. Durch weitere Gesprache mit jungen chinesischen Mitarbeitem wurde bestatigt, dass es in der Hauptsache drei Griinde fur einen Wechsel zu einem USamerikanischen Untemehmen gibt: Zum einen ist dieses Verhalten nach USamerikanischem Standard normal. Obwohl es der chinesischen Tradition widerspricht, wird dieses Verhalten von jungen Chinesen nicht kritisiert, weil diese sich dem westlich-amerikanischen Wertekanon, von westlich orientierten Medien beeinflusst, angenahert haben. Zum Zweiten bedeutet die Arbeit far ein US-amerikanisches Untemehmen fiir die jungen Leute zugleich eine Annahemng an die Quelle der beliebten Pop-Kulturen. Erst zuletzt locken die 50 Cent mehr Lohn. ^^^ Luo/Lin (2003), S. 7-8, Ubersetzung des Verfassers 188 Kapitel 6: Die Rolle der Kulturfaktoren im weiteren Sinne Wahrend die amerikanische Popkultur oft der deutschen Kultur vorgezogen wird, unterliegt im Vergleich der deutschen zur japanischen Kultur oft letztere in der Wertschatzung durch Chinesen, obwohl Japan weltweit der zweitgroBte Handelspartner und Investitionsland fiir China ist. Einer der Griinde liegt daran, dass aus der Sicht der Chinesen Japan iiber keine eigene Hochkultur verftigt, da die alte chinesische Kultur die hauptsachliche Quelle fiir die japanische Kultur darstellt. Im Vergleich dazu ist es fiir Chinesen erstrebenswert und ehrenhaft, die europaische Kultur sowie die deutsche Musik und Literatur zu kennen und zu studieren. Ein anderer Grund resultiert aus der jtingeren Geschichte. Wegen des Angriffs Japans auf China im 2. Weltkrieg haben viele Chinesen und chinesische Untemehmen nur eine geringe Toleranz gegeniiber der japanischen Kultur oder dem japanischen Managementstil entwickelt. Eine aktuelle Untersuchung in Shanghai^^^ zeigt, dass von der kulturellen Akzeptanz her europaische und amerikanische Untemehmen als Arbeitgeber viel attraktiver sind als japanische. Die Quote der aktiven Abwanderung chinesischer Mitarbeiter aus Unternehmen betrug beispielsweise im Jahr 2002 bei japanischen Untemehmen 24,5%, wahrend sie bei europaischen und amerikanischen Untemehmen bei 18,8% lag.^^^ Auch die letzte Quote ist im Vergleich zu Firmen in Europa und den USA sehr hoch. Seit Jahren befmdet sich China im Wirtschaftsboom. In der Industrie konkurrieren rein chinesische Untemehmen, Tochtemntemehmen der intemationalen Konzeme und chinesisch-auslandische Jointventures gleichzeitig im jungen chinesischen Markt. Dadurch ist der Bedarf an jungen und qualifizierten Mitarbeitem hoch. Junge Leute mit Ausbildung in Management, als Ingenieur usw. haben somit besonders gute Chancen am Arbeitsmarkt. Deswegen ist die Quote der aktiven Abwandemng chinesischer Mitarbeiter hoch. 6.3 Wandel der Unternehmenskultur Kultur und Kulturen sind nicht statisch, sondem befmden sich mehr oder weniger immer in einem Prozess der Verandemng. In den letzten 20 Jahren hat sich die politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Umgebung in China unter der ^^^ Dai (2005) Ebenda Wandel der Unternehmenskultur 189 Reformpolitik und dem Einfluss der Globalisierung und Intemationalisierung sehr dynamisch entwickelt. Damit haben viele der Denk- und Verhaltensweisen sowie Weltanschauungen, die friiher als „typisch chinesisch" gekennzeichnet wurden, heute ganz neue Auspragungen. Das betrifft insbesondere die chinesischen Mitarbeiter in den Jointventures in China. In den Gemeinschaftsuntemehmen werden mehr Moglichkeiten und Freiheiten angeboten, urn neue Denk- und Verhaltensmodelle ausprobieren zu konnen. Die Veranderungen betreffen meistens alte chinesische Denk- und Verhaltensweisen - wie z. B. Abhangigkeit und Bescheidenheit. Aus westlicher Sicht sind diese Denk- und Verhaltensweisen eher kritisch, weil sie fur modeme Unternehmen nicht geeignet sind.^^^ Fast alle Forschungen in dem betreffenden Bereich, z. B. die Forschung von Hofstede in den 60er und 70er Jahren, die Meta-Analyse iiber Individualismus-KoUektivismus und das Regensburger Forschungsprojekt in den 90er Jahren etc., hatten als ahnliches Ergebnis gezeigt, dass in China im Vergleich zu Deutschland ein hohes MaB von Kollektivismus, Abhangigkeit, Bescheidenheit und passiver Reaktion herrschte. ^^^ Diese Situation hat sich aber in der jiingeren Vergangenheit allmahlich geandert. Die Antworten auf die konstruierte Frage Wie trifft man Entscheidungen in Bezug auf seine Arbeif^^ haben die aktuelle Situation in deutsch-chinesischen Untemehmen aufgezeigt: Niemand (0%) traf Entscheidungen nach Anweisung. Damit wurde das Problem der passiven Reaktion uberwunden. Durchschnittlich trafen 35,1% der chinesischen und 33,4% der deutschen Befragten Entscheidungen, ohne sie ihren deutschen oder chinesischen Mitarbeitem zu erlautem. In der Untersuchung wurde festgestellt, dass dieser Wert in groBen Jointventures viel hoher ist als in kleinen. Das liegt wahrscheinlich daran, dass in kleinen Jointventures traditionelle chinesische Denk- und Verhaltensweisen starker wirken. Uber die Halfte der chinesischen (51,4%)) und deutschen (57,1%)) Befragten trafen Entscheidungen zusammen mit ihren deutschen und chinesischen Mitarbeitem. Dieser hohe Prozentsatz weist auf eine weitere Anderung im Verhalten chinesischer Mitarbeiter hin: Die Akzeptanz von Teamwork ist dort im Gegensatz zu vielen staatlichen Untemehmen deutlich erhoht.^^^ 372 373 374 375 Vgl. Schuchardt (1994), S. 128ff; vgl. Duerkop (1996), S. 144ff. Vgl. Hofstede (1993), 65ff; vgl. Oyserman/Coon/Kemmelmeier (2002); vgl. Thomas/Schenk (1996), 59ff Vgl. Frage 8 und die Ergebnisse, Kapitel 4.2 Vgl. Frage 8 und die Ergebnisse, Kapitel 4.2 190 Kapitel 6: Die Rolle der Kulturfaktoren im weiteren Sinne Fur diese Veranderung gibt es zwei Grunde. Zum Ersten ist es die Bereitschaft der jungen chinesischen Mitarbeiter ein westliches Konzept der Selbststandigkeit, der Selbstsicherheit etc. zu akzeptieren. Diese Akzeptanz entwickelte sich nicht nur in den deutsch-chinesischen Untemehmen, sondem hat ihren Ursprung in Veranderungen in der vorgelagerten Ausbildung. Seit etwa Anfang der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts haben chinesische Schulen und Hochschulen dieses Konzept empfohlen. Zum Zweiten sind „self-discipline", „self-confidence" und andere selbststandige Fahigkeiten direkte Anforderungen von vielen Untemehmen, wie zum Beispiel die Vorschrift vom Untemehmen Nr. 19.^^^ Die Verandemngen im Kollektivismus und Individualismus sind eine direkte Folge der interkulturellen Zusammenarbeit in chinesisch-auslandischen Jointventures. In der Untersuchung gaben viele Befragte, insbesondere junge chinesische Mitarbeiter, an, dass sie personlich wahrend der Zusammenarbeit die Fahigkeit zu eigenstandiger und unabhangiger Arbeit, zur selbst-standigen Verantwortung usw. von deutschen KoUegen gelemt oder ein Verstandnis fur IndividuaHsmus, Kollektivismus, Teamarbeit etc. auf westlichem Standard erreicht hatten. In Peking schilderte eine 24-jahrige Mitarbeiterin des Untemehmens Nr. 8, dass sie als Einzelkind einer reichen Familie zwar gut ausgebildet wurde, sie aber, wie viele der nach Einfuhmng der Ein-Kind-Politik seit 1979 geborenen jungen Chinesen, Schwierigkeiten hatte, sich als Mitglied eines Teams zu verhalten. „Vor meiner Arbeit im Jointventure dachte ich mir, dass ich auch nach westlichem Standard genug individuell sei", sagte sie. „Aber durch die personliche Begegnung mit deutschen Kollegen sowie durch meine personliche Beobachtung bemerkte ich erst, dass mein ,Individualismus' teilweise typisch chinesisch war. Zum Beispiel hielt ich den Regeln des chinesischen Gw<7«x/-Netzwerk folgend mein Kundennetzwerk, das ich selbst aufgebaut und betreut hatte, vor meinen Kollegen geheim. Die deutschen Kollegen verhalten sich aber anders: Sie bauen das Netzwerk auf und pflegen es in Teamarbeit. Davon habe ich gelemt und das tue ich jetzt auch. Wahrscheinlich funktioniert das aber nur hier im Jointventure ohne Probleme." ^'^^ Vgl. Kapitel 6.1 „ China dndern oder sich dndern?" 6.4 „China andern oder sich andern?" Wie bereits geschildert ist die Untemehmenskultur deutsch-chinesischer Jointventures eine Mischung aus beiden Kulturen und amerikanischem Kultureinfluss. Als Kooperationspartner mochten die chinesische sowie die deutsche Seite die Managementweise und die Kultur in der Untemehmung so weit wie moglich nach eigener Gewohnheit und Tradition gestalten. In der Untersuchung wurde deutlich, dass, je groBer das Jointventure und je hoher der deutsche Aktienanteil sind, desto ausgepragter sind deutsche Managementkonzepte, Kultur und Tradition. Die deutsche Verwaltung des Untemehmens Nr. 19 hatte am Anfang der Zusammenarbeit nach deutscher Tradition alle auBeren Wande des Untemehmens in WeiB streichen lassen. Diese Entscheidung widerspricht der chinesischen Tradition, wonach WeiB die Farbe der Trauer ist. Dennoch halt das Untemehmen die Wandgestaltung seit 20 Jahren durch, obwohl die Wande zweimal im Monat wegen starker Umweltverschmutzung nachgestrichen werden mussen. Diese Begebenheit wurde in China lange Zeit positiv gewertet, weil man die konsequente Ubemahme einer deutschen Untemehmenstradition als einen Erfolgsfaktor betrachtet.^^^ Mit Unterstiitzung des Untemehmens Nr. 19 baut die Stadt Shanghai seit 2002 in Anting, wo sich das Untemehmen befmdet, die Anting New Town - eine „German Town". Die Anting New Town erstreckt sich tiber eine Flache von ca. 5,4 km^. Der Masterplan wurde von dem deutschen Buro AS&P - Albert Speer und Partner - nach dem Vorbild der Stadt Weimar geplant. Mehr als 130 bekannte deutsche Architekten haben fur diesen Plan gearbeitet. „So wird diese German Town durch eine rein deutsche Landschaft, deutsche Technik, deutsche Architektur, deutsche Kultur und ein deutsches Konzept gekennzeichnet."^^^ Wenn das Untemehmen seinen Erfolg in China hatte halten konnen, ware seine komplette Ubemahme der deutschen Kultur und deutscher Managementkonzepte in dem gemeinsamen Untemehmen wahrscheinlich nicht kritisiert worden. Im ersten Quartal 2005 allerdings ist sein Absatz in China stark gefallen. Dem Jointventure droht 2005 ein Verlust - der erste Verlust seit 20 Jahren in China. Anlasslich dieses Ein^^^ 378 Vgl. Wang/Xia (2005) Yan (2005), Ubersetzung des Verfassers 191 192 Kapitel 6: Die Rolle der Kulturfaktoren im weiteren Sinne schnittes haben einige chinesische Kooperationspartner und Forscher die moglichen Ursachen analysiert. Ihrer Meinung nach liegt die Hauptursache darin, dass das Untemehmen nicht tief genug in die chinesische Kultur integriert ist.^^^ Der Kulturbegriff hier ist ein deutlich breiterer, der Managementkultur, Untemehmenskultur und Kulturfaktoren im engeren Sinne umfasst. Untemehmenskulturbezogen wurde einerseits die Annaherung durch Kulturveranstaltungen an die chinesische Kultur und den chinesischen Markt als richtige MaBnahme bestatigt. Andererseits wurde die komplette Ubemahme der deutschen Kultur, z. B. die Auswahl der Wandfarbe, mit der chinesischen Wortwendung „quadratischer Kopf ^^^ als Synonym fur Unflexibilitat und Burokratie kritisiert. Die Kritiker empfehlen, dass „das Jointventure seine Unternehmenskultur noch mehr lokalisieren solle"^^^ Weiter wird aus der Frage „China andem oder sich andem"^^^ heraus vorgeschlagen, dass, „da das Jointventure in China mehr Autos als in Deutschland baut, sich die urspriingliche deutsche Untemehmenskultur und Strategic auch andem soU"^^^ Ruxiang suisu^^"^ - das etwa das Gleiche wie When in Rome do as the Romans do bedeutet - ist ein altes chinesisches Sprichwort mit konfuzianischen Wurzeln. Bei der Frage „China andem oder sich andem" kommt diesem Sprichwort eine gmndsatzliche Bedeutung zu. Demzufolge ist der Vorschlag, dass „sich die urspriingliche deutsche Untemehmenskultur und Strategic auch andem soil", aus chinesischer Sicht folgerichtig. Dariiber hinaus handelt es sich hier, insbesondere seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts, um ein allgemeines Konzept zur Losung des interkulturellen Problems der Nutzung der traditionellen chinesischen bzw. konfuzianischen Kultur in China. Wie bereits betrachtet wurde, hat die Sozialfunktion der Kultur die paradoxe Aufgabe, nach „aul3en" und „innen" zu wirken.^^^ Hier spielen die chinesische Kultur im Allgemeinen und der Konfiizianismus im Besonderen dieselbe Rolle auf einer erweiterten Ebene: 379 380 381 382 383 384 385 Vgl. Chen (2005); vgl. Li (2005) Wang/Xia (2005), Ubersetzung des Verfassers Ebenda, Ubersetzung des Verfassers Ebenda, Ubersetzung des Verfassers Ebenda, Ubersetzung des Verfassers Original: A ^ ^ ^ # Vgl. Kapitel 5.4 „ China dndern oder sich dndern? " 193 nach „auBen" fremde Kulturen abzuwehren und nach „innen" fur die Nachhaltigkeit einer harmonischen Gesellschaft im ganzen Land zu sorgen. Angesichts der zunehmenden interkulturellen Zusammenarbeit und Globalisierung reagieren die chinesische Regierung, die chinesischen Untemehmen, die chinesischen Partner der Gemeinschaftsuntemehmen, die normalen Burger etc. aufgrund eigener Interessen unterschiedlich. Wahrend zum Beispiel die normalen Burger mehr westliche Filme und Femsehprogramme sehen, mehr Konzerte und Theater direkt aus dem Westen besuchen sowie das Internet mit mehr Freiheit nutzen wollen, ubt die Regierung scharfere Zensuren beim Import der Kulturprodukte aus und kontrolliert das Internet strenger.^^^ Bei der Bewahrung der konfiizianischen Kultur allerdings stimmen alle o. g. Schichten, von normalen Biirgem bis zur Zentralregierung, voUig uberein. Es wurden bereits in vorigen Kapiteln Beispiele beschrieben, bei denen Kulturfaktoren im engeren Sinne mit konfuzianischer Auspragung von chinesischen Partnem und Mitarbeitem in deutsch-chinesischen Jointventures bevorzugt oder automatisch genutzt wurden. Wenn man diese Nutzung aus der Sicht der breiteren Kultur und der Sicht der staatlichen Politik betrachtet, wird klar, dass sie wegen ihrer fiinktionalistischen und reflektierten Resultate angesichts der Globalisierung von der chinesischen Regierung nur unterstutzt und weiter entwickelt werden kann. Der Prozess des Wiederaufbaus des Konfiizianismus hat sich seit Anfang der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts beschleunigt. Die klassischen konfiizianischen Werke, z. B. Li Ji {Buck der Riten und Sitten), Lun Yu (Konfuzius Gesprdche) etc., sind immer mehr als Lehrmaterial eingesetzt worden. Unter den Trainingsmaterialien der CECIA spielen Ausschnitte dieser konfiizianischen Werke beim Aufl^au eines modemen Konzeptes fur eine harmonische Untemehmenskultur und interkulturelles Management eine wichtige Rolle. Dariiber hinaus setzt die chinesische Regierung die konfuzianische Kultur nicht nur als ein Instrument zur Abwehr der Uberfremdung der eigenen Kultur ein, sondem verbreitet sie auch aktiv auBerhalb Chinas. So plant beispielsweise die ZentralregieVgl. Ministerium fur Propaganda Chinas, Ministerium fiir Kultur Chinas etc. (2005) 194 Kapitel 6: Die Rolle der Kulturfaktoren im weiteren Sinne rung Chinas weltweit 100 Konftizius-Institute zu eroffnen, um damit die konfUzianische Kultur auch in fremden Kulturen bekannt zu machen. 1994 wurden das erste Konfuzius-Institut in Korea und 1995 weitere drei in Frankreich und Deutschland (jeweils in Berlin und Erlangen) eroffnet. Weiterhin hat die chinesische Regierung in Kooperation mit der UNESCO anlasslich des 2.556. Geburtstages von Konfiizius erstmals zeitgleich in 30 Konfuzius-Tempeln in der Volksrepublik China, in der Sonderverwaltungszone Hongkong sowie in Taiwan, Korea, Deutschland, USA und Singapur Gedenkfeiem veranstaltet. Ob der aus der Frage „China andem oder sich andem?" hervorgegangene Vorschlag „dass sich die urspriingliche deutsche Untemehmenskultur und Strategic auch andem soil" far beide Seiten der Gemeinschaftsuntemehmen Sinn macht, muss in der Praxis erprobt und bestatigt werden. Auch andere Losungsmoglichkeiten sind denkbar. Dabei ist allerdings eindeutig, dass, solange die Partnerschaft und Zusammenarbeit sich in China befindet, die Nutzung der Kulturfaktoren im engeren und im weiteren Sinne auch fiir deutsche Untemehmer, Manager und Mitarbeiter sinnvoll und notig ist, um eine nachhaltige Entwicklung und Erfolge der deutsch-chinesischen Jointventures zu gewahrleisten. 6.5 Fazit Aus den Untersuchungsergebnissen werden vier der Kultur im weiteren Sinne zurechenbare Ergebnisse vertiefend abgeleitet. Zum einen gehoren zum chinesischen Verstandnis des westlichen Begriffs Untemehmenskultur viele traditionelle Inhalte, die ihre Wurzeln in der Kultur im engeren Sinne haben. Zum Zweiten sind die deutsch-chinesischen Untemehmen zunehmend von der intemationalen Kultur, insbesondere der US-amerikanischen Pop-Kultur beeinflusst worden. Zum Dritten untersucht die Arbeit Individualismus und Kollektivismus als ein typisches Beispiel ftir Wandel der Untemehmenskultur und kommt zu anderen Ergebnissen als Forschungen vor etwa zehn Jahren. Als viertes werden sowohl Erfolg als auch Misserfolg Integration deutscher Kultur in China diskutiert. Fazit 195 Die Kulturfaktoren im weiteren Sinne und die gesamte Kulturumgebung sowie die Entwicklung der Kulturintegration spielen eine Rolle fiir den Erfolg und die Zukunfl der deutsch-chinesischen Jointventures. Der deutschen und der chinesischen Kultur wird dabei einerseits mit Toleranz und Akzeptanz begegnet, andererseits entwickelt sich die Kulturintegration dynamisch. Schlussbetrachtung und Ausblick Fur eine interkulturelle Kommunikation, die darauf basierende wirtschaftliche Zusammenarbeit sowie den Erfolg beider sind das gegenseitige Verstehen und Vertrauen, Akzeptanz und Toleranz wichtige Voraussetzungen. Die chinesische und die deutsche Kultur sind jedoch sowohl in ihrer jeweiligen Geschichte und in ihren heutigen Auspragungen sehr unterschiedlich und damit flir Menschen, die im jeweils anderen Kulturkreis agieren, anfangs sehr fremd und bieten auch nach langer Erfahrung immer wieder fremde und uberraschende Momente. Daraus kann einerseits ein gegenseitiges Interesse erwachsen einander kennen zu lemen und zu erganzen. Andererseits stellt dieser sehr unterschiedliche kulturelle Hintergrund die Agierenden immer wieder vor die Aufgabe die Schwierigkeiten in der Kommunikation und Zusammenarbeit zu uberwinden. Dieses gilt grundsatzlich und im besonderen Rahmen auch fiir deutschchinesische Wirtschaftsbeziehungen und die Zusammenarbeit in deutsch-chinesischen Jointventures. Zwei Rahmenbedingungen sind fur Aufbau und Erfolg der deutsch-chinesischen Jointventures wichtig. Zum einen basiert jeder Aufbau eines Jointventures in der Regel auf den gemeinsamen wirtschaftlichen Zielen, die die deutschen und chinesischen Kooperationspartner haben. Zum Zweiten ist es entscheidend, ob die Mitarbeiter aus zwei unterschiedlichen Kulturen in den Jointventures problemlos zusammenarbeiten und ob die Untemehmen sich an die chinesische Gesellschaft und PoHtik gut anpassen konnen. Dabei spielen die Kulturfaktoren im engeren Sinne - Musik, Theater, Filme, Malerei, Literatur - eine bedeutende RoUe. Auf der Basis einer empirischen Forschung, die innerhalb von ca. drei Jahren bei 26 unterschiedlichen deutsch-chinesischen Untemehmen in insgesamt ftinf Stadten und einer Sonderverwaltungszone durchgefiihrt wurde, hat die Arbeit die RoUe der Kulturfaktoren im engeren Sinne ausfuhrlich betrachtet. Die gegenseitige Wahmehmung und Einschatzung als Kulturland ermoglicht den kontinuierlichen Kulturaustausch zwischen Deutschland und China. Den Kulturfaktoren im engeren Sinn kommt dabei eine RoUe als Transportmittel zur gegenseitigen Information zu. Im Weiteren nehmen sie zwei wichtige Funktionen wahr. Zunachst stellen 19 8 Schlussbetrachtung und A usblick sie einen gemeinsamen Ausgangspunkt fur divergierende Interessen und Meinungen dar. Daruber hinaus sind sie als ein Teil des betriebswirtschaftlichen Instrumentariums tief in der chinesischen Tradition verwurzelt. Die chinesischen Untemehmenspartner und Mitarbeiter sind anders als die deutschen im Umgang mit ihnen erfahren. Fiir die deutschen Mitarbeiter sind sie zum Teil neu, aber mit Blick auf den Erfolg des Unternehmens akzeptabel. Die Kulturfaktoren im engeren Sinne - Musik, Theater, Film, Literatur, Malerei usw. spielen in den deutsch-chinesischen Jointventures in den folgenden fiinf Bereichen eine bedeutende Rolle: 1. Die Medien, vor allem Film und Literatur, sind zunachst fur gegenseitige Vorkenntnisse, allerdings auch fur Vorurteile von Bedeutung. Daruber hinaus spielen sie eine wichtige Rolle fur die Bestatigung, Erganzung und Verbesserung der Kenntnisse iibereinander wahrend der Zusammenarbeit zwischen den deutschen und chinesischen Mitarbeitem. 2. Konzert, Theater und andere kulturelle Veranstaltungen haben eine Bruckenfiinktion zwischen den zwei Kulturen und bzw. zwischen den deutschen und chinesischen Ftihrungskraften und Mitarbeitem. Zur Uberwindung interkultureller Unterschiede und zur Losung personlicher Konflikte ist diese Briickenfunktion besonders effektiv. 3. Musik, Theater und Malerei werden als Instrumente zur Imagepflege der deutsch-chinesischen Jointventures genutzt. Durch Untersttitzung von und Teilnahme an verschiedenen kulturellen Veranstaltungen im engeren Sinne bauen die Jointventures in der Gesellschaft und bei lokalen Regierungen ein positives Image auf. So konnen sich die Jointventures in das Geflecht aus Wirtschafl, Politik, Gesellschaft und Kultur in China besser einfiigen. 4. Durch Nutzung der Einrichtungen innerhalb der Jointventures und - noch haufiger - der offentlichen Kultureinrichtungen werden Mitarbeiter sowohl motiviert als auch unterhalten. Schlusshetrachtung und A usblick 199 5. Als Trager der zwei Kulturen sind die deutsch-chinesischen Jointventures selbst Orte flir den Kulturaustausch. Die Kulturfaktoren im engeren Sinne spielen eine bedeutende RoUe bei der Prasentation der chinesischen oder deutschen Kulturen und Traditionen. Dariiber hinaus betrachtet die Arbeit im Rahmen der Intemationalisierung und Globalisierung weitere wichtige Punkte im Bereich der Kultur im weiteren Sinne und der allgemeinen Untemehmenskultur. 1. Die Untemehmenskultur deutsch-chinesischer Jointventures ist zwar auf westlichen Basistheorien aufgebaut, dennoch dominieren die chinesische Kultur und Tradition. 2. Die Internationale Kultur, insbesondere die amerikanische Pop-Kultur, hat die deutsch-chinesischen Jointventures und ihre Mitarbeiter signifikant beeinflusst. 3. Unter der Intemationalisierung und Globalisiemng haben sich viele Denk- und Verhaltensweisen sowie die Weltanschauung der chinesischen Mitarbeiter sehr dynamisch entwickelt. Das Verhaltnis von Individualismus und KoUektivismus hat sich merklich in Richtung auf den Individualismus verschoben. 4. Die Breite des Anteils der deutschen bzw. der chinesischen Kultur in deutschchinesischen Jointventures wird vom Anteil an den Investitionen und vom wirtschaftlichen Erfolg oder Misserfolg beeinflusst. Diese Breite verandert sich dynamisch und fuhrt oft zu Debatten dariiber, ob z. B. in China mehr westliche Kultur akzeptiert werden soil oder die deutschen Untemehmen in China sich mehr an die chinesische Kultur anpassen soUen. Die Entwicklung der deutsch-chinesischen Jointventures in der VR China in den letzten ca. 25 Jahren zeigt, dass viele Gmndbestandteile der Untemehmenskultur deutsch-chinesischer Jointventures, z. B. Managementstil, Philosophic, Strategic usw., sich sehr dynamisch entwickeh haben, um sich dadurch der schnellen wirtschaftlichen Entwicklung und der Vertiefung der Globalisiemng anzupassen. Im Vergleich dazu stellt sich die Rolle der Kulturfaktoren im engeren Sinne ziemlich kontinuierlich und 200 Schlussbetrachtung und A usblick stabil dar, nicht nur, well sie effektive Instrumente sein konnen, sondem auch, well sie von der deutschen und chinesischen Seite gemeinsam akzeptiert werden. Deshalb werden die Kulturfaktoren im engeren Sinne ihre Rolle in deutsch-chinesischen Jointventures noch eine lange Zeit spielen. Folglich erscheint es sinnvoll und angeraten, weitergehende Forschungen, z. B. einen Vergleich der Ergebnisse des Einsatzes verschiedener Kulturfaktoren und tiber die Beziehung zwischen Form und Inhalt der Kulturfaktoren im engeren Sinne in deutsch-chinesischen Jointventures durchzufiihren. Anhang Anhang 1: Schriftlicher Fragebogen Erster Teil von Frage 1: Bevor Sie Ihre chines is chen/deutschen Arbeitskollegen personlich kennen lernten, hatten Sie da bereits Kenntnisse fiber Chines en/Deutsche? a. Ja. b. Nein. Zweiter Teil von Frage 1: Stimmten diese Kenntnisse mit Ihren personlichen Erfahrungen Uberein? a. Ja. b. Nein. Frage 2: Aus welchen Quellen stammen Ihre ersten Kenntnisse fiber Chines en/ Deutsche? a. Deutsche/Chinesische Medien b. Amerikanische Medien c. Personliche Erfahrung d. Erzdhlung von Freunden Erster Teil von Frage 3: Wie oft haben Sie in den letzten 3 Jahren im Kino oder zu Hauseper Video/DVD einen chinesischen oder einen ausldndischen Film fiber China/Deutschland bzw. Chinesen/ Deutsche gesehen? a. Weniger als 3 Mai b. 4-6 Mai c. 7-10 Mai d. Mehrals 10 Mai 202 Anhang Zweiter Teil von Frage 3: Nennen Sie bitte den Titel, der Sie am meisten beeindruckt hat: . Erster Teil von Frage 4: Haben Sie Freunde unter den chines is chen/deutschen Arbeitskollegen? a. Ja. b. Nein. Zweiter Teil von Frage 4: Was wilrden Sie gem mit einem chinesischen/deutschen Kollegen zusammen machen, wenn Sie am Wochenende einen Nachmittag zusammen verbringen sollen? a. Reise/Ausflug b. Gesprdch fiber die Arbeit c. Besuch einer traditionellen chinesischen Kulturveranstaltung (Theater, Konzert usw.) d. Besuch und Gesprdch in einem Teehaus Frage 5: Wie stellen Sie sich die Beziehungen zwischen Ihnen und Ihren deutschen/chinesischen Kollegen vor? a. Eher egalitdr b. Eher hierarchisch c. Ich mochte eher egalitdr, aber meine chinesischen/deutschen Kollegen wollen nicht. d. Ich mochte eher hierarchisch, aber meine deutschen/chinesischen Kollegen wollen nicht. Frage 6: Welche Sprache sprechen Sie in den meisten Fallen mit Ihren deutschen/chinesischen Kollegen/Mitarbeitern/Vorgesetzten? a. Deutsch (direkt) b. Deutsch (durch Dolmetscher) c. Chinesisch d. Englisch Anhangl: 203 Schriftlicher Fragebogen Erster Teil von Frage 7: In Bezug auf die Einstellung zu Sex finden Sie Ihre deutschen/chinesischen Kollegen/Mitarbeiter/Vorgesetzte: a. Konservativ b. Offen c. Offener d. Viel offener Zweiter Teil von Frage 7: Diese Einschdtzung beruht auffolgender Quelle: a. Chinesische Medien b. Deutsche Medien c. Amerikanische Medien d. Personliche Erfahrung oder andere Quelle Frage 8: In Bezug auf Ihre Arbeit treffen Sie normalerweise Entscheidungen, a. ohne sie Ihren deutschen/chinesischen Mitarbeitern zu erldutern. b. zusammen mit Ihren deutschen/chinesischen Mitarbeitern. c. indent Sie zuerst die Vorschldge Ihrer deutschen/chinesischen Mitarbeiter horen. d. nach Anweisung. Frage 9: Bei der Losung eines schweren Problems milssen Sie mit Ihrem deutschen/ chinesischen Mitarbeiter reden. Welchen Ort bevorzugen Sie, wenn es moglich ist? a. BUro in der Arbeitszeit b. Privater Besuch in der Freizeit c. Bei einem gemeinsamen Essen d. In der Pause einer gemeinsamen Kulturveranstaltung Frage 10: Wie wurden Sie die Unternehmensgrundsdtze oder einen bestimmten Slogan des Jointventures in Ihrem Buroprdsentieren lassen? 204 Anhang a. AlsPlakat b. Durch eine chinesische Malerei mit Kalligraphie. c. Hdufig auswendig aufsagen. d. Auf Buropapier ausdrucken. Anhang 2: Themen zum mundlichen Interview Anhang 2: 205 Themen zum mundlichen Interview Thema 1: Gibt es innerhalh des Jointventures kulturelle Veranstaltungen? Hat sich das als sinnvoll herausgestellt? Warum? Unterstutzt das Jointventure aufierhalb des Unternehmens kulturelle Veranstaltungen? Warum? Thema 2: Stimmen Ihre Kenntnisse aus Medien uber Deutsche/Chinesen mit Ihren personlichen Erfahrungen uberein? Konnen Sie ein Beispiel nennen? Sprechen Sie dariiber mit Ihren Bekannten und Freunden oder schreiben Sie sogar dariiber an offentliche Medien? Thema 3: Warum bevorzugen Sie bei einem wichtigen oder schwierigen Gesprdch mit Ihren deutschen/chinesischen Kollegen/Mitarbeitern/Vorgesetzten ein Restaurant, ein Kon- zert oder das Bilro? Thema 4: Gibt es US-amerikanische Einfliisse in dem Jointventure? Konnen Sie Uber Ihre Erfahrungen berichten? Anhang 206 Anhang 3: Zeittafel der chinesischen Dynastien und Regierungen Zeitraume Dynastien und Regierungen Vorgeschichte ca. 6000-2100 v.Chr. Xia-Dynastie 21.-16. Jahrhundert v. Chr. Shang-Dynastie 16.-11. Jahrhundert v. Chr. Zhou-Dynastie ll.Jahrhundert-221 v. Chr. Qin-Dynastie 221-206 v.Chr. Han-Dynastie 206 V. Chr.-220 n. Chr. Die Drei Reiche 220-280 Die Westliche/Ostliche Jin Die Sudliche/Nordliche Dynastien 265-420 420-581 Sui-Dynastie 581-618 Tang-Dynastie 618-907 Song-Dynastie 960-1279 Yuan-Dynastie 1279-1368 Ming-Dynastie Qing-Dynastie Die Republik China Die Volksrepublik China Mao Tse-tung Deng Xiaoping Jiang Zemin 1368-1644 1644-1911 1911-1949 (danach in Taiwan) Hu Jintao 1949-heute 1949-1976 1977-1990 1990-2004 2004-heute Quellen und Literaturverzeichnis Abteilung fiir historische Literatur des Zentralkomitees der KPCh (2004): Deng Xiaoping nianpu, xiajuan (fP/J^^^tt, T ^/Tagebuch-ProtokoU iiber Deng Xiaoping, Vol. II), Peking Atteslander, Peter (2000): Methoden der empirischen Sozialforschung, Berlin, New York, (9. neu bearbeitete und erweiterte Auflage) AuBenministerium Chinas (2005): Zhongdezhengzhiguanxi he wenhuajiaoliu{^i%fk 7p M^fPXft^^^/Politische Beziehungen und Kulturaustausch zwischen der VR China und der Bundesrepublik Deutschland), auf Webseite des AuBenministeriums Chinas: http://www.fmprc.gov.cn/chn/wib/zzjg/xos/gjlb/1837/default.htm (Stand: 30.10.2005), Peking AuBenhandelsamt der Provinz Shandong (2004): Wirtschaftszusammenarbeit zwischen Shandong und Deutschland. 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