2 Mathematische Grundlagen 2.1 Aussagen und Prädikate 2.2 Mengen und Relationen 2.3 Boolesche Algebra IMS Institut für Mikroelektronische Systeme 2.1 Aussagen und Prädikate IMS Institut für Mikroelektronische Systeme Aussagen und Prädikate I Aussagen: Wert von Aussagen: Aussagevariablen: Logische Ausdrücke: Tatsachen, Sachverhalte w (wahr), f (falsch) a, b, c, (zweiwertig w oder f) • Konstante • Variable • Junktoren (Funktoren) logischer Ausdrücke Junktoren Negation Konjunktion Disjunktion Implikation Äquivalenz A bzw . A AB AB AB AB Zur Vereinfachung von Klammerschachtelungen werden die Junktoren in der angegebenen Reihenfolge angewandt IMS Logischer Entwurf digitaler Systeme © Institut für Mikroelektronische Systeme, Leibniz Universität Hannover, Vervielfältigung nur mit schriftlicher Genehmigung 2.2 Aussagen und Prädikate II Warheitswerte ab ab ab a b a b a b f f w w f f w w f w w f f w w f w f f w f w f f w w f f w w w w Prädikatenlogik Prädikate: Aussage über n-Tupel von Individuen (Elemente) aus einem Individuenbereich (Wertebereich) n-stelliges Prädikat: P x1 , x 2 ,..., x n x P x Allquantor Für alle Elemente des Wertebereichs von x ist die Aussage P x wahr. Existenzquantor x P x Es existiert mindestens ein Element im Wertebereich von x, für das P x wahr ist. IMS Logischer Entwurf digitaler Systeme © Institut für Mikroelektronische Systeme, Leibniz Universität Hannover, Vervielfältigung nur mit schriftlicher Genehmigung 2.3 2.2 Mengen und Relationen Mengen Operationen mit Mengen Eigenschaften zweistelliger Relationen Partitionen Geordnete Mengen Schranken und Grenzen Verbände Abbildung, Funktion IMS Institut für Mikroelektronische Systeme Mengen: Definitionen und Schreibweisen Menge: Zusammenfassung von Elementen Definition durch Aufzählung der Elemente A a1 ,a2 ,a3 ,a4 Definition durch Angabe von Bedingungen bzw. Eigenschaften. A a p A a p A Aussage, Prädikat a A a ist Element von A Mächtigkeit A gibt die Anzahl der Elemente von A an Leere Menge, Nullmenge: Menge, die kein Element besitzt. 0 IMS Logischer Entwurf digitaler Systeme © Institut für Mikroelektronische Systeme, Leibniz Universität Hannover, Vervielfältigung nur mit schriftlicher Genehmigung 2.5 Teilmengen Teilmenge, Untermenge: A B A ist Teilmenge (Untermenge) von B, wenn jedes Element von A auch Element von B ist. AB Echte Teilmenge: B enthält mindestens 1 Element, welches nicht in A enthalten ist. AB Gleiche Mengen: Zwei Mengen sind genau dann gleich, wenn sie dieselben Elemente besitzen. P A B B A Potenzmenge: Menge aller möglichen Teilmengen von A Es gilt: P A 2 A Beispiel: A a1 ,a2 ,a3 P A ,a1 ,a2 ,a3 ,a1 ,a2 ,a1 ,a3 ,a2 ,a3 ,a1 ,a2 ,a3 P A 23 8 IMS Logischer Entwurf digitaler Systeme © Institut für Mikroelektronische Systeme, Leibniz Universität Hannover, Vervielfältigung nur mit schriftlicher Genehmigung 2.6 Operationen mit Mengen Vereinigung: A B x x A x B Durchschnitt: A B x x A x B Disjunkte (elementfremde) Mengen A und B: A B AB A B Differenz: A B 0 B A x x B x A Komplement von A bezüglich einer Bezugsmenge M: C M ( A ) M A bei fester Bezugsmenge M: C M ( A ) A Mengenprodukt (kartesisches Produkt) A B Menge aller geordneten Paare (a,b) mit a A und b B A B a ,b a A b B Mengenpotenz A m m-faches Produkt A m A m 1 A m Am A IMS Logischer Entwurf digitaler Systeme © Institut für Mikroelektronische Systeme, Leibniz Universität Hannover, Vervielfältigung nur mit schriftlicher Genehmigung 2.7 Euler-Venn-Diagramm z. T. auch als Venn-Diagramm (VD) bezeichnet Eine Eingangsvariable n 1 x x Gesamt menge = 1 IMS x x 1 Addition der Teilflächen (Vereinigung) xx0 Überschneidungsbereich (Durchschnitt) Logischer Entwurf digitaler Systeme © Institut für Mikroelektronische Systeme, Leibniz Universität Hannover, Vervielfältigung nur mit schriftlicher Genehmigung 2.8 Euler-Venn-Diagramm Zwei Eingangsvariablen n 2 X0 X1 Vereinigung : maximale Teilfläche x0 x1 Durchschnitt : minimale Teilfläche x0 x1 IMS Logischer Entwurf digitaler Systeme © Institut für Mikroelektronische Systeme, Leibniz Universität Hannover, Vervielfältigung nur mit schriftlicher Genehmigung 2.9 Definition von Relationen Relationen Beziehungen zwischen Elementen von Mengen. Gliederung von Mengen durch Relationen. Zweistellige Relationen Es seien A,B Mengen, dann ist eine zweistellige Relation eine Teilmenge von A B . a steht in der Beziehung R zu b, wenn das geordnete Paar (a,b) in R ist. R AB a R b a ,b R Beispiel: x R y x y IMS Logischer Entwurf digitaler Systeme © Institut für Mikroelektronische Systeme, Leibniz Universität Hannover, Vervielfältigung nur mit schriftlicher Genehmigung 2.10 Darstellung von Relationen Liste Darstellung als Menge durch die Liste aller Paare: a ,b R Relationsmatrix Die Elemente einer Menge a A bilden die Zeilen, die Elemente einer Menge b B bilden die Spalten. Für a R b ist das Matrixelement a b / b gilt a b gleich 0. gleich1. Ist a R Graph Gerichteter Graph: G V ,E V Knoten E gerichtete Kanten a1 a2 a3 a4 V AB b1 b2 b3 b4 b5 E R a b a A b B IMS a1 a2 a3 a5 a4 V A E R a i a j a i ,a j A Logischer Entwurf digitaler Systeme © Institut für Mikroelektronische Systeme, Leibniz Universität Hannover, Vervielfältigung nur mit schriftlicher Genehmigung 2.11 Zweistellige Relationen Eigenschaften von Relationen Eine zweistellige Relation R auf A mit a , b A und R A A heißt reflexiv wenn a ,a R a A symmetrisch wenn a , b R dann b ,a R a ,b A antisymmetrisch wenn a ,b R b ,a R a b a ,b A a,b,c A transitiv wenn a , b R ,b ,c R dann a ,c R konnex wenn a ,b R b ,a R a ,b A Abgeleitete Relationen Eine Relation R auf A heißt Äquivalenzrelation Verträglichkeitsrelation Halbordnung Ordnung (Kette) wenn R reflexiv, symmetrisch und transitiv ist. wenn R reflexiv, symmetrisch aber nicht transitiv ist. wenn R reflexiv, antisymmetrisch und transitiv ist. wenn R eine Halbordnung und konnex ist. Äquivalenzklassen Eine Äquivalenzrelation zerlegt die Menge A in disjunkte Teilmengen A1 , A2 , An wobei die Elemente einer Teilmenge zueinander äquivalent sind und zu den Elementen anderer Teilmengen nicht äquivalent sind. IMS Logischer Entwurf digitaler Systeme © Institut für Mikroelektronische Systeme, Leibniz Universität Hannover, Vervielfältigung nur mit schriftlicher Genehmigung 2.12 Partition An , A2 , A1 Partition Klasseneinteilung der Menge A in spezielle disjunkte Teilmengen. Die Teilmengen werden als Blöcke bezeichnet. P A n Ai A i 1 Ai A j wenn i j Die Menge A wird in Blöcke Ai zerlegt A (1 Block) gröbste Zerlegung feinste Zerlegung 1 Element je Block 0 Eine Zerlegung 1 von A heißt feiner (kleiner oder gleich) als eine andere Zerlegung 2 von A , 1 2 ,wenn jeder Block Ai 1 von 1 in einem Block Ak 2 von 2 enthalten ist Ai 1 Ak 2 . Zwei Partitionen 1 und 2 sind nicht vergleichbar, wenn 1 2 und 2 1 . IMS Logischer Entwurf digitaler Systeme © Institut für Mikroelektronische Systeme, Leibniz Universität Hannover, Vervielfältigung nur mit schriftlicher Genehmigung 2.13 Abbildung, Funktion Funktion F: Eine Relation heißt Funktion F A B , wenn durch F jedem Element a A genau ein Element b B zugeordnet wird. A a1 ,a2 ,a3 ,a4 Schreibweisen: F : A B Eine Funktion a) injektiv b) c) surjektiv bijektiv b F a B b1 ,b2 ,b3 ,b4 ,b5 ,b6 F : A B heißt a1 a 2 F a i F a j Abbildung von A in B b B a A b F a Abbildung von A auf B a A genau ein b B b B genau ein a A Man sagt auch, F ist eine eineindeutige Abbildung: A a1 ,a2 ,a3 B b1 ,b2 ,b3 IMS Logischer Entwurf digitaler Systeme © Institut für Mikroelektronische Systeme, Leibniz Universität Hannover, Vervielfältigung nur mit schriftlicher Genehmigung 2.14 2.3 Boolesche Algebra Basis der Booleschen Algebra Boolesche Ausdrücke Boolesche Algebra Theoreme zur Booleschen Algebra Hilfssätze zur Booleschen Algebra Theoreme zur Booleschen Algebra Beispiele zur Booleschen Algebra IMS Institut für Mikroelektronische Systeme Formale Definition einer Booleschen Algebra Eine Boolesche Algebra ist eine Ereignisalgebra. Man kann sie als Methode auffassen, Zusammenhänge zwischen Ereignissen als mathematische Ausdrücke zu formulieren und weiterzuverarbeiten. Die Variablen sind hier Ereignisse im weitesten Sinn also z.B. Aussagen, oder technisch sinnvolle Bedingungen, die entweder wahr oder falsch bzw. erfüllt oder nicht erfüllt sein können. Es werden ausschließlich solche Aussagen oder Bedingungen betrachtet, von denen eindeutig gesagt werden kann, ob sie wahr oder falsch sind. IMS Logischer Entwurf digitaler Systeme © Institut für Mikroelektronische Systeme, Leibniz Universität Hannover, Vervielfältigung nur mit schriftlicher Genehmigung 2.16 Basis der Booleschen Algebra 1. Eine Menge B von zwei oder mehreren Elementen 2. 3. Zwei Operationen: Summe "+" und Produkt " . " Äquivalenz-Relation B , , ... ab 4. Ein Satz von Axiomen Werte, Konstante: , , Elemente von B Variable: a ,b ,c Beschreibungen von Ausdrücken und Beziehungen Äquivalenz: ab a zwei Variable haben den gleichen Wert für alle Zeiten eine Variable hat den Wert einer speziellen Konstanten Komplement: , ist das Komplement von . IMS Logischer Entwurf digitaler Systeme © Institut für Mikroelektronische Systeme, Leibniz Universität Hannover, Vervielfältigung nur mit schriftlicher Genehmigung 2.17 Boolesche Ausdrücke Literal: Symbol zur Darstellung einer Variablen oder ihres Komplements Summen-Term: Literal oder zwei und mehr Literale kombiniert mit dem Summenoperator + Produkt-Term: Literal oder zwei und mehr Literale kombiniert mit dem Produktoperator ∙ Boolescher Ausdruck BA: Konstante Variable Komplement eines Booleschen Ausdruckes Summe zweier Boolescher Ausdrücke Produkt zweier Boolescher Ausdrück Boolesche Gleichung: B A1 B A 2 Zwei äquivalente oder gleichwertige Boolesche Ausdrücke IMS Logischer Entwurf digitaler Systeme © Institut für Mikroelektronische Systeme, Leibniz Universität Hannover, Vervielfältigung nur mit schriftlicher Genehmigung 2.18 Boolesche Algebra Ein algebraisches System einer Menge B von Elementen a ,b ,c ... und zwei zweistelligen Operationen Summe "+" und Produkt "•" wird als Boolesche Algebra bezeichnet, wenn folgende Axiome gelten: A1 Kommutativgesetz Für jedes a,b B gilt ab ba a b b a A2 Distributivgesetz Für jedes a,b,c B gilt a b c a b a c a b c a b a c A3 Neutrale Elemente Es existiert ein Nullelement 0 sowie ein Einselement 1 derart, dass für jedes a B gilt a 0 a a 1 a A4 Komplement Zu jedem Element a B existiert ein komplementäres Element a B , für a a 1 aa 0 das gilt A1-A4: Huntingtonsche Axiome IMS Logischer Entwurf digitaler Systeme © Institut für Mikroelektronische Systeme, Leibniz Universität Hannover, Vervielfältigung nur mit schriftlicher Genehmigung 2.19 Theoreme zur Booleschen Algebra Aus den Axiomen zur Booleschen Algebra lassen sich folgende Sätze ableiten: S1 Dualität (Satz von Shannon) Jede Aussage oder algebraische Identität, die aus den Axiomen der Booleschen Algebra ableitbar ist, bleibt gültig, wenn die Operationen "+" und "•" sowie Null- und Einselemente untereinander vertauscht werden. 1 1 1 Beispiele: 0 0 0 1 0 0 0 1 1 S2 Idempotenzgesetz (Tautologien) a a a S3 Absorptionsgesetz S4 Assoziativgesetz S5 De Morgansche Gesetze IMS a a a a a b a a a b a a b c a b c a b c a b c a b a b a b a b Logischer Entwurf digitaler Systeme © Institut für Mikroelektronische Systeme, Leibniz Universität Hannover, Vervielfältigung nur mit schriftlicher Genehmigung 2.20 Hilfssätze zur Booleschen Algebra S6 Operationen mit 1 und 0 a 11 a 0 0 S7 Involution (doppelte Komplementbildung) a a S8 Komplemente von Null 0 und Eins 1 0 1 1 0 S9 Vereinfachung (erweiterte Absorption) a a b a b a a b a b Hinweis: Prioritätenregelung: Vereinfachung: IMS · vor + · kann weggelassen werden Logischer Entwurf digitaler Systeme © Institut für Mikroelektronische Systeme, Leibniz Universität Hannover, Vervielfältigung nur mit schriftlicher Genehmigung 2.21 Visualisierung der Axiome und Theoreme (I) Abgebildete Axiome nach Huntington (A1) Kommutativität (Vertauschungsgesetz) A B B A A IMS B A B B A A B Logischer Entwurf digitaler Systeme © Institut für Mikroelektronische Systeme, Leibniz Universität Hannover, Vervielfältigung nur mit schriftlicher Genehmigung 2.22 Visualisierung der Axiome und Theoreme (II) (A2) Distributivität (Verteilungsgesetz) A B C A C B C A B C IMS A B C A C B C B A C Logischer Entwurf digitaler Systeme © Institut für Mikroelektronische Systeme, Leibniz Universität Hannover, Vervielfältigung nur mit schriftlicher Genehmigung 2.23 Visualisierung der Axiome und Theoreme (III) Theoreme (aus den Axiomen ableitbare Sätze) (S3) Absorptionsgesetz A A B A A IMS B A A B A A B Logischer Entwurf digitaler Systeme © Institut für Mikroelektronische Systeme, Leibniz Universität Hannover, Vervielfältigung nur mit schriftlicher Genehmigung 2.24 Visualisierung der Axiome und Theoreme (IV) (S4) Assoziativität (Verbindungsgesetz) A B C A B C A B C A A B C A B C A B C B A C B C (S5) Theorem nach de Morgan A B A B A IMS B A B A B A B Logischer Entwurf digitaler Systeme © Institut für Mikroelektronische Systeme, Leibniz Universität Hannover, Vervielfältigung nur mit schriftlicher Genehmigung 2.25 Beispiele zur Booleschen Algebra Schaltalgebra Mengenalgebra B e1 ,e2 , ... ,en Operation + Operation • Null 0 Eins 1 : : : : Vereinigung Durchschnitt 0/ Leere Menge e1 ,,...,en volle Menge B Aussagenalgebra Aussagenlogik Wahrheitswerte wahr 1 falsch 0 Verknüpfungen Konjunktion UND Disjunktion ODER Algebra von binären n-fachen Mengenprodukten B B 2n alle binären n Tupel 0 0 ,... ,0 1 1,... ,1 a a1 ,... ,a n a b a1 b1 ,... ,a n b n a b a1 b1 ,... ,a n b n IMS Logischer Entwurf digitaler Systeme © Institut für Mikroelektronische Systeme, Leibniz Universität Hannover, Vervielfältigung nur mit schriftlicher Genehmigung 2.26