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VL KAN Neuroanatomie II SoSe 23 v33227

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Vorlesung:
Kognitiv-Affektive Neurowissenschaften
Neuroanatomie II
Prof. Dr. rer. nat. Markus Mühlhan
Hirnstamm & Hirnnerven
Kurzer Rückblick
Ansicht von ventral
Ansicht von dorsal
Zwischenhirn (Diencephalon)
Zwischen Hirnstamm und
Telencephalon (Großhirn)
Zum Zwischenhirn zählen:
•
•
•
•
•
Der Nervus Opticus ist eine Ausstülpung des
Diencephalons und hier ebenfalls blau dargestellt um zu
verdeutlichen, dass es sich um keinen Hirnnerven im
engeren Sinne handelt.
Thalamus
Epithalamus
Subthalamus
Hypothalamus
Metathalamus
Funktionen:
• unbewusste,
• sensorische,
• vegetative Regulation
Zwischenhirn (Diencephalon)
Thalamus (Vorhalle)
ursprünglich wurde der 3.
Ventrikel so bezeichnet
Fast alle Sinnesbahnen
werden im Thalamus
umgeschaltet (Bulbi
olfactorii nicht, Teil des
Telencephalons)
Übernimmt wichtige
Relaisfunktionen
Bsp. Relaisfunktion: Sie merken nicht, das sie Kleidung oder einen Ring am Finger
tragen. Bei Bewegung des Rings, wird die sensorische Information weitergegeben
und damit bewusst.
Thalamus: Kerngebiete
•
Absteigende Bahnen aus dem
Kortex ziehen im Allgemeinen
nicht durch den Thalamus
Der Thalamus besteht aus zahlreichen Kerngebieten:
•Spezifische Kerne: direkte Verbindung zum Kortex
•Unspezifische Kerne: keine direkte Verbindung zum Kortex, aber zum Hirnstamm
5
Projektionen der Thalamuskerne
Spezifische Kerne
•
Die ventralen Kerne weisen Projektionen
in sensorische und sensomotorische
kortikale Regionen auf
Sie übertragen Informationen zu:
•
Lageempfindung, Vibration, Druck,
Diskrimination und Tastsinn, Schmerz,
Temperaturempfinden
•
Sie bilden Rückkopplungsschleifen zu
motorischen Rindenfeldern
•
Bei Schädigung kommt es zu
kontralateralen Störungen der
Oberflächen- und Tiefensensibilität mit
Missempfindungen und abnormen
Schweregefühlen in den Extremitäten
oder motorischen Ausfällen
6
Projektionen der Thalamuskerne
Spezifische Kerne
•
Die medialen Kerne erhalten Afferenzen
aus ventralen-, intralaminären-,
hypothalamischen Kernen und aus
dem Globus Pallidus (bleiche Kugel)
•
Sie projizieren in frontale Regionen
•
Z.B. Lernen, Gedächtnis, Emotionen
•
Die Läsion der Bahnen führt zum
Stirnhirnsyndrom, einem komplexen,
heterogenen Störungsbild
•
Z.B. Störung der exekutiven Funktionen,
Antriebslosigkeit, Gereiztheit, Missmut,
Perseverationen, Inhibitionsstörungen
7
Projektionen der Thalamuskerne
Spezifische Kerne
•
Die dorsale Kerngruppe wird durch den
Pulvinar (Polster) gebildet
•
Größter Kern des Thalamus
•
Erhält Afferenzen aus anderen
thalamischen Kerngebieten und projiziert in
die Assoziationsgebiete der Parietaltemporal und Okzipitallappen
•
Am Pulvinar liegen das Corpus
geniculatum laterale und das Corpus
geniuculatum mediale an, die zum
Methathalamus zählen
•
Sie sind Teil der Seh- bzw. Hörbahn
8
Projektionen der Thalamuskerne
Unspezifische Kerne
Nucleus anterior: Afferenzen und
Efferenzen zum Gyrus cinguli und
zu den Mammilarkörpern
Der Nucleus centromedianus
ist der größte unspezifische
Thalamuskern. Er ist Teil des
aufsteigenden retikulären
aktivierenden Systems
(ARAS), welches in der
Formatio reticularis beginnt.
Er wird mit der Erregung
limbischer und kortikaler
Regionen in Verbindung
gebracht.
9
Funktionelle & Strukturelle Konnektivität
zwischen Thalamus und Kortex
FC: Funktionelle
Konnektivität
DTI: Diffusions-Tensor
Imaging (strukturelle
Konnektivität)
Aus: Schneider und Fink
(2013). Abbildung 15.7
10
Zwischenhirn im Medianschnitt
Epi- & Hypothalamus
Hypothalamus: vegetatives
Regulationszentrum
(z.B. Körpertemperatur,
Nahrungsaufnahme, Stress,
Wachstum, sexuelle Erregung,
Wasserhaushalt)
Epiphyse: Regulation des
Tag-Nacht-Rhythmus
Freisetzung von Melatonin
(„Schlafhormon“)
Durch Kalkablagerungen
gute Landmarke im CT
epi = auf-, draufsitzend
hypo = unterhalb
Afferente und efferente
Verbindungen des Hypothalamus
Wichtige afferente und efferente Verbindungen des
Hypothalamus
Afferenzen
•Aus dem Hippocampus über die Fornix(Gewölbe) bahn in den Hypothalamus
•Über das mediale Vorderhirnbündel
gelangen Afferenzen von den olfaktorischen
Arealen zu den präoptischen Kernen
•Über die Striea terminalis von der Amygdala
zum Hypothalamus
•Über pedunculus corporis mammilaris
gelangen viszerale Afferenzen und solche
aus erogenen Zonen zum Hypothalamus
a) Afferenzen
12
Afferente und efferente
Verbindungen des Hypothalamus
Wichtige afferente und efferente Verbindungen des
Hypothalamus
Efferenzen
•Der Fasciculus longitudinalis dorsalis zieht
zum Hirnstamm und über mehrere
Umschaltungen in parasympathische
Kerngebiete
•Der Traktus mammilotegmentalis sendet
Efferenzen zum Tegmentum des Mittelhirns,
die zur Formatio reticularis weiterziehen
(vegetative Informationen)
•Der Fasciculus mammilothalamicus (Vicq-d‘
Azyr Bündel) verbindet den Hypothalamus
mit dem Nucleus anterior thalami, welcher
mit dem Gyrus cinguli in Verbindung steht
(Teile des limbischen Systems)
•Tractus supraopticohypophysalis und der
tuberohypophysalis stellen efferente Bahnen
zur Hypophyse dar
b) Efferezen
13
Ausgewählte Regionen und
Funktionen des Hypothalamus
14
Epithalamus (grün markiert)
←Verkalkungen
(Hirnsand)
Epithalamus (aufsitzend)
Sezerniert Melatonin in Abhängigkeit der
Helligkeit
Besteht aus: Globus pinealis (Epiphyse); Habenula (Zügel, Epiphysenstiel;
Commisura habenularum, Stria medullaris thalami, Commissura epithalamica
15
Epithalamus (Habenulae)
•
•
•
In den Habenulae werden zahlreiche Informationen
verarbeitet
Über den Einfluss auf neuromodulatorische Systeme (insb.
dopaminerge, serotonerge) stark in die Verhaltensregulation
eingebunden
Haupts. Unterdrückung motorischer Komponenten
16
Der Subthalamus (rot markiert)
Zum Subthalamus zählen:
• Nucleus subthalamicus und Globus pallidus
• Funktionell werden diese Strukturen zu den Basalganglien zugeordnet
• Unter anderem Steuerung der Grobmotorik
17
Die Basalganglien
Regionen subkortikaler grauer Substanz
Nucleus caudatus
(Schweifkern)
Corpus Striatum
(Streifenkörper)
Putamen
(Schale)
Nucleus lentiformis
Globus Pallidus
(Linsenkern)
(bleiche Kugel)
Substanzia Nigra
(schwarze Substanz)
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Das motorische System
Funktion der Basalganglien
Koordination, Programmierung und
Terminierung von Handlungsabläufen
- Hemmung
- Erregung
Koordination der eingesetzten Kraft
Integration komplexer
Verhaltensmuster
Teil des Belohnungssystems, also
Belohnungslernen, habituelles
Verhalten, motivationales Verhalten
19
Das Ventrikelsystem
•
Ausgusspräparat des Ventrikelsystems
•
Erweiterung des Rückenmarkkanals
Ventrikelsystem &
Liqourzirkulisation
• Liquor:
•
•
Klare Flüssigkeit
Ca. 150 ml in Ventrikeln
(20%) und im
Subarachnoidalraum
(80%)
•
Liquorproduktion: 400500 ml pro/Tag
PNS:
• Rückenmarksnerven,•
periphere Ganglien &
Hirnnerven!
•
In den Plexus choroidei
Zirkuliert um das Gehirn
und Rückenmark
Ventrikelsystem &
Liqourzirkulisation
Liquor:
•Wenig Zellen
•Wenig Eiweiß
•Versorgungsfunktion
unwahrscheinlich
•Lässt das Gehirn
„aufschwimmen“
•Dadurch Reduktion des
eigenen Gewichts
PNS:
• Rückenmarksnerven,
periphere Ganglien •Schwimmend
&
gelagert
Hirnnerven!
•Dadurch Schutz vor Stößen
Liquorrückresorption
Liquor wird im
Subarachnoidalraum
des Gehirns und des
Rückenmarks resorbiert
Subarachnoidalraum =
unterhalb der
Spinnengewebshaut
Eine Liquorentnahme zur
Untersuchung potenzieller
entzündlicher Erkrankungen
Kann somit aus dem unteren
Rückenmarkskanal erfolgen
Dura Mater = harte Mutter
Arachnoidea = Spinngewebshaut
Pia Mater = weiche Mutter
Die harte und die weiche Mutter
(Meningen des Gehirns)
a) Der Schädel wurde entfernt um die Dura mater zu zeigen
Darunter befinden sich die Arachnoidea und die Pia Mater
Die Meningen (Hirnhäute) umgeben das gesamte ZNS, also auch das Rückenmark
Das Corpus Callosum (Hirnbalken)
Die größte Kommissur im ZNS
Stamm
Knie
Schnauze/Schnabel
Hinterende
Die Bereiche des Corpus Callosum sind Namensgeber für zahlreiche
umliegende Strukturen z.B.
Subgenualer anteriorer zingulärer Kortex (sgACC) unter dem Knie liegend
Perigenualer anteriorer zinguläere Kortex (pgACC) um das Knie liegend
25
zinguläre Subregionen und Funktionen
Shackman et al, 2011 →
Vogt, 2005 ↓
26
Gyri und Sulci
Gyrus: Windung
Sulcus: Rinne oder Furche
Fissur: Riss/Furche – tiefer als Sulci, z.T. andere Form
27
Sensorische-, motorische Zonen und
Assoziationsareale
28
Der Kortex unter dem Kortex: Die
Insula
Die Insulae und die Opercula liegen
unmittelbar aneinander an. Anatomisch
trennen sie aber mehrere Zentimeter.
Operculum:
Deckelchen
Insula
Fissura lateralis
Fissura lateralis
Insula
29
Versatz durch schräge Schichtführung
Der Kortex unter dem Kortex: Die
Insula
Operculum:
Deckelchen
Auch die Insula kann in
anatomisch und funktionell
unterschiedliche Regionen
unterteilt werden
Die anteriore Insula hat z.B.
eine wichtige Rolle in der
Zuweisung von Salienz
Die posteriore Insula
integriert z.B. emotionale
und somatische
Informationen
30
Versatz durch schräge Schichtführung
Ausgewählte Funktionen bestimmter
Hirnbereiche
31
Spektrum.de
Ausgewählte Funktionen bestimmter
Hirnbereiche
32
Spektrum.de
Cerebellum
Das Cerebellum besitzt ebenfalls
einen Kortex
Die Weiße Substanz im inneren wird
als Arbor vitae „Lebensbaum“
bezeichnet
33
Cerebellum
Über die Kleinhirnstiele gelangen in Informationen aus folgenden
Regionen ins Kleinhirn
•
•
dem Rückenmark: Information über die Körperhaltung die Muskel- und
Sehnenspannung und Gelenkstellung
Zur Steuerung des Stehens und Gehens
•
den Nervi vestibulocochleares: Zur Regulation des Gleichgewichts, bei
Schädigung tritt Schwindel auf
•
den Motorkortizes, Regulation von feinen Willkürbewegungen z.B.
manipulieren von Gegenständen oder der optimalen Koordination der
Kehlkopfmuskulatur beim Sprechen
•
•
Die genauen Funktionen des Kleinhirns sind bis heute weitgehend unbekannt
Es scheint auch an höheren kognitiven und emotionalen Prozessen beteiligt
zu sein
34
Cerebellum
Unter anderem involviert in
• Aufmerksamkeitsprozesse
• Sprache
• soziale Kognition
• Exekutive Funktionen
• Insb. in die Vorhersagbarkeit
bestimmter Komponenten
Annahmen meist spekulativ
35
Hippocampus
(Seepferdchen)
Zur Hippocampusformation zählen:
•
Subiculum (kleine Unterlage, Verbindung zwischen
Hippocampus und Parahippocampus)
•
Cornu ammonis (Ammonhorn, Hippocampus im
engeren Sinne)
•
Gyrus Dentatus (gezahnter Gyrus)
Ammonit
Urzeitshop.de
36
36
Die Amygdala
(Mandel)
kortikomediale
Kerne
37
Amygdaloidale Subregionen
Momentan werden vier amygdaloidale Subregionen unterschieden
•
•
•
•
Superfisziale Kerne (SF)
Centromediale Kerne (CM)
Baslolaterale Kerne (LB)
Amygdalo-strialer Übergangsbereich (AStr)
Amunts et al, 2005
38
Mit welchen Regionen sind die
Kerngebiete verbunden?
Basolaterale Nuclei (LB)
Centromediale Nuclei (CM)
Superfisziale Nuclei (SF)
39
Funktionelle Konnektivität
amygdaloider Subregionen
40
Die Kartierung (Mapping) des Kortex
Eine kurze Übung zum Einstieg in das Thema
• Stellen Sie Sich vor ein Außerirdischer würde versuchen
Europa in einzelne Gebiete zu unterteilen, welche Kriterien
könnte er verwenden?
Zum Beispiel: gemeinsame
Sprache?
Kultur?
Werte?
Infrastruktur?
…?
41
moviepilot.com
•
•
•
•
•
Die Kartierung (Mapping) des Kortex
• Ähnlich verhält es sich mit dem Gehirn
• Jedes Areal lässt sich durch vielfältige Eigenschaften
beschreiben
Zum Beispiel:
• Die Dichte der Nervenzellkörper
• die jeweilige Menge an Myelin
• die funktionelle Konnektivität
der Neurone untereinander
42
Gizmodo.com
• die Reaktion der Neurone auf
bestimmte Aufgaben
Wodurch könnte sich also ein Hirnareal
auszeichnen?
Hat jemand eine Idee?
Aus: Schneider und Fink, (2013), funktionelle MRT
in Psychiatrie und Neurologie. S. 780
43
Die Kartierung (Mapping) des Kortex
Brodmann Areale
Korbinian
Brodmann´s
wegweisendes Werk:
„Vergleichende
Lokalisationslehre“
von 1909
Zilles and Amunts, 2010,
Nat Rev Neuroscience
Zytoarchitektonisce
Mikrographien
Die Pfeile deuten auf
die Grenze zwischen
zwei Hirnarealen
44
Die Kartierung (Mapping) des Kortex
Brodmann Areale
•
Ursprünglich 43 Areale
•
Unterteilung aufgrund mikroskopischer
(zytoarchitektonischer) Unterschiede
der Nervenzellverteilung
•
Diese müssen nicht der
makroskopischen Struktur entsprechen!
•
Gleichartig aufgebaute Felder
bezeichnet man als Rindenfelder (Areae)
•
Bild rechts: Hirnatlas erstellt von
Korbinian Brodmann an einem Gehirn
zu Beginn des 20. Jahrhunderts (1909)
•
Die Klassifizierung in BrodmannArealen gilt heute als veraltet und sollte
nicht mehr verwendet werden!
45
PROMETHEUS Lernatlas der Anatomie, Thieme
Moderne Methoden
Beispiel:
Der Jülich-Düsseldorfer zytoarchitektonische Atlas
•
•
•
Post mortem Untersuchung von 10 Gehirnen
Untersucherunabhängige zytoarchitektonische Analyse welche die
Grenzen kortikaler Areale mittels statistischer Analyse der laminären
Zellverdichtung bestimmt
Mikroskopische Validierung der Ergebnisse
•
•
•
Quantitative Beschreibung anatomischer Struktur
Im standardisierten MNI Referenzraum (Montreal Neurological Institute)
Zytoarchitektonische Wahrscheinlichkeitskarten
•
Integration funktioneller und struktureller Daten
46
Moderne Methoden
Arbeitsweise
Schneider & Fink, 2013
47
Die Kartierung (Mapping) des Kortex
Moderne Methoden
• Ein neuer multimodaler Hirnatlas (Glasser et al, 2016) entstanden
aus den Daten des Human Connectome Project
• Basierend auf funktionellen Aktivierungs- und Konnektivitätsdaten
als auch auf strukturellen Daten (Myelingehalt)
• Es werden also mehrere Kriterien gleichzeitig einbezogen
• Resultat: 360 verschiedene kortikale Areale
48
Die Kartierung (Mapping) des Kortex
Moderne Methoden
•
>>>
49
Die Kartierung (Mapping) des Kortex
Moderne Methoden
•
•
•
Als weiteres Kriterium wird
die Rezeptorverteilung
diskutiert
Nicht jedes Merkmal zeigt
kortikale Grenzen an
Wenn aber mehrere
Merkmale eine bestimmte
Grenze anzeigen, sind die
Orte dieser Grenzen
normalerweise in sehr guter
räumlicher
Übereinstimmung
50
in-vitro multi-receptor autoradiography
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit
51
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