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Fieber - via medici leichter lernen - mehr verstehen

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26.03.23, 12:45
Fieber - via medici: leichter lernen - mehr verstehen
lizenziert für: Othmane Elmansouri
Allgemeine Symptome und Befunde
Allgemeinmedizin
Anamnese
Fieber
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IMPP-Relevanz
Lesezeit: 14 min
Definition
- Unter Fieber versteht man eine Erhöhung der Körperkerntemperatur auf Werte > 38,0°C, die durch eine
veränderte hypothalamische Wärmeregulation hervorgerufen wird (Sollwertverstellung). Bei einer
Temperatur von 37,1–37,9°C spricht man von subfebrilen Temperaturen.
- Als Fieber unklarer Genese („Fever of Unknown Origin“, FUO) wird eine wiederholt rektal gemessene
Körpertemperatur > 38,0°C bezeichnet, die mindestens 3 Wochen andauert und bei der auch nach einer
Woche stationärer Untersuchung noch keine Diagnose gestellt werden konnte.
Physiologie
- Körpertemperatur unterliegt einer Tagesrhythmik
- in der 2. Nachthälfte Minimal- und am Nachmittag Maximalwerte
- Normwerte:
- frühmorgens 36,5°C rektal, 36,2°C oral, 36,0°C axillär
- Nachmittags steigt die Temperatur um etwa 0,7–1°C
- bei der Frau physiologische Schwankungen durch den Menstruationszyklus (mittlerer Temperaturanstieg
um 0,5°C nach der Ovulation)
- genaueste Messung rektal.
Ätiopathogenese
Pathogenese
- Sollwertverstellung im Hypothalamus
- Pyrogene: Substanzen, die Fieber hervorrufen
- exogene Pyrogene: Mikroorganismen oder mikrobielle Toxine und Stoffwechselprodukte
- endogene Pyrogene: Zytokine wie Interleukin-1 (IL-1), IL-6 und Tumornekrosefaktor; werden im Rahmen
von Infektionen, aber auch bei entzündlichen Erkrankungen verschiedenster Ursache oder bei
Tumorerkrankungen gebildet und ausgeschüttet
- Alle Pyrogene führen letztlich zu einer Erhöhung der Prostaglandin-E2-Spiegel im Hypothalamus, die
wiederum eine Ausschüttung von cAMP und damit die Sollwertverstellung bewirken.
- Fieber auch durch direkte Einwirkung auf den Hypothalamus (z.B. Traumen, Tumoren, Blutungen) möglich;
Hyperpyrexie: sehr hohes Fieber > 41,5°C, das auch bei schwersten Infektionen nur selten erreicht wird.
- normale Körperkerntemperatur wird als zu kalt empfunden. Folgen:
-
periphere Vasokonstriktion (kalte Finger und Füße)
Kältezittern (Schüttelfrost)
vermehrte metabolische Aktivität der Leber
Ziel: Wärmeabgabe vermindern und Wärmeproduktion steigern.
Häufigste Fieberursachen:
- Infektionen (30–40%)
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- Malignome (20–30%)
- Kollagenosen, Vaskulitiden (10–15%).
Mögliche Ursachen
Bei FUO (Fever of Unknown Origin, Fieber unklarer Genese) wird unterschieden zwischen einer klassischen und
nosokomial erworbenen Form.
- nosokomial erworbenes FUO:
-
Infektionen der Atemwege, Harnwege, Wundinfektionen, Katheterinfektionen
Medikamente
Transfusionsreaktion
Thrombosen und Lungenembolie.
- klassisches FUO:
-
virale oder bakterielle Infektionen
Kollagenosen/Vaskulitiden
Sarkoidose
genaueres s. mögliche Diagnosen
Symptomatik
Allgemeine Symptome
Krankheitsgefühl, Abgeschlagenheit, Frieren und Schüttelfrost, Nachtschweiß, Muskel-/Gelenkschmerzen,
Kopfschmerzen, Gewichtsverlust.
Begleitsymptome
- respiratorische Beschwerden (am häufigsten): Schnupfen, Husten, Halsschmerzen, Dyspnoe,
Thoraxschmerzen
- gastrointestinale Symptome: Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö, Schmerzen, Ikterus
- urogenitale Symptome: Dysurie, Pollakisurie, Hämaturie, Flankenschmerzen
- kardiovaskuläre Symptome: retrosternale Schmerzen, Tachykardie, Herzrhythmusstörungen
- neurologische Beschwerden: Kopf-/Nackenschmerzen, neurologische Ausfälle, Krampfanfälle
- Symptome am Bewegungsapparat: Gelenkschmerzen/-schwellungen
- Symptome an Haut bzw. Schleimhaut: Exantheme, Enantheme, Erytheme, Petechien, Purpura, Bläschen,
Pusteln, Roseolen u.a.
- Sepsis: schweres Krankheitsgefühl mit Tachykardie, Hypotension und Bewusstseinseintrübung.
Praxistipp: Fieber bei einem Patienten unter einer Zytostatikatherapie: Verdacht auf Infektion bei Neutropenie.
Praxistipp: Bei Kindern bis 6 Jahre kann Fieber im Rahmen eine Infekts zu generalisierten, tonisch-klonischen
Krampfanfällen („Fieberkrampf“) führen. Infektbedingte Fieberkrämpfe sind meist harmlos und können durch
die rektale Applikation von Diazepam und antipyretische Medikation (Paracetamol) normalerweise gut
beherrscht werden.
mögliche Fieberverläufe
-
stufenweiser Fieberanstieg
Kontinua
intermittierendes Fieber
remittierendes Fieber
undulierendes Fieber
Wechselfieber (Relapsfieber)
doppelgipfliges Fieber.
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Typische Fieberverläufe
(Quelle: Arastéh, Baenkler, Bieber, Duale Reihe
Innere Medizin, Thieme, 2018)
Merke: Der stufenweise Fieberanstieg ist charakteristisch für Typhus, danach besteht ein Fieberkontinuum.
Intermittierendes Fieber beobachtet man häufig bei Sepsis oder malignen Lymphomen, zweigipflige
Fieberverläufe bei der Virusgrippe oder Leptospirose und Wechselfieber sind typisch für Malaria oder das
Rückfallfieber.
Diagnostik
- wiederholtes Messen der Körpertemperatur, am besten immer mit der gleichen Methode und an der
gleichen Stelle
- Anamnese:
Erkrankungsbeginn: plötzlich, schleichend, remittierend etc.
Fieberverlauf
Begleitsymptomatik
Exposition: Kontakt zu Erkrankten, Tieren, Sexualkontakte, Auslandsreisen, Beruf, Freizeit (z.B.
Spaziergänge im Wald?), Lebensmittel
- Medikamenteneinnahme (sog. Drug Fever) in den letzten 2 Wochen (Schmerz-, Abführmittel,
Antibiotika)
-
- körperliche Untersuchung:
- Inspektion von Haut und Schleimhäuten (Exanthem/Enanthem? Abszess? Zyanose? Blasse oder kühle
Haut?)
- Nasennebenhöhlen: Klopfschmerzhaftigkeit?
- Atemfrequenz
- pathologische Herzgeräusche?
- vergrößerte Lymphknoten?
- Hepato-/Splenomegalie?
- klopfschmerzhafte Nierenlager?
- Meningismus?
- Bewusstseinsgrad (Somnolenz?)
- Labor:
-
BSG, CRP
Blutbild und Differenzialblutbild
Transaminasen
Kreatinin
CK
Amylase
Gesamteiweiß und Elektrophorese
Rheumaserologie
TSH basal
gezielte serologische und kulturelle Diagnostik (z.B. Katheterspitzen) bei V.a. Infektion
Urinstatus/-sediment
- apparative Diagnostik:
- Abdomensonografie
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- Röntgen-Thorax
- Echokardiografie
- Schilddrüsensonografie etc.
Diagnostisches Vorgehen bei
Fieber unklarer Genese
(klassische Form)
(Quelle: Hahn, Checkliste Innere Medizin,
Thieme, 2018)
Praxistipp: Bei Patienten, die unter einer Langzeittherapie mit Antizytokinen stehen (z.B. Anti-TNF-Therapie bei
Morbus Crohn, rheumatoider Arthritis oder Psoriasis), kann die Fieberreaktion bei einer Infektion abgeschwächt
ausfallen. Daher sollte bei diesen Patienten auch eine nur leicht erhöhte Temperatur diagnostisch abgeklärt
werden.
Mögliche Diagnosen
Ursachen und Differenzialdiagnosen des klassischen FUO.
Begleitsymptom bzw. -
Ursache
Klinik und Diagnostik
umstand
Exanthem
infektiöses Exanthem:
- Röteln
makulopapulöses, mittelfleckiges und
nichtkonfluierendes Exanthem, okzipitale und
retroaurikale Lymphknotenschwellung; IgMTiter
- Scharlach
plötzliche Halsschmerzen und
Tonsillopharyngitis, Erdbeerzunge, hohes
Fieber, zervikale Lymphknotenschwellung,
papulös-feinfleckiges, sandpapierartiges
Exanthem, periorale Blässe; Rachenabstrich
- Masern
2-gipfelige Fieberkurve mit Exanthemausbruch
(großfleckig, konfluierend) erst beim 2.
Fieberanstieg, Koplick-Flecken (weiße,
kalkspritzerartige Stippchen auf gerötetem
Grund)
- Varizellen
makulöses Exanthem mit Vesikeln, Pusteln
und Krusten (Sternenhimmelphänomen),
Aphthen, Juckreiz; IgM-Titer
LK-Schwellung = Lymphknotenschwellung, BAL = broncho-alveoläre Lavage
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Begleitsymptom bzw. umstand
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Ursache
- Borreliose
Klinik und Diagnostik
Erythema migrans, später chronische
Dermatitis; IgM-Titer, PCR-Nachweis
nichtinfektiöses Exanthem:
Kopfschmerzen
Ikterus, Hepatomegalie
Splenomegalie
Diarrhö
Abdominalschmerzen
- Arzneimittelexanthem
Abklingen nach Absetzen des Medikaments
- Kollagenosen/Vaskulitiden
Klinik, Auto-Antikörper
- akute Graft-versus-Host-Reaktion
Auftreten nach Knochenmarktransplantation,
Fieber, Arthritis
Sinusitis
Nasen-/Nebenhöhlendruckschmerz; CT
Meningitis
Nackensteifigkeit, Purpura bei Sepsis;
Liquordiagnostik
Virushepatitis
Serologie
infektiöse Mononukleose
Pharyngitis, Tonsillitis, LK-Schwellung; IgMTiter
Gelbfieber
Auslandsreise; IgM-Titer
Leptospirose
Anurie/Oligurie, Kopf- und Muskelschmerzen,
Organmanifestationen
Cholezystitis
Schmerzen im rechten Oberbauch; Sonografie
Typhus
typischer Fieberverlauf über 4 Wochen,
erbsbreiartige Diarrhö ab 2. Woche,
Benommenheit, Kopfschmerzen, relative
Bradykardie; Erregernachweis
Brucellose
Gelenk-/Muskelschmerzen, Erregernachweis in
Blutkultur
viszerale Leishmaniose
Auslandsreise, LK-Schwellung, Panzytopenie
Hodgkin-Lymphom
B-Symptomatik, LK-Schwellung
infektiöse Mononukleose
Pharyngitis, Tonsillitis, Ikterus, LK-Schwellung;
IgM-Titer
Salmonellenenteritis
Brechdurchfall, Kopfschmerzen; Stuhlkultur
Amöbenruhr
Bauchschmerzen, blutige Stühle
(himbeergeleeartig); Erregernachweis
Shigellenruhr
wässrige Diarrhö, bei schwerem Verlauf
schleimige Durchfälle mit Tenesmen;
Stuhlkultur
Virusenteritis
Virusserologie
Peritonitis
harter Bauch, Abwehrspannung, Leukozytose
Appendizitis
Schmerz im rechten Unterbauch, Leukozytose;
Sonografie
Adnexitis
Portioschiebeschmerz; Sonografie
familiäres Mittelmeerfieber
periodische Fieberschübe, die 1–3 Tage
andauern, Arthralgien, erysipelähnliches
LK-Schwellung = Lymphknotenschwellung, BAL = broncho-alveoläre Lavage
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Begleitsymptom bzw. umstand
Ursache
Klinik und Diagnostik
Exanthem v.a. an den Beinen, akutes Abdomen,
Brustschmerzen, evtl. Hepatosplenomegalie,
betroffen sind v.a. Personen in der östlichen
Mittelmeergegend
Thoraxschmerzen, Husten,
Dyspnoe
Pneumonie
Auskultation, Röntgen-Thorax
Tuberkulose
Nachtschweiß; Röntgen-Thorax, PCR
Perikarditis
Auskultation (Perikardreiben); Echokardiografie
Sarkoidose
weitere Organbeteiligung, hiläre LKSchwellung; Röntgen-Thorax, BAL
Hodgkin-Lymphom
B-Symptomatik, Splenomegalie
infektiöse Mononukleose
Pharyngitis, Tonsillitis, Ikterus, Splenomegalie;
IgM-Titer
Brucellose
Gelenk-/Muskelschmerzen; Erregernachweis in
Blutkultur
Sarkoidose
Husten, Dyspnoe, weitere Organbeteiligung,
hiläre LK-Schwellung; Röntgen-Thorax, BAL
Harnwegsinfekt
urethraler Ausfluss, Juckreiz; Erregernachweis
Zystitis
Pollakisurie, Hämaturie; Erregernachweis
Pyelonephritis
Flankenschmerz; Erregernachweis, Sonografie
Erkältungssymptome
virale und bakterielle Erkrankungen
(Tonsillitis, Pharyngitis, Influenza)
Klinik, Erregernachweis bei bakterieller
Infektion, Serologie bei viraler Infektion
Auslandsaufenthalt
Malaria
typischer Fieberverlauf; Blutausstrich
Reisediarrhö
Durchfall; Stuhlkultur, Serologie
Typhus
s.o.
Amöbenruhr
s.o.
Bilharziose
initial Fieber, Juckreiz, evtl. ZNS-Symptome,
Husten, Bauchschmerzen, Eosinophilie;
Antikörper-Nachweis
Lymphknotenschwellung
Dysurie
LK-Schwellung = Lymphknotenschwellung, BAL = broncho-alveoläre Lavage
Mündliche Prüfungsfragen
Prüfung
Alle
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zuletzt bearbeitet: 18.07.2022
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