IBesser studieren Fall Basiertes Lernen Gastro C Fall 11 „Immer wieder Durchfall“ Themenvorschläge für Kurzreferat (5 min) oder Brainstorming in der Gruppe Gewichtverlust: Welche Informationen sollen/können im Rahmen der Anamnese erhoben werden um mögliche Ursachen einzugrenzen ? Themenvorschlag zur Vorbereitung eines Kurzreferates (5 min) • Wie häufig findet sich eine Zöliakie mit klassischen gastrointestinalen Symptomen? • Wie häufig besteht eine Zöliakie ohne „klassische“ Symptome • Beschreiben Sie kurz die mannigfaltige Klinik und die möglichen Zustandsbilder, die an eine Zöliakie differentialdiagnostisch denken lassen sollten? Hilfe: Schuppan D, Esslinger B. Endemic sprue (celiac disease) diagnosis, associated diseases and therapy Dtsch Med Wochenschr. 2003;128 Suppl 2:S69-71. Autoren • Erstautor: Prof. Vogelsang, Abt. Gastroenterologie, Med. Klinik IV • Pathologie: Prof. Kaserer, Inst. für Pathologie • Redigiert: Prof. Lechner • Updated Sept. 2005, Prof. Lechner/Chen Anamnese • 59 jährige Patientin • 1984 Uterusexstirpation • Vor einigen Jahren wurde eine Osteoporose festgestellt, bisher keine Frakturen • Seit 2 Jahren Durchfälle 5 - 10x pro 24 Stunden (auch nachts). Die Stühle sind breiig und voluminös, keine Veränderung der Stuhlfarbe, keine Beimengungen. Keine Schmerzen beim Stuhlgang • Neigung zu Blähungen, vor allem nach Milchprodukten, keine Bauchschmerzen Anamnese 2 • Vor kurzem wurde ein Magen- und Dickdarmröntgen durchgeführt (normales Ergebnis) • Patientin hat in den letzten beiden Jahren 30 kg an Gewicht verloren, trotz guten Appetits • Medikamente: Bezafibrat, Euthyrox • Familienanamnese unauffällig Klinische Untersuchung • 153 cm, 66 kg • Kopf und Hals oB • Herz/Lunge unauffällig • Leber/Milz normal • Keine abnormalen Darmgeräusche • Extremitäten normal, RR normal Was ist klinisch die wahrscheinlichste Ursache dieser chronischen Diarrhoe? 1. Malabsorption 2. Chronische Infektion 3. Entzündliche Darmerkrankung 4. Colon irritabile Richtig ist: 1. Malabsorption 2. Chronische Infektion 3. Entzündliche Darmerkrankung 4. Colon irritabile Wieso Malabsorption? • Typische Stuhlbeschaffenheit – Voluminös, breiig – Keine Beimengungen • Fehlen von Schmerzen • Gewichtsverlust Wieso nicht chronische Infektion? • Die Basiswahrscheinlichkeit ist sehr gering – Lamblien, Cyptosporidien, Cyclospora können chronische Durchfälle machen, aber nur bei Immunsupprimierten (z.B. HIV) – Whipple‘sche Erkrankung sehr selten • Infektion mit Gram-negative Stäbchen • Assoziiert mit Fieber, neurologischen Erscheinungen und vielen anderen Symptomen Wieso nicht chronisch inflammatorische Darmerkrankung? • Für M. Crohn und Colitis ulcerosa wäre typisch: – Stuhl • kleine Volumina • Beimengungen häufig (Blut, Schleim etc) – Schmerzen – Allgemeinsymptome (z.B.Fieber) Bei der Patientin nicht vorhanden Wieso nicht Colon irritabile • Typisch für Colon irritabile wäre – Keine voluminösen Stühle, sondern kleine Mengen Durchfallsstuhl, alternierend mit Obstipation – Keine nächtlichen Durchfälle – Kein Gewichtsverlust – Schmerzen vor dem Stuhlgang Welche Stuhluntersuchungen sind zur Differentialdiagnose sinnvoll? • Blut (Hämoccult) – Pos. Test würde für entzündlichen Prozess sprechen (bei der Pat. negativ) • Stuhl - Leukozyten – Vermehrung spricht für entzündlichen Prozess (diagnostischer Wert unsicher) (nicht durchgeführt), Lactoferrinbestimmung im Stuhl (Leukozytenmarker) (nicht durchgeführt) • Stuhl -Fett – Vermehrung spricht für Pankreasinsuffizienz (nicht durchgeführt) Stuhluntersuchungen werden generell nicht gerne durchgeführt Laborbefunde (1) • Leberfunktion Normal • Lipase Normal • Albumin 41,5 g/l (normal >34) • Nierenfunktion normal • Harnbefund normal • CRP < 0,5 mg/dl • Kalzium 2,32 mmol/l • Eisen 96 µg/dl Laborbefunde (2) • Hämoglobin 12,1 g/dl • MCV 104,7 fl • Thrombozyten 259.000 /µl • Leukozyten 5.900 /µl • Differential Blutbild o.B. Interpretation dieser Befunde: • Entzündliche Darmerkrankungen scheiden fast mit Sicherheit aus • Nur mäßig starke Hinweise auf Malabsorption – Gewichtsverlust – Osteoporose – Makrozytose Was könnte am ehesten Ursache einer Malabsorption sein? 1. Pankreasinsuffizienz 2. Cöliakie 3. Lactoseintoleranz infolge Lactasemangel 4. Milchproteinintoleranz 5. Eiweißverlierende Enteropathie Richtig ist 1. Pankreasinsuffzienz 2. Cöliakie 3. Laktoseintoleranz infolge Laktasemangel 4. Milchproteinintoleranz 5. Eiweißverlierende Enteropathie Begründung • Pankreasinsuffizienz: Unwahrscheinlich: Anamnestisch kein Hinweis auf Pankreaserkrankung, keine Fettstühle • Cöliakie: Wäre möglich, ev. Hinweise: Osteoporose, Makrozytose, Gewichtsverlust • Laktasemangel: Wahrscheinlich (Durchfall nach Milch), muss aber erst bewiesen werden • Eiweißverlierende Enteropathie: Unwahrscheinlich, da das Albumin normal ist Nächste Untersuchungen? 1. Stuhlfett 2. Laktosetoleranztest 3. Dünndarmbiopsie (Laktasenachweis) 4. Folsäure Richtig ist: 1. Stuhlfett 2. Laktosetoleranztest 3. Dünndarmbiopsie (Laktasenachweis) 4. Folsäurebestimmung im Serum Begründung • Laktosetoleranztest. – Messung der Blutglukose nach 50 g Laktose (Anstieg von < 20 mg/dl diagnostisch) – Messung von H2 in der Atemluft nach Laktoseverabreichung • Folsäuremangel – Mögliche Ursache der Makrozytose Lactose H² Test • Vorwert 0 • 15 min 3 • 30 min 1 • 60 min 72 Bildung von H2 Beweis für Nicht resorption von Laktose Vitamine • Vitamin B12 • 111 pmol/l (118 - 716) • Folsäure • 3,1 nmol/l (3,4 - 38) Folsäuremangel möglicherweise Ursache der Makrozytose Laktaseintoleranz gesichert Nächste Frage: Ursache? Am ehesten Cöliakie Nächste Untersuchung? 1. Antikörper (Gliadin, endomyseale Antikörper, Anti-Tissue Transglutaminase )? 2. Gastroskopie und Duodenalbiopsie? 3. Colonoskopie? 4. CT des Abdomens? Richtig ist 1. Antikörper (Gliadin, endomyseale Ak, Anti-Tissue Transglutaminase) 2. Gastroskopie und Duodenalbiopsie 3. Colonoskopie 4. CT des Abdomens Begründung (1) • Antigliadinantikörper haben eine hohe Sensitivität, endomyseale Antikörper eine hohe Spezifität für Cöliakie • Die Biopsie der Duodenalschleimhaut ist der beste diagnostische Test, da der Verdacht auf Cöliakie sehr hoch ist und die Biopsie der Goldstandard der Diagnostik ist Begründung (2) • Colonoskopie nicht sinnvoll – Röntgen war normal – Ursache der Krankheit liegt im oberen GI Trakt. • CT des Abdomens wäre nur sinnvoll, wenn die Cöliakie therapieresistent ist, da dann der Verdacht auf ein intestinales Lymphom besteht. Antikörperteste • Antigliadin Ak (IgA) Negativ • Endomyseale Ak Negativ • Anti-Tissue Transglutaminase 7 (Graubereich) Antikörperteste negativ bis grenzwertig Kein Beweis, kein Ausschluss Es wurde eine Gastroskopie mit Biopsie der Duodenalschleimhaut durchgeführt Histologie (HE) x 200 ( Duodenum) Entzündliches Infiltrat in der Lamina propria Zotten verplumpt Becherzelle Intraepitheliale Lymphozyten Laktasemangel im Rahmen einer Cöliakie (einheimische Sprue, glutensensitive Enteropathie) (Durchfall wahrscheinlich hauptsächlich durch Laktasemangel) Andere Symptome der Cöliakie • Bei der Patientin vorhanden – Osteoporose (Osteomalazie) – Folsäuremangel • Bei der Patientin nicht vorhanden – Eisenmangel (Häufigster Befund bei oligosymptomatischer Form) – Pathologische Leberbefunde (erhöhte GOT und GPT) – Eiweißmangel – Arthritis – Neuropsychiatrische Symptome Therapie • Glutenfreie Diät beseitigt alle Symptome bei den meisten Patienten Pathogenese der Cöliakie • Hauptsächlich bei Kindern, auch späte Manifestation möglich • Genetischer Background • Immunreaktion gegen Gliadin • Variabler Verlauf • Oligosymptomatische Formen relativ häufig