Uploaded by FaszinierendSpuerbarerEisbaer

loes1

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Technische Universität München
Zentrum Mathematik
Prof. Dr. Dr. Jürgen Richter-Gebert, Prof. Dr. Tim Hoffmann
Dr. Bernhard Werner, Lena Polke
Geometrie SoSe 2021
https://www.moodle.tum.de/course/view.php?id=66974
Lösungen zu Aufgabenblatt 1 (2021–04–19)
Aufgabe 1. Grundlagen
(a) Wie kann man in Standardeinbettung die homogenen Koordinaten des Ursprungs, der x-Achse und der y-Achse
bestimmen? Wie lauten sie?
(b) Kann jede Ebene im R3 als Einbettungsebene des R2 in den RP2 dienen?
(c) Wie bestimmt man die homogenen Koordinaten der Gerade im Unendlichen in einer Einbettung, die nicht die
Standardeinbettung ist?
(d) Gegeben zwei verschiedene Punkte P, Q im RP2 . Wie beweist man, dass P auf P ∨ Q liegt?
(e) Gegeben einen Punkt P und eine Gerade g im RP2 . Wie bestimmt man die Parallele zu g durch P ?
(f) Wie kann man die unten stehende Zeichnung eines Schachbretts projektiv korrekt vervollständigen?
1
(g) Betrachten Sie die unten stehende Abbildung. Ist die linke Punkt-Geraden-Konfiguration das Bild der rechten
unter einer projektiven Transformation?
(h) Gegeben seien ein Punkt Z und eine Gerade l im RP2 , die nicht inzident sind. Ist dann die Abbildung
P 7→ l × (Z × P )
eine projektive Transformation des RP2 ?
Lösung.
(a) Für einen Punkt (x, y) in der Zeichenebene
  bekommt man die homogenen Koordinaten durch Anhängen einer 1.
0
Für den Ursprung (0, 0) ist das also 0.
1
Geraden in der Zeichenebene sind durch Gleichungen der Form
ax + by + c = 0
gegeben. Die homogenen Koordinaten sind dann die Koeffizienten in der Gleichung. Die x-Achse ist
0 · x + 1 · y + 0 = 0,
 
0
also 1. Die y-Achse ist
0
1 · x + 0 · y + 0 = 0,
 
1
also 0.
0
(b) Punkte im RP2 sind eindimensionale Untervektorräume im R3 . Man kann sie mit Punkten der Zeichenebene
identifizieren, indem man diese Ebene in den R3 einbettet und mit den Untervektorräumen schneidet. Damit das
eineindeutig ist, darf die Einbettungsebene nicht durch den Ursprung laufen.
(c) Eine beliebige Ebene im R3 wird durch eine Gleichung der Form
ax + by + cz + d = 0
beschrieben. Die Ferngerade im zugehörigen RP2 wird durch diejenige Ebene beschrieben, die im R3 parallel zur
Einbettungsebene liegt. Also durch
ax + by + cz = 0.
Die homogenen Koordinaten einerprojektiven
Geraden sind durch den Normalenvektor der zugehörigen R3 -Ebene

a
gegeben. Also ist die Ferngerade  b .
c
(d) Die Verbindungsgerade ist
2

yP
 zP


 x
P × Q = − P
 zP

 xP
yP
yQ
zQ
xQ
zQ
xQ
yQ

 


yP zQ − zP yQ

 
 = zP xQ − xP zQ 

xP yQ − yP xQ


Die Inzidenz wird über das Skalarprodukt geprüft.
hP, P × Qi = xP (yP zQ − zP yQ ) + yP (zP xQ − xP zQ ) + zP (xP yQ − yP xQ )
= xP yP zQ − xP yQ zP + xQ yP zP − xP yP zQ + xP yQ zP − xQ yP zP
=0
Die Terme heben sich jeweils paarweise genau auf. Der Punkt liegt also auf der Verbindungsgerade, wie erwartet.
(e) Parallele Geraden schneiden sich im Unendlichen. Wenn wir die Ferngerade als gegeben voraussetzen, können wir
damit den Fernpunkt der Geraden g bestimmen. Die Parallele durch P ist dann
P ∨ (g ∧ l∞ ) = P × (g × l∞ ).
Wir könnten theoretisch auch P × g × l∞ schreiben. Für Vektoren wäre es dann nicht klar, wie zu multiplizieren
ist. Aber für geometrische Objekte ist es theoretisch kein Problem: P ∨ g bzw. P × g ist nicht definiert und ergibt
(im zweidimensionalen) keinen Sinn. Wir verwenden aber natürlich der Lesbarkeit halber trotzdem Klammern.
Wenn man obiges mit konkreten Koordinaten P = (x, y, z)T und g = (a, b, c)T in Standardeinbettung ausrechnet,
ist das Ergebnis

 

a
az

 =  b .
bz
−ax − by
− ax+by
z
Man sieht also (in Standardeinbettung), dass diese Gerade parallel zu g ist.
(f) Zur Lösung dieser Aufgabe muss man sich nur auf die grundlegenden Eigenschaften projektiver Geometrie besinnen. Projektive Transformationen bilden Geraden auf Geraden ab. Schnittpunkte von Geraden bleiben unter
diesen Transformationen erhalten. Euklidisch parallele Geraden schneiden sich im Unendlichen.
Sich gegenüberliegende Seiten des Schachbretts sind natürlich parallel. Ihre jeweiligen Schnittpunkte im Unendlichen werden unter der gewählten Perspektive (die praktisch eine projektive Transformation darstellt) sichtbar.
Die so bestimmten Schnittpunkte werden im untenstehenden Bild mit A und B bezeichnet.
Da der Schnitt von Geraden erhalten bleibt, lässt sich durch den Schnittpunkt der beiden Diagonalen der perspektivisch richtige Mittelpunkt M des Schachbretts bestimmen.
Die Gerade durch M A bzw. M B teilen dann das Schachbrett perspektivisch richtig in obere und untere bzw. rechte
und linke Spielbretthälfte ein, da sie Linien entsprechen, die parallel zum Rand verlaufen. Wiederholte Anwendung dieses Verfahrens bringt weitere Unterteilungen und somit schließlich das perspektivisch richtig gezeichnete
Schachbrett.
3
4
(g) Nein, ist sie nicht. Die Symmetrie in der rechten Zeichnung impliziert, dass die senkrechten Linien parallel sind.
Damit ist ihr gemeinsamer Fernpunkt kollinear zu der Spitze des „Hauses“ und dem Diagonalenschnittpunkt.
Konstruiert man das Bild des Fernpunkts in der linken Zeichnung, sieht man aber deutlich, dass er nicht kollinear
zu diesen beiden Punkten ist.
(h) Nein, ist sie nicht. Das geht an mehreren Stellen schief. Für P = Z ist das (Zwischen-)Ergebnis der Nullvektor und
somit ist die Abbildung nicht wohldefiniert. Und das Ergebnis ist immer ein Punkt, der inzident zu l ist. Damit
ist die Abbildung nicht surjektiv.
Aber! Es ist eine lineare Transformation, da das Kreuzprodukt bilinear ist. Konkret ist


0
−uz uy
0
−ux  · v
u × v =  uz
−uy ux
0
für alle Vektoren u, v ∈ R3 .
Aufgabe 2. Homogene Koordinaten
Betrachten Sie die abgebildete (x, y)-Ebene in Standardeinbettung im RP2 und zeichnen Sie die gegebenen Objekte ein.
(a) Punkte mit homogenen Koordinaten:
 
 
−7
3
p1 = −2
p3 = −5
1
−2
 
 
0
1
p2 = 0
p4 = 2
3
0
(b) Geraden mit homogenen Koordinaten:
 
 
 
2
−2
0
l1 =  3  l3 =  6  l5 =  0 
−6
−4
−5
 
 
 
−2
1
1
l2 =  6  l4 = 0
l6 = 2
2
2
0
5
Lösung.
a) Um die Punkte in die Ebene einzeichnen zu können, müssen sie dehomogenisiert werden. Dazu werden ihre
homogenen Koordinaten wie folgt umgeformt:
 
x
x
z
y  = z  y 
z
z
1
Im Einzelnen ergeben sich so:


3
p1 = 1 −2 ,
1
 
0
p2 = 3 0 ,
1
 1
32
p3 = −2 2 12 
1
Anschließend kann die dritte Koordinate weggelassen werden.
Der Punkt p4 befindet sich im Unendlichen und ist daher nicht direkt einzuzeichnen. Obiger Ansatz hätte eine
Division durch Null zur Folge. Lediglich die Richtung, in die er liegt, kann man durch einen Pfeil andeuten.
b) Um die Geraden in R2 zu bestimmen, gibt es verschiedene Ansätze. Man kann etwa für Vektoren (a, b, c) die
zugehörige Gleichung ax + by + c = 0 aufstellen und durch „scharf hinschauen“ zwei Punkte finden, die diese
Gleichung erfüllen und somit die Gerade definieren. So sieht man etwa, dass l2 die Gleichungen −2·1+6·0+2 = 0
sowie −2 · 4 + 6 · 1 + 2 = 0 erfüllt und daher die Verbindungsgerade von (1, 0)T mit (4, 1)T sein muss.
Alternativ kann man die Gerade auch durch Kreuzprodukte mit zwei beliebigen anderen, nicht parallelen Geraden
schneiden, um so zwei Punkte auf der Geraden zu erhalten. Schneidet man etwa die Gerade l1 mit der x- und
der y-Achse, so erhält man:
 
   
 
   
0
3
2
1
0
2
 3  × 0 = −3 2
 3  × 1 = 2 0
0
1
−6
0
1
−6
Die gesuchte Gerade ergibt sich wieder als Verbindung dieser Punkte.
Die Gerade l5 ist die Gerade im Unendlichen. Sie lässt sich nicht korrekt in die Skizze einzeichnen. Will man sie
dennoch veranschaulichen, kann man die Skizze verbiegen, um das Unendliche auch noch drauf zu quetschen.
Skizze als Lösung der Aufgabe
Verbogene Skizze mit Unendlichkeit
zur besseren Vorstellung
6
Aufgabe 3. Parallelogramm
Gegeben seien die homogenen Koordinaten der Punkte A, B und C. Zusammen mit
einem vierten Punkt D bilden diese ein Parallelogramm ABCD, wobei die Ecke D der
Ecke B gegenüber liegt. Geben Sie eine Formel an, mit der die homogenen Koordinaten
des Punktes D ausgerechnet werden können.
Lösung.
Homogene Koordinaten von Verbindungsgeraden lassen sich einfach über das Kreuzprodukt der homogenen Koordinaten von zwei Punkten bestimmen. So ist die Gerade a, die A mit B verbindet, wie folgt auszurechnen:
a=A×B
Parallele Geraden schneiden sich im Unendlichen. Der zugehörige Fernpunkt lässt sich als Schnitt einer Geraden mit
der Geraden im Unendlichen ermitteln. Für die Gerade a sei dies der Punkt P :
P = a × l∞
Die Gerade c durch C und parallel zu a ist jetzt gegeben als Verbindungsgerade dieses Fernpunktes P mit dem Punkt
C:
c=P ×C
Die Verbindungsgerade b von B und C, ihr Fernpunkt Q sowie die Parallele d durch A sind analog zu bestimmen:
b=B×C
Q = b × l∞
d=Q×A
Damit ergibt sich D als Schnitt zweier Geraden:
D =c×d
Das führt abschließend zu folgender Formel:
7
D = (((A × B) × l∞ ) × C) × (((B × C) × l∞ ) × A)

 
 
 

0
0
= (A × B) × 0 × C  × (B × C) × 0 × A
1
1
Aufgabe 4. Determinanten
a) Beweisen Sie folgende Gleichung:

a1
det a2
a3
b1
b2
b3
 *     +
c1
a1
b1
c1
c2  = a2  × b2  , c2 
c3
a3
b3
c3
Abgekürzt werden wir dies auch schreiben als det(a, b, c) = ha × b, ci mit a, b, c ∈ R3 .
b) Benutzen Sie dieses Ergebnis, um folgenden Satz zu beweisen:
Drei Punkte a, b, c liegen genau dann auf einer Geraden, wenn ihre homogenen Koordinaten die Gleichung
det(a, b, c) = 0 erfüllen.
c) Formulieren Sie einen entsprechenden Satz, der eine Aussage über drei Geraden macht, deren Determinante
verschwindet.
Lösung.
a) Die Gleichung lässt sich am einfachsten durch Entwicklung der Determinante nach der letzten Spalte beweisen:
a2
a
 a3 1
−
 a3
a1
a2
b2
b3
b1
b3
b1
b2

a1
a2
a3
b1
b2
b3
c1
a
c2 = c1 2
a3
c3
b2
a
− c2 1
b3
a3
b1
a
+ c3 1
b3
a2
b1
=
b2
*

 + *     +
a1
b1
c1
 c1
, c2  = a2  × b2  , c2 

c3
a3
b3
c3
b) Die Verbindungsgerade von a und b ist a × b. Der Punkt c liegt genau dann auf dieser Geraden, wenn das
Skalarprodukt mit ihr 0 ist, also ha × b, ci = det(a, b, c) = 0 gilt.
Der Sonderfall a = b, wo die Verbindungsgerade nicht existiert und das Kreuzprodukt den Nullvektor ergibt,
passt auch ins Bild: In diesem Fall gibt es nur zwei unterschiedliche Punkte, und zwei Punkte liegen immer auf
einer Geraden. Skalarprodukt mit dem Nullvektor sowie Determinante mit zwei linear abhängigen Spalten ergibt
jeweils 0.
c) Drei Geraden a, b, c treffen sich genau dann in einem Punkt, wenn ihre homogenen Koordinaten die Gleichung
det(a, b, c) = 0 erfüllen.
Aufgabe 5. Projektive Transformationen
a) Gegeben sei eine allgemeine projektive Transformation in RP2 , repräsentiert durch die Matrix M ∈ R3×3 . Diese
bildet Punkte der projektiven Ebene auf Punkte der projektiven Ebene ab. Beweisen Sie, dass die transponierte
adjunkte Matrix zu M , wie sie unten angegeben ist, die gleiche Abbildung repräsentiert, wenn man sie auf die
homogenen Koordinaten von Geraden anwendet. Zeigen Sie dazu, dass die Inzidenzrelation von transformierten
Punkten und Geraden mit der Inzidenz vor der Transformation übereinstimmt.


a
M = d
g
b
e
h

c
f
i
e
h


adj(M ) = 
−

b
h
T
8
f
i
b
e
−
c
i
c
f
d
g
a
g
−
a
d
f
i
c
i
c
f
d
g
a
−
g
a
d
e
h
b
h
b
e






Gegeben seien die folgenden Punkte in homogenen Koordinaten.
a = (1, 0, 0)T
b = (0, 1, 0)T
c = (0, 0, 1)T
d = (1, 1, 1)T
p1 = (2, −1, 1)T
p2 = (−1, 2, 1)T
p3 = (0, 0, 1)T
p4 = (1, 1, 1)T
p01 = (1, −1, 1)T
p02 = (2, 2, 1)T
p03 = (−1, 1, 1)T
p04 = (1, 1, 1)T
Bestimmen Sie eine projektive Transformation M ∈ R3×3 , die die Punkte p1 , p2 , p3 , p4 auf die Punkte p01 , p02 , p03 , p04
abbildet, d.h. [M · pi ] = [p0i ] für i = 1, . . . , 4. Gehen Sie dabei wie folgt vor.
b) Bestimmen Sie eine projektive Transformation M1 , die die Punkte a, b, c, d auf die Punkte p1 , p2 , p3 , p4 abbildet.
c) Bestimmen Sie eine projektive Transformation M2 , die die Punkte a, b, c, d auf die Punkte p01 , p02 , p03 , p04 abbildet.
d) Bestimmen Sie M .
Lösung.
a) Zu zeigen ist, dass die Inzidenzrelation erhalten bleibt, wenn ein Punkt p mit der Matrix M abgebildet wird, und
die Gerade l mit der Matrix adj(M )T . Die Inzidenzrelation wird wie immer über das Skalarprodukt ausgedrückt.
M p, adj(M )T l = 0
⇔
hp, li = 0
Es lässt sich zeigen, dass die beiden Skalarprodukte proportional zueinander sind, und der Proportionalitätsfaktor
die Determinante der Matrix ist.
M p, adj(M )T l = (M p)T · (adj(M )T l) = pT M T adj(M )T l = pT (det(M )E3 )l = det(M ) hp, li
Wenn einem die Gleichung M T adj(M )T = det(M )E3 nicht bereits aus der linearen Algebra bekannt ist, kann
man sie entweder allgemein beweisen oder in diesem konkreten Fall direkt ausrechnen. Hier sei die konkrete
Rechnung gezeigt.
Betrachtet man den Eintrag in der linken oberen Ecke des Ergebnisses, so errechnet sich dieser als Skalarprodukt
der ersten Zeile von M T mit der ersten Spalte von adj(M )T . Die erste Zeile von M T ist natürlich die erste Spalte
von M . Das entstehende Skalarprodukt kann man auch als eine Determinantenentwicklung auffassen.

e
*a  h

d , − b
 h

g
b

f
i
c
i
c
f
e
+
a

 = d


g
b
e
h
c
f
i
Analog kann man auch alle anderen Einträge im Ergebnis als Determinanten schreiben.

a
d
g



b
M T adj(M )T = 
 he


c
f
i
b
e
h
c
f
i
a
− d
g
a
d
g
c
f
i
a
d
g
a
d
g
b
e
h
c
f
i
b
− e
h
a
d
g
c
f
i
b
e
h
a
d
g
b
e
h
c
f
i
c
− f
i
a
d
g
c
f
i
c
f
i
a
d
g
b
e
h





1
b 
e  = det(M ) 0

h 
0

b 
0
1
0

0
0
1
e
h
Daher eignet sich adj(M )T als Transformationsmatrix zur Abbildung von Geraden. Diese Matrix lässt sich ohne
−1
.
Division aus M berechnen, im Unterschied zu M T
b) Gesucht ist eine Matrix M ∈ R3×3 mit det(M ) 6= 0 und Spalten m1 , m2 , m3 :


|
|
|
M = m1 m2 m3 
|
|
|
9
Diese Matrix soll die Punkte entsprechend der Aufgabe abbilden. Durch die besonders einfachen Vektoren a, b, c
kann man daraus direkt die Spalten der Matrix ablesen, bis auf ein skalares Vielfaches:
[M1 · a] = [m1 ] = [p1 ]
=⇒
m1 = λ · p1 ,
[M1 · b] = [m2 ] = [p2 ]
=⇒
m2 = µ · p2 ,
[M1 · c] = [m3 ] = [p3 ]
=⇒
m3 = τ · p3 ,
Wendet man die Matrix, soweit sie bisher bekannt ist, auf den Punkt [d] an, so soll das Ergebnis ein Repräsentant
von [p4 ] sein. Da die gesamte Matrix nur bis auf skalare Vielfache eindeutig bestimmt ist, kann man diesen
Repräsentanten frei wählen, und am einfachsten p4 selbst verwenden:
[M1 · d] = [m1 + m2 + m3 ] = [p4 ]
m1 + m2 + m3 = λ · p1 + µ · p2 + τ · p3 = p4 .
=⇒
Dies definiert ein lineares Gleichungssystem für λ, µ, τ :

    
|
|
|
λ
|
p1 p2 p3  · µ = p4 
|
|
|
τ
|
Jetzt kann man konkrete Werte einsetzen und das Gleichungssystem lösen:

    
   
2 −1 0
λ
1
λ
1
−1 2 0 · µ = 1
µ =  1 
1
1 1
τ
1
τ
−1
Somit ist ein geeigneter Repräsentant von M1 gefunden:

2 −1
M1 = −1 2
1
1

0
0
−1
c) Das Gleichungssystem für die zweite Teilaufgabe lautet analog

1
−1
1
  1  
1
λ
4
µ =  1  ∼ 2
2
1
1
τ
    
2 −1
λ
1
2 1  · µ = 1
1 1
τ
1
4
Da skalare Vielfache der gesamten Matrix keinen Unterschied machen, kann man gleich einen geeigneten ganzzahligen Repräsentanten angeben.


1 4 −1
M2 = −1 4 1 
1 2 1
d) M kann man jetzt beschreiben als eine Transformation, die erst p1 , . . . , p4 auf a, . . . , d abbildet und dann diese
Punkte auf p01 , . . . , p04 abbildet. Zweiteres ist M2 , ersteres die inverse Abbildung zu M1 . Diese kann man durch
die inverse Matrix darstellen, oder alternativ über die adjunkte Matrix, da sich diese nur durch einen skalaren
Vorfaktor von der inversen Matrix unterscheidet. (Siehe Aufgabe a).)


2
0
−1
0
−1 0


−
1 −1
1
−1
2
0
−2 −1 0



0
2
0
2
0 
−1 −2 0
−
adj(M1 ) = − −1
1 −1
−1 0  =
 1 −1

−3 −3 3
−1
1

1
M = M2 · adj(M1 ) = −1
1
2
1
−
2
1
−1
1
 
4 −1
−2
4 1  · −1
2 1
−3
2
−1
−1
2
 
−1 0
−3
−2 0 = −5
−3 3
−7
 
−6 −3
3
−10 3  ∼ 5
−8
3
7
6
10
8

3
−3
−3
Es empfiehlt sich natürlich, zur Probe nachzurechnen, ob die Matrix tatsächlich die Punkte wie in der Angabe gefordert
abbildet.
10
Aufgabe 6. Euklidische Transformationen
Bestimmen Sie Matrizen aus R3×3 , die die folgenden Transformationen auf homogenen Koordinaten beschreiben.
a) Eine Spiegelung an der Geraden x = 3.
b) Eine Drehung um 180◦ um den Ursprung.
c) Eine Drehung um 90◦ gegen den Uhrzeigersinn um den Punkt (4, 7)T .
d) Eine Drehung um den Ursprung, die den Punkt (9, 12)T auf die x-Achse abbildet.
e) Eine Spiegelung an der Geraden durch die Punkte (2, −4)T und (−6, 2)T .
Hinweis: Alle Matrizen sind mit ganzen Zahlen als Einträgen darstellbar. Die Verwendung von mit dem Taschenrechner
berechneten Dezimalbrüchen kann vermieden werden. Die Zahlen sind so gewählt, dass sich die Matrizen auch ohne
Taschenrechner bestimmen lassen.
Lösung.
Alle Operationen werden als Verkettungen von primitiven affinen Abbildungen dargestellt. Die Verkettungen stellen
sich jeweils als Produkt mehrerer Matrizen dar. Dabei ist immer die rechte Matrix diejenige Abbildung, die zuerst auf
den Punkt angewandt wird.
Warum die Reihenfolge so sein muss, sieht man schnell, wenn man sich die Anwendung der Transformation als Multiplikation einer Matrix mit einem Vektor vorstellt: (M3 · M2 · M1 ) · p = M3 · (M2 · (M1 · p)). Die rechte Matrix wird
zuerst mit dem Vektor multipliziert.
a) Verkettung von einer Verschiebung, einer Spiegelung an der y-Achse und der
 



−1
1 0 −3
−1 0 0
1 0 3
0 1 0  0 1 0 0 1 0  =  0
0
0 0 1
0 0 1
0 0 1
inversen Verschiebung.

0 6
1 0
0 1
b) Man kann hier entweder die kanonische Drehmatrix verwenden, oder sich direkt überlegen, dass eine Drehung
um 180◦ eine Punktspiegelung und somit eine Streckung um den Faktor −1 ist.

 

−1 0 0
cos π − sin π 0
 sin π
cos π 0 =  0 −1 0
0
0 1
0
0
1
c) Verschiebung des Drehzentrums in

1 0
0 1
0 0
den Ursprung, dann die Drehung, und dann die inverse Verschiebung.



 
0 −1 11
4
0 −1 0
1 0 −4
3
7 1 0 0 0 1 −7 = 1 0
0 0 1
0 0
1
0 0 1
1
d) Das Steigungsdreieck
√ des Punktes hat Katheten, die sich direkt aus den Koordinaten ablesen lassen, und eine
Hypothenuse von 92 + 122 = 15. Sei ϕ der Winkel der gesuchten Drehung, die den Punkt auf die x-Achse
abbildet, so finden sich Sinus und Kosinus des negativen Winkels aus den Längen des Dreiecks: sin(−ϕ) = 12
15
9
und cos(−ϕ) = 15
. Damit kann man die Drehung beschreiben:

  9
 

12
0
cos ϕ − sin ϕ 0
9
12 0
15
15
 sin ϕ cos ϕ 0 = − 12 9 0 ∼ −12 9 0 
15
15
0
0
1
0
0 15
0
0 1
e) Hier kann man eine Translation, die einen der Punkte in den Ursprung verschiebt, kombinieren mit einer Drehung,
die den anderen Punkt auf eine der Koordinatenachsen dreht, und einer Spiegelung an dieser Achse. Drehung
und Verschiebung müssen anschließend noch rückgängig gemacht werden. Verschiebt man den ersten Punkt
in den Ursprung, so landet der zweite auf (−8, 6)T . Die Drehung auf die x-Achse kann man dann wie in der
vorangegangenen Teilaufgabe bestimmen.





 

1 0 2
−8 −6 0
1 0 0
−8 6
0
1 0 −2
28 −96 −240
0 1 −4  6 −8 0  0 −1 0 −6 −8 0  0 1 4  = −96 −28 −320
0 0 1
0
0 10
0 0 1
0
0 10
0 0 1
0
0
100
11
Aufgabe 7. Fixpunkte und Fixgeraden
a) Überlegen Sie sich, wie man allgemein die Fixpunkte und Fixgeraden von projektiven Transformationen bestimmt. Beachten Sie dabei, dass Vielfache eines homogenen Koordinatenvektors dasselbe Objekt beschreiben.
b) Was ist der Unterschied zwischen einer Fixgerade und einer Fixpunktgerade einer projektiven Transformation?
Finden Sie Beispiele für beides.
c) Bestimmen Sie die Fixpunkte der folgenden Abbildung in RP2 :
 

 
x
15 12 0
x
y  7→  3 15 0 y 
z
0 0 3
z
d) Bestimmen Sie die Fixpunkte der folgenden Abbildung
 

x
1
y  7→  2
z
−2
in RP2 :
 
1 −1
x
2 −1 y 
1 0
z
Lösung.
a) Für einen Fixpunkt [P ] einer Transformation [M ] muss die Gleichung
[M P ] = [P ]
gelten. Auf Repräsentantenebene heißt das, dass
M P = λP
für ein passendes λ ∈ R× . Fixpunkte von Transformationen sind also Eigenvektoren der zugehörigen Matrix zu
einem beliebigen Eigenwert ungleich Null. Zu beachten ist, dass jeder eindimensionale Eigenraum der Matrix
einem einzelnen Fixpunkt enspricht. Jeder zweidimensionale Eigenraum entspricht einer Fixpunktgeraden.
Da Transformationen M auf Geraden durch
l 7→ M −T l
operieren, sind Fixgeraden einfach Eigenvektoren von M −T .
b) Eine Fixgerade bleibt als Ganzes fest, aber jeder Punkt auf der Gerade kann sich ändern. Bei einer Fixpunktgerade
ist jeder einzelne Punkt ein Fixpunkt. Jede Fixpunktgerade ist eine Fixgerade, aber nicht anders herum.
Betrachtet man z.B. die Scherung

1
0
0
42
1
0

0
0 ,
1
so ist jede Parallele zur x-Achse eine Fixgerade, aber nur die x-Achse selbst ist eine Fixpunktgerade.
c) Ein Fixpunkt p in RP2 ist ein Punkt, dessen homogene Koordinaten nach Anwendung der Abbildung in der
gleichen Äquivalenzklasse liegen, also ein skalares Vielfaches der ursprünglichen homogenen Koordinaten sind:
M p = λp. Daher ist jeder Eigenvektor ein Repräsentant eines Fixpunktes.
Man muss also wieder die Eigenwerte und Eigenvektoren einer Matrix bestimmen, und erhält dadurch drei
Eigenvektoren:
√
30 ± 900 − 756
= 15 ± 6
MP = (3 − x)((15 − x)2 − 36) = (3 − x)(x2 − 30x + 189)
λ2,3 =
2
ker
12
3
0
12
12
0
λ1 = 3
0
0
= span
1
 
0
v1 = 0
1
0
0
0
ker
6
3
0
12
6
0
λ2 = 9
−2
1
= span
0
 
−2
v2 =  1 
0
0
0
−6
ker
−6
3
0
12
−6
0
λ3 = 21
2
1
= span
0
 
2
v3 = 1
0
0
0
−18
Es gibt also drei Fixpunkte, von denen einer im Ursprung der Zeichenebene liegt, und zwei sind Fernpunkte.
12
d) Auch hier entsprechen die Fixpunkte den Eigenvektoren der Matrix.
MP =
1−λ
2
−2
−1
−1 = −x3 + 3x2 + x − 3
−λ
1
2−λ
1
Hier sieht man nicht so leicht einen der Faktoren des charakteristischen Polynoms, wie das bei der vorherigen
Teilaufgabe der Fall war. Man kann jedoch durch Ausprobieren recht leicht beispielsweise λ1 = 1 als Nullstelle
raten.
− λ3 + 3λ2 + λ − 3 = (λ − 1)(−λ2 + 2λ + 3)
−(− λ3 + λ2 )
√
2λ2 + λ
−2 ± 4 + 12
−( 2λ2 − 2λ )
λ2,3 =
=1±2
−2
3λ − 3
− ( 3λ − 3 )
0
ker
0
2
−2
1
1
1
λ1 = 1
0
1
= span
1
 
0
v1 = 1
1
−1
−1
−1
ker
2
2
−2
1
3
1
λ2 = −1
1
0
= span
2
 
1
v2 = 0
2
−1
−1
1
13
ker
−2
2
−2
1
−1
1
λ3 = 3
1
2
= span
0
 
1
v3 = 2
0
−1
−1
−3
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