Uploaded by tgfygvanmuoztipped

EÖR II Gesamtzsfg. 11. Auflage

advertisement
Begriff, Wesen und Grundsätze des Völkerrechts
„Völkerrecht umfasst jene Rechtsvorschriften, welche die Beziehungen zwischen Völkerrechtssubjekten regeln & NICHT dem autonomen Recht
(durch die Organe der mittelbaren Staatsverwaltung) eines dieser Völkerrechtssubjekte zugehören“.
1. Grundsatz des Gewaltverbots
Unterlassung von internationaler Androhung & Anwendung von Gewalt
2. Grundsatz der friedlichen Streitbeilegung
internationale Streitigkeiten sind mittels friedlicher Mittel zu lösen
3. Grundsatz des Interventionsverbots
KEIN Recht, in die Angelegenheiten eines anderen Staates einzugreifen
4. Grundsatz der internationalen Zusammenarbeit
5. Grundsatz der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker
Recht, ohne äußeres Einmischen über den eigenen politischen Status zu
entscheiden . . . . .und die wirtschaftliche, soziale & kulturelle Entwicklung zu gestalten
6. Grundsatz der souveränen Gleichheit der Staaten
gleiche Rechte & Pflichten
7. Grundsatz von Treu und Glauben
völkerrechtliche Aufgaben sind unter Achtung der Gemeinschaftswerte &
. . . . . Interessen der anderen Mitglieder zu erfüllen
ergeben sich aus der Charta der Vereinten Nationen & vielen anderen internationalen Rechtsakten
Quellen des Völkerrechts
Allgemeines
Völkerrecht fehlt es an einem zentralen Rechtssetzungsorgan (dezentrale Rechtssetzung durch die Staaten selbst)
Im Völkerrecht herrscht vielmehr das Konsensprinzip (= „Zustimmung OHNE Gegenstimmen“)
Bindung einer Völkerrechtsbestimmung ist grundsätzlich von seiner Zustimmung abhängig
z. B. Generalversammlung der Vereinten Nationen hat KEINEN Gesetzgebungscharakter, die Resolutionen des Sicherheitsrates der Ver. N. jedoch schon
wichtigste Quellen des Völkerrechts laut dem Internationalen Gerichtshof (IGH):
-
internationale Übereinkünfte, in denen Regeln festgelegt wurden
internationales Gewohnheitsrecht
durch Kulturvölker anerkannte allgemeine Rechtsgrundsätze
richterliche Entscheidungen & bestimmte Lehrmeinungen von Völkerrechtlern
Völkerrechtsquellen grundsätzlich alle gleichwertig, bis auf zwingende Bestimmungen (ius cogens), die von der Gemeinschaft der Mitglieder anerkannt
werden müssen (z. B. Gewaltverbot, fundamentale Menschenrechte)
Die Völkerrechtsquellen im Überblick
1. Völkerrechtliche Verträge
quantitativ bedeutender Teil
bilaterale Verträge = Verträge, die zwischen zwei Vertragsparteien abgeschlossen werden
multilaterale Verträge = Verträge, die zwischen mind. 3 Vertragsparteien abgeschlossen werden
formelles Völkerrecht bezeichnet jene Rechtsvorschriften, die den Abschluss, die Änderung, Anwendung, Auslegung & Beendigung von
völkerrechtlichen Verträgen regeln
Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge (WVK) kodifiziert Rechtsvorschriften für völkerrechtliche Verträge zwischen Staaten
jeder Staat besitzt die Fähigkeit, Verträge abzuschließen
(WVK II über Verträge zwischen Staaten und Internationalen Organisationen ist noch NICHT in Kraft getreten)
2. Völkergewohnheitsrecht
2
Elemente des Völkergewohnheitsrechts
dauernde, einheitliche Ausübung durch mehrere MS
Rechtsüberzeugung
„Völkerrecht bindet auch jene Staaten, die am Entstehungsprozess NICHT beteiligt waren, es sei denn, sie haben der Vorschrift ausdrücklich
widersprochen“.
z. B. Anerkennung des Luftraumes als Staatsgebiet, Selbstbestimmungsrecht der Völker, Schutz von auf dem Staatsgebiet zugelassenen Ausländern;
3. Allgemeine Rechtsgrundsätze
Ermittlung durch Rechtsvergleichung
Vorrang völkerrechtlicher Verträge & Völkergewohnheitsrecht
z. B. Schadenersatzverpflichtung, Prinzip der Verjährung;
4. Richterliche Entscheidungen und Lehrmeinungen
richterliche Entscheidungen & Lehrmeinungen als NICHT verbindliche Hilfsmittel / Rechtserkenntnisquellen
Subjekte des Völkerrechts
Übersicht
„Staaten & der Heilige Stuhl sind originäre Völkerrechtssubjekte. Sie wurden
von KEINEN anderen Völkerrechtssubjekten geschaffen. Internationale
Organisationen, transnationale Unternehmen & gegebenenfalls Einzelpersonen (z.
B. Rechtseinräumung durch Menschenrechtsabkommen) sind derivate / abgeleitete
Völkerrechtssubjekte, die von anderen V.s. geschaffen wurden“.
-
|
.
Staaten
= dauerhafte Einrichtung, die über ein Staatsvolk, Staatsgebiet & eine unabhängige Staatsgewalt (Regierung) verfügt
NICHT von der Anerkennung durch andere Staaten abhängig (rein deklatorischer Charakter; andere Staaten sind allerdings NICHT zur diplomatischen Beziehung verpflichtet;)
1. Staatsvolk
= Summe jener Menschen, die der Personalhoheit eines bestimmten Staates unterstehen & die zu diesem Staat in einem wechselseitigen
Treueverhältnis stehen (KEINE Fremden – innerstaatliches Fremdengesetz; KEINE Staatenlose (halten sich auf dem Gebiet eines anderen Staats auf –
Staatslosenübereinkommen)
Prinzip „ius sanguinis“
Staatsbürgerschaft des Kindes folgt der Staatsbürgerschaft der Eltern
z. B. Österreich, EuGH;
Prinzip „ius soli“
Staatsbürgerschaft wird den auf dem Staatsgebiet geborenen Personen verliehen
Gründungsstaat = juristische Personen gehören jenem Staat an, in dem sie gegründet wurden
z. B .Österreich
Sitzstaat = juristische Personen gehören jenem Staat an, in dem sie ihren Sitz haben
z. B. früher Österreich
Betätigungsstaat = juristische Personen gehören jenem Staat an, in dem sie tatsächlich tätig sind
diplomatisches Schutzrecht = Rechte & Interessen der Staatsangehörigen werden durch den Staat vor drohenden Verletzungen durch andere
.Völkerrechtsubjekte mit diplomatischen Mitteln geschützt
2. Staatsgebiet
Landgebiet + Luftraum + Küstenmeer
(Staatsgebiet muss räumlich NICHT zusammenhängen)
3. Staatsgewalt
= Recht zur Ausübung der höchsten, völkerrechtsunmittelbaren Gewalt über Personen & Sachen (KEINE Unterwerfung ALLER Personen & Sachen Ausnahme: Immunitäten)
Völkerrechtsunmittelbarkeit
Staaten sind KEINER anderen Autorität als dem Völkerrecht unterworfen
Handlungsfähigkeit eines Staates kann beschränkt sein
Marionettestaaten = Staaten, die extrem abhängig von anderen Staaten sind
z. B. Nordzypern von der Türkei
„Weil ein einstimmiger Beschluss in einer Internationalen Organisation so gut wie nie zustande kommen würde, einigte man sich auf das
Mehrstimmigkeitsprinzip unter gleichzeitiger Verminderung / Ausschaltung rechtlicher Bindungswirkung derartiger Mehrheitsbeschlüsse für
überstimmte Staaten“.
gescheiterte Staaten = rechtsfähige, aber NICHT mehr handlungsfähige Staaten aufgrund eines Zusammenbruchs des Staatsmonopols
Einsätze durch die Vereinten Nationen
z. B. Afghanistan
4. Entstehen und Untergehen von Staaten
Losreißung vom Mutterland (Sezession), Zusammenschluss mehrerer Staaten zu einem Neustaat, Bildung eines Neustaats auf staatemlosen Gebiet
ausdrückliche Anerkennungen eines Staates durch andere Staaten ist zwar politisch bedeutend, NICHT aber völkerrechtlich
Gerichte entscheiden, ob ein souveräner Staat vorliegt
Annexion = Auflösung eines Staates durch die gewaltsame Einverleibung durch einen anderen Staat (völkerrechtswidrig)
Internationale Organisationen
Mitglieder der IOs sind idR
Staaten
1. Allgemeines
Internationale Organisationen (IO) als institutionelle Einrichtungen die auf
völkerrechtlichen Verträgen basieren, auf Dauer eingerichtet sind (= Ad-hocInstitutionen) & Verträge sowie verbindliche Beschlüsse verfassen
KEINE IOs sind Non-Govermental Organizations (NGOs)
z. B. WTO, EU;
Vollmitgliedschaft
oder
abgeschwächte Rechts- & Pflichtverhältnisse
Assoziierung
Beobachterstatus
(bloß Rede-, KEIN Stimmrecht)
regelmäßige „Vollversammlungen“, in denen alle Mitgliedsstaaten vertreten sind
idR hat jeder MS ein Stimmrecht
Ausnahme: IWF & Weltbank – Stimmrecht gewichtet nach den Kapitaleinlagen
EU
UNO
NATO OSZE EAG
Europarat NAFTA
supranationale Organisationen = Organisationen mit höherem Organisationsgrad
2. Die Vereinten Nationen
Ziel: Bemühen um Friedensschaffung, Friedenssicherung, internationale Zusammenarbeit & Gewährleistung fundamentaler Rechte des Einzelnen
a) Vom Völkerbund zu den Vereinten Nationen
„Nach dem Scheitern der ersten Weltfriedensorganisation von 1919, die von der 14-Punkte-Erklärung ausging, trat im Oktober 1945 die Satzung
der Vereinten Nationen (SVN) in Kraft. Heute zählt die UNO 193 Mitglieder. Österreich ist seit 1955 dabei“.
b) Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen
Gewaltverbot
Grundsatz zur Verpflichtung zur friedlichen Streitbeilegung
Selbstbestimmungsrecht der Völker
Grundsatz der souveränen Gleichheit
c) Die Organe der Vereinten Nationen
Nebenorgane (Ausschüsse) werden durch die Generalversammlung & den
Sicherheitsrat eingerichtet
decken den Funktionsbereich von dem Hauptorgan ab, das sie geschaffen hat
6
Hauptorgane der Vereinten Nationen:
Generalversammlung
Sicherheitsrat
= „Basisorgan“ der Vereinten Nationen
= „Hauptverantwortlicher für die Aufrechterhaltung des Weltfriedens &
. . . . . . . der internationalen Sicherheit“
jeder MS hat eine Stimme (KEINE
Stimmgewichtung – Grundsatz der
Gleichheit)
5 ständige Mitglieder: China, Frankreich, Russland, Großbritannien, USA;
(Vetorecht)
10 NICHTständige Mitglieder – jeweils für 2 Jahre gewählt (unmittelbare
Wiederwahl NICHT möglich)
NICHT bindende Akten & bindende
Akten (z. B. Genehmigung des
Haushaltsplans, Wahl der nichtständigen
Mitglieder des Sicherheitsrates)
Verfahrensfragen: Zustimmung von 9 Mitgliedern
sonst: Zustimmung aller ständigen Mitlieder - Zustimmung insg. von 9
Mitgliedern
normalerweise: einfache Mehrheit
wichtige Fragen: 2/3 Mehrheit
Nebenorgane & Spezialorgane (z. B.
UNICEF)
Wirtschafts- & Sozialrat
Treuhandrat
Internationaler Gerichtshof
Sekretariat
= „Hauptorgan der Rechtsprechung der Vereinten Nationen“
= „Administrativorgan der Vereinten Nationen“
bei NICHTbefolgung verleiht der Sicherheitsrat den Urteilen
Wirksamkeit
Generalsekretär, der auf Empfehlung des
Sicherheitsrats von der Generalversammlung gewählt
wird
nur Staaten als Parteien vor dem IGH
Zuständigkeit: Unterwerfungserklärung oder generelle
Anerkennung der Jurisdiktion des IGH
berichtspflichtig
macht Sicherheitsrat auf Vorgänge aufmerksam
wird selbst politisch tätig, wenn die übrigen Organe zu
KEINEM Ergebnis gelangen
d) Instrumente der Friedenssicherung
Spannungsverhältnis zwischen dem Gewaltverbot und dem Gebot der Respektierung innerer Angelegenheiten der MS
Beschlüsse des Sicherheitsrates sind zulässig, wenn der internationale Frieden gefährdet zu sein scheint
umstritten, ob dritte Staaten bei Fehlen entsprechender Sicherheitsratsbeschlüsse eingreifen dürfen
Eingriff bei Menschenrechtsverletzungen jedenfalls gestattet
System kollektiver Sicherheit
Einbeziehung potenzieller Kriegsgegner in die gemeinsame Struktur zur gewaltfreien Konfliktlösung
Unterschied zur NATO: lediglich Konfliktbewältigung für innere Gefahren geregelt
Feststellung eines Bedrohungsszenarios durch den Sicherheitsrat
Selbstverteidigungsrecht
Sanktionsinstrumente
verbindliche Einleitung von Maßnahmen, Sanktionsmaßnahmen & Co.
durch den Sicherheitsrat
Naturrecht der Selbstverteidigung bis zur Maßnahmenergreifung zur Sicherung des Weltfriedens
durch den Sicherheitsrat unberührt
z. B. Boykott-Maßnahmen zur Unterbrechung wirtschaftlicher Beziehungen
genügen die friedlichen Maßnahmen des Sicherheitsrates NICHT, so können Luft-, See- oder Landstreitkräfte eingesetzt werden
die Vereinten Nationen verfügen über KEINEN eigenen Militärapparat – verpflichtende Bereitstellung durch die MS
Observing & Peacekeeping Forces („Blauhelme“) finden in der SVN KEINE explizite Erwähnung, Vorgehen wird jedoch durch den IGH bestätigt
Entsendung erfordert das Einverständnis der Streitparteien
Ausgewählte Regelungsbereiche des materiellen Völkerrechts
Internationaler Menschenrechtsschutz
1. Internationale Abkommen
-
Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR)
Reaktion auf den 2. Weltkrieg, NICHT bindend
-
Internationaler Pakt über bürgerliche & politische Rechte (IPBPR)
Bindungswirkung – Überwachung durch den UN-Menschenrechtsausschuss
Mitglieder des 1. Zusatzprotokolls: Möglichkeit einer Individualbeschwerde
-
Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale & kulturelle Rechte (IPWSKR)
Bindungswirkung – Überwachung durch den Ausschuss für wirtschaftliche, soziale & kulturelle Rechte
Inkraftsetzung des Fakultativprotokolls ermöglicht Individualbeschwerde & Staatenbeschwerdeverfahren
-
Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK)
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)
Staatenbeschwerde & Individualbeschwerde möglich
Beitritt der EU zur EMRK ist lt. EuGH UNvereinbar mit der Autonomie des Unionsrechts
2. Human Rights Clauses in internationalen Verträgen der EU
= Menschenrechtsklauseln in internationalen Verträgen
Durchsetzung mithilfe von Wirtschaftssanktionen
„Im Rahmen der EU bedarf es zur Erlassung von Wirtschaftssanktionen im Hinblick auf die Kompetenzaufteilung eines Beschlusses des Rates der EU
sowohl im Rahmen der GASP als auch im Rahmen der Gemeinsamen Handelspolitik“.
Internationales Umweltrecht
Vielzahl multilateraler Abkommen (MEA)
z. B. USA hat das Kyoto-Protokoll zwar unterzeichnet, aufgrund der Wirtschaftsfeindlichkeit aber NICHT ratifiziert
Kyoto-Protokoll: Konflikt um die Angemessenheit des Mitteleinsatzes
MEA kollidieren mit dem Welthandelsrecht bzw. im Allgemeinen mit dem Problem des Normkonflikts (= mehrere anwendbare Rechtsnormen, die einander
widersprechen) im Völkerrecht
Internationales Strafrecht
1. Extraterritoriale und internationale / universelle Gerichtsbarkeit
Prinzip der territorialen Gerichtsbarkeit = Recht des Staates zur Verfolgung strafbarer Handlungen, die auf seinem Staatsgebiet begangen wurden
Verfolgung
generalpräventiver
Interessen der
Weltgemeinschaft
extraterritoriale Gerichtsbarkeit = „bestraft wird NICHT im Ausland, sondern im Inland, aber für ein Verhalten im Ausland“
universelle Gerichtsbarkeit = Verfolgung eines Ausländers für Verbrechen, die er in einem anderen Staat begangen hat
= Völkergewohnheitsrecht
= Völkerstrafrecht
2. Kriegsverbrechertribunale
Tribunat
sachlich & zeitlich begrenztes Mandat
Ableitung der Zuständigkeit jener Staaten, die sie einsetzen
= Ad-hoc-Gerichtshöfe, die für einen bestimmten Zeitraum (NICHT permanent) zur Verfolgung eines bestimmten Sachverhalts eingerichtet werden
Ausübung der Gerichtsbarkeit durch eingerichtete Internationale Organisationen
1. Kriegsverbrechertribunale von 1945 – 1949 in Nürnberg, das aus zwei Verfahren gegen 200 Kriegsverbrecher / Nazis bestand
Ausgangspunkt für die Einrichtung eines ständigen internationalen Strafgerichts (ICC)
Internationaler Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien
Die Aufgaben der beiden bereits
eingestellten Gerichte wurden durch die
Internationale Residualmechanismus Adhoc-Strafgerichtshöfe (MICT)
übernommen.
Unterbehörde des Internationalen Gerichtshofs
Schaffung auf Resolution des Sicherheitsrates
Internationales Kriegsverbrechertribunal für Ruanda
Schaffung aufgrund mehrerer Sicherheitsratsresolutionen
3. Der Internationale Strafgerichtshof
Internationaler Strafgerichtshof (ICC)
permanente Internationale Organisation zur Verfolgung von Völkermord, Menschlichkeits-,
Kriegs- & Aggressionsverbrechen
Sitz: Den Haag
Gründung: 1998
Rechtsgrundlage: Rom-Statut von 1998
KEINE universelle Gerichtsbarkeit – erst, wenn nationale Behörden NICHT tätig werden können oder wollen
Einbringung durch die Vertragspartei, den Sicherheitsrat oder eine unabhängige Verfolgungsbehörde
Recht der selbstständigen Verfahrenseinleitung
Rechtsdurchsetzung im Völkerrecht
Völkerrecht fehlt es an einem zentralen Rechtssetzungsorgan & effektiven Sanktionsmechanismen
Zuständigkeit der internationalen Rechtssprechungsorgane (z. B. Internationaler Gerichtshof) von der Zustimmung der beteiligten
Völkerrechtssubjekte abhängig
dezentrale Rechtsdurchsetzung im Völkerrecht: Staaten beurteilen selbst, ob eine Völkerrechtsverletzung vorliegt & ergreifen bejahendenfalls
selbst Maßnahmen
„Im Rahmen der Vereinten Nationen steht das System kollektiver Sicherheit zur Rechtsdurchsetzung zur Verfügung“.
Gemeinsame Außen- & Sicherheitspolitik der EU
Die Entwicklung einer gemeinsamen Außen- & Sicherheitspolitik
„Die Gemeinsame Handelspolitik war schon anfangs ein Eckpfeiler der EU. Die GASP kam erst mit der „zweiten Säule“ (EU-Vertrag 1993) hinzu. Die
GASP dient der Koordinierung der Mitgliedsstaaten in der UN & orientiert sich an der UN-Charta. Die Auswirkungen des Brexits auf die GASP sind
noch unklar“.
Wesen und Ziele der GASP
1. Intergouvernementalität und Rechtspersönlichkeit
Festlegung wesentlich im Vertrag über die Europäische Union (EUV)
Bereiche: Außenpolitik, Sicherheit der EU (z. B. gemeinsame Verteidigungspolitik)
intergouvernementale Organisation
Erfordernis der Einstimmigkeit (Ausnahmen)
EuGH wird weitgehend ausgeschlossen, da man auf die Souveränität zählt und nicht die Kontrolle unabhängigen, supranationalen Organen überlassen möchte
EU besitzt Rechtspersönlichkeit & kann völkerrechtliche Verträge abschließen, die die Organe der EU & MS binden können
2. Ziele und Mittel der GASP
loyale & solidarische Unterstützung der MS der GASP-Ziele
Einstimmigkeitsprinzip
Ausbau der Beziehungen zu Drittstaaten & Internationalen Organisationen, Wahrung ihrer Werte & Interesse, Sicherheit, Unabhängigkeit &
Unversehrheit, Friedenserhaltung, Stärkung internationaler Sicherheit, Förderung nachhaltiger Entwicklung, Integration aller Länder;
gemeinsame Verteidigungspolitik der EU, sobald der Rat der EU dies einstimmig beschließt
trotz Österreichs Neutralität wirkt Österreich an der GASP bei entsprechender Maßnahmenergreifung mit
Welche EU-Organe handeln in der GASP?
•
Europäischer Rat
Festlegung der strategischen Interessen & Ziele der GASP
•
Rates der EU
nähere Durchführung des Europäischen Rats
bei internationalen Situationen, die ein operatives Vorgehen der EU verlangen (beschränktes Mitwirkungsrecht der Europäischen Kommission & des
Europäischen Parlaments)
•
Hoher Vertreter
(früher Aufgaben des Europäischen Außenministers)
politischer Dialog mit Dritten, Vorsitz im Rat „Auswärtige Angelegenheiten“, Vizepräsident der Europäischen Kommission, Teilnahme an den Sitzungen
des Europäischen Rats
Zurverfügungstellung eines Europäischen Auswärtigen
•
Sonderbeauftragter
auf Vorschlag des Hohen Vertreters & durch Ernennung des Rats der EU
auf Verantwortung des Hohen Vertreters
•
Politisches & Sicherheitspolitisches Komitee (PSK)
Beobachtung & Überwachung der internationalen Lage / Durchführung; Leitung bei Krisenbewältigung;
•
Europäische Verteidigungsagentur im Rahmen der GSVP
Verteidigung, Forschung, Beschaffung, Rüstung;
Instrumente der GASP
„Dem Europäischen Rat steht die Möglichkeit offen, die allgemeinen Grundzüge der gesamteuropäischen Außenpolitik zu determinieren, wohingegen
der Rat der EU auf Basis dieser Vorgaben konkretere Durchführungshandlungen setzt“.
Instrumente:
-
allgemeine Leitlinien
Beschlüsse zur Festlegung durchzuführender Aktionen
Ausbau der systematischen Zusammenarbeit der MS bei Führung ihrer Politik
informelle Vorgehensweisen
1. Rechtscharakter der GASP-Akte
rechtlich bindende Akte, die im Teil „L“ des Amtsblattes der Europäischen Union veröffentlicht werden
2. Kompetenzen des Europäischen Rates
oberstes politisches Steuerungsgremium der EU & GASP
Beschlussfassung für die strategischen Interessen und Ziele der EU
3. Kompetenzen des Rates
Gestaltung der GASP
bindende Beschlüsse auf Basis der Leitlinien & Vorgaben des Europäischen Rates (z. B. zur GSVP)
„Der Rat der EU erlässt auch die erforderlichen Beschlüsse, wenn eine internationale Situation ein operatives Vorgehen der EU verlangt.
Grundsätzlich ist jede einzelstaatliche Maßnahme dem Rat der EU zum Zweck der vorherigen Abstimmung mitzuteilen“.
Rechtsfragen der Globalisierung
KEIN Konsens über den Begriff „Globalisierung“
Deregulierung als fruchtbarer Boden für den Prozess der Globalisierung
Fortentwicklung des Rechts erfolgt NICHT rasch genug
unterschiedliche & mehrere Rechtssetzungsakteure – „es muss lange
hallen, bis ein regulatives Echo zurückkommt“
z. B. fehlende globale Regeln im E-Commerce-Bereich
Menschenrechte, Umweltschutz & Strafrecht bereits durch die Globalisierung
beeinflusst
„Globalisierung der Werte“
universeller Geltungsanspruch von Wertevorstellungen, wie Demokratie oder Rechtsstaatlichkeit
Verlust eigener Souveränität / politischer Gestaltungsmacht
Einleitung
Internationales Wirtschaftsrecht – Außenwirtschaftsrecht – Welthandelsrecht
internationales Wirtschaftsrecht = internationales Recht (Wirtschaftsvölkerrecht), EU-Recht & nationales Recht
EU-Binnenmarktrecht (Handelsbeziehungen zwischen den MS) vs. EU-Außenwirtschaftsrecht (Beziehung der EU zum „Rest der Welt“)
Die EU in der Weltwirtschaft – GHP und GASP
Gemeinsame Handelspolitik (GHP) als Regulierung des Handels mit Drittstaaten / „Außendimension“ des Binnenmarkts
EU als größte Handelsgemeinschaft (20 % des Welthandels)
Leitbild einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb
GASP bildete vor dem Vertrag von Lissabon die 2. Säule der EU
weiterhin: Beschlussfassungserfordernisse, intergouvernementaler Charakter, spezifische Rechtssetzungsinstrumente, ...
politische Anliegen (GASP) & wirtschaftliche Anliegen (GHP) lassen sich nur schwer trennen, daher gibt es immer wieder Überschneidungen zwischen
supranationalen Beschlüssen
Zuständigkeitsverteilung zwischen der EU und ihren MS
EU hat als völkerrechtliche Organisation KEINE generelle Befugnis zum Rechtsaktenerlass – Zuständigkeitenübertragung durch die Mitgliedsstaaten
= „Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung“
Ausschließliche Kompetenzen
1. Die GHP als explizite ausschließliche Außenkompetenz der EU
„Hat die EU die ausschließliche Kompetenz, Rechtsakten zu erlassen, so dürfen MS nur mehr rechtsetzend werden bzw. internationale Abkommen mit
Drittstaaten abschließen, sofern ihnen dies sekundärrechtlich ausdrücklich erlaubt ist“.
AEUV enthält taxativen Sachbereichkatalog über die expliziten ausschließlichen Kompetenzen der EU
z. B. Zollunion, Währungspolitik im Rahmen der Eurozone, GHP, ausländische Direktinvestitionen, Ausführbeschränkungen;
implizite ausschließliche Kompetenz bspw. insb. dann, wenn der Vertragsabschluss EU-Regeln beeinträchtigen könnte
2. Kompetenzumfang der GHP
EU ist insbesondere zu Folgendem ermächtigt:
✓
✓
✓
✓
✓
✓
✓
Festsetzung von Zöllen
Erlass mengenmäßiger Beschränkungen
Antidumpingmaßnahmen
Antisubventionsmaßnahmen
Maßnahmen gegen unfaire Handelspraktiken
Exportförderung
Abschluss von Zoll- & Handelsabkommen
vor dem Vertrag von Lissabon: Umfang der Unionskompetenz zum Abschluss von Zoll- & Handelsabkommen umstritten
EuGH verneinte den damaligen alleinigen Abschluss der WTO durch die Europäischen Gemeinschaft. Daraufhin wurde das WTO-Vertragswerk
gemeinsam von der EG & den MS gemeinsam abgeschlossen („gemischtes Abkommen“).
nach dem Vertrag von Lissabon: explizite ausschließliche Kompetenz der EU zum Abschluss von Handelsabkommen
MS der WTO haben kaum noch Zuständigkeiten
Geteilte Kompetenzen
(Basis der meisten Handlungsbefugnisse)
MS dürfen so lange auf einem Gebiet selbstständig Recht setzen bzw. internationale Abkommen mit Drittstaaten abschließen, bis
die EU selbst entsprechende Maßnahmen setzt („Peremptionsprinzip“, Sperrwirkung)
AEUV enthält demonstrativen Katalog geteilter Unionskompetenzen
primär interne Maßnahmen, aber auch Abschluss internationaler Abkommen
z. B. Portfolioinvestitionen, Landwirtschaftspolitik
Unterstützende, koordinierende und ergänzende Kompetenzen
MS sind grundsätzlich für die Maßnahmenergreifung zuständig
z. B. Gesundheitsschutz, Kultur, Tourismus, Entwicklungszusammenarbeit & humanitäre Hilfe
inhaltlich UNzutreffend im AEUV der geteilten Kompetenz zugeordnet
Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP)
Abgrenzungsprobleme zwischen GHP und GASP
Verzahnungen zwischen GASP & GHP aufgrund unterschiedlicher Beschlussregeln schwierig
Embargos
= behördliches Verbot von Exporten / Importen
. . . (Wirtschaftssanktionen)
1. einstimmige Beschlussfassung durch die GASP
2. Umsetzungsmaßnahmensbeschluss vom Rat der EU mit
qualifizierter Mehrheit (auf Vorschlag des Hohen Vertreters & der
Europäischen Kommission)
3. Unterrichtung des Europäischen Parlaments davon
Beispiele von Handelsbeschränkungen durch die EU: Waffenembargos, Einfrieren von Finanztransaktionen, Reisebeschränkungen;
„smart sanctions“
Sanktionsmöglichkeiten gegen Staaten, juristische & natürliche Personen möglich
Menschenrechtsklauseln in internationalen Verträgen der EU
Versuch der EU, Menschenrechtsstandards mit Handelsprivilegien zu fördern (z. B. Zugangserfordernis zum Europäischen Binnenmarkt)
Ursprung der Menschenrechtsklauseln in den Beziehungen der heutigen EU zu den AKP-Staaten (ehemalige afrikanische, karibische & pazifische Kolonien
von EU-MS), denen in einer Reihe von internationalen Verträgen Handelsprivilegien gewährt wurden
im Falle schwerer Menschenrechtsverletzungen ist den Vertragspartnern erlaubt, Abkommen einseitig zu suspendieren
Die gemeinsame Handelspolitik (GHP) - Details
Autonome und konventionelle Maßnahmen
autonome Maßnahmen / Handelspolitik = einseitige (nicht allg. verb., nur für den Einzelfall verb.) Maßnahmen der EU, die im Rahmen der GHP gesetzt
werden
Erlassung durch das Europäische Parlament & den Rat der EU (ordentliches Gesetzgebungsverfahren)
Rahmensetzung für die GHP-Umsetzung
z. B. Ein- & Ausfuhrregelungen, Antidumpingmaßnahmen, EU-RL, EU-VO;
konventionelle Maßnahmen / Handelspolitik = Gestaltung der HGP durch völkerrechtliche Verträge mit Drittstaaten & internationale Organisationen
z. B. WTO-Recht, EU-Verträge mit Drittstaaten;
Die vertragliche Handelspolitik
1. Bedeutung und Überblick
Abschluss der EU liegen mehrere bi- & multilateraler Abkommen zugrunde
EU wendet auch internationale Abkommen de facto (= ohne Vertragspartei zu sein) an
z. B. Umweltschutzbereich
2. Verfahrensregeln für den Abschluss völkerrechtlicher Abkommen im Bereich der GHP
Sonderverfahrensregeln („lex generalis“) für Handelsabkommen
wenn EU NICHT über ausreichend Kompetenzen verfügt
gemischtes Abkommen
zusätzliche Abhängigkeit von den Ratifikationserfordernissen der MS
3. Wirkung völkerrechtlicher Verträge
völkerrechtliche Verträge werden als Bestandteil der Unionsrechtsordnung (primäres Recht) im Amtsblatt der EU veröffentlicht
rechtlich verbindlich für EU-Organe & MS
Direktwirkung: Berufung von Einzelpersonen vor einem innerstaatlichen Gericht / einer innerstaatlichen Verwaltungsbehörde möglich
Maßstab für Nichtigkeitsklagen, Vertragsverletzungsklagen & Vorabentscheideverfahren
Ausnahme:
WTO Recht
KEINE Direktwirkung, KEINE Verfahrensgrundlage, außer:
„Aus Sicht des EuGH kommt es nur dann zu einer Direktwirkung, wenn durch die Erlassung von Sekundärrecht eine WTO-konforme Regelung
geschaffen werden sollte oder EU-Rechtsakte explizit auf bestimmte Vorschriften des WTO-Rechts verweisen“.
Welthandelsrecht
Was ist die WTO?
= einheitliches „Dachübereinkommen“
formelles Welthandelsrecht enthält verfahrensrechtliche Regelungen; materielles Welthandelsrecht enthält inhaltliche Regelungen;
„Seit Ende des 2. Weltkrieges strebten die USA & UK ein umfassendes Wirtschaftssystem an. 1944 wurden der IWF und die Weltbank gegründet. Von
da an existierte das GATT vorläufig. Immer mehr wurde z. B. über Zollsenkungen in Form von „Runden“ diskutiert. In der Uruguay-Runde (1986 –
1994) wurde die WTO formell gegründet“.
internationale Organisation mit Rechtspersönlichkeit, Sitz in Genf & 164 Mitgliedern (97 % des Welthandels)
Gründung durch die Vertragsparteien des GATT 1994 durch das Übereinkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation (ÜWTO)
früheres GATT 1947 wurde in das GATT 1994 textlich unverändert samt Ergänzungen übernommen
seit 2001 wenige Liberalisierungsfortschritte aufgrund der Interessensgegensätze zwischen Entwicklungsländern & Industriestaaten:
aufgrund dessen Entwicklung zahlreicher megaregionaler Handels- & Wirtschaftsabkommen (z. B. CETA, TTIP), die allerdings WTO-Recht Modellcharakter
aufweisen
Aufgaben und Organe der WTO
1. Aufgaben
Rahmensetzung für Verhandlungen über weitere Intensivierungen von multilateralen Handelsbeziehungen
WTO unterscheidet sich von anderen Bereichen des Völkerrechts wesentlich mit seinem effektiven Streitbeilegungsmechanismus
geregelte Bereiche der WTO großteils in der ausschließlichen Zuständigkeit der EU
2. Organe
= Hauptorgan der WTO
Vertreter der einzelnen MS auf Regierungsebene
Ministerkonferenz
Tagung: alle 2 Jahre
Entscheidungen über (NICHT alle) multilaterale(n) Abkommen im Rahmen der
Ministerkonferenz
Besorgung der Aufgaben der Ministerkonferenz, Streitbeilegungsorgan,
handelspolitische Kontrollbehörde (rechtlich unverbindliche Kontrolle der
Allgemeiner
Rat
Handelsinstrumente der MS)
monatliche Tagung
+ weitere Räte & Ausschüsse
3. Entscheidungen
WTO-Entscheidungen grundsätzlich im Konsensverfahren (= KEIN MS widerspricht, Entscheidungen gelten für alle)
Ausnahme: Streitbeilegungsverfahren
kann KEIN Konsens erreicht werden
Mehrheitsprinzip (= Wille der Mehrheit ist ausschlaggebend)
Der Warenhandel: GATT und multilaterale Warenhandelsabkommen
1. Die Idee des freien Welthandels
GATT als gemischtes Abkommen
Vision des General Agreements on Tariffs and Trade (GATT)
möglichst freier Warenhandel / Theorie der komparativen Kostenvorteile
2. Ziele des GATT und der multilateralen Warenhandelsabkommen
Abbau von Handelshemmnissen mithilfe des GATT & weiteren multilateralen Warenhandelsabkommen, die das GATT konkretisieren
3. Instrumente zur Erreichung der Ziele
a) Verbot mengenmäßiger Beschränkungen – Tarifizierung
prohibitiv = verhindernd, abhaltend (z. B. „prohibitive Zölle“)
nichttarifäre Handelshemmnisse (z. B. Mengenbeschränkungen – VERBOTEN )
vs.
tarifäre Handelshemmnisse (z. B. Zölle – EINGESCHRÄNKT GESTATTET)
Zollsenkungen als „Tarifizierung“
mengenmäßige Beschränkungen erfordern ein Lizenzsystem zur Aufteilung der Quote auf versch. Marktteilnehmer, welches
nur schwer nicht-diskriminierend ausgestaltet werden kann (korruptionsanfällig)
Allgemeine Einfuhrverordung:
subjektives Recht auf Einfuhrfreiheit
Ausnahmen in der VO festgelegt
Allgemeine Ausfuhrverordnung:
subjektives Recht auf Ausfuhrfreiheit
Beispiele für Ausfuhrbeschränkungen: Abfälle, gefährliche Chemikalien, Mangel lebenswichtiger Güter, Folter;
Ausfuhrkontrolle von „Dual-Use-Gütern“ (Güter für zivile & militärische Zwecke, Software & Technologien)
Negativliste als Anhang der VO gibt Aufschluss über genehmigungspflichtige Ausführen (erteilte Genehmigung gilt in der ganzen EU)
EU ist eine Zollunion (= Binnenzollabschaffung; gemeinsamer Außenzoll; = Freihandelszone;)
Zollkodex der EU enthält Bestimmungen über Warenursprung, Zollgebiet, Zollwert & Zollverfahren
b) Meistbegünstigungsklausel
= jedes WTO-Mitglied ist dazu verpflichtet, jedem anderen Mitglied die gleichen Vorteile für gleichartige Waren („like products“ – aus
Konsumentensicht substituierbar) zu gewähren, die es dem ihm gegenüber am besten gestellten Land gewährt (auch wenn dieses KEIN WTOMitglied ist)“.
Gewährt Australien einem Rotweinproduzenten gegenüber einen sehr geringen Importzoll, so sind diese Vergünstigungen auch unverzüglich & bedingungslos für
Rotwein aus allen anderen MS der WTO zu gewähren.
(Ausnahmen)
c) Zollzugeständnisse
= Festlegung rechtlich durchsetzbarer Zollobergrenzen für die einzelnen Produkte (sehr umfangreiche Listen als Anhänge der GATT aufgrund der
Variationsmöglichkeiten)
Zollobergrenzen dürfen
unterschritten werden, dann kommt
. . . . . .aber wiederum das Meist. . •. . . begünstigungsgebot
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .der
. . . . . . . .zum Tragen
so D
,
an
☒
d) Klassifikation von Waren
Harmonized Commodity Description and Coding System, das Waren nach einem sechs Ziffern umfassenden Code klassifiziert
Wertzölle = Vorschreibung eines Prozentsatzes des Warenwerts als Zoll, der sich nach der Wareneinordnung richtet
„Eine Unschärfe liegt in der Ermächtigung der einzelnen Länder, eine weitere Unterdifferenzierung vorzunehmen, die wiederum zu Diskriminierungen
führen kann“.
Spanien spaltetet die Klassifizierung für Kaffee nach dieser Ermächtigung noch einmal in fünf Sorten auf. Zwei davon waren zollfrei, auf die drei anderen, wurde
ein Zoll von 7 % erhoben. Dieses Vorgehen konnte erfolgreich angefechtet werden.
e) Berechnung des Warenwerts
GATT & ein konkretisierendes Zusatzabkommen enthalten detaillierte Regelungen zur Wertermittlung für Zollzwecke
f) Herkunftsregeln
Bestimmung des Herkunftslands ist aufgrund der Globalisierung (Verschiffung halbfertiger Erzeugnisse) schwierig
Herkunftsland = jenes Land, in dem die letzte wesentliche Änderung des Produkts vorgenommen wurde
Abstellung des Kriteriums der „Wesentlichkeit“ auf unterschiedliche Aspekte (z. B. andere Zolltarifeinreihung, Wertsteigerung)
bloßes Zusammensetzen / Verpacken gilt NICHT als wesentliche Änderung
WTO-Recht strebt eine Harmonisierung der Ursprungsregeln an
Vorgabenumsetzung des WTO-Rechts durch den Unionszollkodex (UZK) & zwei weitere Durchführungsvorschriften (Delegierte VO, DurchführungsVO)
VO Gemeinsamer Zolltarif (GZT)
systematisches Warenverzeichnis zur Codezuordnung zu Waren
abgeleitet
g) Inländergleichbehandlung
„nicht nur der Grenzübertritt ist nicht-diskriminierend ausgestaltet“
weder eine direkte noch eine indirekte Belastung im Vergleich zu gleichartigen innerstaatlichen Waren ist erlaubt
Art III umfasst JEDE innerstaatliche Vorschrift, die sich zu Lasten importierter Waren auswirken kann
4. Handelspolitische Schutzinstrumente
GATT schützt die heimische Wirtschaft einzelner WTO-Mitgliedsstaaten vor problematischen Folgen geöffneter Märkte mithilfe von politischen
Schutzinstrumenten
geregelte Schutzinstrumente
Antisubventionsmaßn.
Antidumpingmaßn.
Einfuhrschutzmaßn.
a) Antisubventionsrecht
Wettbewerbsverzerrungen aufgrund von Subventionen
Subventionen müssen NICHT eine direkte Zahlung sein
z. B. spezifische Steuererleichterung
Notwendigkeit eines Kausalzusammenhangs zwischen Schaden & subventionierter Einfuhr
„Das Antisubventionsrecht soll über wettbewerbliche Waffengleichheit zwischen Waren aus Drittstaaten & Unionswaren herstellen. Dazu wird ein
Ausgleichszoll auf ein subventioniertes Drittlandsprodukt verhängt, dessen Höhe beiträgsmäßig der gewährten Beihilfe im Drittland entspricht“.
GATT enthält detaillierte Regelungen über konkretisierende Übereinkommen über Subventionen & Ausgleichsmaßnahmen (ACSM)
„eine Subvention muss spezifisch (Vorbehaltung eines bestimmten Unternehmens / Industriezweigs) sein, um von den ACSM-Regeln erfasst zu sein“
verbotene Subventionen
sonstige anfechtbare Subventionen
vs.
Schädigung des Wirtschaftszweiges eines anderen WTOMitglieds, Schmälerung der Vorteile aus dem GATT,
Schädigung der Interessen der anderen MS
Nachweis der Spezifizität erforderlich
beschleunigtes
Streitschlichtungsverfahren
(Gegenmaßnahmen:
Strafzölle)
Verbot von Exportsubventionen
WTO-Mitglieder können unilateral (einseitig) Ausgleichsmaßnahmen (z. B. Ausgleichszölle) ergreifen
Ausgleichszölle bei aktueller, aber auch potenzieller Schädigung (Zulässigkeit nur bei politischem Eingreifen der EU)
KEINE Kumulierung von Gegen- & Ausgleichsmaßnahmen
Umsetzung der EU des WTO-Rechts durch die Antisubventions-Grundverordnung
b) Antidumpingrecht
Regelung im GATT & im WTO-Dumping-Übereinkommen (AD-Abkommen)
abschließende Regelung der Antidumping-Maßnahmen (z. B. Zölle) im AD-Abkommen
AD-Abkommen befasst sich nur mit der staatlichen Reaktion, NICHT
...........................mit der Dumpingpraxis selbst, da es sich um private Akteure
...........................handelt
WTO-Mitglieder dürfen Antidumping-Maßnahmen ergreifen, wenn in einem nationalen Verfahren nachgewiesen wird, dass
-
gedumpte Importe
kausal
& bedeutend für eine Schädigung eines heimischen Wirtschaftszweiges (= inländische Hersteller gleichartiger Produkte) sind.
Dumpingspanne = Preis einer gleichartigen Ware - Ausfuhrpreis
Vergleich mit Preisen im Herkunftsland NICHT möglich
Vergleich mit Drittstaaten NICHT möglich
Vergleich mit Ausfuhrpreisen von Drittstaaten
rechnerischer Wert
Vergleich mit „normalen“
Ausfuhrpreisen
Höhe des Anti-Dumping-Zolls max. in Höhe der Dumpingspanne
Überprüfung der Notwendigkeit
max. 5 Jahre (außer die Beseitigung würde weiter zu einer dumpingbedingten Schädigung führen)
Umsetzung der EU des WTO-Rechts durch die Antidumping-Grundverordnung
c) Einfuhrschutzmaßnahmen
Möglichkeit zum Schutz der heimischen Wirtschaft vor Problemen / drohenden Schädigungen, die sich aus fairen Handelspraktiken ergeben können
vorläufige oder endgültige Antidumpingzölle
KEINE Kumulierung von Gegen- & Ausgleichsmaßnahmen
Regelung im GATT & in Zusatzabkommen
öffentliche Bekanntgabe der Untersuchung + verfahrensmäßige Beteiligung interessierter Parteien
Beispiele für Einfuhrschutzmaßnahmen: Überwachungsmaßnahmen, Schutzzölle, mengenmäßige Beschränkungen;
Staaten erhalten eine Kompensation, sofern die Maßnahmen länger als 3 Jahre aufrechterhalten werden (üblicherweise NICHT länger als 4 Jahre)
5. Weitere Ausnahmen
a) Schutzklauseln
Ausnahmebeschränkungen für den Warenhandel im Rahmen des WTO-Rechts:
„Artikel XX nennt als legitime Ziele, die Handlungsbeschränkungen rechtfertigen können, u. a. den Schutz der menschlichen, tierischen und
pflanzlichen Gesundheit & erschöpflicher natürlicher Ressourcen. Handlungsbeschränkungen müssen für die Förderung dieser Ziele notwendig sein &
dürfen NICHT den internationalen Handel behindern“. – gewisser Spielraum bei Gestaltung & Kontrolle
SPS-Abkommen:
bei Gefahren von Schädlingen, Nahrungs -& Futtermittelzusätzen, -verunreinigungen, -toxinen & Co. ist nach der Grundlage
wissenschaftlicher Grundsätze bzgl. der Schutzmaßnahmen zu handeln
reicht die wissenschaftliche Lage NICHT, so sind vorübergehend vorsorgliche Schutzmaßnahmen zulässig
b) Verhältnis zu sonstigem Völkerrecht
Abkommen mit überschneidendem Anwendungsbereich schwierig (WTO-Schiedsgericht)
Lex posterior-Grundsatz
„die spätere Regelung geht vor“
Lex specialis-Grundsatz
„die speziellere Regelung geht vor“
c) Zollunionen und Freihandelszonen
Freihandelszone = Zusammenschluss von Staaten / Zollgebieten, di untereinander Zölle & Handelsbeschränkungen abschaffen
„nur Freihandelszone kommt in den Genuss der Zollbefreiung“ (Kontrollen an den Binnengrenzen können bestehen bleiben)
Zulässigkeitsvoraussetzung des GATT: KEINE restriktiveren Außenhandelsregime als vor dem Beitritt
Internationaler Dienstleistungshandel: Das GATS-Abkommen
1. Regelung des Handels mit Dienstleistungen
Dienstleistungen als wachstumsstärkster Bereich
KEINE Regelung im GATT 1947, Regelung im Rahmen des GATS in Form eines speziellen Abkommens
(heftige Kritik aufgrund von Befürchtungen einer politischen Einschränkung)
4
Erbringungsmodi, die das GATS kennt:
2. Inhalt des Abkommens
Anwendung auf alle Dienstleistungen, außer jener, die in Ausübung hoheitlicher Gewalt erbracht werden
Dienstleistungen
DL in gebundenen Sektoren
DL in UNgebundenen Sektoren
Staat macht Liberalisierungszugeständn. in einer Liste
„positive scheduling“
Mitglied geht bei Zugang KEINE
Verpflichtungen ein
Meistbegünstigungsklausel
Inländergleichbehandlung
Meistbegünstigungsklausel
negative scheduling = Mitglied hat eine Ausnahme auf die Meistbegünstigungsklausel festgeschrieben
Meistbegünstigungsgebot = sofortige, bedingungslose & nicht teurere als die einer gleichartigen DL, Dienstleistungserbringung
nationale Regeln zum Dienstleistungshandel müssen angemessen, objektiv & unparteiisch angewendet werden
Der Schutz handelsbezogener Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums: Das TRIPS-Abkommen
1. Der Schutz des geistigen Eigentums
Ernte der eigenen Früchte, positive Anreizstruktur für Forschungs- & Entwicklungstätigkeit
vor dem Abschluss der Uruguay-Runde: mehrere multilaterale Abkommen mit unterschiedlichen Schutzintensitäten
Beitritt zur WTO ist mit der Verpflichtung verbunden, dem TRIPS beizutreten, um das Ziel der Harmonisierung des Schutzes des geistigen
Eigentums zu erreichen
2. Inhalt des TRIPS
weiter Begriff des geistigen Eigentums
Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums von 1883 & Revidierte Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und
Kunst von 1886
Bereiche des Urheber- & Patentrechts, Marken- & Musterschutz, „neue“ Rechte an Gegenständen / Produkten (z. B. Software), ...
Anwendbarkeit, sobald der Schutzrechtsinhaber aus einem WTO-MS stammt
TRIPS fordert effektive Durchsetzungsmechanismen für Immaterialgüterrechte, Mindeststandards & eine transparente, veröffentlichte
Gestaltung
Das Streitbeilegungsverfahren
GATT 1947 :Konsens ALLER Vertragsparteien bei Streitigkeiten (Fortschritt der Rechtssicherheit & Durchsetzung des WTO-Rechts)
seit der Uruguay-Runde: verpflichtendes Streitschlichtungsabkommen „Dispute Settlement Understanding“ DSU für alle WTO-Mitglieder
Verkürzung der Fristen
Beschwerdeverfahren < 12 Monaten
„reverse consensus“
Streitentscheidungen sind verbindlich, wenn der Dispute Settlement Body (= WTO) (DSB) NICHT einstimmig
Gegenteiliges entscheiden
auch Sanktionsmaßnahmen (z. B. Suspendierung von Zollgeständnissen) unterliegen diesem Prinzip
Anfechtung von Entscheidungen des WTO-Schiedsgerichts („Panel“) beim ständigen Appellate Body
nur Staaten kommt ein Klagerecht zu
Einleitung
allgemeines Völkerrecht
bilaterale & multilaterale völkerrechtliche
Verträge - "Völkervertragsrecht"
nationales Recht
Auslandsinvestitionen
Portfolioinvestitionen
= KEIN Erwerb von Stimmrechtsanteilen
...............................................................................................................................................................................
Direktinvestitionen
= direkter Einfluss auf die Leitung
..und Geschäftstätigkeit
Im Völkergewohnheitsrecht Schutz nur für Direktinvestitionen & vertraglich abgesicherte Portfolioinvestitionen
Vertrag von Lissabon: ausländische Direktinvestitionen stellen eine ausschließliche EU-Kompetenz dar
Entwicklung des Investitionsschutzes im allgemeinen Völkerrecht (Völkergewohnheitsrecht)
Allgemeines
Grundregeln des internationalen Investitionsrechts sind im Zusammenhang mit staatlichen Enteignungen entwickelt worden
indirekte Enteignungen / enteignungsgleiche Maßnahmen = staatliche Beschränkungen, die das Eigentum formal unangetastet
lassen, seinen wirtschaftlichen Wert aber beeinflussen
„Im CETA-Abkommen wird klargestellt, dass NICHT-diskriminierende staatliche Maßnahmen, die legitimen NICHTwirtschaftlichen öffentlichen Interessen wie etwa dem Schutz der Gesundheit oder der Umwelt dienen, NICHT als indirekte
Enteignungen gelten, sofern die Auswirkungen solcher Maßnahmen zur Zielverfolgung NICHT offenkundig exzessiv sind.“
Hull-Formel vs. Calvo-Doktrin
Frage nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen - unterschiedliche Meinungen bezüglich einer adäquaten Entschädigung für Staatsenteignungen:
Calvo-Doktrin (Mexiko): „Ausländern steht im Gastland nur Gleichbehandlung mit inländischen Staatsbürgern & KEIN
diplomatischer Schutz durch den Heimatstaat / internationale Schiedsgerichte zu“; „NICHT
unverzüglich & NICHT unbedingt adäquat“; abhängig von der Leistungsfähigkeit des Staates;
Hull-Formel
(USA) : „enteignender Staat ist zu einer unverzüglich adäquaten und effektiven (in konvertibler Währung gewährte
und leicht transferierbare) Entschädigung verpflichtet“; völkerrechtlich bindender Mindeststandard lt. Meinung der
westlichen Staatengemeinschaft;
Verstaatlichungswelle nach dem Zweiten Weltkrieg
Diskussion „Neue Internationale Wirtschaftsordnung“ über allgemein verbindliche völkerrechtliche Standards führte zu
KEINER allgemeinen Rechtsüberzeugung – Staaten sprachen sich gegen die Charta aus.
Dennoch folgte darauf eine große Anzahl vornehmlich bilateraler Investitionsabkommen aufgrund einer aufgekommenen
Rechtsunsicherheit.
Pragmatismus bzw. Rückbesinnung auf allgemeines Völkerrecht
Erkenntnis, dass Enteignungen ausländischer Investoren die eigene wirtschaftliche Situation negativ beeinflusst
internationales Investitionsabkommen weniger umstritten, weiterhin trotzdem aufgrund von Interessensgegensätzen schwierig
Zerfall der UdSSR, Verringerung ideologischer Grundsätze
Investitionsschutz im geltenden allgemeinen Völkerrecht
1. Zulassung ausländischer Investitionen durch den Aufnahmestaat
Staaten können aufgrund des Völkergewohnheitsrechts die Zulassung ausländischer Investitionen frei gestalten –
Beschränkungen durch völkerrechtliche Verträge möglich
quantitative Beschränkungen für den Erwerb von Unternehmensanteilen; Voraussetzung, dass der Kapitalbedarf einer Investition durch
ausländische Mittel zu decken ist;
2. Behandlung ausländischer Investitionen
Voraussetzungen für eine staatliche Enteignung:
✓
✓
✓
✓
✓
Wert befindet sich auf staatlichem Gebiet ODER bei bestehender Staatsangehörigkeitsbeziehung
öffentlicher Zweck
NICHT-diskriminierend
unverzügliche, adäquate & effektive Entschädigung
Überprüfung durch internationales Schiedsgericht
bei Verletzung: Wiedergutmachung bzw. finanzielle Entschädigung einschließlich des entgangenen Gewinns
umstritten, ob bloß vertragliche Ansprüche auch geschützt sind
Direktinvestitionen & vertraglich geschützte Portfolioinvestitionen sind auf jeden Fall geschützt
„Die BITs, die von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union abgeschlossen werden, sehen in den für den Marktzugang einschlägigen Artikeln in der
Regel KEIN Recht auf Zulassung von ausländischen Investitionen vor, sondern überlassen die Genehmigung von ausländischen Investitionen dem
Ermessen des Aufnahmemitgliedstaates“.
Investitionsschutz durch Völkervertragsrecht
Bestrebungen für ein Aushandeln eines umfassenden multilateralen Investitionsabkommens im Rahmen der WTO wurden aufgrund der großen
Interessensgegensätze der WTO-Mitglieder eingestellt
Verträge zwischen Investoren und Staaten
Investitionsschutzverträge = Investitionsverträge, die zwischen Unternehmen und Gaststaaten abgeschlossen werden
Praxis kaum Bedeutung
Rechtsnatur & Rechtswirkung strittig
„Stabiliserungsklauseln“
Gaststaat darf die nach nationalem Recht bestehenden Ansprüche des Investors NICHT
einseitig abändern
„Internationalisierungsklauseln“
Vertrag wird Völkerrecht unterstellt
Multilaterale Instrumente
1. Gründe für das Scheitern des Multilateral Agreement on Investment (MAI)
Ziel des multilateralen Investitionsabkommens: Erweiterung
von den OECD-Staaten auf die Entwicklungsländer im
Zeitablauf
Bestimmungen über Marktzugang, Inländerbehandlung
& Meistbegünstigung bisher noch NICHT explizit
durch die WTO erfasst
Diskussion über „gemischte Schiedsgerichtsbarkeit“
= Streitschlichtung zwischen Staaten / privaten
....Investoren & Staaten
Scheiterungsgründe:
✓ Uneinigkeit über den Anwendungsbereich
✓ Fürchten des eigenen nationaler
Gestaltungsspielraum
✓ strittiges Verhältnis zwischen regionaler
Wirtschaftsintegration &
NICHTdiskriminierungsvorschriften zugunsten
ausländischer Investoren
✓ Druck durch NGOs & die öffentliche Meinung
2. Recht der Welthandelsorganisation
WTO hat KEIN spezielles Investitionsschutzabkommen, dennoch sind zahlreiche Bestimmungen relevant
z. B. Anwendungsbereich des GATT bei Auswirkungen auf den internationalen Warnhandel – indirekte Kontrolle
.........staatlicher Investitionsmaßnahmen, Verbot mengenmäßiger Beschränkungen;
WTO-Recht hat KEINE expliziten Bestimmungen betreffend Enteignungen
WTO-TRIMs-Übereinkommen
Verhinderung von negativen Auswirkungen aufgrund von handelsbezogenen
Investitionsmaßnahmen
„Illustrative List“ = Liste mit GATT-widrigen Maßnahmen
unvollständig, KEINE spezielle Regeln für Direktinvestitionen
TRIMs-Übereinkommen ist den GATT-Regelungen „hintangestellt“
verbietet 6 abschließend aufgezählte Marktzugangsbeschränkungen
(Verbot von Formen mengenmäßiger Beschränkungen / Beschränkungen auf bestimmte
rechtliche Unternehmensformen / ... )
WTO-Dienstleistungsabkommen GATS
qualitative Mindesterfordernisse (z. B. Mindestkapitalanforderung)
KEINE einheitliche Verpflichtungsstruktur – „variiert von GATS-Mitglied zu GATSMitglied“
WTO-BeschaffungswesenÜbereinkommen GPA
KEINE Diskriminierung von inländischen Lieferanten aufgrund ausländischer
Gesellschaftsanteile
TRIPS
Verbesserung des Schutzes geistigen Eigentums
Erleichterung des damit verbundenen Technologietransfers
WTO-Vertragswerk bietet nur UNsystematischen & lückenhaften Schutz für Auslandsinvestitionen
Unternehmen können WTO-rechtliche Klagen nur durch ihr Herkunftsland & NICHT – anders als bei den BITs – DIREKT erheben
3. Europäischer Energiecharta-Vertrag
Abschluss: 1994
Inkraftsetzung: 1998
Aushandlung durch OECD-Mitglieder nach dem UdSSR-Zerfall
„Der Energiecharta-Vertrag enthält Bestimmungen über die Förderung & den Schutz von Investitionen, insb.
Inländerbehandlungs- & Meistbegünstigungsbestimmungen & Vorschriften über Enteignungen. Außerdem ist eine
Streitschlichtung zwischen Staaten & Investoren ua nach ICSID-Regeln vorgesehen.“
Bilaterale Investitionsschutzabkommen (BITs)
= Absicherung von gegenseitigen Investitionen zwischen zwei Vertragsstaaten
erstes BIT 1959 zwischen Deutschland & Pakistan
„local employment rate“ = (zulässige) Vorgabe, einen bestimmten Prozentsatz an inländischen Arbeitskräften zu beschäftigen
1. Einleitung
Portfolioinvestitionen fallen in die geteilte EU-Kompetenz
(Direktinvestitionen als ausschließliche EU-Kompetenz)
2. Der Inhalt von BITs
KEIN weltweites Modell-BIT, in Grundzügen standardisiert
BIT
1. Teil
2. Teil
materiell-rechtliche Bestimmungen
Regelung der Streitbeilegung („Konfliktlösung“)
Vorteil der gemischten Schiedsgerichtsbarkeit, da die internationalen Schiedsgerichte von den Vertragsstaaten selbst &
privaten Investoren (ISDS) gerufen werden können (Möglichkeit der direkten Klagbarkeit)
a). Materiell-rechtliche Bestimmungen
(1) Definitionen
sachlicher Anwendungsbereich des Abkommens
Welche Eigentumsart soll durch den Vertrag geschützt werden?
Eigentum kann NICHT nur körperlich sein
personeller Anwendungsbereich des Abkommens
Definition des „Investors“
natürliche Personen mit Staatsangehörigkeit von einem der beiden
Vertragsstaaten
juristische Personen, die nach einem Recht der beiden Vertragsstaaten
gegründet wurden oder ihren Sitz in einem der beiden haben
(2) Zulassung von ausländischen Investitionen
2
verschiedene Konzepte für den BIT-Marktzugang:
Recht auf Zulassung von ausländischen Investitionen
KEIN Recht auf Zulassung ausländischer Investitionen
z. B. USA, Kanada, Australien, Neuseeland, Japan;
z. B. EU-Mitgliedsstaaten
Zulassung nur unter den einschränkenden Bedingungen, durch Genehmigung durch Ermessen des Aufnahmemitgliedsstaates
die auch Angehörige des Aufnahmemitgliedsstaates an einer
Investition gehindert werden könnten
„Meistbegünstigungsklausel“
= Zulassungsbeschränkungen dürfen nicht restriktiver als die
....gegenüber ausländischer Investoren sein
(3) Behandlung von ausländischen Investitionen nach Zulassung
BITs sehen Verpflichtungen des Aufnahmestaates, den vollen Schutz und Sicherheit für Investor & Investment zu gewähren,
Inländerbehandlung, Mehrbegünstigung sowie die faire & gerechte Behandlung von Investoren (absolute Standards, dessen
Reichweite vom Vertragstext zu bestimmen ist) vor
(4) Enteignung und Entschädigung
„Enteignungen“ können direkt (mit Hoheitsakt), aber auch indirekte Enteignungsformen (ohne Enteignungsakt) sein
bei Enteignungen muss dem Investoren ein rechtsstaatliches Verfahren zur Bekämpfung der Enteignung offenstehen
öffentliches Interesse; NICHT-diskriminierend; unverzügliche, adäquate & effektive Entschädigung (Ausgleich evtl. Zinsverluste);
(5) Freier Kapitalverkehr
= Bestimmungen, inwieweit ausländische Investoren bei der Gestaltung der mit ihren Investitionen zusammenhängenden
Kapitalflüssen eingeschränkt sind
Kapitaltransfers in den Aufnahmestaat & Kapitaltransfers aus dem Aufnahmestaat (z. B. Enteignungsentschädigungen)
Höhere Umweltstandards stellen KEINEN Verstoß gegen das BIT dar, weil es sich dabei NICHT um eine im Vergleich zu nationalen
Firmen („Inländerbehandlung“) oder ausländischen Mitbewerbern („Meistbegünstigungsklausel“) diskriminierende Maßnahme
handelt.
b) Die Streitbelegungsregeln in BITs, insbesondere ICSID (in allen BITs vorgesehen, KEIN vorheriger innerstaatlicher Vollzug als Voraussetzung)
3
Wege bei Streitigkeiten wischen Investor & Aufnahmestaat
(1) Gerichte des Aufnahmestaates
Bindung an die innerstaatlichen Gesetze, KEINE Gewährleistung objektiver & unabhängiger Gerichtsbarkeit;
(2) diplomatischer Schutz des Herkunftslandes
KEIN Rechtsanspruch darauf; erst nach Ausschöpfung des Instanzenzugs;
(3) internationale Schiedsgerichtsbarkeit
Mietglied des 1965er Übereinkommen zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten?
Ja !
Schiedsgerichtsbarkeit im Rahmen des ISID
Nein!
Verweisung an ein Schiedsgericht,
das von den Parteien zu bestellen ist
Investitionsschutzverträge sehen oft Streitbeilegungsverfahren vor, denen in der Praxis KEINE große Bedeutung zukommt
„Die ICSID-Konvention stellt einen institutionellen Rahmen & ein detailliertes Verfahrensrecht zur Verfügung. Ein ICSIDSchiedsspruch ist rechtlich bindend & kann als rechtskräftiges innerstaatliches Urteil (nur in den Vertragsstaaten) vollstreckt
werden, OHNE dass es dagegen eine Einspruchsmöglichkeit des betroffenen Staates gäbe.“ – bei Nichteinhaltung z. B. Nachteile bei der
Kreditvergabe durch die Weltbank
3. Megaregionale Handelsabkommen, insbesondere CETA und TTIP
megaregionale Handelsabkommen = Abkommen über Handels- und Investitionsschutzregeln, die zwischen wirtschaftliche
besonders bedeutenden Staaten / Regionen abgeschlossen werden
CETA-Abkommen
Präzisierung materiell-rechtlicher Regeln
z. B. FET-Standard: Liste spezifischer Maßnahmen, die eine Verletzung darstellen (Verstöße gegen rechtsstaatliche
Verfahrensregeln müssen „grundlegend“ sein; willkürliche Behandlungen von Investoren müssen „offenkundig“ sein;)
Ausnahme bestimmter Sachbereiche aus der ISDS-Streitschlichtung
z. B. öffentliches Beschaffungswesen, Subventionen, ...
vor Einleitung des ISDS-Verfahrens wird eine sechsmonatige Konsulationsphase vorausgesetzt
offenkundig unbegründete Klagen werden zurückgewiesen
Organ: CETA Joint Committee als Berufungsgericht für erstinstanzliche Entscheidungen
langfristig soll ein permanenter multilateraler, zwei Instanzen umfassender Investitionsgerichtshof geschaffen werden
TTIP ?
völkerrechtliches Investitionsabkommen zwischen EU & USA – Können die Widerstände überwunden werden?
Nicht-rechtsverbindliche investitionsbezogene Instrumente
„soft law“ / NICHT rechtsverbindliche internationale Erklärungen, Deklarationen, Richtlinien etc. als allgemein anerkannte
Sorgfaltsmaßstäbe bei transnationalen Investitionstätigkeiten
Guidelines for Multinational Entreprises (OECD), Charter of Economic Rights and Duties of States, United Nations Conference on Trade and
Development (UNCTAD), …
Risikoabsicherung durch Versicherungsinstrumente
private Versicherungsunternehmen
Multilateral Investment Guarantee Agency
(MIGA)
Österreichische Kontrollbank
Multilateral Investment Guarantee Agency
= (in erster Linie, NICHT nur) internationale Garantieeinrichtung, die technische Hilfestellung und Rechtsberatung anbietet, um eine
Streitschlichtung zwischen Investoren und Gaststaaten zu fördern, und so den Abschluss von Investitionsabkommen erleichtern soll
Inkraftsetzung: 1987
180 Mitgliedstaaten
absicherbare Risiken:
versicherbar sind
✓
✓
✓
✓
✓
✓ Investitionen
✓ Erweiterung, Modernisierung,
Restrukturierung & Privatisierung
bestehender Investitionen
✓ uU Kredite
Inkonvertibilität der Währung des Aufnahmestaates
Enteignung
Vertragsbruch durch den Gaststaat
bewaffnete Konflikte und zivile Unruhen
politisch motivierte Sabotage und Terrorismus
MIGA-Garantien werden nur gewährt, wenn das Gastland hinreichende rechtliche Investitionsbedingungen für das
versicherte Projekt & Auslandsinvestitionen an sich bietet
NICHT-diskriminierende & allgemein anwendbare Gesetzgebungs- bzw. Verwaltungsakte, die das Eigentum eines
versicherten Investors oder dessen Nutzung beschränken, sind NICHT erfasst
Nationale Versicherungseinrichtungen
1. Österreichische Kontrollbank (ÖKB)
Absicherung von politischen Risiken
Haftung in Form von Beteiligungsgarantien
Voraussetzung: erwarteter positiver Leistungseffekt (BIT-Bestehen irrelevant)
• Absicherung politischer Risiken im Zusammenhang mit Firmengründungen oder dem Erwerb von Beteiligungen im Ausland
• Schutz von Gütern, die in ausländischen Lagern gehalten werden
• Schutz von Maschinen & Anlagen, die im Ausland eingesetzt werden
2. Austria Wirtschaftsservice GmbH (AWS)
Absicherung von wirtschaftlichen Risiken
Ä
Warum gibt es überhaupt Wettbewerbsregeln?
unverfälschter Wettbewerb als Schutzziel des
europäischen Wettbewerbsrechts
Schutzziel soll mittelbar dem
Endverbraucher zugutekommen, ein
Nachweis über eine
Verbraucherschädigung ist dennoch
NICHT ausschlaggebend
= Verbraucher als unmittelbares Schutzziel
Wettbewerbsrecht bindet private, öffentliche & privilegierte (= durch den Staat mit besonderen Rechten ausgestattete) Unternehmen
Zusammenschlüsse sind nur dann verboten, wenn diese unionsweit den Binnenmarkwettbewerb in einem wesentlichen Teil behindern
„Ein Verstoß wird stattdessen angenommen, wenn Koordinierungsmaßnahmen zwischen Unternehmen, die ihr Marktverhalten eigentlich unabhängig
voneinander bestimmen sollten (= Selbstständigkeitspostulat), zu einer Schwächung des ansonsten verspürten Wettbewerbsdrucks – und damit
ihres Anreizes, möglichst gute Leistungen zu möglichst niedrigen Preisen anzubieten – führen. Beschränkungen des grenzüberschreitenden
Wirtschaftsverkehrs sind hintanzuhalten.“
Zwischenstaatlichkeitsklausel = AEUV ist nur dann anwendbar, wenn die zu prüfende Verhaltensweise auch geeignet erscheint, den Handel zwischen
.Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen
Das Kartellverbot
Einleitung
„Konzernprivileg“
= Absprachen zwischen Konzernen unterliegen
typischerweise NICHT dem Kartellverbot, da diese
gerade zum Zweck der wirtschaftlichen
Zusammenarbeit gegründet werden &
Unternehmen innerhalb eines Konzerns daher
meist von vornherein NICHT wirtschaftlich
selbstständig sind
Die Tatbestandsmerkmale des Kartellverbots
1. Vereinbarungen und abgestimmte Verhaltensweisen zwischen Unternehmen sowie Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen
Kartellverbot umfasst ALLE Kommunikationsformen
Vereinbarung = Ausdruck des gemeinsamen Willens, sich am Markt auf eine bestimmte Weise zu verhalten
verbindlich
zivilrechtlicher Vertrag
unverbindlich
„gentlemen’s agreement“
Abstimmung („contract but no contract”) = Koordinierung des Verhaltens unter einer Vereinbarung
z. B. Zusendung von Preislisten
Unternehmensvereinbarungen = Zusammenschluss mehrerer Unternehmen, dessen Zweck darin besteht,
die Interessen seiner Mitglieder wahrzunehmen
z. B. Preisempfehlungen von wirtschaftlichen Interessensvertretungen;
Beschlüsse der Kammer der freien Berufe;
a) horizontale Vereinbarungen
= Vereinbarungen zwischen Unternehmen derselben Wirtschaftsstufe, die miteinander im Wettbewerb stehen
Quotenvereinbarungen = mengenbezogene Erzeugungsbeschränkungen
b) vertikale Vereinbarungen
= Vereinbarungen zwischen Unternehmen unterschiedlicher Wirtschaftsstufe, die NICHT miteinander im Wettbewerb stehen
z. B. Preisverbindungsvereinbarungen: Produzent setzt die Preis für den Händler fest
2. Bezweckung oder Bewirkung einer spürbaren Wettbewerbsbeschränkung und spürbare Beeinträchtigung des Handels zwischen den
Mitgliedstaaten
Alleinvertriebsverträge (= Zusicherung eines gewissen Gebietsschutzes) können zulässig sein, wenn sie, trotz Beschränkung des Wettbewerbs, zu
einer Steigerung der Effizienz führen.
„Bagatell-Bekanntmachung“: Wettbewerbsbeschränkungen sind nur verboten, wenn sie spürbar sind; Wettbewerbsbeschränkungen werden
grundsätzlich erst ab einem bestimmten Marktanteil des beteiligten Unternehmens angenommen;
horizontale V.
verpönte Absprachen sind IMMER verboten
z. B. Preisabsprachen, Produktions- & Absatzbeschränkungen,
Aufteilungen von Märkten / Kunden, ...
3. Kartellvereinbarungen sind ungültig
vertikale V.
Vereinbarungen in ihrer
Gesamtwirkung als
nebeneinander
bestehende
Vereinbarungen
< 10 % Marktanteil
> 40 Mio. € Umsatz
< 15 % Marktanteil
> 40 Mio. € Umsatz
< 5 % Marktanteil der
einzelnen Unternehmen
ODER
< 30 % Marktanteil
insgesamt
„Verbotene Kartellabsprachen sind zivilrechtlich nichtig – rechtlich NIE wirksam zustande gekommen. Verbotene Kartellvereinbarungen müssen
NICHT erfüllt werden, ihre Einhaltung kann NICHT geklagt werden“.
„abgestimmte Verhaltensweise“ (lt. EuGH) = Koordinierung, die noch NICHT bis zum Abschluss einer Vereinbarung gediehen ist, die NICHT den
normalen Wettbewerbsbedingungen entspricht
Ausnahmen vom Kartellverbot
4 kumulative Voraussetzungen:




Verbesserung der Warenerzeugung oder – verteilung oder auch Beitrag zum wirtschaftlichen oder technischen Fortschritt
angemessene Beteiligung der Verbraucher an den daraus resultierenden Vorteilen
KEINE Wettbewerbsbeschränkungen, die über das hinausgehen, was zur Erreichung des verfolgten Ziels erforderlich ist
funktionierender Wettbewerb auf dem von der Vereinbarung betroffenen Markt
Beispiel:
Forschungskooperationen
KEIN Rechtsakt bzw. KEINE Genehmigung der Behörde erforderlich
in Ausnahmefällen kann die Europäische Kommission aus Gründen des öffentlichen Interesses Kartellabsprachen mittels Beschluss feststellen
Gruppenfreistellungsverordnungen (GV0) = pauschale & konstitutive Ausnahmen vom Kartellverbot
sofern Anwendungsbereich GVO: Freistellung
z. B. Gruppen von wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen,
aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, ....
Wettbewerbsbeschränkungen, die NICHT in den Anwendungsbereich einer GVO fallen, können aufgrund einer wegen Verdachts auf einen
Kartellverstoß vollzogenen Einzelfallprüfung freigestellt werden
Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stelle
Allgemeines
Verbot der missbräuchlichen Ausnutzung einer
marktbeherrschenden Stellung auf dem Binnenmarkt,
sollte diese dazu führen, den Handel zwischen den
Mitgliedsstaaten zu beeinträchtigen
Was ist der relevante Markt?
Prüfung, ob ein Unternehmen eine marktbeherrschende Stellung hat, setzt die Abgrenzung nach der Definition der Europäischen
Kommission für sachlich und örtlich relevante Märkte voraus
1. Der sachlich relevante Markt (= Produktmarkt)
Kriterien: Nachfragesubstituierbarkeit = Substituierbarkeit des Produkts aus Sicht der Abnehmer
Angebotssubstituierbarkeit = wie einfach & kurzfristig Mitbewerber auf das relevante Erzeugnis mit geringen Kosten umstellen können
z. B. unterschiedliche Produktmärkte, wenn die Abnehmer langsam auf Preisänderungen reagieren
2. Der örtlich relevante Markt
Kriterium:
„Die Europäische Kommission definiert den örtlich relevanten Markt als das Gebiet, in dem die beteiligten Unternehmen die
relevanten Produkte und Dienstleistungen anbieten & nachfragen, in dem die Wettbewerbsbedingungen homogen sind & sich
erheblich von benachbarten Gebieten unterscheiden.“
europarechtliche Relevanz: Gebiet muss der Binnenmarkt oder ein wesentlicher Teil davon sein
Wann liegt eine marktbeherrschende Stellung vor?
= Unternehmen, das keinen nennenswerten Wettbewerb ausgesetzt ist, ist in der Lage, den Restwettbewerb erkennbar zu beeinflussen
Marktanteil als Indiz – KEINE allgemeingültigen Schwellenwerte
< 30 %
kein Vorliegen
kollektive Marktbeherrschung im Oligopol = mehrere Unternehmen beherrschen
gemeinsam den relevanten Markt
> 80 %
Vorliegen
> 50 %
Vermutung
Orientierungen
Wann liegt ein Missbrauch vor?
= Marktverhalten des nicht mehr durch funktionierenden Wettbewerbsdruck disziplinierten Marktbeherrschers weicht von den Mitteln eines
normalen Leistungswettbewerbs ab
Verhalten muss sich auf den zwischenstaatlichen Handel auswirken, um als Missbrauch geeignet zu sein
1. Behinderungsmissbrauch
= Missbrauch zum mittelbaren Nachteil der Verbraucher & zur Behinderung anderer Wettbewerber
z. B. Verweigerung benötigter Lieferungen, Verhinderung des Zugangs zu unerlässlichen Infrastruktureinrichtungen, unsachliche Kopplungsverträge, Verkauf
zu Verlustpreisen zur Marktverdrängung, ...
2. Ausbeutungsmissbrauch
= Missbrauch zum unmittelbaren Nachteil der Verbraucher
„Ausbeutungsmissbrauch liegt dann vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen geschäftliche Vorteile von seinen Marktpartnern erzwingt,
die unter „normalen“ Wettbewerbsbedingungen NICHT möglich wären“.
z. B. Verrechnung unangemessen hoher Preise, Erzwingung unfairer Geschäftsbedingungen, unsachliche Verknappung der Produktion, ...
Verfahren zur Abstellung von Kartellen und des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung
AEUV ist unmittelbar anwendbar
Vollziehung durch die Europäische Kommission oder nationale Wettbewerbsbehörden
innerstaatliche Regelungen, die strenger als das europäische Wettbewerbsrecht sind, sind bei rein nationalen Sachverhalten erlaubt („Verbot nach
nationalem Kartellrecht NICHT jedenfalls möglich“)
Widerspruch:
Eine Absprache ist nach nationalem Kartellrecht erlaubt, nach EU-Recht dagegen verboten. Das europäische Wettbewerbsrecht geht stets vor.
Einleitung eines Verfahrens auf Antrag eines Mitgliedsstaates oder von Amts wegen
„Kronzeugenregelung“ = Unternehmen, die die Teilnahme an einem Kartell offenlegen sowie Informationen & Beweise zur Verfolgung des Kartells
übermitteln, steht eine völlige oder teilweise Reduktion der Geldbuße zu
die Sanktionen richten sich bei Vollzug durch die nationalen Wettbewerbsbehörden nach nationalem Recht
(Sanktionen dürfen NICHT weniger streng ausfallen)
„Die Europäische Kommission & die nationalen Wettbewerbsbehörden arbeiten im „Netzwerk der europäischen Wettbewerbsbehörden“ für die
einheitliche Anwendung & Durchsetzung zusammen. Die Kommission wird über Verfahrenseinleitungen, beabsichtigte Entscheidungen &
wesentliche Umstände informiert. Die Kommission hat die Möglichkeit, das Verfahren an sich zu ziehen.“
Kommission hat das Recht, erforderliche Auskünfte zu verlangen & diese als Beweismittel zu verwenden
Möglichkeit der „Nachprüfung“ OHNE Vorankündigung in Form von Hausdurchsuchungen – Einforderung der relevanten Unterlagen
bei schwerwiegenden Verstößen: Durchsuchung der Privaträumlichkeiten von Mitarbeitern
auf Ersuchen der Kommission muss die nationale Wettbewerbsbehörde die Nachprüfung durchführen
Strafe für jeden Tag der Zuwiderhandlung: 1 % des letztjährigen Gesamtumsatzes; evtl. zusätzlich 5 % des letztjährigen durchschnittlichen Tagesumsatzes;
Sanktionen:
•
•
•
•
•
•
Aufforderung zum rechtskonformen Verhalten
freiwillige Unternehmensverhaltenszusagen werden zu verbindlichen Entscheidungen angenommen (= Verpflichtungszusage)
einstweilige Maßnahmen bei Gefahr eines ernsten, nicht wiedergutzumachenden Schadens
Zwangsgelder
„public enforcement“: Geldbußen bis zu 10 % des letztjährigen Gesamtumsatzes
„private enforcement“: Betroffene können zivilrechtlich Schadenersatz einklagen
Konflikt mit Kornzeugen, da diese dann die Gefahr vor privaten Schadenersatzklagen tragen
Verbot staatlicher Beihilfen
Das grundsätzliche Beihilfeverbot
Beihilfen, die den Wettbewerb verfälschen, sind grundsätzlich verboten
„weiter Beihilfebegriff“
Beihilfe = staatliche Maßnahmen, die Belastungen vermindern, welche ein Unternehmen unter normalen Belastungen zu tragen hat
= begünstigende Wirkung mit fehlender Gegenleistung
= Maßnahme mit Budgetwirksamkeit – Einnahmeverlust des Staates
z. B. finanzielle Zuwendungen, Befreiung / Erleichterung von Leistungsverpflichtungen, Übernahme von Bürgschaften, günstige Haftungsübernahmen,
unentgeltliche / günstige Zurverfügungstellung von Immobilien, ...
„Private Investor Test“ = Fragestellung bei Investitions- & Kapitalbeteiligungsentscheidungen, ob ein Privater diese auch vorgenommen hätte
z. B. Beteiligung an einer AG, die derzeit in Turbulenzen geraten ist
„Private Vendor Test“ = Fragestellung aus Sicht des Privaten bei Privatisierungen
Quersubventionierungen sind ebenfalls verboten
z. B. Staat verwendet Einnahmenüberschuss aus einem anderen Tätigkeitsfeld für die Finanzierung anderer Tätigkeitsfelder, die Konkurrenz ausgesetzt sind
Beihilfen, die an alle Wirtschaftstreibende ausgeschüttet werden, gelten NICHT als Beihilfe, sondern als wirtschaftspolitische
Maßnahme
„De-minimis-Beihilfen“ sind erlaubt
geringfügige staatliche Beihilfen, die weniger als € 200.000,00 pro Unternehmen bzw. weniger als
€ 500.000,00 pro DAWI-Unternehmen betragen
Ausnahmen vom Beihilfeverbot
Ausnahmen werden entweder durch den AEUV selbst oder durch Genehmigungsermächtigungen der Europäischen Kommission festgelegt
Ausnahmen:
 Beihilfen zur Förderung von wirtschaftlich unterentwickelten Gebieten
 Beihilfen zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedsstaats
insb. nach Wirtschafts- & Finanzkrisen
 Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige
 Beihilfen zur Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischen Interesse
 Beihilfen zur Förderung der Kultur und des kulturellen Erbes
Gruppenfreistellungsverordnungen befreien Mitgliedsstaaten von der Anmeldepflicht bei tatbestandsmäßigen Beihilfen, um administrative Kosten
zu sparen
z. B. bestimmte Beihilfen für kleinere & mittlere UN, bestimmte Regionalbeihilfen, Ausbildungsbeihilfen, ... (Green-Deal, Corona-Folgen)
Das Verfahren der Beihilfeaufsicht
jede beabsichtigte Einführung einer Beihilfenumgestaltung ist der Europäischen Kommission zu melden (Einführung der Beihilfe erst nach Meldung & Genehmigung)
Ausnahme: „De-minimis-Beihilfen“ & Beihilfen lt. der GruppenfreistellungsVO
1. Melde- und Genehmigungspflicht
„Nach erfolgter Anmeldung führt die Europäische Kommission eine Vorprüfung durch, um zu klären, ob
die Beihilfe mit dem Binnenmarkt vereinbar ist. Ist diese nicht damit vereinbar, wird ein
Hauptprüfungsverfahren eingeleitet, das über die Genehmigung oder ein Verbot der Beihilfe entscheidet.
Trifft die Kommission innerhalb von zwei Monaten KEINE Entscheidung, dann gilt die Beihilfe als
genehmigt.“
Vorprüfung
vereinbar
Hauptprüfungsverfahren
Genehmigung
wurde eine Beihilfe NICHT genehmigt, aber trotzdem ausbezahlt, dann kann die Kommission Aussetzung oder Wiedereinziehung der Beihilfe
verlangen
Verbot
nicht-subventionierte Unternehmen können vor nationalen Gerichten die Rechtswidrigkeit von Beihilfen rügen & die Rückgängigmachung verlangen
2. Möglichkeit der Untersagung bestehender Beihilfen
bereits bestehende Beihilfen = Gewährung liegt vor dem Zeitpunkt des EU-Beitritts des MS
= Gewährung erfolgte bereits durch die Kommission
„Untersagungssystem“ = bereits bestehende Beihilfen sind solange zulässig, bis sie von der Kommission untersagt werden
3. Rechtsmittel gegen Entscheidungen der Kommission
Entscheidungen der Kommission können durch den betroffenen MS & am Verfahren beteiligte Unternehmen bekämpft werden
Zuständigkeit: EuG
gegen Entscheidungen des EuGs: EuGH
Wettbewerbsregeln für öffentliche, privilegierte und mit gemeinwirtschaftlichen Aufgaben betraute Unternehmen
prinzipiell KEINE Unterscheidung zwischen privaten, öffentlichen & privilegierten Unternehmen
restriktive Ausnahmen des EuGHs
z. B. Verbot, Unternehmen ein ausschließliches Recht zur Erbringung bestimmter Leistungen einzuräumen, sofern dieses NICHT in der Lage ist, die
Nachfrage zu erfüllen
DAWI = Dienstleistungen mit allgemeinem wirtschaftlichen Interesse
z. B. flächendeckende und leistbare Energieversorgung
Subventionen sind für NICHT lukrative DAWI (z. B. Postzustellung in entlegene Bergdörfer) erlaubt
Sind folgende
Subventionen:




4
Kriterien erfüllt, dann handelt es sich bei öffentlichen Zuschüssen für den Ausgleich für die Erbringung von DAWI NICHT um
Unternehmen ist mit einer klar definierten gemeinwirtschaftlichen Aufgabe vertraut
objektive & transparente Parameter für die Berechnung des Ausgleichs
Ausgleich darf NICHT über das Erforderliche, unter Berücksichtigung der Einnahmen & eines angemessenen Gewinns, hinausgehen
Ausgleichshöhe ist anhand der Kosten zu berechnen, die ein wirtschaftlich gut geführtes Unternehmen bei Erfüllung hätte
Analyseausfall, sofern das Unternehmen mit der Aufgabe im Rahmen eines öffentlichen Vergabeverfahrens ermittelt wurde
Möglichkeit der Freistellung vom Beihilfeverbot mithilfe von Gruppenfreistellungsverordnungen für De-minimis-Daseinsvorsorgezuschüssen von
der Europäischen Kommission
Die europäische Wirtschafts- & Währungsunion (WWU)
Die Grundlagen
1. Die ökonomischen Vorteile einer gemeinsamen Währung („one market, one currency“)
Währungspolitik als Aufgabe der Europäischen Zentralbank
•
•
•
•
•
•
sinkende Transaktions- & Informationskosten
Beseitigung der nominellen Wechselkursvariabilität
Verbesserung der Preistransparenz
vergrößerte Absatzmärkte
verstärkter Wettbewerb
Vollendung des Binnenmarkts
•
Verlust der Festlegung des Wechselkurses als makroökonomisches
Steuerungselement
2. Die drei Stufen der WWU
ESZB
WWU basiert auf einem dreistufigen Plan:
1. Stufe (1990): vorbereitender Charakter
2. Stufe (1994): vorbereitender Charakter
3. Stufe (1999): effektiver Start der Wirtschafts- & Währungsunion
Euro als einheitliche Währung / Währungspolitik unter Führung des
Europäischen Systems für Zentralbanken (ESZB)
EZB
nationale
Zentralbanken
Wechselkursmechanismus II = Mechanismus, um negative Auswirkungen der Währungsschwankungen auf den Binnenhandel zu verhindern &
Voraussetzung für die Eurozone
Mitglieder außerhalb der Eurozone: Bulgarien, Kroatien, Dänemark
Einführung einer einheitlichen Währung am 01.01.1999 mit Bedingung der dauerhaften Erfüllung der Konvergenzkriterien (heute: 19 Mitglieder)
Vereinigtes Königreich, Schweden & Dänemark nehmen auf eigenen Wunsch NICHT teil
3. Sicherung dauerhafter Konvergenz
Konvergenzkriterien sollen ein Mindestmaß an Homogenität der Wirtschaftslage gewährleisten, um die gemeinsame Währung NICHT zu gefährden
Haushaltspolitik, anders als die Währungspolitik, bleibt weiterhin in den Händen der MS
Konvergenzkriterien:
✓ KEIN übermäßiges Defizit
max. 3 % Neuverschuldung & 60 % öffentlicher Schuldenstand des BIP
✓ Preisstabilität: Inflationsrate max. 1,5 / über dem Ergebnis der 3 besten MS
✓ Einhaltung des Wechselkursmechanismus II über mind. 2 Jahre ohne Abwertung gegenüber der Währung eines anderen MS
✓ langfristige Nominalzinssätze, die durchschnittlich max. 2 % über dem Ergebnis der 3 besten MS liegen
monetäre
Konvergenzkriterien
(Preisstabilität, Wechselkurs,
Nominalzinssätze) sind durch
die Zuständigkeit der ESZB
für die Währungspolitik NICHT
weiter anwendbar
Instrumente der ESZB:
-
Überprüfung & Gesamtbewertung der wirtschaftlichen Entwicklung
Begrenzung der zulässigen Neuverschuldung
max. 3 % Neuverschuldung & 60 % öffentlicher Schuldenstand des BIP
-
Verbot der Kreditaufnahme für die öffentliche Hand bei der EZB & nationalen Zentralbanken
Verbot des bevorrechtigten Zugangs zu Finanzinstituten für öffentliche Stellen
„no-bail-out“ = Ausschluss der Haftung der EU gegenüber Verbindlichkeit der MS sowie der gegenseitigen Haftung der MS für solche
.................................Verbindlichkeiten
Stabilitäts- & Wachstumspakt (SWP):
„Six-Pack“-Reform: Operationalisierung des Schuldenabbaus, Einführung einer Ausgabenregel, verschärfte Sanktionen
„Fiskalpakt“: Steuerung & Koordinierung der WWU, Einführung einer verpflichtenden „Schuldenbremse“ im nationalen Recht
(SWP wurde in der Coronapandemie teilweise ausgesetzt, Rufe nach einer Reform)
Der rechtliche Rahmen der WWU
Festlegung der Errichtung der WWU im Vertrag von Lissabon als Ziel der EU
Ziele der WWU / EU:
-
nachhaltige Entwicklung, ausgewogenes Wirtschaftswachstum & Preisstabilität
wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft, Vollbeschäftigung, sozialer Fortschritt
Umweltschutz, Verbesserung der Umweltqualität
internationale Handlungsfähigkeit, ökonomische Resistenz gegen externe Schocks
Eurozone: gemeinsame Geld- & Wechselkurspolitik
1. Die Wirtschaftsunion
Wirtschaftspolitik
verbleibt grundsätzlich in nationaler Hand
(Subsidiaritätsprinzip)
Währungspolitik
„vergemeinschaftet“, ausschließliche EU-Kompetenz,
(Vehikeltehorie: Asymmetrie als Impuls für koordinierte
Asymmetrie der WWU
Wirtschaftsprozesse)
a) Die wichtigsten Themenfelder der wirtschaftlichen Koordinierung
Koordinierung der Wirtschaftspolitik durch den Rat der EU, deren Einhaltung aufgrund von Berichten der Europäischen Kommission im Rahmen des
Europäischen Semesters (= institutionalisierter Überwachungszyklus) überwacht wird
Grundzüge der Wirtschaftspolitik:
•
•
•
•
makroökonomischer Policy-Mix (Abstimmung der Lohnentwicklung, Fiskalpolitik, Schuldenabbau, ...) mit dem Ziel eines langfristigen & inflationsfreien Wachstums
Strukturreformen: Wettbewerb nationaler Politik als Notwendigkeit für Wettbewerbsdruck
Steuerpolitik: Vermeidung unfairen Wettbewerbs, Wahrung der Standortinteressen, ...
Umweltpolitik: Wahrung gemeinsamer ökologischer Ziele ohne Wettbewerbsverzerrungen
b) Der Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP), das Verfahren nach Art 126 AEUV (Überwachung der Haushaltsdisziplin) und der „Fiskalpakt“
Stabilitäts- & Wachstumspakt (SWP)
Sicherstellung der dauerhaften Begrenzung öffentlicher Defizit
Beurteilung anhand der Referenzkriterien (max. 3 / Neuverschuldung & 60 % öffentlicher Schuldenstand des BIP)
Erschließung des Europäischen Rats + 2 AEUV-Verordnungen (Frühwarnsystem ihm Rahmen der wirtschaftspolitischen Überwachung &
Sanktionsmechanismen in Präzisierung des Defizitverfahren)
unzureichende Mechanismen, da diese praktisch NIE zu Sanktionsverhängungen führen
Änderung der VO des SWP durch das „Six Pack“ (5 VO, 1 RL; Inkraftsetzung 2011)
Verstärkung der Sanktionen, Ergänzung der Anforderungen
neues Verfahren zur Vermeidung übermäßiger Ungleichgewichte
-
Defizitverfahren
Empfehlungen des Rates der EU für die Korrektur des übermäßigen Defizits
bei Nichteinhaltung der Empfehlungen: Sanktionen
„umgekehrte qualifizierte Mehrheit“
stimmt die qualifizierte Mehrheit der MS des Rates der EU GEGEN die Sanktionen, können diese verhindert
werden
-
Öffentlicher Schuldenstand
Einleitung des Defizitverfahrens, wenn der öffentliche Schuldenstand > 60 % des BIP
Ausnahme: Schuldenstand verringert sich im Dreijahresdurchschnitt um 1/20 pro Jahr („MS haben 3 Jahre Zeit“)
-
Prävention
Institutionalisierter Überwachungszyklus („Europäisches Semester“)
Haushaltsziel als „Richtwert für Ausgaben“
Verstöße: finanzielle Sanktionen
-
Verfahren bei einem übermäßigen makroökonomischen Ungleichgewicht
Frühwarnsystem „Scoreboard“ mit 10 Frühindikatoren (z. B. durchschnittliche Arbeitslosenquote)
Umsetzung eines Maßnahmenplans bei Einleitung des „Verfahren bei einem übermäßigen Ungleichgewichts“ durch die Europäische Kommission & den Rat der EU
Verstöße: finanzielle Sanktionen
Fiskalpakt
= Schuldenbremse mit Obergrenzen für das strukturelle Defizit
Teil des Vertrag über Stabilität, Koordinierung & Steuerung in der Wirtschafts- & Währungsunion (VSKS); 25 Mitgliedsstaaten – NICHT: UK & Tschechien;
struktureller Saldo = Defizit oder Überschuss
strukturelles Defizit max. 0,5 % des BIP
bei Staatsverschuldung erheblich < 60 %
1 % des BIP
verpflichtende Aufnahme einer Schuldenbremse in das nationale Recht & Einräumung eines Korrekturmechanismus nach den Grundsätzen der
Europäischen Kommission
bei Nichteinrichtung: Sanktionen durch den EuGH
2013: Erweiterung des „Six-Pack“ um das „Two-Pack“ (GILT NUR FÜR MS DER EUROZONE):
verfahrensrechtliche Rahmenbedingungen für die Überwachung nationaler Haushalte
teilweise Integrierung der Bestimmungen des VSKS ins EU-Recht
COVID-19-Pandemie: Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel zur temporären Aussetzung der Regelungen des SWP
TROTZDEM Verletzung des primärrechtlichen Defizitkriteriums (Ermessen der Unionsorgane, ob ein Verfahren eröffnet wird)
„Vertiefung der WWU“ = Diskussion über eine mögliche Reform
c) Der „Euro-Rettungsschirm“: EFSM, EFSF und ESM
= Maßnahmen der EU & Eurozone, die Zahlungsfähigkeit gefährdeter MS zu sichern
Sanktionen im SWP als KEINE geeignete Maßnahme bei finanziellen, insolvenzdrohende Schwierigkeiten
bisher KEINE Staateninsolvenzverfahrensregelung im Unionsrecht
Einrichtung des Europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus (EFSM) 2010 aufgrund einer VO des Rates der EU
Grundlage: AEUV
Gewährung von Darlehen oder Kreditlinien, die durch Anleiheoperationen der Union aufgebracht werden
„Next Generation EU“ als Instrument zur geplanten Aufbau- & Resilienzfazilität aufgrund der Corona-Pandemie
Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) als vorübergehend eingerichtete AG, deren Gesellschafter die EU-MS waren
Ziel: Gewährleistung von Finanzstabilität in der Eurozone
Gewährleistung von Finanzhilfen an angeschlagenen MS
Finanzierung durch Anleihen auf Kapitalmärkten (Garantieerklärungen der Staaten)
Ablösung (2013) durch die EFSM
Europäischer Stabilitätsmechanismus (ESM) als dauerhafter Krisenbewältigungsmechanismus
Basis: völkerrechtlicher Vertrag (KEIN Unionsrecht, um die Souveränität in der Wirtschaftspolitik zu behalten) zwischen den in den Eurostaaten
.............eingerichteten Finanzinstitutionen (NUR ESM-Finanzhilfe für Eurostaaten; NICHT im Rahmen des Unionsrechts)
Stabilitätsmechanismus als unabdingbar für die Stabilität des Euro-Währungsgebiets
Finanzierung der ESM durch Anleihen
noch NICHT eingezahlte Mittel sind durch die ESM innerhalb einer angemessenen Frist abrufbar
Kauf zweckgewidmeter Darlehen, um notleidende Finanzinstitute zu refinanzieren
Reform des ESM: Funktion der „Letztsicherung“ für den einheitlichen Abwicklungsfonds zur Unterstützung der Bankenabwicklung
2. Die Währungsunion
AEUV sieht Vereinheitlichung der Währungspolitik vor
EU: Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb
Bestimmungen zur Währung waren erst ab der 3. Stufe verbindlich
1999: Einführung des Euros als gemeinsame Währung als Buchgeld
2002: Einführung des Euros als gemeinsame Währung als Bargeld
NICHTmitglieder
„Pre-ins“
NICHT-Erfüllung der Konvergenzkriterien
„Opt-outs“
KEINE Teilnahme trotz Erfüllung der Konvergenzkriterien
z. B. Dänemark oder früher UK
Schweden verhindert absichtlich die Erfüllung der Konvergenzkriterien aufgrund einer negativen Volksabstimmung.
Länder, die NICHT am „Eurosystem“ teilnehmen, müssen die Regeln der gemeinsamen Währungspolitik NICHT befolgen bzw. haben diesbezüglich auch
KEIN Stimmrecht im Europäischen Rat.
3. Institutionen der WWU
a) Der ECOFIN-Rat
monatliches Treffen ALLER Finanzminister
davorige informelle Treffen der Finanzminister mit gemeinsamer Währung (z. B. „Euro-Gruppe“)
Arbeiten werden durch den Ausschuss der Ständigen Vertreter, vom Wirtschafts- & Finanzausschuss, Wirtschaftspolitischen Ausschuss &
diversen Ratsarbeitsgruppen vorbereitet
b) ESZB, Eurosystem und EZB
Sitz der EZB in Frankfurt am Main
Aufgaben der ESZB:
-
Festlegung der Geldpolitik der Währungsunion unter Beachtung des Preisstabilitätsziels
Durchführung von Devisengeschäften (Wechselkurspolitik)
Haltung & Verwaltung von offiziellen Währungsreserven der MS
Förderung des reibungslosen Funktionierens der Zahlungssysteme
ESZB ist unabhängig
Die EZB hat im Rahmen der WWU
-
das ausschließliche Recht, die Ausgabe von Banknoten innerhalb der EU zu genehmigen (zur Ausgabe berechtigt sind die EZB & nationale Zentralbanken),
das Recht, die Ausgabe von Münzen durch die MS zu genehmigen,
das Recht der Festlegung der Geldpolitik &
beschränkte Rechtssetzungsgewalt (VO, Entscheidungen, Empfehlungen, Stellungnahmen)
Budget- & Finanzverfassungsrecht
Österreichisches Haushaltsrecht und Wirtschaftspolitik
1. Wirtschafspolitische Aufgaben des Staates
Allokationsfunktion des Staates auch in der freien Marktwirtschaft
Wirtschaftsintervention durch gezielte Eingriffe
z. B. Einrichtung von Schulen
Verteilungsfunktion des Staates
Umverteilungseffekte des Einkommens & Vermögens
z. B. progressive Steuern, öffentliche Transferleistungen
Stabilisierungsfunktion des Staates
Ausgleich konjunktureller Schwankungen / Konjunktureinbrüche
Zusammenhang von
Haushaltsrecht &
staatlicher
Wirtschaftspolitik
ua Sicherstellung der Vollbeschäftigung
z. B. Steuersenkungen, Staatsausgabenerhöhungen
„Etat“ (Begriff des Budgets) = Ausdruck, der den Haushalt mit dem gesamten Staatswesen identifiziert
2. Ziele der Haushaltsführung von Bund, Ländern und Gemeinden
„Bund, Länder & Gemeinden haben bei ihrer Haushaltsführung die Sicherstellung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts (z. B. Preisstabilität) &
nachhaltig geordnete Haushalte (z. B. langfristig KEINE erheblichen Gegensteuerungsmaßnahmen) anzustreben“.
Umsetzung des Auftrags zur Budgetdisziplin im Verfassungsrecht durch die anwendbare einfach-gesetzliche „Schuldenbremse“ im Bundeshaushaltsgesetz 2013
Koordinierung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts durch die Gebietskörperschaften
Koordinierung des Nachhaltigkeitsziels durch den Konsultationsmechanismus & den Österreichischen Stabilitätspakt
gender budgeting = Anstreben der Gleichstellung von Frauen & Männern; Berücksichtigung von Ungleichbehandlungen im Budget – Analyse der Mittelverteilung
verbindliche Staatszielbestimmung
Österreichisches Haushaltsrecht im Rahmen der Wirtschafts- & Währungsunion (WWU)
„Regelungen der EU-Verträge zur WWU sehen Restriktionen für die nationale Budgetpolitik vor bestimmten somit wesentlich Rahmenbedingungen“.
verstärkte Verpflichtungen der MS im Rahmen der WWU durch den Abschluss des Fiskalpakts (= völkerrechtlicher Vertrag außerhalb des Unionsrechts,
der zur Implementierung einer „Schuldenbremse“ im nationalen Recht verpflichtet)
teilweise Überlagerung von verfassungsrechtlichen Vorgaben & unionsrechtlichen Regelungen
Bund, Länder & Gemeinden müssen zur Einhaltungen der unionsrechtlichen Verpflichtungen zusammenarbeiten
Mitwirkung des Nationalrats am Europäischen Stabilitätsmechanimsus (ESM)
österreichische Vertreter dürfen im ESM bei best. Angelegenheiten nur mit Ermächtigung des Nationalrats handeln
Vorsehen variabler Mittelverwendungsgrenzen, da die abrufbaren Mittel durch die ESM NICHT mit ausreichend Sicherheit vorausplanbar sind
Zahlungsstabilisierungsgesetz (ZaBiStaG): Vergabe von Darlehen zu marktüblichen Konditionen / Haftungsübernahme in Form von Garantien durch
den Bundesminister für Finanzen (BMF) an Länder, die mit Österreich wirtschaftlich eng verbunden sind
Das Budgetrecht des Bundes
1. Allgemeines
Budget = Gegenüberstellung von geschätzten Einnahmen (Mittelaufbringung) und geplanten Ausgaben (Mittelverwendung) (eines
Haushaltes) für eine Wirtschaftsperiode
Budgetsaldo = Differenz zwischen Mittelaufbringung & Mittelverwendung
Budgetdefizit (Ausgleich durch Kreditoperationen) vs. Budgetüberschuss (Vermögensaufbau, Rückzahlung von Schulden)
Gebarung = „jedes Verhalten des Bundes & der Länder, das finanzielle Auswirkungen hat“
Budgethoheit / subjektives Budgetrecht = Kompetenz zur Entscheidung über die Verwendung staatlicher Mittel
zentrale Befugnis: Europäisches Parlament
Budgethoheiten
Bundesbereich: Nationalrat
Landesbereich: idR Landtage (in jeder Landesverfassung unterschiedlich geregelt)
Bundesfinanzrahmengesetz BFRG & Bundesfinanzgesetz BFG als Bundesgesetze mit 2 Besonderheiten:
- Bundesrat kommt bei ihrer Erlassung KEINERLEI Mitwirkungsrecht zu, ausschließlich der Nationalrat wirkt mit
bloß „selbstbindender“ Charakter (= „Staat bindet sich selbst“)
- KEINE Ableitung von Rechten oder Pflichten für Rechtsunterworfene („Bepackungsverbot“)
Budgeterstellung als Sache der obersten Verwaltungsorgane
Festlegung sachpolitischer Zielsetzungen im Rahmen der Budgeterstellung
Entwurf des BFRG & „Bundesvoranschlag“ bedürfen des Einstimmigkeitsprinzips in der Bundesregierung
Budgetverfassungsrecht enthält das Verfahren zur Budgeterstellung & inhaltliche Budgetgrundsätze
Kontrolle des Budgetvollzugs durch den „Budgetausschuss“ des Nationalrats (Einbeziehung des Nationalrats in die Vollziehung des Budgets)
2. Grundbegriffe des Budgetrechts
a) Das Bundesfinanzrahmengesetz (BFRG)
„Die Bundesregierung hat dem Nationalrat jährlich einen Entwurf des BFRG vorzulegen, in dem für die folgenden vier Finanzjahre Obergrenzen für
Rubrikgen &Untergliederungen dieser Rubriken für die Mittelverwendung vorgeschlagen werden. Der Nationalrat beschließt diesen Finanzrahmen als
BFRG“. Außerdem sind die Grundzüge des Personalplans vorzulegen.
Obergrenzen für die sind für die folgenden 4 Finanzjahre verbindlich, die Untergliederungsobergrenzen nur für das folgende Finanzjahr
Obergrenzen sind idR fix, Ausnahmen werden durch den BMF in Form einer Verordnung bestimmt, um mit variablen Obergrenzen auf konjunkturelle
Schwankungen reagieren zu können
dem Entwurf des BFRGs ist ein Strategiebericht beizulegen, der die Voraussetzungen & Annahmen für die konkreten Zahlen darstellt
BFRG gibt den Ausgabenrahmen auf hoch aggregierter Ebene vor, Ausgestaltung im Detail durch das BFG
b) Das Bundesfinanzgesetz (BFG)
Vorlage eines Entwurfs des Bundesfinanzgesetzes für das folgende Finanzjahr durch die Bundesregierung spätestens 10 Wochen vor Ablauf des
Finanzjahres an den Nationalrat
Bundesvoranschlag (Ergebnisvoranschlag, Finanzierungsvorschlag & Angaben zur Wirkungsorientierung / Zielerreichung) enthält die
Gegenüberstellung von geschätzter Mittelaufbringung & Mittelverwendung für das folgende Finanzjahr
Übernahme der Rubriken & Untergliederungen des BFRGs + weitere Unterebenen (Globalbudgets, Detailbudget)
Budget bedarf der Genehmigung des Nationalrats in Form eines Bundesgesetzes (jährliche Bundesfinanzgesetze)
„ausgabenwirksame Handlungen sind nur möglich / erlaubt, wenn diese eine entsprechende bundesfinanzgesetzliche Grundlage haben“
Ausnahme: Doppelbudget:
Nationalrat beschließt ein BFG für das folgende & nächstfolgende Finanzjahr zugleich
(auch im zweiten Jahr wieder Budgetdebatte im Nationalrat)
Ausgaben < Veranschlagung
Rücklagenbildung für spätere Finanzjahre
c) Abweichungen und Nachtragsbudget
außerplanmäßige Mittelverwendungsüberschreitungen & überplanmäßige Mittelverwendungsüberschreitungen bedürfen der Zustimmung des
Nationalrats („Nachtragsbudget“) (sofern eine Mittelverwendungsüberschreitung NICHT ausdrücklich ins BFG aufgenommen wurde)
bei Überschreitungen der verbindlichen Grenzen des BFRG muss dieses neu novelliert werden
„Bei Gefahr im Verzug dürfen Überschreitungen in Höhe von 2 % der durch das BFG vorgesehenen Gesamtausgabensumme geleistet werden. Im
Verteidigungsfall dürfen solche Überschreitungen höchstens 10 % der durch das BFG vorgesehenen Gesamtausgabensumme betragen. Grenzen des
BFRG dürfen hierbei überschritten werden“.
BMF ist nur zur Genehmigung überplanmäßiger , NICHT zu außerplanmäßiger Überschreitungen des BFG (NICHT des BFRGs) ermächtigt, außer:
•
Genehmigung durch den Nationalrat im Vorhinein, dass den BMF zu Überschreitungen des BFGs ermächtigt
•
nur bei Anknüpfungen an sachliche Bedingungen & ziffernmäßige Bestimmtheit der Überschreitung
BMF darf best. überplanmäßigen Budgetüberschreitungen unmittelbar aufgrund der Bundesverfassung (OHNE den Nationalrat) zustimmen, sofern
diese unvorhersehbar waren, die Bedeckungen sichergestellt sind & die Obergrenzen des BFRG eingehalten werden
d) Budgetprovisorien
Budget ist „sensibel“ – möglicher Fall, dass die BR dem NR den BFRG- oder BFG-Entwurf NICHT rechtzeitig vorlegen kann
eigene Vorschriften für derartige Krisensituationen
Bei NICHT rechtzeitiger Erlassung des BFRG oder BFG kommt es zu „Budgetprovisorien“:
• Initiativantrag
NICHT rechtzeitiger Entwurf
Einbringen von Entwürfen durch Mitglieder des Nationalrats
(Entwürfe der BR mit Verspätung können dennoch noch immer zugrunde gelegt werden)
• Gesetzliches Budgetprovisorium
(unabhängig vom Zeitpunkt des Einbringens des Entwurfs)
KEIN BFG für ein Jahr beschlossen
„vorläufige Vorsorge durch Bundesgesetz“ (KEIN gesetzliches Provisorium für das BFRG vorgesehen)
• Automatisches Budgetprovisorium
(unabhängig vom Zeitpunkt des Einbringens des Entwurfs)
KEIN BFRG beschlossen
Obergrenzen des letzten Jahres (Finanzschulden im Ausmaß nur zur Hälfte)
e) Die Verrechnung und Rechnungslegung
Haushaltsrechnung als Kontrolle der Einhaltung des Planes
Rechnungslegung
Rechnungshof werden alle Wirtschaftstatsachen zum Zwecke der Erstellung des Bundesrechnungsabschlusses
vorgelegt; Rechnungshof legt diesen wiederrum dem Nationalrat bis zum 30.06. des folgenden Jahres vor;
positiver Abschluss: Genehmigung des Abschlusses durch den NR (politische Entlastung der Bundesregierung);
f) Der Bundesrechnungsabschluss und die Kontrolle
„Nach Ablauf des Finanzjahres müssen alle haushaltsführenden Stellen (= die einzelnen Bundesminister) dem Rechnungshof ihre
Abschlussrechnungen (Ergebnis- & Vermögensrechnung, Finanzierungsrechnungen, Voranschlagsvergleichsrechnungen) vorlegen“.
g) Exkurs: Anforderungen an Voranschläge und Rechnungsabschlüsse von Ländern und Gemeinden
Voranschlags- & Rechnungsabschlussverordnung des BMF: Regelungen für die Form & Gliederung der Voranschläge & Rechnungsabschlüsse
der Länder & Gemeinden (Angleichung an jene des Bundes)
Voranschläge: Ergebnisvoranschlag, Finanzierungsvoranschlag & Stellenplan
Gliederung in Bereichs- & Globalbudgets
Erstellung von Rechnungsabschlüssen
Die Grundsätze der Budgeterstellung
mehrere verfassungsrechtliche Grundsätze, die Gesetzgebung & Vollziehungen neben den Staatszielbestimmungen hinzutreten
a) Grundsatz der Wirkungsorientierung
„performance budgeting“
Orientierung an den mit den eingesetzten Mitteln angestrebten Zielen
„Bundesorgane haben eine bestimmte Anzahl von Zielen für ihre Tätigkeit zu definieren, die in das jährliche BFG aufgenommen werden“.
b) Grundsatz der Transparenz und Grundsatz der möglichst getreuen Darstellung der finanziellen Lage des Bundes
Ausnahme
Budgetklarheit = Transparenz / vollständige Darstellung aller budgetärer Umstände
außerbudgetäre Sonderfinanzierungen sind dem Bundesbudget NICHT zuzurechnen
„Flucht aus dem Budget“
Budgetwahrheit = „Staat darf sich NICHT reicher oder ärmer machen, als er ist“
„Die Einnahmen & Ausgaben sind sowohl nach der Art (qualitative Spezialität) (Personal- oder Sachaufwendungen) als auch nach der Höhe
(quantitative Spezialität) (Schätzung, sofern Errechnen NICHT möglich ist) möglichst genau zu veranschlagen“.
c) Grundsatz der Effizienz
staatliches Handeln basiert auf den Grundsätzen Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit & Zweckmäßigkeit (wirken zusammen, KEINE Isolation)
Effizienzprinzip ist verfassungsrechtlich implizit & explizit im B-VG geregelt
Kontrolle durch den VfGH
weiter Spielraum; nur bei evidenten Verstößen gegen das Effizienzprinzip;
Kontrolle durch den Rechnungshof
deutlich weitreichendere Wirtschaftlichkeitskontrolle
d) Eingeschränkter Grundsatz der Einjährigkeit
Beschluss des BGF inkl. Bundesvoranschlag für jeweils 1 Jahr
Beschluss der oberen Ausgabengrenzen für jeweils 4 Jahre
Möglichkeit der Novellierung / eines variablen Finanzrahmen in Konjunkturzeiten
Finanzverfassung
„Steuerstaat“
Abgabeneinhebung (z. B. Steuern) als primäre Finanzierungsquelle des Staates
Abgaben sind zwingend Geldleistungen (& KEINE Sachleistungen)
Steuergesetzgebung als wirtschaftspolitisches Instrument („Besteuerungsrechte“)
Regelungshoheit = „Wer (Bund oder Land) ist für die Gesetzgebung & Vollziehung welcher Gebiete zuständig?“
Finanz-Verfassungsgesetz (F-VG) regelt Kompetenzerteilung (nur bei Abgaben)
Ertragshoheit = „Wie sind die Abgaben auf die Gebietskörperschaften verteilt?“
Steuern (KEINE Gegenleistung), Gebühren (Gegenleistung) & Beiträge (Leistungen zur Errichtung / Erhaltung öffentlicher Einrichtungen) sind Abgaben
privatrechtliche Entgelte, Geldstrafen, GIS, Rundfunkgebühren & Co. sind KEINE Abgaben
FVG 1948 legt verschiedene Abgabentypen & damit Zuständigkeiten fest:
• ausschließliche Bundesabgaben
Gesetzgebung & Vollziehung: Bund
Ertragshoheit: Bund
z. B. Stempel- & Rechtsgebühren
• Landes- / Gemeindeabgaben
Gesetzgebung: Länder
Vollziehung: Länder, Gemeinden
Ertragshoheit: Bund, Länder, Gemeinden
• gemischte Abgaben
ausschließliche Abgaben = fließen nur
einer Gebietskörperschaft zu
geteilte Abgaben = fließen verschiedenen
Gebietskörperschaften zu
Gesetzgebung & Vollziehung: Bund
Ertragshoheit: Bund, Länder, Gemeinden
z. B. Einkommenssteuer, MwSt.;
Zuteilungsaufgabe der Abgabentypen liegt beim einfachen Bundesgesetzgeber („Kompetenz-Kompetenz“ – „darf über ihre Zuständigkeit selbst bestimmen“)
Finanzausgleichsgesetz
Paritätsgrundsatz als Gleichbehandlungsgebot (z. B. finanzielle Berücksichtigung von höheren Kosten im Zusammenhang mit der Betreuung besonderer Agenden)
Finanzausgleichspaktum = Einigung der Gebietskörperschaften über die Verteilung im Verhandlungswege
dominante Stellung des Bundes aufgrund der überwiegenden Regelungshoheit
Vollziehung von Steuergesetzen durch eigene Behörden (z. B. Finanzämter) (unmittelbare Bundesverwaltung)
Abgabenerfindungsrecht der Länder: in unbesteuerten Bereiche des FAG, die in einem hinreichenden Naheverhältnis zu ihrem Wirkungsbereich
stehen, dürfen durch das Land Abgaben erhoben werden
geringer Spielraum
z. B. U-Bahnsteuer, Hundesteuer;
Gemeinden können zu bestimmten Abgaben durch Beschlüsse der Landes- oder Bundesgesetzgebung ermächtigt werden
z. B. Vergnügungssteuern
Finanzverfassung und Haushaltsrecht der Europäischen Union
Kompetenz der EU, Einnahmen zur Finanzierung beschlossener Ausgaben zu erheben
KEINE Finanzierung der EU durch Kredite
Eigenmittel (Erträge aus Agrarabschöpfungen, Zöllen, MwSt., BNE) als größter Teil der EU-Einnahmen
neuer Eigenmittelbeschluss, der noch einer Zustimmung bedarf
neue Kategorien von Eigenmitteln (z. B. Plastik-Abgabe);
Aufnahme von 750 Mrd. € für „Next Generation EU“
(Coronapandemie) am Kapitalmarkt;
mehrjähriger Finanzrahmen:
langfristige Planung der Finanzierung, erlassen durch den Rat der EU mit Zustimmung des Europäischen Parlaments
Festlegung finanzieller Obergrenzen für 5 Jahre im Voraus
Haushaltsplan:
Erstellung durch den Rat der EU & das Europäische Parlament
jährliche Darstellung der geplanten finanziellen Aktivitäten unter Einhaltung des mehrjährigen Finanzrahmens
gesonderte Ausweisung von Darlehen, Anleihen, finanziellen Aktivitäten & Co.
zweifache Kontrolle der einzelnen Organe der EU:
äußere Kontrolle: interner Prüfer + Europäischer Rechnungshof
interne Kontrolle: Jahresbericht + Erklärung (Entlastung der Europäischen Kommission)
p
Einleitung
Bank- & Kapitalmarktrecht
als Schnittstelle zwischen
europäischem und nationalen
sowie zwischen öffentlichem
und privatem Recht
B-VG als Grundlage für bank& kapitalmarktspezifische
Gesetze
(Querschnittsmaterie)
„Regulierungsflut“ seit der Finanzkrise, im Zuge derer die Finanzmarktaufsicht
grundlegend umgestaltet wurde
Rechtssetzung & Koordinierung: Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA),
Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen, betriebliche Altersversorgung
(EIOPA), Wertpapieraufsichtsbehörde (ESMA);
Schaffung des „Einheitlichen Aufsichtsmechanismus“: Europäische Zentralbank
(EZB) als europäische Bankenaufsichtsbehörde
Bankrecht
= setzt Banken einen rechtlichen Rahmen & regelt deren Marktverhalten
Rechtsgrundlagen
Basler-Ausschuss für Bankenaufsicht
NICHT-verbindliche Richtlinien & Empfehlungen, die erst durch europäisches bzw. nationales Rech rechtliche Bedeutung erlangen
z. B. Eigenkapital-Richtlinie: Eigenkapital Verordnung
Unionsrecht
Ziel: Harmonisierung der Bestimmungen der Mitgliedstaaten durch Richtlinien & Verordnungen – Vollendung des Binnenmarkts
z. B. Sanierungs- & Abwicklungsrichtlinie (BRRD); SSM-VO für Regelungen zu Organisation & Verfahren der Bankenaufsicht / Zulassung von Kreditinstituten
..........aufgrund eines festgelegten Verfahrens;
österreichisches Recht
Bankwesengesetz (BWG) als zentrale Rechtsquelle des öffentlichen Bankrechts
Ausübung insb. durch die Finanzmarktaufsicht als „Allfinanzbehörde“
weitere Spezialgesetze (z. B. Sparkassengesetz)
Einlagengeschäft
Kreditgeschäft
Depotgeschäft
Was ist und was tut ein Kreditinstitut?
1. Bankgeschäfte
BWG enthält eine abschließende Aufzählung der Bankgeschäfte
maßgeblich ist das „Erbringen“, NICHT bloß das „Anbieten“
Ausübung bedarf einer Zulassung
Girogeschäft
Diskontgeschäft
Münzenhandel
Ausgabe und Verwaltung von Zahlungsmitteln
Anlageberatung
Portfolioverwaltung
Bauspargeschäft
Bankgeschäfte müssen gewerblich (nachhaltig & auf Erzielung von Einnahmen gerichtet) betrieben werden
Kreditinstitute sind auch zur Durchführung angelagerter Geschäfte berechtigt
z. B. Wechselstubengeschäft, Leasinggeschäft, Unternehmensberatung, Erteilung von Handelsauskünften, Schließfachverwaltungsdienste.
.........Finanztransfergeschäfte, Ausgabe von E-Geld, Tätigkeiten / Hilfstätigkeiten im Zusammenhang, ...
Erfüllung des Kreditbegriffs der CRR
Ja
Nein
Zulassung nach dem CRR
durch die EZB
Zulassung nach dem BWG
durch die FMA
2. Nationaler und unionsrechtlicher Kreditinstitutsbegriff
national (BWG):
„Kreditinstitut ist, wer eines oder mehrere der im BWG aufgelisteten Bankgeschäfte aufgrund einer entsprechenden
Zulassung ausübt“.
„es reicht, eine Berechtigung für eines der im BWG genannten Bankgeschäfte zu haben“
unionsrechtlich (CRR):
„Ein Kreditinstitut ist ein Unternehmen, dessen Tätigkeit darin besteht, Einlagen oder andere rückzahlbare Gelder des
Publikums entgegenzunehmen und Kredite für eigene Rechnung zu gewähren“.
Zulassung zumindest für das Einlagen- & Kreditgeschäft
rechtliche Unterschiede:
- der Europapass („single license“) gilt nur für Kreditinstitute iSd Unionsrechts (= Zulassung best. Tätigkeiten im gesamten EWR)
- Anwendungsbereich des SSM
3. Kreditinstitute als Finanzintermediäre
Finanzintermediäre = Unternehmen, die auf dem Finanzmarkt als Mittler zwischen Kapitalangebot & -nachfrage fungieren
best. Tätigkeiten können andere Berechtigungen nach Spezialgesetzen vorsehen
z. B. WAG 2018 für bestimmte Wertpapierdienstleistungen, Versicherungsaufsichtsgesetz 2016, Dienstleister mit Gewerbeberechtigungen;
Bankenaufsicht
für Kreditinstitute iSd des Unionsrechts & nationalen Rechts
Ausnahmen: OeNB & Vergabe von Förderungsdarlehen durch Gebietskörperschaften
positive Zielsetzung: Sicherstellung der gesetzmäßigen Tätigkeit der Kreditinstitute
negative Zielsetzung: Verfolgung und Abstellung bei gesetzeswidrigem Verhalten
1. Der Einheitliche Aufsichtsmechanismus (SSM)
früher: EU-Aufsichtsbehörden EBA, ESMA; EIOPA
Anwendungsbereich: Kreditinstitute iSd Unionsrechts
2012: Gipfelerklärung zur Errichtung einer Europäischen Bankenunion zur Durchbrechung des Teufelskreises zwischen Banken & Staatsschulden
seit 2014: Einheitlicher Aufsichtsmechanismus
1. Säule
2. Säule
Einheitlicher Aufsichtsmechanismus
3. Säule
Einheitlicher Abwicklungsmechanismus
Einlagensicherung
Stärkung bisheriger Vorschriften
„Single Rulebook“ als einheitliches, aufsichtsrechtliches, für alle Kreditinstitute verbindliches Regelwerk (Fundament der Bankenunion)
SSM
EZB
national zuständige Behörden (NCA) der
teilnehmenden MS
EZB als zentrale Aufsichtsbehörde der Eurozonen-Kreditinstitute sowie jener, die sich zu einer Zusammenarbeit mit der SSM entschließen
EZB als direkte Aufsicht für die bedeutendsten KI, die nationalen Behörden als direkte Aufsicht für die übrigen KI
gemeinsames Verfahren: EZB als alleinige Entscheidungszuständigkeit unter Mitwirkung der NCAs
EZB bildet als unabhängiges Organ der EU gemeinsam mit den nationalen Zentralbanken das System der Zentralbanken (ESZB)
Rechenschaftsplicht gegenüber dem Europäischen Parlament & dem Rat der EU
Hauptaufgaben der EZB: Gewährleistung der Preisstabilität im Euroraum & Bankenaufsicht im Rahmen des SSM
Die EZB verfüg über folgende Beschlussorgane:
EZB-Rat
oberstes Beschlussorgan
6 Mitglieder des Direktoriums,
Präsidenten der nationalen
Zentralbanken der 19 MS des
Euroraums
allgemeine & individuelle
Beschlussentwürfe an das
Aufsichtsgremium
Erweiterter Rat
19 Vertreter der Eurozone &
Vertreter jener Länder ohne den
Euro
koordinierende & beratende
Aufgaben, Sicherstellung der
Zusammenarbeit der Euro- & NichtEuro-MS
Direktorium
EZB-Präsident, EZB-Vizepräsident,
4 Mitglieder, die durch den
Europäischen Rat mit qualifizierter
Mehrheit gewählt wurden
Vorbereitung der EZB-RatSitzungen, laufende
Geschäftstätigkeiten
Aufsichtsgremium
dem EZB-Rat vorgeschaltetes
Beschlussorgan
Vorsitzender, stellvertretender
Vorsitzender, 4 Vertreter der
EZB, 19 Vertreter der nationalen
Aufsichtsbehörden
Vorbereitungstätigkeiten für EZBAufsichtsaufgaben,
Beschlussentwürfe an den EZBRat
Projekt „Bankenunion“
2. Aufgabenverteilung
Anwendungsbereich des SSM: Kreditinstitute iSd CRR
sonst: national zuständige Behörden
„Bei Wahrnehmung der Aufsichtsaufgaben wendet die EZB das einschlägige Unionsrecht an, wenn dieses aus Richtlinien besteht, dann wendet sie
jene nationalen Vorschriften an, mit denen diese Richtlinien umgesetzt wurden“.
FMA als die in Österreich national zuständige Behörde
Ausnahmen des SSM-Anwendungsbereichs:




Beaufsichtigung von Kreditinstituten aus Drittländern, die in Österreich eine Zweigstelle errichten oder grenzüberschreitende Dienstleistungen erbringen
Aufsicht über die Einhaltung von Bestimmungen zur Geldwäsche- & Terrorismusprävention
Aufsicht von Verbraucherschutzbestimmungen
Aufsicht von Bestimmungen österreichischer Sondergesetze
z. B. Bausparkassengesetz
a) bedeutende und weniger bedeutende Institute
 bedeutende Kreditinstitute iSd Unionsrechts werden direkt von der EZB beaufsichtigt
-
-
Gesamtwert der Aktiva übersteigt 30 Mrd.
€ oder
Aktiva des KI beträgt mind. 20 % des BIP
des Niederlassungsmitgliedsstaates & der
Aktivagesamtwert liegt über 5 Mrd. € oder
die Bedeutung wurde durch die NCA
notifiziert und durch die EZB durch
Beschluss bestätigt
3
jedenfalls als bedeutend gelten die
bedeutendsten
Institute jedes teilnehmenden Mitgliedstaates sowie Institute, die
finanziell direkt durch die EFSF oder ESM unterstützt werden
ebenfalls bedeutend können Banken mit Tochterbanken in mehreren
MS sein, deren Aktiva oder Passiva einen wesentlichen
grenzüberschreitenden Teil ausmachen
laufende Aufsicht durch gemeinsame Aufsichtsteams (JSTs), die sich aus der EZB und Mitarbeitern der nationalen Aufsichtsbehörde
zusammensetzen
Bsp. in Österreich: BAWAG Group A, VOLKSBANK WIEN AG;
unionsweit 115 KI mit mehr als 1.000 beaufsichtigten Unternehmen
 weniger bedeutende Kreditinstitute iSd Unionsrechts erden nur indirekt durch die EZB, aber direkt durch die FMA beaufsichtigt
abgesehen vom „Gemeinsamen Verfahren“, indirekte Beaufsichtigung durch die EZB
Beaufsichtigung durch nationale Behörden, EZB kann Aufsichtskompetenz aber an sich ziehen & ist weisungsbefugt gegenüber den nat. Behörden
 Kreditinstitute iSd nationalen Rechts werden durch die allein zuständige FMA beaufsichtigt, die nach dem BWG und einschlägigen
Sondergesetzen entscheidet
b) Behörden und Verfahren
EZB richtet sich bei seiner direkten Aufsicht nach Unionsrecht (SSM-VO, SSM-Rahmenverordnung)
national zuständige Behörden richten sich bei ihrer direkten Aufsicht nach nationalem Verfahrensrecht (AVG, FMA-Behördengesetz, BWG-Sonderregelungen)
Auch wenn sich das Gemeinsame Verfahren nach der SSM-VO richtet, kommt der NCA eine bedeutende Rolle als Einbringungsstelle für Anträge, bei
der Beschlussvorbereitung an die EZB oder bei der selbstständigen Antragsablehnung zu.
Die NCA ist außerdem indirekt in die direkte Aufsicht in Form des Joint Supervisory Teams involviert.
Instanzenzüge:
Bescheid der FMA
Beschluss der EZB
Bescheidbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht
administrative Überprüfung durch Überprüfungsausschuss der EZB
durch Antrag
Beschwerde bzw. Revision beim VfGH / VwGH
Nichtigkeitsklage beim EuG
beschränkter Rechtszug an den EuGH
Anwendung nationalen Rechts durch das EZB-Unionsorgan
fraglich, inwieweit nationale Regelungen auch Gegenstand des Verfahrens vor dem EuGH sein können
alleinige Zuständigkeit des EuGH, sofern die EZB die endgültige Entscheidung allein ausübt, OHNE an nationale Behörden gebunden zu sein
KEINE alleinige Zuständigkeit des EuGH, sollte die EZB durch eine vorbereitende Handlung der nationalen Behörde an diese gebunden sein
c) Anwendbares Recht
„Auch wenn das einschlägige Unionsrecht aus grundsätzlich unmittelbar anwendbaren Verordnungen besteht, diese Verordnungen den MS aber
ausdrücklich Wahlrechte einräumen, sind die betroffenen nationalen Rechtsvorschriften anzuwenden“.
3. Zulassungserfordernis
a) Zulassungsverfahren
„Damit ein Unternehmen als Kreditinstitut tätig sein darf, muss es zuvor als solches zugelassen worden sein. Seit Inkrafttreten der SSM ist für die
Erteilung einer solchen Konzession für die Aufnahme der Tätigkeit eines Kreditinstitutes iSd Unionsrechts die EZB zuständig“.
Zulassungsanträge sind bei der NCA einzubringen
Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen: Beschlussentwurf an die EZB
Zulassungsentwurf gilt von der EZB als angenommen, wenn innerhalb von 10 Tagen NICHT widersprochen wird (schriftliche Mitteilung über die
eine Zulassung
berechtigt zur
Tätigkeit im
gesamten EWR
Ablehnungsgründe)
NICHTerfüllung der Zulassungsvoraussetzungen
Antragsabweisung
KEINE Zulassung brauchen Rechtsträger, die vom BWG ausgenommen sind oder ihre Bankgeschäfte aufgrund ihrer Niederlassungs- & Dienstfreiheit
erbringen und im Herkunftsstaat über eine Zulassung verfügen
b) Voraussetzungen und Umfang der Berechtigung
Zulassung auf Grund eines schriftlichen Antrags, wenn
das Unternehmen als Kreditinstitut in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft, Genossenschaft oder einer Sparkasse geführt wird,
die Satzung KEINE Bestimmungen enthält, welche die Sicherheit, der dem Kreditinstitut anvertrauten Vermögenswerte & die ordnungsgemäße
Durchführung der Bankgeschäfte NICHT gewährleisten,
die Aufsichtsziele (solide & umsichtige Führung des Kreditinstituts) durch qualifizierte Beteilige bzw. gesellschaftliche Verflechtungen NICHT gefährdet
werden,
das Anfangskapital oder die Anfangsdotation mindestens 5 Mio. € beträgt und den Geschäftsleitern unbeschränkt und ohne Belastung im freien
Inland zur Verfügung steht,
die Zuverlässigkeit & fachliche & charakterliche Eignung der mind. 2 Geschäftsleiter gegeben ist (z. B. mind. ein GF muss einwandfreies Deutsch beherrschen) &
der Sitz & die Hauptverwaltung im Inland liegen.
-
Zulassung durch die EZB mit Beschluss
Mitteilung durch die FMA
Kreditinstitut nach dem BWG
alleinige Zuständigkeit der FMA
Zulassung auch nur für einzelne Bankgeschäfte oder die Ausnahme von Bankgeschäften möglich
c) Das Ende der Zulassung
CRR: Entziehung mittels Beschlusses durch die EZB von sich aus oder nach Vorlage des Beschlussentwurfes durch die FMA
BWR: alleinige Zuständigkeit der FMA
Beurteilung in beiden Fällen nach dem BWR
Konzession KANN zurückgenommen werden
Konzession MUSS zurückgenommen werden
Konzession ERLISCHT
-
-
-
-
Geschäftsbetrieb wird innerhalb von 12
Monaten NICHT aufgenommen
seit 6 Monaten KEINE Ausübung des
Geschäftsbetriebs
-
4. Beteiligungskontrolle
Zusammenhang der Beteiligung mit Geldwäsche?
unrichtige Angaben / täuschende
Handlungen
Erschleichung
rechtwidriger Betrieb –
Funktionsfähigkeit des KI kann NICHT
wiederhergestellt werden
NICHTerfüllung der Verpflichtungen
gegenüber dem Gläubiger
Fassung des Auflösungsbeschlusses durch
das KI (sämtliche Bankgeschäfte sind
bereits abgewickelt)
Eröffnung des Konkursverfahrens (mit
dem Bankvermögen)
-
durch Zeitablauf
Eintritt einer der in der Konzession
vorgesehenen auflösenden Bedingungen
Zurücklegung
Eintragung der Verschmelzung / Spaltung
von KI ins Firmenbuch
qualifizierte Beteiligungen
überschreiten einen Anteil an
Stimmrechten oder Kapital von 20, 30
o der 40
Prozent
zählt zu den „Gemeinsamen Verfahren“
Verpflichtung, der NCA jeden Erwerb von qualifizierten Beteiligungen anzuzeigen
auf die Prüfung des NCAs folgt der Beschlussentwurf an die EZB & die
anschließende Beurteilung durch Kriterien des Unionsrechts
z. B. Beurteilungskriterien: Zuverlässigkeit, fachliche Eignung der Leitung;
5. Anforderungen an Kreditinstitute
Ausarbeitung von der EBA & Annahme durch die Europäische Kommission von technischen Regulierungs- & Durchführungsstandards, die die aufsichtsrechtlichen
Anforderungen näher konkretisieren
Single Rulebook = einheitliche Standards unionsweit für Kreditinstitute
CRR:
•
•
•
Eigenmittelanforderungen
Berechnung eines Gesamtrisikobetrags (exkl. Risikopositionen gegenüber Zentralstaaten & Zentralbanken) aufgrund unterschiedlicher Risikoarten
harte Kernkapitalquote: 4,5 %
Kernkapitalquote: 6,0 %
Gesamtkapitalquote: 8 %
Verschuldungsquote („Leverage Ratio“)
Liquiditätsanforderungen
Mindestbestand an hochliquiden Aktiva
Mindeststandard über einen längeren Zeithorizont
•
Großkredite
Großkredite übersteigen 10 % der anrechenbaren Eigenmittel
Obergrenze: 25 % der anrechenbaren Eigenmittel (Ausnahme von Forderungen an Zentralbanken oder Gebietskörperschaften)
BWG:
•
Kapitalpuffer
zur Aufrechterhaltung der Kreditvergabe in Krisenzeiten
•
•
Rechnungslegungsvorschriften
Einrichtung einer internen Revision
laufende Prüfung der Gesetzmäßigkeit, Ordnungsmäßigkeit & Zweckmäßigkeit des UNs
•
„Fit- & Proper-Test“
ausreichend zeitliche Verfügbarkeit
Geschäftsleiter: mind. 3 Jahre vergleichbare leitende Tätigkeit
Aufsichtsrat: ausreichend Erfahrung, um die Entscheidungen der Geschäftsleitung kontrollieren zu können + numerische Mandatsgrenzen für
ausreichende zeitliche Verfügbarkeit
Ausreichende Verwaltungs-, Rechnungs- & Kontrollverfahren + eine Organisationsstruktur zur Vermeidung von Interessens- & Kompetenzkonflikten sind von
KI zur Verfügung zu stellen
6. Laufende Beaufsichtigung
Unterscheidung zwischen bedeutenden & weniger bedeutenden Kreditinstituten von Relevanz
Anwendung von einschlägigen Unionsrecht bzw. nationalen Rechtsvorschriften bei Richtlinienumsetzung oder eingeräumten Wahlrecht bei VO durch die EZB bei
der direkten Beaufsichtigung
Überwachung der Einhaltung der Anforderungen an Kreditinstitute:
-
Errichtung einer Zweigstelle oder grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung in einem NICHT teilnehmenden Mitgliedsstaat
Eigenmittelanforderungen, Verbriefung, Großkredite, Liquidität, Verschuldungsgrad sowie Meldung &Veröffentlichung entsprechender Infos
Anforderungen an eine solide Unternehmensführung
aufsichtsrechtliche Überprüfungen & Stresstests
Beaufsichtigungen auf konsolidierter Basis der Muttergesellschaften
Aufsichtsaufgaben in Bezug auf die Sanierung & Abwicklung von Banken
EZB kann sämtliche erforderlichen Informationen, Untersuchungen vor Ort & zu ergreifende vorzeitige Maßnahmen (z. B. Liquidität) fordern
7. Sanktionen
Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig & abschreckend sein
Verstöße gegen Eigenmittelanforderungen: Verwaltungsgeldbußen bis zur zweifachen Höhe der aufgrund des Verstoßes erzielten Gewinne oder bis zu 10 % des
Vorjahresgewinns
bei Verstößen gegen direkt anwendbare EU-Rechtsakten
Nichtigkeitsklage beim EuG gegen EZB-Geldbuße
bei Verstößen gegen NICHT direkt anwendbare EU-Rechtsakten
Bescheidbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gegen FMAVerwaltungsstrafe
Bankgeheimnis
=
„Kreditinstitute, ihre Gesellschafter, Organmitglieder, Beschäftigte sowie sonst für Kreditinstitute tätige Personen dürfen
Bankgeheimnisse, die ihnen aufgrund der Geschäftsverbindungen mit ihren Kunden anvertraut oder zugänglich gemacht worden sind, nicht
offenbaren oder verwerten“
Ausnahme des Bankgeheimnisses in best. Fällen
z. B. gerichtliche Bewilligungen in einem Strafverfahren; ausdrückliche Zustimmung des Kunden zur Offenbarung des Geheimnisses;
Lockerungen des Bankgeheimnisses seit der Steuerreform 2015
Befugnis der Finanzbehörde mit richterlicher Bewilligung Auskünfte über Geschäftsverbindungen von KI zu erlangen, wenn klärbare Zweifel an der
Richtigkeit der Angaben des Abgabepflichtigen bestehen & der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt wird
Schaffung eines zentralen Kontoregisters, das Name, Geburtsdatum, Adresse des Kontoinhabers sowie Daum der Eröffnung & Auflösung enthält
Änderungen des BWG (einfache Gesetze) bedürfen die Anwesenheit von mind. der Hälfte der Abgeordneten & mind. zwei Drittel der Stimmen
Kapitalmarktrecht
Rechtsgrundlagen
primärrechtliche Grundlagen: Kapitalverkehrsfreiheit, Dienstleistungs- & Niederlassungsfreiheit
bereits hoher Harmonisierungsgrad (z. B. gewisse Mindeststandards)
Harmonisierung durch Richtlinien & immer mehr Verordnungen
Europäische Kommission (September 2015): „Aktionsplan zur Schaffung einer Kapitalmarktunion“ – Maßnahmen für einen stärker integrierten Kapitalmarkt
nationale Rechtsquellen:
-
Kapitalmarktgesetz (KMG)
Alternativfinanzierungsgesetz (AltFG)
Börsegesetz (BörseG)
Übernahmegesetz (ÜbG)
+ Verordnungen der EU (unmittelbar anwendbar)
Was ist und was will das Kapitalmarktrecht?
1. Begriff und Funktion des Kapitalmarkts
„Auf Finanzmärkten wird mit Finanzierungsmitteln gehandelt. Die gehandelte Ware ist am Finanzmarkt Kapital im weitesten Sinne“.
Finanzmärkte
nationale Finanzmärkte
internationale Finanzmärkte
Finanzmärkte
Geldmarkt
Kapitalmarkt
Kreditmarkt
„Der Begriff Kapitalmarkt bezeichnet somit einen Teilmarkt des Finanzmarkts“.
Kapitalmarkt: längerfristige Kapitalanlage & -aufnahme sowie der Handel von Wertpapieren, die Rechte auf lauf. Erträge verbriefen; Akteure:
Kreditinstitute;
Kapitalmarkt
Kapitalausgabe
„primärer K.-markt“
Zirkulationsmarkt
„sekundärer K.-Markt“
Emissionsgeschäfte
Effektengeschäfte
Kassamarkt = Geschäftsabschluss & -erfüllung innerhalb kurzer Zeit statt
Terminmarkt = Erfüllung des Geschäftes erst zu einem späteren Zeitpunkt
geregelter Kapitalmarkt = auf der Börse getätigte Geschäfte
untergeregelter / grauer Kapitalmarkt = Geschäfte außerhalb der Börse
„Allokationsfunktion – Effekt, der dafür sorgt, dass das Kapitalangebot der jeweils effizientesten Verwendung zugeführt wird“
Finanzintermediäre vermitteln indirekt Kapital von Marktteilnehmern mit einem Kapitalüberschuss an solche mit einem Kapitalbedarf
Vermittlungs- & Infomationsfunktion (Bewertung, Prüfung & Beratung)
2. Regelungsgegenstand
Vorschriften, die den Mitteltransfer & die -verwendung zum Gegenstand haben
Einfluss des Bankrechts auf das Kapitalmarktrecht, da die wesentlichen Akteure Banken sind
3. Regelungsziele
Regelungszwecke: Funktionsschutz des Marktes & Schutz der einzelne Kapitalgeber und Anleger
(Voraussetzungen, damit der Kapitalmarkt seine Allokationsfunktion erfüllen kann)
4
•
•
•
•
Leitprinzipien:
Sicherstellung einer informierten Transaktionsentscheidung
Gewährleistung von Markttransparenz durch bessere Informationsverteilung
Förderung des allgemeinen Vertrauens durch Schaffung von Marktintegrität
Gebot der Gleichbehandlung
+ auf europäischer Ebene: Binnenmarktverwirklichung
Kapitalmarktrecht im engeren Sinne
1. Allgemeines – Prospektrecht
private Anbieter von Finanzinstrumenten: allgemeines Zivilrecht (KEINE Prospektpflicht)
öffentliche Angebote von Finanzinstrumenten: kapitalmarktrechtliche Regelungen
„Öffentliche Angebote lösen die Prospektpflicht aus, dh die Veröffentlichung einer Information über den Emittenten und die Kapitalanlage“.
2. Rechtsgrundlagen
Prospektrecht ist zweigeteilt (rechtliche Unterschiede zwischen Wertpapieren und Veranlagungen)
Wertpapiere: Prospekt-Verordnung
(primäre Regelung)
Emissionsprospekt (Anforderung für das öffentliche Angebot), Zulassungsprospekt (Anforderungen für die Zulassung am Markt)
zivilrechtliche Haftungsbestimmungen & Strafvorschriften: KMG
z. B. Aktien, Schuldverschreibungen;
Veranlagungen: Vorschriften des Kapitalmarktgesetzes (KMG)
(ausschließliche Regelung)
zivilrechtliche Haftungsbestimmungen & Strafvorschriften: KMG
z .B. Kommanditanteile, Stille Beteiligungen, nachrangige Darlehen, nicht verbriefte Genussrechte;
3. Prospektpflicht
„Sowohl Wertpapiere als auch Veranlagungen dürfen nur nach vorheriger Veröffentlichung eines Prospekts öffentlich angeboten werden“.
Prospekterstellungsverantwortlicher: Emittent
a) öffentliches Angebot
öffentliches Angebot = Mitteilung an die Öffentlichkeit (> 150 unbestimmte Personen – „Vielzahl & Anonymität“)
Mitteilung = Willenserklärung mit Verkaufsabsicht
kapitalmarktrechtlicher Angebotsbegriff erfasst verbindliche & NICHT verbindliche Angebote
„NICHT nur das erstmalige, sondern auch jedes weitere öffentliche Anbieten darf nur unter Beachtung der Prospektpflicht erfolgen“.
b) Ausnahmen von der Prospektpflicht
Die Prospekt-VO findet KEINE Anwendung auf
 Kapitalanteilsscheine
 Schuldverschreibungen, ausgegeben von einem MS, einer Gebietskörperschaft, der EZB oder von Zentralbanken der MS
 Anteile am Kapital der Zentralbanken der MS
 Kleinstemissionen < 1 Mio. €
KEINE Anwendung der Prospekt-VO für ua öffentliche Angebote von Wertpapieren:
 ausschließlich qualifizierte Anleger („professionelle Anleger“)
 < 150 Personen pro MS, die KEINE qualifizierten Anleger sind
 Mindeststückelung von € 100.000,00
 Mindestinvestitionssumme von € 100.000,00 pro Anleger
 Austausch bereits ausgegebener Aktien OHNE Kapitalerhöhung
 Arbeitnehmeraktien
 Gesamtgegenwert < 2 Mio. €
Von der Prospekt-VO sind weiters folgende Wertpapiere ausgenommen:
 Wertpapiere, die mit bereits zum Handel am selben geregelten Markt zugelassenen Wertpapieren fungibel sind, sofern sie über einen Zeitraum von 12
Monaten weniger als 20 % der Zahl der Wertpapiere ausmachen, die bereits zum Handel am selben geregelten Markt zugelassen sind
 Aktien, die aus der Umwandlung oder dem Eintausch anderer Wertpapiere oder aus der Ausübung der mit anderen Wertpapieren verbundenen Rechte
resultieren, sofern es sich dabei um Aktien derselben Gattung wie die bereits zum Handel am selben geregelten Markt zugelassenen Aktien handelt &
sofern sie über einen Zeitraum von 12 Monaten weniger als 20 % der Zahl derselben Gattung ausmachen, die bereits zum Handel am selben geregelten Markt
zugelassen sind
 Aktien, die im Austausch für bereits am selben geregelten Markt zum Handel zugelassene Aktien derselben Gattung ausgegeben werden, sofern mit der
Emission dieser Aktien KEINE Kapitalerhöhung des Emittenten verbunden ist
 Wertpapiere, die im Rahmen eines Crowdfunding-Projektes angeboten werden, wenn der Gesamtgegenwert der öffentlich angebotenen Wertpapiere über
einen Zeitraum von 12 Monaten 5 Mio. € NICHT übersteigt
Bei Veranlagungen sind im KMG 2019 folgende ausgenommen:
 an ausschließlich qualifizierte Anleger
 < 150 Personen pro MS, die KEINE qualifizierten Anleger sind
 Mindeststückelung von € 100.000,00
 Mindestinvestitionssumme von € 100.000,00 pro Anleger
 Anteilsscheinen von Investmentfonds
 Gesamtgegenwert < 2 Mio. €
c) Inhalt und Form des Prospekts
„Der Prospekt hat sämtliche Angaben in leicht zu analysierender, knapper & verständlicher Form zu enthalten, damit die Anleger sich ein fundiertes
Urteil über die Vermögenswerte, die Finanzlage, die Gewinne & Verluste, die Zukunftsaussichten des Emittenten & jedes Garantiegebers sowie über
die mit dem Wertpapier verbundenen Rechte bilden kann.“
1. Abschnitt: Einleitung samt Warnhinweisen
2. Abschnitt: Basisinfos über den Emittenten
3. Abschnitt: Basisinfos über die Wertpapiere
4. Abschnitt: Basisinfos zum öffentlichen
Angebot / zur Zulassung
Änderung der Geschäftstätigkeit und der
Finanzlage, mit den Wertpapieren
verbundene Rechte, Gründe für die
Emission und ihre Auswirkungen auf den
Emittenten, Zusammenfassung
Wertpapiere
auf Grundlage der vereinfachten
Offenlegungsregeln für
Sekundäremissionen
Länge max. 7 DIN-A4-Seiten
vereinfachter Prospekt bei Wertpapieren für
✓ Emittenten, deren Wertpapiere mindestens während der letzten 18 Monate ununterbrochen zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen waren & die
Wertpapiere emittieren, die mit den zuvor begebenen Wertpapieren fungibel sind
✓ Anbieter von Wertpapieren, die mindestens während der letzten 18 Monate ununterbrochen zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen waren
Prospektrecht für Veranlagungen weniger aufwendig – KEINE Zusammenfassung vorgesehen
vereinfachtes Verfahren, wenn der Gesamtgegenwert < 5 Mio. €
d) Billigung / Kontrolle und Veröffentlichung des Prospekts
vor Veröffentlichung:
Prospekte für Wertpapiere
Billigungsverfahren
FMA überprüft den Prospektentwurf auf Vollständigkeit, Verständlichkeit & Kohärenz, NICHT aber
auf Richtigkeit
FMA hat sich innerhalb von 10 Tagen zu entscheiden
Prospektveröffentlichung erst nach Billigung erlaubt – auf der Website des Emittenten / Finanzintermediärs
Veröffentlichung spätestens mit Beginn des öffentlichen Angebots
Prospekt muss 10 Jahre öffentlich zugänglich sein
Prospekte für Veranlagungen
Prospektkontrolle
privatrechtliche Vereinbarung zwischen Emittenten & Prospektkontrolleur
Überprüfung der Vollständigkeit & Richtigkeit des Prospektentwurfs
Veröffentlichung spätestens 1 Bankarbeitstag vor Beginn des öffentlichen Angebots
Prospektveröffentlichung erst nach Prospektkontrolle erlaubt – auf der Website des Emittenten /
Finanzintermediärs / der FMA / in einer bundesweiten Zeitung / schriftlich beim Sitz des Emittenten
Prospekt muss 10 Jahre öffentlich zugänglich sein
wichtige neue Umstände müssen mittels Nachtrag unverzüglich veröffentlicht werden
aktualisierter Prospekt bei neuerlichen Emissionen
e) Europäischer Pass
Europapass = in einem MS gebilligte Prospekte kommt unionsweit unter gewissen Voraussetzungen Geltung zu
Behörden des Aufnahmemitgliedsstaates müssen Behörden des Herkunftsmitgliedstaates darüber notifizieren
f) Prospekthaftung
NICHT unionsrechtlich harmonisiert – lediglich Verpflichtung zur Mindesthaftung (Ausgestaltung bleibt den MS überlassen)
Österreich: zweigleisige Prospekthaftung
zweigleisige Prospekthaftung
KMG 2019 als vorvertragliche, zivilrechtliche Haftung
Haftung für Schäden aufgrund des Vertrauens in
die Prospektangaben (nur bei Kausalzusammenhang)
allgemeine zivilrechtliche Prospekthaftung
Ersatz: Vertrauensschaden (betragsmäßig mit dem Erwerbspreis zzgl. Zinsen & Spesen beschränkt)
z. B. das Prospekt wäre bei Angabenrichtigkeit nicht erworben worden -Differenz zwischen Erwerbspreis & derzeitigem Wert
4. Crowdfunding
„Crowdfunding ist eine neue Art der Kapitalaufbringung über den Kapitalmarkt, bei der eine große Gruppe von Geldgebern angesprochen & um Geld
geworben wird. Meist handelt es sich um kleine Summen“.
Erleichterungen sind vom AltFG und von der ECSP-VO vorgesehen
Ziel: Aufwand soll bei derart kleinen Geldsummen geringgehalten werden
a) Alternativfinanzierungsgesetz
sieht Schutzmechanismen vor: Maximalvolumen für das aufgebrachte Kapital; Maximalgrenzen für die Einzelsumme pro Anleger;
Mindestanforderungen an die Informationen für Anleger; Mindestanforderungen für Plattformbetreiber;
nur bei öffentlichen Angeboten von Wertpapieren und Veranlagungen anwendbar, wenn
-
binnen zwölf Monaten der Gesamtgegenwert für die Ausgabe von Wertpapieren oder Veranlagungen 2 Mio. € nicht erreicht oder übersteigt
der aushaftende Betrag aller durch die Ausgabe von nach dem AltFG begebenen Kapitalanlagen entgegengenommenen Gelder über einen Zeitraum von 7
Jahren insgesamt 5 Mio. € nicht erreicht oder übersteigt
binnen 12 Monaten der Gesamtgegenwert für die Ausgabe von Wertpapieren oder Veranlagungen in der EU 5 Mio. € nicht erreicht oder übersteigt
„Aus Gründen des Anlegerschutzes darf ein Emittent von einem einzelnen Anleger pro Emission innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten nur einen
Betrag von maximal € 5.000,00 entgegennehmen – es sei denn, es handelt sich um einen professionellen Anleger oder der Anleger erklärt, dass er
höchstens das Doppelte seines monatlichen Nettoeinkommens über 12 Monate gerechnet oder maximal 10 % seines Finanzanlagevermögens
investiert“.
Emissionen > € 250.000,00 : eindeutige, zutreffende & redliche Informationen über die Vorteile & Risiken der Wertpapiere / Veranlagungen
b) Europäischer Pass
= unmittelbar anwendbare Verordnung mit einheitlichen Anforderungen, mit der unionsweit mit Crowdfunding-DL mittels Zulassung tätig
geworden werden darf
Crowdfunding- DL dürfen nur von juristischen Personen mit Zulassung erbracht werden
ECSP-VO gilt für Crowdfunding-Angebote bis zu 5 Mio. € über einen Zeitraum von 12 Monaten
bei öffentlichen Angeboten > 5 Mio. € KEINE Prospektpflicht
Anlagebasisinformationsblatt (Erstellung durch den
Crowdfunding-Dienstleister)
Beantragung bei der zuständigen Behörde im niedergelassenen Land
Ausnützung des Europasses:
- Mitteilung an die zuständige Behörde des Herkunftslandes, die innerhalb von 10 Tagen die Behörden des Aufnahmemitgliedsstaates informiert
(ab Inkenntnissetzung) ODER
- spätestens 15 Tage nach Übermittlung der Information an die zuständige Behörde des Herkunftslandes
Börserecht
1. Börsen und andere Handelsplätze
Börse = geregelter Markt
Handelsbetreiber = Leiter & Verwalter eines geregelten Markts
Börseunternehmen müssen in Form einer AG oder einer Europäischen Gesellschaft (SE) geführt werden
FMA muss die von einem Börsenunternehmen aufgestellten AGBs bewilligen, die unter anderem Handelsregeln zur Sicherstellung der Gleichbehandlung enthalten
Funktionen der Börse: Handelsfunktion & Bewertungsfunktion (Bildung transparenter Preise)
Wertpapierbörsen unterliegen der Aufsicht der FMA
Wiener Börse AG ist Wertpapierbörse & Warenbörse zugleich
2. Börsemitgliedschaft
Erwerb durch privatrechtliche Vereinbarungen mit dem Börseunternehmen
Antragsteller hat Zuverlässigkeit, Geschäftsfähigkeit, Unbescholtenheit, Ordnungsmäßigkeit, ein störungsfreier Handels- & Abwicklungssystem & Co.
nachzuweisen
taxative Festlegung, wer Mitglied einer Wertpapierbörse sein kann:
✓
✓
✓
✓
✓
Kreditinstitute
Wertpapierfirmen
lokale Firmen aus anderen MS
anerkannte Wertpapierfirmen mit einem Sitz in einem Drittland
anerkannte Clearingstellen mit Sitz oder Zulassung in einem EWR-MS
✓
zum Handel für eigene Rechnung mit Warenderivaten berechtigte Unternehmen
Beschränkung auf Mitglieder mit Sitz im Inland NICHT erlaubt
3. Börsennotierung
a) Zulassung
hoheitliches Zulassungsverfahren im Wege der Beleihung des Börseunternehmens mit Beschluss, damit ein Wertpapier an einer Börse notieren darf
FMA ist NICHT direkt eingebunden, FMA muss das Prospekt billigen
Beschwerde gegen den Beschluss an das Bundesverwaltungsgericht
Anleger haben KEINE Parteistellung
MTFs sind NICHT geregelte Märkte
b) Pflichten börsennotierter Gesellschaften
Offenlegungs- & Verhaltenspflichten
z. B Jahresabschluss, Jahresbericht, Zwischenberichte;
„Der Oberbegriff Marktmissbrauch fasst Fälle zusammen, in denen Personen vertrauliche Informationen ausnutzen bzw. irreführende
Informationen verbreiten (Marktmanipulation)“.
Pflichten treffen natürliche & juristische Personen
Einrichtung von Compliance-Einrichtungen zur Hintanhaltung von Marktmissbrauch (z. B. interne Richtlinien betreffend der Informationsweitergabe)
c) Beendigung der Notierung
unfreiwilliger Widerruf = Widerruf durch das Börseunternehmen bei Nichteinhaltung börserechtlicher Regelungen
freiwilliger Widerruf („Delisting“) = Widerruf der Zulassung auf Antrag des Emittenten
unter bestimmten Voraussetzungen möglich:
- die Hauptversammlung hat mit mind. einer ¾-Mehrheit einen entsprechenden Beschluss gefasst
- die verlangenden Aktionäre halten mind. ¾ des stimmberechtigten Grundkapitals
- amtliche Notierung hat im Antragszeitpunkt bereits mind. 3 Jahre gedauert
- Barabfindungsangebot oder Ermöglichung des Handels mit den Wertpapieren auf einem anderen Markt im
EWR
Übernahmerecht
1. Anwendungsbereich und Regelungskonzept
Ziel:
Schaffung geregelter & fairer Angebotsverfahren bei allen Formen öffentlicher Angebote (z. B. Aktien)
„Sicherung der Gleichbehandlung der durch die Übernahme betroffenen Anleger sowie deren Schutz auf Grund des bestehenden Wissens- &
Gestaltungsrückstandes“
Gleichbehandlung aller Inhaber von Beteiligungspapieren der
Zielgesellschaft, Konzerneingangsschutz, genügend Entscheidungszeit für Angebotsempfänger, Handeln des Vorstandes und Aufsichtsrates im Interesse aller Aktionäre & Co., Verbot
von Marktverzerrungen & rasche Durchführung des Übernahmeverfahrens
Überwachung durch eine in der Wiener Börse AG eingerichtete, unabhängige & weisungsbefugte Übernahmekommission
12 nebenberufliche Mitglieder, eine Geschäftsstelle, Entscheidung in gemischten Senaten zu je 4 Personen, Kontrolle des gesamten
Angebotsvorganges und Beantwortung der Frage, ob ein Pflichtangebot zu stellen ist
Bekämpfung der Bescheide beim Obersten Gerichtshof (Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ist UNzulässig)
2. Konzerneingangsschutz
Ziel: effektiver Schutz der Anleger bei Kontrollwechsel in der Gesellschaft
Pflichtangebot
Pflicht des Bieters nach Erlangen einer kontrollierende Beteiligung (mind. 30 % der stimmberechtigten Aktien) unverzüglich
Mitteilung an die Übernahmekommission zu machen & innerhalb von 20 Tagen den Bestimmungen des ÜbG ein entsprechendes
Angebot für alle Beteiligungsparteien anzuzeigen
Ausnahmen von der Angebotspflicht, aber anzeigepflichtig:
- KEIN Erlangen eines beherrschenden Einflusses
- bloßer Aktienerwerb aus Sanierungszwecken
- Erwerb der kontrollierenden Beteiligung durch Erbgang / Schenkung / Scheidung
freiwilliges Übernahmeangebot
Austrittsrecht
Kontrolle erlangender Bieter muss allen anderen ein Austrittsrecht gewähren & alle austretenden Aktionären zu
gleichen Bedingungen bezahlen
Preis eines Pflichtangebots / freiwilligen Angebots
 darf die höchste vom Bieter in den letzten 12 Monaten vereinbarte / gewährte Gegenleistung NICHT unterschreiten
 muss dem durchschnittlichen Börsenkurs der letzten 6 Monate entsprechen
I
Die Regelungsebene des Umweltrechts
{ß→TTgßg{
nationales Umweltrecht
globales Umweltrecht
europäisches Umweltrecht
internationales Umweltrecht
Nationales Umweltrecht
Verfassung und Umweltrecht
Umweltrecht als „Querschnittsmaterie“, deren Gesetzgebung & Vollziehung vom konkreten Regelungsinhalt abhängt
1. Kompetenzverteilung
•
Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie
insb. Umweltschutz des Betriebsanlagenrechts
•
•
Verkehrswesen bezüglich der Eisenbahnen und der Luftfahrt sowie der Schifffahrt
Bergwesen, Forstwesen, Wasserrecht
z. B. wasserrechtliche Bewilligung
Rodungen sind ab einem gewissen Ausmaß anzeigepflichtig – Pflicht zur Wiederaufforstung
•
•
•
•
•
•
•
Abfallwirtschaft mit gewissen Einschränkungen
bei gefährlichen Abfällen & bei Bedürfnis nach einheitlicher Regelung; Vorsichtsprinzip;
Gesundheitswesen
Immissionsschutz
Luftreinhaltung
Zivil- & Strafrechtswesen
Abschluss völkerrechtlicher Verträge
Beförderung von Gefahrengütern
•
Naturschutz
z. B. Naturschutzgesetze
•
Baurecht
z. B. Bauordnungen
•
•
•
Raumordnung
Jagd- & Fischereirecht
Umweltverträglichkeitsprüfung
= Vorhaben, bei denen mit erheblichen Umweltauswirkungen zu rechnen ist
Umweltinformationen
müssen allen
Antragstellern auf
Antrag zugänglich
gemacht werden, ohne
dass ein Interesse
geltend gemacht
werden muss
2. Staatsziel Umweltschutz
„Das BVG über den umfassenden Schutz trat 2013 außer Kraft & wurde durch das BVG über die Nachhaltigkeit um den Tierschutz, die
Sicherstellung der Wasser- &Lebensmittelversorgung & um die Forschung ergänzt. Die Definition des Umweltschutzes wurde übernommen.“
Das BVG Nachhaltigkeit ist eine Staatszielbestimmung, es verbrieft KEINE Rechte & Pflichten.
Es gibt KEIN Grundrecht auf Umweltschutz.
Unterverfassungsrechtliches Umweltrecht
1. Umweltrecht auf Bundesebene
Vorsorgeprinzip = denkbare Umweltschäden sollen im Voraus vermieden & weitestgehend verringert werden
z. B. Industrieemissions-RL, Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz, Wasserrechtsgesetz, Forstgesetz, Gefahrengutbeförderungsgesetz, ...
2. Umweltrecht auf Landesebene
Naturschutzgesetze – Ausweisung von Naturschutz- &Landschaftsschutzgebieten
bspw. Betretungsverbote in Nationalparks
Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (Bestimmungen zu Europaschutzgebieten)
Der Gemeinderat erlässt Flächenwidmungen NICHT auf gesetzlicher Ebene, sondern mittels Verordnungen. Das örtliche Raumordnungsprogramm
besteht aus Entwicklungskonzept & Flächenwidmungsplan. (Spannungsverhältnis zwischen Umweltschutz &wirtschaftlichen Interessen)
Sondergesetze zum Schutz der Baumbestände
Wiener Baumschutzgesetz
Für das Fällen bestimmter Bäume ist eine behördliche Bewilligung des Magistrats der Stadt Wien erforderlich. Es können auch Ersatzpflanzungen
oder finanzielle Ersatzleistungen fällig werden.
Umweltschutz im Anlagenrecht
Betriebsanlagenrecht
Umweltverträglichkeitsverfahren
Anlagenrecht
iwS
Industrieunfallrecht
Genehmigungspflicht von Betriebsanlagen bei möglicher Gefährdung bzw. Beeinträchtigung von Schutzgütern
z. B. dingliche Nachbarsrechte, Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung, ...
Durchsetzung durch Nachbarn
zwar im Umweltschutzzusammenhang, dennoch systematisch subjektiv-öffentliche Rechte
Genehmigungspflicht von Betriebsanlagen bei nachteiliger Auswirkung auf Gewässer
vorrangig umweltrelevante Interessen
Schutz im Genehmigungsbescheid durch Auflagen, um Gefährdungen zu vermeiden bzw. auf ein zumutbares Maß zu beschränken
„Belastungen der Umwelt“ = Einwirkungen, die dazu geeignet sind, den Boden, Pflanzen- oder Tierbestand bleibend zu schädigen
Bundesminister für Digitalisierung & Wirtschaftsstandort (BMDW) kann spezielle Umweltschutzverordnungen erlassen
seine Verordnungen über Erfordernisse für die Genehmigung der Anlage können über die GewO hinausgehen
Normalanlagen
IPPC-Anlagen
dazu geeignet, Beeinträchtigungen durch Emissionen hervorzurufen
Genehmigung nach dem Normalanlagenverfahren
Auflistung in der GewO
grds . Genehmigung nach dem Normalanlagenverfahren
Sondervorschriften, wie z. B. Vorsorgemaßnahmen für Umweltverschmutzungen
Emissionsgrenzwerte, Überwachung der Emissionen, Auflagen zum Schutz des Bodens / Grundwassers, ...
Nachbarn haben KEIN subjektives Recht auf diese zusätzliche Anforderungen
z. B. Mineralölraffinerien, Anlagen zur Wasserstoffherstellung
Seveso-Anlagen
enthalten gefährliche Stoffe, die in der GewO angeführt sind
Sonderregelungen
Betriebsunfallrecht = Ausarbeitung eines Sicherheitskonzepts zur Verhütung schwerer Unfälle, Sicherheitsberichte, Notfallpläne
Klasse ist abhängig von der Stoffmenge
Informationsverpflichtungen, Pflicht zur Überprüfung & Änderung von Sicherheitskonzepten & / -berichten
nicht genehmigungspflichtige Anlagen
Länder sehen jeweils eigene IPPC- und Seveso-Anlagen-Gesetze vor, wenn dies unter den Anwendungsbereich fällt & KEIN entsprechendes Bundesgesetz
einschlägig ist
grundsätzliche Zuständigkeit: Bezirksverwaltungsbehörde
3. Umweltverträglichkeitsprüfung
(in der europäischen Umweltverträglichkeitsprüfungs-RL vorgesehen)
= „Verfahren, mit dem die Auswirkungen eines Vorhabens auf die Umwelt identifiziert werden sollen“
umfassende Verfahrenskonzentration
UVP-pflichtige Vorhaben bedürfen einer einzigen Genehmigung nach dem UVP-G; „Sperrwirkung“;
Unterliegt das Vorhaben dem UVP-G, darf die Gewerbebehörde Philipp den Betrieb der Anlage nicht bewilligen & zwar selbst dann NICHT, wenn laut Antrag & den
vorgelegten Plänen alle Bestimmungen der GewO eingehalten werden. Der Antrag ist zurückzuweisen.
UVP-G umfasst im Wesentlichen Großprojekte
UVP-Pflicht hängt von mehreren Faktoren ab, wie z. B. der Anführung im UVP-G, der Neuerrichtung oder Änderung eines bestehenden Projekts, schutzwürdiger
Gebiete, den (kumulativen) Auswirkungen auf die Umwelt (Überschreitung von Schwellenwerten), ...
Vorverfahren
• Durchführung auf Antrag des Projektwerbers; Behörde hat binnen drei Monaten formlos auf das Projekt Stellung zu beziehen & mögliche
Verbesserungsvorschläge zu übermitteln;
eigentliches UVP-Verfahren
• Beginn mit Einbringung des Genehmigungsantrags durch den Projektwerber; detaillierte Beschreibung des Projekts samt Darlegung der
Umweltauswirkungen & Vorkehrungen; Umwerltverträglichkeitserklärungsinhalt ist vom UVP-G taxativ (= vollständig) festgelegt;
Stellungsnahmerecht kommt verschiedenen amtlichen Stellen zu; Unterlagen sind bei der Standortgemeinde mind. sechs Wochen zur
öffentlichen Einsicht samt öffentlichem Stellungsnahmerecht aufzulegen; KEINE behördliche Verpflichtung an die Stellungsnahmen;
Möglichkeiten der Parteistellung:
✓ Bürgerinitiative
Unterstützung durch mind. 200 Personen, die zum Unterstützungszeitpunkt für die Gemeinderatswahlen wahlberechtigt waren
✓ anerkannte Umweltorganisationen
✓ Umweltanwalt
Ausübung des „formal“ (= echt) subjektiven Rechts zur Einhaltung von Rechtsvorschriften
Umweltmediation als Möglichkeit bei Interessenskonflikten zwischen dem Projektwerber & anderen Verfahrensbeteiligten; Ergebnisübermittlung an
die Behörde
UVP-G differenziert zwischen dem ordentlichen UVP-Verfahren und einfachen Verfahren
„ Zuständig für das UVP-Verfahren ist die jeweilige Landesregierung, wobei diese ihre Zuständigkeit an die Bezirksverwaltungsbehörde übertragen
kann.“
Das Europäische Umweltrecht
Warum gibt es Europäisches Umweltrecht?
Grundkonflikt zwischen Umweltschutz & freiem Handel verlangt ein einheitliches Umweltrecht, da es sonst zu Handelshemmnissen aufgrund der
unterschiedlichen Umweltstandards (z. B. Produktimport aufgrund strengerer Umweltschutzregeln nicht möglich) oder zu Umweltdumping (z. B.
Abwanderung in ein Land, in dem die Produktion günstiger ist) kommen würde
Die Akteure im Europäischen Umweltrecht
Europäische Kommission
Überwachung der
Anwendung des
Europäischen Umweltrechts
durch die MS; Initiativrecht
für
Gesetzgebungsvorhaben;
EuGH
Letztinstanz für
Entscheidungen &
Auslegungen
Europäische Umweltagentur
Bereitstellung von
Umweltinformationen
Rat der EU &
Europäisches Parlament
zentrale Gesetzgeber
Mitgliedsstaaten
Rechtsquellen
Umweltschutz wird im Primärrecht angeführt
Sekundärrechtsakten (= VO & RL) enthalten das materielle Umweltrecht & sind grds. gleichrangig
z. B. Regelungen zur Abfallwirtschaft
„Querschnitts- / Integrationsklausel“ = Umweltschutz ist in der Politik / bei Maßnahmen zu berücksichtigen
AEUV: Kompetenzen der EU im Umweltbereich & Prinzipien des Europäischen Umweltrechts
Umweltschutz in der Charta der Grundrechte der EU verankert
Anwendung des
Europäischen Umweltrechts
1. Wahl der richtigen Rechtsgrundlage
Rechtsakte im Umweltrecht berühren oft mehrere Politikbereiche
ordentliches Gesetzgebungsverfahren:
gleichberechtigte Stellung des Europäischen Parlaments & des Rats der EU; qualifizierte
Mehrheit;
besonderes Gesetzgebungsverfahren:
Annahme eines Sekundärrechtsakts durch den Rat der EU unter Beteiligung des Europäischen
Parlaments (bloße Anhörungs- und Zustimmungsrechte); Einstimmigkeit im Rat der EU;
Die Rechtsgrundlagen sind alle gleichrangig. Die
richtige Rechtsgrundlage muss mithilfe des
Schwerpunkts ermittelt werden. Verfolgt ein
Rechtsakt zwei Ziele, ohne dass sich ein
Schwerpunkt ergibt, ist die Maßnahme auf zwei
Rechtsgrundlagen zu stützen.
z. B. Raumordnung, Wasserressourcenbewirtschaftung, Bodennutzung, Energieversorgung, ...
2. Die Ziele der Europäischen Umweltpolitik
allgemeine Ziele:
(1) Erhaltung, Schutz & Verbesserung der Umwelt
(2) Schutz der menschlichen Gesundheit
(3) umsichtige & rationelle Verwendung natürlicher Ressourcen
(4) Förderung von Maßnahmen auf internationaler Ebene für regionale / globale Umweltprobleme (insb. Klimawandel)
Hauptfunktion: nähere Konkretisierung
Die Prinzipien der Europäischen Umweltpolitik
Handlungsprinzipien sind beim Erlass von Rechtsprinzipien zu beachten
Überprüfbarkeit nur geschränkt gegeben – nur offensichtlich falsche Beurteilungen können aufgegriffen werden
1. Hohes Schutzniveau
= technisch höchstes Schutzniveau
= angemessenes Schutzniveau
„muss jedenfalls der beschlossenen Maßnahme der völkerrechtlichen Vorgaben entsprechen“
2. Das Vorsorge- und Vorbeugeprinzip
Vermeidung von Umweltbelastungen durch präventive Maßnahmen
Erlass beschränkender Maßnahmen ist erlaubt
z. B. Verbot des Inverkehrbringens eines bestimmten Produkts
rechtsverbindliche Abwägungskriterien:
1) wissenschaftliche & technische Daten
2) Umweltbedingungen der einzelnen EURegionen
3) Vorteile & Belastung aufgrund des
Tätigwerdens / NICHTtätigwerdens
3. Ursprungslandprinzip
Umweltbeeinträchtigungen sind an ihrem Ursprung zu bekämpfen
z. B. Entsorgung von Abfällen an ihrem Entstehungsort
4. Verursacherprinzip
= „Kostenzurechnungsprinzip“
der Verursacher muss die entstandenen Kosten tragen
4) wirtschaftliche & soziale Entwicklung
Vollzug des Europäischen Umweltrechts
„Der Vollzug ist auch beim Umweltrecht grundsätzlich Aufgabe der Mitgliedsstaaten. Innerstaatlich geschieht dies meist durch das
Verwaltungsrecht, das Verwaltungsstrafrecht oder aber auch durch das gerichtliche Strafrecht.“
Die implizite Außenkompetenz der EU im Umweltrecht
EU kann auch Mitglied völkerrechtlicher Umweltschutzverträge werden
„Das unionsinterne Verfahren zum Abschluss internationaler Verträge bestimmt sich nach den allgemeinen Regeln des AEUV.“
geteilte Zuständigkeit = Abkommen können nicht von der EU allein, sondern nur mit allen MS gemeinsam, abgeschlossen werden
Ergebnis: „gemischtes Abkommen“
mit Abschluss nimmt es einen Rang zwischen Primär- & Sekundärrecht ein
Anwendungsvorrang des Unionsrechts
nimmt höheren Rang ein, als ein völkerrechtlicher Vertrag, den Ö allein ratifiziert
Das Umweltvölkerrecht
Völkerrecht als internationales Recht, um
grenzüberschreitende (mind. zwei Staaten) & globale
Umweltprobleme zu regeln
Ausgangspunkt in den 1970er-Jahren – Konferenz
der Vereinten Nationen in Stockholm: „Umwelt ist
bedeutend“
Folgezeit: Umweltprogramm der Vereinten Nationen
(UNEP), völkerrechtliche Verträge, . .
Die Akteure im Umweltvölkerrecht
Völkerrechtssubjekte (= Träger von Rechten & Pflichten)
Staaten & Internationale Organisationen (z. B. UNO)
NGOs sind KEINE Völkerrechtssubjekte, versuchen aber das Umweltvölkerrecht durch Lobbying & Expertise zu beeinflussen
Rechtsquellen
1. Völkerrechtliche Verträge des Umweltrechts
= wichtigste Quelle
„Teilweise werden aus NICHT umweltschutzspezifischen Verträgen Umweltschutzverpflichtungen abgeleitet (z. B. EMRK) – Diskussion, inwieweit
sich menschenrechtliche Schutzverpflichtungen zu Klimaschutzmaßnahmen ergeben.“
umweltvölkerrechtliche Verträge gelten nur für jene, die Vertragsmitglieder sind
2. Völkergewohnheitsrecht
= „regelmäßig UNgeschriebenes Recht“
= „Recht, das allgemein ausgeübt wird & bei dem die Überzeugung besteht, dass dieses Verhalten rechtlich geboten sei“
gilt für alle Völkerrechtssubjekte universell
Strafe: Schadenersatz
z. B. Verbot erheblicher grenzüberschreitender Umweltbeeinträchtigungen
(Trail Smelter Fall – Emissionen gelangten über die Grenze und führten zu Schäden)
3. Die Abschlusserklärungen
„soft law“ = unverbindlich
Insbesondere die Ergebnisse der UN-Umweltkonferenzen von Stockholm & Rio de Janeiro
„Grundsatz der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortung“:
= entwickelte Länder und die Entwicklungsländer haben unterschiedliche Lasten zum Schutz der Umwelt zu tragen
„Vorsorgeprinzip“:
= Mangel an wissenschaftlicher Gewissheit ist KEIN Grund zur Vermeidung kostenwirksamer Maßnahmen
Das Regelungssystem der Rahmenabkommen
besonderes Regelungssystem von völkerrechtlichen Abkommen, da Einigungen schwierig sind
Einigung auf den „kleinsten gemeinsamen Nenner“ mithilfe von Rahmenverträgen, die allgemeine & vage inhaltliche Regelungen
enthalten, die eine Weiterentwicklung dieser Verpflichtungen vorsehen
Klimaschutzrecht
1. Kyoto Protokoll
entstand aus der Weiterentwicklung des Klimaschutzrechts
Beschluss: 1997 – Inkraftsetzung: 2005 – Begrenzung bis 2021
Bedingung für die Inkraftsetzung: Ratifizierung durch mind. 55 Konventionsvertragsparteien, auf die insgesamt mind. 55 % der weltweiten
Kohlendioxidemissionen entfallen
rechtsverbindliche Reduktionspflichten für Industriestaaten
z. B. EU – Reduktion mit der Möglichkeit einer unionsinternen Lastenteilungsvereinbarung
Regelungen waren lückenhaft:
Ausnahmen für die konkrete Reduktionsverpflichtung (z. B. Erfüllung durch den Kauf von Emissionszertifikaten); China wurde NICHT als Industriestaat
eingestuft & hatte demnach keine Reduktionspflichten;
2. Das Pariser Klimaschutzabkommen
Nachfolgeregelung des Kyoto Protokolls
Verabschiedung: 2015 – Inkraftsetzung: 2016
191 Vertragsparteien; multilateraler völkerrechtlicher Vertrag;
Ziel: Anstieg der Erdtemperatur unter 2° C zu begrenzen, wobei für das 1,5° C-Ziel Anstrengungen betrieben werden sollten
KEINE spezifischen Reduktionspflichten
KEINE rechtsverbindliche Pflicht, das eigene Reduktionsziel zu erreichen, lediglich Verpflichtung zu Maßnahmen
jede Partei ist dazu verpflichtet, nationale CO2-Emissionsziele festzulegen (= „NDCs“) – jeweils für fünf Jahre abzugeben
NDCs können, mithilfe eines unionsinternen Lastenausgleichs, erreicht werden
z. B. Österreich trifft eine Reduktionsverpflichtung von 36 %, strebt aber 40 % an
KEIN materielles Recht
Download