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Zusammenfassung Umweltökonomik und Nachhaltigkeit SS18

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1. Einführung
1.1 Einbettung der Technosphäre in die Ökosphäre
Definitionen von Umwelt:
• Soziologisch: soziales Umfeld des Individuums/ Gruppe
• Räumlich: nähere/ weitere Umgebung (Dorf, Stadt, Region, etc.)
• Ökologisch: Zustand und Bedingungen fürs Zusammenleben von Lebewesen
• Umweltpolitisch: Belastung der Biospäher und Übernutzung von Ressourcen
Einbettung des sozio-ökonomischen Systems in Ökospähre:
Sozio-ökonomisch: Sichtweise, in der das Wechselspiel aus Wirtschaft und Gesellschaft berücksichtigt wird.
Funktionen der Umwelt:
• Inputgüter in die Produktion: (nicht-) erneuerbare Energieträger, Rohstoffe, Wasser, Boden/
Flächen
• Senken-Kapazität für Output des sozio-ökonomischen Systems und Reinigungsfunktion
• Schadstoffe und ihr Abbau in der Umwelt: Abfälle, Lärm, Strahlung etc.
• Direktes Konsumgut: „schöne Natur“, Licht, Wärme, saubere Luft und Wasser
• Lebenserhaltung: Nährstoffkreislauf, Wasserspeicherung, Reinigungsfunktion, Schutz vor
Strahlung etc.
Grenzen der Naturverfügbarkeit:
• Ressourcen:
▪ Erde als geschlossenes System mit lediglich Sonneneinstrahlung
▪ Entropiegesetzt:
▪ Ausbeutung von Rohstoffvorkommen bei geringer werdenden
Konzentrationen (Konzentration des Rohmaterials ist gemeint. Z.B. nimmt die Konzentration des
Gummis eines Autoreifens ab, Recycling des ganzen Reifens ist bei Nutzungsende nicht mehr möglich ->
Ausbeutung des Rohstoffvorkommens)
▪
▪
▪ Lösungsmöglichkeit: Erhöhung von Recyclingquoten
2. HS Thermodynamik: Energieumwandlungen nicht beliebig umkehrbar sondern
irreversibel -> Erhöhung Anteil nichtnutzbarer Energie (Entropie)
Schlussfolgerung: Ressourcen sind absolut begrenzt.
1
•
Stabilisierungsfunktion:
▪ Funktionsfähigkeit der Stabilisierungsfunktion (Teil der Regenerationsfunktion der Umwelt; z.B.
Dämpfung klimatischer und meteorologischer Einwirkungen durch Wälder oder Immobilisierung (Einlagerung) von
basiert auf komplexen, teils unbekannten Prozessen -> Ungeahnte
Folgen von Umwelteingriffen
Reinigungsfunktion:
▪ Reinigungskapazität (z.B. Abbau von Plastik im Wasser oder Filterung der Luft durch Wälder) ist
beschränkt
▪ für viele Stoffe gibt es keine Reinigungskapazität -> irreversibel
▪ kleine Stoffeinträge können langfristig akkumulieren -> Wirkung wird verstärkt (z.B.
Plastik)
Stoffen in Böden)
•
Umweltprobleme in Deutschland:
Umweltschutzstrategien:
• End-of-pipe Technologien:
▪ Technologieeinsatz zur Reduktion von Schadstoffen (z.B. Kläranlage) -> Additiver
Umweltschutz
▪ Verminderung von Umweltbelastungen durch Kapitaleinsatz (Anlage)
• Produktionsintegrierter Umweltschutz:
▪ Vermeidung von Emissionen durch Prozessmodifikationen (z.B. effizientere
Energieumwandlung) -> Produktionsprozess tangiert/ geringe Komplexität
• Umweltfreundliche Produkte:
▪ Umweltfreundliches Design; neue Produkte und Wertschöpfungsketten ->
Wertschöpfungskette tangiert/ mittlere Komplexität
• Systemtransformation ganzer Sektoren:
▪ Veränderung von Wirtschaftsweisen (z.B. nachhaltige Energiewirtschaft) ->
Innovationssystem tangiert/ große Komplexität
Komplexität und räumlich-zeitliche Skala von Umwelt-Innovationen:
2
2. Konzeptionelle Grundlagen
2.1 Umweltökonomik
Einordnung Umweltökonomik:
• Volkswirtschaftliche Theorie:
▪ Anwendung der Neoklassik (Grenzkosten, Opportunitätskosten, unsichtbare Hand, Individualismus, etc.)
auf Umweltprobleme
▪ Ansätze neuer Paradigmen
• Wirtschaftspolitik im Bereich Umwelt:
▪ Ziele und Akteure der Umweltpolitik
▪ Staatseinnahmen und -ausgaben als umweltpolitische Instrumente
• Empirische Wirtschaftsforschung:
▪ Analyse der Determinanten für Umweltbelastungen
▪ Bewertung von Umweltschäden
▪ Volkswirtschaftliche Auswirkungen
• Anwendung ökonomischer Methoden:
▪ Umweltstatistik und Indikatoren
▪ Prognosen, Szenarien und Modelle
Theorie der Umweltökonomik:
• Umwelt ist Wirtschaftsgut, über das jedes Individuum nach seinen Präferenzen entscheidet
• Problem: Umwelt hat keinen Preis -> Kosten sind extern (Externe Kosten)
• Monetarisierung (Internalisierung der externen Kosten durch z.B. die Politik) schwierig, da Messbarkeit des
Nutzen schwierig -> Pragmatische Instrumente erforderlich
• Optimaler Umweltzustand:
▪ Umweltbelastung = Nutzenentgang (Schaden)
▪ Vermeidung Umweltbelastung = Kosten
▪ Optimum: Schnittpunkt Grenzvermeidungskosten GVK = Grenzschaden GS
▪
2.1.1 Ursachen Umweltproblem (Externe Kosten)
Tragedy of the commons:
▪
▪
Spieltheorie: Übernutzung ist aus individueller Sicht immer vorteilhaft (Case 2 und 4), egal
was der Rest macht. Da jedes Individuum so denk, ist Case 4 der stabile Zustand.
Der „natürliche“ Zustand ist also für die Gesamtheit schädlich (Marktversagen) ->
Regulatorische Instrumente/ Anreize erforderlich.
3
Beispiel:
Der Einfluss externer Kosten:
▪
Internalisierung der externen Kosten: Im GG höherer Preis -> geringere Nachfrage ->
geringere Umweltbelastung
2.1.2 Optimale Umweltverschmutzung
Niveau optimaler Umweltverschmutzung:
▪
▪
Optimale Umweltverschmutzung: Grenzschäden GS = Grenzvermeidungskosten GVK
Umweltökonomen sind keine Umweltschützer sondern optimale Umweltnutzer
4
2.2 Nachhaltigkeit
2.2.1 Ökologischer Nachhaltigkeitsbegriff
Ökologischer Nachhaltigkeitsbegriff:
▪ Kommt aus der Forstwirtschaft (nachwachsende Menge = entnommene Menge)
▪ Seit 90er Jahren mit zunehmender Bedeutung
▪ Bestimmung noch vertretbarer Umweltbelastung (-> critical loads and levels) als
wichtiger wissenschaftlich-politischer Prozess
2.2.2 Politischer Nachhaltigkeitsbegriff
Politischer Nachhaltigkeitsbegriff:
▪ Seit 1972 immer wieder konkretisiert
▪ Aktuell: Orientierung an den Sustainable Development Goals bis 2030 (SDG)
Nachhaltigkeitsbegriff der deutschen Bundesregierung:
▪ Quintessenz: Generell hohe Bedeutung von umweltbezogenen Themen aber seit
2016 zunehmend Orientierung an den SDG
Nachhaltigkeitsbegriff in der allg. öffentlichen Diskussion:
▪ Gesellschaftliche und globale Dimensionen
▪ Probleme haben erhebliche Auswirkungen auf zukünftige Generationen
▪ Zieldimensionen: Umwelt- und Ressourcenschonung, Querbeziehung mit sozialer
Gerechtigkeit, Wahrnehmung internationaler Verantwortung
Nachhaltigkeit zunehmend Synonym für Umweltpolitik - Gründe:
▪ Globale, Irreversible Probleme
▪ Instrumente des Umweltschutzes nicht mehr nur Ordnungsrecht
▪
▪ Umweltpolitik langfristig ausgerichtet
5
2.2.3 Ökonomische Interpretationen von Nachhaltigkeit
▪
Nachhaltig = nicht abnehmende Pro-Kopf-Wohlfahrt. Bedingung: Konstanz des Kapitalstocks
(natürliches Kapital + künstliches Kapital (Maschinen, Anlagen) + Human- und Sozialkapital
(Werte, Zusammenhalt))
2.2.3.1 schwache, starke und kritische Nachhaltigkeit
Schwache Nachhaltigkeit:
▪ Bedingung: Summe des gesamten Kapitalstocks muss konstant bleiben
▪ Annahme: Erschöpfbare Ressourcen werden durch technischen Fortschritt immer effizienter
genutzt, sodass es nie zu einem vollständigen Verbrauch kommt (Produktivität der
Ressourcen geht mit zunehmender Zeit gegen unendlich; Substitutionselastizität zw.
erschöpfbaren Ressourcen und künstlichem Kapital ist > 1)
Starke Nachhaltigkeit:
▪ Bedingung: Summe des natürlichen Kapitalstocks muss konstant bleiben
▪ Managementregeln:
▪ Abbaurate erneuerbarer Energien =< Erneuerungsrate
▪ Stoffeinträge in die Umwelt < Belastungsfähigkeit
▪ Nutzung nicht-erneuerbarer Energien =< Schaffung physisch und funktionell
gleichwertiger erneuerbarer Ressourcen
Kritische Nachhaltigkeit:
▪ Substitution natürlichem durch reproduzierbares Kapital in Grenzen zulässig aber
Minimalbestand an überlebenswichtigen natürlichen Ressourcen darf nicht unterschritten
werden
▪ Bestimmung Minimalbestand schwierig; liegt Unsicherheit oder Irreversibilität vor gilt die
Regel „conserve (erhalten/ schonen/ bewahren), unless the social costs are unacceptably large“
▪ Opportunitätskosten werden berücksichtigt
▪ Kein Kosten-Nutzen Abgleich sondern gesellschaftliche Diskussion über Tragbarkeit
der Opportunitätskosten
2.2.3.2 Vergleich der ökonomischen Nachhaltigkeitsbegriffe und Zuordnung zu
umweltethischen Positionen
Ökonomische Nachhaltigkeitsbegriffe im Vergleich:
6
Dimensionen der Nachhaltigkeitsinterpretationen im Vergleich:
Verschiedene Umweltethische Positionen:
▪
▪
▪
▪
Anthropozentrische Konzeption: Zukunftsverantwortlichkeit gilt nur für den Menschen;
Schutz der Umwelt durch Nutzen für künftige Menschen gerechtfertigt
Pathozentrische Konzeption: Nutznießer sind auch empfindungsfähige Tier
Biozentrische Konzeption: Schutzwürdigkeit individueller Pflanzen und Tiere unabhängig
vom Nutzen für Menschen
Holistische Konzeption: Schutz der unbelebten Natur um ihrer selbst willen
Kompatibilität ökonomischer und ethischer Nachhaltigkeitsbegriffe:
▪
▪
▪
▪
Schwache Nachhaltigkeit
~
Anthropozentrisch
Starke Nachhaltigkeit
~
Biozentrisch/ Holistisch
Kritische Nachhaltigkeit
~
Moderate Anthropozentrisch/ Biozentrisch
Konsequenz: unterschiedliche ökonomische Positionen reflektieren unterschiedliche
ethische Positionen. Pluralität ist Ausdruck möglicher Lebensoptionen. Ökonomen vertreten
implizit stets eine ethische Position.
7
Zusammenhang/ Affinität politischer- und kritischer Nachhaltigkeitsbegriff und Umweltforschung:
Operationalisierung der kritischen Nachhaltigkeit:
Zusammenfassung Nachhaltigkeitskonzeptionen:
8
3. Messung von Umweltbelastung und Nachhaltigkeit
3.1 Monetarisierung der Umweltbelastung
3.1.1 Vorgehensweise zur Monetarisierung
Gegenstand von Kosten-Nutzen-Überlegungen:
▪
▪
▪
▪
Entscheidungsregel für Umweltschutz über Vergleich von Kosten und Nutzen
Kosten-Nutzen-Analyse
▪ Relative Beurteilung: Beste Alternative unter allen Projekten
▪ Absolute Beurteilung: Projekte mit Nutzen > Kosten werden durgeführt
Anwendung beim Klimaschutz:
▪ Kosten: volkswirtschaftliche Auswirkungen im Vgl. ohne Klimaschutz
▪ Nutzen: vermiedene (externe) Kosten (Schäden) der Klimaveränderung
Voraussetzung und Schwierigkeit: Berechnung des Nutzens in Geldeinheiten
Vorgehensweise zur Bewertung:
Probleme bei der Identifikation und Quantifizierung von Umweltproblemen:
▪
▪
▪
▪
▪
▪
Neue Umweltprobleme
Wirkung abhängig vom zeitlichen- und räumlichen Profil
Regenerationsfähigkeit der Natur
Schwer nachweisbare Langzeiteffekte
(…)
Eisbergtheorem der Monetarisierung: Nur ein Teil der externen Kosten kann monetarisiert
werden (Spitze es Eisberges), der Rest bleibt der Analyse durch Unwissenheit und
Unsicherheit verborgen.
Probleme bei der Monetarisierung:
▪
▪
▪
▪
Wahl der Bewertungsmethode
Bewertung einer erhöhten Wahrscheinlichkeit von Todesfällen
Berücksichtigung des Zeitpunktes des Schadensanfalls
(…)
9
Wie wird monetär bewertet?
▪
▪
▪
▪
Individuelle Präferenzen als Bewertungsmaßstab
Erfassung nutzungsabhängiger und -unabhängiger Wertbestandteile
▪ Direkte oder indirekte
▪ Optionswerte (zukünftig)
▪ Altruistische Werte
Methoden (siehe nachfolgende Punkte)
▪ Verfahren mit Marktpreisen
▪ Zahlungsbereitschaftsanalysen
▪ Vermeidungskosten
Auswahl der monetär bewerteten Wirkungen stellt Untergrenze dar (d.h. die Kosten könnten auch
höher liegen (und tun dies wahrscheinlich auch) aber man kennt die Gesamtauswirkungen nicht -> Eisbergmodel)
Verfahren mit Marktpreisen:
▪
▪
▪
▪
Bewertung des Schadens einer Veränderung der Wertschöpfung (z.B. Preise für Getreide zur
Bewertung eines Ernteverlusts)
Bewertung der Kosten zur Schadensverringerung oder -vermeidung (z.B. Kosten für die
Erhöhung eines Deiches)
Konzentration auf materielle Schäden (z.B. Reparaturen, Ertragsausfälle, etc. immaterielle
Schäden wie z.B. Leid/ Schmerz bleiben unberücksichtigt)
Schwierigkeiten:
▪ Kausalität des Schadens
▪ Ermittlung der Schadenssumme
▪ Umgang mit Risiken
Zahlungsbereitschaftsanalyse:
▪
▪
Gesucht:
▪ Willingness to pay (um Schaden zu vermeiden) oder
▪ Willingness to accept (wieviel Geld zur Kompensation des Schadens)
Möglichkeiten
▪ Indirekte Erfassung (Übertragung Zahlungsbereitschaft aus realen Märkten; z.B.
hedonic pricing: Umweltqualität beeinflusst indirekt Preise von Grundstücken)
▪ Direkte Erfassung (Befragung potentiell Betroffener; Problem: strategisches
Verhalten, begrenzten Vorstellungsvermögen, etc.)
Vermeidungskosten:
▪
▪
▪
Hilfslösung, falls andere Ansätze nicht angewandt werden können (Problem des
Zirkelschlusses)
Ergebnis gilt nur, wenn politisch festgelegtes Vermeidungsziel gleichzeitig ökonomisch
optimal ist
Praktische Probleme:
▪ Festlegung der Emissionsvermeidung
▪ Schätzung der Vermeidungskosten im Zeitablauf
▪ Bewertung von Verzichtsmaßnahmen
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Diskontierung:
▪
▪
Menschen bewerten heutigen Nutzen höher als zukünftigen.
▪ Reine Zeitpräferenz: Heutige Konsumoptionen höher bewertet als gleiche in der
Zukunft
▪ Soziale Zeitpräferenz: Abnehmender Grenznutzen des Konsums bei insg. Steigenden
Konsummöglichkeiten (soziale Zeitpräferenzen < reine Zeitpräferenzen)
▪ Schlussfolgerung: Abzinsung zukünftigen Nutzens erforderlich
Intergenerationelle Diskontierung
▪ Gilt reine Zeitpräferenz auch generationenübergreifen?
▪ Kosten-Nutzenabwägungen müssen auch über Generationen hinweg berücksichtigt
werden -> Deshalb Abzinsung mit Wachstumsrate g, gewichtet mit
Grenznutzenelastizität des Konsums n
▪ i = z + n*g (i = Abzinsungsrate, z = Zeitpräferenz, n = Elastizität abnehmender
Grenznutzen, g = Wachstumsrate)
▪ Frage: sind Konsummöglichkeiten und Klima überhaupt substitutive Güter?
Bewertung von Menschenleben:
▪
▪
▪
Bewertung der Wahrscheinlichkeit von vermehrten Todesfällen -> Abwägung zwischen
Geldflüssen und erhöhter Todeswahrscheinlichkeit (Bsp. Schlechtes Auto)
Methoden:
▪ Funktion des erzielbaren Einkommens (damage costs)
▪ Ableitung aus Lohnzuschlägen bei gefährlicher Arbeit etc. (willingness to accept)
Ergebnis: Unterschiedliche Bewertung von Todesfällen in Entwicklungsländern vs.
Industrieländern (50.000 € vs. 5 Mio. €/ Faktor 100)
Risikopräferenzen und Extremereignisse:
▪
▪
▪
Konventionelle Bewertung kalkulierbarer Risiken:
▪ Erwartungswert: Berücksichtigung Schadensausmaß und Eintrittswahrscheinlichkeit
(setzt Risikoneutralität voraus)
Bewertung bei Risikoaversion:
▪ Bereitschaft, mehr zur Vermeidung auszugeben als Erwartungswert entspricht
(besteht z.B. bzgl. Katastrophen – geringe Wahrscheinlichkeit, hohe Auswirkungen)
-> Verwendung eines Aversionsfaktors
Bewertung bei Unsicherheiten:
▪ Eintrittswahrscheinlichkeit kann nicht bestimmt werden -> gesellschaftlicher Diskurs
über Risikobereitschaft erforderlich
3.1.2 Fallbeispiel Monetarisierung der Wirkung des Klimawandels
Probleme bei der Identifikation und Quantifizierung im Umweltbereich:
▪ Vorhersage mit erheblichen Unsicherheiten verbunden (Unsicherheiten in den
Klimamodellen, Langzeitwirkungen unklar, Wechselwirkungen nicht vorhersehbar, etc.)
Beispiel für Quantifizierung:
11
Regionale Aufteilung von Wirkungen des Klimawandels:
Grundfragen der monetären Bewertung von Klimaschäden:
▪
▪
▪
Welche Wirkungen sollen einbezogen werden? (Hohe Unsicherheiten gerade am Ende der
Wirkungskette aber Bias im Ergebnis wenn außen vor gelassen)
Große zeitliche Verzögerungen der Wirkungen (Wahl der Abzinsungsrate?)
Ort der Emission und Wirkung fallen häufig auseinander (Welcher Ansatz für stat.
Wahrscheinlichkeit eines Todesfalls?)
Beispiel: Auswirkungen unterschiedlicher Ansätze:
Schlussfolgerungen:
▪ Monetarisierung führt auf Grund unterschiedlicher ethisch-moralischen Entscheidungen,
Unkenntnis und unterschiedlicher Zielsetzungen zu disparaten (ungleichartigen) Ergebnissen
12
3.2 Umweltindikatorik
3.2.1 Pressure-State-Response Ansatz
Operationalisierung kritischer Bestandteile des Naturkapitals mit Hilfe von Umweltindikatoren:
▪
▪
▪
Aufrechterhaltung des Naturkapitals wird durch Umweltprobleme gefährdet
Zuordnung Umweltproblem <-> Gefährdung essentieller Ressourcen nicht einfach
Fragen:
▪ 1. Wie wird Umweltproblem gemessen? -> Umweltindikatorsystem
▪ 2. Werden ökologische Leitplanken eingehalten? -> Situationsanalyse und
Festlegung von Schwellenwerten/ Zielen erforderlich
▪ 3. Wie sehr wird Nachhaltigkeit durch Umweltprobleme gefährdet? -> Generisch
ökologische Nachhaltigkeitsbewertung der Umweltprobleme erforderlich
Pressure- und State- Indikatoren:
▪
▪
▪
Indikatoren allgemein: sollen Breite abbilden aber gleichzeitig übersichtlich sein ->
Spannungsfeld
Konzeptionelle Grundideen:
▪ Gleichartige Wirkungen bündeln
▪ Pressure Indikatoren geben die jährliche Umweltbelastung an
▪ State Indikatoren zeigen die angesammelte Umweltbelastung bzw. -wirkung auf
Indikatoren sollen Veränderungen im Zeitablauf sichtbar machen (Zeitreihen erforderlich,
Mangelnde Daten schränken Aussagekraft ein)
Bildung von Leitindikatoren:
▪
▪
Einsatz von Äquivalenzziffern (z.B. CO-2 Äquivalente oder Versauerungsäquivalente)
Auswahl eines besonders wichtigen Teilbereichs, der möglichst repräsentativ sein sollte
Leitindikatoren:
13
3.2.2 Überblick über Umweltbelastung und Umweltzustand in Deutschland
Beispiel Pressure- und State-Indikatoren für Treibhausgaseffekt in Deutschland: (siehe mehr Beispiele
in Foliensatz)
Pressure:
State:
14
Ansatzpunkte für Zielsetzung:
▪
▪
▪
▪
Ziele müssen politisch legitimiert sein und auf politischem Diskurs beruhen
Fachliche Aspekte: Ab welchen Schwellenwerten ist Naturkapital bedroht?
Umsetzungsaspekte: wie schnell soll/ kann Belastung reduziert werden?
Ethische Wertungen gehen implizit immer in Festlegung ein
Kategorisierung von Umweltzielen:
▪
▪
▪
Umweltqualitätsziele: Kennzeichnen Zielzustand der Umwelt (z.B. Stabilisierung CO2Konzentration) -> Bezug zu State-Indikatoren
Fachliche Umwelthandlungsziele: Um wie viel müssen Belastungsgrößen verändert werden
um Umweltqualitätsziel zu erreichen -> Bezug zu Pressure-Indikatoren
Politische Umwelthandlungsziele: Welches Ziel soll in welchem Zeitraum erreicht werden ->
Bezug zu Pressure-Indikatoren
Managementregeln:
▪
▪
▪
Die Verbrauchs- bzw. Abbaurate erneuerbarer Ressourcen soll deren Regenerationsrate
nicht überschreiten.
Nicht erneuerbare Ressourcen sollen nur soweit genutzt werden, wie ein gleichwertiger
Ersatz oder ein effizienterer Einsatz (Spar-/Substitutionsrate) gewährleistet ist.
Einträge in die Umwelt sollen sich an der Belastbarkeit der Umwelt orientieren
(Tragekapazität, Assimilationsrate).
Ableitung von Zielen:
15
Umweltziele Anfang der 2000er
Fazit Zieldiskussion:
▪
▪
▪
System für rationale Politikgestaltung erforderlich (Fachliche Umwelthandlungsziele
langfristig anstreben, Etappenziele mittelfristig realistisch planen)
Probleme: Ethische Basis und vielfältige Interessen
Stand Deutschland:
▪ Zieldiskussion: Ziele nur zum Teil festgelegt, bisher keine einheitliche Bezugsbasis
▪ Zielerreichung: Zum Teil deutliche Erfolge (z.B. Versauerung, Abfall), z.T. kaum
Bewegung (z.B. Naturraum, Ressourcen)
3.2.3 Generische Bewertung zur Ableitung von Gewichtungsfaktoren
Notwendigkeit ökologischer Nachhaltigkeitsbewertung:
▪
▪
Ausmaß des Umweltproblems = Bedeutsamkeit des Schutzgutes für Nachhaltigkeit
Generische (allgemeingültige) ökologische Nachhaltigkeitsbewertung der Umweltprobleme ist
unabhängig von der Zielerreichung erforderlich
Zugänge für ökologische Nachhaltigkeitsbewertung:
▪
▪
Ökologische Nachhaltigkeitsbewertung nicht abhängig von individueller
Zahlungsbereitschaft, sondern Ergebnis politischen Diskurses, in den Fachwissen einfließen
muss
Wissenschaftler sind beteiligte Stakeholder, die Fachwissen einbringen. Methodische
Unterstützung erforderlich, um Unsicherheiten und verschiedene Meinungen handhabbar zu
machen (z.B. Delphi-Methode)
16
Delphi-Methode:
▪
▪
▪
▪
▪
Methode zur Bewertung bei Unsicherheit und unterschiedlicher Präferenzen
Fragebogen oder Thesenkatalog wird von Teilnehmern bearbeitet; Teilnehmer erhalten
dann Feedback, wie die anderen Experten geantwortet haben und es wird eine (oder
mehrere) weitere Runde(n) der Bearbeitung durchgeführt
Gruppendynamik mit sehr dominanten Personen soll entgegengewirkt werden
Unpersönliche Kommunikation unter Beibehaltung anonymer Meinungsäußerung möglich
Anwendung: Auswahl der Kriterien für Nachhaltigkeit; Einschätzung der einzelnen
Umweltprobleme bzgl. der Kriterien
Ergebnis aus Delphi Befragung zu Kriterien für generische ökologische Nachhaltigkeitsbewertung:
▪
▪
▪
Räumlicher Bezug: Hohe Bedeutung je mehr Menschen betroffen und Wirkung global ist
Ausmaß der Wirkung: je mehr Wirkung desto gefährlicher; je mehr Unsicherheit desto
größer das Potential für unbekannte Wirkungen
Zeitlicher Bezug: Hohe Bedeutung je weitreichender und je irreversibler
Beispiel Delphi Bewertung:
Fazit:
▪
▪
▪
▪
Bewertungen sind immer mit subjektiven Einschätzungen verbunden
Verschieden Kriterien von Bedeutung (räumlich, Ausmaß der Wirkung, zeitlich)
Multikriterielle Bewertungsverfahren helfen bei Verdichtung zu eindimensionaler
Bewertung
Hohe Bedeutung für Nachhaltigkeit bedeutet nicht gleichzeitig hohe Bedeutung für
Umweltpolitik
17
3.3 Nachhaltigkeitsindizes
Motivation:
▪
▪
▪
▪
Veränderung vieler einzelner Indikatoren schwer zu kommunizieren
Nachhaltigkeit konkurriert mit anderen Politikfeldern (Fragen: Nimmt Umweltbelastung ab
oder zu?, Wie weit sind wir von den Zielen entfernt? Etc.)
Nationale Indizes:
▪ Aggregierter Index der Umweltbelastung (Pressure)
▪ Aggregierter Index des Umweltzustandes (State)
▪ Aggregierter Inder der Erreichung der Umwelt-Politikziele
Internationale Vergleiche:
▪ Human Development Index
▪ Ecological Footprint
▪ Yale Environmental Performance Index
Vorgehensweise bei der Bildung von Indizes:
3.3.1 Bildung von nationalen ökologischen Nachhaltigkeitsindizes
Nachhaltigkeitsindizes auf Basis von nationalen Pressure und State-Indikatoren:
▪
▪
▪
Ökologischer Nachhaltigkeits-Belastungs-Index (ÖNBI)
▪ Basiert auf Pressure-Indikatoren
▪ Gewogene Veränderung der Umweltbelastung
Ökologischer Nachhaltigkeits-Zustands-Index (ÖNZI)
▪ Basiert auf State-Indikatoren
▪ Misst gewogene Veränderung der ökologischen Nachhaltigkeit über Zeitraum
Ökologischer Nachhaltigkeits-Politik-Index (ÖNPI)
▪ Basiert auf Pressure-Indikatoren
▪ Berechnet gewogene Minderungsbeiträge, die zur Erreichung der
Nachhaltigkeitsziele erreicht werden müssen
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Ökologischer Nachhaltigkeits-Belastungs-Index (ÖNBI):
▪
▪
▪
▪
Gewichtete Veränderungen im Jahr t der Umweltbelastung
Interpretation:
▪ ÖNBI = 100 -> Keine Veränderung
▪ ÖNBI < 100 -> Reduktion der Umweltbelastung
▪ ÖNBI > 100 -> Verstärkung der Umweltbelastung
Nur relative Veränderungen messbar mit Abhängigkeit vom Basisjahr
Beispielberechnung und Vorgehen in Vorlesung und Übungsaufgabe
Beispiel ÖNBI Deutschland:
Ökologischer Nachhaltigkeits-Zustands-Index (ÖNZI):
▪
▪
Gewichtete Veränderung des Umweltzustandes im Jahr t
Interpretation:
▪ ÖNZI = 100 -> Keine Veränderung
▪ ÖNZI < 100 -> Verbesserung des Umweltzustandes
▪ ÖNZI > 100 -> Verschlechterung des Umweltzustandes
▪ Beispielberechnung und Vorgehen in Vorlesung
▪ Nur relative Veränderungen messbar
Beispiel ÖNZI Deutschland:
19
Ökologischer Nachhaltigkeits-Politik-Index (ÖNPI):
▪
▪
▪
▪
Kombiniert die Pressure-Indikatorenwerte des Jahres t (vpk,t) mit den Zielwerten vpk* und
mit den Gewichtungen (gk)
Interpretation:
▪ ÖNPI = 100 -> Keine Annäherung an Nachhaltigkeitsziele
▪ ÖNPI < 100 -> Reduktion der Umweltbelastung
▪ ÖNPI > 100 -> Verstärkung der Umweltbelastung
▪ ÖNPI = 0 -> Nachhaltigkeitsziele erreicht
Absolute Beurteilung möglich: ÖNPI misst noch bestehenden Minderungsbedarf zur
Erreichung der Ziele
Beispielberechnung und Vorgehen in Vorlesung und Übung
Beispiel ÖNPI Deutschland:
Interpretationen:
▪
▪
▪
▪
Starke Reduktion ÖNBI nach 1990 (wall fall profit), aber Auslaufen der Erfolge
Ziele werden in der Summe voraussichtlich nicht erreicht
Keine Verbesserung des Umweltzustandes
Gründe für Auseinanderfallen von Entwicklung Umweltbelastung und Umweltzustand:
▪ Time lags
▪ Irreversible Wirkungen (z.B. bei radioaktivem Abfall bedeutet Pressure = 0 lediglich,
dass sich der Umweltzustand nicht weiter verschlechtert)
▪ Globalität des Problems (Wirkung ist durch globale Entwicklung geprägt; z.B.
Treibhauseffekt)
Schlussfolgerungen für deutsche Umweltpolitik:
▪
Zusätzlicher Schub erforderlich, vor allem in folgenden Bereichen:
▪ Treibhausgase
▪ Toxische Kontamination
▪ Naturraumbeanspruchung
▪ Material- und Ressourcenverbrauch
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3.3.2 Human Development Index
Human Development Index (HDI):
▪
▪
▪
Zielt auf soziale Dimension von Nachhaltigkeit ab, vor allem intragenerationelle
Entwicklungschancen
Internationale Politikdimension (von UN vorangetrieben)
Dimensionen:
▪ Lebenserwartung
▪ Ausbildung
▪ Einkommen
21
Beurteilung HDI:
▪
▪
Positiv:
▪ Einfacher, and Grundbedürfnisse anknüpfender Index
▪ Hohe Verbreitung
Negativ:
▪ Hohe Korrelation der Werte mit GDP (BIP)
▪ Vergleichbarkeit der Werte (z.B. Qualität der Schulen)
▪ Zu geringe Differenzierungsmöglichkeit für top 20 Länder
3.3.3 Ecological Footprint
▪
▪
Konzept:
▪ Verhältnis menschlicher Beanspruchung (footprint) zu Tragekapazität der Natur
(biocapacy)
▪ Berechnet Fläche, die pro Person im Schnitt verbraucht wird
▪ Basiert auf Import und Export resultierender Beanspruchung
Bestandteile:
▪ Croplant footprint (Fläche für Anbau konsumierter Feldfrüchte)
▪ Grazing land footprint (Weiderfläche für tierische Lebensmittel)
▪ Forest footprint (Wald für Holzprodukte)
▪ Fishing Grounds footprint
▪ Built up land footprint (Fläche für Siedlung und Verkehr)
▪ Carbon Footprint (Waldfläche, die zur CO2-Emissions Absorption nötig wäre)
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Beurteilung Ecological Footprint:
▪
▪
Positiv:
▪ Vergleichbarkeit
▪ Bedeutung Konsum + Lebensstil thematisiert
Negativ:
▪ Nur wenige Umweltprobleme adressiert, vor allem CO2
▪ „Hektarideologie“ unter Vernachlässigung qualitativ unterschiedlicher Wirkungen
▪ Differenz footprint zu biocapacity kann irreführend sein (vor allem bei
dichtbesiedelten Staaten)
3.3.4 Yale Environmental Performance Index
Allgemeines:
▪
▪
▪
Hauptdimensionen: Environmental Health (Umweltzustand) und Ecostystem Vitality
(Ökonomische Kraft)
9 Unterkategorien und 19 Indikatoren
Ziel: Ländervergleich
Probleme:
▪
▪
▪
▪
Datenmangel (z.B. Frischwasserqualität oder Recycling raten)
Häufige Wechsel der Methoden in der Vergangenheit
Mischung von Indikatoren mit Menschen- und Umweltbezug
Mischung von Indikatoren mit Bezug auf Umweltbelastung und Umweltveränderung
Kritik:
▪
▪
▪
Wichtige Bereiche vernachlässigt
Aussagekraft einzelner Indikatoren fraglich
Vergleichbarkeit der Ergebnisse schwierig
23
24
Zusammenfassung Indizes:
25
4. Umwelt und Wirtschaftswachstum
4.1 Diskussion um Grenzen des Wachstums
Begründungsansätze für Grenzen des Wachstums:
▪
▪
▪
▪
Malthusianische Grenzen (Eigentlich Malthusianische Katastrophe genannt) (klassische Debatte im 19.
Jh., beruhend auf Nahrungsmittelproduktion vs. Bevölkerungsentwicklung)
Club of Rome (Bericht 1972, beruhend auf Ressourcen)
Club of Rome (Bericht 1992, beruhend auf Umweltverschmutzung)
Seit 2010 Neuauflage der Ressourcendiskussion (beruhend auf Ressourcen)
4.1.1 Grenzen des Wachstums bei Malthus
Malthusianische Grenzen:
▪
▪
Theorie: Bevölkerung wächst schneller (exponentiell) als Nahrungsmittelproduktion
(linear).
Nahrungsmittelproduktion wirkt als limitierender Faktor bzgl. des Wachstums
▪ Unterernährung, Verhungern
▪ Bevölkerung entwickelt sich entsprechend verfügbarer Nahrungsmittel ->
Subsistenzwirtschaft (Subsistenzwirtschaft oder Bedarfswirtschaft werden alle – vorwiegend
landwirtschaftlichen – Wirtschaftsformen genannt, deren Produktionsziel weitestgehend die Selbstversorgung zur
Sicherstellung des Lebensunterhaltes einer Familie oder einer kleinen Gemeinschaft ist.)
Mathusianische Grenzen und Alternativen:
Gestrichelte Linien in rot, blau und schwarz zeigen Alternativen, durchgezogene Linien die Theorie nach Mathus
Kritikansätze an Malthus:
▪
▪
▪
Bevölkerung: Subsistenz kann sozial bestimmt sein -> Bevölkerungswachstum sinkt bevor es
zur Hungersnot kommt (siehe gestrichelte blaue Linie)
Technologischer Fortschritt: Kann limitierenden Faktor deutlich erhöhen (siehe schwarze
gestrichelte Linie)
Konsum: Kann zunehmen
26
4.1.2 Grenzen des Wachstums beim Club of Rome
Club of Rome Bericht 1972 - Ressourcenverfügbarkeit als Wachstumsbremse:
▪
▪
▪
Quantitative Simulation mit einem Weltmodel
▪ 5 Variablen: Bevölkerung, Nahrungsmittelproduktion, wirtschaftliche Aktivität,
Ressourcenverbrauch, Umweltverschmutzung
Ressourcenverfügbarkeit (Rohstoffvorräte) als kritische Einflussgröße
Ergebnis: Kollaps des Weltsystems Mitte des 21. Jh.
Kritik Bericht des Club of Rome 1972:
▪
▪
Technischer Fortschritt unterschätzt (Ressourcenverfügbarkeit wird erhöht, etc.)
Marktmechanismen unterschätzt (Verknappung regt technischen Fortschritt und
Verhaltensänderungen an)
▪ Beispielargument der Kritiker: Ölpreiskrise führte zur Diversifikation von
Energieträgern und Erschließung neuer Quellen
▪ Erwiderung auf Kritik: Ölpreiskrise war politische- nicht „natürliche“ Verknappung
Club of Rome Bericht 1992 – Umweltverschmutzung als Wachstumsbremse:
▪
Umweltverschmutzung ist limitierender Faktor (Bsp. Fossile Energieträger: Nutzung führt zu
Überlastung der Umwelt noch bevor Ressourcenverfügbarkeit zu neige geht)
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Weitere Argumente für Wachstumsbremse durch Umweltverschmutzung:
▪
▪
Physikalische Grenzen: Absorptionsfähigkeit wird überschritten
Qualität des Wachstums sinkt: immer größerer Teil des Wachstums muss zur Kompensation
von Umweltschäden verwendet werden (defensive Ausgaben)
4.1.3 Gründe für und gegen die Existenz von ökologischen Grenzen des Wachstums
4.2 Empirische Ergebnisse: die Environmental Kuznets Curve (EKC)
4.2.1 Konzept der Environmental Kuznets Curve (EKC)
▪
▪
▪
▪
▪
Beschreibt Zusammenhang zwischen Umweltbelastung und Wirtschaftswachstum:
Hypothese: Zusammenhang folgt idealtypisch umgekehrter U-Form
▪ Entkopplung erfolgt aufgrund technischen Fortschritts
Implikation der U-Form: Ökonomie und Ökologie sind verträglich; „wait and see policy“
Beispiele:
▪ Erneuerbare Energien ersetzen Kernkraft und fossile Kraftwerke
▪ Strom aus erneuerbaren Energien für Elektromobilität
▪ Einsatz IuK-Technologie (Informations- und Kommunikationstechnologie) zur Effizienzsteigerung
Mögliche Alternativen:
▪ Von Beginn an fallend (z.B. bei Entsorgungsinfrastruktur)
▪ Permanent steigend (z.B. keine technischen Reduktionsmöglichkeiten)
▪ „Phase 4“ -> wieder steigend
28
4.2.2 Empirische Ergebnisse und ihre Interpretation
▪
Je nach Bedingungen kein Trend zum umgekehrten U (Abhängig von natürlichen
Bedingungen, Politik, Technologie, etc.) -> Systemsicht erforderlich
4.2.3 Problembereich strategische Metalle
Technischer Fortschritt erfordert materielle Basis -> verstärkter Einsatz von seltenen Metallen
▪ Beispiele: Indium für LCD-Displays, Gallium für PV-Zellen, etc.)
▪ Förderung mit zahlreichen Umweltproblemen verbunden (z.B. Abraum, Aufschließen der
Erze) -> Paradebeispiel für Verlagerung von einem Umweltproblembereich in einen andern
▪ Herausforderungen:
▪ Technische Merkmale: sehr spezifisch/ schwer zu substituieren; schwer zu gewinnen
▪ Marktbezogene Merkmale: Wachsende Nachfrage; Hohe Einflüsse von Staaten in
Abbauländern; Angebotskonzentration in wenigen Ländern
▪ Sozioökonomische Merkmale: Illegale Quellen; Umwelteffekte der Förderung
4.3 Wirtschaftswachstum und Umweltbelastung aus der
Perspektive der Länder des Südens
4.3.1 Konzept des Tunneling through the Environmental Kuznets Curve
▪
Hypothese: Anstieg der EKC fällt in Entwicklungsländer geringer aus, wenn sie neueste
Technologie verwenden
Probleme:
▪ Existiert EKC überhaupt?
▪ Existiert EKC in Ländern des Nordens wegen Verlagerung der „schmutzigen Industrien“ in
die Länder des Südens?
▪ Kapitalmangel in Entwicklungsländern
▪ Können (und wollen) Entwicklungsländer Technologie überhaupt einsetzen?
29
Anreize zum Einsatz moderner Technologie in Ländern des Südens:
▪
▪
▪
Reduktion der Umweltbelastung
Aufbau moderner Versorgungs-Infrastruktur
Wettbewerbsfähigkeit
▪ Dagegen spricht: Durch geringeren Umweltschutz können Kostenvorteile entstehen
-> „Umweltdumping“
Absorptionsfähigkeit (sinnvoller Einsatz) als Voraussetzung für funktionierenden Technologietransfer (und
damit Tunneling through):
▪
▪
Fähigkeit zum Umgang mit der Technologie ist wichtig für erfolgreichen Transfer. Dazu
braucht es:
▪ Wissen:
▪ Nicht-kodifiziertes Wissen (Wissen, dass man nicht einfach aus Büchern etc. erhalten kann)
(tacit knowledge) ist an Köpfe gebunden
▪ Insbesondere organisatorische Innovation schwer zu transferieren
▪ Komplementäre Strukturen oder Produkte:
▪ In der Wertschöpfungskette (z.B. bleifreies Benzin für Katalysatoren)
▪ Organisatorische Begleitung bei Technologietransfers
▪ Stärkung der Absorptionsfähigkeit:
▪ Ausbildungskapazitäten
▪ R&D Kapazität
▪ Technologie muss in Entwicklungsstrategie des Landes Passen
→ Erfolgsaussichten für Tunneling through ist empirische Frage:
▪ Wie sind die allgemeinen Innovationsbedingungen?
▪ Welche technologischen Leistungsfähigkeiten liegen vor?
▪ (siehe nächster Abschnitt)
Indikatoren zu allgemeinen Innovationsbedingungen:
▪
▪
▪
▪
▪
Technologische Leistungsfähigkeit
▪ Indikatoren: Anzahl Patente und Publikationen, Exporte
▪ Patent = Vertrag zw. Erfinder und öffentlicher Institution über
Nutzungsbedingung und Gewährung zeitlich befristeten Monopols
▪ Qualität von Patenten entspricht Anzahl an Zitierungen und Lizensierungen
▪ Schwellenländer (NICs) kommen auf ca. 50 % der Publikationen bei
Nachhaltigkeitstechnologien
Allgemeinen Innovationsbedingungen
F&E-Intensität
Regierungsführung
Stellenwert der Umweltpolitik
4.3.2 Empirische Ergebnisse zur Positionierung der Länder
Siehe Vorlesung für empirische Ergebnisse. Kernaussagen in den Schlussfolgerungen (siehe nächster
Abschnitt)
30
Schlussfolgerungen:
4.4 Komponentenzerlegung der Entwicklung der Umweltbelastung
Determinanten Umweltbelastung:
▪
▪
▪
Wirtschaftliches Aktivitätsniveau (materieller Wohlstand, Bevölkerungsentwicklung)
Strukturwandel (Intersektoral (Nachfragestruktur, Verflechtungsstruktur), Außenhandel)
Technikentwicklung
Komponentenzerlegung zur Modellierung des Einflusses der einzelnen Determinanten auf die
Umweltbelastung über Input-Output-Analyse und Leontief-Inverse:
▪
▪
Idee: Isolierung der einzelnen Determinanten
Ansatz: Volkwirtschaftliche Input- Output- Analyse (I/O-Analyse) wird um einen
Emissionskoeffizienten erweitert, um damit die Umweltbelastung zu berechnen. Dies
geschieht mit Hilfe des Leontief-Modells:
▪ Bruttoproduktion (X) (der Gesamtvolkswirtschaft) = Leontief-Inverse * Endnachfrage
▪ Umweltbelastung (UB) = Bruttoproduktion * Emissionskoeffizient
▪ Die Leontief-Inverse lässt sich hierbei aus der Input-Output-Analyse ableiten (siehe z.B.
▪
Anschließend wird über zeitliche Variation der einzelnen Bestandteile (Leontief-Inverse,
Endnachfrage, Emissionskoeffizient) versucht, die Bedeutung der einzelnen Faktoren
herauszuarbeiten.
Empirische Erkenntnisse:
▪ Wachstumseffekt hat eindeutig emissionserhöhende Wirkung
▪ Wachstumsstruktureffekt bewirkt tendenziell Emissionsentlastung
▪ Problem: Es existiert auch ein „Joint-Effekt“ (Abhängigkeiten der einzelnen Faktoren
untereinander) -> macht eindeutige Aussagen schwierig
Langfristiger Ausblick:
▪ Reduktionsziele bis 2050 bestehen in Reduktion um 80 % gegenüber 1990
▪ Anhand des Modells lässt sich ableiten, dass dies nur über einen extremen
technischen Wandel möglich scheint -> „erheblicher Optimismus erforderlich“
▪ Neben Verbesserung der Technik kann auch über eine Veränderung der anderen
Determinanten nachgedacht werden (z.B. Präferenzänderungen zur Veränderung
der Nachfragestruktur; Suffizienz-Strategie zur Reduktion des Wachstumsniveaus)
http://www.poenitz-net.de/Mathematik/6.Lineare%20Algebra/6.4.S.Leontief-Modell.pdf)
▪
▪
31
5. Systemanalyse und Szenarien („Zukunftsforschung“)
Motivation:
▪ Viele Ziele bestehen aus Reduktion um 80% bis 2050
▪ Wachstumsraten von 2,5% - 3% pro Jahr führen zu einer Vervierfachung des BIP
▪ Um Ziele zu erreichen, müssen andere Faktoren diesen Effekt kompensieren
▪ -> Notwendigkeit für Projektionen (Forecasts): Wo liegen die Herausforderungen in
Zukunft? Welche Determinanten haben welchen Einfluss?
5.1 Forecast-Methoden
Methoden für Projektionen:
▪
▪
▪
▪
▪
▪
▪
Trendfortschreitung, Trendextrapolation, halbquantitative Verfahren (z.B. Statistiken)
▪ Vorteile: Bei kurzfristigen Vorhersagen
▪ Nachteile: Treiber der Entwicklung nicht thematisiert
Ökonometrische Verfahren (Domäne der Ökonomen)
▪ Vorteile: Differenzierte Analyse der Faktoren (abhängig von Datenlage)
▪ Nachteile: Abhängigkeit von Datenlage
Technologiebasierte Simulationen, Systemmodelle (Domäne der Ingenieure)
▪ Vorteile: Veränderungen der Technik können berücksichtigt werden
▪ Nachteile: Hoher Einfluss (subjektiver) Einschätzungen zu Technik (siehe z.B. KI)
System dynamics (Modellsimulation komplexer und dynamischer Systeme)
▪ Vorteile: Annahmen über Rückkopplungen, Berücksichtigung Nichtlinearität
▪ Nachteile: Mangelnde Datenlage
Szenarioanalyse im engeren Sinne:
▪ Vorteile: Abbildung verschiedener Szenarien
▪ Nachteile: Abhängigkeit von Annahmen/ Wertung des Bearbeiters
Expertenbefragung
Kombinationen von Methoden
Institutionelle Probleme bei Zukunftsanalysen:
▪
▪
▪
Persönlicher Charakter des Analysten (z.B. Konfliktscheue, Dominanz objektivierbaren und
einfachen Materials, etc.)
Erwartungen des Umfelds (Konflikt zwischen Erkenntnissen und Interessen insbesondere
des Auftraggebers)
-> Große Bedeutung, unter welchen Umständen Projektionen durchgeführt werden
Vorgehensweise Szenarioanalyse:
▪
▪
▪
▪
Zieldefinition; Festlegung Szenariotyp (Referenz-, Alternativ-, oder Zielszenario)
Festlegung von allg. Annahmen (z.B. Bevölkerungs-, Wirtschaftswachstum, etc.)
Festlegung Szenario-spezifischer Annahmen (Technikentwicklung, spezifische Kosten, etc.)
Analyse der Folgen des Szenarios: Anwendung von Systemmodellen
32
Anwendung von Theorien:
33
5.2 Ergebnisse von Projektionen für den Energiebereich
Einteilung Makrosektoren Energieverbrauch
▪
Für Makrosektoren Szenarien üblicherweise getrennt. Beispiel Energie :
▪ Energieumwandlung (Kraftwerke, Raffinerien)
▪ 4 Endenergiesektoren:
▪ Industrie
▪ Kleinverbrauch
▪ Haushalte
▪ Verkehr
Problematik CO2-Emissionen:
▪
▪
▪
Verbrennung fossiler Energieträger mit CO2-Emissionen verbunden
Strategien zur Reduktion der Emissionen durch Reduktion des Verbrauchs:
▪ Effizienzsteigerungen
▪ Energiebewussteres Verhalten
▪ Einsatz erneuerbarer Energieträger
Strategien zur Reduktion der Emissionen ohne Reduktion des Verbrauchs:
▪ CO2-Abschneider und Deponierung (CCS)
▪ Substitution durch umweltfreundlichere fossile Energieträger (z.B. Gas)
Argumente der Ölpreisdebatte (Projektion der Entwicklung des Ölpreises):
▪
▪
Faktoren für Rückgang der Preise:
▪ Bei steigenden Preisen werden Reserven zu Ressourcen -> Förderung lohnt sich ->
mehr Angebot -> Preise nehmen ab bzw. bleiben konstant
Faktoren für weiteren Preisanstieg:
▪ Peak Oil bald erreicht
▪ Nachfrage nimmt weltweit noch zu
▪ Kosten alternativer Ressourcen noch nicht abzusehen
▪ Ölreserven vor allem in politisch instabilen Regionen
34
Politikszenarien Klimaschutz für Deutschland:
▪
▪
Zwei verschiedene Szenarien werden betrachtet:
▪ Mit-Maßnahmen-Szenario (MMS): alle Maßnahmen, die bis 08.2014 ergriffen
worden sind, werden erfasst -> Referenzszenario
▪ Mit-Weiteren-Maßnahmen-Szenario (MWMS): zusätzlich beschlossene
Maßnahmen (aus dem Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 und im Nationalen
Aktionsplan Energieeffizienz) werden mit erfasst -> Zielszenario
Methodik: Mischung aus technologischen Einzelanalysen, bottom-up Systemmodellen,
gesamtwirtschaftlichen Energiewirtschaftsmodellen
35
5.3 Vorgehensweise im Wasserbereich
▪
▪
▪
3 Makrosektoren: Haushalte, Wirtschaft, Landwirtschaft
Vermeidungsstrategien:
▪ Wasserverbrauch
▪ Strukturwandel durch Suffizienz (Bemühen um geringen Rohstoffverbrauch)
▪ Industrieller Strukturwandel
▪ Steigerung der Wassereffizienz
▪ Steigerung des Wasserrecyclings
▪ Reduktion der Schadstoffeinträge:
▪ Verzicht auf gefährliche Inhaltsstoffe
▪ Effektivitätssteigerung der Abwasserbehandlung
Übungsaufgabe vorhanden
Zusammenfassung Projektionen:
36
6. Volkswirtschaftliche Auswirkungen
6.1 Wirkungsmechanismen
Allgemein: Dimensionen von gesamtwirtschaftlichen und strukturellen Wirkungen:
▪
▪
Kosten der Szenarien geben nicht an, welche volkswirtschaftlichen Auswirkungen
(Dimensionen) für die Gesellschaft auftreten
▪ Gesamtwirtschaftliche Dimensionen: Wohlfahrt, BIP, Beschäftigung
▪ Strukturelle Dimensionen: Sektoral (Branchen), Regional, Tätigkeiten
Dimensionen bedingen sich gegenseitig
Überblick Wirkungsmechanismen zwischen Umweltschutz und gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen
▪
▪
▪
Preis- und Kosteneffekte: Mehrkosten der Emissionsreduktion, no-regret Potential,
veränderte Faktorpreise, doppelte Dividende
Nachfrageeffekte: Nachfragestruktureffekte, Nachfrageeffekte bei Keynesianischer
Unterbeschäftigung
Innovationseffekte: Generierung zusätzlicher Innovation durch Umweltpolitik, Produktive
Wirkung der Umweltpolitik, zusätzliche Exporte (first mover advantage)
6.1.1 Preis- und kostenbezogene Wirkungsmechanismen
Produktionsmöglichkeitskurve (Transformationskurve):
▪ „Normalerweise“ bei Betrachtung reiner Tauschwirtschaft:
▪
Bei Klimaschutz vs. BIP: umgeklappte Kurve:
▪
37
Bounded Rationality Entscheidungsverhalten:
▪
Theorie: Akteure suchen nicht nach optimalen Lösungen sondern orientieren sich an einem
Anspruchsniveau (satisficing). Orientierung erfolgt an Entscheidungsregeln bzw. Routinen.
▪ Beobachtung ausgeprägter, je schwieriger die Entscheidungssituation oder
ausgeprägter die Zukunftsungewissheit
Anwendung Bounded Rationality Theorie auf Klimaschutz:
▪
▪
▪
Unternehmerisches Anspruchsniveau ist der Aufrechterhalt des Betriebes,
Energieversorgung steht nicht im Vordergrund
Entscheidungsroutine: Suche nach Energieeinsparungspotentialen kaum lohnenswert
insbesondere wenn es keine langfristige Orientierung gibt -> ausgeprägte
Zukunftsungewissheit
▪ Hier kann Klimaschutz ansetzen und Orientierung geben
Fazit: Es kommt nicht nur auf Preissignale an, sondern auch langfristige Orientierung wichtig
Doppelte Dividende (Wikipedia):
▪
▪
▪
Ausgangspunkt: Steuern führen meist zu Verzerrungen in Form von Zusatzkosten.
Bei Ökosteuern als Lenkungsabgabe kann das vermieden werden bzw. sogar doppelt positive
Auswirkung haben:
▪ 1. Wirkung: Lenkungsfunktion (Einpreisung externer Kosten über Steuern führt zu
umweltgerechteren Verhalten)
▪ 2. Wirkung: Steuereinnahmen können an die Markteilnehmer an anderen Stellen
zurückgegeben werden (z.B. Senkung der Sozialabgaben)
Aber: Tax interaction effect: Wohlfahrtsverlust durch eine Verstärkung der
Arbeitsmarktverzerrung wegen der Interaktion zwischen der Nachfrage nach Freizeit und der
Umweltsteuer. Die höheren Güterpreise reduzieren den Reallohn, was in dieser
Argumentation zu einer Reduktion des Arbeitsangebots führt, auch wenn die Besteuerung
der Arbeit gesenkt wird.
38
6.1.2 Nachfragebezogene Wirkungsmechanismen
Typen von Nachfrageeffekten:
▪
▪
Nachfragestruktureffekte: Gesamtsumme der Produktion bleibt gleich, Auswirkungen
veränderter Strukturen auf die wirtschaftlichen Zielgrößen
Keynesianische Nachfrageeffekte: Nachfrageschub bei Unterbeschäftigung;
Einkommensmultiplikatoren und Akzeleratoreffekte
Nachfragestruktureffekte:
▪
▪
▪
▪
▪
Folge der Klimapolitik: Sektorverschiebungen
▪ Positive Impulse: Nachfrage nach Klimaschutzgütern, low-CO2-Gütern
▪ Negative Impulse: Nachfragereduktion nach CO2-intensiven Gütern
Realeinkommenseffekte:
▪ Mehrkosten (pos. Impulse > neg. Impulse) müssen kompensatorisch durch neg.
Impulse berücksichtigt werden und umgekehrt (Minderkosten)
Beschäftigung = sektorales Produktionsaufkommen * (1-Importquote) * Arbeitsintensität
Sektoren weisen unterschiedliche Importquoten auf: Deutschland als
energieimportierendes Land -> Negativer Impuls der Nachfragereduktion nach importierten
Energieträgern fällt im Ausland an
Sonderwirkung auf Beschäftigung: Wenn sektorale Verschiebung hin zu
beschäftigungsintensiven Sektoren auftritt, steigt Beschäftigung
Keynesianische Nachfrageeffekte:
▪
▪
Voraussetzung: Es existiert eine Nachfragelücke (Nachfrage < Angebot; Unterbeschäftigung
nach Keynes)
Klimapolitische Maßnahmen erhöhen die Gesamtnachfrage -> positive Wachstums- und
Beschäftigungseffekte
▪ Wie wird die Gesamtnachfrage klimapolitisch erhöht?:
▪ Z.B. Verteuerung von Energie führt zum Einsatz von Maschinen mit
geringerem Energieverbrauch -> Erhöhung der Investitionsnachfrage ->
Kapital substituiert Energie
▪ -> Es kommt zu einem Nachfrageschub
▪ Keynesianischer Einkommensmultiplikator: Durch Investitionen
geschaffenes Einkommen wird zu zusätzlicher Nachfrage
▪ → Selbsttragender Aufschwung
Einschränkungen einer klimapolitischen Nachfragepolitik:
▪
▪
▪
Mechanistische Nachfragepolitik nicht möglich, Größen voneinander abhängig
Zeitliche Verknüpfung von Klima- und Nachfragepolitik
Kurzfristig realisierbares Volumen der Klimapolitik beschränkt.
6.1.3 Innovationsbezogene Wirkungsmechanismen
Politikinduzierter technischer Wandel:
▪
▪
Ansatz: Marktwirtschaftliche Instrumente haben Innovationswirkung
Voraussetzungen: Politik muss glaubwürdig und langfristig angelegt sein (kein stop and go)
39
Bedingungen, unter denen Innovationen auftreten:
Allgemein:
▪
▪
▪
Kosten des Klimaschutzes sinken durch Innovationen
Innovationen entstehen aus der Interaktion vieler beteiligter Akteure
Klimapolitik ist nachfrageorientierte Innovationspolitik
Mögliche Wirkungen der Klimaschutzinvestitionen:
▪
▪
▪
Hypothese 1 (negativ): Investitionen in Klimaschutztechnologien verbessern nur die
Umweltqualität aber keine produktive Wirkung -> verdrängen produktive Investitionen
(technologisches crowding out)
Hypothese 2 (positiv): Klimaschutztechnologien haben produktive Wirkung -> verbessern
Umweltqualität und steigern Produktionsmöglichkeiten (technologisches crowding in)
Empirie: Tendenziell wird ein produktivitätssteigernder Charakter beobachtet
40
First Mover Advantage und Lead-Märkte:
▪
Konzept:
▪ Außenhandelserfolge (Export) bei technologieintensiven Gütern qualitätsabhängig
▪ Forcierte Innovationspolitik führt zu Spezialisierung auf diese Güter
▪ Bei nachfolgender Ausbreitung profitiert das Land aufgrund seiner frühzeitigen
Spezialisierung (First Mover Advantage)
▪ Voraussetzungen:
▪ Ausland zieht technologisch nach
▪ Wettbewerb findet vor allem über Qualität statt (anstatt Preis)
▪ Anbieter sind international wettbewerbsfähig und können Lead-Markt (Land
oder Region, die die erfolgreiche Einführung einer Innovation vorantreibt) etablieren
Bedeutung der Produktqualität:
▪
▪
Product Cycle Theory von Vernon: Produkte werden zunächst in Industrieländern entwickelt,
erprobt und in den Markt gebracht. Anschließend verlagert sich die Produktion in
Niedriglohnländer
Schutz: Konstante Verbesserung der Qualität (Empirie: Wissensintensive Güter und
Implizites Wissen sind weniger verlagerungsfähig)
Bedeutung technologischer Fähigkeiten:
▪
▪
Theorie: Technologische Kapazitäten bestimmen Produktion und Außenhandelsstruktur ->
Wer eine gute Wissensbasis hat ist gut bei Exporten von Innovationen
Leontief-Paradoxon: Viele Länder spezialisieren sich im Export nicht auf die Güter, die sie auf
Grund ihrer Produktionsfaktoren am einfachsten produzieren könn(t)en
Bedingungen für Lead Markt:
▪
Lead Markt Fähigkeit: beurteilt, ob ein Produkt überhaupt erfolgreich werden kann
▪ Voraussetzungen: Hoher Anteil impliziten Wissens; hohe Innovationsdynamik ->
Umwelttechnologien erfüllen diese Anforderungen häufig
41
▪
▪
▪
▪
Technologische Fähigkeiten: Gute Wissensbasis, Hohe Patentanteile, Hohes Humankapital
Akteurs- und Systemstruktur: Erfolgreich Unternehmen, hohe Vernetzung der
Unternehmen, Verknüpfung mit Wissenschaft, …
Markt-Kontextfaktoren auf Nachfrageseite und Angebotsseite
Innovationsfreundliche Regulierung
Erosion (Probleme) des First-Mover Advantages:
▪
▪
▪
Product Cycle Theory (siehe Bedeutung der Produktqualität)
International Knowledge Spillover („Internationale Übertragung von Wissen“): Weltweit
verfügbare Innovationen können imitiert werden -> z.B. billige Plagiate; Kodifiziertes Wissen
durch Patente
Empirie: International Spillover von Bedeutung aber gemischte Ergebnisse über einzelne
Aspekte
Beispiel:
42
Zusammenfassungen:
6.2 Empirische Ergebnisse
Anforderungen an Modellierung:
▪
▪
Auswirkungen der Umweltpolitik zeigen (Produktion, Beschäftigung, …)
Wirkungsmechanismen berücksichtigen (Kosten- und Preiseffekte, Innovationseffekte, …)
6.2.1 Modellierungsansätze
Datenfundierung in Modellierungsansätzen:
▪
▪
Top-Down Ansatz:
▪ Gesamtwirtschaftliche Economy-Environment-Energy Modelle
▪ Keine technische Konkretion, keine Szenarien
▪ Inputgröße: Politikmaßnahme
▪ Schwierigkeiten: Abbildung von technischem Fortschritt, no-regret Potenzial,
Maßnahmenbündel
Bottom-Up Ansatz:
▪ Ergebnis von Systemanalysen (Szenarien) dienen als Input
▪ Kostenwirkungen und direkte Nachfrageänderungen ableitbar
▪ Innovationseffekte eher ableitbar
Input-Output-Modelle:
▪
▪
▪
▪
Zurechnung vorgelagerter Effekte
Keine Einkommenskreislauf- und Akzeleratoreffekte
Keine preisbedingten Substitutionswirkungen
Problem der Fortschreibung der Verflechtungen bei Langfristschätzungen
43
Angewandte Gleichgewichtsmodelle (CGE):
▪
▪
Grundidee allg. Gleichgewicht:
▪ Veränderungen in Märkten führen zu neuem GGW
▪ Veränderungen auf einem Markt führen zu Änderungen des GGW auf allen Märkten
▪ Auswirkungen der Politik ist Veränderung zwischen zwei GGW-Zuständen
Modellierung computable general equilibrium (CGE):
▪ Bildung Angebots- und Nachfragefunktion für jeden Markt
▪ Angebotsfunktion beinhaltet substitutionale Produktionsfunktion mit
Arbeit, Kapital und Energie -> geringe Technikkonkretion
▪ Input: Einfluss auf Marktfunktion (z.B. Preisanstieg durch Steuer)
▪ Kalibrierung i.d.R. für ein Jahr
▪ Wirkungsmechanismen:
▪ Betonung der Kostenseite und Faktorsubstitution, doppelte Dividende
▪ I.d.R. kein no-regret Potential, kein keynesianischer Effekt
Ökonometrische und Systemdynamische Makromodelle:
44
6.2.2 Ergebnisse für den Klimaschutz
Wirkungen in Deutschland (Modellsimuliert):
▪
▪
Sektorale Wirkungen durch Ökosteuer:
▪ Energiewirtschaft und traditionelle Energieträger negativ betroffen
▪ Einige Investitionsgüter und Bauwirtschaft profitieren
▪ Abhängigkeit durch Politikgestaltung: Ökosteuern begünstigen Arbeitsintensive
Sektoren -> positive Arbeitsplatzeffekte aber weniger positive Produktionseffekte
Auswirkungen auf Qualifikationsprofile: uneinheitlich ohne Tendenz
Wirkungen in der EU:
▪
▪
Effekte positiver für BIP als für Beschäftigung (im Gegensatz zu Deutschland)
Länderunterschiede: Strukturelle Unterschiede der Volkswirtschaften, unterschiedliche
Struktur der Impulse für die Länder
6.2.3 Ergebnisse für Ressourceneffizienz
Fallstudie Materialeffizienz:
45
6.2. 4 First Mover Advantages
Empirische Untersuchung zu Lead Markets:
▪
Modell: 5 Einflussfaktoren, z.T. qualitative Einschätzungen, z.T. Indikatoren
Beispiel:
7. Resumee
46
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