Uploaded by stifi.soelkner

Österreichische Gegenwartsarchitektur

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Essay zum Thema Österreichische Architektur
Was ist Architektur? Eine der zentralsten, wenn nicht die zentralste Frage im Hinblick auf die
Zukunft eines Architekturstudenten. Selbstverständlich habe ich mir diese Frage auch schon vor
Studienantritt gestellt, und kam schnell zu einer Antwort. Gebäude entwerfen. Nun bin ich einen
Schritt weiter und konnte im Laufe des ersten Semesters weitere Eindrücke sammeln. Ich bin
schließlich zur Erkenntnis gelangt, dass unter den Begriff Architektur sehr viel mehr fällt, als „nur“
Bauwerke zu entwerfen. Ich habe realisiert, dass der Großteil der zivilisierten Welt, in der ich mich
bewege, etwas mit Architektur zu tun hat. Ein Gebäude steht, vor allem im städtischen Bereich,
selten allein. Nicht nur das Erschaffen des Gebäudes ist Architektur, sondern auch das Einbetten in
den Kontext. Das Komponieren von einzelnen Objekten zu einem größeren Gesamtbild. Ich habe
ebenso realisiert, dass nicht nur bebauter Bereich Architektur sein kann. Auch eine leere Ebene,
besonders wenn sie durch eine bestimmte Überlegung frei bleibt, ist Architektur und Teil der
Komposition. Einer der wichtigsten Aspekte an Architektur ist allerdings jener, dass ein Bauwerk ja
selbstverständlich immer einen Anlass und Nutzen hat. Architektur ist für Menschen. Sei es nun ein
Einfamilienhaus, ein Krankenhaus, oder ein Mahnmal. Jedes dieser Bauwerke erfüllt einen anderen
Zweck, muss ganz unterschiedliche Aufgaben und Bedürfnisse erfüllen, und stellt verschiedene
Herausforderungen an den Architekten. Aber alle haben ihren Platz in unserer Gesellschaft und
müssen berücksichtigt werden. Architektur ist der Ausdruck der Menschen bezüglich ihrer
Bedürfnisse, seien diese wohnlich, gesellschaftlich oder auch künstlerisch. Die Optionen sind
beinahe unbegrenzt. Somit formt der Zeitgeist folglich die Architektur. Aber der Umkehrschluss ist
ebenso möglich. Architektur kann sicherlich auch zur Veränderung der Welt beitragen.
Wobei wir bereits bei einer weiteren Frage wären. Was kann Architektur? Wie bereits im oberen
Absatz ausgeführt, kann Architektur als Spiegel der Gesellschaft gesehen werden. So gesehen kann
man auch aus Architektur lernen. Beispielsweise verraten uns alte Bauwerke und deren Architektur
einiges über vergangene Zeiten. Über gesellschaftliche Umstände, sowie auch Wohnverhältnisse
und ebenso über Stil, Ästhetik und Zeitgeist. Selbstverständlich hat bestehende Architektur auch
einen beeinflussenden und inspirierenden Effekt. Zum Beispiel können alt bewährte Formen
durchaus in die Planung moderner architektonischer Projekte mit einfließen oder Ideen
vorangegangener Architekten aktuell Schaffende inspirieren. Weiters können Bauwerke auch in
ganz andere Richtungen Denkanstöße geben. Beispielsweise berührt das Holocaust-Denkmal in
Wien sicherlich jeden Besucher. Auch so imposante und historisch bedeutende Gebäude wie die
Wiener Hofburg oder der Karl-Marx-Hof regen womöglich den ein oder anderen zum Denken an.
Dieses Spiegelbild, das die Architektur einer Gesellschaft bietet, kann und sollte unbedingt
wahrgenommen, betrachtet, abgewogen und analysiert werden. Doch gehen wir nun einen Schritt
weg von den repräsentativen Funktionen hin zu den praktischen Aufgaben der Architektur.
Architektur kann immer das, was dessen Erschaffer beschließt, können zu müssen. Architektur kann
mit modernster Technik riesige Gebäude erschaffen, die auf effizienteste Weise Stauraum bieten,
sie kann aber auch auf engsten Raum lebenswerten Wohnraum schaffen, sie kann ebenso
künstlerisch anmutende Bauwerke kreieren. Die Frage, die sich nur immer stellt, ist die nach Zweck
und Sinnhaftigkeit. Einst war es das Ziel, so viele Wohneinheiten wie möglich auf relativ kleiner
Fläche zu schaffen, und gigantische Wohnblöcke sind entstanden. Heute nehmen wir mehr
Rücksicht auf die Bedürfnisse nach
natürlichem Licht und Natur im Wohnbau. Einst war es wichtig günstig bauen zu können, heute ist es
wichtiger, nachhaltig zu bauen. Architektur sollte immer das können, was die Menschen ihrer Zeit
von ihr verlangen.
Hiermit gelangen wir zur dritten Frage dieses Essays. Was ist Gegenwartsarchitektur? Und somit auch
zur Frage, was muss Architektur heute können? Die naheliegendste Antwort ist selbstverständlich
jene: Was vor kurzer Zeit erbaut wurde, muss Gegenwartsarchitektur sein. Doch was hat die
Gegenwart für Ansprüche an ihre Architektur? Wenn die vorangegangene These stimmt, müssten
aktuelle Bauwerke die Bedürfnisse unserer Gesellschaft aufzeigen. Und eines der zentralsten
Bedürfnisse unserer Zeit ist Nachhaltigkeit. Selbstverständlich ist dies auch in der Architektur eines
der zentralsten Themen. Gegenwartsarchitektur soll keineswegs mit sturem Blick auf die Gegenwart
in die Landschaft gepflanzt werden. Gegenwartsarchitektur muss seinen Blick auch auf die Zukunft
richten. Ebenso zeichnet sich ein Umdenken ab, weg vom „effizienten“ Wohnbau, hin zum möglichst
lebenswerten. Quantität in großen Wohnbauten ist nicht mehr oberste Priorität. Eher wird der Fokus
auf viel Licht und Naturnähe gelegt. Ähnlich verhält es sich beispielsweise auch im Bau von
medizinischen Einrichtungen. In einem Umfeld, indem sich der Mensch wohl fühlt, heilt der Mensch
angeblich schneller. Gegenwärtige Architektur ist ebenso eine Architektur des „Recycelns“.
Bestehende Bauwerke werden, vor allem im städtischen Umfeld, selten abgerissen und durch ein
komplett neues ersetzt, viel eher wird umgebaut, restauriert, modernisiert und verbessert. Dies führt
vor allem im Bereich Ästhetik zu einem sehr charakteristischen Element innerhalb unserer Epoche.
Wieder einmal ist auch Gegenwartsarchitektur ein Spiegel seiner Zeit, und der Gesellschaft, die darin
lebt. Jedoch bin ich der Meinung, dass die Besonderheiten und Charakteristika der aktuell
zeitgenössischen Architektur leichter in Retrospektive festzulegen sein werden. Sind doch Ideen,
Ansätze und Stile breit gefächert. Die Frage stellt sich nur, welche dieser Architekturen die Zeit
überdauern, und stellvertretend für unsere Zeit sein werden.
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