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Gehrig Verankerung windlast

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Hans Gehrig
Verankerungskräfte windbelasteter
geschlossener Kreiszylinderschalen
Ausgehend von den bisherigen Untersuchungen verschiedener Autoren zu windbelasteten Kreiszylinderschalen, die kurz vorgestellt
werden, wird der Windansatz nach DIN 1055 Teil 4 für verschiedene
Reynoldszahlen in Fourier-Reihen entwickelt und tabellenmäßig dargestellt. Mit diesen Reihen werden über ein vom Verfasser entwickeltes
Programm für verschiedene dimensionslose Geometrien die maßgebenden Verankerungskräfte von geschlossenen Kreiszylinderschalen
ermittelt, die abschließend in Tabellenform aufbereitet werden.
Anchoring forces of circular cylindrical shells. After discussing
well-known investigations by different authors into wind loading reactions of circular cylindrical shells the wind force distribution according
to the German Standard DIN 1055 Part 4 is shown and transferred
into Fourier series for various values of the Reynolds constant. The
values are given in tables. Using a computer program developed by
the author anchoring forces of closed circular cylindrical shells are
calculated for various non-dimensional geometries. The results of
these calculations are presented in tables for easy use by designers.
1 Veranlassung
Bei der statischen Berechnung von Behältern tritt das
Problem auf, die für den Beanspruchungszustand „Wind
auf leeren Behälter“ maßgebenden Schalenlängskräfte,
vornehmlich am Fußpunkt des Behälters, annähernd
richtig zu ermitteln.
Im allgemeinen wird die Schale als Biegeträger betrachtet, so daß sich die Schnittgrößen an der Verankerungsstelle (= Einspannstelle des gedachten Balkens)
nach der elementaren Balkenbiegetheorie ergeben. Das
elastische Widerstandsmoment der Kreiszylinderschale
ist allerdings bei den baupraktisch vorkommenden Geometrien sehr groß, so daß sich geringe Kräfte ergeben, die
für die Bemessung meistens nicht maßgebend sind. Diese
Kräfte aus Biegung sind über den Schalenquerschnitt
gemäß Balkenbiegetheorie linear verteilt. Die maximalen
Beanspruchungen treten an der der Schwerachse des
Querschnitts am weitest entfernt gelegenen Faser auf, bei
symmetrischen Querschnitten wie dem der Kreiszylinderschale sind die Biegerandspannungen an der Luvseite
(angeströmter Schalenmeridian) und an der Leeseite
(dem Anströmpunkt entgegengesetzt liegender Meridian)
betragsmäßig gleich groß.
2 Bisherige Untersuchungen
Bisherige Untersuchungen zu dem vorliegenden Problemkreis stammen zum Beispiel von Greiner [1] bis [5],
Eibl/Curbach [6], Peil/Nölle [7] sowie von Beyer [8]. In
diesen und weiteren Veröffentlichungen wird der oftmals
in der Praxis gemachte Fehler bei der Schalenberechnung
klar erkannt und herausgestellt:
Eine Berechnung von Behältern nach der Balkenbiegetheorie liefert nicht nur eine falsche Verteilung der Ver-
ankerungskraft über den Schalenumfang, die Kräfte werden auch noch um Größenordnungen zu gering ermittelt,
im Vergleich zu einer Berechnung auf Grundlage der
Schalentheorie mit einer für den Zylinder zutreffenden
Winddruckverteilung.
2.1 Untersuchungen von Greiner
Greiner behandelt das vorliegende Problem in verschiedenen seiner genannten Veröffentlichungen. Zum
Beispiel zeigt er in [1], im Kapitel 3 „Behälter unter
Windlast“ anhand zweier Beispiele (ein oben offener
sowie ein oben geschlossener Kreiszylinder) die Verteilung der Schnittgrößen entlang mehrerer Höhenschnitte
durch die Schale zahlenmäßig auf.
Für eine baupraktische Bemessung sind seine Veröffentlichungen jedoch ohne weiteres nicht geeignet,
da er zur Lösung des Problems von der von ihm entwickelten Halbbiegetheorie, in einigen Veröffentlichungen auch Semi-Membran-Theorie genannt, Gebrauch
macht, deren Umsetzung für den Anwender mit einiger
Programmierarbeit verbunden wäre.
2.2 Untersuchungen von Eibl /Curbach
Auch von Eibl/Curbach stammt ein Beitrag zu dem
Problemkreis, welcher auf der Diplomarbeit des zweitgenannten Verfassers basiert.
Dort wird eine realitätsnahe Winddruckverteilung
den Berechnungen zugrunde gelegt, die grundsätzlichen
Unterschiede zwischen der Balkenmethode und der
Schalentheorie werden erkannt und aufgezeigt.
Im Gegensatz zu Greiner werden hier die am Fußpunkt der verankerten Schale auftretenden Kräfte mit
ihrem Verlauf über den halben Umfang für einige wenige
ausgewählte Kombinationen der bezogenen Höhe h/r
und des bezogenen Halbmessers r/t dargestellt (t Schalendicke).
Da der bezogene Radius r/t auf 100 beschränkt wird,
ist diese Veröffentlichung für Stahlbehälter nicht geeignet
(diese sind im allgemeinen viel dünnwandiger), insgesamt sind auch zu wenig Kombinationen r/t und h/r
zur baupraktischen Verwendung der Kurvenverläufe angegeben.
2.3 Untersuchungen von Peil /Nölle
Für den Artikel von Peil/Nölle gilt im wesentlichen das
schon in den vorigen Abschnitten Gesagte, allerdings
ist keine formelmäßige Beschreibung des verwendeten
Winddruckverlaufs über den Umfang der Schale angegeben.
Der Artikel ist trotzdem von Nutzen für die Praxis,
da die Autoren ein Abgrenzungskriterium angeben, bei
dessen Einhaltung keine Berechnung der Schale nach der
Schalentheorie mit Ansatz einer wirklichkeitsnahen
Winddruckverteilung gemacht werden muß. Das Krite- 39
© Ernst & Sohn · Stahlbau 71 (2002), Heft 1
H. Gehrig · Verankerungskräfte windbelasteter geschlossener Kreiszylinderschalen
rium hat Eingang in die DIN 4133 (Stahlschornsteine)
gefunden und wird nachfolgend wiedergegeben.
Die Balkenbiegetheorie ist dann bei Kreiszylinderschalen unter Windbelastung annähernd zulässig, wenn
gilt:
h
r
≥ 0,14 ·
+ 10
r
t
(1)
Ein Behälter mit einem angenommenen Halbmesser von
2 000 mm und einer Wanddicke von 5 mm, entsprechend
einem Verhältnis von r/t = 400, müßte demnach 122 m
hoch sein.
2.4 Untersuchungen von Beyer
Im Kapitel über Rotationsschalen gibt Beyer in seinem
Buch Meßergebnisse der Aerodynamischen Versuchsanstalt Göttingen wieder, die er als Fourierreihe entwickelt [8].
In Abbildung 772 [8] gibt er den Verlauf der Schalenlängskraft Ny an, wobei aus dem zugehörigen Text
nicht klar hervorgeht, an welcher Stelle der Schale der
gezeigte Schnitt liegt. Der typische Verlauf der vermutlichen Verankerungskraft ist aber gut zu erkennen.
Trägt man sich den Beyer-Verlauf in Bild 13 der
DIN 1055 Teil 4 ein, so erkennt man, daß damit ein
Winddruckverlauf mit einer Reynoldszahl von ungefähr
2 · 106 mit einem Streckungsbeiwert von 0,65 beschrieben wird.
2.5 Reihenglieder der vorigen
Winddruckverteilungen
Die Autoren Greiner, Eibl/Curbach und Beyer verwenden für die Beschreibung des Winddruckverlaufs
über den Schalenumfang eine Fourierreihe, die allgemein
lautet:
∞
( ) ∑ C n ⋅ cos (n ⋅ )
cp =
(2)
n =0
Sowohl Eibl/Curbach als auch Beyer verwenden insgesamt sechs Reihenglieder, wohingegen Greiner fünf
Reihenglieder zur Beschreibung des Druckbeiwertverlaufs für ausreichend hält. Die Reihenglieder sind in
Tabelle 1 wiedergegeben. Im Grundriß der Schale kennzeichnet der in der Fourierreihe auftretende Winkel
= 0° den angeströmten Meridian (den Staupunkt des
Winddrucks, auch Luvmeridian genannt), der leeseitige
Meridian liegt daher bei = 180°. Obige Fourierreihe
beschreibt einen Winddruckverlauf über den Schalenumfang, wie er qualitativ in Bild 1 gezeigt ist. Nach Wissen
des Verfassers haben sich nur Hampe/Burzel [9] mit all-
gemeinen Untersuchungen zur Anzahl der Reihenglieder
bei Schalen unter nicht rotationssymmetrischer Belastung befaßt. Aus ihrer Untersuchung geht hervor, daß
bei Windbelastung etwa fünf Reihenglieder ausreichend
sind.
2.6 Untersuchungen von Schneider/Thiele
Die in diesem Artikel behandelte Problematik tritt nicht
nur bei den zum Teil sehr gedrungenen Geometrien
von Behältern auf, sondern auch bei den dazu im Vergleich schlanken bis sehr schlanken Stahlschornsteinen.
Umfangreiche Untersuchungen hierzu stammen zum Beispiel von Schneider/Thiele.
Die genannten Autoren haben sich die Mühe gemacht, analytische Ansätze für die Winddruckverteilungen nach DIN 1055 Teil 4 zu entwickeln [10]. Aufbauend
darauf haben sie als Ergebnis von Parameterstudien
einen Anpassungswert ermittelt [11], der die Abschätzung
der Schalenzugkraft anhand der Ergebnisse der Balkenbiegetheorie zuläßt.
2.6.1 Winddruckformeln von Schneider/Thiele
Obwohl die Gleichungen zur Beschreibung des DINWinddrucks nicht in der hier erforderlichen Reihenform vorliegen, werden sie nachfolgend der Vollständigkeit halber wiedergegeben, die angegebenen Variablenbezeichnungen entsprechen denen der DIN-Norm.
– Bereich 1: 0° ≤ ≤ min
Dieser Bereich umfaßt den Luvmeridian bis zum Beginn
des Sogmaximums:
[ (
cp () = 1 + (cp 0 min – 1) · sin
40
Greiner
Eibl/Curbach
Beyer
Stahlbau 71 (2002), Heft 1
C0
C1
– 0,550
– 0,644
– 0,655
0,250
0,246
0,280
Reihenglied
C2
C3
1,000
1,034
1,115
0,45
0,52
0,40
)]
EXP1
(3)
Den Zahlenwert des Exponenten EXP1 erhält man aus
der Forderung, daß für den Winkel = 32,5° der Druckkraftbeiwert zu Null wird. Stellt man in der vorigen
Formel den Exponenten frei, so ergibt sich als Bestimmungsgleichung (Zahlenwerte hierzu folgen später):
EXP1 = –
ln (1 – cp 0 min)
32,5° · ln sin
2 · min
[ (
(4)
)]
Für die in der DIN angegebenen Reynoldszahlen erhält
man jeweils eigene Werte des Exponenten.
– Bereich 2: min < ≤ A
Dieser Bereich umfaßt das Sogmaximum bis zum Beginn
des konstanten Leesogs:
cp () = cp 0 min + (1 – cp 0 min) · [sin ( – min)]
Tabelle 1. Fourierglieder der Winddruckansätze von Greiner, Eibl/Curbach und Beyer
Table 1. Fourier coefficients for wind pressure distribution according to Greiner,
Eibl/Curbach and Beyer
Winddruckansatz
entsprechend
·
2 · min
C4
C5
– 0,1500
– 0,0956
– 0,1130
– 0,0421
– 0,0270
EXP 2
(5)
Den Zahlenwert des Exponenten
EXP2 erhält man hier aus der Forderung, daß für den Winkel αA der
Druckkraftbeiwert den Wert von
cp0h annimmt. Stellt man auch hier
den Exponenten aus der vorigen
Formel frei, so ergibt sich als Bestimmungsgleichung (Zahlenwerte hierzu folgen später):
H. Gehrig · Verankerungskräfte windbelasteter geschlossener Kreiszylinderschalen
– Bereich 1: 5 · 105 ≤ Re < 2 · 106
Rel =
log (Re) – log (5 · 105)
log (2 · 106) – log (5 · 105)
(8)
min = 85° – 5° · Rel
cp 0 min = – 2,2 + 0,3 · Rel
= 135° – 15° · Rel
cp 0 h = – 0,4 – 0,3 · Rel
A
– Bereich 2: 2 · 106 ≤ Re ≤ 1 · 107
Rel =
log (Re) – log (2 · 106)
log (1 · 107) – log (2 · 106)
(9)
min = 80° – 5° · Rel
cp 0 min = – 1,9 + 0,4 · Rel
= 120° – 15° · Rel
cp 0 h = – 0,7 – 0,1 · Rel
A
Mit den angegebenen Gleichungen ist in Verbindung mit
den Formeln des vorigen Kapitels der gesamte Reynoldszahlenbereich der deutschen Windlastnorm formelmäßig
beschrieben.
Bild 1. Qualitative Winddruckverteilung über den Zylinderumfang, im Grundriß dargestellt
Fig. 1. Wind pressure distribution around circumference,
horizontal projection
EXP 2 = ln
( c 1 – –c c
p0h
p 0 min
p 0 min
) / ln [sin (
A
– min)]
(6)
2.6.3 Anpassungswert
Der von Schneider/Thiele für bezogene Höhen h/r ≥ 15
entwickelte Anpassungswert lautet [11]
k = 0,50 + 2,94 ·
Für die in der DIN angegebenen Reynoldszahlen erhält
man auch hier jeweils eigene Werte des Exponenten.
– Bereich 3: A < ≤ 180°
Dieser Bereich umfaßt den mit dem Streckungsbeiwert korrigierten konstanten Leesog. Die Werte des
Streckungsbeiwerts sind in Abhängigkeit des Völligkeitsbeiwerts und der effektiven Streckung aus DIN 1055,
Teil 4, Bild 14 zu entnehmen:
cp () = · cp 0 h
(7)
In Tabelle 2 sind die zur Bestimmung der Winddruckbeiwerte erforderlichen Zahlenwerte, ergänzt um die
Grundkraftbeiwerte cf 0 , zusammenfassend im Überblick
dargestellt.
2.6.2 Interpolationsformeln
Von Herrn Dr. Schneider wurde im Schriftwechsel [10]
dem Verfasser ein FORTRAN-Programm mit Interpolationsformeln für die Winddruckverläufe nach DIN 1055
Teil 4 mitgeteilt. Da diese Quelle nicht jedermann zugänglich ist und diese Information von allgemeinem
Interesse ist, sind nachfolgend diese Gleichungen wiedergegeben.
(10)
Die nach der Balkenbiegetheorie ermittelten Schnittgrößen sind mit diesem Beiwert zu multiplizieren. Für
Zahlenwerte von „k“ größer 3,5 liegt man zunehmend
stark auf der sicheren (unwirtschaftlichen) Seite [11].
2.7 Untersuchungen von Knödel/Ummenhofer/
Widmann
Die genannten Autoren analysieren in [13] eine diesem
Artikel vergleichbare Problemstellung. Wie Schneider/
Thiele haben sie dabei die Geometrie von Stahlschornsteinen vor Augen.
Der Winddruck wird von ihnen als quadratische
Funktion über den halben Umfang beschrieben, die
Winkelgrade sind in Altgrad einzugeben:
(
cp () = A · ·
180° )
2
+B··
180°
+C
(11)
Die Werte sind wie bei der Fourierreihe beschrieben
festgelegt, die Zahlenwerte der Vorfaktoren können
Tabelle 3 entnommen werden. Vergleicht man diesen
Ansatz mit den Windlastkurven der DIN 1055, so erkennt man, daß hiermit Windlasten mit Reynoldszahlen
größer 2 · 106 beschrieben werden.
Tabelle 2. Kenngrößen bei Kreiszylinderschalen
Table 2. Characteristic values that describe the wind pressure distribution around the
circumference according to german standard DIN 1055 part 4
Reynolds
min
cp 0 min
A
cp 0 h
cf 0
EXP1
EXP 2
105
85°
80°
75°
– 2,2
– 1,9
– 1,5
135°
120°
105°
– 0,4
– 0,7
– 0,8
0,49
0,65
0,78
2,038
2,055
1,979
2,159
1,997
1,837
5·
2 · 106
1 · 107
r/t
≥1
(h/r)2
2.8 Reihenentwicklung der Windlastfunktionen von Schneider/
Thiele und Knödel/Ummenhofer/Widmann
Die in der Einleitung dieses Aufsatzes genannten Autoren verwenden
bekanntlich zur Beschreibung des
Winddruckverlaufs eine Linearkom- 41
Stahlbau 71 (2002), Heft 1
H. Gehrig · Verankerungskräfte windbelasteter geschlossener Kreiszylinderschalen
Tabelle 3. Polynomkoeffizienten der Winddruckverteilung nach
Ummenhofer
Table 3. Polynomial coefficients of wind pressure distribution
according to Ummenhofer
Winkelbereich [°]
von
bis
0,0
32,0
107,3
32,0
107,3
180,0
A
Zahlenwert von
B
C
– 3,206
2,691
0,0
0,0
– 7,137
0,0
1,0
3,15
– 0,78
bination von Kosinusfunktionen. Aus dieser Darstellungsweise lassen sich einige Schlußfolgerungen ziehen,
wie später noch im Kapitel „Ableitung der Kraftbeiwerte“
gezeigt werden wird.
Um alle vorliegenden Funktionen der Windlastdarstellung besser miteinander vergleichen zu können,
werden die Funktionen nach Schneider/Thiele und Knödel/Ummenhofer/Widmann nachfolgend in eine Fourierreihe entwickelt.
Ausgehend von den genannten Formeln wurde
die Druckverteilung in Umfangsrichtung in 2°-Schritten
numerisch bestimmt und unter Verwendung der im
Mathematikprogramm MathCad [15] implementierten
Funktion linanp für sechs Reihenglieder ausgewertet,
wobei der Hecksog nicht mit dem Streckungsbeiwert korrigiert wurde. Die sich hieraus ergebenden Fourierkoeffizienten sind in Tabelle 4 wiedergegeben.
3 Ableitung der Kraftbeiwerte
Bei der Besprechung der in den vorigen Abschnitten
aufgeführten Veröffentlichungen wurde gezeigt, wie die
verschiedenen Verfasser den Winddruckverlauf über den
Schalenumfang beschreiben.
Für die Herausarbeitung der Eigenarten des Tragverhaltens ist die Darstellung in Form einer Fourierreihe von
den gezeigten Beschreibungsmöglichkeiten die am besten
geeignete, wie Greiner in [1] und [5] aufwies.
In etwas anderer Schreibweise, die jedoch zum
Verständnis des Einflusses der Einzelanteile sehr gut
geeignet ist, lautet die schon einmal dargestellte Reihe
wie folgt:
( )
(
) ∑ C n ⋅ cos (n ⋅ )
c p = C 0 + C1 ⋅ cos 1 ⋅ +
(12)
n ≥2
– Reihenglied C0
Das nullte Reihenglied ist nichts anderes als der
drehsymmetrische Zustand, der sich mit den elementaren
schalentheoretischen Methoden berechnen läßt. Es ist
keine resultierende Kraft in Windrichtung vorhanden.
– Reihenglied C1
Das erste Reihenglied C1 · cos () ist eine über den Umfang der Schale kosinusförmig verteilte Beanspruchung
mit den Maximalwerten am Luv- und Leemeridian,
das heißt für = 0° beziehungsweise 180°. In diesem
Zustand bleibt die Querschnittsform des Kreiszylinders
erhalten, er ist daher mittels der Balkenbiegetheorie berechenbar. Bei diesem Reihenglied tritt eine resultierende
Kraft in Strömungsrichtung des Windes auf ([1], [4] und
[5]).
– Reihenglied C2 , C3 , …
Die höheren Reihenglieder n ≥ 2 stellen Gleichgewichtsgruppen von Kräften dar, die keine Resultierende in
Strömungsrichtung des Windes haben. Diese Kraftgruppen sind stark querschnittsverformend ([1], [4] und [5])
und führen bei oben offenen Zylindern oder bei Zylindern mit zum Teil nur schwachen Windringen am oberen
Rand (zum Beispiel bei Flachbodentanks mit Schwimmdächern oder im Bauzustand bei sonstigen Behältern) zu
starken Zugkräften im Mantel, die zur Zerstörung der
Schale führen können.
Ausgehend von diesen Vorbetrachtungen läßt sich nun
der Kraftbeiwert bei Vorliegen einer Reihenentwicklung des
Winddruckverlaufs unter alleiniger Berücksichtigung des
ersten Reihenglieds C1 formelmäßig angeben.
Betrachtet man einen aus der Schalenwand herausgeschnittenen Mantelstreifen (Meridianstreifen) der
Höhe „1“ und der differentiellen Breite r · d, so wirkt
senkrecht auf ihn der Winddruck q () = q0 · C1 · cos (),
worin der Winddruck im Staupunkt mit q0 bezeichnet
wurde (da ein schmales Element betrachtet wird, kann
der Zuwachs von nach + d vernachlässigt werden).
In Richtung der Windströmung wirkt als Komponente
der Druck q() = q () · cos () oder ausgeschrieben
q () = q0 · C1 · [cos ()]2. Die auf einen Schalenabschnitt der Höhe „1“ wirkende resultierende Kraft ist
daher q () = 1 · q0 · C1 · [cos ()]2 · r d.
Die Gesamtkraft Q erhält man durch Integration
über den gesamten Umfang zu
Tabelle 4. Fourierglieder der Winddruckverteilung nach Schneider/Thiele und
Ummenhofer, entwickelt für = 1
Table 4. Fourier coefficients for wind pressure distribution according to Schneider/
Thiele and Ummenhofer, derived for = 1
Winddruckansatz
entsprechend
C0
C1
Reihenglied
C2
C3
C4
C5
Schneider/Thiele
Re = 5 · 105
– 0,797
0,311
1,230
0,354
– 0,156
– 0,058
Re = 2 · 106
– 0,771
0,428
1,968
0,502
– 0,075
– 0,052
107
– 0,659
0,495
0,693
0,478
– 0,072
– 0,079
– 0,671
0,440
0,726
0,505
– 0,069
– 0,068
Re = 1 ·
Ummenhofer
42
Stahlbau 71 (2002), Heft 1
2·
Q = 1 · q0 · C1 · [cos ()]2 · r d
0
= q0 · C1 · r · .
(13)
Die vom Wind beaufschlagte Bezugsfläche ist bei Kreiszylinderschalen
(siehe DIN 1055, Teil 4, Tabelle 3)
ein Reckteck der Fläche 2 · r · h mit
der Gesamtkraft Qw = cf · q0 · 2 · r · h.
Aus Vergleich mit der Gesamtkraft
Qw = Q · h = q0 · C1 · r · h · ergibt
sich als Berechnungsgleichung für
den Kraftbeiwert schließlich:
H. Gehrig · Verankerungskräfte windbelasteter geschlossener Kreiszylinderschalen
Qw
!
= Qw
c f · q0 · 2 · r · h = q0 · C1 · r · h · ⇒ c f = C1 ·
2
≅ 1,57 · C1
(14)
Wertet man die vorige Gleichung für verschiedene
Winddruckansätze aus, so ergibt sich die Übersicht der
Tabelle 5. An dieser Stelle muß darauf hingewiesen
werden, daß sich DIN 1055 Teil 4 bei der Bestimmung der
Kraftbeiwerte von Kreiszylinderschalen selbst widerspricht: Nach Tabelle 3 in Verbindung mit Bild 2 der
DIN wird der Gesamtwind abgemindert, also auch der
Druckbereich, wohingegen richtigerweise nach Tabelle 15
der DIN nur der Hecksog in Abhängigkeit der Schalengeometrie durch Multiplikation mit dem Abminderungsfaktor zu vermindern ist. Dies wird durch den Vergleich
der in voriger Tabelle enthaltenen Kraftbeiwerte bestätigt.
Es sei an dieser Stelle deutlich darauf hingewiesen,
daß für die Dimensionierung der Behälterunterkonstruktion oder des Fundaments die Kraft aus diesem ersten
Reihenglied maßgebend ist (nur hier tritt ja, wie oben
gesagt, eine Resultierende auf). Als auf die Behälterbreite bezogene Windlast ist daher für diese Nachweise
qw = q0 · C1 · · r anzusetzen. Wie noch in Tabelle 7
gezeigt werden wird, liegt der Zahlenwert des ersten
Reihenglieds im Bereich von 0,28 bis 0,35, so daß die
Bandbreite des anzusetzenden Winddrucks zwischen
0,88 · q0 · r und 1,10 · q0 · r schwankt.
4 Reihenentwicklung der Druckkraftbeiwerte
bei Windansatz nach DIN 1055 Teil 4, Tabelle 15
In Tabelle 6 sind die wichtigsten Kennwerte von zwölf in
den letzten Jahren vom Verfasser bearbeiteter realer
Behälter zusammengestellt. Die absolute zylindrische
Höhe „h“ schwankte dabei zwischen 6,4 m und 20,5 m,
die über die Zylinderlänge gemittelten Wanddicken „t“
lagen im Bereich von 3,2 mm bis 5,7 mm. Der Schalenradius „r“ schwankte im Bereich von 1,55 m bis 2,625 m.
Die nach DIN 1055 Teil 4 ermittelten Faktoren des
Tabelle 5. Kraftbeiwerte verschiedener Winddruckverteilungen
bei Kreiszylinderschalen
Table 5. Force coefficients for various wind pressure distributions
Winkeldruckansatz
entsprechend
Reihenglied C1
Kraftbeiwert c f
Grundkraftbeiwert c f 0
Greiner
Eibl/Curbach
Beyer
Ummenhofer
0,250
0,246
0,280
0,440
0,393
0,386
0,440
0,691
–
–
–
–
Schneider/Thiele
Re = 5 · 105
Re = 2 · 106
Re = 1 · 107
0,311
0,428
0,495
0,488
0,672
0,778
–
–
–
DIN 1055 Teil 4
Tabelle 15
Re = 5 · 105
Re = 2 · 106
Re = 1 · 107
–
–
–
–
–
–
0,490
0,650
0,780
Abminderungsfaktors und der effektiven Streckung lagen zwischen 0,63 und 0,67 mit dem Mittelwert
bei 0,65 für und zwischen 5,21 und 1,78 mit dem
Mittelwert bei 3,10 für . Ausgehend von den Formeln
von Dr. Schneider [10] wurde im interessierenden Parameterbereich (siehe Tabelle 6) die Druckverteilung in
Umfangsrichtung in 2°-Schritten numerisch bestimmt
und unter Verwendung der im Mathematikprogramm
MathCad [15] implementierten Funktion linanp für
sechs Reihenglieder ausgewertet. Die sich hieraus ergebenden Fourierkoeffizienten sind in Tabelle 7 wiedergegeben, so daß hiermit für einen großen Bereich von
Behältergeometrien die Winddruckverteilung entsprechend DIN 1055 Teil 4 als Reihe zur weiteren Verarbeitung in Programmen vorliegt. Innerhalb der Tabelle können die Reihenglieder zwischen zwei -Werten linear
interpoliert werden. Die angegebenen Kraftbeiwerte c f
beziehen sich auf den Nennwert des Staudrucks im
Anströmpunkt q0 , zur Ermittlung der auf die Behälterbreite bezogenen Gesamtwindlast sind diese Werte mit
der Behälterbreite 2 · r zu multiplizieren.
5 Eigene Untersuchungen
5.1 Parameterbereich
Um die Anzahl der veränderlichen Parameter und damit
die Anzahl der Tabellen gering zu halten, wurde der Ermittlung der Verankerungskräfte eine oben geschlossene
Kreiszylinderschale konstanter Wanddicke zugrunde gelegt.
Dies ist für die Baupraxis ausreichend, da die zur
Bemessung der Schale und der Verankerung benötigten
Meridiankräfte mit hinreichender Genauigkeit mit zum
Beispiel gemittelten Wanddicken aus den später abgedruckten Tabellen abgelesen werden können.
Die Parameter zur Beschreibung der Schalengeometrie sind dann (nur) noch der Schalenradius r, die
Wanddicke t und die Höhe (Länge) h der Schale.
Der zu untersuchende Parameterbereich wurde anhand der Kenndaten der bisher vom Verfasser berechneten Behälter (siehe Tabelle 6) festgelegt zu
– Wanddickenbereich
r
= 300, 400, 500, 600, 700
t
– Höhenbereich
h
= 2, 4, 6, 8, 10, 12
r
5.2 Voraussetzungen der Schnittgrößenermittlung
Wie schon dargelegt, lauten die für real ausgeführte Behälter aus dem Erfahrungsbereich des Verfassers ermittelten mittleren Kenndaten des Staudrucks Re ≅ 8 · 106
mit ≅ 0,65.
Für die willkürlich ausgewählten Geometrien h/r = 4
und r/t = 400 sowie h/r = 10 und r/t = 600, welche
Tabelle 6. Kennwerte realer Behälter
Table 6. Geometrical data from bins
Maximalwert
Minimalwert
Mittelwert
Reynolds
h/r
r/t
106
11,2 ·
5,6 · 106
3,6
11,0
663
330
7,9 · 106
6,4
460
Stahlbau 71 (2002), Heft 1
43
H. Gehrig · Verankerungskräfte windbelasteter geschlossener Kreiszylinderschalen
Tabelle 7. Fourierglieder der Umfangsdrücke bei Windansatz nach DIN 1055 Teil 4, entwickelt im interessierenden Re--Bereich
Table 7. Fourier coefficients for wind pressure distribution according to German Standard DIN 1055 Part 4, derived for relevant
Re--values
Reynoldszahl
Beiwert
Zahlenwert des Reihenglieds Cn der Reihe
cp () = Cn · cos (n · )
C1
C2
C3
C4
C5
Kraftbeiwert
cf
– 0,038
– 0,031
– 0,025
– 0,076
– 0,077
– 0,078
0,439
0,476
0,512
0,547
0,542
0,536
– 0,020
– 0,014
– 0,0076
– 0,084
– 0,084
– 0,084
0,446
0,483
0,520
0,821
0,812
0,803
0,541
0,535
0,530
– 0,0064
– 0,00024
– 0,0059
– 0,083
– 0,083
– 0,083
0,455
0,492
0,529
0,293
0,317
0,341
0,797
0,788
0,779
0,542
0,536
0,529
0,0069
0,013
0,019
– 0,088
– 0,088
– 0,087
0,460
0,498
0,536
– 0,540
– 0,556
– 0,572
0,296
0,321
0,345
0,775
0,767
0,758
0,543
0,536
0,528
0,02
0,025
0,031
– 0,094
– 0,092
– 0,091
0,465
0,504
0,543
– 0,533
– 0,549
– 0,565
0,300
0,325
0,350
0,759
0,751
0,742
0,537
0,529
0,522
0,028
0,033
0,039
– 0,091
– 0,089
– 0,088
0,472
0,511
0,550
C0
5 · 106
0,60
0,65
0,70
– 0,590
– 0,604
– 0,619
0,280
0,303
0,326
0,879
0,870
0,861
0,544
0,540
0,535
6 · 106
0,60
0,65
0,70
– 0,574
– 0,589
– 0,604
0,284
0,308
0,331
0,846
0,837
0,828
7 · 106
0,60
0,65
0,70
– 0,562
– 0,577
– 0,592
0,289
0,313
0,337
8 · 106
0,60
0,65
0,70
– 0,551
– 0,566
– 0,582
9 · 106
0,60
0,65
0,70
1 · 107
0,60
0,65
0,70
ungefähr die Bandbreite des Parameterbereichs
abdecken, wurde der Einfluß der verschiedenen DINWinddrücke, beschrieben durch Reynoldszahl und
Abminderungsfaktor, auf die Verankerungskräfte untersucht.
Es zeigte sich, daß die Schwankung der Schalenlängskräfte bei verschiedenen Re--Kombinationen um
den ungefähren mittleren Winddruck von Re = 7 · 106 mit
= 0,65 nur maximal ± 6 % betrug.
Diese Schwankungsbreite kann baupraktisch vernachlässigt werden, so daß zur Ermittlung der Schnittgrößentabellen die genannte Kombination von Reynoldszahl und Abminderungsfaktor angesetzt wurde (Reihenglieder siehe Tabelle 7).
Die Zahlenrechnungen erfolgten nach Theorie erster
Ordnung für die Querdehnzahl
= 0,3 und den Elastizitätsmodul E = 21000 kN/cm2, als Material wurde also
Baustahl angesetzt. Ein signifikanter Einfluß der Querdehnzahl auf den Zahlenwert der Verankerungskraft
konnte nicht festgestellt werden.
Um den Modelleinfluß durch die Elementeinteilung
so gut als möglich auszuschalten, wurden die Berechnungen nicht mit einem FEM-Programm vorgenommen,
vielmehr wurde ein vom Verfasser entwickeltes BASICProgramm auf der Grundlage der Halbbiegetheorie, auch
Semi-Membran-Theorie genannt, eingesetzt.
Auf die Ableitung der Methode soll hier nicht eingegangen werden, da von Greiner hierzu genügend ausführliche Literatur existiert, die im Literaturverzeichnis aufgeführt ist ([1] bis [5]).
Die benötigten Gleichungen der elastisch gebetteten
Ersatzbalken wurden dem Buch von Hetényi [14] ent44 nommen.
Stahlbau 71 (2002), Heft 1
6 Tabellen
In den folgenden Tabellen sind als Tafelwerte die bezogenen Schalenschnittgrößen
nx
q0 · r
am Einspannquerschnitt der Schale (= Fußpunkt) für die
ausgewerteten kennzeichnenden Punkte
– Luv
Luvseite (Anströmpunkt), = 0°
Zahlenwerte siehe Tabelle 8
– Seite
Schalenseite, ≈ 60° … 90°
(Die Lage des Druckkraftmaximums schwankt)
Zahlenwerte siehe Tabelle 9
– Lee
Leeseite, = 180°
Zahlenwerte siehe Tabelle 10
angegeben. Es sei hier schon vorweggenommen, daß
der leeseitige Punkt für die Bemessung nie maßgebend
wird.
Die Art der Beanspruchung (Zug- oder Druckkraft)
ist am Vorzeichen der dimensionslosen Längskraft zu
erkennen:
– Druckkräfte sind negative Tafelwerte
– Zugkräfte sind positive Tafelwerte.
7 Beispiel
7.1 Einleitung
Als Beispiel wird ein gedrungener Behälter gewählt, der –
in leicht abgewandelter Form – für eine Brauerei in den
Neuen Bundesländern ausgeführt wurde.
H. Gehrig · Verankerungskräfte windbelasteter geschlossener Kreiszylinderschalen
Tabelle 8. Dimensionslose Schalenlängskraft nx/(q0 · r) am
Anströmpunkt (Luv), Wind nach DIN 1055 Teil 4, Tabelle 15,
= 0,3
Table 8. Non-dimensional shell axial forces nx/(q0 · r) at the
windward generator ( = 0°), wind pressure distribution
according to German Standard DIN 1055 Part 4, table 15
( = 0,3)
Luv
h/r
300
400
r/t
500
600
700
2
4
6
8
10
12
2,7
14,3
37,9
68,2
103,0
139,0
2,7
13,9
36,7
68,2
105,9
146,7
2,7
13,7
35,9
67,7
106,7
150,9
2,7
13,6
35,2
66,9
106,7
152,8
2,7
13,7
34,8
65,3
106,3
153,6
Tabelle 9. Dimensionslose Schalenlängskraft nx/(q0 · r) an
der Seite der Schale, Wind nach DIN 1055 Teil 4, Tabelle 15,
= 0,3
Table 9. Non-dimensional shell axial forces nx/(q0 · r) at the
side of the shell ( ≈ 60° … 90°), wind pressure distribution
according to German Standard DIN 1055 Part 4, table 15
( = 0,3)
Seite
h/r
300
400
r/t
500
600
700
2
4
6
8
10
12
– 3,3
– 14,5
– 31,0
– 50,8
– 72,6
– 93,8
– 3,3
– 14,9
– 32,6
– 53,0
– 77,3
– 102,5
– 3,4
– 15,1
– 33,6
– 54,6
– 80,2
– 108,3
– 3,4
– 15,3
– 34,4
– 56,0
– 82,3
– 112,1
– 3,3
– 15,3
– 35,0
– 57,8
– 84,0
– 114,9
Tabelle 10. Dimensionslose Schalenlängskraft nx/(q0 · r) am
Leepunkt, Wind nach DIN 1055 Teil 4, Tabelle 15, = 0,3
Table 10. Non-dimensional shell axial forces nx/(q0 · r) at the
leeward generator ( = 180°), wind pressure distribution
according to German Standard DIN 1055 Part 4, table 15
( = 0,3)
Lee
h/r
300
400
r/t
500
600
700
2
4
6
8
10
12
– 0,5
– 2,8
– 9,5
– 16,3
– 22,2
– 23,5
– 0,5
– 2,4
– 8,3
– 16,3
– 24,7
– 30,6
– 0,5
– 2,2
– 7,4
– 15,8
– 25,6
– 34,0
– 0,5
– 2,0
– 6,8
– 15,0
– 25,6
– 35,9
– 0,6
– 2,0
– 5,9
– 13,4
– 25,2
– 36,7
Der Tank hat einen Zylinderdurchmesser von
4100 mm, die angesetzte zylindrische Höhe beträgt
12 000 mm, die mittlere Blechdicke 5 mm.
Auf Grundlage der DIN 1055 Teil 2 erhält man
einen gewichteten mittleren Winddruck von q0 =
(0,5 · 8 + 0,8 · 4)/12 = 0,6 kN/m2.
7.2 Berechnung nach der Schalentheorie
Die Berechnung nach der Schalentheorie unter Ansatz
einer wirklichkeitsnahen Winddruckverteilung über den
Umfang der Schale ist gleichbedeutend mit dem Anwenden der oben aufgeführten Tabellen.
Die Tabelleneingangswerte sind
– Bezogener Radius:
r/t = 2 050 mm/5 mm = 410 ≈ 400
– Bezogene Höhe:
h/r = 12 000 mm/2 050 mm = 5,85 ≈ 6
– Bezogene Windlast:
q0 · r = 0,6 kN/m2 · 2,05 m = 1,23 kN/m
Aus der Beziehung nx = Tafelwert (r/t = 400; h/r = 6) · q0 · r
beziehungsweise nx = Tafelwert (r/t = 400; h/r = 6)
1,23 kN/m erhält man die Schalenmeridiankraft an den
einzelnen Punkten zahlenmäßig zu:
– Luv:
nx = + 36,7 · 1,23 = + 45,14 kN/m ⇒ x =
+ 0,90 kN/cm2
– Lee:
nx = – 7,5 · 1,23 = – 9,23 kN/m ⇒ x = – 0,19 kN/cm2
– Seite:
nx = – 32,6 · 1,23 = – 40,1 kN/m ⇒ x = – 0,80 kN/cm2
Aus dem mittleren Winddruck erhält man als Reynoldszahl 8,5 · 106, aus der Geometrie = 2,93 und = 0,65
(DIN 1055 Teil 4, Text zu Bild 2 und Tabelle 16 mit
Bild 14). Aus Tabelle 7 ergibt sich der Kraftbeiwert näherungsweise zu c f = 0,5. Für die Fundamentberechnung
sind daher Hw = c f · q0 · 2 · r · h = 14,8 kN und Mw =
(c f · q0 · 2 · r) · h2/2 = 88,6 kNm anzusetzen.
7.3 Berechnung nach der Balkentheorie
In diesem Fall erhält man aus der Reynoldszahl und dem
Bild 2 der DIN 1055 Teil 4 für den Grundkraftbeiwert
c f 0 = 0,86, der Abminderungsfaktor ist = 0,65. Als
Kraftbeiwert für den Nachweis der Unterkonstruktion
ergibt sich somit c f = c f 0 · = 0,56. Dieser Wert liegt rund
12 % über dem der Schalentheorie.
Der Berechnung liegt ein Kragsystem zugrunde
mit einer Kragarmlänge von 12 m und einer Belastung
aus Wind in Höhe von q = c f · q0 · 2 · r = 1,38 kN/m.
Als Biegemoment an der Einspannstelle erhält man
My = 99,2 kNm, das elastische Widerstandsmoment des
Kreisringquerschnitts ist Wy = · r2 · t = 66 013 cm3,
gültig für t << r.
Als Normalspannungen für die luv- und leeseitigen
Fasern, die ja in die weitere Nachweisführung einfließen,
erhält man x = ± 0,15 kN/cm2.
7.4 Bewertung
Bezieht man das Ergebnis der Balkentheorie auf das der
schalentheoretischen Berechnung, erhält man damit nur
17 % der Luv-Zugkraft bzw. nur 19 % des für den Beulsicherheitsnachweis der Schale zu verwendenden Werts
der Meridiankraft an der Seite der Schale.
Dieses Beispiel zeigt eindringlich, daß man bei
Berechnung nach der Balkenbiegetheorie die maßgebenden Schalenlängskräfte deutlich unterschätzt.
Aus der Eigenlast erhält man x, k = – 0,15 kN/cm2,
aus der Flüssigkeitsfüllung x, k = – 1,86 kN/cm2. Im
Lastfall Vollast gilt für alle Teileinwirkungen einheitlich
der Sicherheitsfaktor f = 1,35, so daß man bei Berechnung nach der Schalentheorie als Bemessungswert
2
x, d = – 3,79 kN/cm erhält, die Balkenstatik liefert
hier nur
=
–
2,92
kN/cm2. Die Grenzbeulspanx, d
nung liegt bei xS, r, d = 5,64 kN/cm2 (Edelstahlbehälter), 45
Stahlbau 71 (2002), Heft 1
H. Gehrig · Verankerungskräfte windbelasteter geschlossener Kreiszylinderschalen
die Ausnutzung steigt von 51 % bei Berechnung nach der
Balkentheorie auf 67 % bei schalentheoretischer Berechnung.
In der Überlagerung wirkt sich das falsche Berechnungsmodell nicht mehr so stark aus wie bei der Betrachtung der Einzeleinwirkung, der Summenwert liegt
aber immer noch rund 32 % unter dem der Schalentheorie. Auch wenn im Einzelfall der höhere Summenwert der schalentheoretischen Berechnung für den Beulsicherheitsnachweis nicht immer unbedingt entscheidend
sein wird, bei der Dimensionierung der Verankerung
(Lastkombination Eigengewicht und Wind, wobei als
Teilsicherheitsfakor für das Eigengewicht f, inf = 1,0 und
für den Wind f = 1,5 anzusetzen ist, Kombinationsbeiwert = 1,0) wirken sich die deutlich größeren Zugkräfte bemessungsentscheidend aus.
Im vorliegenden Fall erhält man unter Berücksichtigung der vorstehend genannten Teilsicherheitsfaktoren als größte Zugkraft im Schalenmantel bei
Berechnung nach der Balkentheorie nx, d = 3,75 kN/m,
wohingegen sich bei schalentheoretischer Berechnung
nx, d = 60,0 kN/m ergibt, also der 16fache Wert!
Im hier als Beispiel gebrachten Fall resultiert die
Gesamtbeanspruchung aus der Summe von Teileinwirkungen, bei denen die Flüssigkeitsfüllung die anderen
Lasten dominiert. Daher war in der Überlagerung bei der
Beulberechnung auch nicht zu erwarten, daß sich das
falsche Berechnungsmodell der Windbeanspruchung zu
stark auswirkt.
In allen anderen Fällen, zum Beispiel bei Windkesseln oder Flachbodentanks, bei denen die Flüssigkeitsfüllung entweder nicht vorhanden ist oder direkt
in den Baugrund abgeleitet wird, wird sich die erhöhte
Beanspruchung aus Wind nicht nur bei der Festlegung
der Verankerungskonstruktion auswirken, sondern direkt
die Dimensionierung der Blechdicken beeinflussen. In
diesen Fällen ist eine genauere Ermittlung der Schalenlängskräfte aus der Windbeanspruchung ein Gebot der
Sicherheit.
7.5 Ringversteifte Zylinder
Den vorgestellten Tabellen liegt der Einfachheit halber
als Modell die nicht ringversteifte Kreiszylinderschale
zugrunde. Die in der Praxis oft vorhandenen ringversteiften Behälter (zum Beispiel durch Kühlrippen oder ähnliches) liefern im Vergleich zu nicht versteiften geringere
Zug- und Druckkräfte, da durch die Rippen die Umfangsbiegesteifigkeit der Schalenwand ungleich größer ist.
Die hier vorgestellten Tabellen können in diesen
Fällen für Vordimensionierungen verwendet werden,
indem die Dicke der Ersatz-Schalenwand aus dem
Trägheitsmoment von verschmierter Ringrippe und mitwirkender Schalenwand bestimmt wird.
Die Kraftbeiwerte c f aus Tabelle 7 gelten auch bei
ringversteiften Zylindern, da sie ja aus dem ersten
Reihenglied abgeleitet wurden, bei dem die Querschnittsform des Kreises erhalten bleibt. Bei der Schnittkraftberechnung in diesem Reihenglied sind die Ringsteifen
wirkungslos.
46
Stahlbau 71 (2002), Heft 1
Literatur
[1] Greiner, R.: Zur ingenieurmäßigen Berechnung und Konstruktion zylindrischer Behälter aus Stahl unter allgemeiner
Belastung. FH Biberach, Band 31 von Wissenschaft und Praxis, Stahlbauseminar 1983.
[2] Greiner, R.: Ingenieurmäßige Berechnung dünnwandiger
Kreiszylinderschalen. Institut für Stahlbau, Holzbau und
Flächentragwerke, Technische Universität Graz, Heft 1
(1980).
[3] Greiner, R.: Sonderprobleme des konstruktiven Ingenieurbaus – Zum 60. Geburtstag von Prof. Fritz Resinger. Institut
für Stahlbau, Holzbau und Flächentragwerke, Technische
Universität Graz, Heft 3 (1983).
[4] Greiner, R.: Behälter und Silos als versteifte Konstruktion.
Private Korrespondenz mit dem Verfasser, 1989.
[5] Greiner, R.: Cylindrical shells – Wind loading. In: SILOS –
Fundamentals of theory, behaviour and design, edited by
C. J. Brown and J. Nielsen, E & FN Spon, an imprint of
Routledge, 1998.
[6] Eibl, J., Curbach, M.: Randschnittkräfte auskragender,
zylindrischer Bauwerke unter Windlast. Bautechnik 61
(1984), H. 8, S. 275–279.
[7] Peil, U., Nölle, H.: Zur Frage der Schalenwirkung bei dünnwandigen, zylindrischen Schornsteinen. Bauingenieur 63
(1988), S. 51–56.
[8] Beyer, K.: Die Statik im Stahlbetonbau. 2. Aufl., 2. Neudruck, Berlin: Springer-Verlag 1956.
[9] Hampe, E., Burzel, W.: Tragverhalten von zylindrischen
Schalentragwerken unter nicht-rotationssymmetrischen Einwirkungen. Beton- und Stahlbetonbau 82 (1987), H. 7,
S. 173–178.
[10] Schneider, W.: Privater Schriftwechsel mit dem Verfasser,
2000.
[11] Schneider, W., Thiele, R.: Tragfähigkeit schlanker windbelasteter Kreiszylinderschalen. Stahlbau 67 (1998), H. 6,
S. 434 –441.
[12] Schneider, W.: Strukturanalyse schlanker stählerner Kreiszylinderschalen unter statischer Windbelastung. Aachen: Shaker-Verlag 2000.
[13] Knödel, P., Ummenhofer, Th., Widmann, H.: Ankerkräfte
bei kurzen Schalen (Arbeitstitel). Veröffentlichung vorgesehen.
[14] Hetényi, M. I.: Beams on elastic foundation. In: University
of Michigan Studies, Scientific series, Volume 16, Ann Arbor:
The University of Michigan Press London: Geoffrey Cumberlege, Oxford University Press Fourth Printing, 1955.
[15] NN: MathCad Benutzerhandbuch – MathCad 7 für Profis
1997, MathSoft Inc., 101 Main Street, Cambridge, Massachusetts 02142.
[16] Eßlinger, M., Ahmed, S. R., Schroeder, H. H.: Stationäre
Windbelastung offener und geschlossener kreiszylindrischer
Silos. Stahlbau 40 (1971), H. 12, S. 361–368.
[17] Resinger, F., Greiner, R.: Kreiszylinderschalen unter Winddruck – Anwendung auf die Beulberechnung oberirdischer
Tankbauwerke. Stahlbau 50 (1981), H. 3, S. 65–72.
Autor dieses Beitrages:
Dipl.-Ing. Hans Gehrig VDI, Ingenieurbüro für Bauwesen und Anlagenbau, Spitzackerweg 2, 75334 Straubenhardt (Conweiler)
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