Z. anorg. allg. Chem. 445,79-90 (1978) J. A. Barth, Leipzig Polynare Oxide A5B30,4rnit Chiolithstruktur Von G. BURCHARD und W. RUDORFF [I] Tubingen, Institut fur Anorganische Chemie der Universitat Inhaltsiibersicht. Es wurden 20 Oxide A,B,Ol, (A = Na, Ca, Sr, SE und B = Te(VI), Sb(V) oder Ta(V) dargestellt. Sie kristallisieren in der Chiolithstruktur, die in einigen Verbindungen schwach orthorhombisch bzw. monoklin verzerrt ist. Nach der Summe der Ladungen der A- und BKationen lassen sich die Oxide in 3 Typen unterteilen: 1. Ca,Te,Ols (monoklin) und Ca,SrTe,O, (tetragonal), 2. Ca,SE,Sb,O,, mit SE = La, Nd, Sm, Gd (0.-rhomb.) und Dy, Y, Yb, Lu (tetrag.) sowie Ca,SE,Ta,O,, mit SE = Dy (0.-rhomb.), Y, Er (pseudotetrag.) und Yb (tetrag.). Tantalate mit den groden SE-Ionen Gd-La konnten nicht dargestellt werden. 3. NaSE4Sb,01, mit SE = Nd, Sm, Gd, Dy, Er, Yb (0.-rhomb.). Das Radienverhaltnis der Kationen RA: R, dieser 0x0-Chiolithe liegt zwischen -1,8 bis -1,4. 0x0-Chiolithe mit Cd und Pb als A-Kation oder W(V1) und Nb(V) als B-Kation konnten nicht erhalten werden. Polynary Oxides A6BsOl4 with Chiolith Structure Abstract. 20oxides A,B,O, were prepared (A = Na, Ca, Sr, 8E and B = Te(VI), Sb(V), Ta(V). They have the chiolith structure. In some compounds the lattice is weakly orthorhombic or monoclinic distorted. According to the charge of the A und B cations the oxides can be divided into 3 types: 1. CaSTe,O,, (monocl.) and Ca,Sr!Ce,O, (tetrag.). 2. Ca,SE,Sb,O, with SE=La, Nd, Sm, Gd (oxhomb.), Dy, Y, Yb, Lu (tetrag.) and Ca,SE,Ta3014 with SE = Dy (o.rhomb.), Y, Er (pseudotetrag.), Yb (tetrag.). The tantalates(V) with the large cations Gd-La could not be prepared. 3. NaSE,Sb,O,, with SE = Nd, Sm, Gd, Dy, Er, Yb (oxhomb.). The ionic radius RA:R, ratio is between -1.8 and -1.4. Preparation of oxochiolithes with Cd or Pb as A cations and W(V1) or Nb(V) as B cations failed. 1. Einleitung Bekanntlich treten eine Reihe von Kristallstrukturen sowohl bei Fluoriden als auch bei Oxiden des gleichen Formeltyps auf, 80 z. B. die Fluorit-, Rutil-, Perowskit-, Elpasolith-, Pyrochlor-, Weberit-, Granatstruktur u. a. Demgegenuber ist die Chiolithstruktur bisher nur von Fluoriden her bekannt. Der Chiolith, Na,AI,F,,, ein rnit Kryolith vorkommendes Mineral, kristallisjert in einem tetragonalen Schichtengitter [2]. Diese Verbindung ebenso wie einige weitere G . BURCIIARD u. W. R ~ D O R F F 80 Chiolithe rnit den 3wertigen Ubergangsmetallen V, Fe und Co sind auch auf synthetischem Wege erhalten worden [3, 41, von denen die beiden letzteren wegen ihres ferrimagnetischen Verhaltens im Zusammenhang mit ihrer Struktur von Interesse sind. Wir haben eine Reihe von polynaren Oxiden A5B30,, mit A = Na, Ca, Sr, SE und rnit B = Ta(V), Sb(V) und Te(V1) darstellen konnen, die tetragonal im Chiolithgitter oder in einer etwas verzerrten Struktur kristallisieren. Sie lassen sich auf Grund der unterschiedlichen Ladungen der A- und B-Kationen in drei Typen unterteilen : 1. Ca,Te,O,, und Ca,SrTe,O,, 2. Ca,SE,(Sb, Ta),O,,, 3. NaSE,Sb,O,,. Der unter 1. aufgefiihrte Typ leitet sich von den Fluoro-Chiolithen A$Bd"F,, durch Ersatz von F- durah 02-und Verdopplung der Ladung der Kationen A und B ab. Bei den beiden Typen 2 und 3 ist die Summe der Ladungen der groSen A-Kationen durch Ersatz eines Teiles der Ca-Ionen durch SE-Ionen erhoht und dafiir zum Ausgleich die Ladung der B-Kationen durch Austausch von Te(V1) gegen Sb(V) oder Ta(V) erniedrigt. Beim Typ 3 werden dariiber hinaus die in 2 noch vorhandenen Ca-Ionen halftig durch Na- und SE-Ionen ersetzt. 2. Darstellung Die Verbindungen Ca5Te,014 und Ca,SrTe,O,, wurden am CaCO, (SrCO,) und TeO, im 0,Strom bei 700 "C dargestellt. Durch die Fliichtigkeit von TeO, und TeO, bedingt durften die Ausgangsverbindung zu Beginn nicht uber 250 "C erhitzt werden. Erst nach einigen Stunden und sehr langsamer Temperatursteigerung sowie nach mehrmaligem Verreiben dea Reaktionsgemisches konnte das Reaktionsprodukt bei 700 "C getempert werden, wobei schlieBlich gut kristallisierte, feinpulvrige Substanzen entstanden. Die Darstellung der Chiolithe vom Typ Ca,SE,MV3014und NaSE,Sb,O,, ist einfaoher. Die Verbindungen mit M(V) = Sb z. B. wurden aus CaCO,, SE,O, und Sb,O, im 0,-Strom gemaB 2 SE,O, + 4 CaCO, + 3 Sb,O, + 3 0, --f + 4 CO, 2 Ca,SE,Sb,Ol, und die Verbindungen NaSE,Sb,O,, aus NaCO,, SE,O, und Sb,O, nach Na,CO, f 4 SE,O, + 3 Sb,O, + 3 0, --jr 2 NaSE,Sb,014 + CO, erhalten. Die Ausgangsverbindungen wurden zungchst bei 600 "C, dann bei 800°C und 1000°C gegliiht. Nach Verreiben wurden die Produkte nochmals mehrere Stunden auf 1200°C (NaSE,Sb,O,,) bzw. 1450°C (Ca,SE,M,V0,4) erhitzt. Die Verbindungen fielen danach als pulvrige Substanzen an. 3. Eigenschaften der 0x0 -Chiolithe 3.1. Chiolithe des Typs M~ITe,014 Von den Telluraten dieses Typs existieren vermutlich nur die beiden Verbindungen Ca,Te,O,, und Ca,SrTe,O,,. Die reine Sr-Verbindung, Sr5Te30,,, konnte trotz mehrfacher Versuche nicht erhalten werden. Auch gelang ein weiterer Einbau von Sr an Stelle von Ca iiber das Verhaltnis 1: 4 hinaus nicht. Die beiden Verbindungen losen sich in heiljer konzentrierter HC1. 81 Pdynare Oxide A,B,O,, mit Chiolithstruktur Wahrend die Fluoro-Chiolithe tetragonal kristallisieren, mu13 bei einigen der im Folgenden aufgefuhrten 0x0-Chiolithe auf Grund von Aufspaltungen im Rontgendiagramm auf eine Symmetrieerniedrigung und somit auf eine geringe Verzerrung der Chiolithstruktur geschlossen werden. Die Verbindung Ca4SrTe301, lie13 sich zwar noch befriedigend tetragonal mit den fur die Chiolithraumgruppe P4/mnc geltenden Ausloschungen - Okl:k+l = 2n; h k l nur mit 1 = 2n indizieren, vgl. Tab. 1, doch waren einige Interferenzen schon verhaltnismafiig breit, so da13 die Verbindung moglicherweise nur pseudotetragonal ist. Bei der reinen Calciumverbindung, Ca,Te,014, gelang eine vollstadige Indizierung nur mit einer monoklinen Zelle, wobei aber die Achsen a und b wie bei einer tetragonalen Zelle noch gleich gro13 sind. I n Tab. 2 sind die Gitterkonstanten fur die beiden Tellurate(V1) zusammengestellt. tetragonal: a = 7,4OS A, c = 10,471A (CuKa-Strahlung) Tabelle 1 Pulveraufnahme von CaaSrTesOlr Internitat 8 m m 8 sst st 88 88 8 8 st 8 st 8 8 R S 8 8 m m m sin20 . lo1 gef. ber. 161 214 430 593 646 863 1081 1299 1409 1459 1729 1948 2380 2599 2816 3030 3 463 3684 3901 4 114 4 329 5 196 162 216 432 595 648 865 1081 1297 1406 1460 1730 1948 2380 2595 2812 3 028 8463 3681 3897 4113 4 329 5 195 hkl 011 0 0 2/10 0 020 013 022 0 0 4/2 2 0 114 024 134 033 040 006 026 044 051 152 008 442 060 062 2 2 8/2 6 0 048 Tabelle 2 Gitterkonstanten, Dichte und Mol-Volumina der Chiolithe MglTe,O,, _ _ Verbindung _ _ ~ Gitterkonstante Dichte g/cm3 d e xp Mol-Vol. om3 gef. add. RadienverhLltnis RAP, A dro Ca5Te3014 monoklin a = 7,38, b = 7,38, 4,74 4,G8 170,l 1G4,G 1,76 Ca,SrTe,O,, tetragonal c = 10,38, p = 90,150 a = 7,40, c =- 10,47, 4,95 - 172,7 1G8,4 1,81 ~ __ ~~~ 6 Z. morg. allg. Chemie. Bd. 445 82 G. BURCHARD u. W. RUDORFF Der Vergleich der aus den Rontgendichten berdchneten Molvolumina der Verbindungen mit der additiv berechneten Summe der Molvolumina der binaren Oxidel) zeigt, daB diese 0x0-Chiolithe sich unter Volumenvergrofierung bilden, vgl. Tab. 2, Spalte 4. 3.2. Chiolithe des Typs Ca2SE8M'l'Ola Ersetzt man in dem Chiolith Ca,Te,O,, einen Teil der Ca-Ionen durch die annahernd gleichgroDen Swertigen SE-Ionen und zum Ladungsausgleich die Te(V1)durch M(V)-Ionen, so gelangt man zu dem Verbindungstyp Ca,SE3MVO14,von dem eine Reihe von Verbindungen mit My = Sb und Ta dargestellt werden konnte, wahrend Versuche, auch die entsprechenden Niobate(V) zu erhalten, erfolglos waren. Von den Antimonaten(V) wurden Verbindungen mit SE = La, Nd, Sm, Gd, Dy, Yb, Lu und Y dargestellt. Die Verbindungen sind in konzentrierten, heif3en Siiuren unloslich und konnen auch nach einem KHSO,-AufschluB oder nach Erhitzen im feuchten C1,-Strom bei 1000"C nicht vollstandig in Losung gebracht nerden. Tabelle 3 CazSE,Sb,Ol,-, Verbindung Ca,SE,Tn30,,- und NaSE,Sb,Ol,-Verbindungengen m it Chiolithstruktur Gitterkonstanten b d a C Mol-Vol. cm3 Radienverhiiltnie RAP, Ca,La3Sbs0,, Ca,N%Sb,O,, Ca,Sm,Sb,O,, Ca2Gd,Sb301, Ca2Dy,Sb301, Ca,Y b3Sb30, Ca,Lu,Sb,O,, rhomb. rhomb. rhomb. rhomb. tetr. tetr. tetr. tetr. 7,57, 7,496 7,46, 7,438 7,403 7,396 7,350 i,32, Ca,Dy,Ta,014 Ca,Y,Ta30, Ca,Er,Ta,O,, Ca,Yb3Ta301, rhomb. ps. tetr. ps. tetr. tetr. 7,410 7,40, 7,38, 7,358 NaPrTd4Sb30,, NaSm,Sb,O,, KaGd,Sb301, NaDy4Sb30,, KaEr,Sb,O,, K'aYb,Sb,O,, rhomb. rhomb. rhomb. rhomb. rhomb. rhomb. 7,511 7,47, 7,429 i,40, 7,360 7,349 Ca2Y3Sb3014 10,65, 10,56, 10,54, 10,51, 10,46, 10,45, 10,39, 10,36, 183,5 178,2 175,6 174,5 172,7 172,l 168,9 167,5 1,70 1,62 1,60 1,58 1,55 1,53 1,50 1,49 743, - 10,48, 10,47, 10,45, 10,40, 173,8 172,8 171,7 169,6 1,48 1,46 1,45 1,43 7,497 7,45,, 7,416 7,380 7,340 7,31, 10,61, 10,55, 10,50, 10,47, 10,41, 10,34, 179,8 177,O 174,3 172,2 169,4 167,3 1,64 1,61 1,56 1,52 1,49 7,548 7,47, 7,420 7,415 - - 1,46 -l) Das Molvolumen von TeO, wurde aus der Rohtgendichte, d,, = 6,47 g/cm3 des kristallinen TeO, (FeF,-Strulctur) [ 6 ] berechiiet. Polynare Oxide ASB,O,, mit Chiolithstruktur 83 In Tab. 3 sind die Gitterkonstanten, die daraus berechneten Molvolumina2) sowie die Radienverhaltnisse der A- und B-Kationen R, :R, 3)4) aufgefiihrt. Die experimentellen Dichten der Nd-, Dy- und Y-Verbindung ( 6 , l l bzw. 6,72 bzw. 5,32 g/cm3) stimmen befriedigend mit den f i i r zwei Formeleinheiten pro Zelle berechneten Werten (6,18 bzw. 6,70 bzw. 5,44 g/cm3) uberein. Wahrend die Verbindungen mit den kleinen SE-Kationen Ld, Yb, Dy und Y tetragonal kristallisieren sind die Zellen der Verbindungen mit den grol3eren Kationen Gd, Sm, Nd und La, fiir die sich ein grol3eres RA:R,-Verhaltnis von 1,58 bis 1,70 ergibt, orthorhombisch verzerrt. Die Indizierung eines orthorhombischen Chioliths bringt am Beispiel der Verbindung Ca2La3Sb3014 Tab. 4. Tabelle 4 Pulveraufnahme van Ca,LasSb,O,. CuKa-Strahlung orthorhombisch: a = 7.57. o = 10,65, A Intensitiit sin' 8 104 gef. ber. 156 207 413 569 623 026 830 983 1039 1240 1249 1408 1052 1663 1876 2071 2 280 2 290 2 486 2506 3 323 3 934 3 952 3965 4 140 4104 4 974 5 006 5 607 5 627 155 207 414 572 622 624 830/835 984 1040 1244 1249 1409/1408 1654 1606 1876 2 070 2 278 2288 2 489 2 502 3 320 3 930 3950/3 956 3 982 4 142 4 162 4973 5 008 5 002 5 628 A; b = 7,54, hkl ~ 88 8 8 8 sst st st 8 8 88 88 8 8t 8t s 88 8t 8t m 8 m m m m m m 8 8 8 8 A; ~ 101 002 200 103 202 022 2 2 o/o 0 4 301 114 312 132 0 15/10 5 400 040 330 420 422 242 404 044 440 002 4 2 0/0 6 2 246 620 260 024 048 606 066 2, Ein Vergleich mit den additiv aus den Molvolumina der binLen Oxide errechneten Werten ist bei den Antimonaten(V)nicht moglich, da die Angaben uber Struktur und Dichte von Sb,O, sehr differieren und es noch fraglich Lt, ob dieses Oxid in reinem Zustand iiberhaupt existiert, s. u. a. G . NATTA u. M. B~CCAREDA,Gazz. Chim. Ital. 66,313 (1936). 3, Kationenradien nach R. D. SHANNON u. C. T. PREWITT, Acta Crystallogr. B 26, 925 (1964). 4, Die RA-we& sind Mittelwerte aus den Radien der Ca- bzw. Na- und der SE-Ionen entsprechend ihrem stochiometrischen Verhiiltnis in den einzelnen Verbindungen. 6' G.BURCHARD u. W. RUDORFF 84 Von den Tantalaten des Typs Ca,SE,Ta,O,, wurden die Verbindungen mit Dy, Y, Er und Yb hergestellt. Die Yb-Verbindung ist noch einwandfrei tetragonal zu indizieren. Auf dem Rontgendiagramm der beiden Verbindungen rnit den groBeren Ionen Er und Y sind die Interferenzen der tetragonalen Zelle etwas verbreitert, doch ist eine Aufspaltung noch nicht einwandfrei zu erkennen. Das Diagramm der Dysprosiumverbindung zeigt bei verhaltnismafiig breiten Interferenzen deutlich eine Aufspaltung der lioheren Interferenzen und laBt sich nur orthorhombisch indizieren. Die orthorhombische Verzerrung der Chiolithstruktur tritt also bei den Tantalaten bei einem kleineren SE-Ionenradius bzw. bei einem kleineren R, :R,-Verhaltnis (-1,48) ein als es bei den Antimonaten dieses Typs der Fall ist. Die Gitterkonstanten der Verbindungen sind mit in die Tab. 3 aufgenommen. Versuche, auch die Ta(V)-Verbindungen mit den groaeren Ionen Gd, Nd und La darzustellen, verliefen bisher erfolglos. Die erhaltenen Praparate waren selbst nach sehr langem Gliihen noch unvollstandig kristallisiert und lieBen im Debyeogramm nur breite Interferenzen erkennen, die keine einwandfreie Indizierung erlaubten. 3.3. 0x0 -Chiolithe des Typs NaSE4SbsOlr Von diesen Verbindungen wurden die Vertreter mit SE = Nd, Sm, Gd, Dy, Er und Yb dargestellt. Alle Verbindungen kristallisieren einschlieBlich der YbVerbindung rnit einem R, :R,-Verhiiltnis von nur 1,46 orthorhombisch. Ihre Gitterkonstanten finden sich gleichfalls in Tab. 3. Versuche zur Darstellung der Lanthan-Verbindung,NaLa,Sb,O,,, fuhrten selbst nach sehr Iangem Gliihen bei Temperaturen bis 1450°C noch zu keinem homogenen Produkt. 4. Zur Struktur der 0x0-Chiolithe Die Annahme, daB die hier behandelten tetragonal kristallisierenden A,B,O,,Verbindungen die Chiolithstruktur besitzen, stutzt sich auf den Formeltypus, die GroBe der Gitterkonstanten, deren Werte ahnlich denen der Fluoro-Chiolithe sind und schlieBlich auf die fur die Chiolithgruppe charakteristischen Ausloschungen der Interferenzen. Es erschien dariiber hinaus wunschenswert, das Vorliegen dieser Struktur durch Intensitatsberechnungen noch zu untermauern und die Kationenverteilung in den Ca,SE,Sb,O,,-Verbindungen an einem Beispiel zu untersuchen. Zur Verfugung standen allerdings nur Pulverdiagramme, so da13 die Zahl der auswertbaren Reflexe niedrig war. Der Chiolith kristallisiert in der Raumgruppe P4/mnc, D$, Nr. 128 mit 2 Formeleinheiten A,B,O,, pro Zelle. Die Lagen fur die A- und B-Ionen sind: 2 A in (2b): 8 A in (8g): 2 B in (2a): 4 C in (4c): 0, 0,1/2; 1/2,1/2, 0 x, 1/2+x, 1/4; X, 1/2-x, 1/4; usw. OI 0,O; 1/2,1/2,1/2 0,1/2. 0 ; 1/2,0,0, 0,1/2,1/2; 1/2,0,1/2. Polynke Oxide A,B,O,, mit Chiolithstruktur 85 Die 28 Anionen sind auf die Lagen (4e), (8h) und (16i) verteilt. Alle B-Kationen sind etwas verzerrt oktaedrisch von den Anionen umgeben, jedoch gibt es zwei Arten von Oktaedern: a) die Oktaeder der Lage (2a) haben 4 Anionen mit benachbarten Oktaedern in der xy-Ebene gemeinsam, 2 Anionen gehoren nur zu dem betreffenden B-Kation, b) die Oktaeder der Lage (4c)sind nur uber 2 Anionen mit benachbarten Oktaedern in der gleichen Ebene verknupft, 4 der Anionen sind an der Verkniipfung nicht beteiligt, so resultieren [(BX,X,,,) 2 (BX,X,,,)] = [B,X,]-Oktaederschichten. Abb. 1bringt ein Bild der Oktaederschichten im Chiolith. - Die grol3en A-Ionen besetzen zwei unterschiedliche Lagen: 2 A-Kationen (2a) sind in Form eines verzerrten Wurfels von 8 Anionen umgeben, die andern 8 A-Kationen in (8g) sind oktaedrisch koordiniert. Abb. 1 Oktaederschichten [BB,X,,]in der Chiolithstruktur nach [2] G. BURCHARD u. W. RUDORFF 86 In der tetragonalen Verbindung Ca,SrTe,O,, durften die groben Sr-Ionen die Lage (2a) und die Ca-Ionen die Lage (8g) einnehmen. Unklar ist dagegen die Verteilung in den Verbindungen Ca,SE, (Sb, Ta),O,,. Es wurden fur die Verbindung Ca,Dy,Sb,O,, zwei Annahmen durchgerechnet : 1. 2 Dy-Ionen in der Lage (2b), 4 Dy-Ionen und 4 Ca-Ionen statistisch auf die Lage (8g) verteilt. 2. Je 2 Ca-Ionen in den Lagen (2b) und (8g), die 6 Dy-Ionen nur in der Lage (8g) in statistischer Verteilung mit 2 Ca-Ionen. Im Modell nach 1.sind die Dy-Ionen auf die beiden Lagen verteilt, im Modell nach 2. sind es die Ca-Ionen, wahrend die Dy-Ionen samtlich nur oktaedrisch koordiniert sind. Variiert wurden die x-Parameter fur die Kationen in der Lage (8 g) sowie die x, y- und z-Parameter fur die 0-Ionen innerhalb gewisser Grenzen. Die Intensititsberechnungen wurden nach einem von PABTHB [GI aufgestellten Rechenprogramm durchgefuhrt. Als Ma13 fur die beobachteten Intensi%ten I, wurde die Zahl der vom Ziihlrohr registrierten Impulse der betreffenden Interferenzen " T eingesetzt. uber den Normierungsfaktor K = -22 liel3en sich die Werte fur die berechneten und = IC beobachteted Intensitiiten I, und I, normieren. Tabelle 5 Vergleich der beobachteteri und berechneten Intensitaten yon Ca.Dy,SbsOl, hkl IC Modell 1 011 1 1 o/o 0 2 0 20/112 2 1 1/01 3 022 122 2 2 o/o 0 4 031 0 3 310 1 5 0 4 Oj2 2 4 006 2 4 210 2 G 044 4 3 0/4 1 4 IC Modell 2 0,7 5,9 4,4 O,1 143 3,i 61 4,9 0,s 60.4 2,o 58.9 14,7 0,1 In Tab. 5 sind die beobachteten und berechneten Intensittten fur die Bnnahme 1und 2 einander gegeniibergestellt. Die ubereinstimmung zwischen den berechneten und gefundencn Intensitaten ist fur die Annahme 2 etwas besser als fur 1; insbesondere werden die IntensitLtsverhaltnisse der Interferenzen bei niedrigen Abbeugungswinkeln durch 2 besser wiedergegeben. Der R-Faktor betrlgt fur die Annahme 2 ll"/,fur 1ist R mit 16% etwas schlechter. Eine statistische Verteilung der Ca- und Dy-Ionen auf die Lagen (2b) und (8g) bringt kein besseres Ergebnis. Nachfolgend seien noch die freien Parameter wie sie sich aus der Optimierung ergeben haben, aufgefuhrt : + 2 Ca G Dy (8g) mit x = 0,275; 4 0 in (4e) mit z = 0,185; 8 0 in (8h) mit x = 0,08 und y = 0,27; 16 0 in (16i) mit x = 0,21, y = 0,535 und z = 0,12. Wenn such der Intensitatsberechnung hinsichtlich einer Entscheidung uber die Kationenverteilung nach 1. und 2. kein allzu grol3es Gewicht beigemessen werden kann, so diirfte doch zusammen mit den oben aufgefuhrten Tatsachen kein Zweifel mehr bestehen, daB die tetragonalen A,B,O,,-Verbindungen die Chiolithstruktur besitzen. Polynlire Oxide A,B,O,, mit Chiolithstruktur 87 5. Diskussion der Ergebnisse I m Vorangehenden sind 20 0x0-Chiolithe A,B,O,, aufgefiihrt worden. Es ist durchaus moglich, daB noch weitere polynare Oxide dieser Formeltyps mit Chiolithstruktur darstellbar sind. Daher kann auch noch nichts AbschlieBendes daruber gesagt werden, welches die Bedingungen fur die Bildung dieser Verbindungsklasse sind. Nachfolgend sollen nur einige der hier erzielten Ergebnisse zusammengefaBt werden. Die bisher untersuchten A,B,O,,-Verbindungen kristallisieren tetragonal, orthorhombisch oder monoklin. Die tetragonalen Vertreter besitzen ohne Zweifel die Chiolithstruktur. Die geringer symmetrischen Verbindungen miissen nach der GroBe der Gitterkonstanten zu urteilen in einer sehr engen Beziehung zur tetragonalen Struktur stehen und sind offenbar nur durch eine geringe Verzerrung des Gitters entstanden. DaB entsprechend verzerrte Strukturen bei den Fluoro-Chiolithen bisher nicht beobachtet worden sind, kann mit der geringeren Variationsmoglichkeit hinsichtlich GroBe und Ladungsverteilung der A- und B-Kationen bei den Tluoriden zusammenhangen. Die Bildung von 0x0-Chiolithen A,B,O,, ist zunachst einmal an die Bedingung geknupft, da13 die A-Kationen betrachtlich grol3er sein mussen als die B-Kationen. Das R, :R,-Verhaltnis liegt bei den hier dargestellten Verbindungen im Gebiet zwischen -1,4 bis -1,8, wobei auffallt, da13 der Bereich fur die Tantalate(V) enger (bis -1,5) als fiir die Antimonate(V) ist. Als 2wertiges A-Kation kann aul3er Ca nur noch Sr auftreten, doch gelingt, wie gezeigt wurde, in den Telluraten(V1) ein Ersatz der Ca-Kationen durch die groaeren Sr-Kationen nur bis zur Zusammensetzung Ca,SrTe,O,,. Es sieht danach so aus, als ob die Sr-Ionen neben den Ca-Ionen nicht die Lage (Sg), in der die AKationen die KZ 6 haben, besetzen konnen, sondern nur die Lage (2b) mit 8facher Koordination. Entsprechende Verbindungen mit Pb(I1) konnten nicht erhalten werden. oberraschend ist, daB auch ein Ersatz der Ca-Ionen in der Verbindung Ca,Te,O,, durch die fast gleich grol3en Cd-Kationen nicht gelingt. Es entstehen dann die ternaren Oxide Cd,TeO, und CdTeO,. Moglicherweise spielt hier die verschiedene Elektronenkonfiguration von Ca2+(s2p6) und Cd2+ (d10) eine Rolle. Oxide mit den kleineren Bwertigen Kationen Mn, Cu und Mg reagieren mit TeO, und Sauerstoff nicht zu Chiolithen, sondern zu Telluraten(V1) vom Typ MTeO, und M,TeO,. Es ist bisher auch noch nicht gelungen, Chiolithe rnit W(V1) oder Mo(V1) anstelle von Te(V1) darzustellen. In den Verbindungen des Typs Ca,SE,Sb,O,, kann als SE-Kation die ganze Reihe der Lanthaniden von La mit r = 1,06 A bis zu Lu rnit r = 0,89 A eingesetzt werden - ausgenommen sicherlich Ce(II1) und Pr(II1) wegen ihrer reduzierenden Wirkung auf Sb(V) - also Kationen, die sowohl gr6Ber als auch kleiner als das Ca-Ion sind. Der Bereich der tetragonalen Struktur ist auf ein Radienverhaltnis R,:R, von 1,49 bis 1,55 beschrankt. Noch kleinere A-Ionen als Lu 88 G. BURCHARD u. W. R ~ D O R F F und dementsprechend ein noch kleineres R, :R,-Verhaltnis als 1,4 toleriert die Chiolithstruktur in Verbindungen dieses Formeltyps anscheinend nicht, denn es gelang nicht, mit den Kat'ionen Sc(II1) oder In(II1) (r = 0,79 A) entsprechende Verbindungen darzustellen. Ein Radienverhaltnis iiber 1,65 fuhrt bei den Ca,SE,Sb,O,,-Verbindungen zu einer schwach rhombisch verzerrten Struktur. Offenbar bestimmt aber das Radienverhdtnis R, :R,, nicht allein die Grenze zwischen der tetragonalen und der orthorhombischen Struktur bei allen Oxo-Chiolithen, denn im Fall der Tantalate(V), Ca,SE,Ta,O,,, tritt die orthorhombische Verzerrung schon bei einem Radienverhaltnis von 1,48 auf. Auffallend ist dabei, daD Taiitalate(V) mit einem Radienverhaltnis >1,5 nicht mehr dargestellt werden konnten. Demgegenuber ist der Bereich der Antiinonate vom Typ NaSE,Sb,O,, wieder bedeutend gro8er. DaB die La-Verbindung in dieser Reihe nicht erhaltlich ist, kann vielleicht darauf zuriickgefuhrt werden, daD sich fur eine solche Verbindung das sehr hohe R, :R,Verhaltnis von 1,83 ergeben wurde. Die Chiolithstruktur bleibt n i c h t erhalten, wenn man versucht, in den Verbindungen Ca,SE,Sb,O,, einen Teil der Sb(V)-Ionen durch M(1V)-Ionen z. B. Ti(1V) unter Erhohung der Ladung der A-Kationen zu ersetzen, d. h. Verbindungen CaSE,TiSb,O,, (a) bzw. Ca,Ti,SbO,, (b) darzustellen. I m Fall a entstehen die Chiolithe Ca,SE,Sb,O,, und zusatzlich noch die ternaren Oxide SE,SbO, (Fluoritgitter mit Anionenleerstellen [I]) und ein Pyrochlor SE,Ti,O,. Im Fall b bilden sich nur die beiden zuletzt genannten Oxide. Das Auftreten der Chiolithstruktur bei polynaren Oxiden ist daher offensichtlich an die zusatzliche Bedingung geknupft, da8 die kleinen B-Kationen Ladungen besitzen mussen, die groSer oder gleich +5 sind. Auf eine Besonderheit der Chiolithstruktur sei hier noch hingewiesen. Fur die Gitterkonstanten der Fluoro-Chiolithe gilt recht gut die Beziehung a E c. Die hier dargestellten tetragonalen Oxo-Chiolithe erfiillen gleichfalls diese Beziehung innerhalb der Genauigkeit der Gitterkonstantenbestimmung. Bemerkenswert ist nun, da13 auch bei der Mehrzahl der rhombischen Verbindungen fiir eine der beiden in der Basisebene liegenden Achsen a bzw. b diese Beziehung gilt. In einigen Fallen ist es die groSere der beiden Achsen, die hier als a-Achse gewahlt wurde. Bei den beiden Verbindungen Ca,Nd,Sb,O,, und Ca,Dy,Ta,O,, gilt die Beziehung dagegen fiir die kleinere b-Achse. SchlieDlich gibt es auch zwei Verbindungen, namlich NaNd,Sb,O,, und NaSm,Sb,O,,, bei denen die c-Achse das Mittel aus a * )/% und b )/'i ist. Offensichtlich wirkt sich die geringe, rhombische Verzerrung der Chiolithstruktur, die als Folge eines zu gro8en R, :R,-Verhaltnisses innerhalb einer Verbindungsreihe auftritt, bevorzugt nur in einer Richtung der Basisebene aus. SchlieBlich sei erwahnt, daB zwischen dem tetragonalen Chiolith und dem rhombischen Weberit strukturelle Beziehungen hinsichtlich der Kationenlagen bestehen, die sich auch auf die Gro8e der Gitterkonstanten auswirken. Zunachst iiberrascht eine solche Beziehung zwischen den beiden Strukturen wegen der unter- - 1/2 Polynare Oxide A5B3OIPmit Chiolithstruktur 89 schiedlichen Zusammensetzung der Chiolithe mit A,B,O,, und der Weberite mit A,B,O,. Jedoch ist zu beriicksichtigen, dal3 die Elementarzelle des Chioliths 2 Formeleinheiten, die des Weberits 4 Formeleinheiten enthllt, so daB die Summe der A- und B-Kationen und auch die Zahl der Anionen fur beide Elementarzellen gleich grol3 sind. Fiir die Gitterkonstanten ergeben sich folgende Beziehungen : aWebr bWeb. L Z aChio;'CWeb. GX %hie. Setzt man in der Chiolithstruktur den x-Parameter der A-Ionen der Lage (8g) = 0,250 (experimentell -0,275), so stimrnen die Kationenlagen von Chiolith und Weberit iiberein. I n Abb. 2 ist die Projektion der Kationenlagen in den beiden Strukturen auf die (0 10)-Ebene dargestellt. Aber wegen des unterschiedlichen Verhaltnisses von A- und B-Kationen in den beiden Verbindungsklassen ist die Besetzung identischer Lagen natiirlich unterschiedlich. WEBERIT 0 010-Ebene CH I0LI TH a 010-Ebene 0 Abb. 2 KationenlagenA und B im Weberit A,B,X, (Z = 4) und im Chiolith A,B3X,, (Z = 2) Trotz dieser nahen Verwandtschaft hinsichtlich der GroBe der Elementarzellen nnd der Kationenlagen besteht aber ein grundlegender Unterschied im Anionengitter. Denn im Weberit liegt ein Sdimensional verknupftes Oktaedernetz vor, wahrend der Chiolith eine Schichtstruktur besitzt. G. BURCHMLD u. W. RWDORFF 90 Einen ubergang vom Chiolith zum F'yrochlor kann man formal vollziehen, wenn man z. B. in der Verbindung Ca,Gd,Sb,O,, ein grol3es 3wertiges Gd3+-Iondurch das kleine 3wertige Ga-Ion ersetzt : Ca,Gd,Sb,O,, Chiolith -ad+& -----, Ca,Gd,GaSb,O, = 2 CaGdGa,,,Sb,,,O,. Pyrochlor Entscheidend fur das Auftreten der Chiolithstruktur oder der Pyrochlor- bzw. Weberitstruktur bei Verbindungen vom Typ (AB),O, bzw. (AB),O,, ist das stochiometrische Verhaltnis der groL3en A- zu den kleineren B-Kationen, das im Chiolith 2,5:1,5, im P ~ ~ o c h l und o r Weberit dagegen 2:2 betragt. Der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Fonds der Chemie danken wir fur Sachbeihilfen zur Durchfiihrung dieser Arbeit. Literatur [l] Auszug aus der Dissertation G. BURCHARD, Tiibingen 1975. [2] C. BROSSET, Z. anorg. allg. Chem. 238, 201 (1938). [3] K. KNOXu. S. GELLER,Phys. Rev. 110,771 (1958). [4] H. Mc. KINZIE,J. M. DANCE,A. TRESSAUD, J. PORTIER u. P. HAGENWULLER, Mat. Rcs. Bull. 7, 673 (1972). [5] D. DUMORA u. P. HAOENMULLER, C. R. Acad. Sci. Ser. C 266,276 (1968). [6] E. P A R T H u.~W. JEITSCEKO, Metallurgy Dep. Lab. Univ. of Pensylvania, Philadelphia USA. Bei der Redaktion eingegangen am 7. Februar 1978. Anschr. d. Verf.: Prof. Dr. WALTERRUDORFF,Inst. f. Anorg. Chemie d. Univ., Auf der Morgenstelle 18, D-7400 Tubingen Dr. GEOBGBURGHARD, Lerchenstr. 4, D-6740 Landau-Dammheim